Nießbrauch

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Nießbrauch ist ein Nutzungsrecht, dass ein Eigentümer einer Sache einem Dritten (Nießbraucher) einräumt. Der Nießbraucher kann die Sache nutzen und auch Einkünfte erzielen.
  • Die häufigste Form des Nießbrauchs ist das Nießbrauchrecht an Grundstücken. Der Nießbraucher kann ein Grundstück selbst nutzen oder es vermieten bzw. verpachten. Die erzielten Einkünfte müssen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung versteuert werden.

Inhaltsverzeichnis

1 Zivilrechtliche Behandlung
1.1 Bestellung des Nießbrauchs
1.2 Erlöschen des Nießbrauchs
2 Nießbrauch am eigenen Grundstück
3 Bewertung des Nießbrauchs
3.1 Allgemeines
3.2 Jahreswert
3.3 Vervielfältiger
4 Die ertragsteuerliche Behandlung des Nießbrauchs
4.1 Überblick über die Nießbrauchs- und Nutzungsrechte an einem Grundstück
4.2 Zuwendungsnießbrauch
4.2.1 Allgemeines
4.2.2 Einkünfteerzielung durch den Nießbraucher
4.2.2.1 Zurechnung der Einkünfte
4.2.2.2 Brutto- oder Nettonießbrauch
4.2.2.3 Bruchteils- oder Quotennießbrauch
4.2.3 Unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch
4.2.3.1 Vermietung durch Nießbraucher
4.2.3.2 Eigennutzung durch Nießbraucher
4.2.3.3 Ablösung des Nießbrauchs
4.2.4 Entgeltlicher Zuwendungsnießbrauch
4.2.4.1 Vermietung durch Nießbraucher
4.2.4.2 Eigennutzung durch Nießbraucher
4.2.4.3 Ablösung des Nießbrauchs
4.2.5 Teilweise entgeltlich bestellter Zuwendungsnießbrauch
4.3 Vorbehaltsnießbrauch
4.3.1 Allgemeines
4.3.2 Entnahme aus dem Betriebsvermögen
4.3.3 Behandlung beim Nießbraucher
4.3.3.1 Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
4.3.3.2 Vermietung durch den Nießbraucher
4.3.3.3 Erhaltungsaufwendungen
4.3.3.4 AfA
4.3.3.5 AfA bei verlängertem Vorbehaltsnießbrauch
4.3.4 Behandlung beim Eigentümer
4.3.4.1 Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des Nießbrauchers
4.3.4.2 Vermietung durch den Nießbraucher
4.3.5 Ablösung des Nießbrauchs
4.3.5.1 Ablösung gegen Einmalzahlung
4.3.5.2 Ablösung gegen wiederkehrende Leistungen
4.3.6 AfA-Berechtigung nach Erlöschen des Nießbrauchs
4.4 Vermächtnisnießbrauch
4.5 Sicherungsnießbrauch
4.6 Abgrenzungsbeispiele
5 Schenkungsteuerliche Behandlung
5.1 Vorzeitiger unentgeltlicher Verzicht auf ein Vorbehaltsnießbrauchrecht
5.2 Vorbehalt eines nachrangigen Nießbrauchs
6 Dingliche Wohnrechte
6.1 Zugewendetes dingliches Wohnrecht
6.2 Vorbehaltenes dingliches Wohnrecht
7 Obligatorische Nutzungsrechte
7.1 Grundsätzliches
7.2 Zugewendetes obligatorisches Nutzungsrecht
7.2.1 Behandlung beim Nutzenden
7.2.2 Behandlung beim Eigentümer
7.3 Vorbehaltenes obligatorisches Nutzungsrecht
7.3.1 Allgemeines
7.3.2 Behandlung beim Nutzenden
7.3.3 Behandlung beim Eigentümer
8 Nießbrauch an Wertpapieren (Einkünfte aus Kapitalvermögen)
8.1 Grundsätzliches
8.2 Vorbehalts- und Vermächtnisnießbrauch
8.3 Zuwendungsnießbrauch
8.3.1 Unentgeltlich bestellter Nießbrauch
8.3.2 Entgeltlich bestellter Nießbrauch
9 Nießbrauch bei Beteiligungen
9.1 Nießbrauch an einem GmbH-Anteil
9.2 Nießbrauch an einem Personengesellschaftsanteil
10 Umsatzsteuer
11 Beispiel
12 Literaturhinweise
13 Verwandte Lexikonartikel

1. Zivilrechtliche Behandlung

1.1. Bestellung des Nießbrauchs

Zivilrechtlich ist der Nießbrauch Teil des Sachenrechts, wie z.B. das Eigentum (§ 903 BGB). Die gesetzlichen Vorschriften über den Nießbrauch befinden sich in den §§ 1030 ff. BGB. Der Nießbrauch kann an beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie an Rechten bestellt werden. Der Nießbrauch ist das beschränkte dingliche Recht, die Nutzungen der Sache zu ziehen (§ 1030 Abs. 1 BGB). Die Nutzungen (§ 100 BGB) bestehen in der Fruchtziehung oder in dem Vorteil, die Sache zu gebrauchen. Es handelt sich dabei um ein höchstpersönliches Recht (§ 1059 BGB), das nicht übertragbar und nicht vererblich (§ 1061 BGB) ist.

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Die Nießbrauchsbestellung geschieht durch

  • Einigung und Übergabe bei beweglichen Sachen (§ 1032 BGB);

  • Einigung und Eintragung im Grundbuch bei Grundstücken (§§ 873 und 874 BGB).

Bei Minderjährigen ist die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers notwendig (s. Rz. 4 und 5 des Nießbrauch-Erlasses vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184).

1.2. Erlöschen des Nießbrauchs

Der Nießbrauch kann erlöschen

  1. unmittelbar durch Gesetz oder

  2. durch rechtsgeschäftliche Regelung.

So kann der Nießbrauch durch Ablauf der in der Vereinbarung oder im Testament festgelegten Frist beendet werden.

Der Nießbrauch kann auch durch eine einseitige Erklärung des Nießbrauchers, dass er den Nießbrauch aufgebe, erlöschen (§§ 1064, 1068 und 1072 BGB). Bei der Aufhebung des Nießbrauchs an einem Grundstück ist außerdem die Löschung des Rechts im Grundbuch erforderlich (§ 875 und 876 BGB).

Ist über die Nießbrauchsbestellung keine Vereinbarung getroffen und erklärt der Nießbraucher nicht, dass er den Nießbrauch aufgebe, gelten für das Erlöschen des Nießbrauchs die gesetzlichen Bestimmungen (s. Jansen u.a., 2009, Rz. 167 ff.).

Wie oben bereits erwähnt, ist der Nießbrauch unvererblich und unübertragbar. Er erlischt also spätestens mit dem Tode des Berechtigten (§ 1061 BGB), das gilt auch dann, wenn die in dem Rechtsgeschäft über die Bestellung des Nießbrauchs festgelegte Zeit noch nicht abgelaufen ist.

Der Nießbrauch erlischt demnach

  • mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten (§ 1061 BGB);

  • bei Verzicht;

  • bei Auflösung.

    Stellung des

    Nießbrauchers

    Eigentümers

    • Besitz der Sache (§ 1036 BGB)

    • Rechte des Nießbrauchers dulden

    • Ziehung aller Nutzungen (§ 1030 Abs. 1 BGB)

    • Wertverzehr, AfA (§ 1050 BGB)

    • Substanzerhaltung, gewöhnliche Lasten (§ 1041 BGB)

    • Tragen von außergewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen (§ 1041 Satz 2 BGB)

    • gewöhnliche öffentliche Lasten (§ 1047 BGB)

    • Tragen von außergewöhnlichen öffentlichen Lasten, z.B. Erschließungsbeiträgen

    • private Lasten, die vor Bestellung des Nießbrauchs ausgenommen wurden (§ 1047 BGB): Zinsen für Hypothek, nicht die Tilgung

    • private Lasten nach Bestellung des Nießbrauchs entstanden

    • keine Umgestaltung oder wesentliche Veränderungen an der Sache (§ 1037 BGB)

    Der Eigentümer trägt grundsätzlich die Aufwendungen, die nicht aus den Erträgen, sondern aus der Substanz zu leisten sind.

    • Zahlung von bestimmten Versicherungen (§ 1045 BGB)

    Anderweitige Vereinbarungen durch Vertrag möglich (auch sog. Bruttonießbrauch, d.h. der Eigentümer trägt sämtliche Kosten).

    Abb.: Rechte und Pflichten des Nießbrauchers und des Eigentümers

2. Nießbrauch am eigenen Grundstück

Der Grundstückseigentümer kann einen Nießbrauch für sich selbst bestellen, so hat der BGH mit Beschluss vom 14.7.2011 (V ZB 271/10, DStR 2011, 2209, NJW 2011, 3517) entschieden. Die Schaffung eines Rechts am eigenen Grundstück ist im Gesetz zwar nur für die Grundschuld und die Rentenschuld vorgesehen (§§ 1196, 1199 BGB). Die Vorschrift des § 889 BGB, die bestimmt, dass ein Recht an einem fremden Grundstück bei nachträglicher Vereinigung von Eigentum und dinglichem Recht nicht erlischt, macht aber deutlich, dass dem Gesetz ein Ausschluss des Bestehens dinglicher Rechte an eigenen Grundstücken fremd ist. Auch steht das in § 873 BGB aufgestellte Erfordernis einer Einigung zwischen zwei Personen der Bestellung eines solchen Rechts nicht entgegen; die Vorschrift soll lediglich verhindern, dass jemand ein Recht gegen seinen Willen erwirbt. Der BGH hat deshalb die Bestellung einer Eigentümerdienstbarkeit für zulässig erachtet (BGH Urteile vom 11.3.1964, V ZR 78/62, BGHZ 41, 209, 210 f. und vom 8.4.1988, V ZR 120/87, NJW 1988, 2362, 2363).

Für einen Nießbrauch gilt nichts anderes. Zwar ist dieses Recht nach seiner rechtlichen Konstruktion ebenfalls auf einen Dritten als Berechtigten ausgerichtet. Wie bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit kann aber auch bei einem Nießbrauch ein schutzwürdiges Interesse des Eigentümers bestehen, es zunächst als Eigenrecht entstehen zu lassen. Das zeigt sich insbesondere bei einer beabsichtigten Veräußerung des Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt. Eine vorherige, von dem Eigentümer selbst geschaffene dingliche Sicherung der ihm verbleibenden Nutzungsbefugnis bietet erhebliche Vorteile gegenüber dem nur schuldrechtlichen Versprechen des Erwerbers, unmittelbar im Anschluss an den Erwerb einen Fremdnießbrauch zu bestellen.

Die Wirksamkeit eines Eigentümernießbrauchs ist nicht von dem Nachweis eines berechtigten Interesses an dessen Bestellung im Einzelfall abhängig.

Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil ein Eigentümernießbrauch dazu genutzt werden kann, Gläubigern den Zugriff auf das Grundstück zu erschweren. Diese Gefahr besteht bei der Eigentümergrundschuld ebenfalls; gleichwohl kann diese nach dem Gesetz ohne Nachweis eines berechtigten Interesses am eigenen Grundstück bestellt werden. Der benachteiligte Gläubiger ist deshalb nicht schutzlos, denn die Bestellung dinglicher Rechte am eigenen Grundstück, welche die Zugriffslage für ihn verschlechtert und in Benachteiligungsabsicht erfolgt, ist nach § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbar.

3. Bewertung des Nießbrauchs

3.1. Allgemeines

Nach § 1 Abs. 1 BewG gelten die allgemeinen Bewertungsvorschriften für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, die durch Bundesrecht geregelt sind.

Wiederkehrende Nutzungen (Nießbrauch) sind nach § 13 ff. BewG grundsätzlich mit dem Kapitalwert anzusetzen (BMF vom 10.10.2010, BStBl I 2010, 810, unter III.1). Der Kapitalwert wird nach folgender Formel ermittelt:

Jahreswert × Vervielfältiger = Kapitalwert

3.2. Jahreswert

Der Jahreswert eines Nießbrauchsrechts ist nach den Grundsätzen des § 15 Abs. 3 BewG zu ermitteln. Danach ist der Betrag anzusetzen, der im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt wird. Maßgeblich ist dabei der Reinertrag des Nießbrauchs im Durchschnitt der letzten drei Jahre.

Das FG Münster hat mit Urteil vom 26.11.2015 (3 K 2711/13 Erb, EFG 2016, 493, LEXinform 5018745, Revision eingelegt, Az. BFH: II R 4/16, LEXinform 0950716) zur Erbschaft- und Schenkungsteuer entschieden, dass bei der Wertermittlung eines (Vorbehalts-)Nießbrauchs die vom Nießbraucher übernommene Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungen und Schuldzinsen mindernd zu berücksichtigen ist. Die Bewertung eines lebenslänglichen Nießbrauchs richte sich nach dessen Kapitalwert, der wiederum nach den Nettoerträgen zu bemessen sei. Dies bedeute bei Nießbrauchsrechten an Grundstücken, dass von den Mieteinnahmen auch die vom Nießbraucher zu zahlenden Zinsen abzuziehen seien. Diese Berechnung sei auch für die Ermittlung des Werts beim Nießbrauchsberechtigten maßgeblich. Eine unterschiedliche Ermittlung beim Berechtigten und beim Verpflichteten komme nicht in Betracht (Mitteilung des FG Münster vom 15.2.2016, LEXinform 0444093).

Die Begrenzung des Jahreswertes i.S.d. § 16 BewG ist für die ESt nicht anzuwenden (BMF vom 26.8.2002, BStBl I 2002, 893, Rz. 18).

Hinweis:

Das BMF-Schreiben vom 28.6.2002 (BStBl I 2002, 893) wurde durch das BMF-Schreiben vom 16.9.2004 (BStBl I 2004, 922), dieses wiederum durch das BMF-Schreiben vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227) ersetzt. In den dem BMF-Schreiben vom 26.8.2002 folgenden Schreiben fehlt allerdings ein Hinweis darauf, dass die Begrenzung des Jahreswerts i.S.d. § 16 BewG nicht anzuwenden ist. M.E. ist dies allerdings weiterhin von Bedeutung, da die Begrenzung ausschließlich für nach den Vorschriften des BewG anzusetzende Werte gilt (s. Wortlaut des § 16 BewG). Zur Anwendung des § 16 BewG s.a. Lippross, Basiskommentar zu § 16 BewG (LEXinform 0177481).

Mit Urteil vom 28.5.2019 (II R 4/16, BFH/NV 2020, 146; LEXinform 0951349) hat der BFH für Zwecke der Schenkungsteuer über die Ermittlung der Bereicherung im Fall einer Grundstücksschenkung unter Vorbehaltsnießbrauch zu entscheiden. Dabei hatte der Beschenkte zwar die auf dem Grundstück ruhenden Verbindlichkeiten übernommen, die daraus resultierenden Schuldzinsen wurden jedoch für die gesamte Dauer des Nießbrauchrechts aufgrund einer gesetzlichen bzw. vertraglichen Verpflichtung vom Schenker bzw. Nießbraucher getragen. Dabei ist der Jahreswert des Nießbrauchsrechts, der die Bereicherung des Bedachten mindert, nach Auffassung des BFH unter Abzug der Schuldzinsen für die zum Zeitpunkt der Zuwendung bestehenden Darlehen zu ermitteln.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eltern des Klägers übertrugen verschiedene bebaute Grundstücke unter dem Vorbehalt eines auf Lebensdauer des Längstlebenden geltenden Nießbrauchs auf den Kläger. Aufgrund des Nießbrauchs waren die Eltern berechtigt und verpflichtet, sämtliche Nutzungen aus dem Vertragsgegenstand zu ziehen und sämtliche privaten und öffentlichen Lasten zu tragen. Der Kläger übernahm die auf dem Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten, wobei die Nießbraucher im Innenverhältnis die Tilgungs- und Zinsleistungen für die übernommenen Verbindlichkeiten für die Dauer des Nießbrauchs zu tragen hatten.

Bei Ermittlung der Bereicherung aus den übertragenen Grundstücken im Rahmen der Festsetzung der Schenkungssteuer gegen den Kläger berücksichtigte das FA die Belastung aus den Nießbrauchrechten steuermindernd, nicht aber die übernommenen Darlehensverbindlichkeiten, da insoweit Zins- und Tilgungsleistungen weiterhin von den übertragenden Eltern erbracht würden. Im nachfolgenden Einspruchs- und Klageverfahren machte der Kläger geltend, die Jahreswerte der Nießbrauchrechte seien ohne die Einbeziehung von Schuldzinsen zu berechnen.

Nach Auffassung des BFH ist der Jahreswert des Nießbrauchrechts unter Abzug der Schuldzinsen für die zum Zeitpunkt der Zuwendung bestehenden Darlehen zu ermitteln, wenn die Schuldzinsen vom Schenker als Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchrechts aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung getragen werden. Ursächlich hierfür sei, dass die Schuldzinsen, die der Bedachte trotz Übernahme der Verbindlichkeiten nicht zu tragen hat, im Hinblick auf das bei einer Schenkung maßgebliche Bereicherungsprinzip bei der Ermittlung des Jahreswerts nicht – abweichend von der Ermittlung beim Nießbraucher – außer Acht zu lassen sind. Beim Bedachten einer Grundstücksschenkung minderten Schuldzinsen für die zum Zeitpunkt der Zuwendung bestehenden Darlehen ebenfalls den Jahreswert des auf dem zugewendeten Grundstück lastenden Nießbrauchrechts, wenn diese vom Schenker als Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchrechts aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung getragen werden.

3.3. Vervielfältiger

Die Bestimmung des Vervielfältigers ist abhängig von der Dauer des Nießbrauchsrechts.

Ist das Nießbrauchrecht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, so bestimmt sich der Vervielfältiger nach § 13 Abs. 1 BewG i.V.m. III.1.2.1 und Tabelle 6 des Gleichlautenden Ländererlasses betr. Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von Ansprüchen/Lasten bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen nach dem 31.12.2009 für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810).

Handelt es sich dagegen um ein lebenslängliches Nießbrauchrecht, so bestimmt sich der Vervielfältiger nach § 14 Abs. 1 BewG i.V.m. III.1.2.4 des o.a. Gleichlautenden Ländererlasses vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) und der vom Bundesministerium der Finanzen zu erstellenden Sterbetafel. Die Sterbetafeln und die danach ermittelten Vervielfältiger werden gem. § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG i.d.R. jährlich anhand der statistischen Lebenserwartung aktualisiert, in einer Tabelle zusammengefügt und vom Bundesministerium der Finanzen im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Darin gibt das BMF die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen bekannt, die ab dem jeweiligen Stichtag anzuwenden sind. Für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2011 sind danach folgende Vervielfältiger bzw. Fundstellen maßgebend:

Vervielfältiger für Bewertungsstichtage

BMF vom

Fundstelle

1.1.2011 bis 31.12.2011

8.11.2010

BStBl I 2010, 1288

1.1.2012 bis 31.12.2012

26.9.2011

BStBl I 2011, 834

1.1.2013 bis 31.12.2013

26.10.2012

BStBl I 2012, 950

1.1.2014 bis 31.12.2015

13.12.2013

BStBl I 2013, 1609

1.1.2016 bis 31.12.2016

2.12.2015

BStBl I 2015, 954

1.1.2017 bis 31.12.2018

4.11.2016

BStBl I 2016, 1166

1.1.2019 bis 31.12.2019

22.11.2018

BStBl I 2018, 1306

1.1.2020 bis 31.12.2020

2.12.2019

BStBl I 2019, 1288

Ab 1.1.2021

28.10.2020

BStBl I 2020, 1048

Abb.: Überblick über die Veröffentlichung der Sterbetafel im BMF-Schreiben

Beispiel 1:

S, männlich und 55 Jahre alt, erhält ab dem 1.1.2020 von seinem Vater V im Wege eines Zuwendungsnießbrauchs das lebenslängliche Nießbrauchsrecht an einem Mietwohngrundstück. Das Grundstück wird für monatlich 2 100 € vermietet. Die jährlichen Werbungskosten betragen – ohne die AfA – 8 000 €.

Lösung 1:

Der Kapitalwert des Nießbrauchsrechts ermittelt sich nach § 14 Abs. 1 BewG wie folgt:

Ermittlung des Jahreswerts nach § 15 Abs. 3 BewG:

monatlicher Mietertrag 2 100 € × 12

25 200 €

abzüglich Werbungskosten

./. 8 000 €

Jahreswert

17 200 €

Der Vervielfältiger nach der Tabelle im BMF-Schreiben vom 2.12.2019 (BStBl I 2019, 1288) beträgt 13,993. Der Kapitalwert des Nießbrauchrechts beträgt somit: 17 200 € × 13,993 = 240 679,60 €.

Der Nießbraucher darf keine Gebäude-AfA in Anspruch nehmen, da er nicht Eigentümer des Grundstücks ist. Andere Werbungskosten darf der Nießbraucher abziehen, soweit er sie im Rahmen der Nießbrauchbestellung vertraglich übernommen und tatsächlich getragen hat oder – bei Fehlen einer vertraglichen Regelung – aufgrund der gesetzlichen Lastenverteilung getragen hat (Rz. 21 Nießbrauch-Erlass, BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184).

4. Die ertragsteuerliche Behandlung des Nießbrauchs

4.1. Überblick über die Nießbrauchs- und Nutzungsrechte an einem Grundstück

Die Bestellung folgender Nießbrauch- und andere Nutzungsrechte sind möglich:

  1. Zuwendungsnießbrauch,

  2. Vorbehaltsnießbrauch,

  3. Vermächtnisnießbrauch,

  4. Sicherungsnießbrauch,

  5. dingliche Wohnrechte,

  6. obligatorische Nutzungsrechte.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) verwirklicht und dadurch Einkünfte erzielt (BFH Urteil vom 7.4.1987, IX R 103/85, BStBl II 1987, 707). Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten eines Vermieters ist (BFH Urteil vom 31.10.1989, IX R 216/84, BStBl II 1992, 506) und mit diesen Rechten und Pflichten Sachen und Rechte i.S.d. § 21 Abs. 1 EStG an andere zur Nutzung gegen Entgelt überlässt (BFH Urteil vom 26.4.1983, VIII R 205/80, BStBl II 1983, 502). Einem Nutzungsberechtigten sind bei Vermietung des Grundstücks die Einkünfte i.S.v. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen, wenn

  • ihm die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis zusteht,

  • er die Nutzungen tatsächlich zieht,

  • er das Grundstück in Besitz hat und

  • er es verwaltet.

Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt auch der am Gesellschaftsanteil einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Nießbrauchsberechtigte, wenn ihm kraft seines Nießbrauchs eine Stellung eingeräumt ist, die der eines Gesellschafters entspricht. Hierfür genügt die bloße Einräumung eines Anspruchs auf Gewinnbezug nicht (BFH Urteil vom 9.4.1991, IX R 78/88, BStBl II 1991, 809; s.a. BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 1).

4.2. Zuwendungsnießbrauch

4.2.1. Allgemeines

Ein Zuwendungsnießbrauch liegt vor, wenn der Eigentümer einem Dritten einen Nießbrauch bestellt (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 10). Dabei ist zwischen entgeltlicher, teilweise entgeltlicher und unentgeltlicher Bestellung zu unterscheiden.

entgeltlich

teilweise entgeltlich

unentgeltlich

Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen.

Ist zwischen Personen, die nicht durch verwandtschaftliche oder sonstige enge Beziehungen miteinander verbunden sind, ein Nießbrauch gegen Entgelt vereinbart worden, ist davon auszugehen, dass der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abgewogen sind (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 11).

Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung sind nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abgewogen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 12). Der Vorgang ist in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Dabei berechnen sich der entgeltlich und der unentgeltlich erworbene Teil des Nießbrauchs nach dem Verhältnis des Entgelts zu dem Kapitalwert des Nießbrauchs.

Wert der Gegenleistung ist im Verhältnis zum Wert des Nießbrauchs so bemessen, dass bei Zugrundelegung einer zwischen Fremden üblichen Gestaltung nicht mehr von einer Gegenleistung ausgegangen werden kann. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als 10 % des Werts des Nießbrauchs beträgt (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 13).

Abb.: Einteilung des Zuwendungsnießbrauchs nach der Gegenleistung

4.2.2. Einkünfteerzielung durch den Nießbraucher

4.2.2.1. Zurechnung der Einkünfte

Nach § 567 und § 566 BGB tritt der Nießbraucher in die Rechtsstellung des Eigentümers als Vermieter ein. Der Nießbraucher kann das Grundstück vermieten oder zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Nutzt der Nießbraucher das Grundstück durch Vermietung, so erzielt er unter folgenden Voraussetzungen Einkünfte i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG:

  • Es steht ihm die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis zu

  • Der Nießbraucher zieht tatsächlich die Nutzungen.

  • Der Nießbraucher hat das Grundstück in Besitz und verwaltet es.

  • Der Eintritt in bestehende Mietverträge ist den Mietern anzuzeigen.

  • Bei Abschluss neuer Mietverträge nach der Bestellung des Nießbrauchs müssen diese durch den Nießbraucher abgeschlossen werden.

  • Unbare Mietzahlungen müssen auf ein Konto des Nießbrauchers erfolgen.

4.2.2.2. Brutto- oder Nettonießbrauch

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist es unmaßgeblich, ob es sich um einen Brutto- oder Nettonießbrauch handelt. Bei einem Bruttonießbrauch verpflichtet sich der Nießbrauchbesteller die den Nießbrauchberechtigten nach §§ 1041, 1045, 1047 BGB treffenden Kosten zu tragen, so dass dem Nießbraucher die Bruttoerträge verbleiben (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 14 – Nießbrauch-Erlass –). Beim Brutto-Zuwendungsnießbrauch hat der Nießbraucher keine Aufwendungen, die er als Werbungskosten geltend machen könnte. Er muss seine Mieteinnahmen ohne Abzüge versteuern. Auch der Eigentümer kann keine Kosten steuerlich geltend machen, weil die Einnahmen aus der Vermietung des Grundbesitzes dem Nießbraucher zustehen. Deshalb hat der Eigentümer auch keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Eine unter Angehörigen vereinbarte Abänderung eines Zuwendungs-Bruttonießbrauchs über vermietete Immobilien in einen gesetzlichen Nießbrauch, der zur Übernahme von Erhaltungsaufwendungen und weiteren Lasten durch den Nießbraucher führen soll, ist steuerlich anzuerkennen und führt zukünftig zu Werbungskosten des Nießbrauchers. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund der Erhaltungskosten kurzfristig negative Einkünfte entstanden sind, der Totalgewinn aber positiv bleibt. Die spätere Belastung mit solchen Aufwendungen ist nicht etwa als nicht abziehbare Unterhaltsaufwendung gem. § 12 Nr. 2 EStG an den Nießbrauchbesteller anzusehen (FG Köln Urteil vom 27.9.2006, 11 K 5823/04, EFG 2007, 582, LEXinform 5003708, rkr.).

4.2.2.3. Bruchteils- oder Quotennießbrauch

Neben der Einteilung der Nießbrauchbestellung nach der Gegenleistung (s.o. Abb.) ist die Nießbrauchbestellung auch nach der tatsächlichen Belastung einzuteilen (Rz. 16 des Nießbrauch-Erlasses).

Nießbrauchbestellung

am ganzen Grundstück

an einem Bruchteil des Grundstücks

an einem Anteil an den Einkünften des Grundstücks

Bruchteilsnießbrauch

Quotennießbrauch

Abb.: Einteilung des Zuwendungsnießbrauchs nach der Belastung

Mietzahlungen auf ein gemeinsames Konto beeinträchtigen die Vermieterstellung des Quotennießbrauchers oder des Bruchteilsnießbrauchers nicht, wenn sichergestellt ist, dass der anteilige Überschuss in die alleinige Verfügungsmacht des Nießbrauchers gelangt.

4.2.3. Unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch

4.2.3.1. Vermietung durch Nießbraucher

Behandlung beim Eigentümer

Behandlung beim Nießbraucher

Mieten

keine Einkünfte

Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG

AfA auf das Gebäude

keine Werbungskosten, da keine Einnahmen

keine Werbungskosten, da keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Nachträgliche Herstellungskosten des Nießbrauchers

keine AfA als Werbungskosten, da keine Aufwendungen

AfA als Werbungskosten zu berücksichtigen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 19)

Grundstücks- bzw. Erhaltungsaufwendungen durch den Nießbraucher

keine Werbungskosten, da keine Einnahmen

Werbungskostenabzug. Verteilung nach § 82b EStDV möglich (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 21)

Grundstücks- bzw. Erhaltungsaufwendungen durch den Eigentümer (= Bruttonießbrauch)

keine Werbungskosten, da keine Einnahmen

kein Werbungskostenabzug, da keine Aufwendungen

Abb.: Behandlung der Aufwendungen beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch

Bei einem Bruchteils- bzw. Quotennießbrauch kann der Eigentümer AfA und Erhaltungsaufwendungen nicht abziehen, soweit sie auf den mit dem Nießbrauch belasteten Eigentumsanteil entfallen.

4.2.3.2. Eigennutzung durch Nießbraucher

Beim Eigentümer und beim Nießbraucher erfolgt keine Besteuerung. Ein Abzug von Aufwendungen entfällt.

4.2.3.3. Ablösung des Nießbrauchs

Zahlungen zur Ablösung des unentgeltlich eingeräumten Zuwendungsnießbrauchs sind als Zuwendungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG zu beurteilen. Sie gehören beim Nießbraucher nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und beim Eigentümer nicht zu den Werbungskosten (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 61 und 62). S.a. unter → Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO.

4.2.4. Entgeltlicher Zuwendungsnießbrauch

4.2.4.1. Vermietung durch Nießbraucher

Behandlung beim Eigentümer

Behandlung beim Nießbraucher

Mieten

keine Einkünfte

Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG

Nießbrauchsentgelt (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 26 und 28)

Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung im Jahr des Zuflusses

  1. laufende Zahlungen

bei Zufluss jeweils Einnahmen aus § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG

bei Abfluss Werbungskosten

  1. einmalige Zahlung (siehe Erläuterungen nach der Tabelle)

bei Zufluss Einnahmen aus § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder auf Antrag gleichmäßige Verteilung auf Laufzeit des Nießbrauchs

nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG auf die Dauer des Nießbrauchsrechts verteilen bei Nießbrauchbestellung auf Lebenszeit: Verteilung auf die mutmaßliche Lebenszeit

AfA auf das Gebäude

Werbungskosten, da Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 30)

keine Werbungskosten

Nachträgliche Herstellungskosten des Nießbrauchers

keine AfA als Werbungskosten, da keine Aufwendungen

AfA als Werbungskosten zu berücksichtigen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 27)

Grundstücks- bzw. Erhaltungsaufwendungen durch den Nießbraucher

keine Werbungskosten, da keine Aufwendungen

Werbungskostenabzug. Verteilung nach § 82b EStDV möglich (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 27)

Grundstücks- bzw. Erhaltungsaufwendungen durch den Eigentümer = Bruttonießbrauch

Werbungskosten (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 30)

kein Werbungskostenabzug

Abb.: Behandlung der Aufwendungen beim entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch

Im Falle der Nutzung durch Vermietung sind Einmalzahlungen für die Einräumung eines Nießbrauchs als Werbungskosten im Zeitpunkt der Zahlung abzuziehen, sofern die Vorauszahlung für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren geleistet wird. Auf die Vorausleistung des für mehr als fünf Jahre geltenden Nießbrauchrechts ist § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG anzuwenden und mithin auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den sie geleistet wird. Ist der Nießbrauch für die Lebenszeit des Berechtigten oder einer anderen Person eingeräumt, sind die Aufwendungen für den Erwerb des Nießbrauchs nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG auf die mutmaßliche Lebenszeit der betreffenden Person zu verteilen, sofern diese mehr als fünf Jahre beträgt (zur Lebenserwartung ist auf die jeweils aktuelle Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes abzustellen, § 14 Abs. 1 BewG, für Bewertungsstichtage ab 1.1.2013 s. BMF vom 26.10.2012, BStBl I 2012, 950; s.o. unter Gliederungspunkt »Vervielfältiger«). Leistet der Nießbraucher als Gegenleistungen für die Einräumung des Nießbrauchs ausschließlich gleichmäßige laufende Zahlungen, sind die laufend gezahlten Beträge für das Kj. als Werbungskosten abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 26).

Beim Eigentümer ist das für die Bestellung des Nießbrauchs gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Das gilt unabhängig davon, ob beim Nießbraucher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anfallen. Bei Vorausleistung des Entgelts durch den Nießbraucher für mehr als 5 Jahre können die Einnahmen auf den Zeitraum verteilt werden, für den die Zahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 EStG; BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 28).

4.2.4.2. Eigennutzung durch Nießbraucher

Der Nießbraucher kann keine Werbungskosten abziehen. Auch ein Abzug der AfA auf das entgeltlich erworbene Nießbrauchsrecht kommt nicht in Betracht. Der Nießbraucher ist, da er nur einen abgeleiteten Besitz ausübt, im Regelfall nicht wirtschaftlicher Eigentümer des seiner Nutzung unterliegenden WG (BFH Urteil vom 26.11.1998, IV R 39/98, BStBl II 1999, 263).

Der Eigentümer hat i.H.d. Nießbrauchentgelts Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG (s.o.).

4.2.4.3. Ablösung des Nießbrauchs

Zahlungen zur Ablösung des Nießbrauchs sind beim Eigentümer im Jahr der Zahlung als negative Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 63). Ist das für die Bestellung des Nießbrauchs gezahlte Entgelt nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf mehrere Jahre verteilt worden, ist der noch nicht versteuerte Restbetrag beim Eigentümer als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Die Ablösezahlungen sind beim Nießbraucher grundsätzlich der privaten Vermögensebene zuzuordnen (Rz. 63 und 64 des Nießbrauch-Erlasses). Ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach sind die Ablösezahlungen des Nießbrauchs keine Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstandes, wobei dieser in seinem Substanzwert erhalten bleibt (BFH Urteil vom 9.8.1990, X R 140/88, BStBl II 1990, 1026).

4.2.5. Teilweise entgeltlich bestellter Zuwendungsnießbrauch

Es gelten die entsprechenden Regelungen des entgeltlich bzw. unentgeltlich bestellten Nießbrauchs. Maßgebend für die Aufteilung der Aufwendungen ist das Verhältnis des vereinbarten Entgelts zu dem Kapitalwert des Nießbrauchs. Zur Ermittlung des Kapitalwerts s.o. unter 2.

4.3. Vorbehaltsnießbrauch

4.3.1. Allgemeines

Ein Vorbehaltsnießbrauch liegt vor, wenn bei der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks gleichzeitig ein Nießbrauchsrecht für den bisherigen Eigentümer an dem übertragenen Grundstück eingeräumt wird (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 39). Diese Nießbrauchsbestellung kommt vorwiegend bei der vorweggenommenen Erbfolge zum Tragen (→ Vorweggenommene Erbfolge). Die Bestellung des Nießbrauchs ist keine Gegenleistung des Erwerbers, unabhängig davon, ob das Grundstück veräußert oder unentgeltlich übertragen wird. Wirtschaftlich gesehen bleibt die Verfügungs- und Nutzungsmöglichkeit beim Übergeber, während der Übernehmer nur das belastete, nämlich das um das Nutzungsrecht geminderte Eigentum an dem Grundstück erlangt (BFH vom 28.7.1981, VIII R 124/76, BStBl II 1982, 378; BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 40). Trotz der Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung geht aber im Regelfall sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum auf den Übernehmer über.

4.3.2. Entnahme aus dem Betriebsvermögen

Wird ein WG aus außerbetrieblichen Gründen einem Dritten unter Vorbehalt des Nießbrauchs unentgeltlich übereignet und das WG aufgrund des Nießbrauchrechts weiterhin betrieblich genutzt, so wird das WG insgesamt entnommen (H 4.3 (2–4) [Vorbehaltsnießbrauch] EStH).

4.3.3. Behandlung beim Nießbraucher

4.3.3.1. Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

Nutzt der Nießbraucher ein bebautes Grundstück, an dem zu seinen Gunsten ein Vorbehaltsnießbrauch bestellt wurde, zu eigenen Wohnzwecken, so sind ihm aus ertragsteuerlicher Sicht weder Einnahmen noch Werbungskosten zuzurechnen, da das Grundstück insoweit nicht zur Einkunftserzielung genutzt wird. Die von ihm getragenen Grundstücksaufwendungen gehören zu den nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG.

4.3.3.2. Vermietung durch den Nießbraucher

Nutzt der Nießbraucher das Grundstück, an dem zu seinen Gunsten ein Vorbehaltsnießbrauch bestellt wurde, zu Vermietungszwecken, so erzielt er aus ertragsteuerlicher Sicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ihm sind einerseits die Mieteinnahmen nach § 8 Abs. 1 EStG zuzurechnen, andererseits kann er die von ihm vertraglich übernommenen Aufwendungen im Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück unter den Voraussetzungen des § 9 EStG als Werbungskosten abziehen.

4.3.3.3. Erhaltungsaufwendungen

Zu den als Werbungskosten abzugsfähigen Aufwendungen rechnen auch die vom Nießbraucher getragenen Aufwendungen, die dazu dienen, das Grundstück in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten (= Erhaltungsaufwendungen). Größere Erhaltungsaufwendungen kann der Vorbehaltsnießbraucher auf Antrag nach § 82b EStDV auf zwei bis fünf Jahre verteilen.

In diesem Zusammenhang hatten die Finanzgerichte in mehreren Verfahren zu entscheiden, ob Erhaltungsaufwendungen, die der Nießbraucher nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt hatte, im Falle der Beendigung des Nießbrauchs während des Verteilungszeitraums vom Eigentümer des Grundstücks in Abzug gebracht werden können, soweit sie noch nicht beim Nießbraucher berücksichtigt wurden.

Hierzu hatte das FG Münster bereits im Jahr 2016 entschieden (FG Münster Urteil vom 15.4.2016, 4 K 422/15 E, EFG 2016, 896, LEXinform 5019031, rkr.; Mitteilung FG Münster vom 17.5.2016, LEXinform 0444477), dass Erhaltungsaufwendungen, die der Nießbraucher nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt hat, nach Beendigung des Nießbrauchs durch vertragliche Aufhebung innerhalb des Verteilungszeitraums nicht mehr vom Eigentümer geltend gemacht werden können.

In einem weiteren höchstrichterlichen Urteil (BFH Urteil vom 13.3.2018, IX R 22/17, LEXinform 0951451) hat der BFH in Übereinstimmung mit dem o.a. Urteil des FG Münster nunmehr wie folgt entschieden:

Hat der die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielende Nießbraucher größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und wird der Nießbrauch durch den Tod des Nießbrauchers innerhalb des Verteilungszeitraums beendet, kann der Eigentümer den verbliebenen Teil der Erhaltungsaufwendungen nicht als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

Im zu entscheidenden Fall hatte die Mutter des Klägers ihrem Sohn im Jahr 2010 das Eigentum an insgesamt drei zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien übertragen, sich jedoch gleichzeitig für alle Objekte das lebenslängliche Nießbrauchrecht vorbehalten. In den Jahren 2013 und 2014 fielen für die drei Immobilien Erhaltungsaufwendungen i.H.v. insgesamt rund 262 000 € an, die von der Mutter getragen und im Rahmen der Einkommensteuererklärungen 2013 und 2014 als Erhaltungsaufwendungen geltend gemacht und nach § 82b EStDV auf fünf bzw. auf zwei Jahre verteilt wurden. Mit dem Tod der Mutter im Januar 2014 endete deren Nießbrauchrecht, der Kläger (Sohn) führte die Vermietung fort und beantragte die Berücksichtigung der noch nicht von der Mutter in Anspruch genommenen Erhaltungsaufwendungen für den verbleibenden Verteilungszeitraum im Rahmen seiner eigenen Einkommensteuer-Veranlagungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Nach Auffassung des BFH besteht in diesem Fall keine Möglichkeit, die einen interpersonellen Übergang des verbliebenen Teils der von der Vorbehaltsnießbraucherin getragenen Erhaltungsaufwendungen auf den Eigentümer rechtfertigt. Dies begründet das Gericht insbesondere damit, dass für die Überleitung von intertemporal verteilten Erhaltungsaufwendungen i.S.v. § 82b Abs. 1 EStDV nach dem Tod der Vorbehaltsnießbraucherin auf den Eigentümer keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage existiert. Dies gilt auch für die Regelung des § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV (Fußstapfentheorie), die nach Meinung des Gerichts weder in direkter noch in analoger Anwendung einen interpersonellen Übergang der von der Nießbraucherin nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen auf den Eigentümer ermöglicht.

Auch der Tatbestand der Gesamtrechtsnachfolge des Grundstückseigentümers als Alleinerbe rechtfertigt die interpersonelle Übertragung des Werbungskostenabzugs nicht. Denn die Tatsache, dass der Eigentümer mit dem Tod des Nießbrauchers auch aus ertragsteuerlicher Hinsicht Vermieter wird, beruht auf dem Erlöschen des Nießbrauchrechts und nicht auf der Gesamtrechtsnachfolge.

Konsequenterweise können die aufgrund der Verteilung nach § 82b EStDV noch verbleibenden Erhaltungsaufwendungen nicht beim Eigentümer berücksichtigt werden, sondern nur im Rahmen der Einkünfte der verstorbenen Nießbraucherin aus Vermietung und Verpachtung im Veranlagungszeitraum der Beendigung des Nießbrauchs in vollem Umfang als Werbungskosten berücksichtigt werden, vgl. § 82b Abs. 2 EStDV.

Auch die Verwaltungsanweisung in R 21.1 Abs. 6 Satz 2 und 3 EStR ermöglicht nach Auffassung des BFH keinen interpersonellen Übergang des verbliebenen Teils der Erhaltungsaufwendungen auf den Eigentümer. Nach dieser Regelung kann bei unentgeltlicher Übertragung des Gebäudeeigentums der Rechtsnachfolger den beim Rechtsvorgänger noch nicht berücksichtigten Teil der Erhaltungsaufwendungen in dem vom Rechtsvorgänger gewählten restlichen Verteilungszeitraum nach § 82b Abs. 1 Satz 1 EStDV geltend machen. Die betreffende Verwaltungsanweisung kann jedoch nicht auf den vorliegenden Fall angewandt werden, weil einerseits die Einkommensteuerrichtlinien eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift sind und nicht die Qualität einer Rechtsnorm besitzen, so dass die Finanzgerichtsbarkeit insoweit nicht daran gebunden ist. Andererseits ist die Richtlinienregelung aus Sicht der Finanzverwaltung nicht anwendbar, wenn das die Grundlage der Einkünfteerzielung bildende Nießbrauchrecht nicht im Wege einer unentgeltlichen Übertragung, sondern durch Tod des Nießbrauchers endet.

4.3.3.4. AfA

Nutzt der Nießbraucher ein bebautes Grundstück, an dem zu seinen Gunsten ein Vorbehaltsnießbrauch bestellt wurde, zu Vermietungszwecken, so kann er die AfA für das Gebäude weiterhin – wie zuvor als Eigentümer – als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 EStG in Anspruch nehmen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 41 ff.).

Der BFH hat mit Urteil vom 28.3.1995 (IX R 126/89, BStBl II 1997, 121) entschieden, dass zur Vornahme von AfA nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG grundsätzlich derjenige befugt ist, der

  • den Tatbestand der Vermietung nach § 21 Abs. 1 EStG verwirklicht und

  • die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes getragen hat.

Es ist nicht erforderlich, dass der Stpfl. bürgerlich-rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer ist (BFH Urteil vom 23.10.1984, IX R 48/80, BStBl II 1985, 453; BFH Urteil vom 24.4.1990, IX R 9/86, BStBl II 1990, 888; BFH Urteil vom 15.5.1990, IX R 21/86, BStBl II 1992, 67).

Da der Übergeber nur die Substanz des Grundstücks überträgt und die Nutzungsmöglichkeit an dem Grundstück zurückbehält, geht bei einer unentgeltlichen Übertragung nach § 11d Abs. 1 EStDV auch nur jener Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf den Übernehmer über, der auf das belastete Grundstück entfällt. Der auf das belastete Grundstück entfallende Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten errechnet sich nach dem Verhältnis des Verkehrswerts des belasteten Grundstücks zum Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks. Ein Übergang der Werte des Rechtsvorgängers in voller Höhe gem. § 11d Abs. 1 EStDV kommt dagegen nicht in Betracht. Unbeachtlich ist dabei, dass der Übernehmer (neuer Eigentümer) AfA erst dann in Anspruch nehmen kann, wenn er aus dem Grundstück Einkünfte erzielt (z.B. nach Beendigung bzw. Ablösung des Nießbrauchsrechts). Unbeachtlich ist auch, dass der Vorbehaltsnießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchsrechts die AfA auch weiterhin aus den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch nehmen kann (BayLfSt vom 28.1.2011, S 2196 1.1 – 2/1 St 32, LEXinform 5233118).

4.3.3.5. AfA bei verlängertem Vorbehaltsnießbrauch

Mit Urteil vom 24.5.2022, IX R 1/21, DStR 2022, 2355 (LEXinform 0953423) hatte der BFH über die Höhe der AfA bei einem sog. verlängerten Vorbehaltsnießbrauch zu entscheiden. Im Urteilsfall wurde die mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastete Immobilie mit Zustimmung der Nießbraucher gegen andere Immobilien ausgetauscht, wobei den Nießbrauchern an den neu erworbenen Immobilien wiederum Nießbrauchrechte eingeräumt wurden und sie wirtschaftlich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzimmobilien getragen hatten.

Streitig war einerseits, ob als AfA-Bemessungsgrundlage bei einem im Rahmen eines Nießbrauchs vermieteten Objekt die vollen Anschaffungskosten (incl. Grund- und Bodenanteil) oder nur die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten anzusetzen sind. Darüber hinaus war streitig, ob die AfA verteilt auf die voraussichtliche Lebensdauer des (längstlebenden) Nießbrauchers oder auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes zu gewähren ist.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Ehegatten lebten in einem Einfamilienhaus, das die Ehefrau im Jahr 2002 im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt eines bis zum Tod des längstlebenden Ehegatten bestellten Nießbrauchrechts auf die Kinder übertragen hatte. Im Jahr 2013 wurden aufgrund einer Vereinbarung zwischen Eltern und Kindern das Einfamilienhaus verkauft und die Nießbrauchrechte im Grundbuch gelöscht. Die Nießbrauchrechte sollten jedoch in der Weise fortbestehen, dass aus dem Verkaufserlös eine oder mehrere Immobilien auf den Namen der Kinder erworben und an diesen wiederum Nießbrauchrechte zugunsten der Eltern bestellt werden sollten. Bis dahin sollte den Eltern das Nießbrauchrecht an dem Verkaufserlös zustehen. Vereinbarungsgemäß erwarben die Kinder noch im Jahr 2013 eine Eigentumswohnung und ein im Bau befindliches Pflegeappartement und bestellten an beiden Objekten zugunsten der Eltern lebenslängliche uneingeschränkte Nießbrauchrechte, wobei die Nießbrauchbestellung in Fortsetzung des Nießbrauchrechts am veräußerten Einfamilienhaus erfolgte. Der Kaufpreis wurde vom gemeinsamen Konto der Eltern überwiesen, die die Eigentumswohnung ab 2013 und das Pflegeappartement ab Fertigstellung in 2015 an fremde Dritte vermieteten.

Die Ehegatten machten bei ihren Vermietungseinkünften AfA von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (Grundstück plus Gebäude) der beiden Vermietungsobjekte geltend und vertraten die Meinung, die Anschaffungskosten seien auf die durchschnittliche Lebenserwartung des Längstlebenden (20 Jahre) abzuschreiben, da das Nießbrauchrecht entgeltlich erworben worden sei. Das FA dagegen vertrat die Auffassung, dass der Vorbehaltsnießbrauch an den neu erworbenen Grundstücken das Surrogat für den Nießbrauch an dem veräußerten Einfamilienhaus darstelle und die AfA daher mit lediglich 2 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Gebäude, verteilt auf die Nutzungsdauer des Gebäudes gewährt werden könne.

Nach Auffassung des BFH ist der vorliegende Fall des »verlängerten Vorbehaltsnießbrauchs« dem Vorbehaltsnießbrauch und der mittelbaren Grundstücksschenkung unter Nießbrauchvorbehalt gleichzustellen. Wenn ein mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastetes Grundstück mit Zustimmung des Nießbrauchers gegen ein anderes Grundstück ausgewechselt und dem bisherigen Nießbraucher an dem neuen Grundstück wiederum ein Nießbrauchrecht eingeräumt wird, handelt es sich – so das Gericht weiter – bei wirtschaftlicher Betrachtung aufgrund des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs steuerrechtlich um das Fortbestehen des ursprünglichen Vorbehaltsnießbrauchs im Wege der Surrogation.

Dies gelte nicht nur, wenn der Eigentümer bei der Veräußerung der belasteten Immobilie bereits über die Ersatzimmobilie verfügen kann, sondern auch, wenn er erst mit dem Erlös aus der Veräußerung der Altimmobilie die Ersatzimmobilie anschaffen kann und sich der Nießbrauch in der Zeit zwischen Veräußerung der Altimmobilie und Anschaffung der Ersatzimmobilie vereinbarungsgemäß auf den Veräußerungserlös erstreckt. Im Streitfall hat sich der an der Altimmobilie bestellte Vorbehaltsnießbrauch an den Ersatzimmobilien im Wege der Surrogation fortgesetzt. Den Ehegatten stehen daher AfA nur für den Gebäudeanteil der Ersatzimmobilien zu, und nicht – wie diese beantragen – für die Gesamtkosten einschließlich Grundstücksanteil. Der AfA-Satz beträgt nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG lediglich p.a. 2 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der vermieteten Gebäude. Ein höherer, an der Lebenserwartung des längstlebenden Ehegatten orientierter AfA-Satz ist nicht zulässig.

Nutzt dagegen ein Nießbraucher das betreffende Grundstück zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, so kann er im Falle eines entgeltlich erworbenen Zuwendungsnießbrauchrechts AfA vornehmen, die nach der Dauer des Nießbrauchs zu bemessen sind. Ist der Nießbrauch auf die Lebenszeit des Berechtigten eingeräumt, sind die Aufwendungen auf die voraussichtliche Lebenszeit des Berechtigten zu verteilen (BFH vom 26.11.1996, IX R 33/94, BFH/NV 1997, 643). Da es sich im Urteilsfall jedoch um einen Fall des (verlängerten) Vorbehaltsnießbrauchs handelt, liegt – im Unterschied zum Zuwendungsnießbrauch – ein unentgeltlicher Vorgang vor. Daraus folgt, dass der Wert des Nießbrauchrechts kein Entgelt für die Eigentumsübertragung darstellt und auf das unentgeltlich erworbene Nießbrauchrecht seitens des Nießbrauchers insoweit keine AfA geltend gemacht werden kann.

4.3.4. Behandlung beim Eigentümer

4.3.4.1. Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des Nießbrauchers

Der Eigentümer hat weder Einnahmen noch Werbungskosten.

4.3.4.2. Vermietung durch den Nießbraucher

Da dem Eigentümer keine Einnahmen zuzurechnen sind, kann er auch keine Werbungskosten abziehen. Auch die AfA auf das Gebäude kann er nicht in Anspruch nehmen.

4.3.5. Ablösung des Nießbrauchs

4.3.5.1. Ablösung gegen Einmalzahlung

Beim Nießbraucher stellt der Zufluss der Ablösungszahlung gegen Einmalzahlung eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung dar (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 58 und 60).

Wird der Nießbrauch später entgeltlich abgelöst, beseitigt der Übernehmer die Beschränkung seiner Eigentumsbefugnisse und verschafft sich hierdurch die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück. Die Aufwendungen für die Ablösung des Nießbrauchsrechts sind beim Eigentümer Anschaffungskosten für den Vermögensgegenstand »Grundstück« (BFH Urteil vom 15.12.1992, IX R 323/87, BStBl II 1993, 488; BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 57 und 59). Die Beurteilung der Ablösungszahlung für das Nießbrauchsrecht als nachträgliche Anschaffungskosten bringt zwingend die Aufteilung in einen Grund- und Bodenanteil sowie einen Gebäudeanteil mit sich. Die Aufteilung hat nach dem Verhältnis der Verkehrswerte im Jahr der Ablösung zu erfolgen (BFH Urteil vom 21.7.1992, IX R 72/90, BStBl II 1993, 486). Der auf das Gebäude entfallende Anteil ist im Wege der AfA als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, wenn das Gebäude der Einkünfteerzielung dient. Hierfür steht dem Übernehmer eine eigene AfA-Reihe zu. Zur ertragsteuerlichen Behandlung einer entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs beim Übernehmer s. BayLfSt vom 28.1.2011 (S 2196 1.1 – 2/1 St 32, DB 2011, 328, LEXinform 5233118).

4.3.5.2. Ablösung gegen wiederkehrende Leistungen

Wiederkehrende Leistungen sind beim Nießbraucher mit ihrem Zinsanteil nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder bei Leibrenten mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG steuerbar.

Wiederkehrende Leistungen führen beim Eigentümer mit ihrem Barwert zu Anschaffungskosten (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 59). Ist der Barwert der wiederkehrenden Leistungen höher als der Wert des übertragenen Vermögens, ist Entgeltlichkeit in Höhe des angemessenen Kaufpreises anzunehmen. Der übersteigende Betrag ist eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG. Ist der Barwert der wiederkehrenden Leistungen mehr als doppelt so hoch wie der Wert des übertragenen Vermögens, liegt insgesamt eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG vor.

Wird ein Vorbehaltsnießbrauch später abgelöst und werden dabei zugunsten des bisherigen Nießbrauchers auf dessen Lebenszeit wiederkehrende Leistungen vereinbart, die aus den Erträgen des übergebenen Vermögens gezahlt werden können, ist im Zweifel davon auszugehen, dass sich der bisherige Ertragsvorbehalt fortsetzt; an die Stelle des vorbehaltenen Nießbrauchs tritt dann eine Versorgungsrente, wenn ein an begünstigtem Vermögen vorbehaltenes Nießbrauchrecht abgelöst wird. Begünstigtes Vermögen ist in den Fällen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG gegeben (s.a. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 7). Es handelt sich um den Fall einer »gleitenden Vermögensübergabe« (BFH Urteil vom 16.6.2004, X R 50/01, BStBl II 2005, 130; BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 25).

Hinweis:

Bei der Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchrechts an einem Grundstück gegen lebenslängliche wiederkehrende Leistungen kann keine begünstigte Vermögensübertragung nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG vorliegen, da das Grundstück selbst kein begünstigtes Vermögen darstellt (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 25). Die Übertragung eines Nießbrauchsrechts selbst stellt niemals eine begünstigte Vermögensübertragung dar, unabhängig davon, ob das Nießbrauchsrecht an Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG bestellt ist oder nicht (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 21). Es gelten die Grundsätze über die einkommensteuerrechtliche Behandlung wiederkehrender Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung. Zur Anwendung des BFH-Urteils vom 12.5.2015 (IX R 32/14, BStBl II 2016, 331; Anmerkung vom 28.8.2015, LEXinform 0880079) und zur Übergangsregelung nach Rz. 85 des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl I 2010, 227) s. das BMF-Schreiben vom 6.5.2016 (BStBl I 2016, 476 sowie → Vorweggenommene Erbfolge.

4.3.6. AfA-Berechtigung nach Erlöschen des Nießbrauchs

Nach Erlöschen des Vorbehaltsnießbrauchs steht dem Eigentümer die AfA auf das gesamte Gebäude zu (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 46).

In dem folgenden Beispiel werden die Folgen der unentgeltlichen bzw. entgeltlichen Ablösung des Nießbrauchsrechts gegenübergestellt.

Beispiel 2:

Vater V überträgt zu Beginn des Kj. 10 sein vor 15 Jahren hergestelltes Mietwohngrundstück auf seinen Sohn S. Die damaligen Herstellungen betrugen 1 Mio. €, dies entspricht auch dem Verkehrswert des Gebäudes ab dem Kj. 10. Die Anschaffungskosten des Grund und Bodens betrugen damals 100 000 €. Der Verkehrswert ab dem Kj. 10 beträgt unverändert 150 000 €. Bei der Übertragung des Grundstücks behält sich V ein Nießbrauchsrecht vor, dessen Kapitalwert 400 000 € beträgt.

Im Kj. 20 endet das Nießbrauchsrecht (s.u.).

Die Übertragung des Grundstücks von V an S erfolgte

unentgeltlich

teilentgeltlich z.B. 50 %

voll entgeltlich

Verkehrswert Gebäude

1 000 000 €

zzgl. GruBo

150 000 €

Verkehrswert unbelastetes Grundstück insgesamt

1 150 000 €

abzgl. Kapitalwert Nießbrauch

400 000 €

belastetes Grundstück

750 000 €

50 % Entgelt

375 000 €

100 % Entgelt

750 000 €

Gebäudeanteil

1 000 000

× 100

1 150 000

= 86,96 %

326 100 €

Gebäudeanteil 86,96 %

652 220 €

V führt die AfA für die Dauer des Nießbrauchs wie bisher als Eigentümer unverändert fort.

Ablösung des Nießbrauchs im Kj. 20:

Mit der Ablösung des Nießbrauchs tritt S in die Position des Vermieters ein und erzielt fortan in eigener Person Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

a.

unentgeltlich

Durch Schenkung geht die historische AfA-Basis des bisherigen Eigentümers V an S über (§ 11d Abs. 1 EStDV).

S hat eigene Gebäude-AK i.H.v.

326 100 €.

S hat eigene Gebäude-AK i.H.v.

652 220 €

In Höhe des unentgeltlichen Anteils von 50 % von 1 Mio. € setzt S nach § 11d Abs. 1 EStDV die AfA des V fort.

500 000 €

Ein Übergang der AfA-Basis des V auf S entfällt. § 11d EStDV greift nur bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge, nicht dagegen bei vollentgeltlichem Erwerb.

AfA-BMG

1 Mio. €

826 100 €

652 220 €

b.

entgeltlich (200 000 €)

Zahlungen zur Ablösung des Nießbrauchsrechts stellen nachträgliche Anschaffungskosten dar (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 59).

Die AfA-Basis erhöht sich um 86,96 % von 200 000 € auf

Die AfA-Basis erhöht sich um 86,96 % von 200 000 € auf

Die AfA-Basis erhöht sich um 86,96 % von 200 000 € auf

AfA-BMG

1 173 920 €

1 000 020 €

826 140 €

(BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 48).

Das AfA-Volumen (1 000 020 €) ist um die AfA-Beträge zu kürzen, die von den AK des Eigentümers auf den Zeitraum zwischen Anschaffung des Grundstücks (Kj. 10) und dem Erlöschen des Nießbrauchs (Kj. 20) entfallen.

(BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 47). Das AfA-Volumen (826 140 €) ist um die AfA-Beträge zu kürzen, die von den AK des Eigentümers auf den Zeitraum zwischen Anschaffung des Grundstücks (Kj. 10) und dem Erlöschen des Nießbrauchs (Kj. 20) entfallen.

652 220 € × 2 % = 13 044 €

Kj. 10 bis 20 (11 Jahre)

143 484 €

Vom Kj. 21 bis zur vollen Absetzung des Betrages von

682 656 €

beträgt die AfA jährlich 2 % von 826 140 € = 16 523 €.

Beispiel 3:

Der Übergeber hat im Jahr 2000 ein bebautes Grundstück (Verkehrswert: 1 Mio. €, GuB-Anteil 30 %) unentgeltlich übertragen und sich den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten (Wert des Nießbrauchsrechts im Jahr 2000: 200 000 €). In 2010 wird das Nießbrauchsrecht durch Zahlung des Gegenwartswertes i.H.v. 150 000 € abgelöst. (Verkehrswert des bebauten Grundstücks im Jahr 2010: 1,2 Mio. €, GuB-Anteil 30 %). Nach Ablösung des Nießbrauchs tritt der Übernehmer (Eigentümer) in die bestehenden Mietverträge ein.

Lösung 3:

Im Jahr 2000 geht das belastete bebaute Grundstück unentgeltlich auf den Übernehmer über. Wertmäßig erhält dieser daher nur (1 Mio. € abzgl. 200 000 € =) 800 000 €, also 80 % (800 000 zu 1 000 000) des unbelasteten Grundstücks.

Im Jahr 2010 entstehen dem Übernehmer aus der Ablösung des Nießbrauchsrechts nachträgliche Anschaffungskosten i.H.v. 150 000 € für das gesamte Grundstück. Hiervon entfallen 30 %, also 45 000 € auf den Grund und Boden (Anteil zum Zeitpunkt der Ablösung), die restlichen 105 000 € sind nachträgliche Anschaffungskosten für das Gebäude, die sich ab der Ablösung über eine eigene AfA-Reihe (Anschaffung im Jahr 2010) einkünftemindernd auswirken.

Hinsichtlich des in 2000 unentgeltlich übertragenen Anteils am Grundstück i.H.v. 80 % ist § 11d Abs. 1 EStDV anzuwenden. Daher kann der Übernehmer vom Übergeber 80 % der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Gebäude fortführen. Insoweit setzt er auch die AfA-Art des Rechtsvorgängers fort.

Davon unberührt bleibt die ertragsteuerliche Behandlung bei Wegfall des Nießbrauchsrechts, z.B. durch Tod oder Verzicht. In diesen Fällen geht letztlich das gesamte Grundstück unentgeltlich auf den Übernehmer über. Die Werte des Übergebers werden in voller Höhe gem. § 11d Abs. 1 EStDV übernommen, d.h. die bisherige Abschreibung des Übergebers wird unverändert vom Übernehmer fortgeführt.

4.4. Vermächtnisnießbrauch

Ein Vermächtnisnießbrauch liegt vor, wenn aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Grundstückseigentümers durch dessen Erben einem Dritten der Nießbrauch an dem Grundstück eingeräumt worden ist. Für den Vermächtnisnießbrauch gelten die Ausführungen zum unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch entsprechend. Der Vermächtnisnehmer ist nicht berechtigt, die AfA für das vom Erblasser hinterlassene Gebäude in Anspruch zu nehmen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 32).

4.5. Sicherungsnießbrauch

Ein Sicherungsnießbrauch wird vom Eigentümer des Grundstücks einem Gläubiger (in der Regel einem Darlehensgläubiger) mit dem Ziel bestellt, dem Gläubiger zwecks Befriedigung seiner Forderung ein unmittelbares Anrecht auf die Nutzung des Grundstücks, insbesondere der Mieteinnahmen einzuräumen. Der Sicherungsnießbrauch ist, soweit er nicht ausgeübt wird, einkommensteuerrechtlich unbeachtlich.

4.6. Abgrenzungsbeispiele

Beispiel 4:

A bestellt dem B ein Nießbrauchsrecht an seinem (A) Grundstück.

Lösung 4:

Es handelt sich um einen Zuwendungsnießbrauch.

Beispiel 5:

A veräußert (oder überträgt unentgeltlich) sein Grundstück an B, gleichzeitig wird A ein Nutzungsrecht an diesem Grundstück bestellt.

Lösung 5:

Es handelt sich um einen Vorbehaltsnießbrauch.

Beispiel 6:

A übereignet sein Grundstück an B, gleichzeitig wird daran ein Nutzungsrecht zugunsten von Frau A bestellt.

Lösung 6:

Es handelt sich um einen Zuwendungsnießbrauch, da keine Identität zwischen dem früheren Eigentümer A und dem Nutzungsberechtigten Frau A besteht.

5. Schenkungsteuerliche Behandlung

5.1. Vorzeitiger unentgeltlicher Verzicht auf ein Vorbehaltsnießbrauchrecht

Der BFH hat bereits mit Urteil vom 17.3.2004 (II R 3/01, BStBl II 2004, 429) entschieden, dass der vorzeitige unentgeltliche Verzicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchrecht zwar den Tatbestand der freigebigen Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt, eine steuerliche Doppelerfassung des Nießbrauchsrechts als Folge der Nichtberücksichtigung als Abzugsposten nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. einerseits und beim späteren Verzicht des Berechtigten andererseits bei der Besteuerung des Verzichts jedoch durch Abzug des bei der Besteuerung des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstandes unberücksichtigt gebliebenen Steuerwerts des Nutzungsrechts vom Steuerwert des Nutzungsrechts im Zeitpunkt des Rechtsverzichts zu beseitigen ist (vgl. H E 25 [Verzicht auf Nutzungsrechte in den Fällen des § 25 ErbStG a.F. bei Steuerentstehungszeitpunkten für die Vermögenszuwendung unter Nießbrauchvorbehalt vor dem 1.1.2009] ErbStH 2011).

Unter Ausweitung seiner o.g. Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 20.5.2014 (II R 7/13, BStBl II 2014, 896) entschieden, dass die o.g. Rechtsgrundsätze ebenfalls anzuwenden sind, wenn das Nießbrauchrecht bei der Besteuerung des Erwerbs des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstandes aufgrund der Abzugsbeschränkung des § 10 Abs. 6 ErbStG (teilweise) tatsächlich unberücksichtigt geblieben ist.

Ist ein (teilweise) steuerbefreiter Zuwendungsgegenstand mit einem Nutzungsrecht belastet, so wird dieses insoweit bei der Besteuerung des Erwerbs des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstandes gem. § 10 Abs. 6 ErbStG als nicht abzugsfähig behandelt.

Ein späterer unentgeltlicher Verzicht auf dieses Nutzungsrecht erfüllt den Tatbestand der freigebigen Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Eine Doppelerfassung des Nutzungsrechts wird dergestalt vermieden, dass der Teil des Steuerwerts des Nutzungsrechts, welcher bei der Besteuerung des nutzungsrechtsbelasteten Gegenstands gem. § 10 Abs. 6 ErbStG nicht zum Abzug zugelassen wurde, bei der Besteuerung des Erwerbs aus dem Rechtsverzicht vom Steuerwert des Nutzungsrechts im Zeitpunkt des Verzichts abgezogen wird.

Beispiel 7:

Vater V schenkte seinem Sohn im Jahr 2011 ein vermietetes Zweifamilienhaus mit einem Grundbesitzwert von 750 000 € unter Nießbrauchvorbehalt. Der Jahreswert des Nießbrauchs beträgt 20 000 €. Zum Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung ist V 65 Jahre alt.

Im Jahr 2013 verzichtet er unentgeltlich auf den Nießbrauch.

Zum Zeitpunkt der Ausführung dieser Zuwendung ist V 67 Jahre alt.

Der Grundbesitzwert und Jahreswert des Nießbrauchs sind unverändert und betragen 750 000 € bzw. 20 000 €.

Lösung 7:

Sachverhalt und Lösung s. Vfg. BayLfSt vom 5.12.2014 (S 3837 1.1 – 4/2 St 34, DStR 2015, 430, LEXinform 5235397).

Erwerb 2011

Steuerwert ZFH

750 000 €

Befreiung § 13c (10 %)

./. 75 000 €

Gegenleistung (Nießbrauch) KapW Nießbrauch (§ 14 BewG): 20 000 € × 11,251

./. 225 020 €

davon nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG)

+ 22 502 €

Bereicherung

472 482 €

persönlicher Freibetrag

./. 400 000 €

steuerpflichtiger Erwerb

72 400 €

Steuersatz 7 % Steuer 2011

5 068 €

Erwerb 2013

Erwerb aus Nießbrauchsverzicht KapW Nießbrauch 2013 (§ 14 BewG): 20 000 € × 10,754

215 080 €

nicht abzugsfähiger Teil des KapW Nießbrauch 2011 (s.o.)

./. 22 502 €

Bereicherung 2013

192 578 €

Vorerwerb 2011

+ 472 482 €

persönlicher Freibetrag

./. 400 000 €

steuerpflichtiger Erwerb

265 000 €

Steuersatz 11 % Steuer auf Gesamterwerb

29 150 €

Steuer auf Vorerwerb 2011

./. 5 068 €

Steuer 2013

24 082 €

5.2. Vorbehalt eines nachrangigen Nießbrauchs

Mit Urteil vom 6.5.2020, II R 11/19, BStBl II 2020, 746 (LEXinform 5023158) hat der BFH entschieden, dass ein vom Schenker vorbehaltener lebenslanger Nießbrauch den Erwerb des Bedachten auch dann mindert, wenn am zugewendeten Gegenstand bereits ein lebenslanger Nießbrauch zugunsten eines Dritten besteht. Der Nießbrauch des Schenkers ist im Verhältnis zum bereits bestehenden Nießbrauch des Dritten als nachrangig anzusehen. Hierzu stellt der BFH weiter fest, dass der Nießbrauch zugunsten des Schenkers trotz seiner Nachrangigkeit nicht unter einer aufschiebend bedingten Last steht, so dass § 6 Abs. 1 BewG nicht einschlägig ist und der nachrangige Nießbrauch bei der Bewertung des zugewendeten Gegenstands im Rahmen der Schenkungssteuerfestsetzung als Belastung zu berücksichtigen ist. Dabei sind der vorrangige und der nachrangige lebenslange Nießbrauch als einheitliche Last nur einmal, und zwar mit dem höheren Vervielfältiger gem. § 14 BewG, zu berücksichtigen.

Der Entscheidung des BFH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war Gesellschafterin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und hatte ihren Gesellschaftsanteil im Wege der Schenkung von ihrer Mutter erhalten, allerdings unter dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs zugunsten der Mutter. Mit einem weiteren notariell beurkundeten Schenkungsvertrag übertrug die Klägerin die Hälfte ihres Gesellschaftsanteils auf ihre Tochter und behielt sich ihrerseits den lebenslangen Nießbrauch vor, wobei auch der Nießbrauch zugunsten der Mutter weiterhin bestehen blieb.

Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für den zugewendeten Gesellschaftsanteil gegenüber der Klägerin brachte das beklagte FA lediglich den Nießbrauch zugunsten der Mutter, nicht aber den Nießbrauch zugunsten der Klägerin zum Abzug, da der Nießbrauch der Klägerin eine Last sei, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhänge und die daher nach § 6 BewG nicht bewertungsmindernd zu berücksichtigen sei. Dagegen machte die Klägerin im Einspruchsverfahren geltend, eine aufschiebende Bedingung liege nicht vor. Der Nießbrauch zu ihren Gunsten sei zwar im Vergleich zum Nießbrauch der Mutter nachrangig, aber unbedingt i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB entstanden, auch wenn er bis zum Erlöschen des vorrangigen Nießbrauchs der Mutter wirtschaftlich ins Leere laufe. Der nachrangige Nießbrauch unterliege folglich dem Abzugsverbot und der Stundungsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG a.F., soweit sein Wert den Wert des vorrangigen Nießbrauchs der Mutter übersteige.

Mit o.a. Urteil vom 6.5.2020 (LEXinform 5023158) gab der BFH der Klage statt und führte in der Urteilsbegründung aus: Ein vom Schenker vorbehaltener lebenslanger Nießbrauch mindert den Erwerb des Bedachten auch dann, wenn an dem zugewendeten Gegenstand bereits ein lebenslanger Nießbrauch zugunsten eines Dritten besteht. Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer sind daher die Nutzungsrechte in der Weise zu berücksichtigen, dass der vorrangige und der nachrangige Nießbrauch als einheitliche Last nur einmal, aber mit dem höheren Vervielfältiger i.S.d. § 14 BewG abgezogen werden. Die Mehrheit von Nutzungsberechtigten bedeutet keine zusätzliche Last, sondern allenfalls eine Verlängerung der Belastungsdauer.

Dies hatte nach der bis zum 31.12.2008 geltenden Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG a.F. für den Urteilsfall zur Folge, dass der bewertungsmindernde Abzug des von der Klägerin (Schenkerin) vorbehaltenen, nachrangigen Nießbrauchs zwar nicht möglich, die auf diesen Nießbrauch entfallende Schenkungsteuer jedoch zu stunden war.

6. Dingliche Wohnrechte

6.1. Zugewendetes dingliches Wohnrecht

Ist das Grundstück in der Weise belastet, dass an einer Wohnung ein im Grundbuch eingetragenes Wohnrecht zugunsten eines anderen begründet worden ist, sind die für den Zuwendungsnießbrauch geltenden Grundsätze insoweit entsprechend anzuwenden. Der Eigentümer darf AfA auf den mit dem Wohnrecht belasteten Gebäudeteil nur in Anspruch nehmen, soweit das Wohnrecht entgeltlich zugewendet worden ist. Entsprechendes gilt für den Abzug anderer Aufwendungen. Für den Werbungskostenabzug sind die Grundsätze des § 21 Abs. 2 EStG zu beachten.

Ein unentgeltliches Zuwendungswohnrecht schließt grundsätzlich den Werbungskostenabzug beim Eigentümer aus. Zur Zurechnung von Vermietungseinkünften beim dinglichen Wohnrecht hat das FG Hessen mit Urteil vom 30.7.2009 (13 K 1121/07, LEXinform 5010197) entschieden, dass dann, wenn der Inhaber eines dinglichen Wohnrechts dieses nicht mehr ausübt und der Eigentümer die Wohnung mit Zustimmung des Wohnrechtsberechtigten im eigenen Namen an Dritte vermietet und die Miete vereinnahmt, dieser den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. Die vertragliche Vereinbarung im Übergabevertrag, dass das Grundstück nicht an Dritte überlassen werden darf, steht der wirksamen Zustimmung zur Wohnungsüberlassung durch die Parteien des Übergabevertrages nicht entgegen. Aufwendungen, die ein Eigentümer für eine Wohnung macht, die mit einem Nutzungsrecht belastet ist, sind dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn ein erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit zukünftig erzielbaren Vermietungseinkünften besteht.

6.2. Vorbehaltenes dingliches Wohnrecht

Ist das Grundstück gegen Einräumung eines vorbehaltenen dinglichen Wohnrechts übertragen worden, sind die für den Vorbehaltsnießbrauch geltenden Grundsätze entsprechend anzuwenden. Der Eigentümer darf die AfA auf das entgeltlich erworbene Gebäude nur in Anspruch nehmen, soweit sie auf den unbelasteten Teil entfallen. In diesen Fällen ist die AfA- Bemessungsgrundlage nur für den unbelasteten Gebäudeteil zu ermitteln (s. Beispiele in BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 50).

Es stellt keinen Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO dar, wenn auf die Ausübung eines im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung eingeräumten unentgeltlichen Wohnungsrechts verzichtet und stattdessen zwischen dem Übertragenden und dem neuen Eigentümer des Grundstücks ein Mietvertrag geschlossen wird; der Fortbestand des dinglichen Wohnungsrechts allein hindert die Wirksamkeit des Mietvertrages nicht. Auf die Unentgeltlichkeit des Wohnungsrechts kann konkludent durch den Abschluss des Mietvertrages verzichtet werden (BFH Urteil vom 17.12.2003, IX R 60/98, BStBl II 2004, 646). In dem entschiedenen Fall hatten die Eltern des Stpfl. wegen erheblicher anstehender Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten auf das unentgeltliche Wohnungsrecht verzichtet und erklärten, es in ein unbefristetes Mietverhältnis umzuwandeln (→ Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO).

7. Obligatorische Nutzungsrechte

7.1. Grundsätzliches

Den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann auch ein obligatorisch Nutzungsberechtigter erfüllen, wenn er eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat und tatsächlich selbst die Stellung des Vermieters oder Verpächters einnimmt. Eine gesicherte Rechtsposition ist gegeben, wenn der Eigentümer dem Nutzenden den Gebrauch des Grundstücks für eine festgelegte Zeit nicht entziehen kann (BFH Urteil vom 29.11.1983, VIII R 215/79, BStBl II 1984, 366).

Obligatorische Nutzungsrechte zugunsten naher Angehöriger sind nur anzuerkennen, wenn sie klar vereinbart, ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt werden (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 2–4). Ein unentgeltlich begründetes Nutzungsrecht kann regelmäßig nur anerkannt werden, wenn der Überlassungsvertrag schriftlich abgeschlossen ist und das Nutzungsrecht für einen festgelegten Zeitraum, mindestens für die Dauer von einem Jahr, vereinbart worden ist. Bei einem teilweise entgeltlich begründeten Nutzungsrecht ist grundsätzlich ein schriftlicher Mietvertrag erforderlich, der Festlegung einer Mindestzeit bedarf es nicht (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 6 und 7).

Zur Zurechnung von Vermietungseinkünften bei Bestellung eines schuldrechtlichen (obligatorischen) Nießbrauchs hat der BFH mit Urteil vom 24.10.2012 (IX R 24/11, BFH/NV 2013, 1228, LEXinform 0928541) gegen die bisherige Verwaltungsregelung in Rz. 7 des BMF-Schreibens vom 24.7.1998, BStBl I 1998, 914) entschieden, dass weder für die Annahme einer »gesicherten Rechtsposition« noch für die steuerliche Anerkennung des Nutzungsrechts eine von vornherein vereinbarte Mindestlaufzeit des obligatorischen Nießbrauchs von einem Jahr erforderlich ist. Ist im Ergebnis eine Mindestlaufzeit des Nießbrauchs von sechs Monaten garantiert, verfügt der Nießbraucher über eine gesicherte Rechtsposition. Je kürzer die Dauer der Nutzungsausübung ist, umso mehr kann dafür sprechen, dass der Nutzende tatsächlich gar nicht den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt. In der Neufassung des Nießbrauchs-Erlasses (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184) ist in Rz. 7 keine Mindestlaufzeit mehr vorgeschrieben. Nach dem BFH-Urteil vom 16.1.2007 (IX R 69/04, BStBl II 2007, 579) führt die Befristung des Nutzungsrechts mit deren Eintritt grundsätzlich zu dessen Erlöschen kraft Gesetzes (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 7).

7.2. Zugewendetes obligatorisches Nutzungsrecht

7.2.1. Behandlung beim Nutzenden

Vermietet der Nutzungsberechtigte das Grundstück, hat er die erzielten Einnahmen zu versteuern. Es darf die vertraglich übernommenen und von ihm getragenen Aufwendungen einschließlich des an den Eigentümer gezahlten Entgelts als Werbungskosten abziehen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 36).

7.2.2. Behandlung beim Eigentümer

Das für die Einräumung des Nutzungsrechts gezahlte Entgelt ist im Jahr des Zuflusses als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Nutzt der Berechtigte eine ihm unentgeltlich überlassene Wohnung aufgrund einer gesicherten Rechtsposition, darf der Eigentümer AfA auf das Gebäude nicht in Anspruch nehmen, soweit sie auf den Gebäudeteil entfallen, auf den sich das Nutzungsrecht erstreckt. Entsprechendes gilt für den Abzug anderer Aufwendungen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 37 und 38).

7.3. Vorbehaltenes obligatorisches Nutzungsrecht

7.3.1. Allgemeines

Behält sich der bisherige Eigentümer bei der Übertragung des Grundstücks ein obligatorisches Nutzungsrecht vor, stellt die Einräumung des Nutzungsrechts keine Gegenleistung des Erwerbers dar (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 51).

7.3.2. Behandlung beim Nutzenden

Dieser hat bei Vermietung des Grundstücks die Einnahmen zu versteuern. Er darf die von ihm getragenen Aufwendungen einschließlich des an den Eigentümer gezahlten Entgelts als Werbungskosten ansetzen. Der Nutzende darf weiterhin wie zuvor als Eigentümer die AfA für das Gebäude in Anspruch nehmen (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 52).

7.3.3. Behandlung beim Eigentümer

Die für den Eigentümer geltenden Grundsätze des Vorbehaltsnießbrauchs sind entsprechend anzuwenden. Der Eigentümer darf AfA auf das entgeltlich erworbene Gebäude nur in Anspruch nehmen, soweit sie auf den unbelasteten Teil entfallen.

Ein Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist anzunehmen, wenn der Eigentümer aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser sein Wohnungsrecht nicht (mehr) ausübt und es so erreicht, das Grundstück zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen (BFH Urteil vom 11.12.2012, IX R 28/12, BFH/NV 2013, 914, LEXinform 0929145). Die vom Eigentümer übernommene monatliche Wohnungsmiete für den Wohnungsberechtigten stellt eine Gegenleistung für den Verzicht auf die Ausübung des Wohnrechts dar. Die Mietaufwendungen stellen somit einen Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Eigentümers dar (s.a. Anmerkung vom 23.5.2013, LEXinform 0943826).

8. Nießbrauch an Wertpapieren (Einkünfte aus Kapitalvermögen)

8.1. Grundsätzliches

Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Nießbrauchs bei den Einkünften aus Kapitalvermögen s. OFD Hannover vom 23.3.1999 (S 2252 – 29 – StO 223 / S 2252 – 44 – StH 234, FR 1999, 671, LEXinform 0555575).

Die einkommensteuerrechtliche Zurechnung von Einkünften erfordert, dass der Stpfl., bei dem sie erfasst werden sollen, in seiner Person die gesetzlichen Voraussetzungen der jeweiligen Einkunftsart nach § 2 Abs. 1 i.V.m. den §§ 13 bis 24 EStG erfüllt. Der Stpfl. muss also die ihm zuzurechnenden Einkünfte erwirtschaften, indem er selbst oder durch eine Hilfsperson wirtschaftliche Chancen nutzt, Leistungen erbringt, ändert oder verweigert, wobei ihn Erfolg und Misserfolg dieses Handelns treffen (= Bewirtschaftungs- und Dispositionsbefugnis im eigenen Namen und auf eigenes Risiko).

8.2. Vorbehalts- und Vermächtnisnießbrauch

Die Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG sind dem Nießbraucher zuzurechnen. Die Einnahmen sind durch den KapESt-Abzug abgegolten (→ AbgeltungsteuerEinkünfte aus Kapitalvermögen).

Die Ablösungszahlung führt beim Eigentümer zu Anschaffungskosten (s.o. und BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 59).

Die Vereinnahmung einer Einmalzahlung führt beim Nießbraucher zu einer nicht steuerbaren Vermögensumschichtung. Die Vereinnahmung von wiederkehrenden Leistungen führt mit dem Zins- bzw. Ertragsanteil zu Einkünften gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 oder § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG.

8.3. Zuwendungsnießbrauch

8.3.1. Unentgeltlich bestellter Nießbrauch

Bei unentgeltlicher Bestellung eines Nießbrauchs sind die Einnahmen dem Nießbrauchbesteller zuzurechnen, auch wenn sie dem Nießbraucher zufließen (BFH Urteil vom 14.12.1976, VIII R 146/73, BStBl II 1977, 115).

8.3.2. Entgeltlich bestellter Nießbrauch

Bei entgeltlicher Bestellung eines Nießbrauchs an Kapitalvermögen ist dem Nießbrauchbesteller das hierfür gezahlte Entgelt nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG zuzurechnen. Entsprechend zieht der Nießbraucher lediglich eine Forderung ein, so dass die Kapitalerträge bei ihm nicht zu besteuern sind (vgl. BFH Urteil vom 12.12.1969, VI R 301/67, BStBl II 1970, 212). Diese Besteuerung tritt an die Stelle des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG).

9. Nießbrauch bei Beteiligungen

9.1. Nießbrauch an einem GmbH-Anteil

WG sind grundsätzlich dem (zivilrechtlichen) Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen Eigentümerstellung an WG sind WG demjenigen zuzurechnen, der die tatsächliche Herrschaft über ein WG in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das WG wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).

Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auf einen Erwerber über, wenn er

  • aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und

  • die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie

  • das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.

Bereits zivilrechtlich ist der Nießbraucher einem Gesellschafter mit der Folge einer Zurechnung nach § 39 Abs. 1 AO gleichzustellen, wenn der Nießbrauch die gesamte Beteiligung umfasst und ihm eine Position vermittelt, die ihm (z.B. durch ihm eingeräumte Stimmrechtsvollmachten) entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft (BGH Urteil vom 5.4.2011, II ZR 173/10, DStR 2011, 1475, LEXinform 0901631).

Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Ausschlaggebend ist nicht lediglich das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und tatsächlich Bewirkte (BFH Urteil vom 24.1.2012, IX R 51/10, BStBl II 2012, 308).

Nach den Rechtsausführungen des FG Düsseldorf vom 26.4.2013 (1 K 1143/12 E, EFG 2014, 447, LEXinform 5015958), die vom BFH mit Urteil vom 18.11.2014 (IX R 49/13, BStBl II 2015, 224) bestätigt wurden, geht das wirtschaftliche Eigentum an unentgeltlich übertragenen GmbH-Anteilen trotz des vom Schenker vorbehaltenen Nießbrauchs und der diesem vertraglich eingeräumten unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht zusammen mit dem zivilrechtlichen Eigentum auf den Beschenkten über, wenn der Schenkungsvertrag nicht mit einem Widerrufsvorbehalt oder einer Rückfallklausel zugunsten des Schenkers ausgestaltet ist, aufgrund deren der Schenker ohne den Willen des Beschenkten das zivilrechtliche Eigentum zurück erlangen könnte (Abgrenzung zum Beschluss des BGH vom 5.4.2011 II ZR 173/10, DStR 2011, 1475). Die spätere entgeltliche Ablösung des Nießbrauchs führt bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile durch den Beschenkten zu nachträglichen Anschaffungskosten (s.a. Anmerkung vom 15.1.2015, LEXinform 0946512).

9.2. Nießbrauch an einem Personengesellschaftsanteil

Mit der Nießbrauchsbestellung am Gesellschaftsanteil einer Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) und dessen Folgen beschäftigt sich Wälzholz (NWB 2013, 1334).

Nach dem Urteil des FG Münster vom 24.6.2014 (3 K 3886/12 F, EFG 2014, 1951, LEXinform 5016979, Revision eingelegt, Az. BFH: IV R 38/14, LEXinform 0934886) ist eine unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils zum Buchwert gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG auch dann gegeben, wenn sich der bisherige Mitunternehmer anlässlich der Übertragung seines Mitunternehmeranteils den Nießbrauch an einem mitübertragenen Grundstück des Sonderbetriebsvermögens vorbehält.

Mit Urteil vom 15.11.2022, IX R 4/20 (LEXinform 0952743) hat der BFH im Fall des Quotennießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden PersGes entschieden. Streitgegenstand des Verfahrens war, in welcher Höhe dem Nießbraucher und Kläger gesondert und einheitlich festgestellte Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung persönlich zuzurechnen sind. Nach Auffassung der Richter erzielt der Quotennießbraucher nur dann die auf seinen Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Nießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen, auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, nicht alleine und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.

Dem Urteil lag eine Gestaltung zugrunde, durch die dem in Ausbildung befindlichen volljährigen Kind der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG von 6000 € ermöglicht werden sollte. Voraussetzung dafür ist in Anbetracht des Werbungskostenverbots nach §§ 9 Abs. 6, 4 Abs. 9 EStG, dass das Kind steuerbare Einkünfte erzielt. Diese Bedingung wurde dadurch erreicht, dass dem Kind ein auf die Dauer der Ausbildung befristetes Quotennießbrauchsrecht an einem Gesellschaftsanteil der Eltern eingeräumt wurde, so dass die aus dem Gesellschaftsanteil erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf das Kind verlagert wurden. Dabei ist vor dem Hintergrund der BFH-Entscheidung darauf zu achten, dass dem Nießbraucher die Möglichkeit eingeräumt wird, zumindest an den Grundlagengeschäften der Gesellschaft mitzuwirken.

Das BMF hat mit Schreiben vom 18.1.2013 (DStR 2013, 199) zur Verteilung des GewSt-Messbetrages bei Nießbrauch an einem Mitunternehmeranteil Stellung genommen.

10. Umsatzsteuer

Umsatzsteuerrechtlich fällt die Nießbrauchsbestellung an Grundstücken unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG (Abschn. 4.12.8 Abs. 1 UStAE). Wer einmalig einen entgeltlichen Nießbrauch an einem Grundstück bestellt, erbringt eine nachhaltige Duldungsleistung (Abschn. 2.3 Abs. 6 Satz 1 UStAE). Die Leistung wird mit Beendigung des Rechtsverhältnisses erbracht. Wenn das Entgelt z.B. monatlich gezahlt wird, liegen Teilleistungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 und 3 UStG vor.

Wird das Grundstück nach der entgeltlichen Nießbrauchbestellung weiterhin vom Nießbrauchverpflichteten wie bisher unternehmerisch genutzt, so verbleibt das Grundstück im Unternehmensvermögen.

Bei der Übertragung eines Grundstücks unter gleichzeitiger Bestellung eines Vorbehaltsnießbrauchs erhält der Erwerber von vornherein nur das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück. Der Übertragende behält sich mit dem Nießbrauch die Nutzungsmöglichkeit zurück, die ihm zuvor auf Grund seines Eigentums zustand. Dem Erwerber wird somit keine Verfügungsmacht i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG verschafft. Daher kann es sich in diesen Fällen nicht um eine gleichgestellte Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG handeln, so dass in diesen Fällen kein steuerbarer Umsatz vorliegt. Nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ändert sich auch nach schenkweiser Übertragung des Eigentums nichts in der Verwendung des Grundstücks für unternehmerische Zwecke, wenn der Schenker Nießbraucher wird und in dieser Eigenschaft die unternehmerische Nutzung des Grundstücks fortsetzt. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der unentgeltlichen Übertragung eines unternehmerisch genutzten Grundstücks bei gleichzeitiger Einräumung eines Vorbehaltsnießbrauchs zugunsten des Schenkers s. OFD Frankfurt vom 29.7.2005 (S 7102 A – 34 – St I 1.10, DStR 2005, 1859, LEXinform 0579561).

Mit Beendigung des Vorbehaltsnießbrauchs verliert der Schenker jedoch seine Verfügungsmacht über das Grundstück. Die Verfügungsmacht geht zu diesem Zeitpunkt auf den Erwerber über. Das führt beim Schenker, soweit kein Tatbestand des § 1 Abs. 1a UStG gegeben ist, zu einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG (OFD Koblenz vom 5.10.2005, S 7100 A – St 443, DStR 2005, 1859), die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Eine Option ist nach § 9 Abs. 3 UStG ausgeschlossen. Eine → Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 8 UStG ist zu prüfen.

Führt der Eigentümer keine Unternehmertätigkeit mehr mit dem belasteten Grundstück aus (z.B. unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch), tätigt er eine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG; → Unentgeltliche Wertabgabe.

11. Beispiel

Beispiel 8:

Mit Übergang Nutzen, Lasten und Gefahren überträgt Vater V seinem Sohn S am 1.7.12 ein Mietwohngrundstück. V hatte dieses Grundstück (Übergang Nutzen, Lasten und Gefahren, Datum Kaufvertrag) am 13.3.05 für 230 000 € angeschafft. Nach dem Sachverständigengutachten beträgt der Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt der Übergabe 340 000 €, davon entfallen 56 666 € auf den Grund und Boden. Laut notariellem Vertrag vom 15.5.12 wird das Grundstück im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gegen eine lebenslängliche monatliche Rente i.H.v. 2 100 € übertragen (→ Vorweggenommene Erbfolge). Gleichzeitig behält sich V an dem gesamten Grundstück ein Nießbrauchsrecht vor. Im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb sind S noch folgende Aufwendungen entstanden:

Notargebühren:

Beurkundung Kaufvertrag

1 738 €

zzgl. USt

330 €

Kosten Amtsgericht:

Eintragung Eigentum

256 €

insgesamt

2 324 €

Im Zeitpunkt der Übergabe des Grundstücks hat V das 50. Lebensjahr vollendet.

Die jährlichen Mieteinnahmen betragen 30 000 €. Die jährlichen Werbungskosten betragen ca. 12 000 €, davon entfallen auf Abschreibungen ca. 4 000 €.

Lösung 8:

Bei dem vermieteten Grundstück handelt es sich nicht um eine nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG begünstigte Wirtschaftseinheit (s.a. BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 7). Es handelt sich um eine entgeltliche oder teilentgeltliche Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit. S erwirbt dabei das mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastete Grundstück (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80 und 464, Rz. 10). Insoweit handelt es sich nicht um einen entgeltlichen Erwerb (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 40). Der Kapitalwert des Nießbrauchs mindert dabei den Wert des Grundstücks (BMF vom 13.1.1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 14 und 15) Das Nießbrauchsrecht bezieht sich auf den Gebäudewert und auf den Grund und Boden (BFH-Urteile vom 15.1.1985, IX R 81/83, BStBl II 1985, 252 und vom 21.7.1992, IX R 72/90, BStBl II 1993, 486). Ein Wohnrecht dagegen bezieht sich nur auf den Gebäudewert (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 50). Für die Überprüfung eines entgeltlichen bzw. teilentgeltlichen Erwerbs ist der Wert des übertragenen Grundstücks mit dem Barwert der wiederkehrenden Leistung zu vergleichen. Der Kapitalwert des Nutzungsrechts mindert dabei den Wert des Grundstücks. Der Kapitalwert des Vorbehaltsnießbrauchs wird nach § 14 BewG ermittelt. Der Jahreswert des Nießbrauchs bestimmt sich dabei nach dem durchschnittlich zu erwartenden Reinertrag der letzten drei Jahre. Allerdings gehört die AfA, die zwar als Werbungskosten bei der ertragsteuerlichen Ermittlung der Mieteinkünfte abgezogen werden kann, nicht zu den abzugsfähigen Kosten bei der Ermittlung des Reinertrags (Rössler/Troll, Kommentar zum Bewertungsgesetz § 15 BewG Rz. 9, 17. A.). Der durchschnittliche Reinertrag beträgt im Beispielsfall 22 000 €. Der Kapitalwert des Nießbrauchs bestimmt sich nach § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG sowie der Anlage im BMF-Schreiben vom 26.10.2012 (BStBl I 2011, 834; s.o. Gliederungspunkt »Vervielfältiger«) und beträgt 22 000 € × 14,867 = 327 074 €.

Der maßgebliche Wert des mit dem Vorbehaltsnießbrauch belasteten Grundstücks beträgt:

Verkehrswert des Grundstücks

340 000 €

abzüglich Kapitalwert des Nießbrauchs

./. 327 074 €

maßgeblicher Grundstückswert

12 926 €

Der Barwert der wiederkehrenden Leistung beträgt: 2 100 € monatliche Rente × 12 Monate × 14,867 =

374 648 €

Da der Barwert der wiederkehrenden Leistung mehr als doppelt so hoch ist wie der Wert des Grundstücks, liegt insgesamt eine Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG vor (BMF vom 11.3.2010, BStBl I 2010, 227, Rz. 66 Satz 3).

Dem Eigentümer S sind aus dem nießbrauchsbelasteten Grundstück keine Einnahmen zuzurechnen. Die Aufwendungen für das Grundstück sind keine Werbungskosten. Bei dieser unentgeltlichen Vermögensübertragung kann S grundsätzlich die AfA des V fortführen (§ 11d EStDV). Da S keine Einkünfte erzielt, darf er die AfA des V nicht als Werbungskosten abziehen. Der Nießbraucher V erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. V nimmt die AfA für das Gebäude wie zuvor als Eigentümer in Anspruch (BMF vom 30.9.2013, BStBl I 2013, 1184, Rz. 41 und 42). Die AfA berechnet sich wie bisher:

Anschaffungskosten

230 000 €

abzüglich 16,67 % für Grund und Boden (56 666 € : 340 000 € × 100)

./. 38 341 €

Gebäudewert

191 659 €

AfA nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG: 2 %

3 833 €

12. Literaturhinweise

Völkel, u.a., ABC-Führer Umsatzsteuer (Losblatt); Bauer, Überblick zum Nießbrauch; Steuer & Studium 2000, 164; Hartmann u.a., Bedeutung des Vorbehaltsnießbrauchs für private Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 23 EStG, FR 2001, 757; Paus, Steuerfragen der Nießbrauchs- und Nutzungsrechte, Steuerwarte 2001, 43; Korezkij, Nießbrauchs- oder Rentenlösung bei Grundstücksübertragungen auf Kinder? – Analyse der Entscheidungsgrundlagen aus schenkungsteuerlicher Sicht, DStR 2002, 2205; Janssen, Zuwendungsnießbrauch an ertragreichem Gebäude, Fach 2, 9835; Wälzholz, Versorgungsleistungen: Aktuelle Gestaltungsprobleme nach dem JStG 2008, FR 2008, 641; Meyer u.a., Grundstücksübertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt im Steuerrecht Teil I und II, Die steuerliche Betriebsprüfung 2010, 185, 223; Wälzholz, Der Nießbrauch am Gesellschaftsanteil einer GmbH & Co. KG – Gestaltungen aus zivil- und steuerrechtlicher Sicht (Mustervertrag), NWB 17/2013, 1334; Lemke, Nießbrauch und Wohnungsrecht in der Immobilienwirtschaft, NWB 8/2016, 572.

13. Verwandte Lexikonartikel

Besteuerung von Versorgungsleistungen

Eheliches Güterrecht

Erbrecht

Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer

Grundstück

Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO

Nutzungsüberlassung einer Wohnung

Sonstige Leistung

Verträge zwischen Angehörigen

Vorweggenommene Erbfolge

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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