15.09.2016 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Endlich Schluss mit Milliarden-Steuerbetrug?

Was man in 20 Jahren so alles machen kann: Das reicht von einst frisch Vermählten, die jetzt nur noch fünf Jahre zur Silberhochzeit haben, über den FC Bayern München, der in diesem Zeitraum gefühlt 18 x Deutscher Meister wird, bis zu Eltern, die ihre Kinder von der Geburt bis zum Auszug aufwachsen sehen. Man kann aber auch 20 Jahre brauchen, um Milliarden-Steuerbetrug zu verhindern…

Sie ahnen es, es geht mal wieder um die große Politik. In diesem Fall darum, wie lange der Staat gebraucht hat, um das Problem von Steuerbetrug mittels Registrierkassen zu lösen.

Kleinvieh macht auch Mist

Bevor Sie jetzt sagen, die paar Euro, die sich so vielleicht an der Steuer vorbei verdienen lassen: 10 Milliarden Euro sollen dem Staat damit verloren gegangen sein – und zwar jährlich, schätzen die Finanzministerien zweier Bundesländer. Und selbst wenn das zu hoch gegriffen sein sollte (wie das Bundesfinanzministerium gern suggeriert), allein dieses kleine Beispiel spricht Bände: Der Inhaber eines Eiscafés in Rheinland-Pfalz hinterzog von 2003 bis 2010 knapp 2 Millionen Euro Steuern, indem er seine Kassen manipulierte. Die Manipulationen der Kassen in Restaurants, Apotheken, Friseurläden oder Imbissläden sind dabei vielfältig. Dazu gehören die sogenannten Zapper auf USB-Sticks und „Phantomware“ (bereits in der Kasse installierte Betrugssoftware). Wir hatten das ausführlich in diesem Artikel beschrieben.

Bald kommt ein Gesetz

Schon 2003 hatte der Bundesrechnungshof darauf hingewiesen, dass immer wieder Kassen umfangreich manipuliert würden – und es immer schwerer werde, diese Manipulationen rückwirkend nachzuweisen. Obwohl oder besser weil immer mehr Elektronik in die Kassen kam, wurde der kaum nachzuweisende Steuerbetrug im Laufe der Jahre sogar immer leichter möglich. Der Bund tat dagegen nicht viel. Er förderte zwar das Projekt INSIKA, das Kassenmanipulation wirksam bekämpfen soll. Als INSIKA aber 2012 fertig war, kam es in Deutschland nur in Hamburger Taxis zum Einsatz. Irgendwie schien es nicht gewollt zu sein. Schon merkwürdig, dass sich der Staat einfach so Milliardeneinnahmen entgehen lässt.

Nun endlich, im Jahr 2016 hat das Bundeskabinett den „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ verabschiedet. Ja, was für ein Name wieder… Was steht aber nun drin? Die drei wichtigsten Punkte:

  • Kassen müssen einen eingebauten Schutz vor Manipulationen haben. Erlaubt ist nur eine „Sicherheitseinrichtung“, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert wurde. Sie besteht aus einem Sicherheitsmodul (sorgt dafür, dass nicht nachträglich manipuliert werden kann), einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle für die Datenübertragung, etwa zu Prüfungszwecken.
  • Einführung einer „Kassen-Nachschau“ zur schnellen Überprüfung.
  • Sanktionierung von Verstößen, Bußgelder von bis zu 25.000 Euro.

 

Endgültige Umsetzung wird aber dauern

Eine generelle Pflicht für Registrierkassen wird es weiterhin nicht geben. Macht auch ganz ehrlich keinen Sinn, dass sich etwa Verkäufer auf Wochenmärkten extra eine moderne Kasse anschaffen sollen. Einen Beleg müssen die Inhaber auch nicht verpflichtend ausgeben. Alles ist ja ohnehin elektronisch und nicht abänderbar gespeichert. Nur wenn ein Kunde nach einem Beleg verlangt, besteht die Pflicht, einen auszudrucken.

Nun aber zum Schluss die Auflösung, warum es 20 Jahre dauern wird (gerechnet vom Jahr 2003). Zwar wird das Gesetz recht sicher in absehbarer Zeit in Kraft treten, doch es gibt Übergangsfristen für die Kassen. Rund 1,7 Millionen Kassen lassen sich prinzipiell so aufrüsten, dass sie keine Manipulationen mehr zulassen. Diese Umrüstung muss bis zum 31.12.2019 abgeschlossen sein. Rund 400.000 Kassen lassen sich aber nicht manipulationssicher machen, sie müssen also gegen neue ausgetauscht bis spätestens zum 31.12.2022.

Das bedeutet, dass wirklich erst ab 1.1.2023 alle Kassen in Deutschland manipulationssicher sein werden. Also 20 Jahre nach dem der Bundesrechnungshof auf das Problem hingewiesen hatte. Und das ist nach unserer Meinung nicht mehr und nicht weniger ein Armutszeugnis.

 


Kommentar schreiben (* Pflichtfelder)