12.02.2019 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Sehr geehrte Herren und Damen!

Na, bei dieser Überschrift sollten wohl auch die absoluten Gegner von Gleichberechtigung und Frauenquoten ins Stutzen geraten. Denn natürlich würde jede und jeder an dieser Stelle die Damen zuerst nennen. Aber nicht jedes! Das gute alte Finanzamt kann einfach nicht über seinen Schatten springen: Bei der gemeinsamen steuerliche Veranlagung von Eheleuten muss der Mann immer an erster Stelle stehen. Und wenn nicht? Stürzt das ganze System ab…

Die 50er Jahre lassen grüßen

Damals, wir schrieben das Jahr 1958, wurde in der BRD das Ehegattensplitting eingeführt. Das Einkommen von Eheleuten wurde demnach zusammengezählt, von der Hälfte die Steuer berechnet und dieser Wert dann wieder verdoppelt. Das bedeutete eine mehr oder weniger große Steuerersparnis für das Ehepaar. Warum wurde das damals gemacht? Es förderte die Alleinverdienerehe – und die Bundesregierung sah darin „eine besondere Anerkennung der Ehefrau als Hausfrau und Mutter“.

Nun, die Zeiten haben sich gewandelt. Immer mehr Ehefrauen verdienen ihr eigenes Geld. Nicht wenige mittlerweile sogar mehr als ihre Ehegatten. Und es soll auch Familien geben, in denen sich die Frau um das Geld – und vor allem auch um die Steuer kümmert.
Beim Finanzamt ist das aber offenbar noch nicht angekommen…

Der Fall eines Paares in Hamburg

Aufgeschrieben wurde dieser von einem Hamburger Journalisten, dessen Frau sich nicht nur um die Steuererklärung kümmert, sondern sich auch an die erste Stelle im Steuerformular setzte. Als der Steuerbescheid auf sich warten ließ, fragte die Frau beim Finanzamt nach. Und bekam eine verblüffende Antwort: Die Software der Finanzverwaltung ist nicht darauf ausgelegt, dass die Ehefrau an erster Stelle steht. Wenn der Ehemann nicht an erster Stelle stehe, stürze das System ab, wurde ihr mitgeteilt. Und die Finanzbeamten müssen alle Werte erneut von Hand ins System eintragen.
Dem Ehemann platzte dann der Kragen. Er hatte sich mittlerweile dran gewöhnt, dass er den Steuerbescheid bekommt – und nicht seine Frau, die ja die Steuererklärung macht. Aber dass das Finanzamt im Jahr 2019 nicht in der Lage ist, die Frau an die erste Stelle zu packen, war dann zu viel.

Ist das überall so?

Man muss das alles nun nicht unbedingt unter der Überschrift „Sexismus und Steuern“ veröffentlichen – wie es der Hamburger Journalist in seinem Blog tat. Aber es ist schon einigermaßen unglaublich, dass die Finanzbehörden mit allerlei Mitteln die Digitalisierung vorantreiben, aber bei der Geschlechterfrage noch in den 50er Jahren stecken geblieben ist. Nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Deutschland.
Zuständig für die bundesweite Software ist das Landesamt für Steuern in Bayern. Böse Zungen würden jetzt sagen, dass das Verhältnis zwischen Mann und Frau im Freistaat tatsächlich eher rückschrittlich ist. Machen wir aber nicht.

Doch die Antwort des Landesamts aus dem Süden gibt dann doch zu denken. Die bundesweit vorgegebene Reihenfolge sei zufällig und frei von einer geschlechtlichen Wertung. Es sei eine rein organisatorische Sicherungsmaßnahme, um das Verfahren möglichst schnell und effizient abwickeln zu können.
Naja, das alles klingt eher danach, als ob da noch nie jemand drüber nachgedacht hat.

Übrigens: Bei gleichgeschlechtliche Ehen und Partnerschaften gibt es auch Einschränkungen: Person A lässt sich da zwar frei wählen – aber sie muss dann auch für die Dauer der Ehe/Partnerschaft an erster Stelle stehen bleiben.

Wie sieht es bei smartsteuer aus?

Wenn wir wollten wie wir dürften… würden wir Ihnen die freie Wahl ermöglichen. Aber, und das ist die schlechte Nachricht, wir dürfen nicht. Denn nicht wir von smartsteuer bearbeiten Ihre Steuererklärung, sondern das Finanzamt. Wenn Sie Ihre Erklärung abschicken, läuft sie elektronisch bei der Finanzverwaltung ein. Und wenn da die Ehefrau an erster Stelle stehen würde, würde das Gleiche wie im oben beschriebenen Fall passieren. Bestenfalls nix, schlimmstenfalls ein Systemabsturz.
Damit das nicht passiert, bekommen Sie bei smartsteuer schon bei der Eingabe der persönlichen Daten eine Fehlermeldung, wenn Sie die Ehefrau an die erste Stelle setzen. Besser geht es leider zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Fazit: Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis das Finanzamt die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren!“ verwenden darf. Für die Finanzbehörden steht der Ehemann weiterhin an Position 1, komme was da wolle. Eigentlich unfassbar!

    

Geschrieben von:
Mandy Pank Mandy ist im Marketing tätig und immer darauf bedacht steuerliche Themen so einfach wie möglich aufzubereiten. Dabei hilft ihr natürlich auch ihr Hintergrund als Steuerfachangestellte. Sie versetzt sich gerne in die Lage der Kunden, um herauszufinden, wo der Schuh drückt. Doch auch für ihre Kollegen hat sie immer ein offenes Ohr und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
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Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Max sagt:

    Gibt es wirklich keine anderen Probleme? Also ich bin ja für Gleichberechtigung aber man kann wirklich aus jeder Mücke einen Elefanten machen.

  • Avatar Mark sagt:

    Na ja, wie SmartSteuer die Daten an Finanzamt schickt ist unabhängig von der Eingabe der Daten. Sonst könnte man die Daten direkt bei Elster eingeben, das nicht so „Smart“ ist. Also, schlechte Ausrede 😉

  • Avatar Sascha sagt:

    > Wenn wir wollten wie wir dürften

    Nun ja, es wäre doch zumindest in der Smartsteuer-Umgebung möglich, die freie Wahl bei der Eingabe zu ermöglichen und erst beim finalen Aufbereiten die Reihenfolge anzupassen, oder?

  • Avatar Ti sagt:

    Merkwürdig. Dann gibt es wohl auch fortschrittlichere Finanzämter (Kiel). Ich habe das jahrelang so gemacht und mich als Frau an die erste Stelke gestellt, bis mir der „Fehler“ mal aufgefallen war (2018). Übrigens habe ich die Daten auch über smartsteuer eingegeben.

    Allerdings haben mein Mann und ich kein Ehegattensplitting. Das fördert meiner Meinung nach genau diese angesprochenen veralteten Rollenmodelle. Der Bescheid vom Finanzamt war auch nie an meinen Mann adressiert, sondern an uns beide.

  • Avatar Elke sagt:

    Ist mir schon aufgefallen als ich das erste mal eine Steuererklärung angefertig habe, noch mit der Hand. Meine Mann interessiert sich nicht für Finanzen.
    Was solls. Programmieren sind meistens Männer, denen fällt so was wahrscheinlich gar nicht auf.
    Ich sehe programiermäßig keinen Grund dass es so ist, wenn das Programm eine Reihenfolge will, dann kann man ja noch etwas Programmcode einfügen was die Reihenfolge im Hintergrund tauscht.
    Aber nicht nur die Steuer ist so, auch die Versicherung die MEINE Riesterrente hat, schickt die Briefe an meinen Mann!!! (Frau kann ja eh nicht lesen)
    Das sind halt die kleinen Sachen die wirklich „sexistisch“ sind. Ich habe kein Problem damit als Mathematiker bezeichnet zu werden, oder mit „war Student an Uni XX“ das sind Berufsbezeichnungen. Aber solche Kleinigkeiten, die mich als Frau zurücksetzen, die stören mich.

  • Avatar Felix sagt:

    Hm….
    Wir haben ja nun (berechtigterweise!) die Dritte Option neben männlich und weiblich: divers.
    Da wird „das System“ dann wohl vollends einfrieren… 😀

  • Avatar hartmut G. sagt:

    Tja,

    mir ist es für 1985 genauso gegangen.
    Wir hatten Ende 1985 noch geheiratet, um die Steuervorteile für 1985 noch voll auszunützen – ich war da noch Zivildienstleistender in NRW, und hatte dann ab 1986 einen gutbezahlten Job in München.
    Dreister-weise hatte ich bei unserem Namen den Namen meiner Ehefrau angenommen:
    Wir haben dann für die Steuererklärungen als Steuerpflichtige meine Frau angegeben, weil in der ersten Spalte des Formulars kein Geburtsname angegeben werden konnte 😉
    Der Steuerbescheid ging dann an Frau Hartmut. G.
    Da hatte in MUC ein(e) Finanzbeamet(r) wohl mitgedacht, um das System nicht zum Absturz zu bringen 😉
    Das wundert mich aber nicht, weil die Behörden, Banken und Versicherungen häufig noch mit fossiler HW und SW arbeiten: Mainframes von IBM etc.


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