13.05.2022 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Keine Mehrwertsteuer auf Lebensmittel?

Es fing schon Anfang des Jahres an – und nahm mit dem Angriffskrieg Russlands richtig Fahrt auf. Die Preise von Lebensmitteln kennen nur noch eine Richtung – nach oben. Im April stiegen sie um satte 8,5 % im Vergleich zum Vorjahr. Mit den hohen Energiepreisen kommen viele Menschen damit an die finanzielle Belastungsgrenze. Deshalb gibt es jetzt mehrere Vorschläge, Lebensmittel günstiger zu machen. Wie, fragen Sie jetzt? Durch eine Senkung der Mehrwertsteuer – auf 0 %. Wer und was dahintersteckt und wie realistisch das ist, Sie erfahren es in diesem Blogbeitrag von smartsteuer.

Drei Verbände – mit ähnlichen Forderungen 

Aller guten Dinge sind drei. Hier die Forderungen der Verbände.

  • Sozialverband VdK: Ganz klar, die Präsidentin Verena Bentele sieht, dass viele nicht mehr wissen, wie sie alles bezahlen sollen. Deshalb fordere der VdK von der Bundesregierung, die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel drastisch zu senken, so Bentele. Und zwar auf 0 %. Das sei dank neuer EU-Regeln auch möglich. Zur Erinnerung: diese Lebensmittel unterliegen oft dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 % („Grundbedarf“). Für andere sind es 19 %. 
  • Verbraucherzentrale Bundesverband: Auch hier wird die Abschaffung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel gefordert, „speziell bei Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten“. Das würde die steigenden Preise abfedern – und zugleich vielen Menschen eine gesunde Ernährung erleichtern.
  • Deutsche Diabetes Gesellschaft: Hier klingt es so ähnlich, die Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse müsse abgeschafft werden. Im Gegenzug sollen, so die Geschäftsführerin Barbara Blitzer, die Hersteller überzuckerter Getränke zur Kasse gebeten werden. Diese Getränke seien ein wichtiger Treiber für Diabetes und Adipositas. 

Ganz klar, in der jetzigen Situation würden sich viele über günstigere Preise freuen. Doch Forderungen von Verbänden sind das eine – was sagen Experten und vor allem die Politik?

Das sagen die Experten

Um es kurz zu machen: Sie sind sich uneinig.

  • Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung: Präsident Marcel Fratzscher ist der Meinung, dass eine temporäre Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7 % für Lebensmittel vor allem Menschen mit geringem Einkommen helfen würde. Weil diese einen größeren Teil ihres vorhandenen Geldes für Lebensmittel ausgeben würden. Also pro Abschaffung.
  • Kiel Institut für Weltwirtschaft: Vizepräsident Stefan Kooths hält das hingegen für keine Lösung. Steigende Preise würden nur Knappheiten widerspiegeln. Da könne der Staat nichts machen. Er soll stattdessen landwirtschaftliche Nutzflächen freigeben.

Sie sehen schon, die Wirtschaftexperten haben in dieser Frage – wie auch in anderen – sehr unterschiedliche Vorstellungen. Immerhin, Entscheidungen müssen diese ja auch nicht treffen, sie können nur Vorschläge machen.

Und die Politik?

Prinzipielle Zustimmung kommt von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Er spricht allerdings – ähnlich wie zwei der drei erwähnten Verbände – von Obst und Gemüse. Wenn das günstiger wäre, würden nicht nur Verbraucher:innen entlastet, sondern auch ein Beitrag zu einer gesünderen Ernährung geleistet, so der Politiker der Grünen.
Also gut, dann mal los, möchte man meinen. Halt stop! Zwar sei es eine gute Sache, doch entscheiden könne Özdemir das nicht. Er verweist auf das Finanzministerium. Denn Mehrwertsteuersenkungen liegen nun mal in dessen Zuständigkeit. 

Wie realistisch ist das Ganze?

Ich bin ganz ehrlich: Vom verantwortlichen Finanzminister gab es zum Thema bisher noch nichts. Es ist auch kaum vorstellbar, dass Christian Lindner (FDP) noch weitere Mindereinnahmen so gut findet. Zudem ist gerade bei Obst und Gemüse kaum nachvollziehbar, ob die Lebensmittelhändler die gesenkte Mehrwertsteuer auch weitergeben. Weil die Preise naturgemäß schwanken. Da würde es auch kaum was nutzen, wenn da ein durchgestrichenes 1,99 € pro Kilo und der neue Preis von 1,86 € stehen würde. Die Sache wäre einfacher, wenn sich eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auch auf Produkte bezieht, deren Preise meist relativ konstant sind.
Aber seien wir mal nicht zu pessimistisch. Vielleicht geschieht ja doch ein mittelgroßes Wunder und die Mehrwertsteuer für Lebensmittel wird tatsächlich für eine gewisse Zeit abgeschafft.

Was bedeutet das konkret für mich?
Wie so oft bei solchen politischen Themen erstmal nicht viel. Meist heißt es da, abwarten und Tee trinken. Was aber schon jetzt in Ihren Händen liegt: Kaufen Sie bewusster ein, achten Sie auf besonders günstige Artikel und lesen Sie einfach noch diesen Artikel zum „guten Einkaufen“


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