07.03.2023 · Arbeitnehmer · smart leben ·
Lesezeit: 4 Min.

Diese Steuervorteile für Männer soll eine Reform jetzt beenden

Ja, sie haben richtig gelesen, Männer genießen in der sonst so überkorrekten Welt des deutschen Steuersystems einige Vorteile. Und die konsequente Schlussfolgerung daraus ist: Frauen werden benachteiligt. Doch das soll sich jetzt ändern. Zumindest, wenn es nach Bundesfamilienministerin Lisa Paus geht. Laut der Politikerin ist eine Reform der Steuerklassen 3 und 5 längst überfällig. Denn nur so lasse sich eine ökonomische Gleichstellung und die soziale Sicherung der Frau stärken. Doch leider sind die beiden Steuerklassen nicht der einzige Punkt, an dem bei der Geschlechtergerechtigkeit Abstriche gemacht werden. Lesen Sie hier, wie sich das Steuersystem jetzt ändern soll. Und wo immer noch Unterschiede zwischen Männern und Frauen gemacht werden.

Sehr geehrte Herren und Damen

Wir hatten vor vier Jahren schon einmal zum Thema Gleichberechtigung laut Finanzamt geschrieben. Tja, bis heute hat sich bedauerlicherweise nichts verändert – auch wenn das Finanzministerium für 2021 eine Änderung angekündigt hatte. Worum geht es dabei? Folgende Kuriosität: Bei der gemeinsamen Steuererklärung von Eheleuten muss der Mann im Formular zuerst genannt werden. Sonst hängt sich das System des Finanzamts auf, das ist kein Witz. Genau das ist 2018 im Finanzamt Hamburg Nord passiert. Dort machte die Hauptverdienerin und Ehefrau die Steuererklärung und trug sich nichts ahnend als erstes – also als Person A – ins Formular ein. Das führte zum Crash des kompletten Systems und die Angestellten des Finanzamts mussten alle Daten erneut händisch nachtragen.

Jetzt könnte man natürlich wohlwollend behaupten, das sei nun mal im System so angelegt. Und die Reihenfolge sei reiner Zufall. So übrigens auch die offizielle Stellungnahme dazu. Allerdings hat der Fiskus es bis heute immer noch nicht geschafft, diese technische Formalie anzupassen. In Zeiten, in denen auch die gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt ist, wirkt dieses IT-Problem beinahe wie ein antikes Relikt.

Reform der Steuerklassen für mehr Gleichberechtigung

Doch nicht nur bei oberflächlichen Ungereimtheiten genießen männliche Steuerzahler in Deutschland noch immer Vorteile. Im Gegenteil: Das System der Steuerklassen regt sogar dazu an, dass die Differenz beim Gehalt von Männern und Frauen noch größer wird. Wie das, fragen Sie jetzt vielleicht? Das ist schnell erklärt: Wählen Ehepaare die Kombination aus Steuerklasse 3 und 5, dann ist die Ersparnis höher, je größer der Unterschied im Einkommen ist. Der Freibetrag des schlechter verdienenden Ehegatten wird so zu sagen auf den besser verdienenden Ehegatten übertragen.

Tja, bisher fallen in Deutschland leider immer noch 80 % der Frauen unter die Kategorie der geringer Verdienenden. So wird also bei der Mehrheit der Ehepaare der besser-verdienende Ehemann in der günstigeren Steuerklasse 3 eingeordnet. Die schlechter-verdienende Ehefrau bekommt Steuerklasse 5. Fürs Netto-Einkommen einer Familie ist diese Aufteilung vorteilhaft. Für die Gleichberechtigung allerdings absolut nicht. Denn so werden vom geringeren Gehalt noch mehr Steuer abgezogen und das Netto-Einkommen weiter reduziert.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums hat deshalb jetzt bestätigt, dass aktuell an einem neuen Gesetzespaket gearbeitet wird. Dabei geht es konkret um eine Reform genau dieser beiden Steuerklassen. Das soll dann für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgen. Dieses Paket ist allerdings nicht ganz so neu wie es jetzt vielleicht klingt, sondern war so schon im Koalitionsvertrag vorgesehen und wird erst jetzt bearbeitet. Familienministerin Lisa Paus erklärt die Reform so: „Dadurch wird die Lohnsteuerbelastung zwischen Eheleuten fairer verteilt.“

Mehr zu der Änderung beim Ehegattensplitting lesen Sie auch in unserem Blogartikel „Ehegattensplitting – was ist da eigentlich Sache?“ von 2022 – als die Reform zum ersten Mal angekündigt wurde.

Weniger Netto – weniger Unterstützung?

Warum ist die Verteilung auf die Steuerklassen 3 und 5 eigentlich so ungerecht? Eine direkte Nachwirkung dieser Regelung ist auch die geringere finanzielle Unterstützung im sozialen Bereich. Denn die Krux für höhere Abzüge beim kleineren Netto-Einkommen: Genau an diesem Netto-Einkommen berechnet der Staat auch eventuelle Sozialleistungen. Und darunter läuft z.B. auch das Elterngeld, das Kurzarbeitergeld und im Krankheitsfall auch das Krankengeld. Und langfristig bekommen Ehefrauen so natürlich auch viel weniger Rente. Durch die Aufteilung wird also ein System mit Steuererleichterungen schmackhaft gemacht, das eigentlich Bauchschmerzen im Hinblick auf die Gleichberechtigung bereiten sollte.

Wer jetzt denkt, das sei einfach das kleinere Übel, hat leider nicht ganz recht. Denn faktisch gibt es schon jetzt eine Lösung: Die Steuerklasse 4 mit Faktor. Dieser Umweg ist nur leider noch nicht so bekannt. Aber genau hier soll die Steuerreform ansetzen.

Was bedeutet das konkret für mich?

Was das für Sie bedeutet, kommt tatsächlich ganz aufs Geschlecht an. Und wir hätten nicht gedacht, dass man so etwas immer noch sagen muss – vor allem, wenn es um Steuern geht. Klar ist: Die Reform wird dem Netto-Einkommen von Familien erst einmal einen Dämpfer verpassen, bevor sich die steuerlichen Abzüge im Jahr darauf durch mögliche Erstattungen relativieren. Und vor allem Frauen werden hier hoffentlich profitieren – und so zumindest genauso behandelt werden wie die männlichen Steuerzahler. Allerdings bleibt nach wie vor wichtig: Nur, wer eine Steuererklärung korrekt erledigt und den Überblick über die Finanzen behält, kann auch Nachteile ausgleichen. Dabei helfen wir immer wieder gerne! Entweder durch unsere einfache Online-Steuererklärung oder durch regelmäßige Infos hier im smartsteuer Blog und auf dem smartsteuer YouTube-Kanal. Bleiben Sie informiert und werfen Sie einen Blick auf unser Service-Angebot.

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Heiner Grussenmeyer sagt:

    Ich verstehe den Beitrag zum Ehegattensplitting nur teilweise.
    1. Wird auch selbst hier nicht klar gemacht, dass die Wahl freiwillig ist (und auch umgekehrt gemacht werden kann wenn z.B. eine Schwangerschaft bevorsteht.
    2. Wird nicht gesagt, dass es am Ende (steuerlich) egal ist wie man seine Vorauszahlung splittet. Bei der Steuererklärung spielt die Steuerklassenwahl keine rolle.
    3. Bei mir wurde der Rentenbeitrag vom Brutto berechnet, als wo ist da der Frauennachteil?
    4. Das Krankengeld beträgt 70% vom Bruttolohn bzw. maximal 70% vom Nettolohn. Da muss wohl im Einzelfall geprüft werden, ob man sich dabei wirklich schlechter stellt. Bei den ersten 6 Wochen gibt es so oder so keinen Unterschied. Gleichzeitig hat natürlich derjenige mit der kleineren Steuerbelastung gegebenalls bei den genannten Sozialleistungen einen Vorteil.


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