Maßnahmen gegen missbräuchliche Steuergestaltungen mit Auslandsbezug – Rechtsentwicklung ab 2016

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Automatisierter Austausch über Finanzinformationen
1.1 Nationale Regelungen
1.2 Bi- und multilaterale Übereinkommen
1.2.1 Bisheriger Informationsaustausch nach der EU-Amtshilferichtlinie
1.2.2 Informationsaustausch nach EU-Amtshilferichtlinie, CRS und MCAA
1.2.3 Meldepflichten nach CRS, MCAA und EU-Amtshilferichtlinie
1.2.4 Kriterien für die Meldepflicht
1.2.5 Auswirkungen auf die Zinsrichtlinie
1.3 Informations- und Erkenntnisaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union
1.4 Automatischer Informationsaustausch mit den Vereinigten Staaten von Amerika nach dem FATCA-Abkommen vom 31.5.2013
1.5 Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (TIEA)
2 Maßnahmen gegen missbräuchliche Steuergestaltungen mit Auslandsbezug ab 2016
2.1 Mitwirkungspflichten der Beteiligten bei Auslandsbezug – § 90 Abs. 3 AO
2.2 Umsetzung innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten – § 117c AO
2.3 Länderbezogener Bericht multinationaler Unternehmensgruppen – § 138a AO
3 Lizenzschranke gegen Steuergestaltung internationaler Konzerne
4 Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG)
4.1 Wesentliche Änderungen der Abgabenordnung
4.1.1 Aufhebung des § 30a AO
4.1.2 Sammelauskunftsersuchen – § 93 Abs. 1a AO
4.1.3 Kontenabruf – § 93 AO
4.1.4 Anzeigepflichten bei Auslandsaktivitäten – § 138 Abs. 2 bis 5 AO
4.1.5 Mitteilungspflicht Dritter (Kreditinstitute) über Beziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften – § 138b AO
4.1.6 Pflicht zur Legitimationsprüfung – § 154 AO
4.1.7 Änderung bei der Festsetzungsverjährung – § 170 AO
4.1.8 Änderung bei der Zahlungsverjährung – §§ 228, 229 AO
4.1.9 Änderungen im Steuerstrafrecht und steuerlichen Ordnungswidrigkeitenrecht – §§ 370, 371, 376, 379 AO
4.2 Wesentliche Änderung des EStG: Sonderbetriebsausgabenabzug bei Vorgängen mit Auslandsbezug – § 4i EStG
5 Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie
6 Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen
7 Steueroasen-Abwehrgesetz
8 Globale Mindestbesteuerung nach Pillar One und Pillar Two der OECD
9 DAC 7-Umsetzungsgesetz
10 Literaturhinweise
11 Verwandte Lexikonartikel

1. Automatisierter Austausch über Finanzinformationen

1.1. Nationale Regelungen

Neben dem Informationsaustausch auf Ersuchen und der Möglichkeit des spontanen Informationsaustauschs gewinnt der automatische Informationsaustausch (AIA) für grenzüberschreitende Finanztransaktionen immer mehr an Bedeutung.

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Die innerstaatliche Rechtsgrundlage für das FATCA-Abkommen (Foreign Account Tax Compliance Act) schafft erst § 117c AO, der sich in § 117c Abs. 1 Satz 1 AO dazu einer RVO bedient. Die Vorschrift ist allgemein gefasst, sodass sie auch für zukünftige weitere Abkommen mit anderen Staaten gilt.

§ 117c AO i.d.F. vom 18.12.2013 regelt die Umsetzung innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten. Das BMF wird in Abs. 1 ermächtigt, zur Erfüllung der Verpflichtungen aus innerstaatlich anwendbaren völkerrechtlichen Vereinbarungen, die der Förderung der Steuerehrlichkeit durch systematische Erhebung und Übermittlung steuerlich relevanter Daten dienen, durch Rechtsverordnungen Regelungen über die Erhebung der nach diesen Vereinbarungen erforderlichen Daten durch in diesen Vereinbarungen dem Grunde nach bestimmte Dritte und ihre Übermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz im Wege der Datenfernübertragung an das Bundeszentralamt für Steuern sowie ihre Weiterleitung an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaates zu treffen. Das Bundeszentralamt für Steuern ist gem. § 117c Abs. 3 AO berechtigt, Verhältnisse, die für die Erfüllung der Pflichten zur Erhebung und Übermittlung von Daten nach einer auf Grund des Absatzes 1 erlassenen Rechtsverordnung von Bedeutung sind oder der Aufklärung bedürfen, bei den zur Erhebung dieser Daten und deren Übermittlung an das Bundeszentralamt für Steuern Verpflichteten zu prüfen. Die auf Grund einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 oder im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 3 vom Bundeszentralamt für Steuern erhobenen Daten dürfen gem. § 117c Abs. 4 AO nur für die in den zugrunde liegenden völkerrechtlichen Vereinbarungen festgelegten Zwecke verwendet werden.

Die Nichterfüllung der sich aus der RVO nach § 117c Abs. 1 Satz 1 AO ergebenden Mitwirkungspflichten wird durch den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 379 Abs. 2 Nr. 1b AO sanktioniert.

1.2. Bi- und multilaterale Übereinkommen

1.2.1. Bisheriger Informationsaustausch nach der EU-Amtshilferichtlinie

Die bisher geltende Amtshilferichtlinie und die nationalen Regelungen sehen gem. § 7 EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) die folgenden Informationspflichten über in anderen Mitgliedstaaten ansässige Personen vor:

  • Vergütungen aus unselbstständiger Arbeit,

  • Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen,

  • Lebensversicherungsprodukte, die nicht von anderen Rechtsakten der EU über den Austausch von Informationen oder vergleichbaren Maßnahmen erfasst sind,

  • Ruhegehälter, Renten und ähnliche Zahlungen und

  • Eigentum an unbeweglichem Vermögen und Einkünften daraus.

In diesen Fällen sieht das Richtlinien-Umsetzungsgesetz zudem vor, dass abweichend von § 117 Abs. 4 Satz 3 AO keine Anhörung erforderlich ist.

1.2.2. Informationsaustausch nach EU-Amtshilferichtlinie, CRS und MCAA

Am 9. 12. 2014 haben sich die EU-Minister auf eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der EU-Amtshilferichtlinie (RL 2011/16/EU des Rates vom 15. 2. 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung; EU-Amtshilfegesetz vom 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809) geeinigt. Dies stellt eine weitere Maßnahme zu einem weltweiten Informationsaustausch zwischen den Finanzverwaltungen dar. Sie ist inhaltlich beeinflusst von den Standards der OECD-Musterabkommen. Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vorgelegt (vgl. BT-Drs. 20/3436 vom 19.9.2022). Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der als »DAC 7« bezeichneten Richtlinie (EU) 2021/514. Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz i.d.F. der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (vgl. BT-Drs. 20/4376 vom 9.11.2022) verabschiedet.

Das BMF hat hierzu ein »Merkblatt zum verpflichtenden automatischen und spontanen Austausch verbindlicher Auskünfte, verbindlicher Zusagen und Vorabzusagen zu Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten« veröffentlicht (BStBl I 2017, 1228). Neben den einkunftsquellenbezogenen Informationen sieht die Neuregelung der Amtshilferichtlinie nunmehr vor, dass bestimmte Informationen zukünftig von den nationalen Finanzinstituten gesammelt werden, die für den jeweiligen anderen EU-Staat steuererheblich sein können, um diese Informationen dann an diesen zu übermitteln.

Nach den Vorgaben des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz – FKAustG) werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zum 30.9.2021 zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates i.S.d. § 1 Abs. 1 FKAustG automatisch ausgetauscht (§ 27 Abs. 1 FKAustG; vgl. BMF vom 11.2.2021, BStBl I 2021, 306). Dem BZSt sind hierfür von den meldenden Finanzinstituten die Finanzkontendaten zu den meldepflichtigen Konten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch im Wege der Datenfernübertragung zum 31.7.2021 zu übermitteln (§ 27 Absatz 2 FKAustG). Die Staaten i.S.d. § 1 Abs. 1 FKAustG, mit denen voraussichtlich der automatische Datenaustausch zum 30.9.2022 erfolgt und für welche die meldenden Finanzinstitute Finanzkontendaten zum 31.7.2022 dem BZSt zu übermitteln haben (vorläufige FKAustG-Staatenaustauschliste 2022) wurden mit BMF-Schreiben vom 11.2.2022 (BStBl I 2022, 191) bekannt gegeben. Die Bekanntmachung einer finalen FKAustG-Staatenaustauschliste 2022 erfolgt im Rahmen eines weiteren BMF-Schreibens bis Ende Juni 2022.

Am 25.5.2018 hat der Rat der Europäischen Union Vorschriften angenommen, die darauf abzielen, durch mehr Transparenz aggressive grenzüberschreitende Steuerplanung zu verhindern (Richtlinie 2018/822/EU zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU). Die Richtlinie zielt auf Intermediäre wie Steuerberater, Buchhalter und Rechtsanwälte ab, die Steuerplanungsmodelle entwerfen und/oder anbieten. Mit dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21.12.2019 (BGBl I 2019, 2875) wurde die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt und gilt ab 1.1.2020. Hierbei wurde insbes. die AO um die neuen Vorschriften der §§ 138d bis 138k ergänzt. Das BMF hat zur Anwendung der Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen Stellung genommen (s. BMF vom 29.3.2021, BStBl I 2021, 582; im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Rn. 248 des BMF-Schreibens vom 29.3.2021 zur Anwendung der Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen gem. § 148f Abs. 4 AO mit sofortiger Wirkung neu gefasst; BMF vom 23.1.2023, IV A 3-S 0304/19/10006:013, IV B 1-S 1317/19/10058:011, 2022/1304104).

Der Common Reporting Standard (CRS) wurde von der OECD zusammen mit den G 20-Staaten in enger Zusammenarbeit mit der EU entwickelt.

Darauf verweisend wurde am 29. 10. 2014 die multilaterale Übereinkunft (Multilateral Competent Authority Agreement on Automatic Exchange of Financial Account Information – MCAA) unterschrieben. Diese sieht für den Informationsaustausch vor, dass der jeweilige Staat von seinen nationalen Finanzinstituten Informationen über Kontendaten erhält und diese Daten dann entsprechend der Vorschriften im CRS an den jeweiligen anderen Staat übermittelt. Deutschland erhält dadurch steuerrelevante Informationen für in Deutschland Steuerpflichtige aus anderen Staaten. Die deutschen Finanzinstitute müssen die relevanten Daten an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln.

CRS, MCAA und die erweiterte Amtshilferichtlinie sind noch in nationales Recht umzusetzen. Ein nationales Anwendungsgesetz ist erforderlich, worin die deutschen Finanzinstitute bindend verpflichtet werden, die nach diesem Standard erforderlichen Sorgfaltspflichten und Meldepflichten einzuhalten. Art. 2 der Richtlinie vom 9.12.2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2015 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen und veröffentlichen. Um auch Rechtsklarheit für die Finanzinstitute für Zweifelsfragen bei der Anwendung des Gesetzes zu schaffen, hat das BMF ein Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen veröffentlicht (BMF vom 23.11.2015, BStBl I 2015, 928). Das BMF hat sein Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen aktualisiert (BMF Merkblatt vom 29.5.2019, IV B 6, S 1320/07/10004 :008; BStBl I 2019, 480).

1.2.3. Meldepflichten nach CRS, MCAA und EU-Amtshilferichtlinie

Im Abkommen zum CRS erklären sich die unterzeichnenden Staaten zum erstmaligen automatischen Informationsaustausch ab September 2017 bereit. Die Schweiz und die EU haben am 27.5.2015 ein Abkommen zur Einführung des globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen unterschrieben (Pressemitteilung der EU-Kommission, LEXinform 0443225). Der globale AIA-Standard der OECD wurde vollständig in das neue Abkommen aufgenommen (→ Steuerhinterziehung).

Folgende Informationen müssen ab 2017 (Schweiz ab 2018) übermittelt werden:

  • Name, Anschrift, Steueridentifikationsnummer sowie Geburtsdatum und -ort (bei natürlichen Personen) des Kontoinhabers, der nach den weiter dargestellten Regelungen meldepflichtig ist,

  • Kontonummer,

  • Name und (ggf.) Identifikationsnummer des meldenden Finanzinstituts,

  • Kontosaldo oder -wert,

  • bei Einlagenkonten: der Gesamtbruttobetrag der Zinsen, die auf das Konto eingezahlt oder dem Konto gutgeschrieben wurden,

  • bei Verwahrkonten: Den Gesamtbruttobetrag der Zinsen, der Dividenden oder anderer Einkünfte, die mittels der auf dem Konto vorhandenen Vermögenswerte erzielt wurden und auf das Konto eingezahlt oder dem Konto gutgeschrieben wurden sowie die Gesamtbruttoerlöse aus der Veräußerung oder dem Rückkauf von Finanzvermögen, die auf das Konto eingezahlt wurden,

  • bei Konten, die keine Verwahrkonten oder Einlagenkonten sind: der Gesamtbruttobetrag, der an den Kontoinhaber gezahlt oder ihm gutgeschrieben wurde.

Die Übermittlung der automatisch zu übermittelnden Informationen erfolgt hiernach jährlich innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder des entsprechenden Meldezeitraums, auf den sich die Information bezieht. Die zuständige Behörde (in Deutschland das BZSt) wird ab 2017 die Informationen an die zuständige Behörde im anderen EU-Staat übermitteln, die in jenem anderen Mitgliedstaat die Steuerpflicht dort ansässiger Personen betreffen. Mit Schreiben vom 1.3.2017 veröffentlichte das BMF die amtliche Datensatzbeschreibung (BStBl I 2017, 443).

1.2.4. Kriterien für die Meldepflicht

Die Finanzinstitute müssen sämtliche bei ihnen geführten Bestandskonten nach bestimmten Indizien untersuchen. Hierbei wird zwischen Konten von geringem Wert (bei natürlichen Personen höchstens 1 Mio. $ zum 31. 12. 2015) und Konten von hohem Wert unterschieden. Die Überprüfung von bestehenden Konten von hohem Wert muss bis zum 31. 12. 2016 abgeschlossen sein, bei Konten von geringem Wert bis zum 31. 12. 2017.

Bei Konten mit hohem Wert besteht eine erweiterte Überprüfungspflicht. Neben der Überprüfung bereits vorhandener Kundenbelege ist eine zusätzliche Suche in elektronischen Datensätzen und ggf. in Papierunterlagen erforderlich.

Weitere Kriterien für eine Meldepflicht sind:

  • Identifizierung des Kontoinhabers als Ansässiger eines anderen Mitgliedstaats,

  • aktuelle Post- oder Hausanschrift in einem anderen Mitgliedstaat,

  • eine oder mehrere Telefonnummern in einem anderen Mitgliedstaat und keine Telefonnummer im Mitgliedstaat des meldenden Finanzinstituts,

  • Dauerauftrag (ausgenommen bei Einlagekonten) für Überweisungen auf ein in einem Mitgliedstaat geführten Konto,

  • aktuell gültige, an eine Person mit Anschrift in einem Mitgliedstaat erteilte Vollmacht oder Zeichnungsberechtigung oder

  • ein Postlagerungsauftrag oder eine c/o-Anschrift in einem Mitgliedstaat, sofern dem meldenden Finanzinstitut keine andere Anschrift des Kontoinhabers vorliegt.

Durch eine entsprechende Selbstauskunft des Kontoinhabers kann eine Meldung vermieden werden.

Weiterhin wird unterschieden zwischen Bestands- und Neukonten. Für ab dem 31. 12. 2015 bei einem meldepflichtigen Finanzinstitut neu eröffnete Konten gelten besondere Sorgfaltspflichten. Bei diesen Konten muss eine Selbstauskunft eingeholt werden. Die Richtlinie sieht vor, dass sie Bestandteil der Kontoeröffnungsunterlagen ist und die steuerliche Ansässigkeit des Kontoinhabers damit festgestellt werden kann. Die Richtlinie bezieht sich in diesem Zusammenhang auch auf den Abgleich mit Unterlagen, die aufgrund von Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche erfasst wurden.

Für Bestandskonten gilt der 31.12.2015 als Stichtag zur Differenzierung. Ein Bestandskonto, das zum 31.12.2015 einen Gesamtwert von höchstens 250 000 $ aufweist, ist nicht überprüfungs- oder meldepflichtig.

Die ermittelten und meldepflichtigen Informationen sind in Deutschland an das BZSt zu übermitteln, die diese an den Staat weiterleitet, für den die Informationen steuererheblich sein können. Inhaltlich entsprechen die Informationen weitestgehend den nach dem CRS zu übermittelnden Informationen. Auch hier zeigen sich starke inhaltliche Parallelen zwischen dem neuen europäischen automatischen Informationsaustausch und dem entwickelten weltweiten Standard.

1.2.5. Auswirkungen auf die Zinsrichtlinie

Die im Jahr 2003 geschaffene Zinsrichtlinie (RL 2003/48/EG vom 3. 6. 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinsen) beinhaltet einen automatischen Informationsaustausch für Zinseinkünfte in Europa. Der Austausch beschränkte sich hier auf bestimmte Zinseinkünfte.

Die von der Amtshilferichtlinie umfassten Sachverhalte sind nahezu identisch mit denen der bisherigen Zinsrichtlinie. Die Kommission wurde daher aufgefordert, die Zinsrichtlinie mit Wirksamkeit der Änderungen der Amtshilferichtlinie aufzuheben. Dies gilt jedoch nicht für Österreich (spätere Umsetzung der Amtshilferichtlinie erst zum 30.9.2018) und für die sog. Drittstaaten Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino. Die EU-Kommission hat bereits ein Mandat erhalten, um Verhandlungen mit diesen Staaten zur Anpassung der Abkommen an den globalen Standard zum automatischen Informationsaustausch zu erreichen.

1.3. Informations- und Erkenntnisaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Durch das Gesetz über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 21.7.2012 (BGBl I 2012, 1566) wurde die AO um die neuen §§ 117a und 117b AO mit Wirkung vom 26.7.2012 ergänzt.

Die zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen richtete sich bislang nach § 117 AO, der allerdings den Bereich der Verhütung von Steuerstraftaten nicht erfasst. Mit dem neuen § 117a AO wurde für den Bereich der Verhütung von Steuerstraftaten die Möglichkeit geschaffen, auf ein Ersuchen einer für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständigen öffentlichen Stelle eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sowie der Schengen-assoziierten Staaten personenbezogene Daten an die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen zu übermitteln, soweit dies auch innerstaatlich zulässig wäre.

Stammen die Daten aus einem Steuerstrafverfahren, bildet § 481 Abs. 1 Satz 2 StPO die innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung. Über § 481 Abs. 2 StPO ist dabei auch § 30 AO als besondere bundesgesetzliche Verwendungsregelung zu beachten. Die Datenübermittlung zu Zwecken der Verfolgung von Steuerstraftaten richtet sich auch weiterhin nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG, BGBl I 1994, 1537), dessen Datenübermittlungsvorschriften ebenfalls an die Erfordernisse des Rahmenbeschlusses angepasst wurden.

1.4. Automatischer Informationsaustausch mit den Vereinigten Staaten von Amerika nach dem FATCA-Abkommen vom 31.5.2013

Die Bundesrepublik Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika haben sich darauf verständigt, durch gegenseitigen Informationsaustausch über Finanzkonten (mit US-Bezug bzw. mit Bezug zu Deutschland) eine effektive Besteuerung sicherzustellen (FATCA-Abkommen; Foreign Account Tax Compliance Act). Durch das Abkommen verpflichten sich die beiden Vertragsparteien, die vereinbarten Daten von Finanzinstituten zu erheben und regelmäßig automatisch auszutauschen. Nach § 117c Abgabenordnung (AO) hat die Übermittlung der auszutauschenden Daten an das BZSt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz im Wege der Datenfernübertragung zu erfolgen. Nähere Informationen zur Datenübermittlung nach dem FATCA-Abkommen können auf der Internetseite des BZSt (www.bzst.bund.de) im dort abgelegten Kommunikationshandbuch FATCA abgerufen werden (Bundesministerium der Finanzen, 17.7.2015, IV B 6-S 1316/11/10052:124, FMNR370000015). Auf Grundlage des § 117c Abs. 1 Satz 1 AO hat das BMF mit Zustimmung des Bundesrates mit Schreiben vom 3.11.2015 die FATCA-USA-UmsV erlassen (BStBl I 2015, 897). Darin werden Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem FATCA-Abkommen ausführlich erläutert.

Das BMF hat mit Schreiben vom 16.12.2015 (BStBl I 2015, 1047) die abgeschlossene Abmachung vom 30.11.2015 zum FATCA-Abkommen vom 31.5.2013 veröffentlicht. Die Abmachung gilt als Vereinbarung i.S.v. Art. 3 Abs. 6 des FATCA-Abkommens vom 31.5.2013.

Mit Schreiben vom 2.6.2017 (BStBl I 2017, 877) hat das BMF den amtlich vorgeschriebenen Datensatz veröffentlicht.

Anwendungsfragen im Zusammenhang mit einem gemeinsamen Meldestandard sowie dem FATCA-Abkommen regelt das BMF-Schreiben vom 1.2.2017 (BStBl I 2017, 305). Zu Änderungen ab dem 1.1.2023 s. BMF vom 15.6.2022 (BStBl I 2022, 963).

1.5. Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (TIEA)

Das BMF hat mit Schreiben vom 10.11.2015 (BStBl I 2016, 138) die Anwendung der Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (Tax Information Exchange Agreement – TIEA) geregelt. Die von Deutschland geschlossenen Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch bieten die Möglichkeit, behördliche Unterstützung durch Informationsaustausch auf Ersuchen im Einzelfall für Zwecke des Besteuerungsverfahrens oder des Steuerstraf- und Bußgeldverfahrens in Anspruch zu nehmen. Ein spontaner oder automatischer Informationsaustausch ist in diesen Abkommen nicht vorgesehen. Amtshilfe wird auf Ersuchen durch Übermittlung von steuerlich voraussichtlich erheblichen Informationen regelmäßig für die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer, Umsatzsteuer, Versicherungsteuer, Erbschaftsteuer und die darauf erhobenen Zuschläge gewährt. Darüber hinaus sieht eine Reihe von Abkommen die Möglichkeit vor, dass Bedienstete der ersuchenden Vertragspartei in das Gebiet der ersuchten Vertragspartei einreisen und mit Zustimmung der von dem Ersuchen betroffenen Personen diesen Fragen stellen und Dokumente einsehen können. Zudem dürfen ausländische Bedienstete mit Zustimmung der ersuchten Vertragspartei bei steuerlichen Außenprüfungen anwesend sein. Die TIEAs stellen zugleich auch bilaterale Verträge auf dem Gebiet der justiziellen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen dar. Insoweit gelten auch die Grundsätze der justiziellen Rechtshilfe. Die Rechtshilfe, die nach diesen Abkommen gewährt wird, ist auf die Übermittlung von Informationen, die der Förderung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens dienen, beschränkt (»Informationsrechtshilfe«). Dabei schließt die Rechtshilfe die Beschaffung der erbetenen Informationen durch die ersuchte Vertragspartei ein. Die ersuchte Vertragspartei bestimmt, inwieweit sie zur Aufklärung des strafrechtlich relevanten Sachverhalts strafprozessuale Maßnahmen, wie z. B. Durchsuchungen oder Zeugenvernehmungen, anwendet.

2. Maßnahmen gegen missbräuchliche Steuergestaltungen mit Auslandsbezug ab 2016

Hauptanliegen des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016 (BGBl I 2016, 3000; gültig ab 24.12.2016; ÄndEUAmtshilfeRL/MgGkuVUmsG) ist lt. Aussage des BMF die Umsetzung von OECD-Empfehlungen zur Stärkung der Transparenz sowie zugleich die Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie 2011/16/EU (EU 2015/2376 vom 8.12.2015, ABl. L 332 vom 18.12.2015, 1 und EU 2016/881 vom 25.5.2016, ABl. L 146 vom 3.6.2016, 8). Zudem sollen weitere steuerliche Regelungen zu grenzüberschreitenden Sachverhalten geändert werden, um Besteuerungsrechte der Bundesrepublik Deutschland besser wahrnehmen zu können.

Weiter führt das BMF aus: »Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse des Projekts gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (‘Base Erosion and Profit Shifting’ – BEPS) hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Auftrag der G20-Staaten konkret umsetzbare Empfehlungen vorgelegt, die geeignet sind, bestehende Defizite des internationalen Steuerrechts auszuräumen. Damit reagiert die Staatengemeinschaft in einem breiten internationalen Konsens auf die Beobachtung der vergangenen Jahre, wonach multinationale Unternehmen im Vergleich zu vorwiegend national tätigen Unternehmen durch Ausnutzung unterschiedlicher Steuersysteme in zunehmendem Maße ihre Steuerlast auf ein Minimum senken. Die Ergebnisse des BEPS-Projekts zielen deshalb darauf ab, Informationsdefizite der Steuerverwaltungen abzubauen, Ausmaß und Ort der Besteuerung stärker an die tatsächliche wirtschaftliche Substanz zu knüpfen, die Kohärenz der einzelnen nationalen Steuersysteme der Staaten zu erhöhen und unfairen Steuerwettbewerb einzudämmen.«

Am 22.12.2021 hat die EU-Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie zur Sicherstellung eines Mindestbesteuerungsniveaus multinationaler Unternehmensgruppen in der EU vorgelegt. Die Richtlinie soll die am 20.12.2021 durch die OECD veröffentlichten Global anti-Base Erosion Rules (»GloBE Rules«) innerhalb der EU einheitlich umsetzen. Pillar One sieht Regelungen für eine globale steuerliche Gewinnverteilung vor, während Pillar Two eine neue Mindeststeuer regeln soll. Pillar Two regelt eine Mindestbesteuerung, die für Konzerne mit einem Gesamtumsatz von 750 Mio. € oder mehr eine Besteuerung von mindestens 15 % sicherstellen soll. Die nationalen Umsetzungsgesetze der IIR sollen bereits zum 1.1.2023 in Kraft treten.

Der Rat hat mit der genannten Richtlinie vom 8.12.2015 eine Ergänzung der Richtlinie 2011/16/EU (EU-Amtshilferichtlinie) beschlossen, um damit einen automatischen Informationsaustausch innerhalb der Europäischen Union über grenzüberschreitende steuerliche Vorbescheide und Vorabverständigungen für Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen (sog. Tax Rulings) zu gewährleisten.

Folgende Maßnahmen wurden eingeführt:

  • Verrechnungspreise müssen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz überprüft werden können und die notwendigen Informationen zur Durchführung einer Verrechnungspreisprüfung müssen bereitgestellt werden.

  • Finanzverwaltungen sollen bestimmte Informationen zur Durchführung einer Risikoeinschätzung für Verrechnungspreise von großen multinationalen Unternehmen erhalten.

  • Sicherstellung der zutreffenden Besteuerung in den betroffenen Mitgliedstaaten durch Bereitstellung von Informationen zu grenzüberschreitenden Vorbescheiden und Vorabverständigungen über Verrechnungspreise durch automatischen Austausch zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie gegenüber der Europäischen Kommission.

  • Zur Wahrnehmung des deutschen Besteuerungsrechts in grenzüberschreitenden Sachverhalten werden weitere Vorschriften des deutschen Steuerrechts geändert.

Das BMF hat hierzu ein »Merkblatt zum verpflichtenden automatischen und spontanen Austausch verbindlicher Auskünfte, verbindlicher Zusagen und Vorabzusagen zu Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten« veröffentlicht (BStBl I 2017, 1228).

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vorgelegt (vgl. BT-Drs. 20/3436 vom 19.9.2022). Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der als »DAC 7« bezeichneten Richtlinie (EU) 2021/514. Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz i.d.F. der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (vgl. BT-Drs. 20/4376 vom 9.11.2022) verabschiedet.

2.1. Mitwirkungspflichten der Beteiligten bei Auslandsbezug – § 90 Abs. 3 AO

Die schon bisher erhöhten Mitwirkungspflichten der Beteiligten bei Auslandsbezug werden durch § 90 Abs. 3 AO i.d.F. vom 20.12.2016 erheblich erweitert. Aufgrund des § 90 Abs. 3 Satz 11 AO hat das BMF die »Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen i.S.d. § 90 Abs. 3 AO« erlassen (Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs-Verordnung, GAufzV; BStBl I 2017, 1220).

Folgende Aufzeichnungspflichten sind zu erfüllen und sollen von der Finanzbehörde im Regelfall unter Beachtung des § 97 AO (Vorlage von Urkunden) nur für die Durchführung einer Außenprüfung verlangt werden:

  • Sachverhaltsdokumentation: Darstellung der Geschäftsvorfälle.

  • Verrechnungspreisdokumentation: Die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen, die einem Fremdvergleich standhalten müssen.

  • Angemessenheitsdokumentation: Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten.

  • Geschäftstätigkeitsdokumentation: Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung. Dies gilt nicht für Unternehmen, deren Umsatz im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Mio. € betragen hat.

Die Vorlage der Unterlagen hat jeweils auf Anforderung innerhalb einer Frist von 60 Tagen zu erfolgen. Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle sind zeitnah zu erstellen und innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung durch die Finanzbehörde vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden. Die Aufzeichnungen sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

§ 90 Abs. 3 AO i.d.F. vom 20.12.2016 ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 beginnen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 zu Art. 97 EGAO).

2.2. Umsetzung innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten – § 117c AO

Nach § 117c Abs. 1 Satz 2 und 3 AO i.d.F. vom 20.12.2016 kann dem Bundeszentralamt für Steuern das Recht eingeräumt werden, die Daten und Meldungen nach § 9 Abs. 1 und 2 FATCA-USA-Umsetzungsverordnung zur Erfüllung der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben auszuwerten. Auswertungen der Meldungen nach § 9 Abs. 2 FATCA-USA-Umsetzungsverordnung durch die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde bleiben hiervon unberührt.

§ 117c Abs. 4 Satz 2 AO i.d.F. vom 20.12.2016 regelt, dass bei der Übermittlung der länderbezogenen Berichte durch das Bundeszentralamt für Steuern gem. § 138a Abs. 6 Satz 4 bis 6 AO i.d.F. vom 20.12.2016 keine Anhörung der Beteiligten stattfindet.

2.3. Länderbezogener Bericht multinationaler Unternehmensgruppen – § 138a AO

Nach § 138a Abs. 1 AO i.d.F. vom 20.12.2016 müssen inländische Unternehmen nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres für dieses Wirtschaftsjahr einen länderbezogenen Bericht des Konzerns erstellen und dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, wenn

  • sie nicht in den Konzernabschluss eines anderen Unternehmens einbezogen werden,

  • die im Konzernabschluss ausgewiesenen, konsolidierten Umsatzerlöse im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Mio. € betragen haben und

  • der Konzernabschluss mindestens ein Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland (ausländisches Unternehmen) oder eine ausländische Betriebsstätte umfasst.

§ 138a Abs. 1, 2, 3, 6 und 7 AO in der am 24.12.2016 geltenden Fassung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 beginnen. § 138a Abs. 4 und 5 AO in der am 24.12.2016 geltenden Fassung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12. 2016 beginnen (§ 31 zu Art. 97 EGAO).

Hinweis auf AEAO zu § 138a, sowie BMF-Schreiben vom 11.7.2017 (BStBl I 2017, 974) und Ergänzung durch Nr. 2 des BMF-Schreibens vom 27.9.2019 (BStBl I 2019, 946).

3. Lizenzschranke gegen Steuergestaltung internationaler Konzerne

Das »Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen« vom 27.6.2017 wurde am 4.7.2017 veröffentlicht (BGBl I 2017, 2074).

Damit soll verhindert werden, dass multinationale Unternehmen Gewinne durch Lizenzzahlungen in Staaten mit besonderen Präferenzregelungen (sog. Lizenzboxen, Patentboxen oder IP-Boxen) verschieben, die nicht den Anforderungen des BEPS-Projekts der OECD und G20 entsprechen. Steuern sollen dem Staat zustehen, in dem die der Wertschöpfung zugrundeliegende Aktivität stattfindet, und nicht dem Staat, der den höchsten Steuerrabatt bietet.

Das BMF führt hierzu aus: »Nach Aktionspunkt 5 des BEPS-Projekts darf ein Staat Unternehmen nur dann eine Lizenzboxregelung gewähren, wenn das Unternehmen in dem Staat Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten durchgeführt und dafür effektiv Ausgaben getätigt hat (sog. Nexus-Ansatz). Erfüllt ein Staat diese Anforderung für Zwecke des schädlichen Steuerwettbewerbs nicht, greifen die Regelungen des Gesetzentwurfs: Die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen des Unternehmens in Deutschland wird eingeschränkt, wenn damit im Empfängerland Lizenzeinnahmen entstehen, die aufgrund eines als schädlich eingestuften Präferenzregimes nicht oder nur niedrig (unter 25 Prozent) besteuert werden. Als schädlich eingestufte Lizenzboxregelungen müssen bis spätestens 30. Juni 2021 abgeschafft oder an den Nexus-Ansatz angepasst werden. Zudem sieht der Abschlussbericht vor, dass seit dem 30.6.2016 keine Neuzugänge zu bestehenden Präferenzregimes mehr zulässig sind, die nicht mit dem Nexus-Ansatz in Einklang stehen. Mit der Regelung wird das Steuersubstrat in Deutschland frühzeitig gesichert. Um den Beteiligten ausreichend Zeit einzuräumen, wird die Regelung auf entsprechende Aufwendungen, die nach dem 31.12.2017 anfallen, angewandt«.

Zur Verwirklichung dieser Ziele wurde § 4j EStG (Aufwendungen für Rechteüberlassungen) eingeführt. Er ist erstmals für Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 entstehen. Das BMF hat hierzu ein »Merkblatt zum verpflichtenden automatischen und spontanen Austausch verbindlicher Auskünfte, verbindlicher Zusagen und Vorabzusagen zu Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten« veröffentlicht (BStBl I 2017, 1228). Das BMF hat für Anwendungsfragen zur Lizenzschranke (§ 4j EstG) am 5.1.2022 (BStBl I 2022, 100) ein Schreiben veröffentlicht (LEXinform 7013033). In einem weiteren Schreiben vom 6.1.2022 (BStBl I 2022, 103) hat das BMF zu nicht Nexus-konformen Präferenzregelungen für die Veranlagungszeiträume 2018 bis 2020 Stellung genommen (LEXinform 7013034).

4. Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG)

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13.2.2017 (BT-Drs. 18/11132) enthält folgende Aussagen: »Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es, beherrschende Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, transparent zu machen. Infolge der Veröffentlichung der so genannten »Panama Papers« durch ein Journalistennetzwerk im April 2016 entwickelte sich eine Diskussion über die Steuerumgehung mittels der Gründung und Nutzung von – meist im Ausland angesiedelten – Domizilgesellschaften (häufig auch als Briefkastenfirmen bezeichnet). Dabei handelt es sich um ein nach dem Recht des betreffenden Sitzstaates formal errichtetes Unternehmen, das zwar rechtlich existiert, jedoch in diesem Staat tatsächlich keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Um Rückschlüsse auf den wahren Inhaber zu verhindern, werden die Firmen zum Teil von nur zum Schein tätigen Personen oder Gremien geleitet und durch rechtliche Konstruktionen weitreichend verschachtelt. Die eigentlichen unternehmerischen Entscheidungen werden von nach außen nicht Erscheinung tretenden Dritten getroffen. Die Gründung und Unterhaltung von solchen funktionslosen Domizilgesellschaften ist nicht per se illegal. Sie geht aber typischerweise mit der Verschleierung von Vermögensverhältnissen, Zahlungsströmen und/oder wirtschaftlichen Aktivitäten einher. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Möglichkeiten der Finanzbehörden zur Feststellung entsprechender Sachverhalte verbessert werden. Aufgrund des damit verbundenen Entdeckungsrisikos soll mit den Neuregelungen auch eine präventive Wirkung eintreten. Im Interesse der Rechtsklarheit und der Praktikabilität soll dabei unerheblich sein, ob eine solche »Drittstaat-Gesellschaft« eigene wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet oder nicht. Denn das Vorliegen einer Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen oder eines Dritten kann tatbestandlich nicht an die steuerliche Beurteilung der wirtschaftlichen Aktivität der Gesellschaft anknüpfen. Folgerichtig sind die Mitwirkungspflichten nicht auf Geschäftsbeziehungen zu Domizilgesellschaften beschränkt, sondern sollen für alle Drittstaat-Gesellschaften gelten.«

Der Bundestag hat am 27.4.2017 den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung angenommen. Der Bundesrat hat am 2.6.2017 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 27.4.2017 verabschiedeten Gesetz zuzustimmen. Das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz wurde am 24.6.2017 veröffentlicht (BGBl I 2017, 1682) und ist am 25.6.2017 in Kraft getreten. Bei einigen Neuregelungen sind jedoch besondere Anwendungsregelungen zu beachten.

4.1. Wesentliche Änderungen der Abgabenordnung

4.1.1. Aufhebung des § 30a AO

Mit Aufhebung des § 30a AO haben Kreditinstitute gegenüber den Finanzbehörden dieselben Pflichten wie andere Personen, die keine gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten beachten müssen. Rasterfahndungen und Ermittlungen ins Blaue hinein bleiben aber unzulässig. Zulässig sind aber künftig nach § 93 Abs. 1a AO n.F. Sammelauskunftsersuchen und die Ausfertigung von Kontrollmitteilungen bei Außenprüfungen. Eine Prüfung allein zu dem Zweck, Kontrollmitteilungen über Kundendaten erstellen zu können, bleibt weiterhin unzulässig.

Nach Art. 97 § 1 Abs. 12 Satz 2 EGAO ist § 30a AO ab dem 25.6.2017 (Inkrafttreten des StUmgBG) auch auf Sachverhalte, die vor diesem Zeitpunkt verwirklicht worden sind, nicht mehr anzuwenden.

4.1.2. Sammelauskunftsersuchen – § 93 Abs. 1a AO

Sammelauskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO waren auch bisher schon grds. zulässig. Der neue § 93 Abs. 1a AO stellt lediglich eine Klarstellung der geltenden Rechtslage dar. Gem. § 93 Abs. 1a AO n.F. dürfen Sammelauskunftsersuchen an Dritte über eine noch unbekannte Anzahl gleichgelagerter Sachverhalte gerichtet werden. Dies gilt sowohl für inländische als auch für ausländische Sachverhalte.

Voraussetzung ist wie bisher, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und dass das Sammelauskunftsersuchen verhältnismäßig ist.

4.1.3. Kontenabruf – § 93 AO

§ 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 AO n.F. regelt die Kontenabrufmöglichkeit, soweit der Abruf zur Erhebung bundesgesetzlich geregelter Steuern oder zur Erhebung von Rückforderungsansprüchen auf dem Gebiet bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen (z.B. Kindergeld nach dem EStG) erforderlich ist. Die Neuregelung ist ab 1.1.2018 anzuwenden (Art. 97 § 26 Abs. 2 EGAO).

Nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4a AO n.F. können die Finanzbehörden ermitteln, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsberechtigter oder abweichend wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt oder einer Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung im Ausland ist. Nach Satz 2 Halbsatz 2 dürfen Kontenabrufe nach Satz 1 Nr. 4a nur dann vorgenommen werden, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

Nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4b AO n.F. dürfen Konten und Depots abgefragt werden, wenn aufgrund der Ermittlung unbekannter Steuerfälle die Besteuerungsgrundlagen einzelner Steuerpflichtiger überprüfen werden sollen. Der Kontenabruf darf nicht dazu genutzt werden, unbekannte Steuerfälle erst festzustellen.

4.1.4. Anzeigepflichten bei Auslandsaktivitäten – § 138 Abs. 2 bis 5 AO

Nach § 138 Abs. 2 AO n.F. werden die bereits bestehenden Anzeigepflichten inländischer Steuerpflichtiger für bestimmte Sachverhalte mit Auslandsbezug modifiziert und erweitert. Zugleich wird die Mitteilungsfrist im Interesse der Steuerpflichtigen deutlich verlängert.

Für die Ermittlung der 150 000 €-Grenze sind die Anschaffungskosten aller – also auch mittelbarer – Beteiligungen i.S.d. § 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO zu berücksichtigen. Die Anschaffungskosten früher erworbener Beteiligungen sind ebenfalls in die Berechnung einzubeziehen. Das BMF hat mit den Schreiben vom 5.2.2018 (BStBl I 2018, 289) und 18.7.2018 (BStBl I 2018, 815) ausführlich zu den neuen Regelungen Stellung genommen.

Mitteilungen nach § 138 Abs. 2 AO n.F. sind nach § 138 Abs. 5 Satz 1 und 2 AO n.F. grds. zusammen mit der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärung zu erstatten. Die jeweils maßgebliche Steuererklärungsfrist ist auch Frist für die Mitteilung nach § 138 Abs. 2 AO n.F.

Sofern keine Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärungspflicht besteht, haben Steuerpflichtige nach § 138 Abs. 5 Satz 3 AO n. F. die Mitteilungen nach amtlichem Vordruck binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs zu erstatten, in dem der mitzuteilende Sachverhalt verwirklicht worden ist. Diese Frist ist nicht nach § 109 AO verlängerbar, da es sich weder um eine behördlich bestimmte Frist noch um eine Steuererklärungsfrist handelt. Zur Änderung des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks vgl. BMF vom 21.5.2019 (BStBl I 2019, 473).

§ 138 Abs. 2 bis 5 AO n.F. gilt erstmals für mitteilungspflichtige Sachverhalte, die nach dem 31.12.2017 verwirklicht worden sind (Art. 97 § 32 Abs. 1 EGAO). Für Sachverhalte des § 138 AO n.F., die bereits vor dem 1.1.2018 bestehen und die nach dem 31.12.2017 weiterbestehen, muss einmalig zusammen mit der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärung für 2018 eine Mitteilung gemacht werden (Art. 97 § 32 Abs. 2 EGAO). Zu den Anwendungsregelungen s. BMF vom 26.4.2022 (BStBl I 2022, 576).

4.1.5. Mitteilungspflicht Dritter (Kreditinstitute) über Beziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften – § 138b AO

§ 138b AO n. F. verpflichtet bestimmte Finanzinstitute zu Mitteilungen an Finanzbehörden, wenn inländische Steuerpflichtige durch ihre Unterstützung beherrschende oder bestimmende Geschäftsbeziehungen zu Drittstaat-Gesellschaften i.S.d. § 138 Abs. 3 AO n.F. hergestellt oder vermittelt haben. Darunter fallen die Herstellung oder Vermittlung der fraglichen Geschäftsbeziehung, die Anbahnung entsprechender Geschäftsbeziehungen zu Dritten und die Veräußerung entsprechender Beteiligungen.

§ 138b AO n.F. soll die Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen nach § 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO n.F. durch Schaffung eines erhöhten Entdeckungsrisikos absichern.

Das BMF hat mit dem Schreiben vom 26.4.2022 (BStBl I 2022, 576 ausführlich zu den neuen Regelungen Stellung genommen. Die Mitteilungen sind dem FA nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck »Mitteilung nach § 138b der Abgabenordnung (AO)« bis zum Ablauf des Monats Februar des Jahres, das auf das Kj. folgt, in dem der mitzuteilende Sachverhalt verwirklicht wurde, zu erstatten (§ 138b Abs. 4 AO).

4.1.6. Pflicht zur Legitimationsprüfung – § 154 AO

Die Pflicht zur Erhebung der steuerlichen Ordnungsmerkmale der betroffenen Personen gilt nach § 154 Abs. 2a Satz 3 AO n.F. nicht für Kreditkonten zur Finanzierung privater Konsumgüter (Möbel, Kraftfahrzeuge, Kühlschränke, Herde, Unterhaltungselektronik usw.), soweit der Kredit den Betrag von 12 000 € nicht übersteigt.

Vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung (für Dritte ein Konto führen, Wertsachen verwahren oder als Pfand nehmen oder ein Schließfach überlassen) muss sich das Kreditinstitut Gewissheit über die Person und Anschrift jedes Verfügungsberechtigten bzw. wirtschaftlich Berechtigten verschaffen. Gewissheit über die Person des Verfügungsberechtigten besteht regelmäßig nur, wenn sein vollständiger Name, sein Geburtsdatum und sein Wohnsitz bekannt sind. Verfügungsberechtigte sind im Regelfall der Kontoinhaber sowie Dritte mit Kontovollmacht. Die Geschäftsbeziehung ist künftig außerdem kontinuierlich zu überwachen und die zu erhebenden Daten sind in angemessenem zeitlichen Abstand zu aktualisieren (§ 154 Abs. 2 Satz 4 AO n. F.). Die steuerlichen Ordnungsmerkmale (IdNr., W-IdNr. oder ggf. Steuernummer) sind zu erheben und aufzuzeichnen. Der Vertragspartner sowie ggf. für ihn handelnde Personen haben dem Kreditinstitut diese Daten mitzuteilen und sich im Laufe der Geschäftsbeziehung diesbezüglich ergebende Änderungen unverzüglich anzuzeigen. Soweit das Kreditinstitut die Ordnungsmerkmale aufgrund unzureichender Mitwirkung nicht ermitteln kann, hat es dies auf dem Konto festzuhalten und jahrgangsweise dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen (§ 154 Abs. 2c AO n. F.).

4.1.7. Änderung bei der Festsetzungsverjährung – § 170 AO

Nach § 170 Abs. 7 AO n.F. beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft i.S.d. § 138 Abs. 3 AO n.F. durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise (z.B. durch eine Anzeige nach § 138b AO) der Finanzbehörde bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Neuregelung gilt nach Art. 97 § 10 Abs. 15 EGAO erstmals für nach dem 31.12.2017 beginnende Festsetzungsfristen.

4.1.8. Änderung bei der Zahlungsverjährung – §§ 228, 229 AO

Nach § 228 Satz 2 AO n.F. wird die Zahlungsverjährungsfrist in den Fällen der §§ 370, 373 oder 374 AO auf zehn Jahre verlängert. Diese Neuregelung gilt nach Art. 97 § 14 Abs. 5 EGAO für alle am 24.6.2017 (Tag der Verkündung des StUmgBG) noch nicht abgelaufenen Zahlungsverjährungsfristen.

4.1.9. Änderungen im Steuerstrafrecht und steuerlichen Ordnungswidrigkeitenrecht – §§ 370, 371, 376, 379 AO

Nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 AO n.F. liegt ein besonders schwerer Fall einer Steuerhinterziehung auch dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger eine Drittstaat-Gesellschaft, auf die er unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Hierbei ist auch die nach § 376 Abs. 1 AO n.F. auf zehn Jahre verlängerte Strafverfolgungsfrist zu beachten. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist in diesen Fällen ausgeschlossen (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO n. F.).

Gem. § 379 Abs. 2 Nr. 1d AO n.F. begeht eine Ordnungswidrigkeit, wer gegen die Mitteilungspflicht Dritter nach dem neuen § 138b AO verstößt. Außerdem ist künftig nach § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO n.F.) auch die Verletzung des § 154 Abs. 2 bis 2c AO n.F. eine Ordnungswidrigkeit.

4.2. Wesentliche Änderung des EStG: Sonderbetriebsausgabenabzug bei Vorgängen mit Auslandsbezug – § 4i EStG

Nach § 4i EStG i.d.F. vom 23.6.2017 dürfen Aufwendungen nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden, soweit sie auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat mindern. Dies gilt nicht, soweit diese Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen mindern, die bei ihm sowohl der inländischen Besteuerung unterliegen als auch nachweislich der tatsächlichen Besteuerung in dem anderen Staat.

5. Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie

Das »Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen« vom 23.6.2017 (BGBl 2017 I, 1822) setzt die Vierte Geldwäscherichtlinie um. Dazu wird das bestehende Geldwäschegesetz neu gefasst, weitere Gesetze werden angepasst. Zudem wird die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen bei der Generalzolldirektion eingerichtet. Sie soll geldwäscherechtliche Meldungen entgegennehmen, analysieren und bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an die zuständigen öffentlichen Stellen weiterleiten. Ihr kommt damit eine wichtige Filterfunktion zu. Darüber hinaus werden in diesem Gesetz zur Begleitung der Geldtransferverordnung unter anderem die verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen angepasst, deren Bekanntmachung geregelt und die zuständigen Behörden für die Überwachung und Einhaltung der Vorgaben der Geldtransferverordnung bestimmt.

6. Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

Am 25.5.2018 hat der Rat der Europäischen Union Vorschriften angenommen, die darauf abzielen, durch mehr Transparenz aggressive grenzüberschreitende Steuerplanung zu verhindern (Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU). Die Richtlinie zielt auf Intermediäre wie Steuerberater, Buchhalter und Rechtsanwälte ab, die Steuerplanungsmodelle entwerfen und/oder anbieten. Sie werden verpflichtet, Modelle zu melden, die als potenziell aggressiv gelten. Die erhaltenen Informationen werden über eine zentrale Datenbank automatisch ausgetauscht. Gegen Intermediäre werden bei Nichteinhaltung der Vorschriften Sanktionen verhängt. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31.12.2019 Zeit, um die Richtlinie in nationale Rechtsvorschriften umzusetzen. Der Richtlinie wurde eine Erklärung Deutschlands beigefügt. Danach können sich Abschlussprüfer, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte gem. Art. 8 Abs. 5 der Richtlinie auf ihre Verschwiegenheitspflicht berufen.

Mit dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21.12.2019 (BGBl I 2019, 2875) wurde die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt und gilt ab 1.1.2020. Hierbei wurde insbes. die AO um die neuen Vorschriften der §§ 138d bis 138k ergänzt. Vgl. hierzu das BMF-Schreiben zur Anwendung der Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 29.3.2021 (BStBl I 2021, 582; im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Rn. 248 des BMF-Schreibens vom 29.3.2021 zur Anwendung der Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen gem. § 138f Abs. 4 AO mit sofortiger Wirkung neu gefasst; BMF vom 23.1.2023, IV A 3-S 0304/19/10006:013, IV B 1-S 1317/19/10058:011, 2022/1304104).

Nach § 138f Abs. 1 Satz 1 AO sind grenzüberschreitende Steuergestaltungen i.S.d. § 138d Abs. 2 AO dem BZSt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle mitzuteilen. Die Übermittlung des Datensatzes hat nach Maßgabe der §§ 87a und 87b AO elektronisch zu erfolgen. Nähere Informationen zur Datenübermittlung können auf der Internetseite des BZSt unter der Rubrik »Unternehmen« abgerufen werden. Das Datenschema ist für alle Daten anzuwenden, die gem. § 138f Abs. 3 AO i.V.m. Art. 97 § 33 Abs. 1 und 2 EGAO ab dem 1.7.2020 im Wege der Datenfernübertragung an das BZSt zu übermitteln sind (vgl. BMF vom 29.4.2020, IV B 6 – S 1316/19/10024 :012, BStBl I 2020, 519).

7. Steueroasen-Abwehrgesetz

Das Steueroasen-Abwehrgesetz vom 25.6.2021 wurde am 30.6.2021 verkündet (BGBl I 2021, 2056; StAbwG) und ist am 1.7.2021 in Kraft getreten. Personen und Unternehmen sollen durch gezielte verwaltungsseitige und materiell-steuerrechtliche Maßnahmen davon abgehalten werden, Geschäftsbeziehungen zu natürlichen oder juristischen Personen in Steuerhoheitsgebieten fortzusetzen oder aufzunehmen, die anerkannte Standards in den Bereichen Transparenz in Steuersachen, unfairem Steuerwettbewerb und bei der Umsetzung der verbindlichen BEPS-Mindeststandards nicht erfüllen. Das Gesetz basiert auf den Schlussfolgerungen des Rates der EU zur sog. »Schwarzen Liste« sowie den verhandelten Maßnahmen der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) und sieht insbesondere folgende Maßnahmen vor:

  • § 8 StAbwG – Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs,

  • § 9 StAbwG – Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung,

  • § 10 StAbwG – Quellensteuermaßnahmen und

  • § 11 StAbwG – Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen.

Der Stpfl. hat über die nach § 90 AO bestehenden Mitwirkungspflichten hinaus eine gesteigerte Mitwirkungspflicht (§ 12 StAbwG).

Gem. § 13 StAbwG sind die Abschnitte 3 und 4 dieses Gesetzes ab dem 1.1.2022 anzuwenden. In Bezug auf Steuerhoheitsgebiete, die am 1.1.2021 nicht auf der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt waren, ist das Gesetz ab dem 1.1.2023 anzuwenden.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StAbwG werden das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt, eine Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassen, in der die Steuerhoheitsgebiete genannt sind, die nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 StAbwG nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete sind, wenn sie in der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke in der jeweils aktuellen Fassung gelistet sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAbwG). Gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 StAbwG ist die Rechtsverordnung für die Anwendung der Abschn. 3 und 4 des StAbwG maßgeblich. Am 25.10.2021 hat das BMF nun den entsprechenden Entwurf einer Verordnung zur Anwendung des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb (Steueroasenabwehrverordnung – StAbwV) veröffentlicht. Die StAbwV i.d.F. vom 20.12.2021 ist ab 24.12.2021 gültig. Sie benennt die nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes, die in der jeweils geltenden EU-Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt sind und den Zeitpunkt, ab dem ein bisher als nicht kooperativ genanntes Steuerhoheitsgebiet die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Gesetzes nicht länger erfüllt (§ 1 StAbwV).

Für § 9 StAbwG gelten gem. § 13 Abs. 3 StAbwG besondere Anwendungsregelungen.

8. Globale Mindestbesteuerung nach Pillar One und Pillar Two der OECD

Pillar One sieht Regelungen für eine globale steuerliche Gewinnverteilung vor, während Pillar Two eine neue Mindeststeuer regeln soll. Am 22.12.2021 hat die EU-Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie zur Sicherstellung eines Mindestbesteuerungsniveaus multinationaler Unternehmensgruppen in der EU vorgelegt. Die Richtlinie soll die am 20.12.2021 durch die OECD veröffentlichten Global anti-Base Erosion Rules (»GloBE Rules«) innerhalb der EU einheitlich umsetzen. Pillar Two regelt eine Mindestbesteuerung, die für Konzerne mit einem Gesamtumsatz von 750 Mio. € oder mehr eine Besteuerung von mindestens 15 % sicherstellen soll. Die nationalen Umsetzungsgesetze der IIR sollen bereits zum 1.1.2023 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf wird für den Januar 2023 erwartet.

9. DAC 7-Umsetzungsgesetz

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vorgelegt (vgl. BT-Drs. 20/3436 vom 19.9.2022). Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der als »DAC 7« bezeichneten Richtlinie (EU) 2021/514. Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz i.d.F. der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (vgl. BT-Drs. 20/4376 vom 9.11.2022) verabschiedet und beinhaltet folgende Maßnahmen:

  • Das Gesetz sieht neue Meldepflichten für Plattformbetreiber vor.

  • Das EU-Amtshilfegesetz wird in § 6a EUAHiG geändert (nur noch »voraussichtliche Erheblichkeit« bei Auskunftsersuchen nach der EU-AHiRL erforderlich) und in § 6b EUAHiG wird die Rechtsgrundlage für ein Gruppenersuchen geschaffen.

  • Änderungen der AO beziehen sich insbes. auf steuerliche Außenprüfungen (z.B. § 197 Abs. 3 und 4 AO: Vorlageverlangen von aufzeichnungspflichtigen Unterlagen; § 90 Abs. 4 AO: Verrechnungspreisdokumentation; § 200a AO für nach dem 31.12.2024 entstehende Steuern: Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen und Mitwirkungsverzögerungsgeld).

10. Literaturhinweise

Hörhammer, Europäische Neuregelung zum automatischen Informationsaustausch zu Finanzkonten, NWB 11/2015, 741; Dölker, Amtshilfe und Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden auf EU- und internationaler Ebene, EWS 2015, 23; Baum, Änderungen der AO durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz, NWB 29/2017, 2189; Dr. Oppel und Salewski, Internationaler Informationsaustausch in Steuersachen, Überblick über Rechtsgrundlagen, Grenzen und Rechtsschutzmaßnahmen, Steuer und Studium 6/2017, 361; Fischer und Riedlinger, Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, IWB Nr. 11 vom 8.6.2018, 409; Dr. Gehm, Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen, BMF Merkblatt vom 29.5.2019, IV B 6, S 1320/07/10004 :008; IWB 19/2019, 762; Grotherr, Neuerungen bei den Mitteilungspflichten bei Auslandsbeziehungen nach § 138 Abs. 2 und § 138b AO, NWB 22/2022, 1551.

11. Verwandte Lexikonartikel

Steuerfahndung

Steuerhinterziehung

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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