Einkommensteuer

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

Inhaltsverzeichnis

1 Das Einkommensteuerrecht
2 Die Einkommensteuer
2.1 Der Weg bis zur ESt-Abschlusszahlung – Einkommensermittlung gem. § 2 EStG
2.2 Das Veranlagungsschema (R 2 EStR)
2.2.1 Das zu versteuernde Einkommen
2.2.2 Die festzusetzende Einkommensteuer
3 Abschlusszahlung bei der Einkommensteuer
3.1 Allgemeiner Überblick
3.2 Besonderheit bei der Anrechnung von Lohnsteuer
4 Die Zusammenveranlagung von Ehegatten
5 Verwandte Lexikonartikel

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Mit BMF-Schreiben vom 9.4.2020, IV C 4 – S 2223/19/10003:003, BStBl I 2020, 498 (zuletzt geändert durch BMF vom 18.12.2020, BStBl I 2021, 57), hat die Verwaltung ein Schreiben zu den steuerlichen Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene (insbes. hinsichtlich des Spendenabzuges) veröffentlicht. Konkret beinhaltet das Schreiben Unterstützungsmaßnahmen, die vom 1.3.2020 bis längstens zum 31.12.2020 – Verlängerung bis 31.12.2022 durch BMF vom 15.12.2021, BStBl I 2021, 2476 – gelten sollen. Mit Schreiben vom 12.12.2022 (BMF vom 12.12.2022, BStBl I 2022, 1677) erfolgte eine neuerliche Verlängerung auf alle Maßnahmen, die bis 31.12.2023 durchgeführt werden.

Zu folgenden Themenbereichen des Spendenabzuges nimmt das Schreiben Stellung:

  • Spenden (hier insb. der vereinfachte Zuwendungsnachweis)

  • Spendenaktionen von steuerbegünstigten Körperschaften zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene

    Es soll unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft sein, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke verfolgt oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck selbst verwendet.

  • Maßnahmen steuerbegünstigter Körperschaften zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene

    Hierin ist geregelt, dass neben der Verwendung der eingeforderten Spendenmittel (s.o.) es ausnahmsweise auch unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft ist, wenn sie sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur Unterstützung für von der Corona-Krise Betroffene einsetzt. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten.

  • Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen

    Hier erfolgen Regelungen bei Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme, bei Zuwendungen an Geschäftspartner, zu Sonstige Zuwendungen und der Behandlung der Zuwendungen beim Empfänger.

  • Arbeitslohnspende

    Der Verzicht auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer Zahlung des ArbG auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung wird unter weiteren Voraussetzungen (insbes. Aufzeichnungspflichten des ArbG) im Ergebnis steuerfrei gestellt.

Weitere Punkte sind:

  • Der Verzicht auf die Auszahlung von Aufsichtsratsvergütungen analog einer »Arbeitslohnspende« (s.o.) führt weiterhin zu einer Kürzung gem. § 10 Nr. 4 KStG.

  • Die Behandlung von entgeltlichen Hilfsleistungen zur Bewältigung der Corona-Krise durch steuerbegünstigte Körperschaften.

  • Bedeutung der Mittelverwendung für die steuerbegünstigten Organisationen.

  • Mögliche Befreiungen bei der Schenkungsteuer.

  • Der Hinweis auf weitere steuerliche Erleichterungen für Betroffene, wie z.B.

    zur Stundung von Steuern, im Zusammenhang mit Vollstreckungsmaßnahmen und zur Anpassung der Vorauszahlungen, die sich aus dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020, IV A 3 – S 0336/19/10007 :002 und den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.3.2020 ergeben. Bezüglich der Anträge auf Stundung oder aus Anpassung der Vorauszahlungen ist geregelt, dass diese Anträge nicht deshalb abzulehnen sind, weil die Stpfl. die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen.

Befristete Steuerbefreiung für Sonderzahlungen für Beschäftigte bis zu einem Betrag von 1 500 € gem. § 3 Nr. 11 EStG

Mit BMF-Schreiben vom 9.4.2020, IV C 5 – S 2342/20/10009 :001, BStBl I 2020, 503, hat der Bund im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder festgelegt, dass ArbG ihren ArbN in der Zeit vom 1.3. bis zum 31.12.2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 € nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren können.

Voraussetzung ist, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen brauchen nicht vorzuliegen. Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Betroffenheit durch die Corona-Krise kann allgemein unterstellt werden, dass ein die Beihilfe und Unterstützung rechtfertigender Anlass i.S.d. R 3.11 Abs. 2 Satz 1 LStR vorliegt.

Arbeitgeberseitig geleistete Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld fallen nicht unter diese Steuerbefreiung. Auch Zuschüsse, die der ArbG als Ausgleich zum Kurzarbeitergeld wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze leistet, fallen weder unter die vorstehende Steuerbefreiung noch unter § 3 Nr. 2 Buchst. a EStG.

Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen.

Andere Steuerbefreiungen, Bewertungsvergünstigungen oder Pauschalbesteuerungsmöglichkeiten (wie z.B. § 3 Nr. 34a, § 8 Abs. 2 Satz 11, § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG) bleiben hiervon unberührt und können neben der hier aufgeführten Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG in Anspruch genommen werden.

Steuerbefreiung von an in bestimmten Einrichtungen – insbesondere Krankenhäusern – tätige Arbeitnehmer gem. § 3 Nr. 11b EStG

Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz (BGBl I 2021, 911), wurde in § 3 Nr. 11b EStG eine Steuerbefreiung für an in bestimmten Einrichtungen – insbes. Krankenhäusern – tätige ArbN gewährte Sonderleistungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise bis zu einem Betrag von bis zu 4 500 € ab dem VZ 2021 eingeführt.

Pauschalierte Herabsetzung bereits geleisteter Vorauszahlungen

Aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind viele Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dadurch negativ betroffen, dass sich ihre Einkünfte im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verringern und sie für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2020 einen rücktragsfähigen Verlust (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) erwarten müssen. Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für den VZ 2019 sollen auf der Grundlage eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 für alle Beteiligten vereinfacht abgewickelt werden können. Hierzu hat die Verwaltung ein BMF-Schreiben vom 24.4.2020, IV C 8 – S 2225/20/10003:010, BStBl I 2020, 496, herausgegeben.

Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 zur nachträglichen Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 erfolgt nur auf Antrag und kann mit dem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 verbunden werden. Antragsberechtigt sind einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtige Personen, die im Laufe des VZ 2020 Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 EStG (Gewinneinkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) erzielen. Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 % des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, welche der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zugrunde gelegt wurden. Er ist bis zu einem Betrag von 1 000 000 € bzw. bei Zusammenveranlagung von 2 000 000 € (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) abzuziehen. Eine Änderung der Festsetzung der Vorauszahlungen (Neuberechnung) führt zu einem Erstattungsanspruch.

Zusammenfassendes Beispiel (stark vereinfacht) – entnommen aus BMF vom 24.4.2020:

A erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb und hat die für das Jahr 2019 festgesetzten Vorauszahlungen zur Einkommensteuer von 24 000 € entrichtet. Der Vorauszahlungsfestsetzung für 2019 lag ein erwarteter Gewinn von 80 000 € zugrunde. Für das Jahr 2020 wurden Vorauszahlungen von 6 000 € je Quartal festgesetzt. Die Zahlung für das erste Quartal 2020 hat A zum gesetzlichen Fälligkeitstermin (10.3.2020) geleistet.

Aufgrund der Corona-Krise bricht der Umsatz des Gewerbebetriebs erheblich ein. Die Fixkosten laufen unverändert weiter. A beantragt unter Darlegung der vorgenannten Umstände beim Finanzamt eine Herabsetzung seiner Vorauszahlungen für 2020 auf 0 €. Das FA setzt die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer 2020 antragsgemäß herab und erstattet die bereits geleistete Vorauszahlung von 6 000 €.

Zusätzlich beantragt A auch die nachträgliche Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019. Er versichert, dass er für den VZ 2020 aufgrund der Corona-Krise eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte erwartet und beantragt die Herabsetzung im Pauschalverfahren. Das FA setzt die Vorauszahlungen für 2019 auf der Grundlage eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags von 12 000 € (15 % von 80 000 €) auf 18 000 € herab. Die sich dadurch ergebende Überzahlung von 6 000 € wird erstattet.

Im Rahmen der erstmaligen Veranlagung für 2019 in 2020 ergibt sich (mangels Berücksichtigung eines Verlustrücktrags aus 2020) eine Nachzahlung von 6 000 €, welche das FA bis einen Monat nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides für 2020 unter dem Vorbehalt der Zinsfestsetzung und unter dem Vorbehalt des Widerrufs zinslos stundet.

Im Laufe des Kj. 2021 gibt A seine Einkommensteuererklärung für 2020 ab.

Variante 1:

Für 2020 ergibt sich ein Verlust, der durch den Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) zu einer Steuerminderung für 2019 um mindestens 6 000 € führt. Die anlässlich der vorherigen Steuerfestsetzung bewilligte Stundung entfällt. Stundungszinsen sind nicht festzusetzen.

Variante 2:

Für 2020 ergibt sich entgegen der ursprünglichen Prognose kein rücktragsfähiger Verlust. Die gestundete Nachzahlung für 2019 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheides für 2020 zu entrichten. Stundungszinsen sind nicht festzusetzen.

Zusätzlich zu den o.g. Maßnahmen gibt es in jedem Bundesland einige Besonderheiten:

Die Finanzverwaltungen der jeweiligen Bundesländer informieren hierüber auf ihren Internetseiten (Stand 21.3.2022), so z.B.:

  • Bayern (https://www.stmfh.bayern.de/service/finanzielle_hilfen/corona_2020/)

  • Rheinland-Pfalz (https://mwvlw.rlp.de/de/themen/corona/)

  • Baden-Württemberg(https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/service/corona/)

Im Einzelnen werden insbes. die Erstattung von Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen, Anträge auf Fristverlängerung, Stundungsanträge und weitere Hilfen für Unternehmer behandelt.

Inflationsausgleichsprämie

Zuschüsse und Sachbezüge zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise (sog. Inflationsausgleichsprämie), die der ArbG in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt, können bis zu einem Betrag von 3 000 € geleistet werden (vgl. § 3 Nr. 11c EStG n.F.). Die steuer- und sozialversicherungsfreie Inflationsausgleichsprämie ist Teil des sog. dritten Entlastungspakets im Rahmen des Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19.10.2022 (BGBl I 2022, 1743).

1. Das Einkommensteuerrecht

Die Einkommensteuer ist die Steuer mit der größten Breitenwirkung, da von ihr alle natürlichen Personen mit ihren Aktivitäten im In- und Ausland (Welteinkommensprinzip) betroffen sind. Sie ist auch die Steuer mit der größten Tiefenwirkung, da sie in persönliche Bereiche (Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen) eindringt, die den Verkehrs-, Objekt- und Realsteuern verschlossen sind. In ihrer speziellen Erhebungsform als Quellensteuer (Abzugsteuer) begegnet sie in der Grundform jedem Arbeitnehmer (Lohnsteuer) und jedem Kapitalanleger (Kapitalertragsteuer). Bezieht man die Körperschaftsteuer als die – von ihr abgeleitete – Einkommensteuer der Kapitalgesellschaften mit ein, bildet sie gem. § 8 Abs. 1 KStG auch die Basis für die Unternehmensbesteuerung. Von allen Steuerarten hat die Einkommensteuer für die Entwicklung des Steuerrechts die größte Bedeutung. An ihr haben alle Steuertheorien ihren Ausgangspunkt genommen.

Als Grundsätze verfassungskonformer Besteuerung werden gleichberechtigt nebeneinander zitiert:

  • das Leistungsfähigkeitsprinzip,

  • der Grundsatz der Individualbesteuerung und

  • das Markteinkommensprinzip.

Diese sog. Prinzipien beantworten unterschiedliche Grundfragen des Einkommensteuerrechts, ergänzen sich dabei weitgehend, ohne in allen Details zu gleichen Ergebnissen zu gelangen. Sie haben vor allem bei Regelungslücken eine große Bedeutung, da diese sonst für die Rechtsanwender (Gerichte/Finanzverwaltung/Steuerberater) nicht prinzipiengerecht und manchmal auch nicht sinnvoll zu schließen sind. Sie sind zugleich die Richtschnur für den (aktuellen) Gesetzgeber bei der Klärung anstehender Regelungsbereiche. Auch die Steuerzahler werden sich als die Normadressaten des EStG bei Streitigkeiten mit dem Finanzamt hierauf sowie auf ihre verfassungsmäßigen Rechte berufen.

Unter dem Leistungsfähigkeitsprinzip (gemeinhin auch als die Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit – the ability to pay – bezeichnet) werden drei Subprinzipien erwähnt:

  • die gleiche Besteuerung für Bürger eines (nahezu) identischen Einkommens,

  • die sog. »Ist-Besteuerung« und

  • die Geltung des objektiven und subjektiven Nettoprinzips.

Dabei schließt die Ist-Besteuerung aus, dass hypothetische Sachverhalte der Besteuerung unterworfen werden; es gibt danach keine »Soll-Besteuerung«.

Das objektive Nettoprinzip gebietet bei der Ermittlung der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 und 2 EStG) den uneingeschränkten Abzug der (aller) Erwerbsaufwendungen, die kausal mit einer Einkunftsquelle zusammenhängen. Die Einzelfallgerechtigkeit wird bei typisierenden Abzugsbestimmungen dar (z.B. für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i.V.m. Abs. 4 EStG) zugunsten einer Vereinfachungs- und Pauschalierungsregelung für alle betroffenen Steuerbürger durchbrochen.

Das subjektive Nettoprinzip garantiert den Abzug der existenzsichernden Aufwendungen, wie sie in der Sprache des Gesetzgebers mit Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen umschrieben sind.

Mit der Forderung der gleichen Besteuerung der Steuerpflichtigen mit wesentlich gleichem Einkommen (sog. horizontale Steuergerechtigkeit) wird Verzerrungen innerhalb der einzelnen sieben Einkunftsarten vorgebeugt.

Von einigen wird der Grundsatz der Individualbesteuerung als Unterfall des Postulats von der Leistungsfähigkeit behandelt, in einer (sehr wichtigen) Fallgruppe hat das Prinzip jedoch eine eigenständige Bedeutung. Als wichtigster Anwendungsbereich gilt für Ehegatten der Grundsatz der Einzeleinkunftsermittlung. Verwirklichen Ehegatten gleichzeitig und sogar miteinander einen Einkunftstatbestand (z.B. als Gesellschafter einer PersG), so erfolgt für jeden von ihnen eine getrennte und eigenständige Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (s. Tz. 4). Noch allgemeiner bedeutet der Grundsatz der Individualbesteuerung, dass die Besteuerung (und damit die Erfassung aller Besteuerungsgrundlagen wie insbes. der AfA) nur bei demjenigen erfolgt, der i.S.v. § 2 Abs. 1 EStG die »… Einkünfte erzielt«.

Mit dem Markteinkommensprinzip umschreibt die heute h.M. die gemeinsame Klammer der sieben Einkunftsarten in dem Sinne, dass nur marktoffenbare Einnahmen zu einem steuerbaren Tatbestand führen. Ergebnisse der sog. Privatsphäre und Erträge ohne Markt (Schenkung, Erbschaft) sind nicht einkommensteuerbar. Es handelt sich dabei um ein praktisches Erklärungsmodell für die zulässige Umsetzung von Lebenssachverhalten in einkommensteuerliche Dimensionen.

2. Die Einkommensteuer

2.1. Der Weg bis zur ESt-Abschlusszahlung – Einkommensermittlung gem. § 2 EStG

Nach der steuerrechtswissenschaftlichen Einführung definiert § 2 EStG exakt (und technokratisch) die jeweiligen Schritte, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zu durchlaufen sind (§ 2 Abs. 1–5 EStG), bevor hierauf der Steuerbetrag festgesetzt wird (§ 2 Abs. 6 EStG). Die »großen« Abschnitte, so wie sie auch in § 2 EStG verwendet werden, heißen in dieser Reihenfolge:

  • Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG),

  • Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 2 EStG),

  • Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG),

  • Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG),

  • zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG).

Gegenstand der ESt ist das Einkommen der natürlichen Personen. Von bestimmten Einkünften wird die ESt grundsätzlich durch Steuerabzug (→ Lohnsteuer, → Kapitalertragsteuer) erhoben. Durch Berücksichtigung bestimmter sach- oder personenbezogener Verhältnisse des Stpfl. will die ESt der finanziellen Leistungsfähigkeit Rechnung tragen. Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist dies durch die Einführung der → Abgeltungsteuer nur noch eingeschränkt vorgesehen (vgl. § 32d EStG, § 43 Abs. 5 EStG).

Das ESt-Recht unterscheidet zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht (→ Unbeschränkte und beschränkte Einkommensteuerpflicht).

Der ESt unterliegen die

Von der Summe dieser Einkünfte wird eventuell ein → Altersentlastungsbetrag abgezogen. Land- und Forstwirte erhalten unter bestimmten Voraussetzungen einen Abzugsbetrag nach § 13 Abs. 3 EStG. Danach verbleibt der → Gesamtbetrag der Einkünfte.

Nach Abzug des Verlustabzugs (→ Verlustabzug nach § 10d EStG) nach § 10d EStG, von → Sonderausgaben und von außergewöhnlichen Belastungen (→ Außergewöhnliche Belastungen), von Steuerbegünstigungen der zu Wohnzwecken genutzten Wohnungen nach §§ 10e bis 10i EStG (s.a. → Eigenheimzulage) ergibt sich das Einkommen.

Nach Abzug von → Kinderfreibetrag bzw. Betreuungsfreibetrag und → Härteausgleich ergibt sich das zu versteuernde Einkommen.

Das zu versteuernde Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche ESt nach der Grund- bzw. der Splittingtabelle. Die tarifliche ESt kann sich auch durch die Steuersatzberechnung bei Anwendung des Progressionsvorbehalts (→ Progressionsvorbehalt) ergeben.

Die tarifliche ESt, vermindert um die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Abs. 3 und 4 EStG, die Steuer nach § 34c Abs. 5 EStG und den Zuschlag nach § 3 Abs. 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes, ist die festzusetzende ESt. Wird das Einkommen um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG gemindert (→ Kinderfreibetrag), so ist der Anspruch auf Kindergeld (§ 66 EStG) der tariflichen ESt hinzuzurechnen, § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG.

2.2. Das Veranlagungsschema (R 2 EStR)

2.2.1. Das zu versteuernde Einkommen

Das zu versteuernde Einkommen ist nach R 2 Abs. 1 EStR wie folgt zu ermitteln:

Summe der Einkünfte aus den Einkunftsarten

2

=

Summe der Einkünfte

3

./.

Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG)

4

./.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)

5

./.

Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG)

6

+

Hinzurechnungsbetrag (§ 52 Abs. 2 Satz 3 EStG sowie § 8 Abs. 5 Satz 2 AIG)

7

=

Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG)

8

./.

Verlustabzug nach § 10d EStG

9

./.

Sonderausgaben (§§ 10, 10a, 10b, 10c EStG)

10

./.

außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 bis 33b EStG)

11

./.

Steuerbegünstigung der zu Wohnzwecken genutzten Wohnungen, Gebäude und Baudenkmale sowie der schutzwürdigen Kulturgüter (§§ 10e bis 10i EStG, § 52 Abs. 21 Satz 6 EStG i.d.F. vom 16.4.1997, BGBl I 1997, 821 und § 7 FördG)

12

+

Erstattungsüberhänge (§ 10 Abs. 4b Satz 3 EStG)

13

+

zuzurechnendes Einkommen gem. § 15 Abs. 1 AStG (nur bis VZ 2012)

14

=

Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG)

15

./.

Freibeträge für Kinder (§§ 31, 32 Abs. 6 EStG)

16

./.

Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG, § 70 EStDV

17

=

Zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG)

2.2.2. Die festzusetzende Einkommensteuer

Die festzusetzende Einkommensteuer berechnet sich nach R 2 Abs. 2 EStR wie folgt:

1

Steuerbetrag

  1. nach § 32a Abs. 1, 5, § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG oder

  2. nach dem bei Anwendung des Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) oder der Steuersatzbegrenzung sich ergebenden Steuersatz

2

+

Steuer auf Grund Berechnung nach den §§ 34, 34b EStG

3

+

Steuer auf Grund der Berechnung nach § 34a Abs. 1, 4 bis 6 EStG

4

=

tarifliche Einkommensteuer (§ 32a Abs. 1, 5 EStG)

5

./.

Minderungsbetrag nach Punkt 11 Ziffer 2 des Schlussprotokolls zu Artikel 23 DBA Belgien

6

./.

ausländische Steuern nach § 34c Abs. 1 und 6 EStG, § 12 AStG

7

./.

Steuerermäßigung nach § 35 EStG

8

./.

Steuerermäßigung für Stpfl. mit Kindern bei Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen für Wohngebäude oder der Steuerbegünstigungen für eigengenutztes Wohneigentum (§ 34 f Abs. 1 und 2 EStG)

9

./.

Steuerermäßigung bei Zuwendungen an politische Parteien und unabhängige Wählervereinigungen (§ 34g EStG)

10

./.

Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 3 EStG

11

./.

Steuerermäßigung nach § 35a EStG

12

+

Ermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer (§ 35b EStG)

13

+

Steuer aufgrund Berechnung nach § 32d Abs. 3 und 4 EStG

14

+

Steuern nach § 34c Abs. 5 EStG

15

+

Nachsteuer nach § 10 Abs. 5 EStG i.V.m. § 30 EStDV

16

+

Zuschlag nach § 3 Abs. 4 Satz 2 Forstschäden-Ausgleichsgesetz

17

+

Anspruch auf Zulage für Altersvorsorge, wenn Beiträge als Sonderausgaben abgezogen worden sind (§ 10a Abs. 2 EStG)

18

+

Anspruch auf Kindergeld oder vergleichbare Leistungen, soweit in den Fällen des § 31 EStG das Einkommen um Freibeträge für Kinder gemindert wurde

19

=

festzusetzende Einkommensteuer (§ 2 Abs. 6 EStG)

3. Abschlusszahlung bei der Einkommensteuer

3.1. Allgemeiner Überblick

Soweit sich aufgrund der Veranlagung nach Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) und geleisteten Vorauszahlungen (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG) sowie ggf. nach Hinzurechnung von → Kindergeld (→ Familienleistungsausgleich) eine verbleibende ESt-Schuld ergibt, ist vom Stpfl. eine Abschlusszahlung zu leisten. Diese ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig (§ 36 Abs. 4 EStG; → Fristen und Termine). Eventuell rückständige Vorauszahlungen sind sofort fällig.

3.2. Besonderheit bei der Anrechnung von Lohnsteuer

Die einbehaltene Lohnsteuer kann nur insoweit auf die festgesetzte ESt angerechnet werden, als die zugehörigen Einkünfte bei der Veranlagung erfasst worden sind (BFH Urteil vom 19.12.2000, BStBl II 2001, 353).

4. Die Zusammenveranlagung von Ehegatten

Gem. § 26b EStG werden zusammenveranlagte Ehegatten gemeinsam als Stpfl. behandelt. Die Vorschrift gilt für Ehegatten sowie für eingetragene Lebenspartnerschaften (§ 2 Abs. 8 EStG). Auch im Falle der Zusammenveranlagung bleibt der einzelne Ehegatte Einkommensteuersubjekt und -schuldner. Das bedeutet, dass auch bei der Zusammenveranlagung die Einkünfte eines jeden Ehegatten getrennt ermittelt und zugerechnet werden (R 26b Abs. 1 EStR). Erst anschließend erfolgt eine Zusammenrechnung der Einkünfte. Durch die Zusammenrechnung der Einkünfte werden negative Einkünfte des einen Ehegatten mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten ausgeglichen. Der Altersentlastungsbetrag ist gem. § 24a Satz 4 EStG für jeden Ehegatten gesondert zu berechnen. Anschließend setzt die Behandlung der Ehegatten als (ein) Stpfl. gem. § 26b EStG ein. Gem. § 44 Abs. 1 AO ist jeder einzelne Ehegatte Gesamtschuldner der ESt, zu der die Ehegatten zusammenveranlagt werden. Gem. § 32a Abs. 5 EStG beträgt die tarifliche ESt das Zweifache des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt (sog. Splitting). Aufgrund des progressiven Steuertarifs führt die Zusammenveranlagung bei Ehegatten mit unterschiedlich hohen Einkünften in der Regel zu einer niedrigeren ESt als die Einzelveranlagung. Bei Zusammenveranlagung erfolgt die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nach folgendem Schema:

Beispiel:

Einkünfte Ehemann

Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG

1. Betrieb

65 000 €

2. Betrieb

./. 20 000 €

Einkünfte § 15 EStG nach horizontalem Verlustausgleich

45 000 €

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG

./. 5 000 €

Summe der Einkünfte Ehemann nach vertikalem Verlustausgleich

40 000 €

Altersentlastungsbetrag § 24a EStG, Ehemann z. B.

./. 1 520 €

Zwischensumme Ehemann

38 480

Einkünfte Ehefrau

Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG

./. 20 000 €

Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG

70 000 €

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG

1. Haus

15 000 €

2. Haus

./. 20 000 €

Einkünfte § 21 EStG nach horizontalem Verlustausgleich

./. 5 000 €

Summe der Einkünfte Ehefrau nach vertikalem Verlustausgleich

45 000 €

Gesamtbetrag der Einkünfte der Ehegatten § 2 Abs. 3 EStG

38 480 €

gemeinsame Sonderausgaben

./. 5 000 €

gemeinsame außergewöhnliche Belastungen

./. 800 €

Einkommen § 2 Abs. 4 EStG

77 680 €

Freibeträge für ein gemeinsames Kind, § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG (VZ 2021) – der Kinderfreibetrag ist hier (noch) günstiger als das Kindergeld

./. 8 388 €

zu versteuerndes Einkommen § 2 Abs. 5 EStG

69 292 €

Tarifliche ESt § 32a Abs. 5 i. V. m. § 32a Abs. 1 Nr. 3 EStG (VZ 2021)

13 090 €

Anspruch auf Kindergeld inkl. Kinderbonus i.H.v. 150 € (VZ 2021)

2 778 €

Festzusetzende ESt § 2 Abs. 6 EStG (VZ 2021)

15 868 €

5. Verwandte Lexikonartikel

Abgeltungsteuer

Gesamtbetrag der Einkünfte

Kindergeld

Sonderausgaben

Unbeschränkte und beschränkte Einkommensteuerpflicht

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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