Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
2 Erneute Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts
3 Grundsätzliche Rechtslage ab 2009
3.1 Bewertungsmethodik
3.1.1 Allgemeines
3.1.2 Bewertung von Betriebsvermögen (außer Land- und Forstwirtschaft)
3.1.3 Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen
3.1.4 Zusammenfassendes Fazit zu den neuen Bewertungsmethoden
3.2 Steuerliche Förderung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG a.F.
3.2.1 Das Grundmodell (sog. Regelverschonung)
3.2.2 Optionsmodell
3.2.3 Begünstigtes Vermögen
4 Änderungen durch die Erbschaftsteuerreform 2015
4.1 Grundsätzliche Anmerkungen
4.2 Begünstigungsfähiges und begünstigtes Vermögen
4.3 Berücksichtigung von Schulden, pauschale Umwidmung und junges Verwaltungsvermögen
4.4 Verschonungsregelungen
4.4.1 Regelverschonung
4.4.2 Optionsverschonung
4.4.3 Lohnsummenregelung
4.4.4 Abschmelzung der Regel- und Optionsverschonung
4.4.5 Besonderer Abschlag für familiengeführte Unternehmen
4.4.6 Stundungsregelung in Todesfällen
4.5 Verschonungsbedarfsprüfung
4.6 Neuerungen im Bewertungsrecht
4.7 Verfassungsrechtliche Bedenken
5 Weitere zeitlich differierende Änderungen
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Einleitung

Infolge der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuergesetzes wurde Ende 2008 das Erbschaftsteuergesetz umfassend novelliert. Hierbei wurde neben der Anpassung bzw. Neufassung der erbschaftsteuerlichen Regelungen insbesondere auch eine Anpassung der Bewertungsmethoden vorgenommen, da es die unmissverständliche Vorgabe des BVerfG gewesen ist, dass zunächst eine Bewertung auf der Grundlage des gemeinen Wertes erfolgen soll und erst im Anschluss daran eine gezielte Begünstigung geregelt werden sollte.

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Gem. § 37 Abs. 1 ErbStG sind die neuen Regelungen ab 1.1.2009 in Kraft getreten.

Nach Art. 3 ErbStRG konnte ein Erwerber bis zum 30.6.2009 auch schon für Erwerbe von Todes wegen auf die neuen gesetzlichen Regelungen optieren, wenn der Erwerb von Todes wegen nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 erfolgte. In diesem Fall werden alle neuen gesetzlichen Regelungen – mit Ausnahme der ab dem 1.1.2009 geltenden persönlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG – angewendet. Schenkungen werden von diesem Wahlrecht nicht erfasst, obgleich es wenig nachvollziehbare Gründe für diese Ungleichbehandlung gibt. Ab der Verkündung des neuen Gesetzes sind jedoch die neuen Regeln zwingend anzuwenden, sodass ein »Nebenher« beider Gesetzesfassungen ausscheidet.

Umfangreiche Ausführungen zur Anwendung der neuen Rechtslage beinhalten auch diverse Verlautbarungen der Finanzverwaltung, vorwiegend in der Form von sog. Koordinierten Ländererlassen, d.h. Erlassen der jeweiligen Länder, welche jedoch zur Einheitlichkeit bundesweit abgestimmt wurden (u.a. zur Umsetzung der Erbschaftsteuerreform, FinMin Baden-Württemberg vom 25.6.2009, BStBl I 2009, 713 bzw. FinMin Baden-Württemberg vom 23.2.2009, BStBl I 2009, 446).

Der Bundesrat hat am 11.10.2019 den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 (ErbStR 2019) zugestimmt. Mit Inkrafttreten der ErbStR 2019 werden die ErbStR 2011 aufgehoben. Die ErbStR 2019 sind auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 21.8.2019 entsteht. Sie gelten auch für Erwerbsfälle, für die die Steuer vor dem 22.8.2019 entstanden ist, soweit sie geänderte Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes betreffen, die vor dem 1.5.2019 anzuwenden sind. Bisher ergangene Anweisungen, die mit diesen Richtlinien im Widerspruch stehen, sind dann nicht mehr anzuwenden (vgl. I. Einführung zu den ErbStR 2019)

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 30.10.2010 die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 3196 bis 1 BvR 3198/09 gegen das ErbStRefG vom 24.12.2008 nicht zur Entscheidung angenommen. Verfassungsbeschwerde hatten in allen drei Fällen die potentiellen Erblasser unmittelbar gegen das Gesetz mit der Begründung eingelegt, die unterschiedlichen Steuersätze, Freibeträge und Steuerbefreiungsvorschriften beeinflussten sie erheblich in der Ausübung ihrer Testierfreiheit. Das BVerfG hielt die Verfassungsbeschwerden für unzulässig, weil sie die erforderliche Selbstbetroffenheit der Beschwerdeführer durch das neue ErbStG nicht hinreichend erkennen lassen.

2. Erneute Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in seinem Urteil vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12, BGBl I 2015, 4) die Verschonungsregelungen nach §§ 13a und 13b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zwar grundsätzlich für notwendig gehalten. Allerdings wurde festgestellt, dass die bestehenden Verschonungsregelungen angesichts ihres Übermaßes aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Die festgestellten Gleichheitsverstöße umfassen wichtige Bausteine der Gesamtregelung und damit des gesamten Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts. Das BVerfG hat daher die §§ 13a und 13b in Verbindung mit der Steuertarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG und damit die Erhebung der derzeitigen Erbschaft- und Schenkungsteuer insgesamt für mit der Verfassung unvereinbar erklärt.

Der Juli 2015 vorgelegte Gesetzentwurf zielte daher auf eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Verschonung betrieblichen Vermögens ab. Die Sicherung der vorhandenen Beschäftigung in den übergehenden Betrieben und die Bewahrung der ausgewogenen deutschen Unternehmenslandschaft machen es erforderlich, die Unternehmensnachfolge bei Erwerben von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden in den vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Grenzen weiterhin zu erleichtern. Die deutsche Unternehmenslandschaft, insbesondere charakterisiert durch einen breiten Mittelstand, steht für eine bestimmte Unternehmenskultur. Die Unternehmen sind teils in dünn besiedelten Regionen gewachsen, stärken dort die Wirtschaft entscheidend und wirken einer Abwanderung aus diesen Gebieten entgegen. Traditionelle Unternehmen werden vielfach seit Generationen fortgeführt und sichern über Jahrzehnte zahlreiche Arbeitsplätze. Durch ihr Engagement auch im sozialen und kulturellen Bereich sorgen sie für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt in der jeweiligen Region. Die deutschen Unternehmensstrukturen, insbesondere die mittelständischen und inhabergeführten Unternehmen, haben sich in Krisenzeiten als stabilisierend für die Beschäftigung und damit für den Wohlstand der deutschen Gesellschaft insgesamt erwiesen.

Um einen verfassungsgemäßen Zustand zu schaffen, beabsichtigte bereits der erste Entwurf des nunmehr verabschiedeten Gesetzes die vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungen anzupassen:

  • die Freistellung von Kleinstbetrieben von den Lohnsummenregelungen,

  • korrigierte Abgrenzung des begünstigten von dem nicht begünstigten Vermögen,

  • die Einführung einer Verschonungsbedarfsprüfung für den Erwerb großer Betriebsvermögen sowie

  • die Einführung eines Abschmelzmodells für den Erwerb großer Betriebsvermögen.

Ferner wurden in der nun verabschiedeten Reform diverse weitere Änderungen vorgenommen. Zur Gesetzesentwicklung vgl. ausführliche Darstellung → Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Weiterer Hintergrund zur Verfassungswidrigkeit:

Bereits kurze Zeit nach der Gesetzesänderung wurden erneute Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des gerade erst novellierten Erbschaftsteuerrechts geäußert. So hatte der BFH durch Beschluss vom 5.10.2011 (veröffentlicht am 15.11.2011) das BMF aufgefordert, dem beim BFH anhängigen Verfahren II R 9/11 beizutreten. In dem Verfahren ging es um die Besteuerung eines Erbfalls im Jahre 2009. Es war zu entscheiden,

  1. ob die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a. Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) verfassungsgemäß ist und

  2. ob § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b des ErbStG in der auf den 1.1.2009 zurückwirkenden Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009 deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil die §§ 13a und 13b ErbStG es ermöglichen, durch bloße Wahl bestimmter Gestaltungen (gewerblich geprägte Personengesellschaft; Kapitalgesellschaft) die Steuerfreiheit des Erwerbs von Vermögen gleich welcher Art und unabhängig von dessen Zusammensetzung und Bedeutung für das Gemeinwohl zu erreichen.

Der BFH hatte das diesbezügliche Streitverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (BFH Beschluss vom 27.9.2012, II R 9/11; veröffentlicht am 10.10.2012, vgl. Pressemitteilung LEXinform 0438568). Er ist der Ansicht, dass die im Erbschaftsteuergesetz vorgesehenen Begünstigungen für Betriebsvermögen verfassungswidrig sind. Eigentlich hatte der Kläger nur beanstandet, dass er in der Steuerklasse II demselben Steuersatz unterliegt wie in der Steuerklasse III. Insoweit hat der BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der BFH hat den Fall jedoch genutzt, die gesamte Steuerverschonung für Betriebsvermögen auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand zu heben. Dabei hat der Senat in der 65 Seiten umfassenden Vorlage die aus seiner Sicht unvertretbaren Überprivilegierungen, Zielungenauigkeiten und Ungereimtheiten ausführlich dargelegt. Bereits der Beschluss des BFH vom 5.10.2011 enthielt deutliche Hinweise darauf, dass der BFH von der Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts ausgeht. So spricht der BFH von einer Verschärfung der verfassungsrechtlichen Problematik sogar gegenüber dem alten – seinerseits verfassungswidrigen – Recht und greift in seinem Beschluss außerdem Fragen auf, die in dem konkreten Fall gar keine Rolle spielen. Hierbei wird eine Reihe von Gestaltungsvarianten aufgezeigt, welche bei geschickter Gestaltung eine erhebliche Ersparnis bei der Steuerbelastung herbeiführen. Nach derzeitigem Recht besteht u.a. die Möglichkeit, private Zahlungsmittel durch Einlage in ein Betriebsvermögen erbschaftsteuerlich zu begünstigen (sog. Cash-GmbHs). Solche Cash-GmbHs sind vor allem ein Vehikel, um Vermögen Personen zu übertragen, die den Steuerklassen II und III unterliegen, also Geschwistern, Nichten, Neffen, nichtehelichen Lebenspartnern oder fremden Dritten. Deren persönlicher Freibetrag ist mit 20 000 € sehr gering bei gleichzeitig relativ hohen Eingangssteuersätzen.

Die Verfassungsverstöße führten – so der BFH – teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden.

Beispiel 1: (angelehnt an Esskandari, StBW 2012, 81)

X vererbt seinen Neffen N Pfandbriefe im Wert von 10 000 000 €.

Lösung 1:

N erwirbt die Pfandbriefe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. X vererbt seinen Neffen Pfandbriefe im Wert von 10 000 000 €. Als Neffe gehört er zur Steuerklasse II (vgl. § 15 Abs. 1 ErbStG.

Bruttoerwerb

10 000 000 €

persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG)

./. 20 000 €

stpfl. Erwerb

9 980 000 €

Steuersatz

35 %

Steuerbelastung:

3 493 000 €

Beispiel 2: (angelehnt an Esskandari, StBW 2012, 81)

Sachverhalt wie Beispiel 1. X ist zudem Eigentümer zweier vermögensloser GmbHs (A-GmbH und B-GmbH). In die A-GmbH bringt X seine gesamten Pfandbriefe ein. Danach verkauft die A-GmbH die Pfandbriefe unter Stundung des Kaufpreises zum Steuerwert an die B-GmbH. Der Neffe erbt sodann beide Beteiligungen.

Lösung 2:

Bei der Übertragung ist zu prüfen, ob es sich um begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13a Abs. 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 ErbStG handelt. Da X zu mehr als 25 % an beiden Gesellschaften beteiligt war, sind diese zunächst begünstigt. Das Besondere an der Gestaltung liegt darin, dass durch die Übertragung des Vermögens von der A-GmbH auf die B-GmbH gegen Kaufpreisforderung aus für sich genommen unbegünstigtem Verwaltungsvermögen eine Forderung gemacht wurde, die nicht dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen ist. Mithin wäre die Übertragung der A-GmbH erbschaftsteuerlich erheblich begünstigt. Der Wert der B-GmbH ist aufgrund der gleich hohen Kaufpreisverpflichtung zu vernachlässigen.

Auf Betreiben der Länderfinanzminister wurden nunmehr im Amsthilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes (→ Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz) entsprechende verschärfende Regelungen aufgenommen. Zunächst wurde in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG geregelt, dass Holdinggesellschaften auch dann die Lohnsummenkriterien zu erfüllen haben, wenn sie zwar weniger als 20 Beschäftigte haben, sie aber zusammen mit ihren Tochtergesellschaften diese Beschäftigtengrenze überschreiten.

Ferner wurde eine Regelung aufgenommen, die die sog. Cash-GmbHs von der Begünstigung ausnimmt. Dabei handelt es sich um eine Gestaltung, mit der nach geltendem Recht Geldvermögen zu 100 % steuerfrei übertragen werden kann. Bislang wurde das begünstigte Betriebsvermögen dieser Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zu 85 % bzw. sogar zu 100 % von der Erbschaftsteuer befreit, wenn es zu nicht mehr als 50 % bzw. nur zu maximal 10 % aus sog. Verwaltungsvermögen bestand. Nach der nunmehr beschlossenen Änderung gelten Finanzmittel in einer Gesellschaft dann als schädlich für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn sie 20 % des Wertes der Gesellschaft übersteigen (vgl. § 13b Abs. 2 Nr. 4a ErbStG n.F.), wobei zunächst die betrieblichen Schulden abgezogen werden. Damit sollen die Cash-GmbHs, die (ihrem Namen entsprechend) nahezu vollständig aus Liquidität bestehen, nicht mehr zum Kreis der erbschaftsteuerlich begünstigten Unternehmen zählen. Mittelständische Betriebe sollen dagegen weiterhin von den Begünstigungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer profitieren, da ihre Finanzmittel nach Ansicht des Gesetzgebers die Schädlichkeitsgrenze von 20 % nicht übersteigen. Für konzerninterne Finanzierungsgesellschaften soll zudem eine Ausnahme gelten, um den weit verbreiteten Cash-Pooling-Konstruktionen Rechnung zu tragen. Die gesetzliche Neuregelung gilt für Übertragungen, bei denen die Steuer nach dem 6.6.2013 entsteht (Tag des Bundestagsbeschlusses über die Änderungen bei der Erbschaftsteuer). Auch das BVerfG (1 BvL 21/12) zweifelt an den Steuerprivilegien für Unternehmenserben. In der ersten mündlichen Verhandlung vom 8.7.2014 stellte der Erste Senat vor allem das Ausmaß der Verschonung infrage. Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof sagte, die seit 2009 geltenden Regelungen öffneten »einen breiten Raum für eine Steuervermeidung bis hin zur völligen Steuerbefreiung«. Mehrere Richter fragten zudem, ob der Gesetzgeber bei der Erbschaftsteuer nicht über das Ziel hinausgeschossen sei und man nicht von einer Überprivilegierung von Unternehmenserben gegenüber anderen Steuerzahlern sprechen könne. Die Karlsruher Richter müssen nun entscheiden, ob die Besserstellung von Unternehmenserben gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Grundgesetz verstößt. Das Gericht prüft, ob Steuerpflichtige, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige und der Leistungsfähigkeit entsprechende Besteuerung verletzt werden. Das Urteil könnte im Herbst fallen.

3. Grundsätzliche Rechtslage ab 2009

3.1. Bewertungsmethodik

3.1.1. Allgemeines

Nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Entscheidung des BVerfG war der Gesetzgeber gefordert, eine Bewertungsmethodik zu finden, die bei sämtlichen Wirtschaftsgütern eine Heranziehung mit dem Verkehrswert ermöglicht. Das ursprüngliche Änderungsgesetz beinhaltete an mehreren Stellen eine Ermächtigung des Gesetzgebers zum Erlass einer weitergehenden Durchführungsverordnung. Auf dieser Grundlage hatte das BMF am 13.2.2008 erste Entwürfe der Bewertungsordnungen für Betriebs-, Grund- sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen veröffentlicht. Vermutlich auch aufgrund unterschiedlicher Verlautbarungen, wonach derartige Verordnungen möglicherweise verfassungsrechtlich bedenklich seien, wurden diese inhaltlich in den Gesetzestext und damit in das künftige Bewertungsgesetz eingearbeitet. Darüber hinaus sind die Änderungen gegenüber den bisherigen Entwürfen eher als marginal zu bezeichnen.

3.1.2. Bewertung von Betriebsvermögen (außer Land- und Forstwirtschaft)

Für das Betriebsvermögen von Gewerbebetrieben und von freiberuflich Tätigen erfolgt der Wertansatz grundsätzlich mit dem gemeinen Wert (vgl. §§ 109 Abs. 1 Satz 1, 96 BewG). Auch Anteile am Betriebsvermögen einer in § 97 BewG genannten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse werden mit dem gemeinen Wert erfasst. Für die Ermittlung des gemeinen Wertes gilt jeweils § 11 Abs. 2 BewG. Insofern wird § 11 BewG die zentrale Bewertungsnorm, die jedoch in Abs. 2 Satz 4 auf die §§ 199 ff. BewG verweist (vereinfachtes Ertragswertverfahren).

Die Bewertungsmethode sieht vor, dass ein Wert zunächst aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, abgeleitet werden soll (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Dies unterstellt, dass solche Verkäufe am objektivsten den Marktwert zum Bewertungszeitpunkt widerspiegeln. Sollten derartige stichtagsnahe Verkäufe nicht vorliegen, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten (und gerade nicht des Vermögens) oder gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG nach einer anderen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr anerkannten Methode zu ermitteln (z.B. DCF-Verfahren). Sind für bestimmte Bewertungsgruppen andere spezielle Bewertungsmethoden üblich und anerkannt, werden diese auch vom Steuerrecht akzeptiert (z.B. Multiplikatormethode bei der Ermittlung des Kaufpreises von freiberuflichen Praxen und Kanzleien).

Als Mindestwert ist jedoch gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG immer der Substanzwert, also der Wert aller zum Betriebsvermögen zählenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der Schulden und sonstigen Abzüge zu Grunde zu legen.

§ 11 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. §§ 199 ff. BewG ermöglicht auch die Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren. In §§ 199 ff. BewG wird ein vereinfachtes Verfahren zur Ertragswertermittlung geregelt. Dieses typisierende Verfahren soll die Möglichkeit bieten, ohne große Ermittlungen und kostenintensive Wertgutachten eine Bewertung des Betriebsvermögens vornehmen zu können.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren findet jedoch nur dann Anwendung, wenn für einen Gewerbebetrieb kein Verkaufspreis und für einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft kein Börsenkurs oder Verkaufspreis vorliegt und die ertragsorientierte Bewertung branchenüblich ist. Dabei besteht ein echtes Wahlrecht zwischen der Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens oder eines Gutachtens unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten (z.B. IDW S 1), vgl. auch BFH vom 2.12.2020 (II R 5/19, LEXinform 0952242). Zu beachten ist nur der Substanzwert als Mindestwert.

Im Rahmen dieses vereinfachten rechtsformneutralen Verfahrens wird der Ertragswert aus der Multiplikation des nachhaltig erzielbaren Jahresertrages (typisierend Durchschnitt der Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre) mit dem Kapitalisierungsfaktor (13,75) ermittelt (vgl. § 200 Abs. 1 BewG i.V.m. § 201 Abs. 2 BewG). Das Betriebsergebnis ist wiederum umfangreichen Korrekturen zu unterwerfen (vgl. § 202 BewG).

Für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 beträgt der Kapitalisierungsfaktor einheitlich 13,75, vgl. § 203 Abs. 1 BewG. Bis zum 31.12.2015 wurde der Faktor aus einem variablen Basiszins und einem Zuschlag von 4,5 ermittelt. Der maßgebliche Zinssatz wurde durch das BMF im BStBl veröffentlicht. Für Bewertungsstichtage in 2015 betrug der Kapitalisierungsfaktor 18,2149 (Basiszins 0,99). In den Niedrigzinsphasen führte diese Berechnung zu einer überhöhten Bewertung im Ertragswertverfahren. Der Gesetzgeber hat daher einen festen Faktor von 13,75 eingeführt. § 203 Abs. 2 BewG enthält jedoch eine Ermächtigungsgrundlage für das BMF den Faktor an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten anzupassen.

Besonderheiten ergeben sich u.a. aus der separaten Behandlung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen (vgl. § 200 Abs. 2 BewG) und in der zwingenden separaten Bewertung von Unterbeteiligungen (vgl. § 200 Abs. 3 BewG). Ferner gelten Besonderheiten bei Einlagen innerhalb von zwei Jahren, da hier offenbar ein möglicher Missbrauch befürchtet wird (vgl. § 200 Abs. 4 BewG).

Für Anteile an Personengesellschaften erfolgt grundsätzlich eine Bewertung wie oben dargestellt, wobei diese sich nur auf das Gesamthandsvermögen bezieht. Sollte Sonderbetriebsvermögen mit übertragen werden, ist dieses isoliert zu bewerten.

Eine umfangreiche Darstellung der anzuwendenden Rechtsvorschriften beinhaltet u.a. der Erlass des FinMin Baden-Württemberg vom 25.6.2009, BStBl I 2009, 698, LEXinform 5232212).

Zu den Folgen von Umwandlungsvorgängen für die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens hat die Finanzverwaltung in einem koordinierten Ländererlass Stellung genommen (Ländererlass vom 13.10.2022, LEXinform 7013383).

3.1.3. Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen

Auch für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens befinden sich die Bewertungsregeln nunmehr direkt im Bewertungsgesetz, genauer in den §§ 158 ff. BewG.

Da bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen regelmäßig keine Ableitung aus Verkäufen stattfinden wird, soll die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Rahmen eines typisierenden Ertragswertverfahrens erfolgen. Hierbei wird auf die betriebswirtschaftliche Ausrichtung und die Betriebsgröße abgestellt, wodurch die objektive Ertragsfähigkeit der Betriebe realitätsgerecht abgebildet werden soll. Nicht geregelt wurde die Bewertung des Wohnteils und der land- und forstwirtschaftlichen Betriebswohnungen, da diese nach den eingangs dargestellten Vorschriften für die Bewertung von Grundvermögen bewertet werden sollen (vgl. § 167 Abs. 1 BewG). Nach dieser Abtrennung umfasst der Wirtschaftsteil des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich folgende Nutzungen:

  • die landwirtschaftliche Nutzung,

  • die forstwirtschaftliche Nutzung,

  • die weinbauliche Nutzung,

  • die gärtnerische Nutzung und

  • die übrigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen.

Der nachhaltig erzielbare Reingewinn einer jeden Nutzung umfasst das ordentliche Ergebnis (Durchschnitt der letzten fünf abgelaufenen Wirtschaftsjahre vor dem Bewertungsstichtag gem. § 163 BewG) abzüglich eines angemessenen Lohnersatzes für die Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und der nicht entlohnten Arbeitskräfte (z.B. Angehörige). Auch in Umsetzung der Vorgaben des BVerfG finden sich in der Anlage zum Gesetz diverse Anlagen mit Bewertungszahlen zur Ermittlung des jeweiligen Reingewinns. Diese hängen neben der örtlichen Gegebenheit insbesondere von der Art und dem Umfang der Nutzung ab. Durch die genaue Differenzierung soll trotz der gebotenen Typisierung möglichst der gemeine Wert ermittelt werden. Der ermittelte Reingewinn bzw. die Summe aller Reingewinne der unterschiedlichen Nutzungen ist sodann mit der Eigentumsfläche zu multiplizieren, das Ergebnis spiegelt den maßgebenden Reinertrag wieder. Dieser ist gem. § 163 Abs. 11 BewG mit 5,5 % (somit mit 18,6) zu kapitalisieren. Das Ergebnis ist der Regelertragswert.

Ferner wurde in § 164 BewG eine umfangreiche Mindestwertregelung installiert, welche einzig an die Ertragsfähigkeit der Wirtschaftsgüter anknüpft. Außerdem kann über § 165 Abs. 3 BewG ein niedrigerer Verkehrswert des Wirtschaftsteils nachgewiesen werden.

Mit BMF-Schreiben vom 18.3.2009 (IV C 2 – S 3015/0) wurden ferner die Standarddeckungsbeiträge zur Durchführung der Klassifikation der §§ 163, 164 BewG veröffentlicht.

Eine umfangreiche Darstellung der anzuwendenden Rechtsvorschriften beinhaltet u.a. der Erlass des FinMin Baden-Württemberg vom 1.4.2009 (BStBl I 2009, 552, LEXinform 5232149).

3.1.4. Zusammenfassendes Fazit zu den neuen Bewertungsmethoden

U.a. in Fällen der geplanten Unternehmensnachfolge kommt den neuen Bewertungsmethoden eine erhebliche Bedeutung zu. Obgleich eine pauschale Einschätzung sehr schwierig ist, muss wohl – unabhängig von der Vermögensart – damit gerechnet werden, dass die Annäherung der Bewertungsmethodik zum gemeinen Wert künftig eher zu einer höheren Bemessungsgrundlage führen wird.

Auch bei der Bewertung von Grundvermögen kann davon ausgegangen werden, dass künftig eher der Verkehrswert zugrunde gelegt wird. Dadurch ist auch hier die Frage der Entwicklung der persönlichen Freibeträge von erheblicher Bedeutung.

3.2. Steuerliche Förderung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG a.F.

Die Verschonung von Betriebsvermögen ist insbes. in den §§ 13a, 13b ErbStG enthalten. Die Regelungen sind in der Vergangenheit mehrfach geändert worden und waren zuletzt Gegenstand der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12). Nach der Feststellung der Verfassungswidrigkeit wurden die Verschonungsregelungen neu gefasst. Die bisherigen Regelungen waren bis zum 30.6.2016 weiter anwendbar. Nachfolgend werden daher sowohl die alten als auch die neuen Verschonungsregelungen im Überblick dargestellt.

3.2.1. Das Grundmodell (sog. Regelverschonung)

Im sog. Grundmodell ist geregelt, dass 85 % des übertragenen Betriebsvermögens verschont bleiben. Die Behaltensfrist und die Frist, innerhalb derer die nachfolgend dargestellte Lohnsumme erreicht werden muss, liegen bei fünf Jahren. Darüber hinaus beträgt die Lohnsumme künftig kumuliert als Gesamtlohnsumme 400 %. Ferner ist gem. § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG die Lohnsummenregelung bei Betrieben mit maximal 20 Beschäftigten nicht anzuwenden. Bei Verstoß gegen die Behaltensfrist (z.B. durch Veräußerung oder Aufgabe) kommt es nur zu einem zeitanteiligen rückwirkenden Wegfall der Verschonung.

Die Nachversteuerungstatbestände enthält § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. sind im Wesentlichen aus der vorhergehenden Gesetzesfassung übernommen worden. Als Verstoß gelten zudem die Vornahme von Überausschüttungen und die Aufhebung einer Poolvereinbarung bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Umwandlungen nach §§ 3–16 UmwStG stellen keine schädlichen Verwendungen mehr dar.

§ 13a Abs. 4 ErbStG a.F. enthält eine Reinvestitionsklausel, die die Nachversteuerung verhindern kann, wenn der Erlös innerhalb von sechs Monaten in begünstigtes Vermögen der begünstigten Vermögensart (re-)investiert wird (§ 13a Abs. 5 Satz 4 ErbStG a.F.). Die Ersatzobjekte dürfen kein (unbegünstigtes) Verwaltungsvermögen darstellen.

Beispiel 3:

Auf A als Alleinerbin ist ein Gewerbebetrieb (Steuerwert 800 000 €) und ein KG-Anteil (Steuerwert 400 000 €) übergegangen. Die Betriebe verfügen über Verwaltungsvermögen von weniger als 50 % des gemeinen Werts. Ein Antrag nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. wurde nicht gestellt. Beide Betriebe haben jeweils weniger als 20 Beschäftigte.

Lösung 3:

Betriebsvermögen (begünstigt)

1 200 000 €

Verschonungsabschlag (85 %)

./. 1 020 000 €

verbleiben

180 000 €

Abzugsbetrag

./. 135 000 €

Steuerpflichtiges Betriebsvermögen

45 000 €

Abzugsbetrag

150 000 €

verbleibender Wert (15 %)

180 000 €

Abzugsbetrag

./. 150 000 €

Unterschiedsbetrag

30 000 €

davon 50 %

./. 15 000 €

verbleibender Abzugsbetrag

135 000 €

135 000 €

Variante:

Im vierten Jahr veräußert sie den KG-Anteil für 450 000 €.

Lösung Variante:

Für die Nachversteuerung ergibt sich der Wert des steuerpflichtigen Betriebsvermögens wie folgt:

Betriebsvermögen (begünstigt)

800 000 €

Verschonungsabschlag (85 %)

./. 680 000 €

verbleiben

120 000 €

120 000 €

Betriebsvermögen (nicht begünstigt)

400 000 €

Verschonungsabschlag (85 %) 340 000 €

zeitanteilig zu gewähren 3/5 =

./. 145 715 €

verbleiben

254 285 €

+ 254 285 €

Summe

316 000 €

Abzugsbetrag

./. 120 000 €

steuerpflichtiges Betriebsvermögen

196 000 €

Abzugsbetrag 150 000 €, höchstens Wert des begünstigt verbleibenden Vermögens

120 000 €

verbleibender Wert (15 %)

120 000 €

Abzugsbetrag

./. 120 000 €

Unterschiedsbetrag

0 €

davon 50 %

./. 0 €

verbleibender Abzugsbetrag

120 000 €

Bei der Berechnung des Abzugsbetrags ist von 120 000 € auszugehen, weil nur insoweit nach Abzug des Verschonungsabschlags begünstigtes Betriebsvermögen verbleibt. Der veräußerte KG-Anteil gehört mit Rückwirkung in vollem Umfang nicht mehr zum begünstigten Vermögen (§ 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F.).

Steuerpflichtiges Betriebsvermögen nach schädlicher Verfügung

196 000 €

Steuerpflichtiges Betriebsvermögen bisher

./. 45 000 €

Die Bemessungsgrundlage erhöht sich mithin um

151 000 €

Beispiel 4:

Ergäbe die kumulierte Lohnsumme z.B. im Grundmodell 300 % am Ende der fünfjährigen Lohnsummenfrist (also kumuliert die Löhne der letzten fünf Jahre), obgleich die Behaltensfrist mangels Verkaufs o.Ä. eingehalten wäre, würde eine 25 %ige Kürzung der Verschonung eintreten. Diese ergäbe sich dadurch, dass die Lohnsumme mit 300 % die »Pflichtlohnsumme« um 100 Prozentpunkte unterschreitet, was eine prozentuale Abweichung von 25 % ergibt (400 ./. 300 = 100; 100/400 = 25 %).

Unklar war hingegen, wie die Minderung der Begünstigung errechnet werden würde, wenn gleichzeitig ein Verstoß gegen beide »Auflagen« eintreten würde. Die Finanzverwaltung vertritt hierzu im u.a. Erlass des FinMin Baden-Württemberg vom 25.6.2009 (BStBl I 2009, 713, A. 16 Abs. 3) die Auffassung, dass in den Fällen, in denen die Veräußerung oder Aufgabe des gesamten begünstigten Vermögens vor Ablauf der Frist von fünf Jahren ohne entsprechende Reinvestition zugleich dazu führt, dass die Mindestlohnsumme unterschritten wird, der Verschonungsabschlag zu kürzen ist. Die entfallenden Verschonungsabschläge wegen der Verfügung über das begünstigte Vermögen (§ 13a Abs. 5 ErbStG a.F.) und wegen Unterschreitens der Mindestlohnsumme (§ 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG a.F.) sind gesondert zu berechnen; der höhere der sich hierbei ergebenden Beträge wird bei der Kürzung angesetzt.

Beispiel 5:

Auf B als Alleinerben ist ein Gewerbebetrieb (Steuerwert 4 000 000 €) übergegangen. Der Betrieb verfügt über Verwaltungsvermögen von weniger als 50 % des gemeinen Werts des Betriebs. Ein Antrag nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. wurde nicht gestellt. Der Betrieb hat mehr als 20 Beschäftigte. Zum Betrieb gehört als wesentliche Betriebsgrundlage ein Betriebsgrundstück (Grundbesitzwert 1 500 000 €).

Lösung 5:

Betriebsvermögen (begünstigt)

4 000 000 €

Verschonungsabschlag (85 %)

./. 3 400 000 €

verbleiben

600 000 €

Abzugsbetrag

./. 0 €

steuerpflichtiges Betriebsvermögen

600 000 €

Abzugsbetrag

150 000 €

verbleibender Wert (15 %)

600 000 €

Abzugsbetrag

./. 150 000 €

Unterschiedsbetrag

450 000 €

davon 50 %

./. 225 000 €

verbleibender Abzugsbetrag

0 €

Variante:

Im 5. Jahr veräußert B das Betriebsgrundstück und entnimmt den Veräußerungserlös von 1 800 000 €. Die tatsächliche Lohnsumme nach Ablauf von fünf Jahren beträgt 300 % der Ausgangslohnsumme.

Lösung Variante:

Betriebsvermögen

4 000 000 €

1. Kürzung des Verschonungsabschlags wegen Veräußerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage

Betriebsvermögen (begünstigt)

2 500 000 €

Verschonungsabschlag (85 %)

./. 2 125 000 €

2 125 000 €

verbleiben

375 000 €

Betriebsvermögen (nicht begünstigt)

1 500 000 €

Verschonungsabschlag (85 %) = 1 275 000 €

zeitanteilig zu gewähren 4/5 =

1 020 000 €

+ 1 020 000 €

verbleibender Verschonungsabschlag

3 145 000 €

2. Kürzung des Verschonungsabschlags wegen Nichterreichens der Lohnsumme

Verschonungsabschlag (85 %)

3 400 000 €

Mindestlohnsumme 400 %

Verminderung des Verschonungsabschlags

Tatsächliche Lohnsumme 300 % unterschreitet Mindestlohnsumme um 100 %, das sind 25 %

Kürzung des Verschonungsabschlags 25 % von 3 400 000 € =

./. 850 000 €

verbleibender Verschonungsabschlag

2 550 000 €

Abzugsfähig niedrigerer Verschonungsabschlag von 1. oder 2.

2 550 000 €

./. 2 550 000 €

verbleiben

1 384 380 €

Abzugsbetrag

./. 37 500 €

steuerpflichtiges Betriebsvermögen

1 450 000 €

1 346 880 €

Abzugsbetrag

150 000 €

verbleibender Wert begünstigtes Vermögen

375 000 €

Abzugsbetrag

./. 150 000 €

Unterschiedsbetrag

225 000 €

davon 50 %

./. 112 500 €

verbleibender Abzugsbetrag

37 500 €

steuerpflichtiges Betriebsvermögen nach schädlicher Verfügung

1 346 880 €

steuerpflichtiges Betriebsvermögen bisher

1 412 500 €

./. 600 000 €

Die Bemessungsgrundlage erhöht sich mithin um

812 500 €

746 880 €

Ausgangslohnsumme ist nach § 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F. die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf Jahre vor der Übertragung. Keine Anwendung findet die Lohnsummenregelung, wenn die Ausgangslohnsumme 0 € beträgt oder weniger als 20 Beschäftigte im Betrieb tätig sind.

Das Verwaltungsvermögen (z.B. an Dritte überlassene Grundstücke) durfte höchstens 50 % betragen.

Der gleitende Sockelbetrag (Abzugsbetrag) von 150 000 € soll verhindern, dass Kleinstbetriebe besteuert werden.

Beispiel 6:

V überträgt seiner Tochter (T) einen begünstigten Gewerbebetrieb, einen gemeinen Wert von 450 000 € besitzt (Betriebsvermögenswert § 151 Abs. 1 Nr. 2 BewG).

Lösung 6:

Bei der geplanten vorweggenommenen Erbfolge wird bei Einhaltung der dargestellten Verbleibensvoraussetzungen ein Abschlag von 100 % auf das begünstigte Vermögen (85 %) gewährt, mithin 382 500 €. Per Saldo verbleiben also 67 500 €, die grundsätzlich voll steuerpflichtig sind (vgl. § 13a Abs. 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 ErbStG a.F.).

Für die Ermittlung des Abzugsbetrages gem. § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. muss zunächst geprüft werden, wie hoch der schädliche übersteigende Betrag ist. Der Wert des nach Anwendung des § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. verbleibenden übertragenen Vermögens beträgt 67 500 € und übersteigt somit den Abzugsbetrag von 150 000 € nicht. Also beträgt der schädliche Betrag i.S.d. § 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F. 0 €. Es verbleibt im Ergebnis ein Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. von insgesamt 67 500 €, sodass insgesamt kein steuerpflichtiges Betriebsvermögen anzusetzen ist.

3.2.2. Optionsmodell

Optional kann gem. § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. eine andere Art der Besteuerung des Unternehmensvermögens gewählt werden, die daher als Optionsmodell bezeichnet wird. Zur Anwendung des Optionsmodells muss der Erwerber diesbezüglich eine unwiderrufliche Erklärung abgeben (§ 13a Abs. 8 ErbStG a.F.). Die Erklärung zur Option kann bei einer einheitlichen Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten (z.B. Schenkung von GmbH-Anteil und KG-Anteil) für jede wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden (BFH vom 26.7.2022, II R 25/20, LEXinform 0953264). Die Finanzverwaltung vertritt in den ErbStR eine andere Auffassung, vgl. hierzu R E 13a.13 Abs. 1 ErbStR 2011 sowie R E 13a.21 Abs. 1 ErbStR 2019.

Der BFH entschied auch, dass keinerlei Verschonung zu gewähren ist, wenn ein Antrag auf Optionsverschonung gestellt wurde und die Anforderungen an die Vollverschonung nicht vorliegen. In einem solchen Fall greift auch nicht die Regelverschonung. Die Erklärung zur Vollverschonung ist nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich. Diese Tatbestandsvoraussetzung hätte keine Bedeutung, es wäre immer dann, wenn die Anforderungen an die 100%ige Verschonung nicht erfüllt sind, die Regelverschonung i.H.v. 85 % zu gewähren, so der BFH in der Urteilsbegründung.

Das Optionsmodell sieht eine 100 %ige Befreiung von der ErbSt/SchenkSt vor. Dafür betragen sowohl die Behaltensfrist und Lohnsummenfrist jedoch zehn Jahre. Ferner liegt der für die Lohnsumme maßgebliche Prozentsatz kumuliert bei 1 000 %, sodass im Ergebnis die ermittelte durchschnittliche Lohnsumme vor der Übertragung für zehn Jahre fortgeführt werden muss. Zusätzlich darf das Verwaltungsvermögen im Optionsmodell 10 % nicht überschreiten.

Bei Verstoß gegen die Behaltensfrist (z.B. durch Veräußerung oder Aufgabe) kommt es nur zu einem zeitanteiligen rückwirkenden Wegfall der Verschonung. Durchschnittlich entfällt die Erbschaftsteuer auf das begünstigte Vermögen somit pro Jahr der Betriebsfortführung zu 10 %.

Eine Nichteinhaltung der Lohnsumme hat eine Nachversteuerung zur Folge, jedoch nur in dem Verhältnis, in dem die Gesamtlohnsumme tatsächlich unterschritten wurde. Die anfänglich geplante jährliche Indexierung der Ausgangslohnsumme mittels des vom statistischen Bundesamt herausgegebenen Tariflohnindexes ist in § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. nicht mehr enthalten.

Weitergehende Besonderheiten sind für Land- und Forstwirtschaftsbetriebe geregelt.

Die Mindestlohnsumme betrug hier bisher 1 000 % (§ 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG a.F.); die Behalte- und Lohnsummenfrist betrugen jeweils zehn Jahre (§ 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG a.F. und § 19a Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F.).

Rückwirkend wird die Mindestlohnsumme auf 700 % gesenkt und die Behalte- und die Lohnsummenfrist auf jeweils sieben Jahre verkürzt.

Die Änderung ist gem. § 37 Abs. 3 Satz 1 ErbStG a.F. rückwirkend anzuwenden auf Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht. Die abgesenkten Grenzen sind auch dann anzuwenden, wenn ein Antrag nach Art. 3 Abs. 1 des ErbStRG vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) auf Anwendung der durch das Reformgesetz geänderten Vorschriften gestellt wurde. Soweit die Steuer bereits festgesetzt wurde, darf die Festsetzung noch nicht bestandskräftig sein, um die gesenkten Grenzen anwenden zu können.

Durch das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz (→ Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz) wurde in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG geregelt, dass Holdinggesellschaften auch dann die Lohnsummenkriterien zu erfüllen haben, wenn sie zwar weniger als 20 Beschäftigte haben, sie aber zusammen mit ihren Tochtergesellschaften diese Beschäftigtengrenze überschreiten.

3.2.3. Begünstigtes Vermögen

Die genaue Umschreibung des begünstigten Vermögens erfolgt in § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. Begünstigt sind danach:

  • inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie entsprechendes Vermögen in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWR-Staat (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F.),

  • ganze Gewerbebetriebe, Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG sowie § 18 Abs. 4 EStG sowie Anteile eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktienbasis und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR-Raumes dient (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F.),

  • Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR-Raumes im Privatvermögen, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG a.F.).

Die Anteile weiterer Gesellschafter sollen bei der Prüfung der Beteiligungsgrenze ebenfalls berücksichtigt werden, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter unwiderruflich untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG a.F.).

Die freigebige Zuwendung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt ist nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. nur steuerbegünstigt, wenn der Bedachte Mitunternehmer wird (vgl. BFH Urteil vom 6.5.2015 (II R 34/13, LEXinform 0934339). Dies hat der BFH in einer weiteren Entscheidung zum Streitjahr 2007 bekräftigt (BFH vom 6.11.2019, II R 34/16, LEXinform 0951075). Behält sich der Schenker die Ausübung der Stimmrechte auch in Grundlagengeschäften der Gesellschaft vor, kann der Bedachte keine Mitunternehmerinitiative entfalten. Die Grundlagen der zum alten Recht ergangenen Rechtsprechung dürften sinngemäß auch auf die aktuelle Rechtslage Anwendung finden. Bei der Beurteilung, ob der Erwerber Mitunternehmer i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG wird, spielt die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen keine Rolle. In Fortführung der bisherigen Rspr. hat der BFH zur Vorgängerregelung (§ 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F.) entschieden, dass dem Grunde nach eine Begünstigung möglich ist, wenn eine Mitunternehmerstellung vom Schenker auf den Beschenkten übergeht (BFH vom 17.6.2020, II R 33/17, LEXinform 0951434). Ob vor der Übertragung wesentliches Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen dem Betrieb entnommen oder in ein anderes Betriebsvermögen überführt wurde, ist für die Gewährung der Steuerbegünstigung unbeachtlich, solange es sich bei dem übertragenen Anteil um einen Mitunternehmeranteil handelt.

Der Umfang des der Steuerbegünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. zugänglichen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens bestimmt sich nach bewertungsrechtlichen Kriterien. Der bewertungsrechtliche Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist tätigkeitsbezogen. Einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb kann auch derjenige unterhalten, dem weder am Grund und Boden noch am Besatz das Eigentum zusteht. Nutzt ein solcher Betriebsinhaber die Betriebsmittel auf Grundlage von Nießbrauchrechten, können diese Rechte zum Wirtschaftsteil seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören, vgl. BFH vom 25.11.2020 (II R 9/19 LEXinform 0952325).

Ausgenommen von der Begünstigung bleiben nach § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. vermögensverwaltende Unternehmen, deren Verwaltungsvermögen (z.B. fremdvermietete Grundstücke) mehr als 50 % des Betriebsvermögens beträgt, oder im Falle der Anwendung der Verschonungsoption mehr als 10 %. Zum Verwaltungsvermögen der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, der Gewerbebetriebe und zu den Anteilen an Kapitalgesellschaften gehören nach der numerischen Aufzählung in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F. (stark vereinfacht):

  1. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten mit Ausnahme der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung oder der als Sonderbetriebsvermögen überlassenen Grundstücke und Grundstücksteile;

  2. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital 25 % oder weniger beträgt;

  3. Beteiligungen an gewerblich tätigen und gewerblich geprägten Personengesellschaften sowie an Personengesellschaften mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit, soweit bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt. Dies gilt auch für entsprechende Gesellschaften im Ausland;

  4. Anteile an Kapitalgesellschaften bei unmittelbarer Beteiligung am Nennkapital von mehr als 25 % sowie bei mittelbarer Beteiligung, soweit bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % ausmacht;

  5. Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen;

  6. Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, wenn der Handel mit diesen Gegenständen oder deren Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.

Die unter Nr. 1 aufgeführte Nutzungsüberlassung an Dritte ist dann nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenen als auch im nutzenden Betrieb einen einheitlichen Betätigungswillen durchsetzen kann und diese Rechtstellung auf den Erwerber übergeht. Hierbei sind ertragsteuerliche Grundsätze entsprechend anzuwenden (vgl. u.a. FinMin Baden-Württemberg vom 25.6.2009, BStBl I 2009, 713, A. 25).

Fraglich ist, ob dieser Wortlaut auf alle Formen der Betriebsaufspaltung bezogen werden kann. Einschränkende Ausführungen finden sich bereits heute in den Verlautbarungen der Finanzverwaltung (u.a. im Erlass des FinMin Baden-Württemberg vom 25.6.2009, BStBl I 2009, 713, A. 25). Geklärt sein dürfte die Frage, ob u.a. die auf der Personengruppentheorie, also einer reinen ertragsteuerlichen Fiktion, begründete Betriebsaufspaltung begünstigt ist. Hiervon kann nach dem Wortlaut des § 13b Abs. 2 Nr. 1 ErbStG a.F. wohl ausgegangen werden. Auch andere typische Formen der Betriebsaufspaltung werden unstreitig in die Begünstigung einzubeziehen sein:

Beispiel 7:

V überlässt der VX-GmbH, an der er zu 55 % beteiligt ist, ein Grundstück.

Lösung 7:

Da V sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebs-Kapitalgesellschaft beherrscht und somit seinen Betätigungswillen durchsetzen kann, liegt kein sog. Verwaltungsvermögen i.S.d. Vorschrift vor, obwohl es sich um eine Nutzungsüberlassung handelt.

Ferner ist zu beachten, dass gem. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. auch bei Unternehmen mit weniger als 50 % Verwaltungsvermögen das Verwaltungsvermögen nicht zum begünstigten Vermögen zählt, das dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war.

Zum nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG i.d.F. des ErbStRG gehört jedes einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Es ist keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an (BFH vom 22.1.2020, II R 8/18, LEXinform 0951730, Parallelentscheidung: II R 41/18 LEXinform 0952188 sowie die zur Schenkungsteuer ergangenen Urteile II R 13/18 LEXinform 0951878, II R 18/18 LEXinform 0951880 und II R 21/18 LEXinform 0951881). Der Umfang des jungen Verwaltungsvermögens ist nach der Entscheidung des BFH nicht auf Einlagefälle beschränkt. Auch Umschichtungen innerhalb des Verwaltungsvermögens können zu jungem Verwaltungsvermögen führen. Der BFH bestätigte in den o.g. Entscheidungen die Urteile der Finanzgerichte. Er hat ebenfalls im Hinblick auf die gesetzliche Typisierung eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall nicht zugelassen. Maßgebend ist deshalb allein, ob das einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, so auch das einzelne Wertpapier, tatsächlich innerhalb der Frist dem Betriebsvermögen zugeführt wurde. Es kommt nicht darauf an, ob dies ein Einlage- oder Anschaffungsvorgang war, wie die Anschaffung finanziert wurde und welche Zielsetzung dem Vorgang zugrunde lag. Die Entscheidungen sind zu Rechtsvorschriften ergangen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) mit der Verfassung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz unvereinbar, aber bis zum 30.6.2016 weiter anzuwenden waren. Das anschließend in Kraft getretene Recht enthält zum Verwaltungsvermögen eine Reihe detaillierter Neuerungen (vgl. BFH Pressemitteilung vom 13.8.2020).

Zu beachten ist bei der Berücksichtigung von Betriebsvermögen durch Erwerber der Steuerklassen II und III zudem die angepasste Begünstigung des § 19a ErbStG a.F.

Die Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG a.F. kommt nur beim Erwerb durch eine natürliche Person der Steuerklasse II oder III in Betracht (§ 19a Abs. 1 ErbStG a.F.). Erwerbe durch juristische Personen und Vermögensmassen sind nicht begünstigt (vgl. auch § 97 Abs. 2 BewG).

Der Entlastungsbetrag wird nur für den Teil des zu einem Erwerb gehörenden begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. gewährt, das nicht unter § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. fällt (tarifbegünstigtes Vermögen). Das sind bei der Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. 15 % und bei der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. 0 % des begünstigen Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 1 und 2 ErbStG a.F.

In den Fällen, in denen die Verwaltungsvermögensgrenze des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. überschritten wird, kann der Entlastungsbetrag nicht gewährt werden. Umfasst das auf einen Erwerber übertragene tarifbegünstigte Vermögen mehrere selbstständig zu bewertende wirtschaftliche Einheiten einer Vermögensart (z.B. mehrere Gewerbebetriebe) oder mehrere Arten begünstigten Vermögens (Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften), sind deren Werte vor der Anwendung des § 19a Abs. 3 ErbStG a.F. zusammenzurechnen. Ist der Steuerwert des gesamten tarifbegünstigten Vermögens nicht insgesamt positiv, kommt die Tarifbegrenzung nicht in Betracht.

Wenn ein Erwerber tarifbegünstigtes Vermögen auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss, kommt insoweit für ihn der Entlastungsbetrag nicht in Betracht. Der zur Weitergabe des begünstigten Vermögens verpflichtete Erwerber ist so zu besteuern, als sei das herauszugebende Vermögen auf ihn als nicht tarifbegünstigtes Vermögen übergegangen. Muss der Erwerber nicht das gesamte auf ihn übergegangene tarifbegünstigte Vermögen, sondern nur einen Teil davon weiter übertragen, ist der Entlastungsbetrag zu gewähren, soweit das ihm verbleibende tarifbegünstigte Vermögen einen insgesamt positiven Wert hat.

Nähere Ausführungen beinhaltet u.a. der koordinierte Ländererlass vom 25.6.2009 (BStBl I 2009, 713, A. 26,27).

Durch das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz (Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz) wurde geregelt, dass die sog. Cash-GmbHs von der Begünstigung ausgenommen werden. Dabei handelt es sich um eine Gestaltung, mit der nach geltendem Recht Geldvermögen zu 100 % steuerfrei übertragen werden kann. Bislang wurde das begünstigte Betriebsvermögen dieser Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zu 85 % bzw. sogar zu 100 % von der Erbschaftsteuer befreit, wenn es zu nicht mehr als 50 % bzw. nur zu maximal 10 % aus sogenanntem Verwaltungsvermögen bestand. Nach der nunmehr beschlossenen Änderung gelten Finanzmittel in einer Gesellschaft dann als schädlich für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn sie 20 % des Wertes der Gesellschaft übersteigen (vgl. § 13b Abs. 2 Nr. 4a ErbStG a.F.), wobei zunächst die betrieblichen Schulden abgezogen werden. Damit sollen die Cash-GmbHs, die (ihrem Namen entsprechend) nahezu vollständig aus Liquidität bestehen, nicht mehr zum Kreis der erbschaftsteuerlich begünstigten Unternehmen zählen. Mittelständische Betriebe sollen dagegen weiterhin von den Begünstigungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer profitieren, da ihre Finanzmittel nach Ansicht des Gesetzgebers die Schädlichkeitsgrenze von 20 % nicht übersteigen. Für konzerninterne Finanzierungsgesellschaften soll zudem eine Ausnahme gelten, um den weit verbreiteten Cash-Pooling-Konstruktionen Rechnung zu tragen. Die gesetzliche Neuregelung gilt für Übertragungen, bei denen die Steuer nach dem 6.6.2013 entsteht (Tag des Bundestagsbeschlusses über die Änderungen bei der Erbschaftsteuer).

4. Änderungen durch die Erbschaftsteuerreform 2015

4.1. Grundsätzliche Anmerkungen

Obgleich es zwischenzeitlich im Gesetzgebungsverfahren anders aussah, bleibt die aktuell geltende Grundsystematik erhalten. Dies bedeutet, dass bei der Beurteilung des Betriebsvermögens zunächst das sog. begünstigungsfähige Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) bestimmt werden muss. Hierbei geht es zunächst nur um eine Begünstigung dem Grunde nach. In einem zweiten Schritt ist dann für begünstigungsfähiges Vermögen die konkrete Bemessungsgrundlage der Verschonung zu ermitteln (= begünstigungsfähiges Vermögen, § 13b Abs. 2 ErbStG). Die Bemessungsgrundlage umfasst grds. nicht mehr den gesamten gemeinen Wert des Betriebsvermögens.

4.2. Begünstigungsfähiges und begünstigtes Vermögen

Ein zentraler Punkt der Erbschaftsteuerreform ist die Neuregelung des begünstigten Vermögens. Hierdurch soll gewährleistet sein, dass künftig die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen nur noch auf das begünstigte Unternehmensvermögen gewährt werden. Die Ermittlung des begünstigten Vermögens erfolgt in mehreren Schritten. Wie bisher ist das dem Grunde nach begünstigte Vermögen abschließend in § 13b Abs. 1 ErbStG aufgezählt (= begünstigungsfähiges Vermögen). Hierzu zählen Einzelunternehmen und Beteiligungen an Mitunternehmerschaften in der EU oder des EWR unabhängig von einer Beteiligungshöhe (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Voraussetzung für die Gewährung der Verschonung ist, dass das begünstigte Vermögen (z.B. das Einzelunternehmen, der Anteil an einem Betriebsvermögen) vom Erblasser bzw. Schenker auf den Erwerber übergeht. Im Unterschied zum Grundvermögen ist eine mittelbare Schenkung von Betriebsvermögen nicht nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigt. D.h. bei der Hingabe von Geld zum Erwerb eines Gewerbebetriebes kann keine Verschonung nach § 13a ErbStG in Anspruch genommen werden. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich nur die Fortführung von Betriebsvermögen durch den Erwerber begünstigt. Dies hat der BFH in seinem Urteil vom 8.5.2019 (II R 18/16, LEXinform 0950944) bestätigt. Die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG sind nach der BFH-Rechtsprechung nur zu gewähren, wenn das erworbene Vermögen sowohl auf Seiten des Erblassers oder Schenkers als auch auf Seiten des Erwerbers Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG ist. Dies ergibt sich nach der Begründung des BFH für die Erwerberseite bereits aus dem Begünstigungszweck der Norm in Verbindung mit den Nachversteuerungstatbeständen der Vorschrift und für die Seite des Erblassers oder Schenkers aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Bei einer Beteiligung an einer PersGes ist Voraussetzung, dass der Erwerber Mitunternehmer wird, nur dann ist ein Anteil an einem BV übergegangen. Bei einer Schenkung unter Vorbehaltsnießbrauch zählt der Anteil daher nur dann zum begünstigungsfähigen Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, wenn der Erwerber Mitunternehmer wird. Dies ist bei einem Vorbehaltsnießbrauch nicht ausgeschlossen. Es reicht z.B. aus, wenn der Erwerber die Kontrollrechte eines Kommanditisten ausüben kann (vgl. §§ 164, 166 HGB). Die entsprechende Entscheidung des BFH ist zur alten Fassung ergangen (BFH vom 6.11.2019, II R 34/16, LEXinform 0951075, Streitjahr 2007), kann aber auch auf die aktuelle Fassung des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG übertragen werden. So ist bei Schenkungen unter Vorbehaltsnießbrauch im Einzelfall zu entscheiden, ob dem Grunde nach begünstigungsfähiges Vermögen vorliegt.

Bei der Beurteilung, ob der Erwerber Mitunternehmer i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG wird, spielt die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen keine Rolle. In Fortführung der bisherigen Rspr. hat der BFH zur Vorgängerregelung (§ 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F.) entschieden, dass dem Grunde nach eine Begünstigung möglich ist, wenn eine Mitunternehmerstellung vom Schenker auf den Beschenkten übergeht (BFH vom 17.6.2020, II R 33/17, LEXinform 0951434). Ob vor der Übertragung wesentliches Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen dem Betrieb entnommen oder in ein anderes Betriebsvermögen überführt wurde, ist für die Gewährung der Steuerbegünstigung unbeachtlich, solange es sich bei dem übertragenen Anteil um einen Mitunternehmeranteil handelt.

Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften ist weiterhin die Mindestbeteiligung beim Schenker/Erblasser von mehr als 25 % Voraussetzung für die Begünstigung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG enthält – wie bisher – Regelungen zu sog. Poolvereinbarungen. Für die Prüfung der Mindestbeteiligung können unter den dort genannten Voraussetzungen Anteile zusammengerechnet werden. Zu den Voraussetzungen einer Poolvereinbarung hat der BFH mit Urteil vom 20.2.2019 entschieden (II R 25/16, LEXinform 0950951). Die für eine Poolvereinbarung erforderlichen Verpflichtungen der Gesellschafter zur einheitlichen Verfügung über die Anteile an einer Kapitalgesellschaft und zur einheitlichen Stimmrechtsausübung können sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ergeben. Die Verpflichtung zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung der hinsichtlich der Verfügung gebundenen Gesellschafter kann bei einer GmbH schriftlich oder mündlich vereinbart werden. Nicht ausreichend für eine wirksame Poolvereinbarung ist eine einheitliche Stimmrechtsausübung aufgrund eines faktischen Zwangs, einer moralischen Verpflichtung oder einer langjährigen tatsächlichen Handhabung.

Liegt nach der grundsätzlichen Abgrenzung sog. begünstigungsfähiges Vermögen vor, ist in einem weiteren Schritt das begünstigungsfähige Vermögen in begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen aufzuteilen (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG). Das begünstigungsfähige Vermögen ist immer dann im Grundsatz begünstigt, wenn der Anteil des Verwaltungsvermögens nicht über 90 % liegt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG – Verwaltungsvermögensquote). Andernfalls scheidet eine Begünstigung bereits an dieser Stelle vollständig aus. Die Prüfung der 90 %-Grenze erfolgt gem. § 13b Abs. 2 ErbStG unter Beachtung diverser Modifikationen, u.a. der Umwidmung von Finanzmitteln in begünstigtes Vermögen, welche zur Bestreitung von Altersvorsorgeverpflichtungen notwendig sind. Besteht betriebliches Vermögen oder das Vermögen einer Gesellschaft zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen, wird – ausweislich der Gesetzesbegründung – davon ausgegangen, dass das gesamte betriebliche Vermögen nicht schutzwürdig ist. Mit der Ausnahme solcher Gesellschaften von der Verschonung sollen Gestaltungsmöglichkeiten ausgeräumt werden, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12 – verfassungswidrig sein könnten.

Vom grundsätzlich nach den obigen Kriterien festgestellten begünstigungsfähigen Vermögen ist jedoch wiederum nur das sog. begünstigte Vermögen nach § 13a ErbStG begünstigt. Insofern ist eine Trennung vom nicht begünstigen Verwaltungsvermögen nötig.

Eine wichtige Änderung der Erbschaftsteuerreform besteht darin, dass nach dem bisherigen Recht grundsätzlich begünstigtes Vermögen von einer Begünstigung ausgeschlossen war, wenn das sog. schädliche Verwaltungsvermögen mehr als 50 % des Gesamtvermögens ausmachte. Diese pauschale 50 %-Grenze ist mit der Novellierung abgeschafft. Stattdessen wird nun der Teil des Betriebsvermögens nicht mehr begünstigt, der auf das sog. Verwaltungsvermögen entfällt, welches jedoch nach § 13b Abs. 2 ff. ErbStG diversen Anpassungen unterworfen wird.

Entsprechend der Regelung in § 13b Abs. 3 ErbStG werden Altersversorgungsverpflichtungen und zur Erfüllung dieser angeschaffte Vermögensgegenstände entsprechend ihres vorgegebenen Verwendungszwecks aus dem Verwaltungsvermögenskatalog ausgenommen. Die Regelung lehnt sich an § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB an. Damit sollen insbes. CTA-Strukturen (Contractual Trust Arrangement) von der einer Qualifizierung als Verwaltungsvermögen folgenden Besteuerung ausgenommen werden. Bei den CTA-Strukturen handelt es sich um Modelle der betrieblichen Altersvorsorge, bei dem das Unternehmen die Pensionszahlungen und Pensionsforderungen aus der eigenen Bilanz wirtschaftlich ausgliedert, indem es diese auf eine Treuhandgesellschaft überträgt. Das für die Altersversorgungsverpflichtungen vorgesehene Vermögen ist dem Zugriff des Erwerbers und anderer Gläubiger entzogen. Es ist daher gerechtfertigt, dieses Vermögen aus der Besteuerung vollständig auszunehmen.

Das nach Anwendung des § 13b Abs. 3 ErbStG aus dem begünstigten Vermögen auszuscheidende Verwaltungsvermögen entspricht nach der Definition in § 13b Abs. 4 ErbStG nahezu dem bisher geltenden Recht. Der Katalog des Verwaltungsvermögens wurde in einigen Bereichen jedoch angepasst und u.a. eine weitere Rückausnahme bei der Überlassung von Grundstücken an Dritte aufgenommen. Dies lässt sich stark vereinfacht wie folgt skizzieren. Hinzuweisen ist an dieser Stelle insbes. auf vier wesentliche Änderungen zum bisherigen Recht:

  1. Der bisherige § 13b Abs. 2 Nr. 3 ErbStG a.F., welcher im Betriebsvermögen vorhandene Beteiligungen mit einem Verwaltungsvermögen von mehr als 50 % ausgeschlossen hat, ist systembedingt abgeschafft worden. Die bisher hiervon erfassten Beteiligungen werden in die konsolidierte Nettobetrachtung nach Abs. 9 einbezogen.

  2. In Buchst. e wurde eine neue Rückausnahme für die Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritten eingeführt. Sind diese Grundstücke zu dem Zweck überlassen worden, damit eigene Erzeugnisse des erworbenen Betriebs im Rahmen von Lieferverträgen (so die endgültige Formulierung nach den Beratungen des Vermittlungsausschusses) dort abgesetzt werden, stellt die Überlassung keine typische Vermögensverwaltung dar. Ein Beispiel hierfür sind Brauereigaststätten, die an Dritte bei gleichzeitigem Abschluss eines Bierlieferungsvertrags verpachtet werden und in denen vorrangig das von der Brauerei hergestellte Bier ausgeschenkt wird.

  3. Die derzeitige Rückausnahme in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 3 ErbStG für Cash-Pooling-Gesellschaften von verbundenen Unternehmen kann wegen der konsolidierten Ermittlung des Verwaltungsvermögens entfallen.

  4. Im Rahmen der Vermittlungsverfahren erfolgte zudem eine Ergänzung in § 13b Abs. 4 Nr. 3 ErbStG dahingehend, dass Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten und Segelflugzeuge, mithin Wirtschaftsgüter, die überwiegend privat genutzt werden, als nicht begünstigt gelten, soweit nicht mit diesen gehandelt wird, diese hergestellt oder verarbeitet werden oder diese entgeltlich zur Nutzung überlassen werden.

Zum Verwaltungsvermögen gehört auch u. a. der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt (vgl. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG).

Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind Verwaltungsvermögen.

Bei mehrstöckigen Gesellschaften konnten durch Kaskadeneffekte mittels Verwaltungsvermögen Gestaltungen vorgenommen werden, die zu ungerechtfertigten Steuerbefreiungen führten, aber von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nach § 42 AO beurteilt wurden. Soweit ein Betrieb oder eine Gesellschaft Beteiligungen an Personengesellschaften oder unter Beachtung der Mindestbeteiligung Anteile an Kapitalgesellschaften hält, erfolgt nunmehr nach § 13b Abs. 9 ErbStG eine konsolidierte Betrachtung im Wege einer Verbundvermögensaufstellung. Damit wird sichergestellt, dass das zielgenau und folgerichtig abgegrenzte Vermögen in zutreffender Höhe beim Erwerber erfasst wird.

In Abs. 5 wird eine Investitionsklausel für das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen bei Erwerben von Todes wegen eingeführt, um Härtefälle im Zusammenhang mit der Stichtagsbesteuerung abzumildern. Beim Erwerb von Todes wegen entfällt die Zurechnung von Vermögensgegenständen zum Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 5 rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG), wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) diese Vermögensgegenstände in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens i.S.d. Abs. 1 investiert hat, die unmittelbar einer Tätigkeit i.S.v. § 13 Abs. 1 EStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG dienen und kein Verwaltungsvermögen darstellen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Umwidmungsklausel ist, dass die Investition auf Grund eines bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) vorgefassten Plans des Erblassers erfolgt und keine anderweitige Ersatzbeschaffung von Verwaltungsvermögen vorgenommen wird oder wurde.

Im Zusammenhang mit der Überlassung von Grundstücken aus dem Betriebsvermögen heraus an Dritte (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG) hat der BFH entscheiden, dass eine teleologische Reduktion oder Erweiterung der Tatbestandsmerkmale der §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. des ErbStRG nicht ausschließlich darauf gestützt werden könne, dass die Vorschriften ansonsten verfassungswidrig wären. Die Wirkung der durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 1 BvL 21/12 angeordneten Weitergeltung dürfe nicht unterlaufen werden (BFH vom 2.12.2020, II R 22/18, LEXinform 0952138). Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde ist beim BVerfG unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1493/21 anhängig. Im Entscheidungsfall war die Rückausnahme aus § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG streitig. Danach sind Grundstücke, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung überlassen werden, nicht als Verwaltungsvermögen anzusehen. Voraussetzung ist hierbei u.a., dass der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte. Im Entscheidungsfall war diese Voraussetzung nicht erfüllt, die Grundstücksüberlassung führte daher zu Verwaltungsvermögen. Die Rückausnahme nimmt mit dem Beherrschungserfordernis das zur ertragsteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung begründete Merkmal der personellen Verflechtung auf. Ob mit der Finanzverwaltung davon auszugehen ist, dass die gesamten Voraussetzungen der ertragsteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung erfüllt sein müssen, konnte der BFH im Urteilsfall offenlassen.

Der BFH hat weiter klargestellt, dass Rückausnahmen eng auszulegen seien. Ihre Konzeption schließe teleologische Erweiterungen entweder einzelner Rückausnahmen oder im Wege einer Zusammenschau aus anderen Gründen als um der verfassungskonformen Auslegung willen aus.

In einer weiteren Entscheidung zur Qualifizierung von Grundstücken als Verwaltungsvermögen bei Nutzungsüberlassung an Dritte hat der BFH wie folgt entschieden:

Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebskapitalgesellschaft faktisch beherrscht. Dazu ist eine Einwirkung des Erblassers oder Schenkers mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts auf die zur Beherrschung führenden Stimmrechte notwendig. Ein Einfluss nur auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung ohne Möglichkeit der Erlangung einer Stimmenmehrheit reicht nicht aus.

Wird ein Grundstück an eine KapGes verpachtet, ist auch dann von einer steuerschädlichen Nutzungsüberlassung an Dritte auszugehen, wenn Erwerber des Betriebsvermögens der Gesellschafter der KapGes ist.

Zwei Betriebe bilden keinen Gleichordnungskonzern, wenn sie durch mehrere Personen beherrscht werden.

Vergleiche hierzu BFH vom 23.2.2021, II R 26/18 (LEXinform 0951984) sowie BFH vom 16.3.2021, II R 3/19 ebenfalls zur Nutzungsüberlassung an Dritte. Im Urteil vom 16.3.2021 ging es um ein Grundstück im Gesamthandsvermögen einer KG, welches an eine andere KG überlassen wurde. Die Rückausnahme für Sonderbetriebsvermögen und für eine Betriebsaufspaltung lag nicht vor.

Für Verwaltungsvermögen sieht § 13b Abs. 10 ErbStG gesonderte Feststellungen durch das für die Bewertung zuständige FA vor. Dies betrifft nicht nur das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 Nr. 1–5 ErbStG, sondern auch die gemeinen Werte der jungen Finanzmittel, der Schulden und des jungen Verwaltungsvermögens.

Beteiligter am Verfahren der gesonderten Feststellung der Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens und des jungen Verwaltungsvermögens ist der Erwerber, der die Steuerbegünstigung für das Betriebsvermögen in Anspruch nehmen könnte. Dies kann auch ein Vermächtnisnehmer sein, wenn der Erbe aufgrund einer letztwilligen Verfügung verpflichtet ist, das dem Grunde nach steuerbegünstigte Vermögen vollständig auf ihn zu übertragen (BFH vom 16.3.2021, II R 3/19, LEXinform 0952103).

4.3. Berücksichtigung von Schulden, pauschale Umwidmung und junges Verwaltungsvermögen

Soweit die zum Betrieb gehörenden Schulden nicht bereits mit den zur Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen dienenden Vermögensgegenständen verrechnet wurden (§ 13b Abs. 3 ErbStG) oder bei der Ermittlung der begünstigten Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) berücksichtigt worden sind, sieht Abs. 6 einen anteiligen Schuldenabzug vor. Hierbei sind die verbleibenden Schulden anteilig vom gemeinen Wert des nicht begünstigten Vermögens abzuziehen (Nettowert des Verwaltungsvermögens). Für Zwecke der anteiligen Schuldenermittlung ist ein Zuordnungsschlüssel maßgebend, der sich aus einer Berechnung auf Grundlage des gemeinen Werts des erworbenen betrieblichen Vermögens ergibt.

Da ein Betrieb zur Gewährleistung seiner unternehmerischen Unabhängigkeit und seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs einen gewissen Umfang an Vermögen benötigt, wird nach Abs. 7 typisierend und pauschalierend ein Teil des Nettowerts des Verwaltungsvermögens wie begünstigtes Vermögen behandelt und auch verschont (unschädliches Verwaltungsvermögen). Die Wertgrenze wurde nunmehr auf 10 % des um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzten gemeinen Werts des Betriebsvermögens festgelegt. Diese Wertgrenze (10 %-Quote) hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12 – nicht beanstandet.

Der gemeine Wert der Finanzmittel ist um den positiven Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel zu verringern, welche dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren (junge Finanzmittel); junge Finanzmittel sind somit gem. Abs. 9 immer schädliches Verwaltungsvermögen und damit steuerpflichtig.

Junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind generell schädliches Vermögen und somit stpfl. Weder der Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) noch der gleitende Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) kann hierauf angewendet werden. Bemessungsgrundlage ist ausschließlich das begünstigte Vermögen (vgl. § 13b Abs. 2 ErbStG). Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel sind hiernach auszuscheiden und nicht begünstigt. Zum nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG i.d.F. des ErbStRG gehört jedes einzelne WG des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Es ist keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an (BFH vom 22.1.2020, II R 8/18, LEXinform 0951730, Parallelentscheidung: II R 41/18 LEXinform 0952188 sowie die zur Schenkungsteuer ergangenen Urteile II R 13/18 LEXinform 0951878, II R 18/18 LEXinform 0951880 und II R 21/18 LEXinform 0951881). Der Umfang des jungen Verwaltungsvermögens ist nach der Entscheidung des BFH nicht auf Einlagefälle beschränkt. Auch Umschichtungen innerhalb des Verwaltungsvermögens können zu jungem Verwaltungsvermögen führen. Der BFH bestätigte in den o.g. Entscheidungen die Urteile der Finanzgerichte. Er hat ebenfalls im Hinblick auf die gesetzliche Typisierung eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall nicht zugelassen. Maßgebend ist deshalb allein, ob das einzelne WG des Verwaltungsvermögens, so auch das einzelne Wertpapier, tatsächlich innerhalb der Frist dem Betriebsvermögen zugeführt wurde. Es kommt nicht darauf an, ob dies ein Einlage- oder Anschaffungsvorgang war, wie die Anschaffung finanziert wurde und welche Zielsetzung dem Vorgang zugrunde lag. Die Entscheidungen sind zu Rechtsvorschriften ergangen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) mit der Verfassung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz unvereinbar, aber bis zum 30.6.2016 weiter anzuwenden waren. Die Definition des jungen Verwaltungsvermögen in der aktuellen Fassung (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG) entspricht der Definition in der vorhergehenden Fassung (§ 13b Abs. 2 ErbStG a.F.). Daher können die Grundsätze der BFH-Entscheidung zur Umschichtung von Verwaltungsvermögen auch auf die aktuelle Rechtslage übertragen werden.

Zur Behandlung von (jungem) Verwaltungsvermögen und (jungen) Finanzmitteln bei Umwandlungsvorgängen hat die Finanzverwaltung in einem koordinierten Ländererlass Stellung genommen (Ländererlass vom 13.10.2022, LEXinform 7013383).

4.4. Verschonungsregelungen

4.4.1. Regelverschonung

Entsprechend dem geltenden Recht beträgt die grundsätzliche Regelverschonung weiterhin 85 % (Verschonungsabschlag) und erlaubt zusätzlich über § 13a Abs. 2 ErbStG einen Abzugsbetrag von 150 000 €. Ab einem begünstigen Vermögen von 3 000 000 € wird der Abzugsbetrag auf 0 € abgeschmolzen.

Beispiel 8:

Im Dezember 2020 schenkt die Mutter begünstigungsfähiges Vermögen i.H.v. 2 000 000 € ihrem Sohn. Das Verwaltungsvermögen ist in voller Höhe unschädlich (§ 13b Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 ErbStG). Der Wert des begünstigten Vermögens beträgt daher ebenfalls 2 000 000 €.

Lösung 8:

Der Verschonungsabschlag beträgt 85 % (= 1 700 000 €), es verbleibt begünstigtes Vermögen i.H.v. 300 000 €. Für dieses greift der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Der Abzugsbetrag beträgt grds. 150 000 €, wird aber gem. § 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG auf 75 000 € abgeschmolzen.

Der Abzugsbetrag kann innerhalb von 10 Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe begünstigen Vermögens nur einmal berücksichtigt werden (§ 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG).

Der Abzugsbetrag wird »berücksichtigt«, auch wenn er infolge Abschmelzung 0 € betragen hat (BFH vom 23.2.2021, II R 34/19, LEXinform 0952402). Ein Antrags- oder Verzichtsrecht des Stpfl. der Art, dass optional bei einem ersten Erwerb von der Berücksichtigung des Abzugsbetrags abgesehen werden könnte, damit kein Verbrauch eintritt, sieht die Vorschrift nicht vor und kann nicht im Wege der Auslegung begründet werden, so der BFH in der Urteilsbegründung.

Beispiel 9:

Im Dezember 2021 schenkt die Mutter weiteres begünstigungsfähiges Vermögen i.H.v. 1 000 000 € ihrem Sohn. Das Verwaltungsvermögen ist in voller Höhe unschädlich (§ 13b Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 ErbStG). Der Wert des begünstigten Vermögens beträgt daher ebenfalls 1 000 000 €.

Lösung 9:

Der Verschonungsabschlag beträgt 85 % (= 850 000 €), es verbleibt begünstigtes Vermögen i.H.v. 150 000 €. Der Abzugsbetrag kann nicht in Anspruch genommen werden, da dieser bereits durch die Vorschenkung berücksichtigt wurde. Dabei ist es unerheblich, dass sich der Abzugsbetrag nur i.H.v. 75 000 € tatsächlich ausgewirkt hat.

Voraussetzung ist wie bisher, dass die Lohnsummenregelung (in der nunmehr modifizierten Form, vgl. Tz. 4.4.3) eingehalten wird und die Höchstgrenzen (vgl. 4.4.4.) nicht überschritten werden. Bei Überschreitung der Höchstgrenze von 26 Mio. € kommt die Abschmelzung der Verschonung zur Anwendung. Außerdem ist zu beachten, dass für bestimmte Familienunternehmen vor der Anwendung des Abschlages nach § 13a Abs. 1 ErbStG ein weiterer »Wertminderungsabschlag« gewährt wird, welcher in § 13a Abs. 9 ErbStG geregelt ist (vgl. 4.4.5).

Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren gegen die sog. Behaltensreglung aus § 13a Abs. 6 ErbStG verstößt. Dies gilt insbes. bei der Veräußerung eines Gewerbebetriebs, eines Mitunternehmeranteils oder eines Anteils daran. Die Betriebsaufgabe steht der Veräußerung gleich (§ 13a Abs. 6 Nr. 1 ErbStG). Eine vergleichbare Regelung gilt für Anteile an KapGes (§ 13a Abs. 6 Nr. 4 ErbStG). Ein Verstoß i.S.d. § 13a Abs. 6 ErbStG liegt auch bei Überentnahmen vor (§ 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG).

Zur Anwendung des § 13a Abs. 6 ErbStG auf mehrstöckige PersGes hat der BFH in seiner Entscheidung vom 16.3.2021 wie folgt Stellung genommen:

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer (Unter-)Personengesellschaft, an der eine Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, führt nicht zum nachträglichen Wegfall des verminderten Wertansatzes für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft.

Der Verschonungsabschlag für den Erwerb eines Anteils an einer Oberpersonengesellschaft kann jedoch nachträglich wegfallen, wenn Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft, die wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft darstellen, veräußert oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Für die Beurteilung, ob Betriebsgrundlagen der Unterpersonengesellschaft funktional wesentlich für den Betrieb der Oberpersonengesellschaft sind, sind qualitative und quantitative Merkmale heranzuziehen.

Vgl. BFH vom 16.3.2021, II R 9/19 (LEXinform 0951776).

4.4.2. Optionsverschonung

Entsprechend dem geltenden Recht beträgt die Optionsverschonung des Abs. 10 weiterhin 100 % (Verschonungsabschlag). Voraussetzung ist wie bisher, dass die Lohnsummenregelung (in der nunmehr modifizierten Form, vgl. Tz. 4.4.3) eingehalten wird und die Höchstgrenzen (vgl. 4.4.4.) nicht überschritten werden. Bei Überschreitung der Höchstgrenze von 26 Mio. € kommt die Abschmelzung der Verschonung zur Anwendung. Neu ist auch, dass die Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung ferner ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 3 und 4 ErbStG besteht. Sollten diese Grenzen überschritten werden, scheidet eine Optionsverschonung vollständig aus.

4.4.3. Lohnsummenregelung

Die Steuerbefreiungen des Betriebsvermögens werden u.a. nur dann vollumfänglich gewährt, wenn die sog. Mindestlohnsumme innerhalb der Behaltensfrist erreicht wird. Die Anzahl der Arbeitnehmer, bei der Betriebe von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen werden, wird durch das geplante Gesetz auf fünf abgesenkt. Weiterhin findet die Lohnsummenregelung keine Anwendung, wenn die Ausgangslohnsumme 0 € beträgt.

Bei Betrieben mit sechs bis zehn Arbeitnehmern soll dem besonderen Bedürfnis für eine Flexibilisierung der Lohnsummenregelung Rechnung getragen werden. Dazu wird die Mindestlohnsumme bei einer Lohnsummenfrist von fünf Jahren auf 250 % (anstelle der regulären 400 %) bzw. bei einer Lohnsummenfrist von sieben Jahren auf 500 % (anstelle der regulären 700 %, vgl. § 13a Abs. 3 ErbStG) herabgesenkt. Im Gesetz ist zudem eine weitere Erleichterung für Betriebe mit elf bis fünfzehn Arbeitnehmern geregelt. Diese müssen innerhalb von fünf Jahren eine Mindestlohnsumme von 300 % und bei der für die Optionsverschonung maßgeblichen Frist von sieben Jahren von 565 % einhalten. Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Langzeiterkrankte und Auszubildende werden nicht mitgerechnet.

Missbräuchlichen Gestaltungen soll durch Zusammenrechnung der Beschäftigtenzahl und der Lohnsummen entgegengewirkt werden. § 13a Abs. 3 ErbStG regelt daher, dass zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar gehörende Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR haben, in die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften des Anteils einzubeziehen sind, zu dem die unmittelbare und mittelbare Beteiligung besteht. Dies gilt für Anteile an Kapitalgesellschaften entsprechend, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 % beträgt. Im Fall einer Betriebsaufspaltung sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft zusammenzuzählen.

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Lohnsummenregelung werden in einem gleich lautenden Ländererlass vom 30.12.2021 dargestellt (FinMin BW, FM3 – S-4600 – 1 / 42 vom 30.12.2021, LEXinform 7013049). Im Einzelfall kann eine abweichende Festsetzung nach § 163 Abs. 1 AO oder ein Erlass nach § 227 AO aus sachlichen Gründen in Betracht kommen, soweit die tatsächliche Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen nach § 13a Abs. 3 Satz 6 bis 13 ErbStG, in welche Lohnsummen aus dem Zeitraum 1.3.2020 bis 30.6.2022 einbezogen wurden, die Mindestlohnsumme ausschließlich aufgrund der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19-Pandemie unterschreitet und es allein deshalb zu einer Nachversteuerung nach § 13a Abs. 3 Satz 5 ErbStG kommt oder kommen würde. Führt das Unterschreiten der Mindestlohnsumme wegen § 28 Abs. 1 Satz 5 und 6 ErbStG zum vorzeitigen Ende einer Stundung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, kommt insoweit eine Weitergewährung der Stundung auf Antrag nach § 222 AO in Betracht.

Von der erforderlichen Kausalität zwischen der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19-Pandemie und dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme kann in der Regel ausgegangen werden, wenn

  1. in dem o.g. Zeitraum die rechnerisch erforderliche durchschnittliche Lohnsumme zur Einhaltung der Mindestlohnsumme unterschritten wurde,

  2. für den o.g. Zeitraum Kurzarbeitergeld an den Betrieb gezahlt wurde und

  3. der Betrieb einer Branche angehörte, die von einer verordneten Schließung wegen der COVID-19-Pandemie unmittelbar betroffen war.

Die vorstehende Prüfung ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Es dürfen für das kumulative Vorliegen der vorgenannten Kriterien keine anderen Gründe für die Unterschreitung der Mindestlohnsumme (z.B. betriebsbedingte Kündigung) und für die Zahlung des Kurzarbeitergeldes an den Betrieb vorliegen. Liegen die Umstände zu 1. bis 3. nicht kumulativ vor, ist im Einzelfall zu prüfen, ob dennoch von der erforderlichen Kausalität ausgegangen werden kann. Mitunter kann es beispielsweise genügen, wenn nur die Umstände zu 1. und 3. vorliegen, da einzelne Arbeitsverhältnisse pandemiebedingt bereits vor der Zahlung von Kurzarbeitergeld an den Betrieb beendet wurden (z.B. in der Gastronomie).

Auch mittelbare Auswirkungen einer verordneten Schließung wegen der COVID-19-Pandemie können im Einzelfall für die Annahme der erforderlichen Kausalität genügen und sich beispielsweise ergeben, wenn nicht der Betrieb selbst von einer verordneten Schließung betroffen war, aber sich Folgeauswirkungen auf den Betrieb ergeben haben (z. B. Textilreinigung von Hotel- und Gastronomiewäsche, Beförderungsunternehmen, Brauereien).

Eine abweichende Festsetzung bzw. ein Erlass kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn schon vor dem o.g. Pandemiezeitraum die rechnerisch erforderliche durchschnittliche Lohnsumme zur Einhaltung der Mindestlohnsumme nicht erreicht wurde. In diesem Fall ist das Unterschreiten der Mindestlohnsumme nicht ausschließlich auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen.

4.4.4. Abschmelzung der Regel- und Optionsverschonung

Nach den aktuell geltenden Regelungen gelten die Verschonungsregeln auch bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen, ohne dass geprüft wird, ob es überhaupt einer Verschonung bedarf. Dies sieht das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig an.

Insofern wurde in § 13c ErbStG eine spezielle wertmäßige Begrenzung eingeführt. Sollte der Erwerb begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG zzgl. der Erwerbe von begünstigten Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG von derselben Person innerhalb von zehn Jahren insgesamt 26 Mio. € nicht übersteigen, werden die Abschläge ungeschmälert gewährt. Wird die Grenze von 26 Mio. € durch einen oder mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe überschritten, entfällt die Steuerbefreiung jedoch anteilig. Die im Gesetz genannte Formulierung »auf Antrag« kann nur so verstanden werden, dass ohne Antrag bei Überschreitung ein vollständiger Wegfall der Begünstigung eintritt, was in Zusammenhang mit der gesetzlichen Formulierung in § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch denklogisch erscheint.

Überschreiten die Erwerbe von begünstigtem Vermögen i.S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG die Grenze des § 13a Abs. 1 Satz 1 von 26 Mio. €, verringert sich auf Antrag des Erwerbers der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 oder Abs. 10 ErbStG um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750 000 €, die der Wert des begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG den Betrag von 26 Mio. € übersteigt. Im Fall des § 13a Abs. 10 wird ab einem Erwerb von begünstigtem Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG i.H.v. 90 Mio. € ein Verschonungsabschlag nicht mehr gewährt.

Hinweis:

Im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2015 ist zu beachten, dass sich die bisherigen Regelungen des § 13c ErbStG zur Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke nunmehr in § 13d ErbStG befinden.

4.4.5. Besonderer Abschlag für familiengeführte Unternehmen

Die Unternehmensführung bei familiengeführten Unternehmen ist typischerweise auf die langfristige Sicherung und Fortführung des Unternehmens ausgerichtet. Aus diesem Grund wird bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale vor Anwendung der Regelverschonung ein weiterer Abschlag für diese Unternehmen gewährt.

Gewährt wird ein solcher Abschlag, wenn durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung folgende wertbeeinflussende Bestimmungen vorliegen:

  • die Entnahme oder Ausschüttung muss auf höchstens 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränkt sein; Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben mithin von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt, und

  • die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft muss auf Mitgesellschafter, auf Angehörige i.S.d. § 15 AO oder auf eine Familienstiftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) beschränkt sein, und

  • für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft muss eine Abfindung vorsehen sein, die erheblich unter dem tatsächlichen gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt.

Diese genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Höhe des dann gewährten Abschlags entspricht der im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert und darf 30 % nicht übersteigen.

Ferner ist zu beachten, dass die aufgeführten Bedingungen zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) vorliegen müssen. Die Steuerbefreiung entfällt darüber hinaus mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) eingehalten werden; die §§ 13c und 28a ErbStG bleiben unberührt.

4.4.6. Stundungsregelung in Todesfällen

In § 28 Abs. 1 ErbStG ist im nunmehr verabschiedeten Gesetz geregelt, dass beim Erwerb von Todes von begünstigten Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG dem Erwerber die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu sieben Jahre zu stunden ist. Der erste Jahresbetrag ist ein Jahr nach der Festsetzung der Steuer fällig und bis dahin zinslos zu stunden. Für die weiteren zu entrichtenden Jahresbeträge sind die §§ 234 und 238 AO ab dem zweiten Jahr nach der Festsetzung der Steuer anzuwenden. § 222 AO bleibt unberührt, d. h. es erfolgt eine Verzinsung. Die Stundung endet, sobald der Erwerber, ausgehend vom Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG), den Tatbestand nach § 13a Abs. 3 ErbStG nicht einhält oder einen der Tatbestände nach § 13a Abs. 6 ErbStG erfüllt. Mit einem Verstoß gegen die Lohnsummen- oder die Behaltensregelung endet die Stundung und die Steuer wird sofort fällig. Hierbei gelten folgende Lohnsummen- und Behaltensfristen:

  • der Erwerber nimmt keine Verschonung in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von fünf Jahren wie bei der Regelverschonung;

  • der Erwerber nimmt die Regelverschonung in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von fünf Jahren;

  • der Erwerber nimmt die Abschmelzregelung nach § 13c ErbStG ausgehend von einem Verschonungsabschlag von 85 % in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von fünf Jahren;

  • der Erwerber nimmt die Abschmelzregelung nach § 13c ErbStG ausgehend von einem Verschonungsabschlag von 100 % in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von sieben Jahren;

  • der Erwerber nimmt die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG in Anspruch: Lohnsummen- und Behaltensfrist von sieben Jahren.

Hat der Erwerber die Lohnsummenregelung nicht eingehalten oder gegen die Behaltensregelung verstoßen, kann für die dafür zu entrichtende Nachsteuer die Stundung nach § 28 Abs. 2 nicht in Anspruch genommen werden.

4.5. Verschonungsbedarfsprüfung

Beim Erwerb großer Unternehmensvermögen mit einem begünstigen Vermögen von über 26 Mio. € wurde eine neue Verschonungsbedarfsprüfung eingeführt. Diese Prüfung ist ausschließlich für diese großen Erwerbe vorgesehen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung (vgl. § 28a ErbStG) muss der Erwerber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld aus sonstigem nichtbetrieblichem bereits vorhandenen oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen nicht begünstigtem Vermögen zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.

Die Verschonungsbedarfsprüfung wird auf Antrag des Stpfl. wie folgt durchgeführt:

  1. Hat der Erwerber genügend übrige Mittel zur Verfügung, um die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuerlast zu tragen, scheidet eine Verschonung aus.

  2. Soweit 50 % des mitübertragenen und des bereits vorhandenen nicht begünstigten Nettovermögens des Erwerbers nicht zur vollen Entrichtung der Steuer ausreicht, besteht ein Bedarf für eine Verschonung. Die Steuer wird in entsprechendem Umfang unter der Bedingung erlassen, dass der Erwerber die Lohnsummen- und die Behaltensregelungen einhält. Dies ist eine auflösende Bedingung für den Erlass der Steuer (vgl. § 28 Abs. 4 Nr. 1 und 2 ErbStG).

Beispiel 10:

Der Wert eines im Wege der Schenkung übertragenen begünstigungsfähigen Vermögens soll 95 Mio. € betragen. Davon gehören zum begünstigten Nettovermögen 90 Mio. €. Eine Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG scheidet wegen Überschreitens der Prüfschwelle aus, ein besonderes Familienunternehmen liegt nicht vor. Der Erwerber verfügt über Bargeld in Höhe von 160 000 €.

Lösung 10:

Die Schenkungsteuer würde ohne eine Begünstigung nach § 13a ErbstG bei Berücksichtigung eines persönlichen Freibetrages von 400 000 € für den Erwerb des begünstigten Vermögens i.H.v. 90 Mio. € als Erwerb der Steuerklasse I insgesamt ca. 26 880 000 € betragen. Das verfügbare Vermögen beträgt insgesamt rund 5 160 000 €. Es setzt sich aus seinem Barvermögen sowie dem nicht begünstigten Vermögen zusammen. Dieses muss der Erwerber zu 50 % zur Begleichung der Steuer verwenden. Daher kommt ein Erlass der Steuer lediglich i.H.v. (26 880 000 € – (5 160 000 € × 50 %)) = 24 300 000 € in Betracht. Zu beachten ist, dass auch der Erwerb des nicht begünstigten Vermögens der Erbschaftsteuer unterliegt.

4.6. Neuerungen im Bewertungsrecht

In Niedrigzinsphasen kann die bisherige Anknüpfung an den Basiszinssatz zu Überbewertungen bei der Wertermittlung nicht börsennotierter Kapitalgesellschaften und von Betriebsvermögen kommen. Das vereinfachte Ertragswertverfahren verrentet den nach § 202 BewG korrigierten Jahresgewinn in die Ewigkeit anhand der derzeit erzielbaren Rendite einer risikoarmen Kapitalmarktanlage (Basiszinssatz) zzgl. eines Zuschlags i.H.v. 4,5 %. Der Unternehmenswert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ist folglich derjenige Betrag, der im Bewertungszeitpunkt verzinslich angelegt werden müsste, um dauerhaft den bereinigten Jahresgewinn des Unternehmens aus der Anlage zu beziehen. Je niedriger die langfristig erzielbare Rendite öffentlicher Anleihen ist, desto mehr Geld müsste im Bewertungszeitpunkt angelegt werden, um dauerhaft den Unternehmensgewinn zu beziehen. Sinkt der Basiszinssatz, steigen folglich die Unternehmenswerte.

Ausweislich der Gesetzesbegründung vertritt der Gesetzgeber die Ansicht, dass niedrige Zinsen tatsächlich zu höheren, d.h. unrealistischen Unternehmenswerten führen, jedoch nicht in dem Maße, wie sich der Kapitalisierungsfaktor aufgrund des niedrigen Basiszinssatzes erhöht. Daher wird der gem. § 203 BewG zu berücksichtigende Kapitalisierungsfaktor auf 13,75 gesetzlich festgelegt. Der neue Faktor soll rückwirkend ab dem 1.1.2016 angewendet werden. Zu den hieraus resultierenden verfassungsrechtlichen Bedenken vgl. 4.7.

4.7. Verfassungsrechtliche Bedenken

Es dürfte kaum verwunderlich sein, dass sich auch bei dieser Erbschaftsteuerreform erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel ergeben. Diese sind jedoch sehr differenziert zu betrachten.

Streitig war u.a., welche Rechtslage ab dem 1.7.2016 anzuwenden ist, da bis zum 30.6.2016 keine Neuregelung verabschiedet wurde. Grundsätzlich kamen hierbei unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht. Denkbar wäre, dass das gesamte ErbStG mit Ablauf des 30.6.2016 hinfällig ist. Ferner könnte in Betracht gezogen werden, dass nur die §§ 13a, 13b, 19 Abs. 1 ErbStG nicht mehr zur Anwendung kommen, das übrige ErbStG jedoch weiterhin gilt (so z. B. Aussage vom Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble in der FAZ vom 7.3.2016). Letztendlich wäre auch denkbar gewesen, dass die bis dato geltenden Regelungen des ErbStG über den 30.6.2016 hinaus gelten.

Das BVerfG hatte durch seinen Sprecher Michael Allmendinger bereits im März 2016 eine Stellungnahme abgegeben (vgl. FAZ vom 31.3.2016). Nach dieser Verlautbarung des BVerfG sei das ErbStG auch nach Ablauf des 30.6.2016 zunächst weiterhin anwendbar, sofern der Gesetzgeber bis dahin noch nicht reagiert hat. Begründet wird dies mit zwei Sätzen, die im Tenor des Urteils des BVerfG vom 17.12.2014 stehen: »Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2016 zu treffen.« Beide Aussagen seien unabhängig voneinander zu betrachten. Das bisherige Recht ist daher bis zu einer Neuregelung anzuwenden; wenn diese erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem 30.6.2016 erfolgt, so ist das bisherige Recht eben bis zu diesem späteren Zeitpunkt anwendbar. Durch den Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 29.9.2016 soll genau diese Problematik ausgehebelt werden, da die neuen Regelungen bereits ab 1.7.2016 anwendbar sind. Durch diese Regelung könnte eine echte Rückwirkung vorliegen, wenn der Erbfall z.B. am 1.7.2016 eingetreten ist. Fraglich dürfte indes sein, ob der Stpfl. noch Vertrauensschutz in den Fortbestand der alten Rechtslage genießen konnte. Soweit nicht bereits das Urteil des BVerfG das Vertrauen der Stpfl. hat entfallen lassen, dürfte spätestens die Einbringung eines Gesetzentwurfes in den Bundestag das Vertrauen in den zukünftigen Bestand einer Rechtslage in Frage gestellt haben. Ein Beschluss des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG erfolgte am 24.6.2016 im Bundestag. Obgleich im Vermittlungsausschuss noch Änderungen beschlossen wurden, dürften diese kaum ausreichen, ein Vertrauen der Stpfl. in die alten Regelungen auch nach dem 30.6.2016 aufrechtzuerhalten.

Eine andere Betrachtung ergibt sich hingegen bei der »Herabsetzung« des Kapitalisierungsfaktors bei der Unternehmensbewertung auf 13,75. Dieser soll rückwirkend ab dem 1.1.2016 anwendbar sein. Obgleich dies zunächst kaum kritisch erscheint, weil der Faktor herabgesetzt wird, könnten sich hieraus auch negative Folgen ergeben. Denkbar wäre zum Beispiel, dass sich der niedrigere Kapitalisierungsfaktor negativ auf die zwischen dem 1.1.2016 und dem 30.6.2016 noch bestehende Verwaltungsvermögensquote von 50 % auswirkt. Im schlimmsten Fall könnte so rückwirkend eine vollständige Verschonung verhindert sein. Es dürfte äußert zweifelhaft sein, ob sich der Stpfl. auf eine derartige Folge einstellen musste. Dass es durch die Rückwirkung zu einer Verschlechterung für den Stpfl. kommt, dürfte jedoch auf eine überschaubare Anzahl von Fällen begrenzt sein.

5. Weitere zeitlich differierende Änderungen

Wegen des bestehenden Sachzusammenhangs zur Abgrenzung des Verwaltungsvermögens wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 der bisherige § 13b Abs. 3 Satz 2 ErbStG in den § 13b Abs. 2 ErbStG aufgenommen. Dabei wurde zugleich der Regelungsgehalt der Vorschrift präzisiert und eine unzutreffende Verweisung berichtigt. Gehören Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit einer unmittelbaren Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft von mehr als 25 % zum Betriebsvermögen, zählen diese Anteile in vollem Umfang zum Verwaltungsvermögen, wenn das Verwaltungsvermögen der Gesellschaft mehr als 50 % beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG). Der neue Satz 6 legt fest, wie der Anteil des Verwaltungsvermögens auf der Ebene der Gesellschaft zu ermitteln ist. Der Regelungsgehalt des neuen Satzes 7 beschränkt sich auf das sog. junge Verwaltungsvermögen der Kapitalgesellschaft i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG. Ist auf der Ebene der Gesellschaft solches Vermögen vorhanden, rechnet der darauf entfallende Anteil an dieser Kapitalgesellschaft – unabhängig von Satz 6 – zum Verwaltungsvermögen.

Für nach § 13a ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen wurde für Erwerbe ab dem Tag nach der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 ein neues förmliches Feststellungsverfahren eingeführt. Bislang teilt das Betriebsstättenfinanzamt die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten nur nachrichtlich dem anfordernden Finanzamt mit, es stellt sie aber nicht förmlich fest. Die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten werden künftig gesondert festgestellt, wenn der gemeine Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BewG gesondert festgestellt wird (§ 153 Abs. 2 BewG, § 13a Abs. 1 ErbStG).

Der EuGH hatte mit Urteil vom 22.4.2010 (Rs. C-510/08 [Mattner]) entschieden, dass Art. 56 EG i.V.m. Art. 58 EG dahin auszulegen sei, dass er der Regelung eines Mitgliedstaates entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines im Inland belegenden Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten (mithin eine beschränkte Steuerpflicht anzunehmen ist), niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte. Bei beschränkter Steuerpflicht gibt es unabhängig von den verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander lediglich einen einheitlichen Freibetrag von 2 000 €. Haben die Personen hingegen in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, gibt es je nach Verwandtschaftsgrad einen persönlichen Freibetrag zwischen mindestens 20 000 € und maximal 500 000 €.

Zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an diese Entscheidung wird dem Erwerber eines an sich nur beschränkt steuerpflichtigen Vermögensanfalls in § 2 Abs. 3 ErbStG ein Antragsrecht eingeräumt, wenn einer der Zuwendungsbeteiligten oder beide Zuwendungsbeteiligte in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat ansässig sind.

Hinweis:

Mit dem Antrag unterwirft der beschränkt Stpfl. seinen Erwerb den Regelungen der unbeschränkten Steuerpflicht. Dadurch kann er auch den höheren Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG in Anspruch nehmen, der sich nach seinem persönlichen Verhältnis (Steuerklasse) zum Erblasser oder Schenker ergibt. Könnte ein Erwerber den höheren persönlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG auch bei nur beschränkter Steuerpflicht in Anspruch nehmen, wäre er bessergestellt als ein vergleichbarer Erwerber, dessen Erwerb nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Denn unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige Erwerbe unterscheiden sich regelmäßig v.a. auch in dem Umfang des erfassten Vermögens.

Während die unbeschränkte Steuerpflicht den gesamten Vermögensanfall erfasst, und zwar unabhängig davon, worin das Vermögen besteht und ob es in Deutschland oder einem anderen Staat belegen ist (»Weltvermögen«, § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), ist die beschränkte Steuerpflicht gegenständlich begrenzt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, § 121 BewG). Sie erfasst nur solche Vermögensgegenstände, die einen qualifizierten Bezug zum Inland aufweisen. Beispiele sind inländisches Grundvermögen (§ 121 Nr. 2 BewG) sowie bestimmtes Betriebsvermögen (§ 121 Nr. 3 BewG) oder Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 121 Nr. 4 BewG). Vermögensgegenstände, denen ein qualifizierter Bezug zum Inland fehlt, bleiben von der Besteuerung vollständig ausgenommen, z.B. Bankguthaben und Schmuck, außerdem Forderungen, wenn sie nicht durch inländischen Grundbesitz oder durch inländische grundstücksgleiche Rechte gesichert sind.

Die Ausübung des Wahlrechts hängt mithin davon ab, ob der höhere Freibetrag die Nachteile des kompletten Einbezugs des Erwerbs mehr als ausgleicht. Das wird sich in der Praxis beispielsweise lohnen, wenn das sonstige Vermögen nicht allzu hoch ausfällt.

Beispiel 11:

Ein Ehepaar wohnt in der Toskana. Der Ehegatte verstirbt und hinterlässt seiner Frau ein Mietshaus in Hannover mit einem steuerlichen Wert von 800 000 € sowie ein Bankguthaben von 1,2 Mio. €.

Lösung 11:

Wählt die Ehefrau die Behandlung als unbeschränkt Stpfl., ergibt sich folgende überschlägige Berechnung:

Grundvermögen

800 000 €

übriges Vermögen

1 200 000 €

Erwerb

2 000 000 €

jeweils persönlicher Freibetrag

./. 500 000 €

steuerpflichtiger Erwerb

1 500 000 €

Steuersatz

19 %

Erbschaftsteuer jeweils

285 000 €

Wählt die Ehefrau hingegen die Behandlung als unbeschränkt Stpfl. nicht, ergibt sich folgende überschlägige Berechnung:

Grundvermögen

800 000 €

übriges Vermögen

0 €

Erwerb

800 000 €

jeweils persönlicher Freibetrag

./. 2 000 €

steuerpflichtiger Erwerb

798 000 €

Steuersatz

19 %

Erbschaftsteuer jeweils

151 620 €

Wie das Beispiel zeigt, ergibt sich durch die Wahl der unbeschränkten Steuerpflicht ein Nachteil i.H.v. insgesamt 151 620 €.

Die hiermit verbundenen Änderungen finden auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes entsteht. Ferner gilt die gesetzliche Änderung auch für alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen, soweit der Stpfl. dies beantragt. Ein diesbezüglich gestellter Antrag kann bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung widerrufen werden.

6. Literaturhinweise

Drieß, Bewertung von Betriebsvermögen, insbesondere eines Anteils an einer GmbH & Co. KG, Steuer & Studium 2003, 579; Lang, Die Begünstigung von Produktivvermögen nach §§ 13a, 19a ErbStG, NWB Fach 10, 1475; Hegemann, Bewertungsrechtliche Behandlung des gewillkürten Betriebsvermögens, Steuer & Studium 2006, 247; Eisele, Jahressteuergesetz 2007: Neuerungen im erbschaftsteuerlichen Bewertungsrecht, INF 2007, 136; Eisele, Die Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen, NWB Fach 9, 2849; Eisele, Entwurf eines Erbschaftsteuerreformgesetzes. Novellierung des erbschaftsteuerlichen Bewertungsrechts, NWB 2007, 4581; Radeisen, Die Erbschaftsteuerreform 2008/2009, Stuttgart 2008.

7. Verwandte Lexikonartikel

Bedarfsbewertung

Betriebsgrundstück

Betriebsvermögen

Grundstück

Vermögens- und Verbundvermögensaufstellung

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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