31.05.2017 · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Was tun mit 54,1 Milliarden Euro?

Vielleicht haben Sie es ja vor ein paar Wochen auch mitbekommen: Nach der neuesten Steuerschätzung werden Bund, Länder und Gemeinden bis 2021 noch mal 54,1 Milliarden mehr einnehmen als nach der letzten Schätzung – und die ist gerade mal sechs Monate her. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: Auch diese Schätzung von Ende 2016 sagte schon heftig sprudelnde Einnahmen voraus. Es sieht also mehr als gut aus bei den Staatseinnahmen. Doch was damit machen? Am beliebtesten – wir sind gerade im Wahlkampf – sind natürlich Steuersenkungen, am besten für alle. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten. Wie wäre es zur Abwechslung mal mit Schuldenabbau – oder gar Investitionen in die Zukunft? Wir beleuchten die verschiedenen Möglichkeiten.

Was bedeuten die 54,1 Milliarden Euro?

Das klingt erstmal viel, auf fünf Jahre gerechnet sprechen wir dann von rund 11 Milliarden pro Jahr. Auch noch viel, aber schon mal deutlich weniger. Zudem verteilt sich die Schätzung auch nicht gleichmäßig. Beim Bund werden „nur“ 3 Milliarden mehr prognostiziert, die Länder hingegen sollen rund 29 Milliarden Euro mehr einnehmen und die klammen Gemeinden  27 Milliarden. (Das sind zusammen sogar rund 59 Milliarden Euro – aber es kommen geringere Einnahmen aus der EU hinzu.) Vor allen Dingen sollte man aber nicht vergessen: Es handelt sich um eine Schätzung, in diesem Fall sogar eine recht langfristige. Da kann noch einiges passieren, wenn die Wirtschaft eben mal schlechter läuft, ganz egal, ob durch innere oder äußere Einflüsse verursacht. Die letzten Zahlen, dann sind Sie erlöst: Nach der Schätzung wird der Staat in diesem Jahr rund 732 Milliarden einnehmen, 2021 schon mehr als 852 Milliarden Euro.

Steuersenkungen jetzt?

Natürlich meldeten sich die Politiker nach diesen mehr als rosigen Aussichten sofort zu Wort und forderten in der Mehrheit Steuersenkungen – also eine Verteilung auf alle oder wenigstens recht viele Steuerzahler. 30 bis 40 Milliarden Euro pro Jahr, hieß es von der FDP, die CSU spricht von 30 Milliarden, die CDU bleibt bei ihren schon angekündigten 15 Milliarden. Doch selbst diese großen Beträge bedeuten nicht, dass dann alle im Reichtum schwimmen, weil sie weniger Steuern zahlen. Es wäre eine Entlastung – doch beim Durchschnittsverdiener würden wohl auch nicht viel mehr als 50 Euro im Monat hängen bleiben. Nicht falsch verstehen, das ist nicht zu verachten, aber vermutlich denken viele bei den gigantischen Zahlen, die im Raum stehen, an höhere Beträge. Und nochmals zur Erinnerung: Was passiert, wenn der Wirtschaftsmotor ins Stocken gerät? Werden die Steuern dann wieder erhöht? Steuersenkungen allein können nicht die Lösung sein, auch wenn viele natürlich völlig zu Recht weniger Steuern zahlen wollen. Der Effekt von Steuersenkungen ist eben meist nur ein kurzfristiger.

Möglichkeit für einen Schuldenabbau?

Sie haben vielleicht schon mal von der „Schwarzen Null“ gehört. Seit drei Jahren hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das geschafft. Aber das bedeutet im Endeffekt nur, dass Deutschland in diesen Jahren keine neuen Schulden aufgenommen hat – was in den vielen Jahren zuvor regelmäßig der Fall war. Der riesige Schuldenberg von 2 Billionen Euro besteht also immer noch. Und für den müssen jedes Jahr immer noch große Zinszahlungen geleistet werden. In den letzten Jahren – mit sehr niedrigen Zinssätzen – war das einfacher möglich als sonst. Als Privatperson würden Sie doch sicherlich versuchen, wenn es gut läuft, Schritt für Schritt vom Schuldenberg runterzukommen. Warum sollten das Bund, Länder und Gemeinden nicht auch tun? Klar, es ist ein langer und beschwerlicher Weg. Doch wann, wenn nicht jetzt? Die nachkommenden Generationen würden darüber sicher sehr dankbar sein. Ganz davon abgesehen, dass bestimmt auch wieder die Zeiten kommen, in denen die Zinsen steigen – und wieder mehr Geld für die Schulden nötig ist.

Mehr Investitionen?

Wie wäre es schlussendlich, wenn der Staat das „überschüssige“ Geld dafür nutzen würde, um zukunftsträchtige Ausgaben zu machen? Straßen und Brücken auf Vordermann bringen zum Beispiel, endlich richtig ein schnelles Internet fördern, Kitas und Schulen in Schuss bringen oder einfach nur die Kita gratis für alle machen und Bildung mit Vorrang voranbringen. So etwas war zumindest auch schon zu hören von der Politik, von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, der Investitionen mit Vorrang behandeln will. Nachteil von Investitionen: Sie sind in der Regel nicht sofort spürbar – sondern eben erst in der Zukunft.

Fazit: Bund, Länder und Gemeinden erwarten in den nächsten Jahren immer höhere Einnahmen. Was damit geschehen soll, ist noch unklar. Steuersenkungen wären kurzfristig naheliegend, auf lange Sicht sollten Schuldenabbau und vor allem Investitionen in Angriff genommen werden.

Geschrieben von:
Jennifer Zurowietz Jenni kann als Steuerfachangestellte ihr Fachwissen mit technischem Verständnis kombinieren. Ihre große Stärke ist es, schwierige Sachverhalte als einfach verständliche Inhalte zu vermitteln. Selbst Kollegen ohne steuerliches Wissen werden nach ihren Erklärungen schwach und interessieren sich vermehrt für die Thematik. Dies gemeinsam mit ihrer Hilfsbereitschaft bringt Kunden und Kollegen zum Staunen.
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LETZTE BEITRÄGE

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Spall sagt:

    Wie wäre es damit, etwas gegen die immer stärker steigende Wohnungsnot zu unternehmen!? Das käme eigentlich noch weit vor Straßen und Brücken oder sogar Kitas und Schulen. Verfügbarkeit von Unterkunft und Wohnraum für ein Volk ist ein Grundbedürfnis. Kein Thema, mit dem man im Wahlkampf scheinen kann scheinbar, aber darum sollte es ja auch eigentlich nicht gehen.

  • Avatar KC sagt:

    Senkung der Lohnnebenkosten wäre eine Idee…..der Arbeitnehmer hätte mehr Geld in der Tasche und würde gleichzeitig die Nachfrage steigern.
    …der Arbeitgeber hätte mehr Geld für Investitionen und die Entscheidung für Neu-Einstellungen würden schneller fallen. Netter Nebeneffekt, weniger Arbeitslose und mehr Steuereinnahmen.

    Gruß

  • Avatar erdbeermaus sagt:

    Dem Steuerbürger ist nicht zu vermiteln, daß sich ParlamentarierU/Abgeordnete
    mtl. die Bezüge um etwa 240,00 € jedes Jahr erhöhen. Warum brauchen wir über 650 Abgeordnete + auch noch Überhangmandate ? Hier könnte man anfangen zu sparen. Amerkia hat etwa 350 Abgeordnete. Warum geht so was bei uns nicht ????? Dagegen wird sich kräfig gewehrt.
    Wenn ein Abgeordneter nach 4 Jahren Zugehörigkeit etwa mit 1600 € Rente rechnen kann ?? Der Durchschnittsverdiener erhält nach 45 Jahren Arbeitszeit diese Rente. Ist das gerecht ???
    Steuererleichterungen sind nicht drin ??? Dann soll doch der Überschuß in Investition gesteckt werden (Wohnungen/Kita/Schulen/Straßen/Bildung etc.)
    Das wäre doch gerecht.

  • Avatar Thorbjørn sagt:

    At 11 million per year, paying back the 2 trillion loan would take 180 years. Maybe they’re betting that within this time, some crisis in the monetary system will anyway cause the whole thing to collapse, so why bother paying it back at all?

  • Avatar Ruge sagt:

    Es wäre sinnvoll, den sozialen Wohnungsbau mit 50 Milliarden sofort zu fördern,
    das täte den Normalverdienern heute gut, wenn sie bezahlbaren Wohnraum in
    der Nähe ihrer Arbeitsplätze finden, aber ebenso der jüngeren Generation, denn
    die herkömmlichen Mieten in Ballungsräumen, wo die meisten Menschen arbeiten und studieren – oder gar Familie gründen wollen – sind einfach nicht
    bezahlbar! Und in unserer schnelllebigen Zeit benötigt man Bewegungsfreiheit, dabei kann der Kauf eines Eigenheims sogar hinderlich sein!
    Mit den verbleibenden 4,1 Milliarden sollte man ausnahmslos die Kitas fördern!


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