09.07.2020 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 2 Min.

3 Fragen zum Steuerzahlergedenktag

Am 9. Juli ist es wieder soweit. Ab diesem Tag arbeitet der Deutsche endlich in die eigene Tasche – bis dahin hat er rein rechnerisch in diesem Jahr nur für den Staat gearbeitet. Das sagt zumindest der Bund der Steuerzahler (BdSt) – und nennt dieses Datum den Steuerzahlerdenktag. Die Schlagzeilen waren dem BdSt mal wieder gewiss, es ist ja auch eine sehr griffige Bezeichnung. Doch wie wird das Datum berechnet, wie ernst kann man das nehmen und was wird dabei übersehen? Wir sind mal in uns gegangen.

Frage 1: Wie berechnet der BdSt das Datum?

Um es ganz genau zu sagen: Ab dem 9. Juli um 17:30 Uhr arbeiten die Bürger und Betriebe wieder in das eigene Portemonnaie. Das gesamte vorher in diesem Jahr erzielte Einkommen wurde – zumindest rein rechnerisch – an den Staat abgeführt. Das bedeutet laut BdSt, dass die sogenannte volkswirtschaftliche Einkommensbelastungsquote bei 52,1 Prozent liegt, ein Rekordwert. Umgedreht heißt das auch, dass von jedem verdienten Euro nur 47,9 Cent zur freien Verfügung stehen.
Der Steuerzahlergedenktag setzt alle Steuern, Abgaben und „Quasi-Steuern“ (Rundfunkbeitrag, Umlagen auf Strom sowie Konzessionsabgaben auf Strom, Gas und Wasser) ins Verhältnis zum Volkseinkommen. Daraus entsteht die Einkommensbelastungsquote – und daraus der Steuerzahlergedenktag. Soweit die Zahlen und die Meldung.

Frage 2: Wo liegen dabei die Probleme?

Der erste Punkt: Beim Steuerzahlergedenktag geht es nicht nur um Steuern – was man zuerst ja denken würde. Sondern auch um alle sonstigen Abgaben. Dadurch steigt die Belastungsquote deutlich an.
Zweiter Punkt: Kritiker bemängeln, dass sich die Quote am Volkseinkommen bemisst – und nicht am Bruttoinlandsprodukt, das höher liegt. Zudem sind im Volkseinkommen die indirekten Steuern nicht enthalten, die aber selbstredend in den Steuern und Abgaben enthalten sind. Und zu guter Letzt wird auch nicht berücksichtigt, dass der Staat selbst Steuern bezahlt. Etwa die Mehrwertsteuer auf gekaufte Produkte.
Dritter Punkt: Daraus resultiert, dass die vom BdSt ermittelte Quote größer ist, als sie eigentlich wäre. So lag die Steuer- und Abgabenquote in Deutschland im Jahr 2016 „nur“ bei 37,6 Prozent.

Frage 3: Warum ist der Tag gut – und warum schlecht?

Ganz klar, ein Steuerzahlergedenktag ist prinzipiell eine gute Sache. Ruft er doch – zugegebenermaßen sehr plakativ – in Erinnerung, dass wir alle nicht wenig an Steuern und Abgaben leisten. Und natürlich ist es wichtig, dass jemand auf die jährlich steigende Quote hinweist.
Auf der anderen Seite liegen auch einige Fragezeichen über dem Steuerzahlergedenktag. Da ist natürlich zuerst die – sagen wir es nett – etwas hingebogene Berechnungsgrundlage. Alles nur, um eine noch höhere Einkommensbelastungsquote hinzubekommen und den Gedenktag noch weiter nach hinten schieben zu können.
Es wäre nicht schlimm, wenn die Quote kleiner wäre (sie wäre immer noch groß genug) – Aufmerksamkeit wäre trotzdem garantiert. In der Rechnung wird irgendwie auch vergessen, dass es für die nicht unerheblichen Sozialabgaben ja auch durchaus eine Gegenleistung gibt. Stichwort Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung.

Und der Staat – bei aller Kritik – macht mit dem Geld aus den Steuereinnahmen ja auch viel Vernünftiges. Das dann wieder uns allen zugutekommt.

Das Leben ist einfach viel komplizierter als ein Steuerzahlergedenktag, der uns verkürzt nur sagt: Der böse Staat nimmt uns mehr als die Hälfte unseres hart verdienten Geldes weg. Das ist zumindest recht oberflächlich.

Geschrieben von:
Björn Waide Niemals hätte Björn während seines Informatik-Studiums gedacht, dass Steuerthemen so spannend sein können. Nun ist er Geschäftsführer der smartsteuer GmbH und völlig begeistert von der Online Steuererklärung. Dabei setzt Björn in Diskussionen immer die Kundenbrille auf.
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Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Uwe Bruder sagt:

    Warum muss ich 2 x Steuern auf meine Rente einmal jetzt wo ich arbeite und dann wenn ich Rentner bin zahle ich nochmal
    Gruß Uwe

  • Avatar Ralf Eisenhardt sagt:

    Ein guter Beitrag, Herr Waide, danke für die fachliche Aufklärung. Dieser Steuerzahlergedenktag ist irgendwie dem Equal-Pay-Day ähnlich. Und ich empfinde es ähnlich wie Sie, dass der Tag nichts qualitatives aussagt, nur, dass wir eben Steuern und Abgaben zahlen müssen. Der Name suggeriert allerdings, es handele sich rein um Steuern. Ich bekenne: Ich bin froh, dass ich in Deutschland Steuern und Abgaben bezahle. Und das begründe ich so:
    1. Weil hiermit eine Infrastruktur und Daseinsvorsorge betrieben wird, die mir gut gefällt. Ich bin froh, dass es Schulen, Straßen, Schwimmbäder, Parks, und vieles mehr gibt und dass es jeder benutzen darf. Ausdrücklich einschließlich der Rundfunkgebühren, die eine hohe journalistische Qualität im öffentlich-rechtlichen Rundfunk garantieren.
    2. Weil es m.E. Korruption nicht im großen Stil gibt und die Gelder nicht in privaten Taschen verschwinden.
    3. Weil der weit, weit überwiegende Teil der Staatseinnahmen für sinnvolle Dinge verwendet wird und der BdSt frei über Steuerverschwendung in Deutschland schimpfen und protestieren darf.
    Der Steuerzahlergedenktag ist mir zu einfach und niveaulos gemacht. Damit erzeugt der BdSt nur unangemessen Unmut ggü. dem Staat und billige Effekthascherei. Das hat er gar nicht nötig.

  • Juliane Bunte Juliane Bunte sagt:

    Die Beiträge für die spätere Rente sind als Sonderausgaben bei der Steuererklärung als Arbeitnehmer absetzbar und verringern die Steuer.

  • Avatar Ulrike Janitz-Seemann sagt:

    Es ist wichtig sämtliche Abgaben an den Staat zu betrachten, denn das ist die tatsächliche Belastung des Bürgers durch öffentliche Aufgaben.

    Und das ist so gut berechnet wie es geht: Eine DSi-Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt ermöglicht Prognosen der Belastungen der Bürger mit Steuern und Abgaben auf Basis von Haushaltsbefragungen. Wer glaubt, dass diese Quote sich nicht senken lässt bei gleicher Leistungsqualität unseres Staates, sollte sich mal mit den vielen Details beschäftigen, wo Geld in den falschen Taschen landet.

    Das Schwarzbuch zeigt nicht nur unsinnige Verschwendung. Das machen die Verantwortlichen nicht nur aus Blödheit sondern weil offensichtlich manche Baumaßnahme „Freunden“ zugeschanzt wird. Auch im Sozialsystem gibt es viel Verschwendung, wenn man sich mit den Details z. B. der Vergütung von Fachärzten auseinandersetzt. Da gibt es viel Ungerechtigkeit, die der Bürger am Ende mit überlasteten Allgemeinärzten oder schlechter Versorgung auf dem Land bezahlt.

    In anderen Europäischen Ländern haben die Bürger eine höheres Durchschnittsvermögen als in Deutschland. Das liegt auch daran, dass über Sozialbeiträge und Abgaben falsch verteilt wird. Wer Mehr wissen will, kann sich Informationen beim Bund der Steuerzahler holen.
    Es sollte uns allen ein Anliegen sein unseren Staat immer wieder zu verbessern und dazu gehört eben auch Kontrolle und Mahnung. Wenn das nicht passiert, dann verwandelt sich eine Gesellschaft irgendwann in einen Sumpf. Das ist wie mit dem regelmäßigen Putzen und Aufräumen Zuhause.


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