Besteuerung von Versorgungsleistungen

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Leistungen, die bei Eintritt eines Versorgungsfalls (Alter, Tod, Invalidität) zur Auszahlung kommen, werden als sonstige Einkünfte des ehemaligen Arbeitnehmers versteuert.
  • Der Umfang der Besteuerung richtet sich nach gewissen Kriterien:
    • Kompletter steuerlicher Umfang: Soweit die Versorgungsleistungen auf steuerfreien Beiträgen beruhen oder durch Altersvorsorgezulage beziehungsweise den zusätzlichen Sonderausgabenabzug gefördert wurden (= "geförderte Beiträge"), unterliegen Leistungen in vollem Umfang der nachgelagerten Besteuerung.
    • Anteilig steuerpflichtig: Wurden die Beiträge dagegen pauschal oder individuell versteuert (= "nicht geförderte Beiträge"), sind Rentenzahlungen regelmäßig nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Auch Kapitalzahlungen führen nicht in voller Höhe zu steuerpflichtigen Einkünften.

Inhaltsverzeichnis

1 Versorgungsleistungen aus unentgeltlichen Vermögensübergaben
1.1 Allgemeiner Überblick
1.2 Versorgungsleistungen
1.3 Abgrenzung der Versorgungsleistungen von Gegenleistungsrenten und Unterhaltsleistungen
1.4 Gegenstand der Vermögensübertragung
1.4.1 Allgemeiner Überblick
1.4.2 Begünstigtes Vermögen
1.4.2.1 Grundsätzliches
1.4.2.2 Mitunternehmeranteil an einer Personengesellschaft
1.4.2.3 Betriebe und Teilbetriebe
1.4.2.4 Anteile an einer GmbH
1.4.2.5 Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft
1.4.2.6 Beratungs- und Beurkundungskosten im Zusammenhang mit einer begünstigten Vermögensübertragung
1.4.3 Übertragung von Vermögen unter Nießbrauchsvorbehalt
1.4.3.1 Nießbrauch als Gegenstand der Vermögensübertragung
1.4.3.2 Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt
1.4.3.3 Gleitende Vermögensübergabe
1.4.4 Überlassung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben durch Wirtschaftsüberlassungsverträge
1.5 Ertragbringende Wirtschaftseinheit
1.5.1 Allgemeiner Überblick
1.5.2 Beweiserleichterung
1.5.3 Ertragsermittlung
1.6 Vermögensumschichtungen
1.6.1 Grundsatz der Beendigung der begünstigten Vermögensübertragung
1.6.2 Umschichtungsvorgänge
1.7 Form, Inhalt und Durchführung des Vertrages
1.8 Das Korrespondenzprinzip
2 Versorgungsleistungen aus privaten Altersvorsorgeverträgen
3 Besteuerung bei Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung
3.1 Nachgelagerte Besteuerung
3.2 BFH-Rechtsprechung vom 19.5.2021 zur doppelten Besteuerung von Renten
3.3 Versteuerung nach einer schädlichen Verwendung
3.4 Besonderheiten bei Direktzusagen und Unterstützungskassen
3.5 Überblick über die Besteuerung von Versorgungsleistungen
4 Überblick über die nach § 22 Nr. 5 EStG zu versteuernden Leistungen
5 Besteuerung der Versorgungsleistungen in Abhängigkeit von der Freistellung der Arbeitgeberbeiträge
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Versorgungsleistungen aus unentgeltlichen Vermögensübergaben

1.1. Allgemeiner Überblick

Nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG sind ab 2015 nur noch Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung

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  • eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft, die eine Tätigkeit i.S.d. §§ 13, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 18 Abs. 1 EStG ausübt,

  • eines Betriebs oder Teilbetriebs sowie

  • eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit übernimmt,

als Sonderausgaben abzugsfähig.

Der Sonderausgabenabzug ist auch für den Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft entfällt, zulässig (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 7). Aufwendungen für die Schornsteinsanierung in einer Altenteilerwohnung sind als dauernde Last abziehbar, wenn der Übernehmer verpflichtet ist, den Altenteilern Feuerung und warmes Wasser zu liefern. Denn der Schornstein ist als Teil der Heizungsanlage unabdingbare Voraussetzung für die Zurverfügungstellung von Heizung und warmem Wasser (FG Urteil vom 12.7.2012, 1 K 94/11, EFG 2012, 2204, LEXinform 5014163, rkr.). Aufwendungen auf ein übernommenes Grundstück sind nur als Versorgungsleistung abziehbar, wenn sich der Übernehmer hierzu im Übergabevertrag dem Übergeber gegenüber klar und eindeutig verpflichtet hat. Begünstigt sind nur Instandhaltungsmaßnahmen, die den im Zeitpunkt der Vermögensübergabe gegebenen vertrags- und ordnungsgemäßen Zustand des Gebäudes erhalten sollen. Aufwendungen für darüber hinausgehende Verbesserungsmaßnahmen (vgl. § 554 Abs. 2 BGB) sind nicht Teil der notwendigen Versorgungsleistungen (s.a. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 45 und 46).

Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung s. das BMF-Schreiben vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227). Die Regelungen sind grundsätzlich auf alle wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung anzuwenden, die auf einem nach dem 31.12.2007 geschlossenen Übertragungsvertrag (Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts) beruhen. Für wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung, die auf einem vor dem 1.1.2008 geschlossenen Übertragungsvertrag beruhen, bleiben grundsätzlich § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der vor dem 1.1.2008 geltenden Fassung und das BMF-Schreiben vom 16.9.2004 (BStBl I 2004, 922) weiter anwendbar (zur Übergangsregelung s. § 52 Abs. 18 EStG sowie → Vorweggenommene Erbfolge).

Hinweis:

Dauernde Lasten im Zusammenhang mit der Übertragung vermieteter Grundstücke, die aufgrund einer vor dem 1.1.2008 errichteten Verfügung von Todes wegen geleistet werden, sind nicht als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn der Erbfall erst nach diesem Stichtag eingetreten ist. Dies hat das FG Münster mit Urteil vom 13.12.2017 (7 K 572/16, LEXinform 0447691) entschieden.

Beachte:

Bei Vermögensübertragungen aus Übertragungsverträgen vor dem 1.1.2008 waren wiederkehrende Leistungen bei einer vorweggenommenen Erbfolge als dauernde Last oder als Leibrente einzuordnen. Dauernde Lasten waren in vollem Umfang steuerlich abziehbar, während Leibrenten lediglich mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG aufgeführten Tabelle ergab.

Wiederkehrende Sach- und Geldleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, stellen dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind. Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO, weil dies so zu verstehen ist, dass der Vertrag nach Maßgabe des materiellen Rechts, auf das diese Vorschrift Bezug nimmt, abänderbar sein soll. Eine solche ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO führt jedoch dann nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn die Vertragspartner deren Höhe nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen.

Fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt. Diese Anpassung muss jede Vertragspartei bei veränderten Verhältnissen verlangen können. Die Abänderbarkeit kann aber auch aus der Rechtsnatur des typischen Versorgungsvertrags folgen. Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von existenzsicherndem Vermögen durch vorweggenommene Erbfolge vereinbart werden, sind daher »im Regelfall« abänderbar, es sei denn, aus dem Vertrag ergibt sich, dass die Parteien ausnahmsweise gleichbleibende Leistungen vereinbart haben (s.a. Anmerkung vom 19.4.2017, LEXinform 0653156).

Zur Einordnung von wiederkehrenden Leistungen als Leibrente hat der BFH mit Urteil vom 23.11.2016 (X R 8/14, BStBl II 2017, 512) wie folgt entschieden:

»Die Verpflichtung zu wiederkehrenden Barleistungen in einem vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag ist als Leibrente zu beurteilen, wenn die Vertragsparteien eine Abänderbarkeit der Höhe der Rentenleistungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen. Dies gilt selbst dann, wenn in diesem Zusammenhang auf § 323 ZPO Bezug genommen ist.

Die wiederkehrenden Leistungen sind auch dann als Leibrente anzusehen, wenn die Abänderbarkeit der gesamten Versorgungsleistungen bei wesentlich veränderten Lebensbedürfnissen (Heimunterbringung, Pflegebedürftigkeit) ausgeschlossen wird.

Die ab 2005 geänderten Ertragsanteile gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 4 EStG gelten auch für Vermögensübertragungen, die vor dem 1.1.2005 vereinbart wurden.«

Die wiederkehrenden Leistungen sind dann nicht als Leibrente, sondern als dauernde Last (→ Dauernde Last) anzusehen, wenn zwar die Abänderbarkeit der Barleistungen bei wesentlich veränderten Lebensbedürfnissen (Heimunterbringung, Pflegebedürftigkeit) ausgeschlossen wird, der Vermögensübernehmer sich jedoch in nennenswertem Umfang verpflichtet, selbst Pflege- und Betreuungsleistungen zu erbringen (BFH Urteil vom 23.11.2016, X R 16/14, BStBl II 2017, 517).

Mit Urteil vom 30.7.2019 (5 K 2332/17, EFG 2019, 1540, LEXinform 5022369, Revision eingelegt, Az. BFH: X R 29/19) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein Stpfl., der mit seinen Eltern eine sog. »Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen« vereinbart, aber die Übernahme von Kosten für ein Alten- oder Pflegeheim ausschließt, keinen vollen Sonderausgabenabzug für die zugesagten Versorgungsleistungen erhalten kann, weil die Leistungen in einem solchen Fall nicht als sog. dauernde Last (= voller Sonderausgabenabzug), sondern nur als Rente (= Sonderausgabenabzug nur in Höhe des Ertragsanteils) qualifiziert werden können (s.a. Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 28.8.2019, LEXinform 0450210). Der BFH hat im Revisionsverfahren mit Urteil vom 16.6.2021 (X R 29/19, BFH/NV 2022, 577) entschieden, dass es für die Annahme der Abänderbarkeit wegen eines pflegebedingten Mehrbedarfs des Vermögensübergebers genügt, wenn sich der Erwerber entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der bis 2016 geltenden Pflegestufe 1 bzw. des ab 2017 geltenden Pflegegrades 2) oder in entsprechendem Umfang zur Übernahme der Kosten für die häusliche Pflege oder der Kosten für die externe Pflege verpflichtet hat.

Aufgrund der o.g. BFH-Rechtsprechung, mit der der BFH die Auffassung der Finanzverwaltung im Wesentlichen bestätigt hat, hat das LfSt Rheinland-Pfalz mit Vfg. vom 15.11.2017 (S 2221 A – St 31 1/St 35 1, ohne Fundstelle) zur Abgrenzung der dauernden Last von der Rente Stellung genommen.

Regelung ab 1.1.2008:

Der Sonderausgabenabzug von Versorgungsleistungen durch den Verpflichteten auf Grund der Neuregelung des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG führt weiterhin zur Besteuerung dieser Leistungen beim Empfänger gem. § 22 EStG nach Maßgabe des Korrespondenzprinzips. Aus Vereinfachungsgründen wird auf die bisherige Unterscheidung zwischen Renten und dauernden Lasten verzichtet, so dass die Versorgungsleistungen in vollem Umfang als Sonderausgaben abgezogen werden können und vom Empfänger der Leistung nach § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern sind.

Durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2417) wurde u.a. § 10 EStG neu gefasst. In § 10 Abs. 1a EStG werden die Sonderausgabentatbestände zusammengefasst, bei denen der Abzugstatbestand des Leistenden mit einer Besteuerung beim Leistungsempfänger korrespondiert. Die bisher in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG enthaltene Regelung zur Berücksichtigung von Versorgungsleistungen wird ab 1.1.2015 unverändert in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG übernommen. § 22 Nr. 1a EStG regelt ab 1.1.2015 einheitlich die steuerliche Behandlung der in § 10 Abs. 1a EStG genannten Einkünftetransfers beim Empfänger. § 22 Nr. 1b und 1c EStG entfallen, da sie mit ihren korrespondierenden Normen nun einheitlich in § 10 Abs. 1a EStG geregelt sind. Die Neuregelung gilt erstmals für im Veranlagungszeitraum 2015 geleistete Aufwendungen.

Insbesondere folgende (bisher begünstigte) – ab 1.1.2008 durchgeführte – Vermögensübertragungen gegen wiederkehrende Leistungen sind nicht mehr nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigt:

  • Die Übertragung von privaten Immobilien- und Kapitalvermögen, das zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen führt.

  • Die Übertragung von zu eigenen Wohnzwecken genutztem Grundbesitz.

  • Der Verzicht auf ein Nutzungsrecht.

  • Die Übertragung von Mitunternehmeranteilen an gewerblich geprägten oder vermögensverwaltenden Personengesellschaften.

  • Die Übertragung von Aktien unabhängig vom Beteiligungsumfang und von GmbH-Anteilen bis zu einer Beteiligungshöhe von 49,9 %.

Wird nicht begünstigtes Vermögen (z.B. Mietwohngrundstück) gegen Versorgungsleistungen übertragen, handelt es sich grundsätzlich um eine (teil-) entgeltliche Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen i.S.v. Teil C (Rz. 21, 57 i.V.m. 65 ff.) des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227), d.h. Anschaffungsgeschäft auf der Seite des Vermögensübernehmers und Veräußerungsgeschäft auf der Seite des Vermögensübergebers, ggf. mit Gewinnbesteuerung nach § 17 EStG oder § 23 EStG bei der Übertragung von Privatvermögen oder nach §§ 14, 16 oder 18 EStG bei der Übertragung von Betriebsvermögen (→ Betriebsveräußerung).

Beachte:

Gegen die in Rz. 21 i.V.m. Rz. 65 ff. vertretene Verwaltungsregelung hat das FG Bremen mit Urteil vom 25.10.2018 (1 K 165/17-3, LEXinform 5021893, Revision eingelegt, Az. BFH: IX R 11/19, LEXinform 0952367) entschieden. Nach der Verwaltungsregelung stellt die Übertragung nicht begünstigten Vermögens ein Veräußerungsvorgang dar. Dabei stellt der (anteilige) Barwert der (lebenslänglich) wiederkehrenden Leistung Anschaffungskosten dar. Der Berechtigte erzielt in dieser Höhe einen Veräußerungspreis.

Im Urteilsfall des FG Bremen hatte der Vater seiner Tochter im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein vermietetes Grundstück gegen wiederkehrende lebenslängliche Leistungen übertragen. In ihrer ESt-Erklärung machte die Tochter u.a. Zahlungen an ihren Vater i.H.v. 30 000 € (12 × 2 500 €/Monat) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Entscheidungsgründe:

Das FG vertrat die Auffassung, die Leibrentenzahlungen der Tochter stünden nicht i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Tochter und seien daher nicht als Werbungskosten abziehbar. Ein Übergabevertrag, mit dem ein Grundstück unter Vorwegnahme der Erbfolge auf einen Abkömmling gegen Gewährung einer Versorgungsleistung übertragen werde, sei steuerrechtlich nicht als entgeltliches Veräußerungsgeschäft zu betrachten. In derartigen Fällen stellten die wiederkehrenden Versorgungsleistungen weder ein Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern seien spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG n.F.) und wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet. An dieser grundsätzlichen Zuordnung ändere auch der Umstand nichts, dass Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mietwohngrundstücks nicht (mehr) zum Sonderausgabenabzug zugelassen seien.

Prüfungsreihenfolge:

  1. Prüfung, ob ein beiderseits unentgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt.

    Dabei stellt die Übertragung eines (vermieteten) Grundstücks gegen lebenslänglich wiederkehrende Leistungen (Versorgungsleistungen) ein solches unentgeltliches Rechtsgeschäft dar.

  2. Prüfung, ob trotz Unentgeltlichkeit (und daraus folgender Unbeachtlichkeit für die Einkünfteermittlung) eine steuerliche Berücksichtigung der wiederkehrenden Leistungen im Wege des Sonderausgabenabzugs in Frage kommt.

    Dabei ist zu beachten, dass eine steuermindernde Berücksichtigung von Privataufwendungen als Sonderausgaben in Abweichung vom Grundsatz des § 12 Nr. 1 und 2 EStG nur zulässig ist, wenn das Gesetz dies – ausnahmsweise – vorsieht. Unter diesen Umständen kann aber die Nichtgewährung eines Sonderausgabenabzugs ihrerseits keine Änderung der Rechtsnatur der wiederkehrenden Leistungen bewirken.

    Der Gesetzgeber klammert bewusst bestimmte Vermögensübertragungen aus den steuerrechtlich beim Sonderausgabenabzug zu berücksichtigenden Sachverhalten aus, ohne grundsätzlich die Differenzierung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen aufzugeben.

Nach dem Urteil des FG Bremen ist die Beschränkung des Sonderausgabenabzugs auf wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit bestimmten Vermögensübertragungen auch nicht verfassungswidrig. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die vorgenommene Differenzierung nach der Art der übertragenen Vermögensgegenstände ist sachlich gerechtfertigt.

Mit Urteil vom 29.9.2021 (IX R 11/19, BStBl II 2022, 228) hat der BFH das Urteil des FG Bremen vom 25.10.2018 (1 K 165/17-3) aufgehoben und die Sache an das FG Bremen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das Urteil überzeugt und entspricht der Verwaltungsauffassung sowie der vorherrschenden Auffassung in der Fachliteratur. Im Streitfall handelt es sich nach Auffassung des BFH bei den nach Maßgabe der Bestimmungen des zwischen der Klägerin und V geschlossenen Vermögensübergabevertrages geschuldeten wiederkehrenden Leistungen um Entgelte im Rahmen einer teilentgeltlichen Vermögensübergabe. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen stellen keine nicht abziehbaren Aufwendungen i.S.d. § 12 EStG dar. Es handelt sich auch nicht um zum Sonderausgabenabzug zugelassene Versorgungsleistungen, vielmehr sind die wiederkehrenden Leistungen als Werbungskosten zu berücksichtigen. Ist, wie im Streitfall, der Anwendungsbereich des Sonderrechts des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG nicht eröffnet, ist von einer teilentgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen auszugehen. Nutzt aber der Übernehmer übertragenes Vermögen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und erfüllt die Vermögensübertragung nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG, führen von ihm geschuldete und an den Übergeber entrichtete wiederkehrende Leistungen in Höhe ihres Barwerts zu Anschaffungskosten und mithin zu durch die Einkünfteerzielung veranlassten Werbungskosten; der Zinsanteil der wiederkehrenden Leistungen ist ebenfalls als Werbungskosten abziehbar.

Wiederkehrende Leistungen auf Zeit sind grundsätzlich keine Versorgungsleistungen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 56). Wenn keine Versorgungsleistungen gegeben sind, handelt es sich um eine entgeltliche Übertragung gegen wiederkehrende Leistungen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 57, Rz. 65 und 66, Rz. 77 bis 79).

Bei der Übertragung von WG unter Angehörigen gegen wiederkehrende Leistungen sind die Leistungen in Versorgungsleistungen, Veräußerungsleistungen und in Unterhaltsleistungen abzugrenzen (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 4 und BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 1). S.a. die Erläuterungen unter → Vorweggenommene Erbfolge.

Im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung vereinbarte Versorgungsleistungen sind vom Berechtigten als Einkünfte nach § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern, wenn der Verpflichtete zum Abzug der Leistungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG berechtigt ist (Korrespondenzprinzip). Es kommt nicht darauf an, dass sich die wiederkehrenden Leistungen auch tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben.

Versorgungsleistungen anlässlich einer begünstigten Vermögensübertragung sind beim Empfänger in vollem Umfang steuerpflichtig und beim Verpflichteten in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die wiederkehrenden Versorgungsleistungen in Form von Renten oder dauernden Lasten vereinbart sind. Bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 22 Nr. 1a EStG ist § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG anzuwenden (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 52).

Nach § 52 Abs. 18 EStG gilt die Altregelung auf die volle Laufzeit der vor dem 1.1.2008 vereinbarten Vermögensübertragungen weiter, es sei denn, das übertragene Vermögen bringt nur deshalb einen ausreichenden Ertrag, weil ersparte Aufwendungen mit Ausnahme des Nutzungsvorteils eines zu eigenen Zwecken vom Vermögensübernehmer genutzten Grundstücks zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden (§ 52 Abs. 18 Satz 2 EStG). Zur Übergangsregelung im Zusammenhang mit der Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchsrechts s. das BFH-Urteil vom 12.5.2015 (IX R 32/14, BStBl II 2016, 331) und die Erläuterungen dazu unter → Vorweggenommene Erbfolge, Gliederungspunkt »Ablösung des Vorbehaltsnießbrauchsrechts«.

Behandlung lebenslanger wiederkehrender Versorgungsleistungen

Verpflichteter

Berechtigter

§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG: Abzug in vollem Umfang als Sonderausgaben.

§ 22 Nr. 1a EStG: Versteuerung in vollem Umfang als sonstige Einkünfte (Korrespondenzprinzip).

Kein Veräußerungsgewinn.

§ 6 Abs. 3 EStG: Buchwertfortführung bei Betriebsvermögen; § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG: Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers bei GmbH-Anteilen.

Abb.: Behandlung lebenslanger wiederkehrender Versorgungsleistungen

1.2. Versorgungsleistungen

Im Rahmen von vorweggenommenen Erbfolgeregelungen vereinbarte Renten und dauernde Lasten sind nur dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn es sich um lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen handelt (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 56). Wiederkehrende Leistungen auf eine Höchstzeit (sog. abgekürzte Leibrenten oder dauernde Lasten) oder auf eine Mindestzeit (verlängerte Leibrenten) sind stets nach den Grundsätzen über die einkommensteuerrechtliche Behandlung wiederkehrender Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung zu behandeln.

Nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 21.3.2016 (9 K 1718/14, EFG 2016, 1089, LEXinform 5019006, rkr.) sind Altenteilzahlungen im Gegenzug auch dann nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn die vereinbarten Leistungen während der Lebensdauer des Altenteilers der Höhe nach nicht konstant bleiben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die der Höhe nach unterschiedlichen Leistungen auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhen und nicht getrennt voneinander vereinbart worden sind (s.a. Anmerkung vom 21.6.2016, LEXinform 0947893).

Es muss dem Abzug von Versorgungsleistungen nicht entgegenstehen, wenn eine vertraglich vereinbarte Erhöhung des bar zu zahlenden Teils der Altenteilsleistungen, die zum 65. Lebensjahr des Berechtigten vorgenommen werden soll, unterbleibt, weil sie schlicht vergessen wurde. Bei Versorgungsverträgen, deren Abänderbarkeit bereits aus der Rechtsnatur des Vertrags folgt, ist vielmehr entscheidend, ob eine Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen darauf hindeutet, dass es den Parteien an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlt (vgl. BFH vom 16.6.2021, X R 3/20, BFH/NV 2022, 252).

Versorgungsleistungen sind alle im Übertragungsvertrag vereinbarten wiederkehrenden Leistungen in Geld oder Geldeswert. Hierzu gehören insbesondere Geldleistungen, Übernahme von Aufwendungen und Sachleistungen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 44).

Versorgungsleistungen anlässlich einer begünstigten Vermögensübertragung sind beim Empfänger in vollem Umfang steuerpflichtig (§ 22 Nr. 1a EStG) und beim Verpflichteten in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar (Korrespondenzprinzip). Dies gilt unabhängig davon, ob die wiederkehrenden Versorgungsleistungen in Form von Renten oder dauernden Lasten vereinbart sind (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 52).

Bei der Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen soll der Übernehmer nach dem Willen der Beteiligten – wenigstens teilweise – eine unentgeltliche Zuwendung erhalten. In den Fällen der Vermögensübertragung auf Angehörige spricht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die wiederkehrenden Leistungen unabhängig vom Wert des übertragenen Vermögens nach dem Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen worden sind.

Mit Urteilen vom 19.1.2010 (X R 17/09, BStBl II 2010, 544 und X R 32/09, BStBl II 2011, 162) nimmt der BFH zur Berücksichtigung von Beerdigungskosten als dauernde Last nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG Stellung. Maßgeblich für den Sonderausgabenabzug ist, ob der Vermögensübernehmer selbst Erbe ist. Zur weiteren Erläuterung der Urteile s. → Vorweggenommene Erbfolge.

Handelt es sich nicht um Versorgungsleistungen, so sind die Zahlungen grds. als Gegenleistung zu werten. Unbeachtlich für diese Einordnung ist dabei, ob es sich um voll- oder teilentgeltliche Rechtsgeschäfte handelt. Renten und dauernde Lasten, die als Gegenleistung für die Übertragung von Vermögen einzustufen sind, werden im Ergebnis wie Kaufpreisraten behandelt, d.h., sie beinhalten einen Tilgungs- und einen Zinsanteil (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 57 und 65 ff.).

1.3. Abgrenzung der Versorgungsleistungen von Gegenleistungsrenten und Unterhaltsleistungen

Wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung können

  • Versorgungsleistungen,

  • Unterhaltsleistungen oder

  • wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung sein.

Liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG vor, sind die Versorgungsleistungen beim Verpflichteten als Sonderausgaben abziehbar und beim Berechtigten nach § 22 Nr. 1a EStG steuerpflichtig. Unterhaltsleistungen (Zuwendungen) dürfen nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abgezogen werden. Wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung enthalten eine nichtsteuerbare oder steuerbare Vermögensumschichtung und einen Zinsanteil.

Nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigte Versorgungsleistungen sind wiederkehrende Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung – in der Regel zur vorweggenommenen Erbfolge – geleistet werden. Voraussetzung ist die Übertragung bestimmten Vermögens grundsätzlich kraft einzelvertraglicher Regelung unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge. Eine Vermögensübertragung i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG kann ihren Rechtsgrund auch in einer Verfügung von Todes wegen haben, wenn sie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten des Erblassers ebenfalls begünstigt wäre (BFH vom 11.10.2007, BStBl II 2008, 123).

Wiederkehrende Leistungen, die keine Versorgungsleistungen sind, sind nach den Grundsätzen der Rz. 66 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227) als Gegenleistungsrente oder als Unterhaltsleistung zu behandeln.

Beispiel 1:

V überträgt nach dem 31.12.2007 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück im realen Wert von 50 000 € auf seinen Sohn S. S hat lebenslängliche Zahlungen im Kapitalwert (§ 14 BewG) von 200 000 € an seinen Vater zu erbringen.

Lösung 1:

Die Zahlungen können nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG berücksichtigt werden, da das Grundstück keine begünstigte Wirtschaftseinheit i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG darstellt. Es handelt sich um nicht abziehbare Zuwendungen an eine unterhaltsberechtigte Person i.S.v. § 12 Nr. 2 EStG, weil der Barwert der wiederkehrenden Leistung (200 000 €) mehr als doppelt so hoch wie der Wert des übertragenen Vermögens (50 000 €) ist (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 66).

Unterhaltsleistungen liegen demzufolge vor, wenn der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistung mehr als doppelt so hoch ist wie das übertragene Vermögen.

Für die Vermögensübergabe kommen folgende Leistungen in Betracht:

Versorgungsleistungen

Unterhaltsleistungen

Wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung

Nur wiederkehrende Leistungen auf die Lebenszeit des Empfängers (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 56). Versorgungsleistungen stellen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten dar. Als Empfänger von Versorgungsleistungen kommen in Betracht: der Übergeber, dessen Ehegatte und die gesetzlich erbberechtigten Abkömmlinge des Übergebers (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 50).

Es muss begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG übertragen werden (BFH vom 29.9.2021, IX R 11/19, BStBl II 2022, 228; LEXinform 0952367; s.o.).

Sind lebenslange wiederkehrende Versorgungsleistungen gegeben, können diese aber nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden, weil die persönlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (z.B. unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Vermögensübernehmers), liegen nicht abziehbare Unterhaltsleistungen vor.

Sind dagegen die sachlichen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt, weil keine Versorgungsleistungen vorliegen, ist nach der Rz. 58 und 66 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227) zu prüfen, ob nichtabziehbare Unterhaltsleistungen oder wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung vorliegen.

Ist der Barwert der wiederkehrenden Leistung mehr als doppelt so hoch wie der Wert des übernommenen Vermögens (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 66), liegen Unterhaltsleistungen vor.

Die Beteiligten müssen Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben.

Beim Verpflichteten: Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG; beim Berechtigten: wiederkehrende Bezüge nach § 22 Nr. 1a EStG.

Nicht abzugsfähig nach § 12 Nr. 2 EStG.

Enthalten ist eine nichtsteuerbare oder steuerbare Vermögensumschichtung und ein Zinsanteil (BFH Urteil vom 18.5.2010, X R 32-33/01, BStBl II 2011, 675).

Unentgeltliche Vorgänge: § 6 Abs. 3 EStG bei Betriebsvermögen, § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG bei GmbH-Anteilen.

Entgeltlicher bzw. teilentgeltlicher Erwerb bzw. Veräußerung (§§ 16, 17, 23 EStG).

Abb.: Leistungen im Rahmen der Vermögensübergabe

Versorgungsleistungen sind der Inbegriff von Sach-, Natural-, Dienst- und Geldleistungen zur Versorgung einer Person (umfasst Zuwendungen zur Existenzsicherung, also zur Abdeckung der Grundbedürfnisse, wie Wohnen, Ernährung und sonstiger Lebensbedarf, BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 44 ff.).

Eine Vermögensübertragung kann wie folgt durchgeführt werden:

Voll unentgeltlich

Teilentgeltlich

Entgeltlich

Bei der Übertragung von begünstigtem Vermögen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 7) werden vom Übernehmer dem Übergeber oder Dritten (BMF vom 11.3.2010, a.a.O., 227, Rz. 50) Versorgungsleistungen (Versorgungsrenten bzw. dauernde Lasten) zugesagt. Versorgungsleistungen sind weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten (BMF vom 11.3.2010, a.a.O., 227, Rz. 3).

Der Übernehmer verpflichtet sich zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages an andere Angehörige des Übergebers oder Dritte (Gleichstellungsgeld) oder zu einer Abstandszahlung an den Übergeber (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 7). Die Übernahme von Verbindlichkeiten des Übergebers durch den Übernehmer führt zu einem Veräußerungsentgelt und zu Anschaffungskosten (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 9).

Wiederkehrende Leistungen werden teilentgeltlich erbracht, wenn der Wert des übertragenen Vermögens höher ist als der Barwert der wiederkehrenden Leistungen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 66).

Ein voll entgeltliches Veräußerungsgeschäft ist dann anzunehmen, wenn die Werte der Leistung und Gegenleistung wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Bei Vermögensübertragung auf Abkömmlinge besteht eine nur in Ausnahmefällen zu widerlegende Vermutung dafür, dass die Übertragung aus familiären Gründen, nicht aber im Wege eines Veräußerungsgeschäftes unter kaufmännischer Abwägung von Leistung und Gegenleistung erfolgt. Diese für eine private Versorgungsrente sprechende widerlegbare Vermutung besteht indessen dann nicht, wenn die übertragenen Vermögenswerte einerseits und die Rentenverpflichtung (zuzüglich etwaiger weiterer Gegenleistungen) andererseits einander gleichwertig sind. Voraussetzung für eine (entgeltliche) Veräußerungs-/Erwerbsrente ist, dass die Vertragsbeteiligten subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen sind. Maßgebend ist insoweit die Vorstellung des Erwerbers (BFH Urteil vom 30.7.2003, X R 12/01, BStBl II 2004, 211).

Ist der Barwert (Tilgungsanteil) der wiederkehrenden Leistungen höher als der Wert des übertragenen Vermögens, ist Entgeltlichkeit i.H.d. angemessenen Kaufpreises anzunehmen. Der übersteigende Betrag ist eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 66).

Die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen ist nur im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (bzw. früher: § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG i.d.F. des JStG 2008) unentgeltlich; wird nach dieser Vorschrift nicht begünstigtes Vermögen übertragen, liegt ertragsteuerrechtlich eine entgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung vor (vgl. BFH vom 29.9.2021 (IX R 11/19, BStBl II 2022, 228).

Abb.: Möglichkeiten der Vermögensübertragung

Liegt keine unentgeltliche Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen vor, z.B. weil

  • keine existenzsichernde und ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheit oder

  • kein begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG übertragen wird oder

  • die wiederkehrenden Leistungen nicht auf die Lebenszeit des Berechtigten zu zahlen sind,

handelt es sich um eine entgeltliche Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 57 ff. und 65 ff.).

Beachte:

Gegen die in Rz. 21 i.V.m. Rz. 65 ff. vertretene Verwaltungsregelung hat das FG Bremen mit Urteil vom 25.10.2018 (1 K 165/17-3, LEXinform 5021893, Revision eingelegt, Az. BFH: IX R 11/19, LEXinform 0952367) entschieden (s.o.).

  1. Prüfung, ob ein beiderseits unentgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt.

    Dabei stellt die Übertragung eines (vermieteten) Grundstücks gegen lebenslänglich wiederkehrende Leistungen (Versorgungsleistungen) ein solches unentgeltliches Rechtsgeschäft dar.

  2. Prüfung, ob trotz Unentgeltlichkeit (und daraus folgender Unbeachtlichkeit für die Einkünfteermittlung) eine steuerliche Berücksichtigung der wiederkehrenden Leistungen im Wege des Sonderausgabenabzugs infrage kommt.

    Dabei ist zu beachten, dass eine steuermindernde Berücksichtigung von Privataufwendungen als Sonderausgaben in Abweichung vom Grundsatz des § 12 Nr. 1 und 2 EStG nur zulässig ist, wenn das Gesetz dies – ausnahmsweise – vorsieht. Unter diesen Umständen kann aber die Nichtgewährung eines Sonderausgabenabzugs ihrerseits keine Änderung der Rechtsnatur der wiederkehrenden Leistungen bewirken.

    Der Gesetzgeber klammert bewusst bestimmte Vermögensübertragungen aus den steuerrechtlich beim Sonderausgabenabzug zu berücksichtigenden Sachverhalten aus, ohne grundsätzlich die Differenzierung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen aufzugeben.

Mit Urteil vom 29.9.2021 (IX R 11/19, BStBl II 2022, 228) hat der BFH das Urteil des FG Bremen vom 25.10.2018 (1 K 165/17-3) aufgehoben und die Sache an das FG Bremen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das Urteil überzeugt und entspricht der Verwaltungsauffassung sowie der vorherrschenden Auffassung im Fachschrifttum. Im Streitfall handelt es sich nach Auffassung des BFH bei den nach Maßgabe der Bestimmungen des zwischen der Klägerin und V geschlossenen Vermögensübergabevertrages geschuldeten wiederkehrenden Leistungen um Entgelte im Rahmen einer teilentgeltlichen Vermögensübergabe. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen stellen keine nicht abziehbaren Aufwendungen i.S.d. § 12 EStG dar. Es handelt sich auch nicht um zum Sonderausgabenabzug zugelassene Versorgungsleistungen, vielmehr sind die wiederkehrenden Leistungen als Werbungskosten zu berücksichtigen. Ist, wie im Streitfall, der Anwendungsbereich des Sonderrechts des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG nicht eröffnet, ist von einer teilentgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen auszugehen. Nutzt aber der Übernehmer übertragenes Vermögen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und erfüllt die Vermögensübertragung nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG, führen von ihm geschuldete und an den Übergeber entrichtete wiederkehrende Leistungen in Höhe ihres Barwerts zu Anschaffungskosten und mithin zu durch die Einkünfteerzielung veranlassten Werbungskosten; der Zinsanteil der wiederkehrenden Leistungen ist ebenfalls als Werbungskosten abziehbar.

Wiederkehrende lebenslängliche Leistungen

Tilgungsanteil

Zinsanteil

Ermittlung nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810). Der Vervielfältiger i.S.d. § 14 Abs. 1 BewG wird jährlich durch das BMF im BStBl veröffentlicht. Wegen der Vervielfältiger für die Bewertungsstichtage ab 1.1.2014 s. nach der Tabelle.

Ermittlung nach der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb bzw. nach § 55 EStDV (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 71 und 72).

Im betrieblichen Bereich ergibt sich der Zinsanteil aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Rentenzahlungen einerseits und dem jährlichen Rückgang des Barwerts der Leibrentenverpflichtung andererseits (BFH Urteil vom 18.5.2010, X R 32-33/01, BStBl II 2011, 675).

In Höhe des Barwerts liegen Anschaffungskosten vor (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 69 und 70).

Beim Verpflichteten grundsätzlich nicht abzugsfähig. Dient das WG der Einkünfteerzielung, ist der Zinsanteil als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 72).

Barwert ist höher als der Wert des übertragenen Vermögens:

Behandlung beim Berechtigten:

Entgeltlichkeit i.H.d. angemessenen Kaufpreises. Übersteigender Betrag ist eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 66).

dauernde Last:

auf Laufzeit der wiederkehrenden Leistung verteilen; = Entgelt für die Stundung des Veräußerungspreises; Versteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG

Rente:

Versteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a. Doppelbuchst. bb EStG.

(BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 75 ff.).

Barwert ist doppelt so hoch wie der Wert des übertragenen Vermögens: insgesamt Zuwendung nach § 12 Nr. 2 EStG. Der Berechtigte hat keine steuerbaren Einnahmen.

Abb.: Entgeltliche Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit

Das BMF gibt mit Schreiben vom 17.3.2009 (BStBl I 2009, 47) in einer Anlage gem. § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen bekannt, die ab 1.1.2007 bis zum 31.12.2007 und ab dem 1.1.2008 bis zum 31.1.2008 anzuwenden sind.

§ 14 Abs. 1 BewG ist durch das Erbschaftsteuerreformgesetz (ErbStRG) vom 24.12.2008 geändert worden. Für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2009 sind die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln und ab dem 1.1. des auf die Veröffentlichung der Sterbetafel durch das Statistische Bundesamt folgenden Kj. anzuwenden (s.a. OFD Frankfurt vom 4.14.2019, S 3104 A – 009 – St 71, SIS 20 02 51).

Vervielfältiger für Bewertungsstichtage

BMF vom

Fundstelle

1.1.2007 bis 31.12.2007

17.3.2009

BStBl I 2009, 474

1.1.2008 bis 31.12.2008

17.3.2009

BStBl I 2009, 474

1.1.2009 bis 31.12.2009

20.1.2009

BStBl I 2009, 270

1.1.2010 bis 31.12.2010

1.10.2009

BStBl I 2009, 1168

1.1.2011 bis 31.12.2011

8.11.2010

BStBl I 2010, 1288

1.1.2012 bis 31.12.2012

26.9.2011

BStBl I 2011, 834

1.1.2013 bis 31.12.2013

26.10.2012

BStBl I 2012, 950

1.1.2014 bis 31.12 2015

13.12.2013

BStBl I 2013, 1609

Es gelten die Werte aus 2013 auch für 2014 und 2015. Die Kapitalwerte ab 2013 bestimmen sich nach dem BMF-Schreiben vom 26.10.2012 (BStBl I 2012, 950).

1.1.2016

2.12.2015

BStBl I 2015, 954

1.1.2017 bis 31.12.2018

4.11.2016

BStBl I 2016, 1166

Die Werte aus 2017 gelten auch für 2018 (BMF vom 28.11.2017, BStBl I 2017, 1526).

1.1.2019 bis 31.12.2019

22.11.2018

BStBl I 2018, 1306

1.1.2020 bis 31.12.2020

2.12.2019

BStBl I 2019, 1288

1.1.2021 bis 31.12.2021

28.10.2020

BStBl I 2020, 1048

1.1.2022 bis 31.12.2022

4.10.2021

BStBl I 2021, 1821

Abb.: Überblick über die Veröffentlichung der Sterbetafel im BMF-Schreiben

1.4. Gegenstand der Vermögensübertragung

1.4.1. Allgemeiner Überblick

Die folgende Übersicht zeigt die Konsequenzen aus der Übertragung von begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen.

Abb.: Prüfungsschema begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen

1.4.2. Begünstigtes Vermögen

1.4.2.1. Grundsätzliches

Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG eine Aufzählung des begünstigten Vermögens aufgenommen. Eine begünstigte Vermögensübertragung i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG liegt nur vor bei Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung

  • eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit i.S.d. §§ 13, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder des § 18 Abs. 1 EStG ausübt (vgl. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 8 bis 11),

  • eines Betriebs oder Teilbetriebs (vgl. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 12 bis 14) sowie

  • eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt (vgl. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 15 bis 20).

1.4.2.2. Mitunternehmeranteil an einer Personengesellschaft

Begünstigt sind Versorgungsleistungen für die Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG), wenn die Personengesellschaft eine Tätigkeit i.S.d. §§ 13, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder des § 18 Abs. 1 EStG ausübt. Begünstigt ist dabei

  • die Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils einschließlich des Sonderbetriebsvermögens

    • auf einen oder

    • mehrere Übernehmer;

  • die Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils einschließlich der quotalen Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens;

  • die unentgeltliche Aufnahme des Übernehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen.

Dieser Regelung liegt die Buchwertfortführung des § 6 Abs. 3 EStG zugrunde.

Der Sonderausgabenabzug kommt auch in Betracht, wenn im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen Anteile an einer Personengesellschaft übertragen werden, die verpachtet sind, oder wenn Anteile an einer Personengesellschaft übertragen werden, die selbst ihren gesamten Betrieb verpachtet hat (→ Betriebsverpachtung), sofern der Betrieb mangels Betriebsaufgabeerklärung als fortgeführt gilt.

Neben der o.g. Vergünstigung einer Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft (OHG, KG, GbR) sind noch folgende Übertragungen begünstigt:

  • die Übertragung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist (z.B. atypische stille Gesellschaft);

  • die Übertragung eines Anteils an Gemeinschaften, wenn die Beteiligten eine dem Gesellschafter einer Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbare Stellung haben (z.B. als Beteiligter an einer Erbengemeinschaft oder Gütergemeinschaft);

  • die Übertragung von Anteilen an einer gewerblich infizierten Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Alternative EStG;

  • die Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, soweit ihr die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft auch nach der Übertragung zugerechnet wird;

Keine Begünstigung liegt vor, wenn

  • eine vermögensverwaltende Personengesellschaft lediglich an einer gewerblich tätigen Gesellschaft beteiligt ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alternative EStG);

  • Anteile an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (z.B. an einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG) übertragen werden, da die Gesellschaft keine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt.

    Bei Übertragung von Mitunternehmeranteilen an Personengesellschaften, die eine land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben, gegen Versorgungsleistungen liegt nur dann eine den Übernehmer nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG zum Sonderausgabenabzug berechtigende Vermögensübertragung vor, wenn die Personengesellschaft originär gewerblich tätig ist oder aufgrund der Abfärbewirkung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerblich tätig ist, nicht aber bei Übertragung von Anteilen an einer nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaft. Die Gewerbesteuerpflicht von gewerblich geprägten Personengesellschaften ist insoweit unerheblich (BFH Beschluss vom 22.1.2015, X B 118/14, BFH/NV 2015, 676).

1.4.2.3. Betriebe und Teilbetriebe

Begünstigt ist nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG die Übertragung eines laufenden Betriebs oder Teilbetriebs und die Übertragung eines verpachteten Betriebs oder Teilbetriebs, der mangels Betriebsaufgabeerklärung als fortgeführt gilt (→ Betriebsverpachtung).

Zur Teilbetriebsdefinition s. die Verwaltungsregelung in R 16 Abs. 3 EStR sowie → Betriebsveräußerung, Gliederungspunkt »Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs«. Ein Teilbetrieb i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG liegt vor, wenn ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs übertragen wird, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebs i.S.d. EStG aufweist und für sich lebensfähig ist. Eine völlig selbstständige Organisation mit eigener Buchführung ist nicht erforderlich. Der Teilbetrieb muss bereits vor der Vermögensübertragung als solcher existiert haben. Teilbetriebe können danach insbesondere Filialen und Zweigniederlassungen sein.

Die Teilbetriebsfiktion des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist für die Fälle der begünstigten Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen nicht anzuwenden. Eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann daher nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG begünstigt übertragen werden. Für die Übertragung von Anteilen an einer GmbH richtet sich die begünstigte Übertragung nach den Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 14).

Steuerlich wird die Betriebsübertragung als unentgeltlicher Erwerb gewertet (§ 6 Abs. 3 EStG), auch wenn der Übernehmer sich zur Zahlung von Versorgungsleistungen verpflichtet.

Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages kommt nur für noch durchführbare, objektiv mögliche Investitionen in Betracht. Daran fehlt es, wenn der Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben ist oder der Stpfl. bei Abgabe der Steuererklärung für das Kj., in dem Investitionsabzugsbeträge geltend gemacht werden, den Entschluss gefasst hat, seinen Betrieb insgesamt zu veräußern oder aufzugeben. Nach dem BFH-Urteil vom 10.3.2016 (IV R 14/12, BStBl 2016 II 763) steht es der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nicht entgegen, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Stpfl. selbst, sondern aufgrund einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll. Voraussetzung dafür ist, dass der Stpfl. bei Fortführung des Betriebs die von ihm benannten Wirtschaftsgüter selbst angeschafft oder hergestellt hätte und er zum maßgeblichen Bilanzstichtag anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass die Investition nach Übertragung des Betriebs fristgemäß von seinem Rechtsnachfolger zur Nutzung in dem übertragenen Betrieb vorgenommen werden würde.

1.4.2.4. Anteile an einer GmbH

§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG begünstigt nur die Übertragung von Anteilen an einer GmbH, nicht hingegen Anteile an anderen Kapitalgesellschaften. Begünstigt ist auch die Übertragung von Anteilen an einer der GmbH vergleichbaren Gesellschaftsform eines anderen Mitgliedstaats der EU oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist (vgl. Tabellen zum BMF-Schreiben vom 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076). Voraussetzung ist weiterhin, dass der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer die Geschäftsführertätigkeit nach der Übertragung übernimmt. S.a. die Erläuterungen unter → Beteiligungsveräußerung.

Nach dem Gesetzeswortlaut in § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG wird nicht gefordert, dass die GmbH eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt. Anders als bei der Übertragung von Mitunternehmeranteilen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG ist es daher möglich, GmbH-Anteile solcher GmbHs, die privaten Grundbesitz oder privates Kapitalvermögen verwalten, begünstigt zu übertragen.

Anders als bei der Übertragung von Mitunternehmeranteilen ist die begünstigte Übertragung der GmbH-Anteile auf beherrschende Beteiligungen beschränkt (mindestens 50 % Beteiligung). Beherrschende Beteiligungen von unter 50 % reichen nicht aus, da der Gesetzgeber nicht auf das Merkmal der Beherrschung, sondern auf die 50 %ige Beteiligung abstellt. Wie oben dargestellt, können Mitunternehmeranteile dagegen in beliebiger Höhe übertragen werden.

Es ist nicht erforderlich, dass der Übergeber seinen gesamten Anteil überträgt, sofern der übertragene Anteil mindestens 50 % beträgt. Dabei sind Teilübertragungen jeweils isoliert zu betrachten (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 16).

Beispiel 2:

Vater V ist an der X-GmbH zu 50 % beteiligt. V hat im Rahmen einer stufenweise vorweggenommenen Erbfolge den Vermögensübernehmer S im Rahmen einer früheren Vermögensübertragung bereits zu 10 % beteiligt. V überträgt nun den verbleibenden 40 %igen Anteil an der X-GmbH gegen Versorgungsleistungen an seinen Sohn S.

Lösung 2:

Eine begünstigte unentgeltliche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen kommt nicht in Betracht, da der jeweils übertragene Anteil nicht mindestens 50 % beträgt. Da die Voraussetzungen einer begünstigten unentgeltlichen Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen nicht vorliegen, gelten die Grundsätze der entgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen der Rz. 65 ff. des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227).

Die Zahlung der wiederkehrenden Leistungen wird damit dem privaten Bereich und der Einkommensverwendung zugeordnet. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Vermögensgegenstand in diesen Fällen bereits mit der Belastung durch die gleichsam vorbehaltenen Erträge übertragen wird.

Beispiel 3:

Vater V ist an der X-GmbH zu 80 % beteiligt. V überträgt im Rahmen der vorweggenommen Erbfolge seinen GmbH-Anteil jeweils hälftig auf seine beiden Kinder.

Lösung 3:

Eine begünstigte unentgeltliche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen kommt nicht in Betracht, da der jeweils übertragene Anteil nicht mindestens 50 % beträgt.

Überträgt der Vermögensübergeber seine GmbH-Beteiligung auf mehrere Vermögensübernehmer, liegt eine begünstigte Vermögensübertragung i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nur bezogen auf den Vermögensübernehmer vor, der mindestens einen 50 % betragenden Anteil erhalten und die Geschäftsführertätigkeit übernommen hat (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 19).

Zu einer begünstigten Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen führt nur die Übertragung eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer die Geschäftsführertätigkeit nach der Übertragung übernimmt. Überträgt ein Gesellschafter-Geschäftsführer einen mindestens 50 % betragenden Anteil an der GmbH auf den Übernehmer, liegen begünstigte Versorgungsleistungen nur vor, solange der Vermögensübernehmer eine Geschäftsführertätigkeit ausübt. Es ist unschädlich, wenn der Übernehmer bereits vor der Übertragung Geschäftsführer der Gesellschaft war, solange er es auch nach der Übertragung bleibt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Übergeber seine Geschäftsführertätigkeit insgesamt aufgibt (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 18).

Der Übernehmer muss nicht dieselbe Funktion im Rahmen der Geschäftsführung ausüben wie vormals der Übergeber. Voraussetzung ist nur, dass der Übergeber seine Geschäftsführertätigkeit insgesamt aufgibt.

Die Verwaltungsregelung in Rz. 18 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227) wird durch das Urteil des BFH vom 20.3.2017 (X R 35/16, BStBl II 2017, 985) bestätigt. Versorgungsleistungen für die Übertragung eines GmbH-Anteils sind nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn der Übergeber aus der Geschäftsführung ausscheidet. Der Wortlaut des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG erfordert u.a., dass der Übergeber vor der Übertragung als Geschäftsführer tätig war, dies nach der Übertragung nicht mehr der Fall ist und die Tätigkeit des Übergebers als Geschäftsführer der Vergangenheit angehört, er nach der Übertragung also nicht mehr Geschäftsführer ist. Begünstigt sollen nach dem Wortlaut Fälle sein, in dem der Übergeber aus der Geschäftsführung ausscheidet. Das Gesetz unterscheidet dabei nicht zwischen Geschäftsführern, die auch operativ unter Zuordnung von Zuständigkeiten tätig sind und solchen, denen die Geschäftsordnung keine Zuständigkeiten zuordnet. Die Organstellung soll in der Form übertragen werden, dass sie auf den Übernehmer übergeht und bei dem Übergeber fortan der Vergangenheit angehört. Es entspricht im Übrigen auch der Absicht des Gesetzgebers, Gestaltungsspielräume einzuengen, wenn keine Differenzierung nach der Ausgestaltung der Geschäftsführeraufgaben vorgenommen, sondern schlicht und einheitlich daran angeknüpft wird, ob der Übergeber nach der Übertragung noch die Stellung als Geschäftsführer innehat oder nicht.

Das Erfordernis, dass der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt, soll sicherstellen, dass nur eine solche GmbH in den Begünstigungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG fällt, bei der der Übergeber, ähnlich wie der Inhaber eines Einzelunternehmens und typischerweise auch ein Mitunternehmer, persönlich in der Geschäftsführung tätig ist (Anmerkung vom 29.8.2017, LEXinform 0653247; Hänsch u.a., NWB 44/2017, 3334).

Beispiel 4:

Vater V ist an der X-GmbH zu 100 % beteiligt. V überträgt im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge seinen GmbH-Anteil jeweils hälftig auf seine beiden Kinder S und T. T übernimmt dabei Geschäftsführertätigkeit von V.

Lösung 4:

Überträgt der Vermögensübergeber seine 100 %-GmbH-Beteiligung zu jeweils 50 % auf zwei Vermögensübernehmer, wird aber nur einer der Vermögensübernehmer Geschäftsführer, führt nur die Anteilsübertragung auf diesen zu einer begünstigten Vermögensübertragung i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG. Sind oder werden beide Übernehmer Geschäftsführer der Gesellschaft, dann liegt in beiden Fällen eine begünstigte Übertragung i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG vor (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 19).

Wird eine im Betriebsvermögen befindliche GmbH-Beteiligung von weniger als 100 % gegen Versorgungsleistungen übertragen, so ist die Übertragung wie folgt zu behandeln:

  1. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG ist erfüllt (Beteiligung mindestens 50 % und Geschäftsführerwechsel zwischen Übergeber und Übernehmer; s. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 15 ff.):

    Es handelt sich um eine unentgeltliche Übertragung gegen Versorgungsleistungen. Die Beteiligung ist aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Die anschließende Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge erfolgt im Privatvermögen (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 33).

  2. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG ist nicht erfüllt, weil z.B. ein geringerer als ein 50 %-Anteil übertragen wird.

    Es handelt sich nicht um Versorgungsleistungen.

    Nach dem Grundsatz der Teilentgeltlichkeit ist der Vorgang nach der Trennungstheorie in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil (Entnahme) aufzuteilen (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 34). Der Barwert der wiederkehrenden Leistungen stellt den Veräußerungspreis dar. Der Zinsanteil stellt Betriebseinnahmen dar.

    Unter den Voraussetzungen der Rz. 66 Satz 3 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 kann es sich auch um Unterhaltsleistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG handeln.

    Der Barwert (Veräußerungserlös) ist nach dem Teileinkünfteverfahren des § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG zu 60 % steuerpflichtig.

Die 100 %ige GmbH-Beteiligung im Betriebsvermögen wird nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einem Teilbetrieb gleichgestellt.

Wird eine im Betriebsvermögen befindliche 100 %ige GmbH-Beteiligung gegen Versorgungsleistungen übertragen, so ist die Übertragung wie folgt zu behandeln:

  1. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG ist erfüllt (Beteiligung mindestens 50 % und Geschäftsführerwechsel zwischen Übergeber und Übernehmer; s. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 15 ff.):

    Es handelt sich um eine unentgeltliche Übertragung gegen Versorgungsleistungen. Die Beteiligung ist aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Die »Teilbetriebsentnahme« (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) erfolgt nach § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG mit dem gemeinen Wert. Die Entnahme gilt als Teilbetriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG; H 16 (3) [Entnahme einer Beteiligung] EStH).

    Die anschließende Übertragung gegen Versorgungsleistungen erfolgt im Privatvermögen (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 33). Unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG kann der Übernehmer die Rentenzahlungen als Sonderausgaben abziehen; der Übergeber hat in gleicher Höhe Einkünfte nach § 22 Nr. 1a EStG.

  2. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG ist nicht erfüllt, weil z.B. der Übernehmer nicht die Geschäftsführung übernimmt.

    Es handelt sich nicht um Versorgungsleistungen.

    Nach dem Grundsatz der Teilentgeltlichkeit ist der Vorgang nach der Trennungstheorie in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil (Entnahme) aufzuteilen (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 34). Insgesamt handelt es sich um eine nach § 16 EStG begünstigte Teilbetriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Der Barwert der wiederkehrenden Leistungen stellt den Veräußerungspreis dar (§ 16 Abs. 3 Satz 6 EStG).

    Der Aufgabegewinn ist nach § 16 Abs. 2 EStG wie folgt zu ermitteln:

    Veräußerungserlös nach § 16 Abs. 3 Satz 6 EStG

    +

    Entnahmewert nach § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG

    ./.

    Veräußerungskosten des Veräußerers

    ./.

    Buchwert der Beteiligung

    =

    Aufgabegewinn

    Der Aufgabegewinn ist nach dem Teileinkünfteverfahren des § 3 Nr. 40 Buchst. b i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG zu 60 % steuerpflichtig. Der Zinsanteil stellt Betriebseinnahmen dar.

    Nach dem BFH-Urteil vom 10.7.1986 (IV R 12/81, BStBl II 1986, 811) ist bei der teilentgeltlichen Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen die Einheitstheorie anzuwenden. Nach der Einheitstheorie entsteht ein Veräußerungsgewinn nur dann, wenn die Gegenleistung den Buchwert übersteigt; der Erwerber kann gem. § 6 Abs. 3 EStG die stillen Reserven seines Vorgängers fortführen, soweit sie nicht durch die gewährte Gegenleistung aufgedeckt worden sind. Strittig ist, ob die 100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bei der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG auch als Teilbetrieb gilt (Hoffmann/Littmann, ESt-Kommentar, § 6 Rz. 1009).

    Nach dem BFH-Urteil vom 17.7.2008 (I R 77/06, BStBl II 2009, 464) ist die Teilbetriebsfiktion des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG z.B. für § 24 UmwStG nicht anzuwenden. Unter einem Teilbetrieb ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebes zu verstehen, der für sich allein lebensfähig ist. Es muss eine Untereinheit des Gesamtbetriebs, d.h. ein selbstständiger Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens vorliegen (s.a. R 16 Abs. 3 EStR). Die Beteiligung an Kapitalgesellschaften erfüllt diese Voraussetzungen auch dann nicht, wenn sie das gesamte Nennkapital umfasst, weil es sich bei Beteiligungen nicht um betriebliche Organisationseinheiten handelt.

    Zweck der Teilbetriebsfiktion des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist es, auch die Gewinne aus der Veräußerung von Alleinbeteiligungen an Kapitalgesellschaften der Begünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG zu unterstellen.

    Was für § 24 UmwStG gilt, gilt m.E. auch für § 6 Abs. 3 EStG. Danach ist die Einheitstheorie nicht anzuwenden. Die Übertragung einer 100 %igen Beteiligung aus dem Betriebsvermögen stellt eine Einzel-Wirtschaftsgut-Übertragung dar.

    Gegen die Anwendung der Teilbetriebsfiktion im Zusammenhang mit einer teilentgeltlichen Vermögensübertragung unter Angehörigen spricht auch die Verwaltungsregelung in Rz. 14 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227). Danach ist die Teilbetriebsfiktion des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG für die Fälle der begünstigten Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen nicht anzuwenden. Eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann daher nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG begünstigt übertragen werden. Für die Übertragung von Anteilen an einer GmbH richtet sich die begünstigte Übertragung nach den Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG. Damit wird deutlich, dass die Anwendung der Teilbetriebsregelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG im Zusammenhang mit § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG die Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit voraussetzt.

    Nach diesen Grundsätzen ist für die teilentgeltliche Übertragung einer 100 %igen Kapitalbeteiligung nicht die Einheitstheorie der Rz. 35 ff., sondern die Rz. 34 des BMF-Schreibens vom 13.1.1993 (BStBl I 1993, 80) anzuwenden. Es handelt sich um die Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens.

    Die weitere Behandlung der Beteiligung erfolgt entsprechend der in Lösung a). Der Übernehmer kann aber die Rentenzahlungen nicht als Sonderausgaben abziehen; der Übergeber hat demzufolge keine Versteuerung nach § 22 Nr. 1a EStG vorzunehmen.

Vor dem Hintergrund, dass § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG deutlich strengere Anforderungen an die Übertragung aufweist als Buchst. a und Buchst. b, hat die Finanzverwaltung in Rz. 23 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227) eine Missbrauchsregelung formuliert. Wird nämlich der Anteil an einer GmbH im Betriebsvermögen eines Betriebs, Teilbetriebs oder einer Mitunternehmerschaft (Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen) im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen auf den Vermögensübernehmer (mit-)übertragen, liegt eine insgesamt nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG begünstigte Übertragung vor.

Eine Übertragung eines Mitunternehmeranteils oder eines Betriebs könnte aber auch als Möglichkeit genutzt werden, im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen einen GmbH-Anteil zu übertragen, bei dem für sich genommen die restriktiven Voraussetzungen des Buchst. c nicht erfüllt sind. Wurde der Anteil an der Körperschaft binnen eines Jahres vor der Vermögensübertragung in den Betrieb, Teilbetrieb oder die Mitunternehmerschaft eingelegt und gehört er dort nicht zum notwendigen Betriebsvermögen, oder der Betrieb, Teilbetrieb oder die Mitunternehmerschaft ist binnen eines Jahres vor der Vermögensübertragung durch Umwandlung einer Körperschaft entstanden, ist zu vermuten, dass § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG umgangen werden soll.

Beispiel 5:

Im Betriebsvermögen des Betriebes A befindet sich eine 40 %ige GmbH-Beteiligung. A überträgt seinen Betrieb gegen Versorgungsleistungen auf seinen Sohn B.

Lösung 5:

Da der Anteil an der GmbH im Betriebsvermögen des A-Betriebs im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen auf den Vermögensübernehmer (mit-)übertragen wird, liegt eine insgesamt nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG begünstigte Übertragung vor (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 23).

Abwandlung:

A hatte die 40 %ige GmbH-Beteiligung neun Monate vor der Betriebsübertragung in seinen Betrieb eingelegt. Die Beteiligung ist gewillkürtes Betriebsvermögen.

Lösung:

Nach der Missbrauchsvermutung in Rz. 23 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227) ist die Übertragung des 40 %igen GmbH-Anteils nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG mit begünstigt. Die GmbH-Beteiligung wird als eigenständiger Vermögensgegenstand betrachtet mit der Folge, dass eine Übertragung von begünstigtem Vermögen nach Buchst. b und eine Übertragung von nicht begünstigtem Vermögen vorliegt, da für die Übertragung der GmbH-Beteiligung die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nicht vorliegen.

Hat der Vermögensübergeber begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen übertragen, ist für die Zuordnung der Versorgungsleistungen die konkrete Vereinbarung im Übergabevertrag maßgebend. Dabei wird es grundsätzlich nicht beanstandet, wenn die wiederkehrenden Leistungen in vollem Umfang der Übertragung des begünstigten Vermögens zugeordnet werden. Wirft das begünstigte Vermögen im Zeitpunkt der Vermögensübertragung im Verhältnis zu den wiederkehrenden Leistungen durchschnittlich nur geringe Erträge ab oder wurde keine konkrete Vereinbarung getroffen, sind die wiederkehrenden Leistungen anhand eines angemessenen Maßstabs (z.B. Verhältnis der Erträge der einzelnen Vermögenswerte) aufzuteilen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 47).

1.4.2.5. Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft

Trotz der Beschränkung der Vorschrift auf den betrieblichen Kernbereich ist wegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 3 EStG auch der Teil der Versorgungsleistungen als Sonderausgaben abziehbar, der dem Wohnteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zuzurechnen ist. Zur näheren Bestimmung des Wohnteils wird § 160 Abs. 1 Nr. 3 BewG herangezogen. Der durch die gesetzliche Neuregelung im JStG 2008 eingeschränkte Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (jetzt § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) wirkt sich auch hier insoweit aus, als der Wohnteil nur zusammen mit dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen – als Teil dessen – begünstigt übertragen werden kann (s. Grün, NWB 2010, 1042).

1.4.2.6. Beratungs- und Beurkundungskosten im Zusammenhang mit einer begünstigten Vermögensübertragung

Der BFH hat mit Urteil vom 16.4.2015 (IV R 44/12, BFH/NV 2015, 1085, LEXinform 0929456) entschieden, dass die im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils angefallenen Notarkosten nicht betrieblich veranlasst und somit nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind (s.a. Anmerkung vom 7.7.2015, LEXinform 0652671).

Steuerlich wird diese Vermögensübertragung als unentgeltlicher Erwerb gewertet, auch wenn der Übernehmer sich zur Zahlung von Versorgungsleistungen verpflichtet. Wegen § 6 Abs. 3 EStG führt auch die Übernahme betrieblicher Verbindlichkeiten im Zuge der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen (gegen Versorgungsleistungen) nicht zu einem entgeltlichen Erwerb. Die Leistungen des Übernehmers stehen deshalb in keinen Zusammenhang mit Einkünften aus einem übernommenen Betrieb; der Übernehmer hat keine eigenen Anschaffungskosten, sondern führt die Buchwerte seines Rechtsvorgängers fort (s.a. BFH Urteil vom 20.6.2017, X R 38/16, BFH/NV 2017, 1453, LEXinform 0951282, Rz. 47).

Aus der steuerlichen Wertung als unentgeltlicher Erwerb folgt die ertragsteuerliche Unbeachtlichkeit der Erwerbsnebenkosten. Erwerbsnebenkosten zählen gem. § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB zu den Anschaffungskosten und sind als solche zu aktivieren. Im Falle einer vorweggenommenen Erbfolge mangelt es bereits an einem die Bilanzierung ermöglichenden entgeltlichen Erwerbsvorgang. Zudem können die Erwerbsnebenaufwendungen des Übernehmers eines Gesellschaftsanteils schon deshalb in keinem ertragsteuerlich relevanten Zusammenhang zu den Einkünften aus dem übernommenen Anteil stehen, da dies mit der Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 EStG unvereinbar ist. Die steuerliche Wertung, die Versorgungsleistungen des Übernehmers nicht als Kosten eines Anschaffungsvorganges zu erfassen, erstreckt sich zwingend auch auf die Nebenkosten dieses Erwerbs.

Beachte:

Übernimmt der Erwerber des übertragenen Vermögens auch Darlehensverbindlichkeiten, entstehen ihm insoweit auch dann Anschaffungskosten, wenn die Vermögensübertragung im Übrigen als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen – also als ein unentgeltlicher Vorgang – zu würdigen ist. Dies war insbesondere bei Grundstücksübertragungen auf Grund von Übergabeverträgen vor dem 1.1.2008 möglich (s.a. BFH Urteil vom 20.6.2017, X R 38/16, BFH/NV 2017, 1453, LEXinform 0951282, Rz. 47).

1.4.3. Übertragung von Vermögen unter Nießbrauchsvorbehalt

1.4.3.1. Nießbrauch als Gegenstand der Vermögensübertragung

Das Nießbrauchsrecht (→ Nießbrauch) selbst kann – anders als für Verträge vor dem 1.1.2008 – nicht eigenständig Gegenstand einer begünstigten Vermögensübergabe sein; dies gilt unabhängig davon, ob das Nießbrauchsrecht an Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG bestellt ist oder nicht (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 21). Wird das Nießbrauchsrecht (Vorbehaltsnießbrauch) gegen lebenslängliche wiederkehrende Leistungen abgelöst, gelten die Grundsätze über die einkommensteuerrechtlichen Behandlungen wiederkehrender Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung. Der Kapitalwert der lebenslänglichen Leistung führt bis zur Höhe des angemessenen Verkehrswerts des Nießbrauchsrechts zu nachträglichen Anschaffungskosten für das WG, an dem das Nießbrauchsrecht bestellt war (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 59 – Nießbrauch-Erlass; → Nießbrauch). Der den Verkehrswert übersteigende Betrag stellt eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG dar. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil kann eventuell als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt werden. Die wiederkehrenden Leistungen sind beim bisherigen Nießbraucher als Veräußerungsleibrenten mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu erfassen.

1.4.3.2. Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt

Wird zwar das Eigentum an nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG begünstigtem Vermögen übertragen, aber gleichzeitig ein Nießbrauchsrecht eingeräumt, liegt keine begünstigte Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen vor (s.a. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 21). Der Übernehmer kann keine Erträge erwirtschaften und damit aus dem übernommenen Vermögen auch nicht die Versorgung des Übergebers sicherstellen. Dies gilt allerdings nicht, wenn

  • der Nießbrauch lediglich Sicherungszwecken dient und

  • der Vermögensübergeber gleichzeitig mit der Bestellung des Nießbrauchs dessen Ausübung nach § 1059 BGB dem Vermögensübernehmer überlässt (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 24).

1.4.3.3. Gleitende Vermögensübergabe

Wird nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG begünstigtes Vermögen übertragen, liegen jedoch die Voraussetzungen einer begünstigten Vermögensübergabe deshalb nicht vor, weil der Vermögensübergeber sich ein Nießbrauchsrecht vorbehalten hat, so kann die Ablösung dieses Nießbrauchsrechts als gleitende Vermögensübergabe begünstigt sein (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 25). Die Ablösungszahlungen stehen dann im sachlichen Zusammenhang mit der Vermögensübertragung. Für die Anerkennung von Versorgungsleistungen kommt es nicht darauf an, ob die wiederkehrenden Leistungen bereits im Übertragungsvertrag selbst vereinbart wurden oder erst im Zusammenhang mit der Ablösung des Nießbrauchs vereinbart werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Ablösung des Nießbrauchs der lastenfreien Veräußerung des Vermögens dient. Zur Ablösung des Vorbehaltsnießbrauchsrechts s. → Vorweggenommene Erbfolge.

1.4.4. Überlassung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben durch Wirtschaftsüberlassungsverträge

Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die aufgrund von Wirtschaftsüberlassungsverträgen – die Vorstufe zur Hof- und Betriebsübertragung – überlassen werden, liegt keine begünstigte Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen vor. Eine begünstigte Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen kann in diesen Fällen erst bei der späteren tatsächlichen Übertragung des Hofs und Betriebs im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen vorliegen. Dies gilt auch für Pachtverträge, die steuerrechtlich als Wirtschaftsüberlassungsverträge gewürdigt werden (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 22).

Kennzeichnend für den Vertragstypus der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist u.a., dass Vermögen in Vorwegnahme der künftigen Erbfolge übertragen wird und die Eltern wirtschaftlich gesichert werden. Der Vermögensübergeber behält sich in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vor, die nunmehr vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen.

Bei einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag wird kein Vermögen in Vorwegnahme der künftigen Erbfolge übertragen. Der Hofeigentümer behält sein Vermögen und überlässt dem Nutzungsberechtigten lediglich die Nutzung des Vermögens gegen Übernahme verschiedener Verpflichtungen. Der Nutzungsberechtigte erwirbt auch kein wirtschaftliches Eigentum. Er kann den Eigentümer nicht im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen, wie es § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO verlangt. Von einem üblichen Pachtvertrag unterscheidet sich der Wirtschaftsüberlassungsvertrag nur insoweit, als kein monatlicher Pachtzins ausschließlich in Geld vereinbart wird. Als Entgelt für die Einräumung des Nutzungsrechts werden dem Eigentümer vielmehr altenteilsähnliche Leistungen, wie freier Umgang auf dem Hof, Übernahme der Kosten für Strom, Heizung, Wasser, Versicherungen und Beiträge sowie den Kapitaldienst etc. gewährt. Auch ein monatlicher Geldbetrag kann zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Hofeigentümers bezahlt werden (BFH Urteil vom 25.6.2014, X R 16/13, BStBl II 2014, 889).

Durch den Abschluss eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags entstehen zwei land- und forstwirtschaftliche Betriebe, nämlich ein wirtschaftender Betrieb des Nutzungsberechtigten und ein Eigentümerbetrieb des Nutzungsverpflichteten (Kanzler, NWB 39/2014, 2926). Der Abschluss eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags führt ebenso wie der Übergang von der Eigenbewirtschaftung zur Betriebsverpachtung bei fehlender ausdrücklicher Aufgabeerklärung nicht zur Einstellung der betrieblichen Tätigkeit des Hofeigentümers; der Betrieb wird vielmehr – wenn auch in anderer Form – fortgeführt. Auf Seiten des Nutzungsberechtigten bildet der Wirtschaftsüberlassungsvertrag die Rechtsgrundlage für das Nutzungsrecht, durch das er Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebs werden kann. Der Wirtschaftsüberlassungsvertrag wird hinsichtlich der Nutzungsüberlassung somit einkommensteuerrechtlich wie ein Pachtverhältnis behandelt (BFH Urteil vom 12.7.2017, VI R 59/15, BStBl II 2018, 461, Rz. 21).

Ab der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind auf einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag beruhende Leistungen des Nutzungsberechtigten an den Überlassenden nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar (BFH Urteil vom 25.6.2014, X R 16/13, BStBl II 2014, 889; BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz 22). Es fehlt insoweit an der nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut erforderlichen »Übertragung« begünstigten Vermögens (so auch BFH Urteil vom 12.7.2017, VI R 59/15, BStBl II 2018, 461, Rz. 23).

Der Wirtschaftsüberlassungsvertrag wurde in Bezug auf die Nutzungsüberlassung seit jeher der Betriebsverpachtung gleichgestellt. Es ist daher gerechtfertigt, die Regeln der Betriebsverpachtung im Grundsatz auch in Bezug auf die weiteren in einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag vereinbarten Leistungen zur Geltung zu bringen.

Der Nutzungsberechtigte und der Nutzungsverpflichtete beziehen bei Abschluss eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags als Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Folglich kann auch der Leistungsaustausch zwischen beiden Betrieben, nämlich einerseits die Nutzung des überlassenen Vermögens und andererseits die dafür zu erbringende Gegenleistung als betriebsbezogen und nach allgemeinen Grundsätzen als betrieblich veranlasst angesehen werden. Denn der Nutzungsberechtigte erbringt die Leistungen an den Nutzungsverpflichteten in der Regel für die Überlassung des landwirtschaftlichen Betriebs, um damit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen.

Es ist daher konsequent, solche Leistungen beim Nutzungsberechtigten als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG und beim Überlassenden als Betriebseinnahmen (Betriebsvermögensmehrungen) zu erfassen (BFH Urteil vom 12.7.2017, VI R 59/15, BStBl II 2018, 461, Rz. 29 ff.).

In seinem Urteil vom 12.7.2017 (VI R 59/15, BStBl II 2018, 461) gelangt der BFH zu dem Ergebnis, dass dann, wenn einzelne Regelungen in einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag nach Fremdvergleichsgrundsätzen ertragsteuerlich nicht anzuerkennen sind, dies nicht ohne Weiteres dazu führt, dem gesamten Wirtschaftsüberlassungsvertrag die steuerliche Anerkennung zu versagen. Eine solche Rechtsfolge darf nur gezogen werden, wenn der dem Fremdvergleich nicht standhaltenden vertraglichen Regelung ein derartiges Gewicht zukommt, dass dies unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse die Nichtanerkennung des gesamten Vertragsverhältnisses rechtfertigt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn anzunehmen ist, dass die in dem Wirtschaftsüberlassungsvertrag vereinbarten Leistungen des Nutzungsberechtigten insgesamt private Zuwendungen oder Unterhaltsleistungen an den Überlassenden darstellen (s.a. Anmerkung vom 2.10.2017, LEXinform 0949063).

1.5. Ertragbringende Wirtschaftseinheit

1.5.1. Allgemeiner Überblick

Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist gegeben, wenn eine ertragbringende Wirtschaftseinheit des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG übertragen wird, deren Erträge ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen. Von ausreichend Ertrag bringendem Vermögen ist auszugehen, wenn nach überschlägiger Berechnung die wiederkehrenden Leistungen nicht höher sind als der langfristig erzielbare Ertrag des übergebenen Vermögens (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 26 und 27).

Reichen die Erträge nicht aus, gelten die Grundsätze über die einkommensteuerrechtliche Behandlung wiederkehrender Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 57).

1.5.2. Beweiserleichterung

Unter den folgenden Voraussetzungen besteht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Erträge ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 29):

  • Es muss sich um begünstigte Wirtschaftseinheiten i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG handeln.

  • Der Betrieb oder Teilbetrieb muss vom Übernehmer tatsächlich fortgeführt werden.

  • Auch ein Mitunternehmeranteil oder ein GmbH-Anteil muss entsprechend fortgeführt werden.

Die Beweiserleichterung ist insbesondere in folgenden Fällen nicht anzuwenden:

  • bei verpachteten oder überwiegend verpachteten Betrieben, Teilbetrieben, (Teil-)Mitunternehmeranteilen und GmbH-Anteilen oder

  • bei Personengesellschaften, die selbst ihren gesamten Betrieb verpachtet haben;

  • bei mehrjährigen Verlusten oder

  • bei im Verhältnis zu den wiederkehrenden Leistungen geringen Gewinnen des Unternehmens;

  • bei der Übertragung von begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen im Rahmen einer einheitlichen Vermögensübertragung (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 30 und 47).

1.5.3. Ertragsermittlung

Zu Erträgen führen grundsätzlich nur Einnahmen, die den Tatbestand einer Einkunftsart i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG erfüllen. Einnahmen aus einer Tätigkeit ohne Einkünfte- oder Gewinnerzielungsabsicht (→ Liebhaberei) sind daher nicht als Erträge zu beurteilen.

Versorgungsleistungen, die aus den laufenden Nettoerträgen eines übergebenden Betriebs erbracht werden können, sind – entgegen des BFH-Beschlusses vom 12.5.2003 (BStBl II 2004, 100) – auch dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn der übergebende Betrieb nicht über einen ausreichenden Unternehmenswert verfügt (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 31).

Die Erträge des übergebenen Vermögens sind auf der Grundlage der steuerlichen Einkünfte wie folgt zu ermitteln:

Einkünfte – Gewinne – der maßgeblichen Einkunftsart

+

Absetzung für Abnutzung

+

erhöhte Absetzungen

+

Sonderabschreibungen

+

außerordentliche Aufwendungen, z.B. größere Erhaltungsaufwendungen, die nicht jährlich üblicherweise anfallen

+

Nutzungsvorteile des Übernehmers aus ersparten Nettomietaufwendungen

=

erzielbarer Nettoerträge

Abb.: Ertragsermittlung

Der erzielbare Nettoertrag ist mit den steuerlichen Einkünften nicht identisch. Eine Kürzung des Ertrags um den Unternehmerlohn kommt nicht in Betracht (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 32).

Der durchschnittliche jährliche Ertrag ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Vermögensübergabe zu ermitteln (s.a. BFH Urteil vom 13.12.2005, X R 61/01, BStBl II 2008, 16). Für die Ermittlung des durchschnittlichen Ertrags sind aus Vereinfachungsgründen die Einkünfte des Jahres der Vermögensübergabe und der beiden vorangegangenen Jahre heranzuziehen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 34). Dem Vermögensübernehmer wird jedoch die Nachweispflicht zugebilligt, dass das übergebene Vermögen unter seiner Regie höhere – ausreichende – Erträge erwarten lässt. Reicht der durchschnittliche jährliche Ertrag nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Vermögensübergabe nicht aus, um die jährliche Versorgungsleistung zu erbringen, wird eine begünstigte Vermögensübertragung akzeptiert, wenn der Übernehmer nachweist, dass für die Zukunft ausreichend hohe Nettoerträge zu erwarten sind. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn die durchschnittlichen Erträge des Jahres der Vermögensübergabe und der beiden folgenden Jahre ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen. Die Veranlagungen sind insoweit sowohl beim Übergeber als auch beim Übernehmer ab dem Jahr der Vermögensübergabe vorläufig nach § 165 AO vorzunehmen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 35).

Bei der Übertragung von GmbH-Anteilen mindert das Gesellschafter-Geschäftsführergehalt des Vermögensübergebers nicht die maßgebenden Erträge, wenn die Ertragsermittlung nach dem Durchschnitt der der Vermögensübergabe vorangegangenen Jahre (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 34) durchgeführt wird. Wird die Ertragsermittlung nach dem Durchschnitt der der Vermögensübergabe folgenden Jahre durchgeführt, mindert das Gesellschafter-Geschäftsführergehalt des Vermögensübernehmers nicht die maßgeblichen Erträge (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 32). Notfalls muss im Jahr der Vermögensübergabe das Gesellschafter-Geschäftsführergehalt des Übernehmers und des Übergebers jeweils anteilig dem Gewinn hinzugerechnet werden.

Bei der Ermittlung der Erträge aus dem GmbH-Anteil ist nicht auf die tatsächlich ausgeschütteten, sondern auf die ausschüttungsfähigen Gewinne abzustellen (BFH vom 21.7.2004 X R 44/01, BStBl II 2005, 133). Maßgeblich ist dabei der ausschüttungsfähige Gewinn, der dem Anteil der übertragenen GmbH-Beteiligung entspricht (mindestens 50 %).

1.6. Vermögensumschichtungen

1.6.1. Grundsatz der Beendigung der begünstigten Vermögensübertragung

Der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der begünstigten Vermögensübertragung endet grundsätzlich, wenn der Übernehmer den Betrieb aufgibt oder das übernommene Vermögen dem Übernehmer steuerrechtlich nicht mehr zuzurechnen ist. Die im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung vereinbarten wiederkehrenden Leistungen zwischen dem Übergeber und dem Übernehmer sind ab diesem Zeitpunkt Unterhaltsleistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG und dürfen beim Übernehmer nicht mehr als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG abgezogen werden. Beim Übergeber sind sie nicht mehr nach § 22 Nr. 1a EStG steuerbar (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 37).

1.6.2. Umschichtungsvorgänge

Die folgende Übersicht zeigt die verschiedenen Umschichtungsvorgänge und deren Behandlung.

Übernehmer

Fall

erhält

1

nicht begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG; z.B. Mietwohngrundstück.

schichtet um in begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG; z.B. Gewerbebetrieb oder Mitunternehmeranteil oder mindestens 50 %ige GmbH-Beteiligung mit Geschäftsführertätigkeit.

Vor und nach der Umschichtung liegt keine begünstigte Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen vor (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 36). Der sachliche Zusammenhang mit begünstigtem Vermögen soll auch dann nicht entstehen, wenn sich der Übernehmer bereits im Übergabevertrag verpflichtet, das nicht begünstigte Vermögen in begünstigtes Vermögen umzuschichten.

2

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

Übernehmer Ü überträgt seinerseits das übernommene Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an Sohn S (Enkel des V) weiter.

a.

Übernehmer S zahlt an Großvater V lebenslänglich wiederkehrende Versorgungsleistungen.

Es liegen weiterhin Versorgungsleistungen vor, die S (Enkel) als Sonderausgaben abziehen kann. V (Großvater) muss die Leistungen weiterhin nach § 22 Nr. 1a EStG versteuern.

b.

Übernehmer S (Sohn) zahlt Versorgungsleistungen an Übergeber Ü (Vater), dieser zahlt wie bisher an V.

Geht die Versorgungsverpflichtung nicht mit über, können die Versorgungsleistungen weiterhin abgezogen werden, wenn der Übernehmer diese aus ihm im Rahmen der weiteren Vermögensübertragung seinerseits eingeräumten Versorgungsleistungen bewirken kann (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 38 und Rz. 50; s.a. das Beispiel in Rz. 39).

3

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

überträgt Teile des begünstigt übernommenen Vermögens auf Dritte. Ü entrichtet weiterhin die Versorgungsleistungen an V.

Die nach der Übertragung entrichteten wiederkehrenden Leistungen an den Übergeber können weiterhin als Versorgungsleistungen zu beurteilen sein. Voraussetzung ist, dass der nicht übertragene Teil des übernommenen Vermögens nach der Übertragung auf den Dritten ausreichende Erträge abwirft, um die Versorgungsleistungen zu finanzieren, und weiterhin begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG vorliegt. Maßgebend für die Beurteilung sind die Erträge ab dem Zeitpunkt, ab dem der übertragene Vermögensteil dem Übernehmer steuerrechtlich nicht mehr zuzurechnen ist (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 40).

Werden wesentliche Teile einer übertragenen Sachgesamtheit nach der Vermögensübergabe veräußert, ist anhand einer neuen Ertragsprognose zu prüfen, ob die Versorgungsleistungen weiterhin von den Nettoerträgen des verbleibenden Vermögens gedeckt werden (BFH Urteil vom 17.3.2010, X R 38/06, BStBl II 2011, 622).

4

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

überträgt das begünstigt übernommene Vermögen auf Dritte und erwirbt mit dem Erlös zeitnah anderes begünstigtes Vermögen. Ü entrichtet weiterhin die Versorgungsleistungen an V.

a.

Der Erlös aus der Veräußerung wird nur zum Teil zur Anschaffung verwendet.

Die nach der Übertragung an den Übergeber entrichteten wiederkehrenden Leistungen sind weiterhin Versorgungsleistungen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 41), wenn die wiederkehrenden Leistungen durch die Erträge aus dem neu angeschafften Vermögen abgedeckt werden.

b.

Der gesamte Erlös aus der Veräußerung reicht zur Anschaffung des neuen Vermögens nicht aus; der Übernehmer wendet bei der Umschichtung zusätzlich eigene Mittel zur Anschaffung auf.

Die nach der Übertragung an den Übergeber entrichteten wiederkehrenden Leistungen sind weiterhin Versorgungsleistungen, wenn der auf den reinvestierten Veräußerungserlös entfallende Anteil an den Erträgen ausreicht, um die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen zu erbringen.

Maßgebend für die Beurteilung sind die Erträge ab dem Zeitpunkt der Anschaffung dieses Vermögens (nachträgliche Umschichtung). Von ausreichenden Erträgen kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn die durchschnittlichen Erträge des Jahres der nachträglichen Umschichtung und der beiden folgenden Jahre ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen. Die Veranlagungen sind insoweit sowohl beim Übergeber als auch beim Übernehmer in dem Jahr der Umschichtung und in den beiden Folgejahren vorläufig gem. § 165 AO vorzunehmen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 41 sowie BFH Urteil vom 17.3.2010, X R 38/06, BStBl II 2011, 622).

5

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

überträgt das begünstigt übernommene Vermögen auf Dritte und überlässt den Verkaufserlös z.B. ihrem Ehemann zur Verwendung in dessen land- und forstwirtschaftlichem Betrieb.

Wird der Veräußerungserlös des überlassenen Vermögens nicht zur Finanzierung anderer Vermögensgegenstände verwendet, sondern lediglich einem anderen zur Verwendung in dessen Betriebsvermögen überlassen, ohne dass dem Übernehmer hierfür Gesellschaftsrechte oder ein anderer Gegenwert gewährt werden, stehen – gleichgültig ob es sich um das Betriebsvermögen des Ehegatten des Vermögensübernehmers oder einer dritten Person handelt – die Versorgungsleistungen bei wertender Betrachtung nicht mehr im Zusammenhang mit der Übertragung des Vermögens (BFH Urteil vom 8.12.2010, X R 35/10, BFH/NV 2011, 782, LEXinform 0928011). Dem Stpfl. kann kein Ersatzwirtschaftsgut zugerechnet werden, das als »unentgeltlich erworben« angesehen werden könnte. Vielmehr hat die Stpfl. (Ehefrau) ihrem Ehemann den Veräußerungserlös der von den Eltern überlassenen begünstigten Wirtschaftsgüter unentgeltlich zugewendet. Die Zahlungen der Ehefrau sind nach der Veräußerung der begünstigten Wirtschaftsgüter Unterhaltsleistungen i.S.v. § 12 Nr. 2 EStG, denn die steuerrechtliche Zurechnung der Versorgungsleistungen zu den wiederkehrenden Bezügen und Sonderausgaben beruht auf dem Umstand, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen. Mit der Veräußerung des überlassenen Vermögens endet der Transfer vorbehaltener Erträge, wenn der Übernehmer bei Umschichtung keine ausreichend ertragbringenden Wirtschaftsgüter erhält. Die Leistungen und Bezüge sind folglich nicht mehr als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) abziehbar und daher beim Berechtigten nicht steuerbar (§ 22 Nr. 1a EStG).

6

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

Übernehmer Ü bringt Betrieb oder Mitunternehmeranteil nach § 20 UmwStG in eine GmbH ein (Einbringung). Ü erhält dafür neue Anteile an der GmbH.

Die GmbH kann das eingebrachte Vermögen mindestens mit dem Buchwert, höchstens mit dem gemeinen Wert ansetzen (§ 20 Abs. 2 UmwStG).

Nach der Einbringung in die GmbH endet der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der begünstigten Vermögensübertragung nicht, wenn nach der Einbringung die übrigen Voraussetzungen einer begünstigten Vermögensübergabe erfüllt sind. Ü muss also zu mindestens 50 % an der GmbH beteiligt und deren Geschäftsführer sein. Unmaßgeblich ist, mit welchem Wert das eingebrachte Vermögen bei der übernehmenden Gesellschaft angesetzt wird.

7

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

Lösung s. Fall 6.

Übernehmer Ü bringt die begünstigten GmbH-Anteile (mindestens 50 %) gegen Gewährung neuer Anteile in eine GmbH ein (Anteilstausch i.S.d. § 21 UmwStG).

8

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a und/oder Buchst. b EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

Übernehmer Ü bringt Betrieb oder Mitunternehmeranteil nach § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft ein (Einbringung). Ü wird dafür Mitunternehmer an der Gesellschaft.

Die Gesellschaft kann das eingebrachte Vermögen mindestens mit dem Buchwert, höchstens mit dem gemeinen Wert ansetzen (§ 24 Abs. 2 UmwStG).

Nach der Einbringung in die Personengesellschaft endet der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der begünstigten Vermögensübertragung nicht, wenn nach der Einbringung die übrigen Voraussetzungen einer begünstigten Vermögensübergabe erfüllt sind.

Unmaßgeblich ist, mit welchem Wert das eingebrachte Vermögen bei der übernehmenden Gesellschaft angesetzt wird.

9

Die Grundsätze der Fälle 6 bis 7 gelten auch für die formwechselnde Umwandlung oder Verschmelzung von Personengesellschaften.

10

begünstigtes Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG gegen wiederkehrende lebenslängliche Versorgungsleistungen. Übernehmer Ü zahlt an Übergeber V (Vater). Ü macht den Sonderausgabenabzug geltend, V versteuert die Rentenzahlungen nach § 22 Nr. 1a EStG.

Die Mitunternehmerschaft wird nach § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG real geteilt. Die Realteilung ist durch den auf der Ebene der Mitunternehmerschaft verwirklichten Tatbestand der Betriebsaufgabe gekennzeichnet. Zur Definition der Realteilung s. BMF vom 28.2.2006, BStBl I 2006, 228 – Realteilungserlass –).

Im Fall der Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG) wird der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der begünstigten Vermögensübertragung nur dann nicht beendet, wenn der Vermögensübernehmer einen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil erhält und nach der Realteilung die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen der einer begünstigten Wirtschaftseinheit erfüllt sind (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 43).

Abb.: Behandlung der Umschichtungsvorgänge

1.7. Form, Inhalt und Durchführung des Vertrages

Damit (als Sonderausgaben abzugsfähige) Versorgungsleistungen vorliegen können, sind noch weitere Voraussetzungen zu prüfen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 59 ff.):

  • Erfüllt der Vertrag die Anforderungen an Verträge zwischen nahen Angehörigen?

  • Sind die Leistungen lebenslänglich und ohne Mindestlaufzeit zu erbringen?

  • Ist Gegenstand der Übertragung ausreichend ertragbringendes Vermögen?

  • Gehören der Vermögensübernehmer und der Empfänger der Leistungen zum versorgungsbedürftigen Generationenverbund?

Der Versorgungsvertrag entspricht nur dann den Anforderungen, die die Rspr. an Verträge unter nahen Angehörigen stellt, wenn die Formerfordernisse nach Zivilrecht beachtet wurden. Der Vertrag muss einen Mindestbestand an vertraglichen Vereinbarungen beinhalten (Vertrag muss konkrete Angaben zum Umfang des übertragenen Vermögens, zur Höhe der Versorgungsleistungen und zur Art und Weise der Zahlungen enthalten). Es müssen klare und eindeutige Vereinbarungen für die Zukunft getroffen sein. Die Vereinbarungen müssen zu Beginn des Rechtsverhältnisses getroffen werden; rückwirkende Vereinbarungen sind nicht anzuerkennen. Vertragsänderungen, z.B. Erhöhung der Versorgungsleistungen, Aufnahme der Abänderungsklausel, sind nur beim Vorliegen von sachlichen Gründen anzuerkennen.

Einigen sich die Vertragsbeteiligten auf ein in Anbetracht des gestiegenen Versorgungsbedürfnisses – z.B. wegen des Umzugs des Versorgungsberechtigten in ein Pflegeheim – neues Versorgungskonzept, sind Zahlungen, die ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus dem Ertrag des übergebenen Vermögens erbracht werden können, freiwillige Leistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG. Um freiwillige Leistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG handelt es sich auch, soweit die Zahlungen zwar aus dem Ertrag des übergebenen Vermögens erbracht werden können, aber die Anpassung der wiederkehrenden Leistungen zwecks Übernahme eines Pflegerisikos im ursprünglichen Übertragungsvertrag ausdrücklich ausgeschlossen war.

Werden die Versorgungsleistungen im Fall einer erheblichen Ertragsminderung infolge einer Betriebsverpachtung nicht angepasst, obwohl die Abänderbarkeit aufgrund wesentlich veränderter Bedingungen vertraglich nicht ausgeschlossen war, sind die die dauerhaften Erträge übersteigenden Zahlungen freiwillige Leistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 61 und 62).

Änderungen eines Versorgungsvertrags können nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie von den Vertragsparteien schriftlich fixiert worden sind. Werden die auf der Grundlage eines Vermögensübergabevertrags geschuldeten Versorgungsleistungen »willkürlich« ausgesetzt, so dass die Versorgung des Übergebers gefährdet ist, sind die weiteren Zahlungen auch nach Wiederaufnahme der ursprünglich vereinbarten Leistungen nicht als Sonderausgaben abziehbar (BFH Urteil vom 15.9.2010, X R 13/09, BStBl II 2011, 641; s.a. → Vorweggenommene Erbfolge).

Es muss dem Abzug von Versorgungsleistungen nicht entgegenstehen, wenn eine vertraglich vereinbarte Erhöhung des bar zu zahlenden Teils der Altenteilsleistungen, die zum 65. Lebensjahr des Berechtigten vorgenommen werden soll, unterbleibt, weil sie schlicht vergessen wurde. Bei Versorgungsverträgen, deren Abänderbarkeit bereits aus der Rechtsnatur des Vertrags folgt, ist vielmehr entscheidend, ob eine Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen darauf hindeutet, dass es den Parteien an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlt (vgl. BFH vom 16.6.2021, X R 3/20, BFH/NV 2022, 252).

1.8. Das Korrespondenzprinzip

Im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung vereinbarte Versorgungsleistungen sind vom Berechtigten als Einkünfte nach § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern, wenn der Verpflichtete zum Abzug der Leistungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG berechtigt ist. Es kommt nicht darauf an, dass sich die wiederkehrenden Leistungen auch tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben.

Versorgungsleistungen anlässlich einer begünstigten Vermögensübertragung sind beim Empfänger in vollem Umfang steuerpflichtig und beim Verpflichteten in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die wiederkehrenden Versorgungsleistungen in Form von Renten oder dauernden Lasten vereinbart sind. Bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 22 Nr. 1a EStG ist § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG anzuwenden (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 51 und 52).

Die folgende Übersicht zeigt die weiteren Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Versorgungsleistungen.

Vermögensübergeber

Vermögensübernehmer

Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1a EStG

Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG

Der Vermögensübergeber als Empfänger der Versorgungsleistungen muss unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein.

Eine Ausnahme gilt in den Fällen des § 1a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG: Ist der Vermögensübernehmer Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, und ist er nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, sind Versorgungsleistungen auch dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Empfänger (Vermögensübergeber) nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass der Empfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines Staates hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und dass die Besteuerung der Versorgungsleistungen beim Empfänger durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.

Versorgungsleistungen, die mit steuerbefreiten Einkünften des Übernehmers, z.B. aufgrund eines DBA, in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, können nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden. § 3 Nr. 40, § 3 Nr. 40a und § 32d EStG stehen der Abziehbarkeit der Versorgungsleistungen nicht entgegen.

Ist der Vermögensübernehmer in Deutschland nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, kann er die wiederkehrenden Leistungen nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG abziehen (§ 50 Abs. 1 Satz 3 EStG). In diesem Fall hat der Empfänger der Versorgungsleistungen die wiederkehrenden Leistungen nicht zu versteuern (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 55). S.a. das EuGH-Urteil vom 31.3.2011 (C-450/09, DStR 2011, 664, LEXinform 0589259), wonach § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG gegen den freien Kapitalverkehr verstößt (s.u.).

Sind die persönlichen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt, weil z.B. der Vermögensübernehmer nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, liegen hinsichtlich der wiederkehrenden Leistungen nichtabziehbare Unterhaltsleistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG vor.

Der Empfänger hat die Versorgungsleistungen nicht zu versteuern.

Umgekehrt werden aus Unterhaltsleistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG ab dem Zeitpunkt Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG, ab dem die persönlichen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug erfüllt sind, z.B. bei Beginn der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Vermögensübernehmers (s.a. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 54 und 55).

Abb.: Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Versorgungsleistungen

Soweit das deutsche Einkommensteuerrecht einem unbeschränkt Stpfl. erlaubt, wiederkehrende Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung stehen, als Sonderausgaben abzuziehen, beschränkt Stpfl. einen solchen Abzug jedoch verwehrt (§ 50 Abs. 1 Satz 3 EStG), stellt dies eine unzulässige Beschränkung des freien Kapitalverkehrs (§ 63 AEUV) dar (EuGH Urteil vom 31.3.2011, C-450/09, DStR 2011, 664, LEXinform 0589259).

Hinweis:

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV oder AEU-Vertrag) ist einer der Gründungsverträge der EU. Zur konsolidierten Fassung des AEUV s. Amtsblatt der EU vom 9.5.2008 (C-115/47).

Mit Beschluss vom 14.5.2013 (I R 49/12, BStBl II 2014, 22) hat der BFH dem EuGH (C-559/13, LEXinform 0589493) die Frage vorgelegt, ob der Abzugsausschluss für Versorgungsleistungen bei beschränkter Steuerpflicht (§ 50 Abs. 1 Satz 3 EStG) unionsrechtswidrig ist.

Die Frage lautet: »Steht Art. 63 AEUV der Regelung eines Mitgliedstaates entgegen, nach welcher private Versorgungsleistungen gebietsfremder Steuerpflichtiger, die im Zusammenhang mit einer Übertragung von ertragbringendem inländischen Vermögen im Zuge einer sog. vorweggenommenen Erbfolge stehen, nicht abzugsfähig sind, während entsprechende Zahlungen bei unbeschränkter Steuerpflicht abzugsfähig sind, allerdings der Abzug eine korrespondierende Steuerpflicht beim (unbeschränkt steuerpflichtigen) Leistungsempfänger zur Folge hat?«

Nach dem EuGH-Urteil vom 24.2.2015 (C–559/13 »Josef Grünewald«, BStBl II 2015, 1071) verstößt die Regelung des § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG gegen Europarecht, soweit sie einem gebietsfremden Stpfl. mit inländischen gewerblichen Einkünften verwehrt, von diesen Einkünften die Versorgungsleistungen abzuziehen, die er als Gegenleistung für die Übertragung der entsprechenden Einnahmequelle gezahlt hat (Anmerkungen vom 24.2.2015, LEXinform 0401903 und vom 13.3.2015, LEXinform 0880026).

Unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 24.2.2015 (C–559/13, BStBl II 2015, 1071) und im Hinblick auf eine gesetzliche Neuregelung des § 50 Abs. 1 EStG für den Abzug von Versorgungsleistungen als Sonderausgaben bei beschränkt Steuerpflichtigen sowie für die Besteuerung der Versorgungsleistungen beim Empfänger, gilt nach dem BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 18.12.2015 (BStBl I 2015, 1088) Folgendes:

Der Sonderausgabenabzug für Versorgungsleistungen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG ist im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung auch beschränkt Steuerpflichtigen zu gewähren (auch wenn diese in einem Drittstaat ansässig sind). Dies gilt in allen noch offenen Fällen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG ansonsten erfüllt sind.

Die Versorgungsleistung ist beim unbeschränkt steuerpflichtigen Empfänger in den Fällen, in denen sich der Sonderausgabenabzug entgegen § 50 Abs. 1 EStG ausschließlich aufgrund dieses Schreibens ergibt, nicht steuerpflichtig.

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinien und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016 (BGBl I 2016, 3045) wurde ab 1.1.2017 § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG entsprechend geändert. Durch das JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird aus dem bisherigen Satz 3 der Satz 4.

Beispiel 6:

Vater V (59. Lebensjahr vollendet) überträgt sein Einzelunternehmen zum 1.1.2010 an seinen Sohn S (Wert des Betriebs 380 000 €, Buchwert 150 000 €). S soll als Gegenleistung zahlen:

  1. eine monatliche Leibrente an V i.H.v. 2 392 €;

  2. eine Abstandszahlung an V i.H.v. 180 000 €;

  3. eine monatliche Leibrente an V i.H.v. 2 392 € und zusätzlich eine Abstandszahlung an V i.H.v. 90 000 €;

  4. eine monatliche Leibrente an seine Schwester T i.H.v. 2 392 €. Die Rente erlischt mit dem Tod des V. Die Rente dient als Ausgleichszahlung dafür, dass S den Betrieb erhalten hat.

Lösung 6:

  1. Es handelt sich um die Übertragung einer Wirtschaftseinheit i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. b EStG.

    Bei einer Vermögensübertragung an Angehörige spricht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die wiederkehrenden Leistungen unabhängig vom Wert des übertragenen Vermögens nach dem Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen worden sind (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 5).

    Versorgungsleistungen sind gegeben, wenn es sich um wiederkehrende Leistungen handelt, die auf die Lebenszeit des Empfängers gezahlt werden.

    Es muss sich um eine ertragbringende Wirtschaftseinheit handeln (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 26 ff.). Für die Wirtschaftseinheiten des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG gelten grundsätzlich die Beweiserleichterungen nach Rz. 29 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227). Eine Ertragsermittlung ist somit nicht durchzuführen.

    Da die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfüllt sind, handelt es sich um eine voll unentgeltliche Übertragung eines Betriebs. Der Betrieb geht insgesamt zu Buchwerten auf S über (§ 6 Abs. 3 EStG). V muss zwar keinen Veräußerungsgewinn (§ 16 EStG) versteuern, er muss aber die wiederkehrenden Leistungen in voller Höhe (12 × 2 392 € = 28 704 €) gem. § 22 Nr. 1a EStG ansetzen. S kann die wiederkehrenden Leistungen nach dem Korrespondenzprinzip (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 51 ff.) in voller Höhe (28 704 €) nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG als Sonderausgaben geltend machen.

  2. Die Voraussetzungen einer begünstigten unentgeltlichen Vermögensübertragung liegen nicht vor, da keine Versorgungsleistungen erbracht werden. Versorgungsleistungen sind nur wiederkehrende Leistungen, die auf die Lebenszeit des Empfängers gezahlt werden (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 56 und 57). Es gelten die Grundsätze der entgeltlichen Vermögensübertragung.

    Für die einmalige Abstandszahlung gilt die Einheitstheorie (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 35 ff.; → Vorweggenommene Erbfolge, Gliederungspunkt »Einheitstheorie«). Da die Einmalzahlung i.H.v. 180 000 € das Kapitalkonto i.H.v. 150 000 € übersteigt, handelt es sich um einen entgeltlichen Vorgang. Nach § 16 Abs. 2 EStG beträgt der Veräußerungsgewinn des V 30 000 €. Nach Abzug des ungekürzten Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG beträgt der Gewinn 0 €.

    Der Sohn S tätigt einen entgeltlichen Erwerb, der zu einer Aufstockung der Buchwerte um die aufgedeckten stillen Reserven führt (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

  3. Hinsichtlich der monatlichen Leibrente s. Lösung Fall a).

    Hinsichtlich der Abstandszahlung s. Lösung Fall b), bis auf folgende Ausnahme:

    Nach der Einheitstheorie übersteigt die Einmalzahlung i.H.v. 90 000 € nicht das Kapitalkonto i.H.v. 150 000 €. Nach Rz. 38 des BMF-Schreibens vom 13.1.1993 (BStBl I 1993, 80) hat S die Buchwerte fortzuführen. Es handelt sich somit insgesamt um einen unentgeltlichen Vorgang.

    Wie im Fall a) muss V die wiederkehrenden Leistungen in voller Höhe (12 × 2 392 € = 28 704 €) gem. § 22 Nr. 1a EStG ansetzen. S kann die wiederkehrenden Leistungen nach dem Korrespondenzprinzip (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 51 ff.) in voller Höhe (28 704 €) nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG als Sonderausgaben geltend machen.

    Der feste Kaufpreis i.H.v. 90 000 € führt beim Vater zu nicht steuerbaren Einnahmen (Geldschenkung durch den Sohn). Beim Sohn führt der Kaufpreis von 90 000 € zu einer betrieblichen Schuld.

  4. Es liegen keine privaten Versorgungsleistungen vor. Sind Empfänger der wiederkehrenden Leistungen die Geschwister des Übernehmers, besteht die widerlegbare Vermutung, dass diese nicht versorgt, sondern gleichgestellt werden sollen (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 50). Es gelten die Grundsätze der entgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen.

    I.H.d. Rentenbarwerts (28 704 € × 12,845 – Vervielfältiger [BMF vom 1.10.2009, BStBl I 2009, 1168] =) 368 702 € liegt ein Entgelt vor, das nach der Einheitstheorie den Buchwert übersteigt, so dass insgesamt eine Veräußerung durch V an S vorliegt. Der Veräußerungsgewinn des V beträgt (368 702 € abzgl. 150 000 € =) 218 702 € nach § 16 Abs. 2 EStG. Der Gewinn ist im Wege des abgekürzten Zahlungsweges bei V zu erfassen.

    V kann auch hinsichtlich der Veräußerungsleibrente die Zuflussbesteuerung nach R 16 Abs. 11 EStR wählen.

    Die im Wege des abgekürzten Zahlungsweges bei T zufließenden Rentenzahlungen sind nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht als Einkünfte zu erfassen und bei V nach § 12 Nr. 2 EStG als Kosten der Lebensführung nicht abzugsfähig.

2. Versorgungsleistungen aus privaten Altersvorsorgeverträgen

Die steuerliche Erfassung der Leistungen aus privaten Altersvorsorgeverträgen i.S.d. § 82 Abs. 1 EStG erfolgt nach § 22 Nr. 5 EStG i.d.F. des AVmG vom 26.6.2001 (BStBl I 2001, 420). Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistungen auf eigenen Beiträgen, auf Zulagen oder auf den in der Vertragslaufzeit erwirtschafteten Erträgen bzw. Wertsteigerungen beruhen. Zur nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG s.a. BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 126 ff.; → Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge.

3. Besteuerung bei Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung

3.1. Nachgelagerte Besteuerung

Nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG besteuert werden auch Leistungen aus Direktversicherungen, Pensionsfonds und Pensionskassen. Dies gilt jedoch nur, soweit diese Leistungen auf Altersvorsorgebeiträgen beruhen, auf die § 10a bzw. § 79 ff. EStG (→ Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge) und § 100 EStG oder § 3 Nr. 56, 63, 63a und Nr. 66 EStG (→ Steuerfreie Einnahmen nach dem EStG, ABC-Form) angewandt wurden (BMF vom 6.12.2017, BStBl I 2018, 147, Rz. 148, 154 sowie BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 126 f.). Soweit aus dem Altersvorsorgevertrag Leistungen zufließen, die nicht auf gefördertem Kapital beruhen, unterliegen die Leistungen bei Lebensversicherungsbeiträgen einschließlich Direktversicherungen, Pensionsfonds und Pensionskassen weiterhin der Ertragsanteilbesteuerung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG (§ 22 Nr. 5 Satz 2 EStG). Leistungen aus der Rürup-Rentenversicherung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG werden nach dem Kohortenprinzip des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG versteuert (→ Renten).

Durch das JStG 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) wird in § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG klargestellt, dass die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 62 EStG sich nicht auf Leistungen des ArbG i.S.d. § 3 Nr. 56 und 63 EStG bezieht.

Hinweis:

Zur Steuerfreiheit des § 3 Nr. 56 EStG s. die allgemeinen Grundsätze unter Rz. 76 bis 82 des BMF-Schreibens vom 6.12.2017 (BStBl I 2018, 147).

Zur Steuerfreiheit des § 3 Nr. 63 EStG s. die allgemeinen Grundsätze unter Rz. 23 bis 50 des BMF-Schreibens vom 6.12.2017 (BStBl I 2018, 147).

Die Steuerbefreiungen in § 3 Nr. 56, 63 und 63a EStG haben Vorrang. § 3 Nr. 56, 63 und 63a EStG geht hier dem Grunde und nicht nur der Höhe nach dem § 3 Nr. 62 EStG vor; die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG ist in den entsprechenden Fällen somit auch dann ausgeschlossen, wenn die Höchstbeträge des § 3 Nr. 56 und 63 EStG ausgeschöpft sind. Die Systematik bei der steuerlichen Behandlung von Altersvorsorgeleistungen und Altersbezügen bleibt durch die gesetzliche Klarstellung erhalten. Soweit es sich um Zukunftssicherungsleistungen auf Grund tarif- bzw. arbeitsvertraglicher Verpflichtung, kraft Satzung oder auf Grund von Geschäftsbedingungen der Versorgungseinrichtung handelt, hat die Konkurrenzregelung lediglich deklaratorische Bedeutung, d.h., es bleibt bei den nach herrschender Rechtsauffassung ohnehin ausschließlich anzuwendenden Nr. 56 und 63 des § 3 EStG; s.a. R 3.62 Abs. 1 Satz 4 LStR.

Mit Wirkung vom 1.1.2018 wurde durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17.8.2017 (BGBl I 2017, 3214) § 3 Nr. 63a EStG neu eingefügt.

§ 3 Nr. 63a EStG gilt für Zusatzbeiträge des ArbG i.S.d. § 23 Abs. 1 BetrAVG, die den einzelnen ArbN nicht unmittelbar gutgeschrieben oder zugerechnet, sondern zunächst zur Absicherung der reinen Beitragszusage genutzt werden. Diese Zusatzbeiträge bleiben im Zeitpunkt der Dotierung/Leistung des ArbG an die Versorgungseinrichtung steuerfrei. Soweit aus den nach § 3 Nr. 63a EStG steuerfreien Beiträgen dem ArbN später Versorgungsleistungen oder andere Vorteile zufließen, sind diese vollständig nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu besteuern (vgl. BMF vom 6.12.2017, BStBl I 2018, 147, Rz. 148 ff.).

Für Zusatzbeiträge des ArbG, die den einzelnen ArbN direkt gutgeschrieben bzw. zugerechnet werden, gelten hingegen die gleichen steuerlichen Regelungen wie für die übrigen Beiträge des ArbG im Rahmen des Kapitaldeckungsverfahrens an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung (z.B. Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG, Förderung nach § 10a/Abschnitt XI EStG beim ArbN; BMF vom 6.12.2017, BStBl I 2018, 147, Rz. 51 und 52).

3.2. BFH-Rechtsprechung vom 19.5.2021 zur doppelten Besteuerung von Renten

Der BFH hat mit zwei Entscheidung vom 19.5.2021 (X R 33/19, BFH/NV 2021, 992; Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BVerfG: 2 BvR 1140/21). sowie X R 20/19, BFH/NV 2021, 980; Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BVerfG: 2 BvR 1143/21). zahlreiche Streitfragen zum Problem der sog. doppelten Rentenbesteuerung geklärt.

In seinem Urteil X R 33/19 hat der BFH erstmals genaue Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zwar hatte die Revision des Klägers – der eine seit dem Jahr 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Rentenfreibetrag bezieht – keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich auf der Grundlage der Berechnungsvorgaben des BFH, dass spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird. Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren.

In seinem Urteil X R 20/19 hat der der BFH klargestellt, dass es bei Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung (kurz: privaten Renten), die – anders als gesetzliche Altersrenten – lediglich mit dem jeweiligen Ertragsanteil besteuert werden, systembedingt keine Doppelbesteuerung geben kann (→ Renten).

3.3. Versteuerung nach einer schädlichen Verwendung

Wird das in einem Altersvorsorgevertrag angesammelte Kapital vor Beginn der Auszahlungsphase schädlich verwendet (§ 93 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG), sind auch insoweit Erträge und etwaige Wertsteigerungen, die auf dem aus Eigenbeiträgen und Zulagen gebildeten Kapital beruhen, als sonstige Einkünfte zu besteuern (§ 22 Nr. 5 Satz 3 EStG; → Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge). Dies gilt auch, wenn nach Entnahme eines Altersvorsorge-Eigenheimbetrags eine schädliche Verwendung anzunehmen ist.

Mit Wirkung ab dem 1.1.2018 ist dem § 22 Nr. 5 EStG ein Satz 13 angefügt worden, wonach für Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen nach § 93 Abs. 3 EStG die in § 34 Abs. 1 EStG geregelte Steuersatzermäßigung entsprechend anzuwenden ist. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11286, 63), vor dem Inkrafttreten des § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG sei die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes nicht in Betracht gekommen, da eine Kapitalabfindung stets auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Anbieter und dem Stpfl. beruhe. Auch wenn dem eine gewisse Indizwirkung für die in früheren Jahren geltende Rechtslage beigemessen werden mag, ist nach Ansicht des BFH durch die Auslegung der im Streitjahr 2013 geltenden gesetzlichen Regelungen zu ermitteln, ob § 34 Abs. 1 EStG seinerzeit auf Kapitalauszahlungen nach § 93 Abs. 3 EStG anwendbar war oder nicht. Dabei kommt es auf die in Leitsatz 1 angesprochene »Außerordentlichkeit« der Kapitalabfindung an (BFH vom 11.6.2019, X R 7/18, BStBl II 2019, 583; Anmerkung vom 28.8.2019, LEXinform 0881745). Hierfür ist im Falle der Kapitalisierung von Altersbezügen entscheidend, dass eine solche Zusammenballung der Einkünfte in dem betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich nicht dem typischen Ablauf entspricht.

3.4. Besonderheiten bei Direktzusagen und Unterstützungskassen

Besonderheiten ergeben sich, wenn Versorgungsleistungen aus Direktzusagen des ArbG oder aus Unterstützungskassen erbracht werden, nachdem diese Versorgungseinrichtungen auf einen Pensionsfonds übertragen worden sind (→ Steuerfreie Einnahmen nach dem EStG, ABC-Form). Aus Vereinfachungsgründen wurde in diesen Fällen darauf verzichtet, die Besteuerung der Versorgungsleistungen als Arbeitslohn i.S.d. § 19 EStG beizubehalten. Dies hat zur Folge, dass bisher zu berücksichtigende Pauschbeträge nach § 9a Nr. 1 und § 19 Abs. 2 EStG nicht mehr zum Tragen kommen, da die Versorgungsleistungen jetzt als sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu erfassen sind. Für Bestandsrentner, die bereits im Umwandlungszeitpunkt Leistungen aus der Versorgungseinrichtung beziehen, sind die o.g. Pauschbeträge bei den Einnahmen nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG weiterhin zu berücksichtigen. Im Ergebnis wird die Besteuerung nach alter Rechtslage beibehalten (§ 22 Nr. 5 Satz 11 EStG; BMF vom 6.12.2017, BStBl I 2018, 147, Rz. 160 ff.).

3.5. Überblick über die Besteuerung von Versorgungsleistungen

Abb.: Steuerliche Behandlung der Versorgungsleistungen

Zur Besteuerung von Leibrenten ab 2005 s. → Renten. S.a. oben den Gliederungspunkt »BFH-Rechtsprechung vom 19.5.2021 zur doppelten Besteuerung von Renten«.

4. Überblick über die nach § 22 Nr. 5 EStG zu versteuernden Leistungen

Das BMF-Schreiben vom 2.10.2019 (BStBl I 2019, 978) zum amtlichen Vordruck nach § 22 Nr. 5 Satz 7 EStG enthält eine Zusammenfassung der Leistungen, die nach § 22 Nr. 5 EStG der Besteuerung unterliegen. Der Vordruck ist erstmals zur Bescheinigung von Leistungen des Kj. 2019 zu verwenden. Ab 1.1.2020 kann die Mitteilung nach § 22 Nr. 5 Satz 7 EStG mit Einverständnis der Stpfl. auch elektronisch bereitgestellt werden (Ergänzung des § 22 Nr. 5 Satz 7 EStG durch das Dritte Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie – Drittes Bürokratieentlastungsgesetz – vom 22.11.2019, BGBl I 2019, 1746).

Geförderte Beiträge i.S.d. § 22 Nr. 5 EStG sind dabei (s.a. BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 126 ff. und BMF vom 6.12.2017, BStBl I 2018, 147, Rz. 148 ff.)

  • Beiträge, auf die § 3 Nr. 63, Nr. 63a, § 10a, Abschn. XI oder XII EStG angewendet wurden,

  • steuerfreie Leistungen nach § 3 Nr. 55b Satz 1, 55c (→ Scheidung) oder 66 EStG,

  • steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG.

Zu den nicht geförderten Beiträgen gehören Beträge,

  • die zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags in einem Beitragsjahr eingezahlt werden, in dem der Anleger nicht zum begünstigten Personenkreis gehört,

  • für die er keine Altersvorsorgezulage und keinen steuerlichen Vorteil aus dem Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG erhalten hat oder

  • die den Höchstbetrag nach § 10a EStG abzüglich der individuell für das Beitragsjahr zustehenden Zulage übersteigen (Überzahlungen), sofern es sich nicht um den Sockelbetrag handelt (BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 134).

Gefördertes Kapital ist Kapital, das auf geförderten Beträgen und Zulagen i.S.d. Abschnitts XI EStG beruht.

Der Besteuerung der unterschiedlichen Versorgungsleistungen richtet sich nach den Regelungen des § 22 Nr. 5 EStG. Die unterschiedlichen Besteuerungsarten werden in den nachfolgenden Nummern kurz dargestellt. Zur nachgelagerten Besteuerung s.a. BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 126 ff.

  1. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG. Es handelt sich um Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag i.S.d. § 82 EStG, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder aus einer Direktversicherung, soweit die Leistungen auf gefördertem Kapital beruhen (→ Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge). Die Leistungen unterliegen in vollem Umfang der Besteuerung. S.a. BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 137 und 138.

    Nach dem BFH-Urteil vom 20.9.2016 (X R 23/15, BStBl II 2017, 347; Pressemitteilung des BFH Nr. 2/2017 vom 11.1.2017, LEXinform 0445702) tritt die volle Einkommensteuerpflicht von Leistungen aus Pensionskassen nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG schon dann ein, wenn die früheren Beitragszahlungen tatsächlich nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei gestellt waren. Ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG bei materiell-rechtlich zutreffender Betrachtung objektiv vorgelegen haben, ist für die Steuerpflicht der Leistungen ohne Belang. Die einmalige Kapitalabfindung laufender Ansprüche gegen eine der betrieblichen Altersversorgung dienende Pensionskasse unterliegt jedenfalls dann dem regulären Einkommensteuertarif, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war. Es handelt sich nicht um ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte (Anmerkung vom 17.1.2017, LEXinform 0653091).

    Ein einmaliges Sterbegeld aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) ist auch dann nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG einkommensteuerpflichtig, wenn es mangels lebender Bezugsberechtigter nicht an die Bezugsberechtigten i.S.d. BetrAVG, sondern ersatzweise an die Erben gezahlt wird (BFH vom 5.11.2019, X R 38/18, BFH/NV 2020, 673, LEXinform 0952226).

  2. § 22 Nr. 5 Satz 1 i.V.m. Satz 11 EStG (in Nr. 1 nicht enthalten). Leistungen aus einem Pensionsfonds, wenn laufende Versorgungsleistungen auf Grund einer Versorgungszusage in Form einer Direktzusage oder aus einer Unterstützungskasse bezogen wurden und die Ansprüche steuerfrei nach § 3 Nr. 66 EStG auf einen Pensionsfonds übertragen wurden. Die bescheinigten Leistungen unterliegen in vollem Umfang der Besteuerung. Das FA gewährt jedoch einen Pauschbetrag für Werbungskosten nach § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG sowie den Versorgungsfreibetrag und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen; die Abzugsbeträge werden einkunftsübergreifend im Verhältnis der Einnahmen berücksichtigt.

    Der Anbieter kann auf freiwilliger Basis zusätzlich die Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag, das maßgebende Kj. des Versorgungsbeginns und den Beginn und das Ende einer unterjährigen Zahlung angeben.

  3. § 22 Nr. 5 Satz 1 i.V.m. § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG (in Nr. 1 nicht enthalten): Es handelt sich um Leistungen zur Abfindung einer Kleinbetragsrente aus zertifizierten Altersvorsorgeverträgen nach § 93 Abs. 3 EStG. Auf die bescheinigte Leistung wird das FA § 34 Abs. 1 EStG entsprechend anwenden.

  4. § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Es handelt sich um Leistungen aus einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung, soweit sie auf nicht gefördertem Kapital beruhen und für die die Voraussetzungen der Basisrente gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllt sind (zertifiziert nach § 5a AltZertG). Die der Leistung zu Grunde liegende Versorgungszusage wurde nach dem 31.12.2004 erteilt (Neuzusage). Die Besteuerung erfolgt nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG wie die Besteuerung einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Kohorte; → Renten).

    Renten, die wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt werden, sowie Hinterbliebenenrenten, sofern die dafür entrichteten Versicherungsbeiträge im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen steuermindernd berücksichtigt wurden, werden ebenfalls nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG versteuert. S.a. BMF vom 6.12.2017, BStBl I 2018, 147, Rz. 150 f.

    Leibrenten und andere Leistungen, die aus Rentenversicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erbracht werden, sind nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu versteuern. Einmalige Leistungen (z.B. Kapitalauszahlungen) unterliegen ebenfalls der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (s.a. BMF vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 204). Einmalige Leistungen können z.B. im Zusammenhang mit einem Versorgungsausgleich bei einer Scheidung im Rahmen einer externen Teilung (→ Scheidung) erbracht werden.

  5. § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ggf. i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 EStDV. Es handelt sich um eine lebenslange Leibrente aus einem Altersvorsorgevertrag i.S.d. § 82 EStG, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung, soweit sie auf nicht gefördertem Kapital beruht. Die Leibrente fließt aus einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag oder die der Leibrente zu Grunde liegende Versorgungszusage wurde vor dem 1.1.2005 erteilt (Altzusage; § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG; → Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen) oder die Versorgungszusage erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG. In diesen Fällen unterliegt die Rente der Besteuerung mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG; → Renten; bei einem Rentenbeginn vor dem 1.1.1955 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 EStDV). Erfasst werden auch Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten (s. BMF vom 6.12.2017, BStBl I 2018, 147, Rz. 150 bis 153). S.a. oben den Gliederungspunkt »BFH-Rechtsprechung vom 19.5.2021 zur doppelten Besteuerung von Renten«.

  6. § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 5 i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV ggf. i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 EStDV. Es handelt sich um eine abgekürzte Leibrente (Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- oder nicht lebenslang gezahlte Hinterbliebenenrente) aus einem Altersvorsorgevertrag i.S.d. § 82 EStG, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung, soweit sie auf nicht gefördertem Kapital beruht. Bei der betrieblichen Altersversorgung wurde die der abgekürzten Leibrente zu Grunde liegende Versorgungszusage vor dem 1.1.2005 erteilt (Altzusage; § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG) oder die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG werden nicht erfüllt. Die abgekürzte Leibrente unterliegt der Besteuerung mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG, bei Rentenbeginn vor dem 1.1.1955 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 EStDV). Der Ertragsanteil ergibt sich aus der Tabelle in § 55 Abs. 2 EStDV (bei Rentenbeginn vor dem 1.1.1955 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 EStDV).

  7. § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Es handelt sich um andere Leistungen (insbesondere Kapitalauszahlungen) aus einem versicherungsförmigen Altersvorsorgevertrag i.S.d. § 82 EStG, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung (Versicherungsvertrag), soweit sie auf nicht gefördertem Kapital beruhen. Wenn der Versicherungsvertrag, der die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung erfüllt, vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurde und die Auszahlung vor Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsabschluss erfolgt, werden die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen bescheinigt.

    Mit Urteil vom 6.9.2018 (X R 21/16, BStBl II 2019, 157) nimmt der BFH Stellung zur steuerlichen Behandlung der Leistungen einer Direktversicherung in Form einer vor 2005 abgeschlossenen Aufbauversicherung sowie zu den Anforderungen an die Vereinbarung »laufender Beitragsleistungen«. Danach sind die im Rahmen einer sog. Aufbauversicherung vereinbarten »laufenden Einmalbeiträge in variabler Höhe« als »laufende Beitragsleistungen« i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd EStG 2004 anzusehen, wenn sie jährlich nach einer im ursprünglichen Vertrag vereinbarten Berechnungsmethode geleistet werden.

    Die Auszahlungsbeträge aus den Direktversicherungsverträgen bleiben, wenn sie auf laufenden Beiträgen für eine Kapitallebensversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd EStG 2004 beruhen, nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 i.V.m. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (heute § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG) steuerfrei.

    Wenn der Versicherungsvertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurde, enthält die Mitteilung den Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge oder – wenn die Auszahlung erst nach Vollendung des 60. Lebensjahrs (bei Vertragsabschlüssen nach dem 31.12.2011: nach Vollendung des 62. Lebensjahrs) erfolgt und der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung mindestens zwölf Jahre bestanden hat – die Hälfte dieses Unterschiedsbetrags. Der bescheinigte Betrag unterliegt in diesem Umfang der Besteuerung (→ Lebensversicherung; s.a. BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 145). Soweit gem. § 22 Nr. 5 Satz 15 EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 9 EStG Anwendung findet, ist der nach Teilfreistellung stpfl. Unterschiedsbetrag angegeben. Der bescheinigte Betrag unterliegt in diesem Umfang der Besteuerung.

  8. § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG. Bescheinigt werden die auf nicht gefördertem Kapital beruhenden Leistungen, die nicht bereits nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfasst werden (z.B. Leistungen, die auf ungefördertem Kapital beruhen, aus zertifizierten Bank- oder Investmentfondssparplänen). Hierbei ist der Unterschiedsbetrag zwischen den Leistungen und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge anzusetzen. Wenn die Auszahlung erst nach Vollendung des 60. Lebensjahrs erfolgt und der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung mindestens zwölf Jahre bestanden hat, ist die Hälfte des Unterschiedsbetrags anzusetzen. Die bescheinigten Leistungen unterliegen in diesem Umfang der Besteuerung. Für nach dem 31.12.2011 abgeschlossene Verträge ist grundsätzlich auf die Vollendung des 62. Lebensjahres abzustellen (s.a. BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 146).

  9. § 22 Nr. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ggf. i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 EStDV. Das ausgezahlte geförderte Altersvorsorgevermögen (Kapital, das auf nach § 10a oder Abschnitt XI EStG geförderten Altersvorsorgebeiträgen und den gewährten Altersvorsorgezulagen beruht) wurde steuerschädlich i.S.d. § 93 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG verwendet (→ Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge). In welchem Umfang eine Besteuerung erfolgt, richtet sich in Anwendung des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG nach der Art der ausgezahlten Leistung. Hierbei sind die Nr. 5 bis 8 zu beachten. Als Leistung i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG gilt das ausgezahlte geförderte Altersvorsorgevermögen nach Abzug der Zulagen i.S.d. Abschn. XI EStG. S.a. BMF vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Rz. 225 ff. sowie das Beispiel in den Rz. 226 und 228.

  10. § 22 Nr. 5 Satz 8 EStG: Es handelt sich um Provisionserstattungen bei geförderten Altersvorsorgeverträgen. Als Leistung sind vom Anbieter die Abschluss- und Vertriebskosten eines Altersvorsorgevertrages zu bescheinigen, die dem Stpfl. erstattet werden, unabhängig davon, ob der Erstattungsbetrag auf den Altersvorsorgevertrag eingezahlt oder an den Stpfl. ausgezahlt wurde. Der bescheinigte Betrag unterliegt in diesem Umfang der Besteuerung.

  11. In den vorangegangenen Nrn. enthaltene Nachzahlungen für mehrere Jahre. Nachzahlungen von Leistungen nach § 22 Nr. 5 EStG sind als außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern. Die Entscheidung über die Anwendung des § 34 EStG trifft das FA. Die bescheinigten Nachzahlungen müssen in dem bescheinigten Betrag der bezeichneten Zeile enthalten sein.

5. Besteuerung der Versorgungsleistungen in Abhängigkeit von der Freistellung der Arbeitgeberbeiträge

Mit der Ergänzung von § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG durch das JStG 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) wird das Verhältnis von § 3 Nr. 62 zu den Nr. 56 und 63 EStG ausdrücklich klargestellt. Die Steuerbefreiungen in § 3 Nr. 56 und 63 EStG haben Vorrang.

Über § 3 Nr. 62 EStG werden bestimmte Beiträge des ArbG zur Zukunftssicherung seiner ArbN steuerfrei gestellt. Handelt sich bei der Zukunftssicherung um eine Altersvorsorge, werden die späteren Leibrenten und anderen Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG besteuert. Leibrenten und andere Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Leibrentenversicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (Basis-/Rürup-Rentenversicherungen) werden innerhalb eines bis in das Jahr 2039 reichenden Übergangszeitraums in die vollständige nachgelagerte Besteuerung überführt (sog. Kohortenbesteuerung, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Bei den übrigen lebenslangen Renten, wie z.B. Renten aus Rentenversicherungen, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllen, erfolgt die Besteuerung weiterhin mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG; s.a. oben den Gliederungspunkt »BFH-Rechtsprechung vom 19.5.2021 zur doppelten Besteuerung von Renten«). Über § 3 Nr. 56 EStG werden Zuwendungen des ArbG zur nicht kapitalgedeckten (umlagefinanzierten) betrieblichen Altersversorgung und über § 3 Nr. 63 EStG Beiträge des ArbG zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung steuerfrei gestellt. In diesen beiden Fällen unterliegen die späteren Versorgungsleistungen der vollen nachgelagerten Besteuerung (§ 22 Nr. 5 EStG).

Steuerfreie Arbeitgeberleistungen für die Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer nach

§ 3 Nr. 62 EStG

§ 3 Nr. 56 EStG

§ 3 Nr. 63 EStG

Versteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG

Versteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG

Abb.: Versteuerung von Versorgungsleistungen nach vorangegangener Steuerbefreiung

6. Literaturhinweise

Hänsch u.a., Anteilsübertragung gegen Versorgungsleistung nur bei Aufgabe der Geschäftsführung begünstigt, NWB 44/2017, 3334; Korn und Strahl, Aus der Steuerrechtsprechung und der Verwaltungspraxis im Jahr 2022, NWB 50/2022, 3568.

7. Verwandte Lexikonartikel

Ablaufleistung aus Versicherungen

Dauernde Last

Einkünfte aus Kapitalvermögen

Geringfügig Beschäftigte

Lebensversicherung

Nießbrauch

Renten

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Sonstige Einkünfte

Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge

Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen

Versorgungsbezüge

Versorgungsfreibetrag

Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen

Vorweggenommene Erbfolge

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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