03.07.2018 · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Ja was – kommt nun endlich eine Steuersenkung?

Es dürfte uns allen bekannt vorkommen. Wieder einmal gab es kürzlich eine neue Steuerschätzung. Und wie in den letzten zwei, drei Jahren sieht die Prognose wieder mal besser aus als bisher erhofft. 63,3 Milliarden Euro werden Bund, Länder und Gemeinden demnach bis 2022 mehr einnehmen als noch im letzten Herbst vorhergesagt. Die spannende Frage: Bleibt davon auch mal etwas beim Steuerzahler hängen – also gibt es eine Steuersenkung?

Es stand schon in den Wahlprogrammen

Wir von smartsteuer sind nun wirklich nicht vor der Sorte, die einfach immer auf „die da oben“ draufhauen. Aber so langsam sind selbst wir mit unserer Geduld am Ende. Immer mehr Geld fließt Jahr für Jahr in die Staatskassen, die Wirtschaft brummt – doch der Steuerzahler merkt das auf dem Konto nicht. Klar, erstmal musste die „Schwarze Null“ stehen, es gab ja nichts zu verteilen, der Schuldenberg wuchs unaufhörlich an. Da der Bund seit vier Jahren keine neuen Schulden mehr aufgenommen hat, wäre es doch mal an der Zeit, Geld zurückzugeben. 
Und schließlich hatten die Parteien der Großen Koalition in ihren Wahlprogrammen 2017 Steuersenkungen in Aussicht gestellt. Doch sieht man mal vom Soli ab, der ab 2021 für viele wegfallen wird, ist nichts passiert. Hatten wir auch schon im März drüber geschrieben: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

Er hat es gesagt, wirklich

Wir hatten es mittlerweile schon aufgegeben, das Hoffen auf eine Steuersenkung. Noch mal zur Erinnerung: Wir sind nicht die FDP, die das immer will. Doch mit der aktuellen Steuerschätzung (die mit den 63 Milliarden Euro mehr) redete der neue Finanzminister Olaf Scholz (SPD) gefühlt zum ersten Mal über Steuersenkungen:

„Mein Vorschlag ist, dass wir zunächst mal das tun, worauf viele Bürger jetzt zu Recht setzen, nämlich dass wir die Einnahmen dazu nutzen, um eine Veränderung bei der Steuerlast vorzunehmen.“

Ja, da steht nichts explizit von Steuersenkungen, sie sind aber wirklich gemeint. Scholz will an die kalte Progression ran und diese „abschmelzen“. Dabei geht es kurz gesagt um folgendes Phänomen: Die Löhne steigen, aber es gibt auch die Inflation. Bei steigendem Lohn steigt auch der Steuersatz stärker als bisher – die Folge ist, dass aus einer Lohnerhöhung sogar ein geringeres Realeinkommen (inflationsbereinigt) werden kann. Also klingt der „Kampf“ gegen diese kalte Progression erst mal gut, bedeutet ja, dass weniger Steuern zu zahlen sind. Allerdings ist das wohl doch eher ein Kampfbegriff, wie wir in unserem Steuerlatein im letzten Jahr gezeigt haben. Dort ist übrigens auch genauer erklärt, was das eigentlich ist.
Im Herbst soll es eine neue Studie zur kalten Progression geben. Und je nachdem, wie die ausfällt, soll an den Steuertarifen geschraubt werden. Immerhin, möchte man sagen. Und dann erwähnte Scholz noch, dass er auch über einen schnelleren Abbau des Solis nachdenkt. Das sollten wir uns merken. Mehr aber auch nicht, denn richtig konkret ist das nicht.

Was bedeutet das für den Steuerzahler?

Nun, hier müssen wir dann doch wieder die Erwartungen dämpfen. Denn: die 63 Milliarden beziehen sich auf die nächsten viereinhalb Jahre – und nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und Gemeinden werden von dem Geld profitieren. Nehmen wir mal an, dass rund die Hälfte beim Bund landet, also 30 Milliarden. Bis 2022. Klingt schon weniger. Zudem seien 20 Milliarden davon schon kurz vorher reserviert worden, so der Finanzminister. Investitionen und solche Sachen. Und natürlich ist das alles nur eine Schätzung. Da kann noch viel passieren, was den wirtschaftlichen Umschwung zum Stocken bringen könnte.
Sie sehen schon, wir eiern ein bisschen rum. Denn wenn man ehrlich ist, kann die in Aussicht gestellte Steuersenkung eher nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Der Bund der Steuerzahler bestätigt unsere Skepsis. Er rechnet vor, dass bei einem Brutto von 2.000 Euro gerade mal 4 Euro weniger Steuern pro Monat zu zahlen sind. Bei 3.000 Euro sind es 6, bei 5.000 Euro 10 bis 11 Euro. Das ist nun wirklich nicht die Welt, aber wir wollen auch nicht undankbar sein.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Ursache für diese Mini-Steuersenkung nicht im Jetzt liegt. Die Große Koalition hätte in ihrer Neuauflage bei der guten Konjunktur einfach mutiger sein müssen – und eine Steuerreform in Angriff nehmen müssen, die den Namen auch verdient. Hat sie aber nicht. Deshalb bleibt es bei Flickenschusterei und Mini-Steuersenkungen. Eigentlich schade.       

   

Geschrieben von:
Björn Waide Niemals hätte Björn während seines Informatik-Studiums gedacht, dass Steuerthemen so spannend sein können. Nun ist er Geschäftsführer der smartsteuer GmbH und völlig begeistert von der Online Steuererklärung. Dabei setzt Björn in Diskussionen immer die Kundenbrille auf.
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Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Karl-Heinz Meyer sagt:

    … Da kommt wieder der kleine feine Unterschied zwischen Theorie und Praxis zum Tragen. Wir sind umzingelt von Staaten, die die Steuerprogression abgeschafft haben. Bei uns: Nein, das können wir uns nicht erlauben. Dazu haben wir kein Geld! Schauen wir überhaupt mal dahin, wo man es besser hinbekommt als wir?
    Mindestlohn … jahrzehntelang höre ich: Das geht nicht, das kostet zu viel Geld und Arbeitplätze, von den Politikern bis hin zu den sogenannten Kaffeesatzlesern oder auch Wirtschaftsweisen! Auch hier sind wir umzingelt von Staaten, die es schon jahrelang getan haben. 2 Jahre danach konnte das alles nicht festgestellt werden.
    Trumps Steuerreform in Amerika … Wir müssen ja nicht auf jede Steuersenkung reagieren. Wir machen da mal gar nichts!
    Rentenreform von Nahles, heute von Spahn … mitbekommen haben beide, dass es anscheinend so nicht mehr geht. Aber beide bekommen auch nicht mit, das andere Länder es besser machen als die BRD. Z. B. Österreich, da hatten sie die selben Probleme wie wir. Die Beamten, die nicht enzahlten usw. usw. Sie alles umgedreht (und wer hat den Aufschrei in der Presse oder im fernsehen mitbekommen, niemand). Heute zahlt dort jeder in den Rentenfond ein. Das Rentenniveau ist 80 % und in der BRD 48 %. Und Nahles sah und Spahn sieht es nicht! Weil uns das gar nicht interessiert, wie andere Länder das Problem lösen. Wir machen unsere Fehler allein, und wenn sie noch so teuer werden, denn wir sind die Größten und die Welt um uns macht die Fehler …


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