26.07.2017 · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Steuerlatein Teil 10: Die Finanztransaktionssteuer

50 Milliarden Euro – das ist die Zahl, die immer wieder fällt, wenn es um eine Finanztransaktionssteuer geht. Doch was ist das überhaupt? Wo soll das Geld herkommen – und wer bekommt es? Und was sagen die Parteien dazu? Wir bringen mal wieder Licht ins Dunkel – in unserem Steuerlatein zur Bundestagswahl 2017.

Was ist eine Finanztransaktionssteuer?

Weltweit werden Aktien, Derivate und noch weitere Finanzprodukte gehandelt. Billionen von Euro beziehungsweise Dollar fließen virtuell in Frankfurt am Main, London, New York und den vielen anderen Börsen. Oft wird völlig zurecht bemängelt, dass die Finanzmärkte völlig außer Kontrolle sind, ein Eigenleben führen und erhebliche negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaften möglich sind. Eine Möglichkeit, diese Folgen begrenzen zu können, sehen zumindest einige Finanzexperten und auch die Politik darin, eine Steuer auf Finanztransaktionen zu erheben. So könnten sich die Börsenbroker vielleicht zweimal überlegen, ob sie riskante und schnell auf einander folgende Geschäfte zu tätigen.
Die EU-Kommission legte deshalb 2011 einen Gesetzentwurf vor: Dabei soll der Steuersatz auf den Handel mit Aktien und Anleihen 0,1 Prozent betragen, auf deren Derivate nur 0,01 Prozent. Klingt nach einer überschaubaren Größe pro Transaktion – würde aber insgesamt viel Geld bringen, welches die EU-Staaten erhalten sollten.

Was passierte dann?

Nun, zuerst wollten Großbritannien und Schweden (haben beide nicht den Euro) nicht mitmachen, doch auch in der Euro-Zone gab es sofort Gegner in Form von Luxemburg und den Niederlanden. Okay, sagte man sich dann: führen wir die Finanztransaktionssteuer eben nur in den Ländern ein, die das auch wollen. Elf Länder (darunter Deutschland) beschlossen Ende 2012 prinzipiell, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen. Nun knapp fünf Jahre später sind wir fast keinen Schritt weiter. Einzig Frankreich und Italien haben sie eingeführt, allerdings auch mit Einschränkungen. Die noch regierende Große Koalition aus CDU/CSU und FDP nahm den Punkt 2013 sogar in die Koalitionsverhandlungen auf, passiert ist nichts. Meist ist die Rede davon, dass nun doch eine Euro-, EU- oder gar weltweite Vereinbarung getroffen werden müsse. Und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte im letzten Jahr noch Hoffnung, dass es immerhin in zehn Ländern klappen könnte – um vor einem halben Jahr die Erwartungen wieder zu dämpfen. Diesmal sei die Zeit wegen des Brexits möglicherweise nicht so günstig.
Ganz ehrlich, wir wissen nicht genau, woran es eigentlich hakt. Anzunehmen ist, dass Lobbyverbände der Börsenhändler ihr Bestes geben, um eine solche Steuer zu verhindern. Zudem wollen einzelne Länder besonders stark von der Steuer profitieren, was es nicht leichter macht. Ein nationaler Alleingang Deutschlands ist aber auf jeden Fall unwahrscheinlich. Die Furcht, dass das Kapital vom Finanzplatz Deutschland weggehen würde, ist zu groß.

Was wollen die Parteien?

Die FDP will die Finanztransaktionssteuer nicht, bei der AfD findet man nichts im Wahlprogramm dazu. SPD und Linke sind auf jeden Fall dafür. Auch von der CDU/CSU und den Grünen gibt es eher Signale für eine Zustimmung. Aber, wie wir gerade gelesen haben, die Finanztransaktionssteuer ist ein ganz dickes Brett – und um das zu durchbohren, braucht es in jedem Fall Geduld.

Unsere Meinung: Eine Finanztransaktionssteuer würde den Akteuren an der Börse nicht weh tun – und der Staat könnte Milliardenbeträge verbuchen. Es wäre also mehr als wünschenswert, wenn sich die Politik endlich auf eine Einführung – in möglichst vielen Ländern – einigen könnte.

Geschrieben von:
Jennifer Zurowietz Jenni kann als Steuerfachangestellte ihr Fachwissen mit technischem Verständnis kombinieren. Ihre große Stärke ist es, schwierige Sachverhalte als einfach verständliche Inhalte zu vermitteln. Selbst Kollegen ohne steuerliches Wissen werden nach ihren Erklärungen schwach und interessieren sich vermehrt für die Thematik. Dies gemeinsam mit ihrer Hilfsbereitschaft bringt Kunden und Kollegen zum Staunen.
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Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar E. W. sagt:

    Eine Einkommenssteuer wurde mit einem Satz von <10% eingeführt.
    Der Grunderwerbssteuersatz in D war vor dem "Steuerwettbewerb" der Länder 2,5%.
    Aktien aus Frankreich und Italien sind extrem aufwendig, wenn man sich die zu viel/doppelt gezahlte Quellensteuer wieder holen möchte.
    Handeln kann man die Large Caps dieser Länder z.B. auch in London…

    Warum hört man aus Regierungskreisen nie etwas davon, mal eine Steuer abzuschaffen?

  • Avatar Michael Schmidt sagt:

    „…wissen nicht genau, woran es eigentlich hakt…“ – wer weiß das überhaupt ? Könnte dazu nicht einmal eine Offenlegung gefordert werden ?
    Mir scheint die Frage zu sein, wie solle das organisiert und kontrolliert werden – wer wäre in welcher Form „Nutznießer und Verlierer“ dieser Steuererhebung ? Wo verblieben die Einnahmen ?
    Da gibt es wohl doch noch ein ganzes Paket an (zumindest für mich) offenen Fragen, wobei das Ganze äußerst zweckvoll wäre ! Allein schon um die Auftrag-geber und die realisierenden „Börsianer“ in ihrer teils unendlichen Gier endlich zu zügeln !

  • Avatar MK sagt:

    … und das Geld aus dieser Steuer fällt wie Manna vom Himmel? Nicht wirklich, oder? Letztendlich zahlen es, durch höhere Kauf-/niedrigere Verkaufkurse, diejenigen, die die Handelsaufträge an den Börsen geben – also Anleger, die z.B. für die Altersvorsorge Aktien kaufen, Unternehmen, die zur Risikoabsicherung Derivate kaufen und verkaufen, etc.
    Die Finanztransaktionssteuer ist ein klassisches Beispiel dafür, wie mit gutem Willen Dinge auf der Basis von Halb- oder noch weniger Wissen diskutiert werden. Aber Geld, besonders Steuergeld, muss immer von irgendjemand kommen.

  • Avatar B. Frank sagt:

    @MK: es geht hier um Abgaben von unter 0,1 Prozent!
    Welchen Anleger der für die Altersvorsorge Aktien kauft interessiert das?
    Die erwähnten Unternehmen, die zur Risikoabsicherung Derivate kaufen wohl ebenso wenig.
    Die Steuer betrifft praktisch gesehen nur den Hochfrequenzhandel. Eine Handelsform die volkswirtschaftlich sowieso absolut keinen Sinn hat.
    So viel zum Thema „Halb- oder noch weniger Wissen“.


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