08.12.2020 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 4 Min.

Drei spannende Urteile vom Bundesfinanzhof

Ein Pilot will seine hohen Ausbildungskosten absetzen, ein Vater seine immensen Prozesskosten wegen der Entführung seiner Tochter geltend machen, eine Frau will ganz bestimmte haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen von der Steuer abziehen. Drei Fälle, die ein paar Jahre gebraucht haben – bis sie schließlich vom Bundesfinanzhof entschieden wurden.

Fall 1: Der Pilot und seine Ausbildung

Wie langsam die rechtlichen Mühlen oft mahlen, ist in diesem Beispiel besonders deutlich sichtbar. Denn der Streit dreht sich um die Steuererklärungen aus den Jahren 2007 und 2008. Ein Mann hatte in diesen Jahren seine Pilotenausbildung absolviert. Er wollte im Jahr 2007 5.969 Euro und 2008 sogar 50.979 Euro als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt sagte aber, dass das keine Werbungskosten seien, sondern „nur“ Sonderausgaben. Und die lassen sich nur in dem jeweiligen Jahr und damals nur bis zu 4.000 Euro (heut 6.000 Euro) absetzen.

Der jetzige Pilot klagte, doch auch das Finanzgericht schloss sich der Meinung des Finanzamts an. Schließlich landete der Fall mit anderen beim Bundesfinanzhof. Der urteilte dann aber auch gegen den Kläger (Az. VI R 18/20, VI R 59/14).

Im Wesentlichen ging es darum, dass es sich bei der Ausbildung um eine Erstausbildung handelt. Ein Werbungskostenabzug sei nur bei einer Zweitausbildung möglich, urteilte das Gericht.

Dort lesen Sie, dass tatsächlich nur die Zweitausbildung steuerlich besser gestellt ist durch den Werbungskostenabzug und die dadurch gegebene Möglichkeit eines Verlustvortrags. Der Pilot hätte nur eine Chance gehabt, wenn seine Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hätte. Hatte sie aber nicht, sagte der Bundesfinanzhof.

Fall 2: Der Vater und seine Tochter

Ein sehr trauriger Fall. Ein Mann wird Anfang 2012 Vater einer Tochter. Nur Monate später erfolgte die Trennung, die Mutter reiste mit der Tochter nach Südamerika – und kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück. Der Vater tat alles, um seine Tochter zurück nach Deutschland zu holen. Dabei entstanden ihm 20.747 Euro an Prozesskosten. Und die wollte er als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen. Das Finanzamt sagte dazu nein, das Finanzgericht später ja. Blieb nur der Gang zum Bundesfinanzhof. Die Richter dort entschieden gegen den Vater (Az. VI R 15/18).

Die Begründung in Kürze: Generell lassen sich Prozesskosten seit einigen Jahren höchstrichterlich nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Das gilt zum Beispiel auch bei Scheidungsverfahren, siehe diesen Blogartikel.

Es gibt aber, wie fast immer, im Steuerrecht eine Ausnahme: Wenn der Steuerzahler Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, dürften die Ausgaben absetzbar sein. Die Richter stellten fest, dass es sich bei dieser Existenzgrundlage nur um die materielle Lebensgrundlage, sprich finanzielle handelt. Immaterielle Dinge wie Überzeugungen, Wertvorstellungen oder Familie im weiteren Sinn dürfen keine Rolle spielen. Meine Übersetzung: Der Mann hat zwar gelitten, aber weil ihn die Kosten nicht in die Armut stürzten, kann er sie auch nicht absetzen.

Fall 3: Die Frau und die Frage, was zum Haushalt gehört

Seit Jahren streiten sich Steuerzahler mit Finanzämtern und Finanzgerichten, wann eine Dienstleistung oder Handwerkerleistung wirklich haushaltsnah ist. Muss das immer nur in der Wohnung, im Haus oder dem Grundstück passieren? Oder reicht ein „räumlich-funktionaler Zusammenhang“? Wie etwa im Fall einer Hundebesitzerin, die einen professionellen Hundesitter beauftragte. Und der ging natürlich mit dem Hund auch eine größere Runde spazieren. Das wurde als haushaltsnahe Dienstleistung anerkannt.

Nun, nicht so viel Glück hatte eine Frau vor dem Bundesfinanzhof. Sie wollte gleich zwei Sachen absetzen: einmal Ihren Anteil an der Straßenreinigung als haushaltsnahe Dienstleistung und die Kosten für die Reparatur eines Hoftors durch einen Tischler. Letzteres musste der Handwerker ausbauen, in seine Werkstatt bringen, dort instandsetzen und dann wieder einbauen.

Zu beiden Sachverhalten sagte der Bundesfinanzhof (anders als das Finanzgericht): Nicht absetzbar (Az. VI R 15/18). Um es kurz zu machen: Bei der Straßenreinigung entfallen die Voraussetzungen für eine Absetzbarkeit, weil es sich dabei nicht um eine Tätigkeit handelt, die normalerweise auch von einem Haushaltsmitglied durchgeführt werden könnte. Bei einer Gehwegreinigung hätte das noch anders ausgesehen, so der Bundesfinanzhof.

Und bei dem Hoftor wurde bemängelt, dass das Tor in der Werkstatt repariert wurde – und nicht auf dem Grundstück. Lediglich eine Aufteilung der Kosten sei möglich. In die Arbeiten vor Ort (Ausbau, Einbau, An- und Abfahrt), die absetzbar wären – und die nicht absetzbaren in der Werkstatt. Ich erwähne zum Abschluss noch, dass es mal einen sehr ähnlichen Fall gab, bei dem sich die Handwerkerleistungen doch absetzen ließen. Das entschied aber „nur“ ein Finanzgericht. Wenn Sie es genauer wissen wollen: Hier ist der Link zum Blogbeitrag.

Was bedeutet das konkret für mich? 

Schwierig zu sagen, denn die konkreten Fälle werden die meisten wohl nicht selber in ähnlicher Form erleben. Vielleicht aber doch noch eins. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: Es lohnt sich, sich gegen Entscheidungen des Finanzamts zu wehren. Denn zwei von drei Einsprüchen gegen den Steuerbescheid sind erfolgreich. Ohne, dass Sie vor Gericht gehen müssen.


Kommentar schreiben (* Pflichtfelder)