Betreuungsleistungen

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Steuerfrei sind: Arbeitgeberleistungen an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer in Fragen der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder Betreuungspersonal für diesen Personenkreis vermittelt.
  • Außerdem kann der Arbeitgeber Betreuungskosten für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige bis zu 600 EUR lohnsteuerfrei übernehmen, die aufgrund einer kurzfristig eintretenden beruflichen Sondersituation erforderlich werden.
  • Die Steuerbefreiungsvorschrift ist erstmals für Arbeitgeberleistungen anzuwenden, die ab 1.1.2015 geleistet werden.

Inhaltsverzeichnis

1 Zivilrechtlicher Überblick
1.1 Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ab dem 1.1.2023
1.2 Ehrenamtliche Betreuer
1.2.1 Regelung bis 31.12.2022
1.2.2 Regelung ab 1.1.2023
1.2.2.1 Voraussetzungen der Betreuerbestellung
1.2.2.2 Definition des ehrenamtlichen Betreuers
1.2.2.3 Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers
1.3 Berufsbetreuer
1.3.1 Regelung bis 31.12.2022
1.3.2 Regelung ab 1.1.2023
1.3.2.1 Definition des Berufsbetreuers
1.3.2.2 Bestellung eines Berufsbetreuers
1.3.2.3 Registrierungsvoraussetzungen
1.3.2.4 Registrierung von bereits tätigen Berufsbetreuern
1.4 Vergütung als Berufsbetreuer
1.4.1 Regelung ab 27.7.2019 bis 31.12.2022
1.4.2 Regelung ab 1.1.2023
1.4.2.1 Fallpauschalen
1.4.2.2 Gesonderte Pauschalen
1.4.2.3 Aufwendungsersatz
1.5 Betreuungsvereine
2 Ertragsteuerrechtliche Behandlung
2.1 Sachliche Steuerpflicht
2.2 Steuerfreiheit für Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer
2.3 Betriebsausgabenabzug
2.4 Pflegepauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG
3 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der rechtlichen Betreuungsleistungen i.S.d. § 1896 BGB a.F. bzw. 1814 BGB n.F.
3.1 Voraussetzungen der rechtlichen Betreuung
3.2 Steuerbefreiung der rechtlichen Betreuungsleistungen ab 1.7.2013
3.3 Anwendungsregelungen
3.3.1 Nicht berufsmäßig tätiger Einzelbetreuer
3.3.2 Berufsbetreuer
3.3.3 Betreuungsverein bzw. Vereinsbetreuer
3.3.4 Betreuungsumsätze von Behörden
4 Betreuungsleistungen als Vormünder bzw. Ergänzungspfleger
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel

1. Zivilrechtlicher Überblick

1.1. Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ab dem 1.1.2023

Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (BGBl I 2021, 882) wird ab 1.1.2023 in Abschn. 3 des BGB (§§ 1773 ff. BGB) das seit dem 1.1.1992 geltende Vormundschafts- und Betreuungsrecht neu geregelt. Die Neuregelung der rechtlichen Betreuung erfolgt in Titel 3 (§§ 1814 ff. BGB).

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Mit der Reform wird der Gesetzesaufbau sowohl im Vormundschaftsrecht als auch im Betreuungs- und Pflegschaftsrecht insgesamt neu strukturiert (BT-Drs. 19/24445, 123). Ein Kernstück der Reform besteht aus einer grundlegenden Überarbeitung der zentralen Normen des materiellen Betreuungsrechts zu den Voraussetzungen der Bestellung eines Betreuers, zu den Aufgaben und Pflichten des Betreuers im Verhältnis zum Betreuten und zu dessen Befugnissen im Außenverhältnis. Insbes. wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung der betroffenen Person zur Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und das Mittel der Stellvertretung nur dann zum Einsatz kommen darf, wenn es zum Schutz der betroffenen Person erforderlich ist. Auch der Vorrang der Wünsche des Betreuten als Maßstab für das Betreuerhandeln wird deutlicher normiert. Gleichzeitig wird gesetzlich klargestellt, dass die Orientierung an diesen Vorgaben auch der zentrale Maßstab für die Eignung des Betreuers zur Ausübung der Betreuung ebenso wie für die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht, vor allem im Rahmen von Genehmigungsverfahren, darstellt. Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales niedrigschwelliges Registrierungsverfahren für berufliche Betreuer eingeführt werden, das bei der Betreuungsbehörde als Stammbehörde angesiedelt ist und in dem persönliche und fachliche Mindesteignungsvoraussetzungen nachgewiesen werden müssen. Geregelt wird dies in einem neuen Betreuungsorganisationsgesetz, das das bestehende Betreuungsbehördengesetz ablöst und sämtliche öffentlich-rechtlich geprägten Vorschriften zu den Betreuungsbehörden, den Betreuungsvereinen und den ehrenamtlichen und beruflichen Betreuern enthält. Dieses Gesetz enthält zudem neue Regelungen zu den öffentlichen Aufgaben und zur Finanzierung der Betreuungsvereine sowie zur verstärkten Anbindung von ehrenamtlichen Betreuern an Betreuungsvereine, durch die eine Verbesserung der Qualität der ehrenamtlichen Betreuung sowie eine Stärkung der unverzichtbaren Arbeit der Betreuungsvereine erreicht werden soll (BT-Drs. 19/24445, 125).

Mit Art. 9 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (BGBl I 2021, 882) wird ab 1.1.2023 das mit dem Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz) geschaffene Betreuungsbehördengesetz (BtBG), in dem Zuständigkeit und Aufgaben der Betreuungsbehörde geregelt sind, durch ein Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) ersetzt. In dieses Gesetz sollen all diejenigen Regelungen Eingang finden, die die Rechtsstellung und Aufgaben der Betreuungsbehörden, der Betreuungsvereine und der rechtlichen Betreuer als wesentliche im Betreuungsrecht tätige Akteure näher ausgestalten, aber strukturell nicht dem Zivilrecht zugehörig sind, weil sie nicht die Regelung der Rechtsverhältnisse Privater untereinander, insbes. das Rechtsverhältnis zwischen Betreuer und Betreutem, zum Gegenstand haben (BT-Drs. 19/24445, 341).

Das BtOG untergliedert sich in die folgenden fünf Abschnitte:

Abschnitt 1: Betreuungsbehörde;

Abschnitt 2: Anerkannte Betreuungsvereine;

Abschnitt 3: Rechtliche Betreuer;

Abschnitt 4: Offenbarungsbefugnisse für Geheimnisträger;

Abschnitt 5: Übergangsvorschriften.

Hinweis:

Einen Überblick über das neue Vormundschafts- und Betreuungsrecht ab 1.1.2023 gibt das Bundesministerium der Justiz in einer Pressemitteilung vom 29.12.2022 (LEXinform 0463254).

1.2. Ehrenamtliche Betreuer

1.2.1. Regelung bis 31.12.2022

Die rechtliche Betreuung regeln die §§ 1896 ff. BGB. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Betreuung grundsätzlich unentgeltlich ausgeführt wird (§ 1908i Abs. 1 i.V.m. § 1836 Abs. 1 BGB). Der ehrenamtliche Betreuer erhält nach § 1835a BGB eine pauschale Aufwandsentschädigung von zurzeit 400 € (16 × 25 € nach § 22 JVEG). In seltenen Ausnahmefällen des § 1836 Abs. 2 BGB kann das Gericht dem Betreuer eine Vergütung bewilligen.

Hinweis:

Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (BGBl I 2021, 882) wird ab 1.1.2023 in Abschnitt 3 des BGB (§§ 1773 ff. BGB) das Vormundschafts- und Betreuungsrecht neu geregelt. Die Neuregelung der rechtlichen Betreuung erfolgt in Titel 3 (§§ 1814 ff. BGB).

Art. 2 des Gesetzes vom 4.5.2021 ändert und ergänzt das EGBGB u.a. in Art. 229. In Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes vom 4.5.2021 wird dem Art. 229 des EGBGB ein neuer § 54 eingefügt, der die Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts enthält.

Nach § 54 Abs. 4 EGBGB findet auf Betreuungen, die am 1.1.2023 bestehen, § 1815 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 BGB n.F. bis zum 1.1.2028 keine Anwendung. Bei der nächsten Entscheidung über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung oder im Rahmen eines gerichtlichen Genehmigungsverfahrens nach § 1831 Abs. 2 BGB hat das Betreuungsgericht über den Aufgabenkreis nach Maßgabe des § 1815 Abs. 2 BGB zu entscheiden.

1.2.2. Regelung ab 1.1.2023

1.2.2.1. Voraussetzungen der Betreuerbestellung

In § 1814 BGB als der zentralen Norm für die Voraussetzungen der Bestellung eines Betreuers wird künftig anders als im bisherigen Recht der objektive Betreuungs- und Unterstützungsbedarf, also die Feststellung, dass der Volljährige nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu besorgen, als erste Voraussetzung genannt (BT-Drs. 19/24445, 134). Die Ursachen des Unvermögens müssen auf einer Krankheit oder Behinderung beruhen (§ 1814 Abs. 1 BGB).

Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden (§ 1814 Abs. 2 BGB).

Die Bestellung eines Betreuers erfolgt auf Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen. Soweit der Volljährige seine Angelegenheiten lediglich aufgrund einer körperlichen Krankheit oder Behinderung nicht besorgen kann, darf ein Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.

§ 1814 BGB ersetzt ab 1.1.2023 die bisherige Norm des § 1896 BGB. Zur besseren Verwirklichung des Erforderlichkeitsgrundsatzes wird der bisherige § 1896 BGB in zwei Vorschriften aufgeteilt. Während in § 1814 BGB die allgemeinen Voraussetzungen für eine Betreuerbestellung genannt werden und die grundsätzliche Erforderlichkeit einer Betreuung in Abgrenzung zur Vorsorgevollmacht und zu anderen Hilfen bestimmt wird, wird der Umfang der Betreuung künftig in § 1815 BGB geregelt.

Voraussetzung für die Führung einer Betreuung als ehrenamtlicher Betreuer ist die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit (§ 21 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 BtOG).

Zur Feststellung seiner persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit hat der ehrenamtliche Betreuer der zuständigen Behörde ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO, die jeweils nicht älter als drei Monate sein sollen, vorzulegen.

Der ehrenamtliche Betreuer ist nach § 22 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 3 BtOG durch einen Betreuungsverein in seine Aufgaben einzuführen, fortzubilden und bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu beraten und zu unterstützen.

1.2.2.2. Definition des ehrenamtlichen Betreuers

Ehrenamtliche Betreuer sind natürliche Personen, die außerhalb einer beruflichen Tätigkeit rechtliche Betreuungen führen. Ehrenamtliche Betreuer können sowohl Personen, die familiäre Beziehungen oder persönliche Bindungen zum Betroffenen haben, als auch andere Personen sein (§ 19 Abs. 1 BtOG).

§ 1816 Abs. 5 BGB ersetzt den bisherigen § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB und regelt weiterhin den gültigen Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung. Ein beruflicher Betreuer nach § 19 Abs. 2 BtOG soll nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine geeignete Person für die ehrenamtliche Führung der Betreuung zur Verfügung steht. Bei der Entscheidung, ob ein bestimmter beruflicher Betreuer bestellt wird, sind die Anzahl und der Umfang der bereits von diesem zu führenden Betreuungen zu berücksichtigen.

1.2.2.3. Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers

Nach § 1875 Abs. 1 BGB bestimmt sich Vergütung und Aufwendungsersatz des ehrenamtlichen Betreuers nach den §§ 1875 ff. BGB.

Dem ehrenamtlichen Betreuer steht grds. kein Anspruch auf Vergütung zu (§ 1876 Satz 1 BGB). Das Betreuungsgericht kann ihm aber eine angemessene Vergütung bewilligen, wenn

  1. der Umfang oder die Schwierigkeit der Wahrnehmung der Angelegenheiten des Betreuten dies rechtfertigen und

  2. der Betreute nicht mittellos ist.

Nach § 1877 BGB hat der ehrenamtliche Betreuer Anspruch auf Aufwendungsersatz.

Zur Abgeltung seines Anspruchs auf Aufwendungsersatz kann der Betreuer für die Führung jeder Betreuung, für die er keine Vergütung erhält, vom Betreuten einen pauschalen Geldbetrag verlangen (Aufwandspauschale). Dieser entspricht für ein Jahr dem 17-Fachen dessen, was einem Zeugen als Höchstbetrag der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit (§ 22 JVEG) gewährt werden kann (17 × 25 € = 425 €). Hat der Betreuer für solche Aufwendungen bereits Vorschuss oder Ersatz erhalten, so verringert sich die Aufwandspauschale entsprechend (§ 1878 BGB).

Gilt der Betreute als mittellos i.S.v. § 1880 BGB, so kann der Betreuer den Vorschuss, den Aufwendungsersatz nach § 1877 BGB oder die Aufwandspauschale nach § 1878 BGB aus der Staatskasse verlangen (§ 1879 BGB).

1.3. Berufsbetreuer

1.3.1. Regelung bis 31.12.2022

Die Betreuung wird berufsmäßig ausgeführt, wenn das Gericht bei der Bestellung des Betreuers feststellt, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Familiengericht hat die Feststellung der Berufsmäßigkeit gem. § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB zu treffen, wenn dem Vormund in einem solchen Umfang Vormundschaften übertragen sind, dass er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann, oder wenn zu erwarten ist, dass dem Vormund in absehbarer Zeit Vormundschaften in diesem Umfang übertragen sein werden. Berufsmäßigkeit liegt im Regelfall vor, wenn

  1. der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder

  2. die für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet (§ 1 Abs. 1 VBVG).

Trifft das Familiengericht die Feststellung der Berufsbetreuung, so hat es dem Vormund eine Vergütung zu bewilligen (§ 1 Abs. 2 VBVG). Die Höhe der Vergütung für den Berufsbetreuer regelt das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) vom 21.4.2005 (BGBl I 2005, 1073).

Hinweis:

Das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern vom 21.4.2005 wird durch Art. 16 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (BGBl I 2021, 882) zum 1.1.2023 aufgehoben.

In Art. 10 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (BGBl I 2021, 882) wird das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern mit Wirkung zum 1.1.2023 neu gefasst.

Auf Vergütungsansprüche von Betreuern für Leistungen, die vor dem 1.1.2023 erbracht wurden, ist das VBVG vom 21.4.2005 (BGBl I 2005, 1073, 1076), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 22.6.2019 (BGBl I 2019, 866) geändert worden ist, bis zum Ende des angefangenen Abrechnungsmonats in seiner bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.

Berufsbetreuer übernehmen rechtliche Betreuungen (§§ 1896 ff. BGB), ohne dass dafür eine bestimmte Ausbildung oder ein Studium erforderlich ist. Deshalb nehmen nicht nur Juristen oder Steuerberater, sondern auch andere Berufsgruppen (wie Sozialarbeiter/-pädagogen, Alten- und Krankenpfleger sowie Erzieher, aber auch Verwaltungsfachkräfte und Kaufleute) diese Aufgabe wahr. Berufsbetreuer werden durch die Betreuungsgerichte als Betreuer (§ 1836 Abs. 1 BGB, § 1897 Abs. 6 BGB) bestellt; im Bestellungsbeschluss wird die Betreuung als beruflich geführt bezeichnet (BFH Urteil vom 15.6.2010, VIII R 14/09, BStBl II 2010, 909, Rz. 12).

Gegenstand des Berufsbilds der Berufsbetreuer ist die Unterstützung und Beratung volljähriger Menschen, die in ihrer Entscheidungs- oder Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind und deshalb nicht selbst für ihre Angelegenheiten sorgen können. Die Betreuer unterstützen die Betroffenen rechtlich oder handeln stellvertretend für sie, z.B. durch Regelung der Finanzen, Vertretung gegenüber Behörden, Organisation von pflegerischen Diensten oder Einwilligung in ärztliche Behandlungen. Dabei gehört zur Betreuung insbesondere auch die Vertretung in Vermögensangelegenheiten (BFH Urteil vom 15.6.2010, VIII R 14/09, BStBl II 2010, 909, Rz. 13).

1.3.2. Regelung ab 1.1.2023

1.3.2.1. Definition des Berufsbetreuers

Nach § 19 Abs. 2 BtOG sind berufliche Betreuer

  • natürliche Personen,

  • die selbstständig

  • oder als Mitarbeiter eines anerkannten Betreuungsvereins

  • rechtliche Betreuungen führen und

  • nach § 24 BtOG registriert sind

  • oder nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG als vorläufig registriert gelten.

1.3.2.2. Bestellung eines Berufsbetreuers

Nach § 1816 Abs. 5 BGB soll ein beruflicher Betreuer nach § 19 Abs. 2 BtOG nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine geeignete Person für die ehrenamtliche Führung der Betreuung zur Verfügung steht. Bei der Entscheidung, ob ein bestimmter beruflicher Betreuer bestellt wird, sind die Anzahl und der Umfang der bereits von diesem zu führenden Betreuungen zu berücksichtigen (§ 1816 Abs. 5 Satz 2 BGB).

Der Grund für diese Vorrangregelung des ehrenamtlichen Betreuers liegt u.a. auch darin, dass berufliche Betreuer für ihre Betreuertätigkeit eine Vergütung verlangen können, während ehrenamtliche Betreuer die Betreuung grds. unentgeltlich führen. Es bleibt damit auch bei der Rspr. des BGH vom 11.7.2018 (XII ZB 642/17, LEXinform 1670553), wonach dieser Vorrang zwar grds. auch gegenüber einem Wunsch des Betroffenen, einen beruflichen Betreuer zu bestellen, gilt. Die als Soll-Vorschrift ausgestaltete Norm lässt dem Betreuungsgericht im Einzelfall jedoch genügend Spielraum, ggf. doch einen geeigneten Berufsbetreuer zu bestellen und so letztlich auch dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen Rechnung zu tragen; in einem solchen Fall wäre der ehrenamtliche Betreuer keine geeignete Person im Sinne dieser Norm (BT-Drs. 19/24445, 239).

In § 1816 Abs. 5 Satz 2 BGB wird erstmals eine Pflicht des Betreuungsgerichts eingeführt, bei der Entscheidung über die Bestellung eines bestimmten beruflichen Betreuers auch Anzahl und Umfang der von diesem Betreuer bereits zu führenden Betreuungen zu berücksichtigen. Eine generelle zahlenmäßige Begrenzung der von einem beruflichen Betreuer zu führenden Betreuungen durch den Gesetzgeber erscheint hingegen nicht sinnvoll. Denn die Zahl der rechtlichen Betreuungen, die ein Betreuer ohne Qualitätseinbußen führen kann, hängt stark vom Einzelfall ab. Der Einzelfall wird zum einen vom Aufwand der jeweils geführten Betreuungen bestimmt, zum anderen auch von der Organisation des Betreuers. So kann ein selbstständiger Berufsbetreuer, der über Mitarbeiter verfügt, generell mehr Betreuungen führen als ein Berufsbetreuer ohne Mitarbeiter. Denn den Mitarbeitern können in angemessenem Umfang Aufgaben außerhalb der persönlichen Betreuung übertragen werden, so z.B. die Buchhaltung als Vorarbeit für die jährliche Rechnungslegung. Entsprechend können Vereinsbetreuer in anerkannten Betreuungsvereinen mit Mitarbeitern, die selbst keine Betreuungen führen, eine höhere Anzahl von Betreuungen führen als Vereinsbetreuer in Vereinen ohne solche Mitarbeiter. Gleichwohl soll das Gericht in Zukunft vor der Bestellung eines beruflichen Betreuers erfahren, wie viele Betreuungen dieser aktuell führt, damit es insoweit über eine gute Tatsachengrundlage für seine Entscheidung über die Eignung des Betreuers im konkreten Fall verfügt. Die Betreuungsbehörde hat dem Gericht nach § 12 Abs. 3 Satz 3 BtOG die Anzahl und den Umfang der von dem vorgeschlagenen Betreuer bereits zu führenden Betreuungen sowie den zeitlichen Gesamtumfang und die Organisationsstruktur seiner Betreuertätigkeit mitzuteilen. Bei der Auswahl des Betreuers hat das Gericht diese Informationen zu berücksichtigen. Es hat daher jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob der Betreuer bereits so viele andere Betreuungen führt, dass er bereits aus Zeitgründen nicht in der Lage ist, den für die persönliche Betreuung erforderlichen Kontakt zum Betroffenen zu halten oder sich in geeigneter Weise um die Wahrnehmung der Angelegenheiten des Betreuten zu kümmern. Damit wird dem Gericht der notwendige Spielraum eingeräumt, für den einzelnen Menschen, der einer Betreuung bedarf, auch den aufgrund seiner persönlichen Voraussetzungen am besten geeigneten Betreuer zu finden. Eine pauschale Beschränkung der Fallzahlen, deren Höhe angesichts der dargelegten Vielgestaltigkeit der Anwendungsfälle zudem kaum seriös bestimmt werden kann, würde den Entscheidungsspielraum des Betreuungsgerichts im Einzelfall zu sehr einschränken und es erschweren, die für den konkreten Fall am besten geeignete Lösung zu finden (BT-Drs. 19/24445, 239 f.).

1.3.2.3. Registrierungsvoraussetzungen

Voraussetzungen für eine Registrierung als beruflicher Betreuer i.S.d. § 24 BtOG sind (§ 23 Abs. 1 BtOG)

  1. die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit,

  2. eine ausreichende Sachkunde für die Tätigkeit als beruflicher Betreuer und

  3. eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus der Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren mit einer Mindestversicherungssumme von 250 000 € für jeden Versicherungsfall.

1.3.2.4. Registrierung von bereits tätigen Berufsbetreuern

Betreuer, die bereits vor dem 1.1.2023 berufsmäßig Betreuungen geführt haben und weiterhin führen, werden auf ihren Antrag von der zuständigen Stammbehörde ohne Überprüfung der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BtOG registriert (§ 32 Abs. 1 Satz 1 BtOG).

Der Antrag ist innerhalb von sechs Monaten nach dem 1.1.2023 zu stellen. Bis zur Entscheidung gelten die bisherigen Berufsbetreuer als vorläufig registriert.

Bei Personen, die zum 1.1.2023 bereits seit mindestens drei Jahren berufsmäßig Betreuungen geführt haben, ist davon auszugehen, dass sie über die nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 BtOG erforderliche Sachkunde verfügen.

Alle übrigen bereits vor dem 1.1.2023 beruflich tätigen Betreuer haben bis zum 30.6.2025 ihre Sachkunde nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BtOG nachzuweisen. Erfolgt dieser Nachweis nicht, hat die Behörde die Registrierung entsprechend § 27 BtOG zu widerrufen (§ 32 Abs. 2 BtOG).

1.4. Vergütung als Berufsbetreuer

1.4.1. Regelung ab 27.7.2019 bis 31.12.2022

Am 27.7.2019 tritt das Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung vom 22.6.2019 in Kraft (BGBl I 2019, 866).

Im Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) ist die Vergütung bisher als Pauschalvergütung geregelt und ergibt sich aus einer Kombination von Stundensätzen (§ 4 VBVG) und Stundenansätzen (§ 5 VBVG, s.o.).

Mit der Neufassung des § 4 VBVG ab 27.7.2019 werden die Stundensätze zur Bestimmung der Vergütung beruflicher Betreuer abgeschafft. An die Stelle der bisherigen Kombination aus Stundensatz und Stundenansatz tritt das Fallpauschalensystem. Die jeweiligen Fallpauschalen sind den dem Gesetz als Anlage beigefügten Vergütungstabellen A bis C zu entnehmen. Die jeweilige Zuordnung zu den drei Vergütungstabellen entspricht der bisherigen Abhängigkeit der Stundensätze von der beruflichen und akademischen Ausbildung des Betreuers. Das Fallpauschalensystem hält damit an der Qualifikation des Betreuers als ein Kriterium zur Bestimmung der Vergütung fest. Die Beschreibungen der Qualifikation der beruflichen Betreuer sind unverändert übernommen worden. Hierdurch wird ein unproblematischer Übergang vom bisherigen Vergütungssystem zum neuen Fallpauschalensystem gewährleistet. Für den Betreuer, der bislang seine Betreuungsverfahren nach der ersten Vergütungsstufe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 VBVG) abrechnen konnte, wird sich die Vergütung zukünftig nach der Vergütungstabelle A richten, für Betreuer der bisherigen Vergütungsstufe nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG nach der Vergütungstabelle B und für Betreuer der bisherigen Vergütungsstufe nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nach der Vergütungstabelle C. Eine Neubewertung der beruflichen und akademischen Ausbildung des Betreuers ist durch die Änderung nicht erforderlich (s. BT-Drs. 19/8694, 24).

Die Höhe der Fallpauschalen ergibt sich aus der Kombination von Dauer der Betreuung, Aufenthaltsort des Betreuten sowie aus dem Vermögensstatus des Betreuten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VBVG). Damit hält das Fallpauschalensystem an den bisherigen zur Bestimmung der Vergütung dienenden Kriterien fest.

Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechnung der Fallpauschalen zwischen den Zeiträumen in den ersten drei Monaten der Betreuung, im vierten bis sechsten Monat, im siebten bis zwölften Monat, im 13. bis 24. Monat und ab dem 25. Monat unterschieden (§ 5 Abs. 2 VBVG).

Zu den maßgeblichen Fallpauschalen s.u. den Gliederungspunkt »Regelung ab 1.1.2023«. Die Fallpauschalen ab 1.1.2023 entsprechen denen nach der bisherigen Regelung bis 31.12.2022.

Ist der Betreute nicht mittellos, wird der Betreuer mit einer zusätzlichen monatlichen Pauschale i.H.v. 30 € vergütet, wenn dieser die Verwaltung

  1. von Geldvermögen i.H.v. mindestens 150 000 €,

  2. von Wohnraum, der nicht vom Betreuten oder seinem Ehegatten genutzt wird, oder

  3. eines Erwerbsgeschäfts des Betreuten

zu besorgen hat. Die Pauschale kann geltend gemacht werden, wenn einer der Fälle der Nr. 1 bis 3 an mindestens einem Tag im Abrechnungsmonat vorliegt (§ 5a Abs. 1 VBVG n.F.). Die monatliche Pauschale kann aber auch dann nur einmal geltend gemacht werden, wenn mehrere der unter Ziffer 1 bis 3 genannten Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind.

Dieser Mehraufwand ergibt sich daraus, dass die Verwaltung eines höheren Vermögens in der Regel einen höheren Betreuungsaufwand erfordert. Die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses zu Beginn der Betreuung, die jährliche Rechnungslegung und die Schlussrechnungslegung sind bei umfangreichen Vermögen zeitaufwendiger. Hinzu kommen die Anlage-, Anzeige und Genehmigungspflichten nach § 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. den §§ 1807 ff. BGB. Auch die Verwaltung eines nicht vom Betreuten bewohnten Grundstücks oder eines Erwerbsgeschäfts des Betreuers kann einen höheren Aufwand mit sich bringen.

Findet ein Wechsel von einem ehrenamtlichen zu einem beruflichen Betreuer statt, ist der berufliche Betreuer mit einer einmaligen Pauschale i.H.v. 200 € zu vergüten (§ 5a Abs. 2 VBVG n.F.).

Findet ein Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer statt, ist der berufliche Betreuer mit einer einmaligen Pauschale i.H.d. 1,5-Fachen der zum Zeitpunkt des Betreuerwechsels zu vergütenden Fallpauschale zu vergüten. Dies gilt auch dann, wenn zunächst neben dem beruflichen Betreuer ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt war und dieser die Betreuung allein fortführt (§ 5a Abs. 3 VBVG n.F.).

Zur zivilrechtlichen Behandlung des Betreuungsrechts s. das Stichwort »Betreuungsrecht« des DATEV Themenlexikons unter LEXinform 5228306.

Hinweis:

In Art. 10 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (BGBl I 2021, 882) wird das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern mit Wirkung zum 1.1.2023 neu gefasst.

§ 19 VBVG i.d.F. vom 4.5.2021 enthält eine Übergangsregelung für Ansprüche von Betreuern, die vor Inkrafttreten des Betreuungsorganisationsgesetzes (Art. 9 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021, BGBl I 2021, 882) bereits berufsmäßig Betreuungen geführt haben.

Für berufliche Betreuer, die bis einschließlich 1.1.2023 seit weniger als drei Jahren berufliche Betreuungen führen, gilt § 4 Abs. 2 bis 4 VBVG vom 21.4.2005 (BGBl I 2005, 1073, 1076), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 22.6.2019 (BGBl I 2019, 866) geändert worden ist, in der bis einschließlich 31.12.2022 geltenden Fassung, bis sie ihre Sachkunde nach § 32 Abs. 2 Satz 2 des Betreuungsorganisationsgesetzes gegenüber der Stammbehörde nachgewiesen haben.

1.4.2. Regelung ab 1.1.2023

1.4.2.1. Fallpauschalen

Nach § 1875 Abs. 2 BGB bestimmen sich Vergütung und Aufwendungsersatz des beruflichen Betreuers und des Betreuungsvereins nach dem VBVG.

Mit Art. 10 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (BGBl I 2021, 882) wird ab 1.1.2023 das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) geändert. Die bisherige Regelungstechnik des VBVG, wonach in Abschn. 1 allgemeine Vorschriften enthalten sind, die über die Verweisungskette von §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB auch für den beruflichen Betreuer gelten, wird aufgegeben. Die Vorschriften über Vergütung und Aufwendungsersatz für Vormünder und Betreuer wird regelungstechnisch getrennt, da die neuen inhaltlichen Unterschiede eine gemeinsame Regelung nicht mehr angezeigt erscheinen lassen (BT-Drs. 19/24445, 389).

Abschn. 2 des VBVG regelt die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Betreuers. § 7 VBVG stellt für berufliche Betreuer, d.h. für selbstständige wie für Vereinsbetreuer, die Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Vergütung dar.

Die dem beruflichen Betreuer nach § 7 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C festgelegt sind (§ 8 Abs. 1 VBVG).

Die Vergütung des beruflichen Betreuers richtet sich nach (§ 8 Abs. 2 VBVG)

  1. Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer weder über eine abgeschlossene Lehre noch über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare Ausbildung verfügt;

  2. Vergütungstabelle B, wenn der Betreuer über eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfügt;

  3. Vergütungstabelle C, wenn der Betreuer über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfügt.

Die Höhe der Fallpauschalen nach § 8 Abs. 1 richtet sich nach (§ 9 Abs. 1 VBVG)

  1. der Dauer der Betreuung,

  2. dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und

  3. dem Vermögensstatus des Betreuten.

Tabelle A

Zeitraum

Betreute in stationärer Einrichtung oder gleichgestellter ambulant betreuter Wohnform

monatliche Fallpauschale

andere Wohnform

monatliche Fallpauschale

1. bis 3. Monat

mittellos

194,00

mittellos

208,00

nicht mittellos

200,00

nicht mittellos

298,00

4. bis 6. Monat

mittellos

129,00

mittellos

170,00

nicht mittellos

158,00

nicht mittellos

208,00

7. bis 12. Monat

mittellos

124,00

mittellos

151,00

nicht mittellos

140,00

nicht mittellos

192,00

13. bis 24. Monat

mittellos

87,00

mittellos

122,00

nicht mittellos

91,00

nicht mittellos

158,00

ab dem 25. Monat

mittellos

62,00

mittellos

105,00

nicht mittellos

78,00

nicht mittellos

130,00

Tabelle B

Zeitraum

Betreute in stationärer Einrichtung oder gleichgestellter ambulant betreuter Wohnform

monatliche Fallpauschale

andere Wohnform

monatliche Fallpauschale

1. bis 3. Monat

mittellos

241,00

mittellos

258,00

nicht mittellos

249,00

nicht mittellos

370,00

4. bis 6. Monat

mittellos

158,00

mittellos

211,00

nicht mittellos

196,00

nicht mittellos

258,00

7. bis 12. Monat

mittellos

154,00

mittellos

188,00

nicht mittellos

174,00

nicht mittellos

238,00

13. bis 24. Monat

mittellos

107,00

mittellos

151,00

nicht mittellos

113,00

nicht mittellos

196,00

ab dem 25. Monat

mittellos

78,00

mittellos

130,00

nicht mittellos

96,00

nicht mittellos

161,00

Tabelle C

Zeitraum

Betreute in stationärer Einrichtung oder gleichgestellter ambulant betreuter Wohnform

monatliche Fallpauschale

andere Wohnform

monatliche Fallpauschale

1. bis 3. Monat

mittellos

317,00

mittellos

339,00

nicht mittellos

327,00

nicht mittellos

486,00

4. bis 6. Monat

mittellos

208,00

mittellos

277,00

nicht mittellos

257,00

nicht mittellos

339,00

7. bis 12. Monat

mittellos

202,00

mittellos

246,00

nicht mittellos

229,00

nicht mittellos

312,00

13. bis 24. Monat

mittellos

141,00

mittellos

198,00

nicht mittellos

149,00

nicht mittellos

257,00

ab dem 25. Monat

mittellos

102,00

mittellos

171,00

nicht mittellos

127,00

nicht mittellos

211,00

1.4.2.2. Gesonderte Pauschalen

Ist der Betreute nicht mittellos, wird der Betreuer mit einer zusätzlichen monatlichen Pauschale i.H.v. 30 € vergütet, wenn dieser die Verwaltung

  1. von Geldvermögen i.H.v. mindestens 150 000 €,

  2. von Wohnraum, der nicht vom Betreuten oder seinem Ehegatten genutzt wird, oder

  3. eines Erwerbsgeschäfts des Betreuten

zu besorgen hat. Die Pauschale kann geltend gemacht werden, wenn einer der Fälle der Nr. 1 bis 3 an mindestens einem Tag im Abrechnungsmonat vorliegt (§ 10 Abs. 1 VBVG).

Findet ein Wechsel von einem ehrenamtlichen zu einem beruflichen Betreuer statt, ist der berufliche Betreuer mit einer einmaligen Pauschale i.H.v. 200 € zu vergüten (§ 10 Abs. 2 VBVG).

Findet ein Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer statt, ist der berufliche Betreuer mit einer einmaligen Pauschale i.H.d. 1,5-Fachen der zum Zeitpunkt des Betreuerwechsels zu vergütenden Fallpauschale zu vergüten. Dies gilt auch dann, wenn zunächst neben dem beruflichen Betreuer ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt war und dieser die Betreuung allein fortführt (§ 10 Abs. 3 VBVG).

1.4.2.3. Aufwendungsersatz

Die Fallpauschalen nach § 9 VBVG gelten auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen ab. Die gesonderte Geltendmachung von Aufwendungen i.S.d. § 1877 Abs. 3 BGB durch Betreuer nach § 7 Abs. 1 VBVG bleibt unberührt (§ 11 VBVG).

1.5. Betreuungsvereine

Nach § 14 BtOG (§ 1908f BGB a.F.) kann ein rechtsfähiger Verein als Betreuungsverein anerkannt werden, wenn er gewährleistet, dass er

  1. die Aufgaben nach den §§ 15 und 16 BtOG wahrnehmen wird,

  2. eine ausreichende Zahl geeigneter Mitarbeiter hat und diese beaufsichtigen, weiterbilden und gegen Schäden, die diese anderen im Rahmen ihrer Tätigkeit zufügen können, angemessen versichern wird, und

  3. einen Erfahrungsaustausch zwischen den Mitarbeitern ermöglicht.

Die Anerkennung gilt für das jeweilige Land; sie kann auf einzelne Landesteile beschränkt werden. Sie kann unter Auflagen erteilt werden und ist widerruflich.

Ist ein beruflicher Betreuer nach § 19 Abs. 2 BtOG (s.o.), der als Mitarbeiter eines anerkannten Betreuungsvereins rechtliche Betreuungen führt, als Vereinsbetreuer bestellt, kann der Betreuungsverein vom Betreuten Vergütung und Aufwendungsersatz nach Maßgabe der §§ 8 bis 12, 15 und 16 VBVG (s.o.) verlangen. Der Vereinsbetreuer selbst kann keine Vergütung und keinen Aufwendungsersatz geltend machen (§ 7 Abs. 2 VBVG).

2. Ertragsteuerrechtliche Behandlung

2.1. Sachliche Steuerpflicht

Hinweis:

Das FinMin Niedersachsen hat mit Erlass vom 30.10.2018 (S 2337 – 117/7 – 34 3, SIS 19 17 03) ein Merkblatt für ehrenamtliche Betreuer, Vormünder und Pfleger sowie Berufsbetreuer herausgegeben.

Der BFH hat in der Vergangenheit mit Urteil vom 4.11.2004 (IV R 26/03, BStBl II 2005, 288) die Berufsbetreuertätigkeit unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 2.9.1988 (III R 58/85, BStBl II 1989, 24; vom 28.8.2003, IV R 1/03, BStBl II 2004, 112) als gewerbliche und nicht als sonstige selbstständige Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG angesehen, weil diese Vorschrift nur vermögensverwaltende Tätigkeiten erfasse. Diese Voraussetzung erfülle die Tätigkeit eines berufsmäßigen Betreuers nicht, da sie nicht nur Vermögensfragen, sondern auch persönliche Angelegenheiten (z.B. Gesundheitsangelegenheiten, Wohnungsfragen, Bestimmung des Aufenthalts oder des Umgangs) umfasse.

Mit Urteilen vom 15.6.2010 (VIII R 14/09, BStBl II 2010, 909 und VIII R 10/09, BStBl II 2010, 906) gibt der BFH seine bisherige Rspr. auf und ordnet die Einnahmen eines Berufsbetreuers ihrer Art nach den Einkünften aus selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu.

Danach gehören zu den freiberuflichen Einkünften auch Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit, z.B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Die Vorschrift enthält keinen abschließenden Katalog in Betracht kommender »Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit«, sondern lediglich die Auflistung der Regelbeispiele

  • Testamentsvollstreckervergütung,

  • Vermögensverwaltung,

  • Aufsichtsratstätigkeit.

Weitere Tätigkeiten fallen danach in den Anwendungsbereich der Regelung, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich sind (Grundsatz der sog. Gruppenähnlichkeit; vgl. BFH Urteil vom 28.5.2001, IV R 10/00, BStBl II 2002, 338). Das ist z.B. der Fall, wenn die Tätigkeit die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfasst, aber darüber hinaus auch dann, wenn es sich um eine selbstständig ausgeübte fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis handelt.

Auf dieser Grundlage ist die Tätigkeit eines Berufsbetreuers den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit zuzuordnen, weil sie ebenso wie die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG bezeichneten Regelbeispiele – berufsbildtypisch – durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt ist.

Hinzu kommt, dass bei einer umfassend angeordneten Betreuung eine Trennbarkeit der vermögensbetreuenden und sonstigen persönlichen Tätigkeiten in einer Vielzahl von Fällen kaum gegeben ist. So stellt die Entscheidung über eine mögliche Heilbehandlung zugleich – wegen der damit verbundenen Kosten für den Betreuten – stets auch eine vermögensrelevante Entscheidung dar. Im Hinblick darauf, dass vermögensrechtliche Aspekte in derartigen Fällen zumindest mittelbar mit berührt werden, steht der Zurechnung der Berufsbetreuertätigkeit zum Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nichts entgegen, selbst wenn im Einzelfall die Betreuung in Vermögens- und sonstige persönliche Angelegenheiten aufgeteilt worden ist.

Eine Sozietät von Rechtsanwälten, die neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit als Berufsbetreuer tätig sind, erzielt aus der Berufsbetreuung Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Änderung der Rspr.). Die Abfärberegelung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG findet daher keine Anwendung (BFH Urteil vom 15.6.2010, VIII R 10/09, BStBl II 2010, 906).

Die Berufsbetreuung betrifft allerdings keine für einen bestimmten Katalogberuf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG berufsbildtypische oder ähnliche Tätigkeit, weil sie anders als die insoweit allenfalls in Betracht kommenden Berufe »Rechtsanwälte« und »Steuerberater« ohne entsprechende akademische Vorbildung ausgeübt werden kann und schon aufgrund ihres eigenständigen verselbstständigten Berufsbilds nicht diesen Berufen zuzurechnen oder als ihnen ähnlicher Beruf anzusehen ist.

Das Gebot, die berufsbildtypische Ausübung eines Katalogberufs i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG von der Ausübung anderer Berufe abzugrenzen, ist nach der Rspr. regelmäßig gegeben, soweit ein Berufsträger i.S. der Vorschrift Tätigkeiten entfaltet, die sich – wie hier die Betreuungstätigkeit – zu einem selbstständigen Berufsbild verfestigt haben. Eine Betreuertätigkeit ist aber nicht als typische anwaltliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 EStG anzusehen, weil sie keine spezifischen juristischen Kenntnisse und keine juristische Ausbildung voraussetzt, die Tätigkeit aufgrund gerichtlicher Bestellungen und nicht aufgrund eines anwaltlichen Mandats ausgeübt wird und sich die Vergütung dementsprechend nach Regelungen des Betreuungsrechts und nicht nach dem anwaltlichen Gebührenrecht bestimmt.

Auch ehrenamtliche Betreuer üben eine sonstige vermögensverwaltende Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus (BFH Urteil vom 17.10.2012, VIII R 57/09, BStBl II 2013, 799).

Hinweis:

Das BVerwG hat mit Urteilen vom 27.2.2013 (8 C 7/12, LEXinform 0963917 und 8 C 8/12, LEXinform 1584187) entschieden, dass Rechtsanwälte, die sich neben ihrem Anwaltsberuf als Berufsbetreuer betätigen, verpflichtet sind, die Betreuertätigkeit als Gewerbe anzumelden.

Bei der Tätigkeit des Berufsbetreuers handelt es sich um den Betrieb eines stehenden Gewerbes mit der Folge, dass die Tätigkeit gewerberechtlich angezeigt werden muss. Das gilt auch dann, wenn sie von einem Rechtsanwalt ausgeübt wird. Die Tätigkeit als Berufsbetreuer erfüllt alle Merkmale des Gewerbebegriffs, da es sich um eine erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete, auf Dauer angelegte und selbstständige Tätigkeit handelt. Sie ist auch kein Freier Beruf, so dass die Gewerbeordnung nicht anwendbar wäre. Eine freiberufliche Tätigkeit würde jedenfalls eine höhere Bildung oder schöpferische Begabung voraussetzen. Das ist bei einem Berufsbetreuer nicht der Fall. § 1897 Abs. 1 BGB verlangt lediglich, dass der Betreuer geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und diesen persönlich zu betreuen. Eine spezielle berufliche Ausbildung wird vom Gesetz nicht gefordert. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Betreuungstätigkeit vorrangig als Ehrenamt ausgestaltet ist (§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Des Weiteren fehlt es an der für einen Freien Beruf typischen fachlichen Unabhängigkeit, da der Berufsbetreuer seine Entscheidungen nicht kraft überlegenen Fachwissens trifft. Die Betreuertätigkeit ist auch nicht Bestandteil der anwaltlichen Tätigkeit. Insbesondere die Vergütungsregelung für Betreuer (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz) zeigt, dass die Übernahme von Betreuungen keine dem Rechtsanwaltsberuf vorbehaltene oder ihn in besonderer Weise charakterisierende Tätigkeit ist. Die Vergütung richtet sich nach den Regelungen des Betreuungsrechts und gerade nicht nach dem anwaltlichen Gebührenrecht. Nur soweit der Rechtsanwalt eine originär anwaltliche Dienstleistung erbringt, kann er nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass der ordnungsrechtliche Zweck der gewerberechtlichen Anzeigepflicht, eine wirksame Gewerbeüberwachung zu ermöglichen, schon durch die Aufsicht durch das Vormundschaftsgericht oder durch die Überwachung seitens der Rechtsanwaltskammern erreicht würde.

Der Annahme, dass es sich bei der Berufsbetreuertätigkeit um die Ausübung eines Gewerbes i.S.d. § 14 GewO handelt, steht nicht entgegen, dass der BFH mit Urteilen vom 15.6.2010 (VIII R 10/09, BStBl II 2010, 906 und VIII R 14/09, BStBl II 2010, 909) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, dass die Einnahmen eines Berufsbetreuers den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen und nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren sind. Abgesehen davon, dass der Rechtsprechung des BFH zufolge die Tätigkeit eines Berufsbetreuers gerade nicht als freiberufliche Tätigkeit angesehen wird, hat diese Qualifizierung im Einkommensteuerrecht für die gewerberechtliche Bewertung einer Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich wegen der fehlenden Übertragbarkeit der steuerrechtlichen Regelung auf die Gewerbeordnung keine Bindungswirkung. Die Terminologie des Steuerrechts ist nicht mit derjenigen des Gewerberechts identisch. Dies folgt insbesondere daraus, dass sich die Regelungszwecke der beiden Rechtsmaterien unterscheiden. Die Gewerbeordnung ist zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Wirtschaftsleben bestimmt, während es im Steuerrecht um fiskalische Ziele geht (s.a. Pressemitteilung des BVerwG Nr. 13/2013 vom 27.2.2013, LEXinform 0439296).

2.2. Steuerfreiheit für Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer

Ehrenamtliche Betreuer erhalten nach § 1878 Abs. 1 BGB eine jährliche pauschale Aufwandsentschädigung i.H.v. 425 € (bis 31.12.2022: 400 €). Die Aufwandsentschädigung wird für jede einzelne Vormundschaft, Pflegschaft und Betreuung gewährt. Es ist deshalb in Ausnahmefällen möglich, dass eine Betreuungsperson den Betrag mehrfach bekommt. Der Betrag der pauschalen Aufwandsentschädigung wurde in Anlehnung an die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen mit einem Vielfachen der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit bestimmt (§ 1835a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 22 JVEG bzw. § 1878 Abs. 1 BGB n.F. i.V.m. 22 JVEG).

Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB a.F. bzw. 1878 BGB n.F. sind ab 2011 nach § 3 Nr. 26b EStG begrenzt und für die Jahre davor nach § 3 Nr. 12 EStG unbegrenzt steuerfrei; das hat der BFH mit Urteil vom 17.10.2012 (VIII R 57/09, BStBl II 2013, 799) entschieden (s.a. OFD Nordrhein-Westfalen vom 2.9.2013, Kurzinformation ESt Nr. 14/2013, SIS 13 28 52).

Der Kläger war vom Amtsgericht in bis zu 42 Fällen als Betreuer bestellt worden und hatte dafür Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB von bis zu (damals) 323 € pro Jahr und betreuter Person bezogen. Das FA erfasste diese Aufwandsentschädigungen als Einnahmen. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 EStG kam nach seiner Auffassung nicht in Betracht, weil die Aufwandsentschädigungen nicht ausdrücklich als solche im Haushaltsplan ausgewiesen waren.

Der BFH folgte dagegen im Ergebnis der Auffassung des Klägers, dass die Aufwandsentschädigungen steuerfrei seien. Es handele sich zwar um Einnahmen aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Sie seien aber steuerfrei, und zwar in den Jahren ab 2011 – betraglich begrenzt – nach § 3 Nr. 26b EStG (→ Nebenberufliche Tätigkeiten; → Steuerfreie Einnahmen nach dem EStG, ABC-Form) und in den Vorjahren (und damit im Streitfall) in vollem Umfang nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG.

Es handele sich nicht um eine Vergütung, die der Kläger ebenfalls hätte verlangen können und die dann einen erheblich höheren Umfang gehabt hätte, sondern nur um eine geringe Aufwandsentschädigung, die die für die Betreuung anfallenden Kosten typisierend abgelten solle. Der Ausweis der Aufwandsentschädigung in einem Bundesgesetz (§ 1835a BGB) reiche für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG aus. Ein zusätzlicher ausdrücklicher Ausweis im Haushaltsplan sei weder nach dem Wortlaut der Vorschrift noch nach ihrem Zweck und auch nicht aufgrund der Entstehungsgeschichte erforderlich (Pressemitteilung des BFH Nr. 01/13 vom 2.1.2013, LEXinform 0439011 sowie Anmerkung vom 15.1.2013, LEXinform 0652023).

Für Veranlagungszeiträume ab 2011 erfolgt eine betraglich begrenzte Steuerfreiheit. Nach der durch das Jahressteuergesetz 2010 (BGBl I 2010, 1768) eingefügten Vorschrift des § 3 Nr. 26b EStG sind Aufwandsentschädigungen steuerfrei, wenn sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen den Freibetrag von 3 000 € nicht überschreiten. § 3 Nr. 26b EStG geht als »lex specialis« § 3 Nr. 12 EStG vor (FG Baden-Württemberg vom 6.3.2019, 2 K 317/17, EFG 2019, 1262, LEXinform 5022272, Revision eingelegt, Az. BFH: VIII R 20/19, LEXinform 0952462; FG Baden-Württemberg Pressemitteilung vom 2.7.2019, LEXinform 0449959).

Im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 17.10.2012 (VIII R 57/09, BStBl II 2013, 799) hat das FinMin Baden-Württemberg einen neuen Erlass zur steuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer herausgegeben (FinMin Baden-Württemberg vom 10.2.2016, 3 – S 233.7/38, im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder, SIS 16 03 14).

2.3. Betriebsausgabenabzug

Ein Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26b EStG in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben ist abweichend von § 3c EStG nur insoweit möglich, als die Einnahmen des ehrenamtlichen Betreuers und gleichzeitig auch die berücksichtigungsfähigen Betriebsausgaben die steuerfreien Einnahmen übersteigen (§ 3 Nr. 26b Satz 2 i.V.m. Nr. 26 Satz 2 EStG; R 3.26 Abs. 9 LStR).

S. dazu auch die ausführlichen Berechnungen unter → Nebenberufliche Tätigkeiten.

Beispiel 1:

Ein ehrenamtlicher Betreuer erhält im Jahr 2021 für jede Betreuung eine Aufwandsentschädigung von 400 €.

  1. Der Betreuer hat 2 Betreuungen übernommen und tatsächliche Aufwendungen von 402 € nachgewiesen.

  2. Der Betreuer hat 8 Betreuungen übernommen und tatsächliche Aufwendungen von 3 100 € nachgewiesen.

  3. Der Betreuer hat 42 Betreuungen übernommen und tatsächliche Aufwendungen von 13 125 € nachgewiesen.

Lösung 1:

a) Übernahme von 2 Betreuungen

b) Übernahme von 8 Betreuungen

c) Übernahme von 42 Betreuungen (BFH Urteil vom 17.10.2012, VIII R 57/09, BStBl II 2013, 799)

Einnahmen je 400 €

800 €

3 200 €

16 800 €

./. steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 26b EStG

800 €

3 000 €

3 000 €

verbleiben

0 €

200 €

13 800 €

./. nachgewiesene Betriebsausgaben i.H.v.

402 €

3 100 €

13 125 €

abzugsfähig, soweit sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen

./. 0 €

./. 100 €

./. 10 125 €

Einkünfte

0 €

100 €

3 675 €

Stpfl. Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG

0 €

100 €

3 675 €

2.4. Pflegepauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG

Gem. § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG kann der Stpfl. wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die ihm durch die Pflege einer nicht nur vorübergehend hilflosen Person erwachsen, einen Pflegepauschbetrag geltend machen, wenn er dafür keine Einnahmen erhält. Die Pflege muss in der Wohnung entweder des Stpfl. oder des Pflegebedürftigen erfolgen (s.a. → Pflegekosten, → Heimunterbringung sowie → Kinderbetreuungskosten).

Zur Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung eines Pflegepauschbetrages gem. § 33b Abs. 6 EStG bei einem ehrenamtlichen Betreuer, der eine Aufwandsentschädigung nach § 1835a BGB a.F. bzw. § 1878 Abs. 1 BGB n.F. (s.o.) erhält, hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 13.11.2017 (15 K 3228/16, Mitteilung FG Düsseldorf vom 8.3.2018, LEXinform 0447941) entschieden, dass die Gewährung des Pflegepauschbetrags gem. § 33b Abs. 6 EStG ausgeschlossen ist, wenn der Stpfl. als Pflegeperson bereits eine Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer nach § 1835a BGB erhält.

Im Revisionsverfahren hat der BFH mit Urteil vom 4.9.2019 (VI R 52/17, LEXinform 0951692) aber entgegen der Rechtsauffassung des FG Düsseldorf entschieden, dass die dem Betreuer gewährte Aufwandsentschädigung gem. § 1835a BGB keine Einnahme i.S.d. Norm des § 33b Abs. 6 EStG ist, da sie nicht für die Pflege, sondern für die Betreuung i.S.d. §§ 1896 ff. BGB a.F. (§ 1814 BGB n.F. geleistet wurde.

Der Pflegepauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG kann auch nicht gewährt werden, wenn die Tätigkeit nicht eine Mindestpflegedauer erreicht. Die überwiegende Literatur fordert eine Pflege in nicht nur untergeordnetem Umfang, d.h. mit mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes (Loschelder in Schmidt, EStG, 36. A., § 33b Rz. 37; ebenso Urteil FG München vom 14.2.1995, 16 K 2261/94, EFG 1995, 722). Nach der Vfg. der OFD Hannover vom 15.5.1998 (S 2286 – 82 – StO 213/S 2286 – 214 – StH 215, LEXinform 0165416) darf die Pflege nicht von untergeordneter Bedeutung sein, d.h. sie muss mindestens 10 % des gesamten Zeitaufwandes ausmachen.

Das FG Düsseldorf konnte in seiner Entscheidung offen lassen, ob der Begriff der »Wohnung« nach § 33b Abs. 6 Satz 5 EStG auch ein Zimmer im Alten- oder Pflegeheim erfasst (bejahend Loschelder in Schmidt, EStG, 36. A., § 33b Rz. 37, wonach der Wohnungsbegriff weit aufzufassen ist).

Im Revisionsverfahren hat der BFH mit Urteil vom 4.9.2019 (VI R 52/17, LEXinform 0951692) zur Gewährung bzw. Nichtberücksichtigung des Pflegepauschbetrages an einen rechtlichen Betreuer Stellung genommen.

Die Gewährung des Pflegepauschbetrags setzt nach § 33b Abs. 6 EStG eine Zwangsläufigkeit voraus (BFH vom 29.8.1996, III R 4/95, BStBl II 1997, 199). Eine Zwangsläufigkeit aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen ist gegeben, wenn diese Gründe von außen so auf die Entscheidung des Steuerpflichtigen einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann.

Der Betreuer (Kläger) war zunächst weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen verpflichtet, die pflegerischen Maßnahmen gegenüber der zu betreuenden Person (H) zu erbringen. Insbesondere ergibt sich eine rechtliche Verpflichtung des Klägers nicht aus seiner Stellung als Betreuer des H. Betreuung ist nicht tatsächliche Hilfe, sondern Beistand in Form von Rechtsfürsorge. Zwar hat der Betreuer den Betreuten im Rahmen des ihm rechtlich übertragenen Aufgabenkreises in dem hierfür erforderlichen Umfang auch persönlich zu betreuen (§ 1897 Abs. 1 BGB). Betreuung und Pflege unterscheiden sich jedoch grundlegend. Eine Verpflichtung des Klägers als Betreuer, mit H Bewegungsübungen am Bett und im Rollstuhl zu unternehmen, Lesen zu üben oder ihn mit A zusammenzuführen, bestand demnach nicht.

Der Kläger war auch aus sittlichen Gründen nicht zur Erbringung der Pflegeleistungen verpflichtet. Im Anwendungsbereich des § 33b Abs. 6 EStG stellt der BFH zwar geringere Anforderungen an eine sittliche Verpflichtung als bei § 33 Abs. 2 EStG. Für die Gewährung des Pflegepauschbetrags gem. § 33b Abs. 6 EStG erkennt er eine sittliche Verpflichtung zur Pflege bereits unter der Voraussetzung an, dass eine enge persönliche Beziehung zwischen dem Stpfl. und der gepflegten Person besteht (BFH 29.8.1996, III R 4/95, BStBl II 1997, 199). Der Kläger hat für eine enge persönliche Beziehung zu H auch nichts vorgetragen.

Da der Pflegepauschbetrag danach bereits mangels Zwangsläufigkeit nicht gewährt werden kann, kann im Streitfall offenbleiben, ob grundsätzlich ein bestimmter Umfang an Pflegeleistungen erforderlich ist. Dahinstehen kann auch, ob im Falle einer Heimunterbringung überhaupt ein Pflegepauschbetrag i.S.d. § 33b Abs. 6 EStG geltend gemacht werden kann (s.a. Anmerkung vom 18.12.2019, LEXinform 0889042).

3. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der rechtlichen Betreuungsleistungen i.S.d. § 1896 BGB a.F. bzw. 1814 BGB n.F.

3.1. Voraussetzungen der rechtlichen Betreuung

Rechtliche Betreuung erhalten volljährige Personen, die ihre Angelegenheiten wegen einer Krankheit oder Behinderung ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1814 Abs. 1 BGB n.F.). Das Betreuungsgericht stellt auf Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen für den Volljährigen einen Betreuer.

Zum Betreuer kann bzw. können bestellt werden

eine natürliche Person (§ 1816 Abs. 1 BGB i.d.F. ab 1.1.2023), die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen.

mehrere Betreuer (§ 1817 BGB n.F.), wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können. Das Betreuungsgericht bestimmt, welcher Betreuer mit welchem Aufgabengebiet betraut wird. Mehrere Betreuer, die eine Vergütung erhalten, werden nur in den in § 1899 Abs. 1 BGB genannten Ausnahmefällen bestellt.

ein anerkannter Betreuungsverein (§ 1818 BGB n.F.). Zur Anerkennung als Betreuungsverein s.o. die Voraussetzungen des § 14 BtOG unter dem Gliederungspunkt »Betreuungsvereine«.

Der Verein überträgt die Wahrnehmung der Betreuung einzelnen Personen. Der Verein teilt dem Gericht mit, wem er die Wahrnehmung der Betreuung übertragen hat.

ein Mitarbeiter eines nach § 14 BtOG anerkannten Betreuungsvereins, der dort ausschließlich oder teilweise als Betreuer tätig ist (§ 1818 Abs. 2 BGB n.F. – Vereinsbetreuer –). Ein Vereinsbetreuer darf nur mit Einwilligung des Vereins bestellt werden.

3.2. Steuerbefreiung der rechtlichen Betreuungsleistungen ab 1.7.2013

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 802) wurde in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG und in § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. c UStG eine Umsatzsteuerbefreiung für rechtliche Betreuungsleistungen eingeführt. Die Änderungen sind am 1.7.2013 in Kraft getreten.

Mit der Ergänzung des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG werden ab dem 1.7.2013 Einrichtungen, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 BGB (§ 1814 BGB n.F.) durch Betreuungsbeschluss übertragen wurde, als umsatzsteuerbegünstigte Einrichtungen anerkannt (s.a. Abschn. 4.16.5 Abs. 20 UStAE). Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff »Einrichtungen« i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, auf dessen Rechtsgrundlage § 4 Nr. 16 UStG beruht, unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen (Abschn. 4.16.5 Abs. 20 Satz 3 UStAE).

Damit erfasst die Steuerbefreiung grundsätzlich auch die nach §§ 1896 ff. BGB (§ 1814 ff. BGB n.F.) erbrachten Betreuungsleistungen, insbesondere solche, die von Vereinsbetreuern und Betreuungsvereinen sowie von Berufsbetreuern erbracht werden (s.a. Abschn. 4.16.5 Abs. 20 Satz 2 UStAE). Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen im Rahmen der rechtlichen Betreuung s. OFD Magdeburg vom 10.12.2013 (S 7175 – 23 – St 245, UR 2014, 635).

In seinen Urteilen vom 17.2.2009 (XI R 67/06, BStBl II 2013, 967) und vom 25.4.2013 (V R 7/11, BStBl II 2013, 976 führt der BFH aus, dass rechtliche Betreuungsleistungen Dienstleistungen sind, die unmittelbar Ausdruck der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL genannten Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit sind. Dem BFH zufolge sind Betreuungsvereine und Berufsbetreuer als andere in der Bundesrepublik Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter anzusehen, wenn die Betreuungsvereine bzw. die Vereins- oder Berufsbetreuer nach §§ 1896 ff. BGB (§ 1814 ff. BGB n.F.) gerichtlich bestellt und überwacht sind.

Im Übrigen bestätigt der BFH im Urteil vom 25.4.2013 (V R 7/11, BStBl II 2013, 976) die Regelung in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG, dass Leistungen, die nach § 1908i BGB i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB a.F. (§ 11 VBVG i.V.m. § 1877 Abs. 3 BGB n.F.) vergütet werden, nicht umsatzsteuerfrei sind. Denn Leistungen, die z.B. einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung nach diesen Vorschriften des BGB vergütet werden, sind keine mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Leistungen. Sie sind auch nicht i.S.d. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Betreuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Einrichtung erbracht wird (Abschn. 4.16.5 Abs. 20 Satz 4 UStAE).

3.3. Anwendungsregelungen

3.3.1. Nicht berufsmäßig tätiger Einzelbetreuer

Nach § 1897 BGB (§ 1816 n.F.) gilt der Grundsatz der ehrenamtlichen Betreuung (s. § 1897 Abs. 6 BGB a.F. bzw. § 1816 Abs. 5 BGB n.F.).

Einzelbetreuer, die Betreuungen nicht berufsmäßig durchführen, betreuen nur eine oder wenige Personen und üben regelmäßig neben der Betreuungstätigkeit noch einen Hauptberuf aus. Grundsätzlich erhalten derartige Einzelbetreuer lediglich Ersatz für die tatsächlich entstandenen Aufwendungen (§ 1908i Abs. 1 i.V.m. § 1835 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 1878 Abs. 1 BGB n.F.). Zur Abgeltung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz erhalten diese Einzelbetreuer auf Verlangen als Aufwandsentschädigung für jede betreute Person einen Betrag, der für ein Jahr dem 16-Fachen (ab 1.1.2023 dem 17-Fachen) dessen entspricht, was einem Zeugen als Höchstbetrag der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit gewährt werden kann (§ 1908i Abs. 1 i.V.m. § 1835a Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 1878 Abs. 1 BGB n.F.).

3.3.2. Berufsbetreuer

Wer Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung ausführt, soll nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist (§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB a.F. bzw. § 1816 Abs. 5 BGB n.F.). Wird ein Berufsbetreuer bestellt, muss er Zahl und Umfang der berufsmäßig geführten Betreuungen mitteilen (§ 1897 Abs. 8 BGB a.F.).

In § 1816 Abs. 5 Satz 2 BGB n.F. wird erstmals eine Pflicht des Betreuungsgerichts eingeführt, bei der Entscheidung über die Bestellung eines bestimmten beruflichen Betreuers auch Anzahl und Umfang der von diesem Betreuer bereits zu führenden Betreuungen zu berücksichtigen. Eine generelle zahlenmäßige Begrenzung der von einem beruflichen Betreuer zu führenden Betreuungen durch den Gesetzgeber erscheint hingegen nicht sinnvoll. Denn die Zahl der rechtlichen Betreuungen, die ein Betreuer ohne Qualitätseinbußen führen kann, hängt stark vom Einzelfall ab. Der Einzelfall wird zum einen vom Aufwand der jeweils geführten Betreuungen bestimmt, zum anderen auch von der Organisation des Betreuers. So kann ein selbstständiger Berufsbetreuer, der über Mitarbeiter verfügt, generell mehr Betreuungen führen als ein Berufsbetreuer ohne Mitarbeiter. Denn den Mitarbeitern können in angemessenem Umfang Aufgaben außerhalb der persönlichen Betreuung übertragen werden, so z.B. die Buchhaltung als Vorarbeit für die jährliche Rechnungslegung. Gleichwohl soll das Gericht in Zukunft vor der Bestellung eines beruflichen Betreuers erfahren, wie viele Betreuungen dieser aktuell führt, damit es insoweit über eine gute Tatsachengrundlage für seine Entscheidung über die Eignung des Betreuers im konkreten Fall verfügt.

Die Betreuungsbehörde hat dem Gericht nach § 12 Abs. 3 Satz 3 BtOG die Anzahl und den Umfang der von dem vorgeschlagenen Betreuer bereits zu führenden Betreuungen sowie den zeitlichen Gesamtumfang und die Organisationsstruktur seiner Betreuertätigkeit mitzuteilen. Bei der Auswahl des Betreuers hat das Gericht diese Informationen zu berücksichtigen. Es hat daher jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob der Betreuer bereits so viele andere Betreuungen führt, dass er bereits aus Zeitgründen nicht in der Lage ist, den für die persönliche Betreuung erforderlichen Kontakt zum Betroffenen zu halten oder sich in geeigneter Weise um die Wahrnehmung der Angelegenheiten des Betreuten zu kümmern. Damit wird dem Gericht der notwendige Spielraum eingeräumt, für den einzelnen Menschen, der einer Betreuung bedarf, auch den aufgrund seiner persönlichen Voraussetzungen am besten geeigneten Betreuer zu finden. Eine pauschale Beschränkung der Fallzahlen, deren Höhe angesichts der dargelegten Vielgestaltigkeit der Anwendungsfälle zudem kaum seriös bestimmt werden kann, würde den Entscheidungsspielraum des Betreuungsgerichts im Einzelfall zu sehr einschränken und es erschweren, die für den konkreten Fall am besten geeignete Lösung zu finden (BT-Drs. 19/24445, 239 f.).

Ein Berufsbetreuer führt regelmäßig eine Vielzahl von Betreuungsleistungen aus. Die Feststellung, dass die Betreuung berufsmäßig geführt wird, trifft im Einzelfall das zuständige Gericht. Die Voraussetzungen für eine berufsmäßige Führung von Betreuungen liegen im Regelfall vor, wenn der Betreuer mehr als zehn Betreuungen führt oder die zur Führung der Betreuungen erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet oder wenn zu erwarten ist, dass diese Voraussetzungen in absehbarer Zeit vorliegen werden (§ 1 Abs. 1 des Vormünder- und Betreuungsvergütungsgesetz – VBVG – vom 21.4.2005, BGBl I 2005, 1076). Der Berufsbetreuer hat Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Betroffenen. Weiterhin werden ihm vom Vormundschaftsgericht regelmäßig Vergütungen nach § 1908i Abs. 1 i.V.m. § 1836 Abs. 2 BGB a.F. (§ 7 ff. VBVG) bewilligt.

Ehrenamtlicher Betreuer und Berufsbetreuer

Leistung ausgeführt ab dem 1.7.2013:

Mit der Ergänzung des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG werden ab dem 1.7.2013 Einrichtungen, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 BGB a.F. (§ 1814 BGB n.F.) durch Betreuungsbeschluss übertragen wurde, als umsatzsteuerbegünstigte Einrichtungen anerkannt. Der Begriff »Einrichtungen« umfasst unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen (Abschn. 4.16.5 Abs. 20 UStAE).

Beachte:

Leistungen, die nach § 1908 i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB a.F. (§ 11 VBVG i.V.m. § 1877 Abs. 3 BGB n.F.) vergütet werden (Dienste, die zum Gewerbe oder Beruf des Betreuers gehören), fallen weder nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG noch nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG und auch nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL unter die Steuerbefreiung, da es sich bei ihnen nicht um Betreuungsleistungen im eigentlichen Sinne handelt; z.B. wenn der Betreuer Rechtsanwalt ist und den Betreuten in einem Prozess vertritt oder wenn er Steuerberater ist und die Steuererklärung für den Betreuten erstellt.

Denn Leistungen, die z.B. einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung nach diesen Vorschriften des BGB vergütet werden, sind keine mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Leistungen. Sie sind auch nicht i.S.d. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Betreuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Einrichtung erbracht wird (Abschn. 4.16.5 Abs. 20 Satz 4 UStAE; EuGH Urteil vom 15.11.2012, C-174/11, UR 2013, 35, LEXinform 0589335, Rz. 61 und 62).

Mit Urteil vom 15.4.2021 (C-846/19, LEXinform 4228579) bestätigt der EuGH die nationale Rechtslage. Bei dem luxemburgischen Vorabentscheidungsersuchen ging es u.a. um die Frage des Umfangs der Steuerbefreiung für Leistungen der Sozialfürsorge i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

Der Kläger ist Anwalt und bei der Anwaltskammer Luxemburg zugelassen. Er übt Tätigkeiten der Vertretung Erwachsener als Beauftragter, Pfleger und Betreuer aus. Die Mandate werden von einem Vormundschaftsgericht erteilt, das für den Beauftragten auch eine Vergütung vorsehen kann.

Der EuGH stellt zunächst fest, dass Dienstleistungen, die zugunsten nicht geschäftsfähiger Erwachsener bewirkt werden und zu deren Schutz bei zivilrechtlichen Handlungen dienen, unter den Begriff »eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen« i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fallen (EuGH C-846/19, Rz. 65).

Werden solche Dienstleistungen von einem Dienstleistungserbringer bewirkt, der auch allgemeinere Tätigkeiten des Beistands oder der Beratung rechtlicher, finanzieller oder anderer Art wahrnimmt, etwa solche, die mit den speziellen Kenntnissen eines Anwalts, eines Finanzberaters oder eines Immobilienmaklers verbunden sind, ist jedoch zu präzisieren, dass Dienstleistungen, die im Rahmen der letztgenannten Tätigkeiten bewirkt werden, grds. nicht in den Bereich der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL vorgesehenen Steuerbefreiung fallen, selbst wenn sie im Kontext des einer nicht geschäftsfähigen Person geleisteten Beistands erbracht werden. In Anbetracht des Umstands, dass diese Steuerbefreiung eng auszulegen ist, können derartige Tätigkeiten nicht als für die Sozialfürsorge unerlässlich und eng mit dieser verbunden angesehen werden (EuGH C-846/19, Rz. 66).

Auch wenn sich die Berufsgruppe der Anwälte als solche nicht durch einen sozialen Charakter kennzeichnet, ist nicht ausgeschlossen, dass ein Anwalt, der eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen erbringt, ein dauerhaftes soziales Engagement leistet. Ein solches Engagement hat der Anwalt möglicherweise geleistet. Dies hat das vorlegende Gericht unter Beachtung des Ermessensspielraums, über den der betreffende Mitgliedstaat in dieser Hinsicht verfügt, zu prüfen (s. EuGH Pressemitteilung vom 15.4.2021, LEXinform 0460458).

3.3.3. Betreuungsverein bzw. Vereinsbetreuer

Vereinsbetreuer kann nur sein, wer in einem Arbeitsverhältnis zum Betreuungsverein steht (OLG Hamm vom 23.5.2000, 15 W 86/00, NJW 2001, 651). Einem Vereinsbetreuer werden berufliche Betreuungen durch das Betreuungsgericht übertragen. Der Mitarbeiter des Betreuungsvereines hat Gehaltsansprüche gegen seinen Betreuungsverein als Arbeitgeber.

Wird mit Einwilligung des Betreuungsvereins ein Vereinsbetreuer bestellt (§ 1897 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 1819 Abs. 3 BGB n.F.), wird dieser hinsichtlich des Aufwendungsersatzes und der Vergütung einem Berufsbetreuer gleichgestellt. Die oben dargestellten Grundsätze für die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen von Berufsbetreuern gelten entsprechend.

Wird der Betreuungsverein selbst zum Betreuer bestellt, überträgt der Verein die Wahrnehmung der Betreuung einzelnen Personen (§ 1900 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 1818 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F.). Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 VBVG n.F. erhält der Betreuungsverein eine dem Berufsbetreuer gleichgestellte Vergütung, wenn der Mitarbeiter, dem die Führung der Betreuung gem. § 1818 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. übertragen worden ist, als beruflicher Betreuer registriert ist (§ 13 Abs. 1 VBVG n.F. bzw. § 7 Abs. 1 VBVG a.F.). Der Betreuer selbst kann keine Vergütung geltend machen (§ 7 Abs. 3 VBVG a.F. bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 VBVG n.F.).

Gem. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG werden ab dem 1.7.2013 Einrichtungen, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 BGB a.F. (§ 1814 BGB n.F.) durch Betreuungsbeschluss übertragen wurde, als umsatzsteuerbegünstigte Einrichtungen anerkannt. Der Begriff »Einrichtungen« umfasst unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen.

Damit erfasst die Steuerbefreiung grundsätzlich die nach §§ 1896 ff. BGB a.F. (§ 1814 ff. BGB n.F.) erbrachten Betreuungsleistungen, insbes. solche, die von selbstständigen Vereinsbetreuern und Betreuungsvereinen sowie von Berufsbetreuern erbracht werden (Abschn. 4.16.5 Abs. 20 UStAE).

3.3.4. Betreuungsumsätze von Behörden

Wird ein Mitarbeiter einer Behörde (z.B. Jugendamt) – Behördenbetreuer – bzw. die Behörde selbst zum Betreuer bestellt, liegt keine steuerbare unternehmerische Betätigung der Behörde vor, die im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art erfolgt (vgl. § 2 Abs. 3 UStG; ab 1.1.2017 § 2b Abs. 1 UStG). Durch diese Tätigkeit tritt die Behörde nicht in Wettbewerb mit anderen privaten Unternehmern (s.a. § 2b Abs. 2 UStG ab 1.1.2017).

4. Betreuungsleistungen als Vormünder bzw. Ergänzungspfleger

Im Gleichklang mit der Einführung des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 802) werden auch die Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB a.F. (§ 1809 BGB n.F.) bestellt worden sind, nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. c UStG von der USt befreit (s.a. BMF vom 22.11.2013, BStBl I 2013, 1590).

Nach der Verwaltungsregelung in Abschn. 4.25.2 Abs. 9 UStAE üben Verfahrenspfleger oder -beistände keine den rechtlichen Betreuern (vgl. Abschn. 4.16.5 Abs. 20 UStAE) oder Vormündern vergleichbare Tätigkeit aus, da sie lediglich in Gerichtsverfahren auftreten und dort die Interessen der betroffenen Person vertreten. Deshalb wird auch für diese Tätigkeiten keine Umsatzsteuerbefreiung gewährt. Bei den Verfahrenspflegern oder -beiständen ist der Gegenstand der Leistung begrenzt, z.B. nur auf die Stellungnahme zu der Frage, wer das Sorgerecht erhalten soll. Eine umfassende Personen- oder Vermögenssorge wird hingegen nicht wahrgenommen.

Mit Urteil vom 17.7.2019 (V R 27/17, BFH/NV 2019, 1478, LEXinform 0951440) hat der BFH entschieden, dass sich ein nach § 158 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) gerichtlich bestellter Verfahrensbeistand auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen kann.

Mit Art. 12 Nr. 2 Buchst. d Doppelbuchst. bb i.V.m. Art. 50 Abs. 4 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird ab 1.1.2021 in § 4 Nr. 25 Satz 3 UStG eine neuer Buchst. d eingefügt. Die Vorschrift gilt für nach dem 31.12.2020 ausgeführte Umsätze.

Mit der Ergänzung werden nunmehr Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 FamFG zur Wahrnehmung der Interessen minderjähriger Kinder in Kindschaftssachen (§ 158 FamFG), in Abstammungssachen (§ 174 FamFG) oder in Adoptionssachen (§ 191 FamFG) bestellt wurden, als begünstigte Einrichtungen anerkannt. Nach gefestigter Rspr. des EuGH umfasst der Begriff »Einrichtungen« i.S.d. Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen.

Der Gesetzgeber folgt mit der Gesetzesänderung den Grundsätzen des BFH in seinem Urteil vom 17.7.2019 (V R 27/17, BFH/NV 2019, 1478, LEXinform 0951440), wonach an der Tätigkeit eines Verfahrensbeistands in Kindschaftssachen aufgrund der hier vorliegenden besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern ein besonderes Gemeinwohlinteresse besteht. Die Pflege und Erziehung der Kinder und Jugendlichen obliege zwar primär den Eltern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Verfolgen diese jedoch gegensätzliche Interessen, die mit denen ihrer Kinder in Konflikt geraten, muss den Kindern die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr eigenes Interesse in einer den Anforderungen des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) entsprechenden Eigenständigkeit im Verfahren geltend zu machen.

Die Steuerbefreiung erfasst demnach grds. die nach den §§ 158, 174 oder 191 FamFG erbrachten Beistandsleistungen sowohl von freiberuflich tätigen Rechtsanwälten, Pädagogen sowie Kinder- und Jugendpsychologen als auch von Mitarbeitern von Betreuungsvereinen, die vom Familiengericht zum Verfahrensbeistand bestellt wurden (BR-Drs. 503/20, 132).

Von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. d UStG ausgenommen bleiben weiterhin die Leistungen der Verfahrenspfleger nach den §§ 276, 317 FamFG in Betreuungs- und Unterbringungssachen.

Hinweis:

Die Tätigkeit als Verfahrensbeistand in Kindschaftssachen nach § 158 FamFG unterscheidet sich von der Tätigkeit als Verfahrenspfleger dadurch, dass der Verfahrenspfleger nicht gegenüber Kindern, sondern gegenüber solchen volljährigen Personen tätig wird, die ihre Angelegenheiten aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ganz oder teilweise nicht selbst besorgen können. Der Verfahrenspfleger wird tätig, bevor ein Gericht entscheidet, ob ein gesetzlicher Betreuer bestellt oder eine freiheitsentziehende Maßnahme genehmigt wird.

Mit Urteil vom 25.11.2021 (V R 34/19, BFH/NV 2022, 561, LEXinform 0952824) hat der BFH entschieden, dass sich auch die nach den §§ 276, 317 FamFG bestellten Verfahrenspfleger für Betreuungs- und Unterbringungssachen auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen können.

In Rz. 16 seiner Entscheidung V R 34/19 stellt der BFH fest, dass die Leistungen des Verfahrenspflegers in Betreuungs- und Unterbringungssachen weder nach § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG noch nach § 4 Nr. 25 UStG von der USt befreit sind.

§ 4 Nr. 16 Buchst. k UStG befreit u.a. Umsätze der Einrichtungen von der USt, die als Betreuer nach § 1896 Abs. 1 BGB a.F. (§ 1814 BGB n.F.) bestellt worden sind. Der Verfahrenspfleger wird nicht als amtlich bestellter Betreuer nach § 1896 BGB a.F. (§ 1814 BGB n.F.) tätig, seine Tätigkeit beschränkt sich auf die Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren vor der Anordnung einer Betreuung oder der Anordnung einer Unterbringung. Dabei beruht seine Bestellung auf § 276 FamFG (Betreuungssachen) oder auf § 317 FamFG (Unterbringungssachen).

Die Leistungen als Verfahrenspfleger in Betreuungs- und Unterbringungssachen sind »eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen« (BFH V R 34/19, Rz. 21). Die vorrangige Aufgabe des Verfahrenspflegers – auch als »Pfleger für das Verfahren« bezeichnet – besteht darin, gegenüber dem Gericht den Willen des Betroffenen kundzutun und dessen aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf rechtliches Gehör zu verwirklichen (Rz. 24).

»Betroffene« in diesem Sinne sind beim Verfahrenspfleger für Betreuungssachen volljährige Personen, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1814 Abs. 1 BGB n.F.). Von Unterbringungsverfahren betroffen sind insbes. Personen, bei denen aufgrund einer Krankheit oder Behinderung die Gefahr besteht, dass sie sich selbst gefährden oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügen und daher eine – zivilrechtliche (§ 1831 BGB n.F.) oder öffentlich-rechtliche (nach den Landesgesetzen über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten) – Unterbringung erforderlich erscheint.

Im Verfahren zur Bestellung eines Betreuers nach § 1814 BGB n.F. hat das zuständige Betreuungsgericht einen geeigneten Verfahrenspfleger im Regelfall zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist erforderlich, wenn die Bestellung eines Betreuers gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll (§ 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG i.d.F. des Gesetzes vom 4.5.2021, BGBl I 2021, 882). Im Unterbringungsverfahren gelten diese Bestimmungen entsprechend.

Der Qualifikation als Sozialleistung steht nicht entgegen, dass als Verfahrenspfleger im Regelfall Anwälte bestellt werden (BFH V R 34/19, Rz. 31). Denn der Verfahrenspfleger wird mit dem Akt der Bestellung zum Beteiligten und hat damit die Aufgabe, die Interessen des Betroffenen wahrzunehmen, ohne an dessen Weisungen gebunden zu sein. Der Verfahrenspfleger ist nach der gesetzlichen Ausformung ein »besonderer Pfleger«, der für seine Aufgaben anwaltliche Qualifikationen mitbringen kann, aber nicht notwendigerweise mitbringen muss. Die Verfahrenspflegschaft ist daher keine anwaltsspezifische oder dem Anwaltsberuf vorbehaltene Tätigkeit.

Der Verfahrenspfleger ist auch als soziale Einrichtung anerkannt. Einer Anerkennung steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich um eine natürliche Person mit Gewinnerzielungsabsicht handelt (Rz. 32).

Hinweis:

Nach dem EuGH-Urteil vom 15.4.2021 (C-846/19, LEXinform 4228578) kann die Tätigkeit eines Anwalts zum Schutz nicht geschäftsfähiger Erwachsener als wirtschaftliche Tätigkeit bei Anerkennung als andere Einrichtung mit sozialem Charakter mehrwertsteuerbefreit sein (s.a. EuGH Pressemitteilung vom 15.4.2021, LEXinform 0460458).

Der BFH macht in Rz. 40 seiner Entscheidung (V R 34/19) deutlich, dass die Tätigkeit des Verfahrenspflegers nicht mit der des Berufsbetreuers vergleichbar ist. Eine Ungleichbehandlung bezüglich der Steuerbefreiung des Berufsbetreuers nach § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG liegt nicht vor. Während der Verfahrenspfleger vor der Bestellung eines Betreuers und lediglich im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens tätig wird, setzt die auf Dauer angelegte Tätigkeit des Betreuers erst nach dem Tätigwerden des Verfahrenspflegers und mit seiner wirksamen Bestellung ein. Beide Tätigkeiten schließen sich gegenseitig aus, da es nicht zulässig ist, einen Verfahrenspfleger auch zum Betreuer zu bestellen. Geschieht dies gleichwohl, ist diese Bestellung zwar formell nicht unwirksam, der Betroffene hat aber dann tatsächlich keinen oder einen völlig ungeeigneten Verfahrenspfleger.

Eine Ungleichbehandlung findet jedoch hinsichtlich der Verfahrensbeistände und des Verfahrenspflegers statt. Denn der Verfahrensbeistand in Kindschaftssachen nach § 158 FamFG, in Abstammungssachen nach § 174 FamFG sowie in Adoptionssachen nach § 191 FamFG wurde vom Gesetzgeber durch § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. d UStG mit Wirkung zum 1.1.2021 UStG von der USt befreit und damit (konkludent) als soziale Einrichtung i.S.d. Unionsrechts anerkannt. Der BFH und auch das FG gehen davon aus, dass zwischen beiden Berufsgruppen kein wesentlicher Unterschied besteht. Zwar werden die Verfahrensbeistände nach §§ 158, 174 und 191 FamFG in Kindschaftssachen tätig, während die Verfahrenspfleger die Interessen von kranken Volljährigen wahrnehmen, jedoch handelt es sich in beiden Fällen um besonders schutzbedürftige Personen (Rz. 41).

5. Literaturhinweise

Birmanns, Grundsätze der Betreuervergütung, NWB Fach 19, 3449; Pfefferle u.a., Weiterhin Steuerpflicht der rechtlichen Betreuungsleistungen der Berufsbetreuer, NWB 2013, 751; Pfefferle u.a., Berufsbetreuerleistungen – Ende einer never-ending-story, NWB 52/2013, 4119.

6. Verwandte Lexikonartikel

Pflegegeld für Kinder in Familienpflege

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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