18.09.2017 · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Steuern aufs Erbe – ein spannender aktueller Fall

Ganz klar, keiner will zu viel Steuern zahlen. Das gilt auch beim Erben. Da gibt es wie im „richtigen“ Leben Steuerklassen – und es macht schon einen Riesenunterschied, ob man als ganz naher Verwandter erbt oder eben nicht. Kürzlich musste der Bundesfinanzhof (BFH) über einen Fall entscheiden, in dem ein Erbe auf seinen Pflichtteil im Erbe der Mutter verzichtete und sich stattdessen von seinen drei Brüdern eine Abfindung zahlen ließ. Doch wie wird das nun versteuert? Der BFH hat entschieden – und damit die bisherige Regelung geändert. Wir erklären das Urteil und zuerst auch in aller Kürze, was es mit den Steuerklassen beim Erben/Schenken auf sich hat.

Erben und Steuern

Um das Ganze zu verstehen, muss man wissen, dass es erstens steuerlich kein Unterschied macht, ob etwas vererbt oder verschenkt wird – und zweitens, dass es je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedlich hohe Freibeträge gibt. Dafür gibt es drei Steuerklassen. In Steuerklasse I sind unter anderem Ehegatten und Kinder, in Steuerklasse II unter anderem Geschwister und in Steuerklasse III Freunde und Lebensgefährten. Genaueres können Sie in diesem Blogartikel nachlesen. Für unseren konkreten Fall ganz wichtig: Wer von Geschwistern Geld erbt oder geschenkt bekommt, hat heutzutage nur einen Freibetrag von 20.000 Euro. Wer als Kind von den Eltern erbt, hingegen 400.000 Euro. Das heißt, Steuern werden erst ab diesen Werten fällig.

Der Fall vor dem Bundesfinanzhof

Wir geben zu, ganz einfach ist der Fall nicht. Wir versuchen es aber trotzdem zu erklären. Ein Mann hatte vor dem Tod seiner Mutter mit seinen Brüdern ausgemacht, dass er auf seinen Pflichtteil des Erbes verzichten würde, wenn diese jeweils 150.000 Euro als Abfindung zahlen würden. Wenn Sie jetzt sagen, das ist aber viel Geld, halten Sie sich fest. Die Mutter hat ihm bereits zuvor insgesamt etwas mehr als eine Million Euro geschenkt. Wir sehen schon, es geht hier überwiegend um Schenkungen, aber die sind ja steuerlich einer Erbschaft gleichgestellt.
Um es abzukürzen: Ursprünglich sollte der Mann 28.405 Euro Steuern bezahlen. Er klagte trotzdem, das Finanzgericht entschied zu seinen Gunsten – der Betrag wurde auf 10.810 Euro gesenkt. Der Grund: Das Finanzgericht rechnete die „Vorschenkungen“ der Mutter nicht zu den Abfindungen der Brüder hinzu.

Das Urteil des BFH

Der Bundesfinanzhof sagte nun: Die Trennung von Vorschenkungen und Abfindungen war korrekt. Es hatte aber etwas anderes zu bemängeln. Und jetzt kommen wir zu den Steuerklassen: Die Abfindungen der Brüder wurden steuerlich ähnlich behandelt wie bei der Zuwendung durch die Mutter. (Unsere Anmerkung: Weil es quasi ein Vorgriff auf das Erbe der Mutter ist, auf das der Mann verzichtet.) Das heißt, Steuerklasse I und ein relativ hoher Freibetrag.
Der BFH argumentierte aber anders – und auch irgendwie verständlich. Da das Geld der Abfindung von den Brüdern kommt, muss die wesentlich ungünstigere Steuerklasse II angewendet werden, so die Richter. Entsprechend beträgt die zu zahlende Steuer 23.647 Euro (Az: II R 25/15).
Die Entscheidung ist bemerkenswert, denn bisher war es tatsächlich so, dass eine Abfindung von Geschwistern vor dem Tod der Eltern steuerlich so behandelt wurde, als ob das Geld von den Eltern kommt – also die günstige Steuerklasse I Anwendung findet. Aber damit ist jetzt Schluss, die Abfindung muss nach Steuerklasse II versteuert werden.

Die Folgen aus dem Urteil

Der Clou kommt aber noch: Es ist ab sofort entscheidend, wann eine solche Abfindung bei Verzicht auf den Pflichtteil gezahlt wird. Geschieht das vor dem Tod des Erblassers, greift Steuerklasse II, nach dem Tod hingegen Steuerklasse I. Aber ob dann noch jemand freiwillig auf seinen Pflichtteil verzichtet, ist mehr als fraglich. Denn der Deal war ja offenbar, dass der betroffene Mann schon zu Lebzeiten seinen Pflichtteil an seine Brüder „verkauft“ hat, weil er offenbar lieber das Geld sofort haben wollte, selbst wenn er später nach dem Tod der Mutter vermutlich mehr bekommen hätte.

 

Geschrieben von:
Stefan Heine Stefan versteht als Fachanwalt für Steuerrecht selbst die Gesetze, die ihre eigenen Autoren verzweifeln lassen. Dabei widerlegt er das Gerücht, Juristen könnten nicht rechnen – zur Freude unserer Kunden und zum Ärger des Finanzamtes. Als Geschäftsführer von smartsteuer hält Stefan das Team mit seiner harmonischen Art zusammen und fokussiert es auf das gemeinsame Ziel: Die einfachste Steuererklärung.
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