Digitalsteuer: Frankreich hat sie – und Deutschland?

Manchmal frage ich mich, warum bestimmte Sachen in anderen Ländern funktionieren, aber in Deutschland nicht. Aktuelles Beispiel: eine Digitalsteuer. Die hat Frankreich vor kurzem eingeführt, Österreich sogar schon im April. Und Deutschland? Wartet mal wieder auf die große internationale Lösung – dabei wäre die Digitalsteuer wohl die erste Steuer, die in der Bevölkerung eine große Zustimmung hätte. Warum fragen Sie? Dann lesen Sie hier einfach die kurze Geschichte der Digitalsteuer…
Kann sich die EU mal auf was einigen?
Es klang wie der große Durchbruch. Im Frühjahr 2018 stellte die EU-Kommission ihre Pläne für eine bessere Besteuerung vor allem von Internetfirmen wie Google, Facebook und Amazon vor. Das war uns dann auch einen größeren Blogbeitrag wert, mit dem schönen Titel Von Internetriesen und Steuerzwergen. Wir fanden die Idee nicht nur lange fällig, sondern auch gut. Sollten so doch die EU-Staaten über eine faire Besteuerung vom wirtschaftlichen Erfolg der Internetgiganten profitieren. Allerdings wiesen wir am Ende auf das größte Problem hin: „Geht es nach der EU-Kommission, werden auch Internetriesen in absehbarer Zeit mehr Steuern in Europa (und damit auch in Deutschland) zahlen. Da aber alle EU-Staaten zustimmen müssen, bleibt abzuwarten, ob das auch so schnell passiert.“
Ja, was soll ich sagen – wir hatten leider recht. Denn es dauerte ein Jahr, bis sich im Frühjahr 2019 die EU-Länder darauf einigten, dass sie sich bei einer Digitalsteuer nicht einigen können.
Nationale Alleingänge – gehen offenbar doch
Ja, offenbar haben die beteiligten Staaten recht unterschiedlich drauf reagiert. Österreich kündigte recht schnell an, ab 2020 5 Prozent an Steuern einzuziehen von Unternehmen, die einen weltweiten Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro haben. Frankreich zieht auch diese globale Umsatzgrenze, ergänzt um mindestens 25 Millionen Euro Umsatz in Frankreich. Der Steuersatz hier: 3 Prozent – rückwirkend zum Jahresanfang 2019. Geschätzte Einnahmen 650 Millionen Euro pro Jahr.
Bei den Franzosen polterten auch gleich die USA und drohten in bester Trump-Manier. Schließlich stammen die betroffenen Unternehmen aus den USA. Und wer nicht spurt, kann dann schon mal mit Strafzöllen und ähnlichem von Trump abgestraft werden.
Was ist mit Deutschland?
Ob sich Deutschland wegen der potenziellen Drohungen aus den USA nicht traut, eine Digitalsteuer wie Frankreich einzuführen? Kann man sich eigentlich kaum vorstellen. Doch warum zieht Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nicht einfach mit dem französischen Nachbarn mit? Zustimmung gäbe es genug, wie die Umfrage in einem Spiegel-Online-Artikel zum Thema zeigt. Mehr als 90 Prozent sprechen sich dort dafür aus, dass Internetkonzerne stärker zur Kasse gebeten werden.
Offenbar sieht Scholz das ganz große Ganze. Und verweist auf das kürzlich zu Ende gegangene Treffen der G7-Finanzminister der sieben großen Industrienationen (USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien, Deutschland). Jetzt soll es bis 2020 neue Regeln für eine internationale Digitalsteuer geben. Eine globale Mindeststeuer ist im Gespräch. Und Scholz verweist darauf, dass diese Mindeststeuer im Abschlussdokument des Treffens benannt werde.
Unsere Meinung: Ganz ehrlich, Papier ist geduldig. Dieses Setzen auf internationale Vereinbarungen hat bisher bei einer Digitalsteuer noch nie geklappt. Und es spricht doch auch nichts dagegen, bis zu einer internationalen Lösung auf eine nationale Variante zu setzen. Denn falls, ich betone, falls sich die G7 einig werden – und nicht vergessen, da ist die USA mit dabei – dann ist das nicht automatisch die Lösung für alle EU-Staaten. Da können dann auch wieder die üblichen Verdächtigen ausscheren und es dauert wieder Jahre bis die Digitalsteuer auch endlich in Deutschland kommt. Und ich erinnere noch mal dran: Es wäre eine Steuer, die eine große Zustimmung in der Bevölkerung hätte. Der Verzicht auf eine nationale Digitalsteuer ist damit ein doppelter Verlust.
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Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)
Vermutlich hat Herr Scholz Bedenken, dass Herr Trump mit Zöllen auf deutsche Autoexporte antwortet und traut sich daher nicht an eine nationale Digitalsteuer heran.