25.09.2020 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Höhere Steuern für Topverdiener?

Er ist Finanzminister. Und zugleich Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2021. Olaf Scholz hat – da dürften sich die meisten einig sein – in der Coronakrise einen guten Job als Minister gemacht. Mit diesem Rückenwind wagte er sich nun ein bisschen aus der Deckung – und will ab 2022 höhere Steuern für Topverdiener durchsetzen. Was er genau zu diesem und anderen Themen gesagt hat und wie realistisch das ist – Sie erfahren es hier im Blog von smartsteuer. 

Interview in der Rheinischen Post

Viele Medien haben den Finanzminister zitiert, das Interview hat er aber der „Rheinischen Post“ gegeben. Ich gebe Ihnen hier den Link dazu, allerdings versteckt sich das Interview dort hinter einer Bezahlschranke. Der wichtigste Satz:

„Angesichts der vielen Aufgaben, die der Staat jetzt schultert, muss klar sein, dass Leute, die ein paar Hunderttausend Euro verdienen, künftig einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten können.“

Wir wollen aber auch erwähnen, dass er das an die Bedingung eines Wahlsiegs der SPD knüpfte. Und davon ist die Partei ja nun doch ein bisschen entfernt. Spitzenverdiener sollen nicht verschont, zusätzliche Schulden sollen dadurch vermieden werden. „Wir brauchen ein leistungsgerechteres Steuersystem“, fasst Scholz die Gedanken zusammen.

Wie könnte das konkret aussehen?

Nun, hier können wir nur zwischen den Zeilen lesen. Wenn Scholz von Leuten spricht, „die ein paar Hunderttausend“ verdienen, hat er wohl am ehesten eine Anhebung der sogenannten „Reichensteuer“ im Sinn. Um genauer zu sein, die Anhebung des Höchststeuersatzes von aktuell 45%. Der greift ab rund 270.000 Euro bei Singles. Laut Bundesamt für Statistik fallen da zwar nur rund ein Prozent der Steuerzahler drunter. Aber diese wenigen sorgen für etwa ein Viertel der Einkommensteuer. Das Aufkommen der „Reichensteuer“ selbst beträgt dagegen „nur“ ca. 1 Milliarde Euro.
Problem hierbei ist aber, dass die Einkommensteuer an nicht wenigen richtig Vermögenden komplett oder fast komplett vorbeigeht. Denn deren Reichtum steckt oft in Unternehmen, Immobilien und anderen Anlagen.
Vielleicht wäre deshalb die bereits im Frühjahr ins Rennen geworfenen einmalige Vermögensabgabe eine (zusätzliche) Lösung (siehe diesen Artikel hier im Blog): Wie nach dem 2. Weltkrieg („Lastenausgleichsgesetz“) würden wirklich große Vermögen damit einmalig zu einem bestimmten Prozentsatz zur (Staats-)Kasse gebeten.

Schuldenbremse erst wieder ab 2022

Jahrelang war die Schuldenbremse kein großes Thema mehr. Die Wirtschaft blühte, die Steuereinnahmen stiegen regelmäßig. Corona hat das alles gestoppt. Die Aussetzung der Schuldenbremse für 2020 bei dem riesigen Milliardenpaket ist mehr als klar. Auch für das folgende Jahr 2021 soll es dabei bleiben. Scholz dazu im Interview: „Wir dürfen nicht alles, was wir jetzt mit unserem Stabilisierungsprogramm und den Konjunkturmaßnahmen stützen, wieder kaputtmachen, indem wir plötzlich auf die Bremse treten. Wir brauchen Kraftreserven für länger.“ Für 2022 sei dann aber die Rückkehr zur Schuldenbremse „unsere Perspektive“, so der Finanzminister. 

Wie realistisch ist das überhaupt? 

Als die SPD-Co-Parteichefin Saskia Esken wegen Corona eine einmalige Vermögensabgabe für besonders Reiche vorschlug, sprang ihr Parteikollege Scholz nicht gleich beiseite. Erst Wochen später sprach er davon, dass man eine zusätzliche Besteuerung von Spitzenverdienern nicht ausschließen wolle. Nun ist er noch einen Schritt weiter – und stellt eine solche Besteuerung im Fall des Wahlsiegs in Aussicht.
Es ist wohl ein eher pragmatischer Schritt von Scholz. Er befriedigt damit die Parteilinke in der SPD und sendet auch ein Signal an mögliche Koalitionspartner wie Grüne und Linke. Bei letzteren rennt er mit einem solchen Plan offene Türen ein. 

Und selbst wenn die aktuellen Umfragezahlen einen Kanzler Scholz absolut nicht hergeben, weiß man nie, was sich bis September nächsten Jahres noch tut. Da die CDU/CSU nicht mehr mit Angela Merkel an der Spitze antritt, gibt es auch keinen Kanzlerinnen-Bonus mehr. Und die bis jetzt auf Platz 2 liegenden Grünen haben bisher oft Prozente verloren, wenn es Richtung Wahl ging. Möglich ist ein Kanzler Scholz also schon, wenn gleich Stand jetzt nicht sehr wahrscheinlich.
Warten wir also ab – und treffen dann im nächsten Jahr unsere Entscheidung an der Wahlurne.

Vorher fassen wir aber noch einmal für Sie zusammen:




Unsere Meinung

Es ist wirklich kein Sozialneid. Aber wenn man sieht, dass trotz Corona die Vermögen weiter steigen, scheint es nicht ganz abwegig, die von der Pandemie finanziell weitestgehend unbeeindruckte Gruppe stärker an den Kosten zu beteiligen. Ob und in welcher Form da wirklich was kommt, hängt tatsächlich wesentlich davon ab, welche Parteien nach der Bundestagswahl 2021 die Regierung bilden werden.


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