14.01.2022 · Arbeitnehmer · smart leben ·
Lesezeit: 3 Min.

Bei Geld hört die Bildung auf

Nach den verheerenden PISA-Studien wurde in den letzten Jahren viel für die Bildung in Deutschland getan. Ein wichtiger Bereich fristet aber vielerorts weiterhin ein Nischendasein: die finanzielle Bildung. Noch immer wissen viele nach dem Schulabschluss kaum etwas von praktischen Wirtschafts- und Finanzfragen. Warum ist das so? Wo liegen die Schwachstellen? Was machen andere Länder besser? Viele Fragen – wir geben die Antworten.

Schlechtes Zeugnis für Schulen bei Finanzbildung

Schauen wir zuerst mal auf die Zahlen. Wie sehen Eltern und ehemalige Schüler:innen die finanzielle Bildung in Schulen? 

  • 83 % der Eltern wünschen sich mehr finanzielle Bildung an Schulen. Zudem hält ein Drittel der Mütter und Väter das wichtiger als vor der Corona-Pandemie. Immerhin sind noch 62 % der Eltern mit dem Finanzwissen ihrer Kinder zufrieden. 18 % halten es aber für ungenügend. Diese Zahlen stammen aus einer Studie der Online-Bank N26.
  • Junge Erwachsene (18 – 29 Jahre) geben Schulen für die Vermittlung von Finanzwissen im Schnitt die Note 4,8 – ihrem eigenen Finanzwissen immerhin eine 3,4. Was wohl auch daran liegen könnte, dass die Eltern beim Thema Finanzen eine 2,8 bekommen haben. Das hat das Marktforschungsinstitut Forsa für Union Investment in einer Studie herausgefunden.
  • Mehr als zwei Drittel (68 %) der Personen zwischen 14 und 24 Jahren sagen, dass sie in der Schule wenig über Finanzen und Wirtschaft gelernt haben. Sogar mehr als drei Viertel (77 %) wünschen sich ein Schulfach „Wirtschaft“. Verantwortlich für diese Zahlen ist die Studie des Bundesverbands deutscher Banken.

Okay, das sieht schon recht übel für die Schulen aus. 

Was sollten Schulen beim Thema Geld vermitteln?

Auch hier werfen wir noch einmal einen Blick in zwei der drei oben genannten Studien. 

  • 45 % der Eltern finden, dass in der Schule das Erlernen von verantwortungsbewusstem Geldausgeben, Sparen und Investieren am wichtigsten ist. Für 13 % der Eltern ist die wichtigste zu erlernende Fähigkeit, wie Bankprodukte genutzt werden und welche es gibt. Bei 10 % steht ganz oben der digitale Umgang mit Geld. (N26)
  • Die jungen Leute selbst (14 – 24 Jahre) finden, dass folgende Themen einen höheren Stellenwert haben sollten: Umgang mit Geld (87 %), Möglichkeiten der Altersvorsorge (81 %), Wirtschaftssystem und Rolle der Unternehmen (76 %),  Finanzsystem und Rolle der Banken (74 %), Möglichkeiten der Geldanlage (73 %). (Bankenverband)

Ich gebe Ihnen an dieser Stelle noch einen Link zu einem älteren Blogartikel, der exemplarisch zeigt, woran es krankt. 

Die Rolle der Eltern

Nun, ganz klar kann nicht immer alles an die Schule abgegeben werden. Wenn es dort aber so große Lücken gibt, müssen die Eltern doch Verantwortung übernehmen – und ihre Sprösslinge Schritt für Schritt an Finanzthemen heranführen. Das fängt mit dem Taschengeld an, das Kinder eigenverantwortlich einsetzen sollten. Zudem spielt die Vorbildfunktion eine große Rolle, was zum Beispiel 57 % der Eltern der N26-Studie in den Vordergrund stellen. Und 19 % lassen sich dafür schon von digitalen Tools und Apps unterstützen.

Deutschland ist Entwicklungsland 

Während immer mehr Länder die Finanzkompetenz der Menschen stärken – oder wenigstens Versuche in die Richtung unternehmen, sieht es in Deutschland eher schlecht aus. 

Unser Nachbar Österreich zum Beispiel will ein Finanzbildungsportal im Internet starten – wo sich unter anderem ein „Finanzführerschein“ ablegen lassen soll. Einen solchen Führerschein gibt es schon in einigen Bundesländern, im Vorarlberg sogar auch speziell für Kinder und Jugendliche. 

Viele andere Länder denken über nationale Strategien für die finanzielle Bildung nach, mehr als 150 Staaten haben immerhin schon etwas in der Öffentlichkeit vorgestellt. Und Deutschland? Nun, Sie ahnen es vielleicht ja schon: Da kommt erstmal nix. Das war der alten Regierung nicht wichtig (genug) – und der neuen offenbar auch nicht.

Zwei Hoffnungsschimmer 

Mit zwei Punkten will ich Ihnen am Ende dann doch noch etwas Hoffnung machen: 

  • Bildung ist in Deutschland offiziell immer noch Ländersache. Und wenn der Bund sich da gepflegt raushält, müssen es eben die Länder selbst richten. Wirtschaftliche/finanzielle Bildung gibt es deshalb immerhin schon in einigen Bundesländern verpflichtend. Und es hindert die anderen Länder auch niemand daran, diesem Beispiel zu folgen. Natürlich wäre eine bundesweite Strategie besser.
  • Private Initiativen versuchen, die Bildungslücke zu schließen und den Schulen zu helfen. Ein Beispiel ist das Bündnis für ökonomische Bildung Deutschland, das sich für ökonomische Bildung in Schulen einsetzt. Mehr als 60 Institutionen sind dort schon dabei, um das Thema voranzubringen.

Was bedeutet das konkret für mich?
Das hängt von Ihrem Alter und Ihrer Rolle ab. Eltern sollten sich beim Thema Finanzen auf gar keinen Fall auf die Schule verlassen, sondern das Thema selbst in die Hand nehmen, sozusagen finanzielle Erziehung leisten. Und: Wenn es dann irgendwann zum Thema Steuern kommt, empfehlen wir natürlich den smartsteuer-Blog und unseren YouTube-Kanal


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