Quellensteuer

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Quellensteuer ist ein Sammelbegriff für die Erhebung von Steuern.
  • Sie setzt sich beispielsweise aus der Erhebung der Lohnsteuer und der Kapitalertragssteuer zusammen.
  • Kommt es zur Erhebung der Einkommenssteuer eines Steuerpflichtigen, wird dieser Quellensteuer mit der zu zahlenden Einkommenssteuer verrechnet.

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick
2 Lohnsteuerverfahren – Überblick
2.1 Überblick zum geltenden Recht
2.1.1 Allgemeiner Überblick über das Lohnsteuerabzugsverfahren
2.1.2 Besonderheiten bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern
2.1.3 Sonstiges
2.2 Einführung der ELStAM und der Übergangszeitraum 2011 bis 2013
2.3 Das neue Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2013/2014
2.4 Pauschalierungsverfahren
2.5 Haftungsverfahren gem. § 42d EStG
2.5.1 Grundzüge – Prüfungsreihenfolge
2.5.2 Entleiherhaftung gem. § 42d Abs. 6 und 7 EStG
2.5.3 Lohnsteuerpflichten durch Dritte
2.6 Lohnsteuer-Nachschau
3 Kapitalertragsteuer
3.1 Einzeltatbestände
3.2 Steuersatz – Rechtslage seit 2009 (Abgeltungsteuer)
3.3 Zeitpunkt des Steuerabzugs
3.4 Bestätigung des Abzugs
3.5 Freistellungsauftrag
3.6 Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug (Ausnahmen)
3.7 Spezifika
3.8 Korrekturen beim Kapitalertragsteuerabzug (§ 20 Abs. 3a EStG)
3.9 Kapitalertragsteuer und Kirchensteuer
3.10 Überprüfung des Kapitalertragsteuerabzuges im Rahmen der Veranlagung
4 Das Abzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen
4.1 Einleitung
4.2 Ausnahmen vom Quellensteuerabzug nach § 50 Abs. 2 EStG
4.3 Abzugsverfahren
4.3.1 Zweck der Norm
4.3.2 Aufsichtsratssteuer
4.3.3 Quellensteuer bei Vergütungen nach § 50a Abs. 1 EStG
4.3.3.1 Gesetzliche Ausgangssituation
4.3.3.2 Wichtige Rechtsprechung zu § 50a EStG
4.4 Verfahrensrecht bei § 50a EStG
4.4.1 Grundsatz
4.4.2 Grenzüberschreitende Lizenzzahlungen
4.4.3 Steuerabzug und AStG
4.4.4 Aktuelle Änderungen
5 Neuerung aufgrund der Zinsinformationsverordnung (ZIV 2005)
5.1 Einführung
5.2 Grundzüge des Datenaustausches
5.3 Ausnahmen
5.4 Anwendungszeitraum
6 Literatur
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Überblick

Mit Quellensteuern werden die Steuern charakterisiert, bei denen sich der Staat eines speziellen Verfahrens, des sog. Quellenabzugsverfahren, bedient. Im Gegensatz zum Veranlagungsverfahren, bei dem die Steuererhebung mittels Steuererklärung erfolgt, bedient sich der Staat hier einer Privatperson (beliehener Unternehmer), die für ihn die Steuern erhebt (einbehält) und abführt (= Entrichtungspflichtiger). An der Person des Steuerschuldners ändert sich dadurch nichts; die Quellensteuern bleiben direkte Steuern (i.U. zur Umsatzsteuer) und haben insoweit den Charakter von Vorauszahlungen des Steuerschuldners. Die Bezeichnung Quellensteuer ist darauf zurückzuführen, dass die zwischengeschaltete abführungspflichtige Privatperson gleichzeitig der Vertragspartner des Steuerschuldners ist und damit am nächsten an dessen Einkunftsquelle ist (Nähe-Prinzip). Beide Personen, der → Steuerschuldner wie der Entrichtungspflichtige, werden, um das Verfahren effektiv zu gestalten, zu einem Haftungsverbund vereint.

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In drei Bereichen gibt es Quellensteuern:

  1. im Lohnsteuerrecht

  2. bei der Kapitalertragsteuer

  3. im internationalen Steuerrecht, z.B. bei der Aufsichtsratsteuer.

Mit § 50g EStG ist ab 1.1.2004 ein neuer Weg für grenzüberschreitende Zins- und Lizenzzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen innerhalb der EU eingeführt worden (Quellensteuerentlastungsverfahren). Durch das Steueränderungsgesetz 2007 wurde die Regelung im Hinblick auf das mit der Schweiz abgeschlossene EU-Zinsabkommen ergänzt (§ 50g Abs. 6 EStG).

Ebenfalls unter den Begriff Quellensteuer fallen im DBA-Recht die Steuern, die der sog. Quellenstaat einbehält. Auf diese DBA-Quellensteuern wird bei den internationalen Steuerfragen eingegangen (→ Ausländische Einkünfte, → Doppelbesteuerung).

2. Lohnsteuerverfahren – Überblick

2.1. Überblick zum geltenden Recht

Mit der Einführung der ELStAM (Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale) ab dem 1.1.2013 ist das Ende eines mehrjährigen Übergangsstadiums gekommen. Die alte Lohnsteuerkarte auf Papier wurde letztmals im Jahr 2010 verwandt. In den Jahren 2011 und 2012 galten Übergangsvorschriften. Zwar sind die ELStAM offiziell zum 1.1.2013 eingeführt worden, jedoch bestehen (noch) diverse Startschwierigkeiten, sodass die Übergangsvorschriften noch nicht vollkommen ausgedient haben.

Ursprünglich durch das JStG 2013 geplante und durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG, BGBl I 2013, 1809) umgesetzte Maßnahmen werden an den entsprechenden Stellen dargestellt.

Folgende BMF-Schreiben sind für das aktuelle Lohnsteuerabzugsrecht von zentraler Bedeutung:

  • BMF vom 19.12.2012 (BStBl I 2012, 1258, ELStAM-Startschreiben),

  • BMF vom 25.7.2013 (BStBl I 2013, 943) für den erstmaligen Abruf der ELStAM (Übergangszeitraum),

  • BMF vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003) für den Lohnsteuerabzug ab dem Jahr 2013 und die dauerhafte Anwendung der ELStAM.

2.1.1. Allgemeiner Überblick über das Lohnsteuerabzugsverfahren

Allgemein gilt, dass für alle Fälle der vom ArbG einbehaltenen LSt der ArbN beim LSt-Abzug nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Steuerschuldner ist und bleibt. Die einzige Ausnahme hierzu stellt das Pauschalierungssystem dar. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass der laufende Lohn nach § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG im Lohnzahlungszeitraum (Kj., Monat, vgl. R 39b.5 Abs. 2 LStR) unabhängig von der tatsächlichen Zuwendung als zugeflossen gilt. Für sonstige Bezüge gilt wiederum der Zuflussgrundsatz von § 11 EStG (s.a. R 39b.6 LStR). So gilt z.B. bei einer stillen Beteiligung des ArbN, wenn der ArbG den ArbN auf Grund einer Vereinbarung Beteiligungskapital auf Beteiligungskonten gutgeschrieben hat, dass bereits die Gutschrift den Zufluss von Arbeitslohn bewirkt, wenn das Beteiligungskapital verzinst wird und die Gewinnanteile jeweils bei Fälligkeit mit der Lohnabrechnung an die ArbN ausbezahlt werden. Dass die ArbN langfristig in der Verwendung der gutgeschriebenen Beträge beschränkt sind, steht dem Zufluss nicht entgegen (BFH vom 11.2.2010, VI R 47/08).

Als Konsequenz der bestehen bleibenden Schuldnerschaft des ArbN wird dieser nach § 46 EStG auch zur ESt veranlagt, es sei denn, dass eine Amtsveranlagung mangels Gründen (vgl. den Katalog von § 46 Abs. 2 Nr. 1–7 EStG) unterbleibt bzw. dass kein Antrag des ArbN (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) gestellt wird. Bei unterlassener Veranlagung hat der LSt-Abzug Abgeltungswirkung für den ArbN (§ 46 Abs. 4 Satz 1 EStG). Anstelle der Veranlagung kann der ArbN in bestimmten Fällen – z.B. bei überhöhten monatlichen Vorauszahlungen – auch einen Lohnsteuerjahresausgleich beantragen (Ausnahme § 42b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 EStG), den der ArbG durchzuführen hat (§ 42b EStG, vgl. zur Durchführung ab dem Jahr 2013 BMF vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 123 ff.). Im Veranlagungsfall wird die einbehaltene LSt auf die festzusetzende Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 38 Abs. 1 EStG).

Die Anmeldung der LSt erfolgt seit dem 1.1.2013 zwingend über das authentifizierte Verfahren mit einem Zertifikat ELSTER. In einer Übergangszeit bis einschließlich 31.8.2013 wurde es jedoch nicht beanstandet, wenn die Übermittlung ohne Authentifizierung übermittelt wurde. Seit September 2013 ist zwingend die Verwendung des Zertifikates notwendig. Das gilt auch für ausländische Datenübermittler (vgl. Pressemitteilung der OFD Koblenz vom 10.9.2013).

2.1.2. Besonderheiten bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern

Bei Ehegatten ist hierbei Folgendes zu beachten: Wurde zusammen veranlagten Ehegatten Einkommensteuer erstattet, die im Wege des Steuerabzugs vom Arbeitslohn oder von den Kapitalerträgen eines der Ehegatten einbehalten worden ist, sind die auf diese Weise geleisteten Vorauszahlungen auf Rechnung des betreffenden ArbN bzw. Kapitalertragsgläubigers abgeführt worden, so dass sich die Höhe des Erstattungsanspruchs jedes Ehegatten grundsätzlich nach dem Verhältnis der bei den Ehegatten jeweils einbehaltenen Abzugsbeträge bestimmt (BFH vom 17.2.2010, VII R 37/08). Bei Wahl der Steuerklassen III/V besteht eine Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer nach § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG; diesbezüglich besteht kein verfassungsrechtlich bedeutsames Vollzugsdefizit (vgl. FG Düsseldorf Urteil vom 17.3.2010, BeckRS 2010 26028846.)

Hinweis zur Steuerklassenwahl:

Auf Grund der Urteile des BVerfG vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07), welche die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt haben, hat der Gesetzgeber mit Gesetz (BGBl I 2013, 2397) die Anwendung der entsprechenden Vorschriften auf diese Gruppe geregelt (§ 2 Abs. 8 EStG). Damit sind die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Ehegatten für den Lohnsteuerabzug auch für Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft einschlägig. Bis zur technischen Umsetzung dieses Aspektes muss die Bildung entsprechender ELStAM beim Finanzamt beantragt werden (BMF vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 24). Durch das JStG 2009 wurde ab dem VZ 2010 ein Faktorverfahren zum LSt-Abzug eingeführt (§ 39f EStG). Danach können Ehegatten auf Antrag anstelle der Steuerklassenkombination III, V auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV erhalten, die um einen Faktor (stets < 1) ergänzt wird. Dies hat zur Folge, dass bei dem jeweiligen Ehegatten die ihm persönlich zustehenden steuerentlastend wirkenden Vorschriften zum LSt-Abzug berücksichtigt werden. Der Faktor wird ermittelt, indem die voraussichtliche Einkommensteuer beider Ehegatten nach dem Splittingverfahren durch die Summe der voraussichtlichen LSt bei Anwendung der Steuerklasse IV für jeden Ehegatten dividiert wird. Wird ein Faktor eingetragen, so führt dies (im Gegensatz zur Besteuerung nach Klasse IV ohne Faktor) zur Pflicht der Ehegatten, eine Steuererklärung abzugeben (Pflichtveranlagung). Sollen über die gesetzlichen Pauschbeträge hinaus weitere individuelle steuermindernde Freibeträge der Ehegatten berücksichtigt werden, so ist dies bei Anwendung des Faktorverfahrens nicht durch die Eintragung eines zusätzlichen Freibetrages möglich. Vielmehr wird der Freibetrag bei der Ermittlung des Faktors berücksichtigt. Das Wahlrecht kann von den Ehegatten einmal jährlich, spätestens bis zum 30.11., beim zuständigen Finanzamt ausgeübt werden. Zurzeit muss der Faktor trotz gesetzlicher Neuregelung noch jährlich neu beantragt werden. Mit dem Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Bürokratieentlastungsgesetz) vom 28.7.2015 (BStBl I 2015, 1400) wurde § 39f Abs. 1 EStG um die Sätze 9 bis 11 erweitert. Es besteht nun die Möglichkeit, dass der berechnete Faktor für bis zu zwei Kalenderjahre gilt. Ab wann diese Neuregelung gilt, ist allerdings noch unklar. § 52 Abs. 37a Satz 1 EStG bezieht sich dabei auf den Veranlagungszeitraum, der auf den Veranlagungszeitraum folgt, in dem die für die technische Umsetzung erforderlichen Programmierarbeiten abgeschlossen sind. Ein Abschluss dieser Programmierarbeiten ist anscheinend noch nicht absehbar.

2.1.3. Sonstiges

Weitere Regelungen finden sich in der nachfolgenden Übersicht:

  • Der Lohnsteuerjahresausgleich durch den ArbG ist auch weiterhin möglich. Im Entwurf des JStG 2008 war noch geplant, dies ab 2008 abzuschaffen. Dies wurde nicht realisiert. § 42b EStG bleibt erhalten (vgl. hierzu zur Durchführung ab dem Jahr 2013: BMF vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 123).

  • Nach dem BMF-Schreiben vom 14.12.2009 (BStBl I 2009, 1516 [= Nr. 20, § 39b/1]) werden bei der Ermittlung der abzuziehenden LSt auch die steuermindernden Vorsorgeaufwendungen i.S.v. § 10 EStG in Form einer Vorsorgespauschale berücksichtigt (vgl. hierzu BMF vom 26.11.2013, IV C 5 – S 2367/13/10001). Die steuerliche Berücksichtigung erfolgt ab dem Jahr 2010 ausschließlich im Lohnsteuerabzugsverfahren. Weitere Vorsorgeaufwendungen werden nicht berücksichtigt. Die Eintragung eines entsprechenden Freibetrages ist daher nicht möglich.

Zu beachten ist, dass durch § 38 Abs. 3a EStG LSt-Obliegenheitspflichten auf Dritte übertragen werden, wenn Auszahlungen aufgrund tarifvertraglicher Regelungen erfolgen (Satz 1). Satz 2 erlaubt – unter genau bestimmten Voraussetzungen – die Delegation auf Dritte auch in den Fällen studentischer Arbeitsvermittlung oder aufgrund von Mehrarbeitsverhältnissen. Zudem unterliegt gem. § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG pauschal jeder von einem Dritten dem ArbN zugewendete Lohn der LSt (Ausnahme: Trinkgelder). Das frühere Unterscheidungsmerkmal der »Üblichkeit« wurde fallengelassen. Die Bestimmung wendet sich v.a. an Konzerne. Das Verfahren setzt Kenntnis des ArbG voraus. Deshalb wurde ab 1.1.2004 eine Pflicht (§ 38 Abs. 4 Satz 3 EStG) für die ArbN eingeführt, die ArbG über Vorteile von dritter Seite zu unterrichten.

2.2. Einführung der ELStAM und der Übergangszeitraum 2011 bis 2013

Mit Wirkung ab 1.1.2004 ist gem. § 41b EStG die elektronische Lohnsteuerbescheinigung (sog. »Elster-Lohn«) eingeführt worden. Damit erfolgt der Abschluss des LSt-Abzugs durch eine Übermittlung der LSt-Daten mittels Datenfernübertragung an das Finanzamt. Bis 28.2. des jeweiligen Folgejahres sind die Daten durch den ArbG zu übermitteln. Der ArbG ist verpflichtet (§ 41a Abs. 1 Satz 2, 3 EStG), die LSt-Anmeldung elektronisch zu übermitteln (s.a. BMF vom 29.11.2004, BStBl II 2004, 1135 sowie OFD Erfurt vom 30.5.2005, DB 2005, 1307 – Elektronische Lohnsteuerbescheinigung, vgl. aktuell hierzu auch BMF vom 28.8.2013, IV C 5 – S 2378/13/10002). Dieses Verfahren stellt die Vorstufe des vom BMF für das Jahr 2011 ins Auge gefassten vollständig elektronischen LSt-Verfahrens dar. Die bisher auf der Lohnsteuerkarte festgestellten Besteuerungsgrundlagen sollen elektronisch zentral verwaltet und beim Bundeszentralamt für Steuern gespeichert werden, wo die ArbG sie zukünftig abrufen können (§ 39e EStG). Entsprechend wurde R 39.1 LStR 2008, der die Ausstellung der Lohnsteuerkarte regelte, zum 1.1.2011 aufgehoben. Durch das JStG 2008 wurde eine elektronische Lohnsteuerkarte eingeführt. Ab 2011 sollte die bisherige Lohnsteuerkarte durch ein elektronisches Verfahren ersetzt werden. Dafür wird beim Bundeszentralamt für Steuern eine Zentraldatei aufgebaut. Auf diese Lohnsteuermerkmale kann der ArbG elektronisch zugreifen (Elster-Lohn II). Rechtsgrundlage hierfür bildet die neue Regelung in § 39e EStG.

Wegen technischer Probleme bei der Umsetzung stand das Verfahren jedoch nicht planmäßig zur Verfügung. Die Lohnsteuerkarte 2010 bildete daher auch die Grundlage für den Einbehalt der LSt in den Jahren 2011/2012 (vgl. auch § 52b Abs. 1 EStG n.F. gem. JStG 2010). Für ArbN, die in 2010 keine Lohnsteuerkarte erhalten haben, gelten Besonderheiten. Das Finanzamt wird auf Antrag des ArbN eine nach amtlichem Muster erstellte »Bescheinigung für den LSt-Abzug 2011 bzw. 2012« ausstellen.

Die erwähnte Verzögerung machte die Schaffung von Übergangsregelungen notwendig (JStG 2010): Die derzeitige Konzeption der §§ 39 und 39e EStG unterstellt, dass die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) im Kj. 2011 eingeführt werden und dann anzuwenden sind. Dies wird jedoch nicht vor 2012 der Fall sein. Die Ausstellung einer Lohnsteuerkarte erfolgte aber aufgrund der geltenden Gesetzeslage letztmalig für das Kj. 2010. In dem so entstehenden Übergangszeitraum von 2011 bis 2012 sind die allgemeinen Vorschriften des Lohnsteuerabzugsverfahrens grundsätzlich weiterhin anzuwenden. Da der LSt-Abzug in der Übergangszeit ohne neue Lohnsteuerkarte erfolgen muss, sind Übergangsregelungen erforderlich. Die erforderlichen Übergangsregelungen und Rechtsgrundlagen enthält § 52b EStG. Für Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 2010 mit Wirkung für den Übergangszeitraum ist das Finanzamt zuständig (§ 52b Abs. 2 Satz 1 EStG), soweit sie das Lohnsteuerabzugsverfahren betreffen.

Die wichtigsten Regelungen des Übergangszeitraumes werden nachfolgend zusammengefasst:

  • Der ArbG hat die Lohnsteuerkarte 2010 weiterhin aufzubewahren, eine Vernichtung ist erst nach der endgültigen Einführung der ELStAM zulässig. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses ist diese an den ArbN zwecks Vorlage beim neuen ArbG auszuhändigen.

  • Der ArbN ist verpflichtet, die Eintragung der Steuerklasse, der Kinderfreibeträge und die Voraussetzungen für das Vorliegen der Steuerklasse II zu überprüfen. Die Überprüfung von eingetragenen Freibeträgen muss nicht verpflichtend überprüft werden. Dies gilt nun auch im Jahr 2012. Die Inanspruchnahme zu hoher Freibeträge kann jedoch zu Nachzahlungen im Veranlagungsverfahren führen.

  • Nach Einführung der ELStAM müssen sämtliche antragsgebundenen Einträge und Freibeträge erneut beantragt werden, da eine automatische Übernahme nicht erfolgt.

Wegen weiterhin bestehender technischer Umsetzungsprobleme wurde die Einführung des Verfahrens auf den 1.1.2013 verschoben. Die im Übergangszeitraum 2011 geltenden Grundsätze sind daher auch im Jahr 2012 zu beachten. Das BMF hat mit Schreiben vom 6.12.2011 (IV C 5 – S 2363/07/0002-03) zur Verlängerung des Übergangszeitraumes Stellung bezogen. Nachfolgend werden die wichtigsten Übergangsregelungen dargestellt:

Ein Einsatz des elektronischen Abrufverfahrens ist derzeit zum 1.11.2012 mit Wirkung zum 1.1.2013 geplant. Durch diese Verzögerung besteht der Übergangszeitraum nach § 52b Abs. 1 EStG im Kalenderjahr 2012 fort.

Grundlage für den LSt-Abzug im Jahr 2012 sind die Lohnsteuerkarte 2010 bzw. die im Jahr 2011 oder 2012 ausgestellte Ersatzbescheinigung des Finanzamtes. Die hierauf eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind – unabhängig von der eingetragenen Gültigkeit – vom ArbG auch im Lohnsteuerabzugsverfahren 2012 zu berücksichtigen. Der ArbN hat die Möglichkeit, im Übergangszeitraum 2012 von der Lohnsteuerkarte 2010 oder von der Ersatzbescheinigung 2011 abweichende Besteuerungsmerkmale nachzuweisen.

ArbN ohne Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011, die im Übergangszeitraum 2012 Lohnsteuerabzugsmerkmale für ein neues oder weiteres Dienstverhältnis benötigen, haben beim Finanzamt eine Bescheinigung für den LSt-Abzug 2012 (Ersatzbescheinigung 2012) zu beantragen (§ 52b Abs. 3 EStG). Für Auszubildende gelten Vereinfachungen.

Ehegatten, denen für das Kalenderjahr 2010 keine Lohnsteuerkarte und für die Kalenderjahre 2011 und 2012 keine Ersatzbescheinigung ausgestellt wurde, wird ab dem Kalenderjahr 2013 für den LSt-Abzug jeweils programmgesteuert die Steuerklasse IV zugewiesen, wenn einer der Ehegatten ein Dienstverhältnis beginnt. Gleiches gilt, wenn beide Ehegatten erstmals in ein Dienstverhältnis eintreten. Soll von dieser programmgesteuerten Zuordnung abgewichen werden, ist für die Wahl der Steuerklassenkombination III/V oder des Faktorverfahrens (§ 39f EStG) ein gemeinsamer Antrag der Ehegatten beim Wohnsitzfinanzamt erforderlich. In den übrigen Fällen gelten die bisherigen Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV der Ehegatten ab dem Kalenderjahr 2013 weiter, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Berücksichtigung des Faktorverfahrens ist allerdings jährlich neu zu beantragen.

Das BMF-Schreiben vom 5.10.2010 (BStBl I 2010, 762) ist für das Kalenderjahr 2011 weiterhin anzuwenden. Das Schreiben vom 6.12.2012 ist ab dem Kalenderjahr 2012 anzuwenden.

2.3. Das neue Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2013/2014

Im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 13.12.2011 (BGBl I 2012, 2592) werden u.a. die Übergangsvorschriften zum ELStAM neu gefasst und die Vorschriften zum LSt-Abzug an die neue Rechtslage (elektronisches Verfahren) angepasst und in die §§ 38b ff. EStG eingefügt. Lohnsteuerkarten werden nicht mehr ausgestellt. In einigen Fällen sind jedoch weiterhin papiergebundene Verfahren (in einem Übergangszeitraum) vorgesehen. Die weitere Darstellung der Regelungen erfolgt im Rahmen der Darstellung des BMF-Schreibens vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003).

Die zeitliche Verzögerung der Einführung der ELStAM haben es i.R.d. AmtshilfeRLUmsG (BGBl. I 2013, 1809) erforderlich gemacht, § 52b EStG in einer aktualisierten Fassung weiterhin im EStG zu belassen. Final eingeführt wird das neue Verfahren im Jahr 2013. Nachfolgend wird ein Überblick über die wichtigsten Rahmendaten des neuen Verfahrens und der Einführungsphase gegeben, basierend auf dem Einführungsschreiben des BMF vom 25.7.2013 (BStBl I 2013, 958) und der Neufassung des § 52b EStG.

Als Starttermin wurde der 1.11.2012 festgelegt (vgl. auch BMF vom 19.12.2012, BStBl I 2012, 1258). Das Jahr 2013 soll hierfür als Einführungszeitraum fungieren, in dem das neue Verfahren schrittweise eingeführt wird. Mit dieser Regelung sollen auch eventuelle technische und organisatorische Probleme, die bei einem gleichzeitigen Einstieg aller Arbeitgeber zu einem festen Termin entstehen könnten, vermieden werden. Den Arbeitgebern wird im Einführungszeitraum freigestellt werden, ab wann sie das neue ELStAM-Verfahren anwenden. Spätestens mit dem letzten im Jahr 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum müssen demnach die ELStAM durch die ArbG abgerufen und angewendet werden. Ein Abruf im Jahr 2014 ist verspätet.

Für den Einführungszeitraum gelten die (zusammengefassten) Punkte:

  • Solange die ELStAM noch nicht abgerufen werden, können weiterhin die bereits verwendeten papiergebundenen Verfahren verwandt werden, wobei der Arbeitnehmer nach den vom BMF genannten Möglichkeiten abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale nachweisen kann. Die in den vor dem 1.1.2013 ausgestellten Ausdrucken oder sonstigen Papierbescheinigungen eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) bleiben grundsätzlich weiterhin gültig und sind dem LSt-Abzug im Einführungszeitraum zugrunde zu legen,

  • Wird im Jahr 2013 ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis begonnen, kann der ArbG unter Bezugnahme auf § 52b Abs. 4 EStG auch ohne Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung vereinfachend die LSt nach Steuerklasse I berechnen, sofern der Auszubildende u.a. schriftlich bestätigt, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt. Wurde diese Vereinfachungsregelung bereits in 2011 und 2012 angewandt, kann dies grundsätzlich beibehalten werden.

  • Für den Fall, dass unzutreffende Merkmale beim ersten Abruf vorliegen, sieht das BMF zunächst die Ausstellung einer besonderen Bescheinigung für den LSt-Abzug vor (§ 52b Abs. 5a EStG). Liegt diese dem Arbeitgeber vor, muss die LSt nicht nach Steuerklasse VI (vgl. § 39e Abs. 6 Satz 8 EStG) berechnen. Für weitere Details hierzu wird auf das genannte Schreiben verwiesen. Sofern die ELStAM aus anderen Gründen (auf vom Finanzamt zu bildenden Merkmalen beruhenden Fehler) nicht stimmen, korrigiert das Finanzamt auf Veranlassung des Arbeitnehmers die ELStAM in der Datenbank. Daraufhin werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM zur Verfügung gestellt.

  • Das BMF erachtet es zudem für zulässig, wenn Arbeitgeber nicht alle ihre Arbeitnehmer zum selben Zeitpunkt für das neue Verfahren anmelden. Sofern dies erfolgt, sind während der Übergangsphase die Besonderheiten beider Verfahren (ELStAM und auslaufende Papierverfahren) zu beachten.

  • Auch wenn der Arbeitgeber verschiedenartige Bezüge zahlt, sind diese aufgrund des Grundsatzes eines einheitlichen Dienstverhältnisses grundsätzlich zu einem Arbeitgeber zusammenzurechnen. Das BMF hat hierfür verschiedene Abgrenzungsfälle gebildet. Sofern ein einheitliches Dienstverhältnis vorliegt, ist die LSt für die Bezüge einheitlich und nach denselben ELStAM zu erheben. Der Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis des Arbeitnehmers durch denselben Arbeitgeber ist nicht möglich.

  • Nach erfolgreichem Abruf der ELStAM hat der Arbeitgeber für die angemeldeten Arbeitnehmer die Vorschriften des ELStAM-Verfahrens (§§ 38 bis 39e EStG, Regelverfahren) anzuwenden. Eine erneute Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach der Lohnsteuerkarte 2010 und den vom Finanzamt ausgestellten Papierbescheinigungen für den LSt-Abzug ist grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 52b Abs. 5a EStG-E). Abweichend hiervon kann jedoch auf eine sofortige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM einmalig verzichtet werden. Dies kann bis zu sechs Monaten erfolgen. Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31.12.2013) hinausreicht. Für eine verzögerte Anwendung der erstmals abgerufenen ELStAM ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich.

  • Scheitert der erstmalige elektronische Abruf der ELStAM während des Einführungszeitraums aufgrund technischer Probleme, kann der Arbeitgeber bis zum vorletzten Lohnzahlungszeitraum des Einführungszeitraums weiterhin das Papierverfahren anwenden. Bis zu diesem Lohnzahlungszeitraum hat der Arbeitgeber die Regelungen des § 39c Abs. 1 EStG (Dreimonatsfrist für Lohnsteuereinbehalt ohne ELStAM, sonst Einbehalt nach Steuerklasse VI) nicht zu beachten.

  • Eine Härtefallregelung auf Nichtteilnahme ist ebenfalls vorgesehen (§ 39e Abs. 7 EStG).

  • Arbeitnehmer haben zu beachten, dass vor Abruf der ELStAM die bisherigen Lohnsteuerabzugsmerkmale weiterhin anwendbar bleiben. Eine Berichtigung der Merkmale ist auf Antrag beim zuständigen Finanzamt möglich. Weicht die Eintragung der Steuerklasse oder die Zahl der Kinderfreibeträge von den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres 2013 zu Gunsten des Arbeitnehmers ab oder ist die Steuerklasse II bescheinigt und entfallen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) im Laufe des Kalenderjahres 2013, besteht auch im Jahr 2013 – wie bisher – eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Finanzamt (§ 52b Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG). Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) ist beabsichtigt, dass auf Antrag des Arbeitnehmers hin ein im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigender Freibetrag für zwei Kalenderjahre statt für ein Kalenderjahr gilt. Dies soll nach der Gesetzesbegründung der Steuervereinfachung dienen (§ 39a Abs. 1 Satz 2 ff. EStG n.F.). Wird von der Neuregelung Gebrauch gemacht, ist der Arbeitnehmer jedoch für beide Jahre, in denen der Freibetrag berücksichtigt wurde, verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Ändern sich die Verhältnisse des Arbeitnehmers zu seinen Ungunsten, ist er gesetzlich verpflichtet, den Freibetrag ändern zu lassen. Der Beginn der Möglichkeit der zweijährigen Berücksichtigung wird vom BMF bekanntgegeben werden (§ 52 Abs. 50h EStG n.F.).

  • Für das Lohnsteuerermäßigungsverfahren ist zu beachten, dass die bisher beantragten Freibeträge ohne weiteren Antrag nur für den Zeitraum des Papierverfahrens bis zum Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum gelten. Sollen diese weiter gelten, müssen sie erneut beantragt werden. Dies gilt zusätzlich u.a. auch für das Faktorverfahren nach § 39e EStG. Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene werden weiterhin in der Regel mehrjährig berücksichtigt.

Mit § 52b Abs. 9 EStG wird schließlich eine Veranlagungsvorschrift für den Übergangszeitraum auf das neue Verfahren geschaffen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Übergangszeitraum 2011 bis 2013 ein stets ordnungsgemäßer Einsatz der Lohnsteuerkarte 2010 und der vom Finanzamt ausgestellten Bescheinigung für den LSt-Abzug nicht sichergestellt werden kann (z. B. nicht erfolgter Wechsel in die richtige [ungünstigere] Steuerklasse). Es soll der Finanzverwaltung für die Jahre des Übergangs- und Einführungszeitraums eine eigenständige Verfahrensvorschrift zur Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung zur Verfügung stehen. Hierdurch können ggf. zu gering erhobene Lohnsteuerbeträge nachgefordert werden.

Hinweis:

Das BMF gibt die Muster für die elektronische Lohnsteuerbescheinigung regelmäßig per BMF-Schreiben bekannt. Eine Übersicht über aktuelle Zahlen und Fundstellen im Zusammenhang mit der LSt 2013 hat das BMF auf seiner Internetpräsenz zur Verfügung gestellt.

Mit einem Schreiben vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003), welches das Schreiben vom 25.7.2013 (BStBl I 2013, 943) flankiert, hat das BMF die dauerhafte Anwendung der ELStAM ausführlich geregelt. Dieses Schreiben wird nachfolgend zunächst im Überblick dargestellt. Das BMF nimmt Stellung zu:

  • Verfahren der ELStAM,

  • Bildung der Inhalt der ELStAM:

    • ELStAM-Verfahren ab 2013,

    • Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Kinderfreibeträge, Frei- und Hinzurechnungsbeträge, Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, nach DBA freizustellender Arbeitslohn und Kirchensteuerabzugsmerkmale),

    • Bildung und Änderung der ELStAM,

    • Zuständigkeit,

    • Besonderheiten bei Ehegatten,

    • Berücksichtigung von Kindern,

  • Durchführung des LSt-Abzuges:

    • elektronisches Verfahren (Regelverfahren, Verfahren bei unzutreffenden ELStAM),

    • Arbeitgeberpflichten (insbesondere zur Anmeldung und zum Abruf der ELStAM, zur Gültigkeit der ELStAM und zu Lohnzahlungen nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses),

    • Arbeitgeberwechsel,

    • weiteres Dienstverhältnis,

    • Pflichten und Rechte des Arbeitnehmers,

    • im Inland nicht meldepflichtige Arbeitnehmer,

    • Durchführung des LSt-Abzuges ohne ELStAM,

    • ELStAM bei verschiedenen Lohnarten,

    • Schutzvorschriften,

  • Verfahrensrecht,

  • Härtefallregelung,

  • Lohnsteuerjahresausgleich,

  • Lohnsteuerermäßigungsverfahren ab 2013,

  • Sonstiges.

Folgende Punkte des Schreibens sind hervorzuheben:

  • Allein das Finanzamt ist für die Bildung und Bereitstellung der ELStAM zuständig. Eine Anmeldung des ArbN beim Finanzamt vor der Aufnahme einer Tätigkeit ist nicht vorgesehen (Rz. 2).

  • Der ArbG ist zur Anmeldung des ArbN am Verfahren verpflichtet (Rz. 3), es sei denn, dass das Finanzamt die Nichtteilnahme am Verfahren (Härtefallregelung, Rz. 113–118) gestattet hat.

  • Im Regelfall erfolgt die Bildung der ELStAM aufgrund der Anmeldung des ArbN durch den ArbG. Auch eine Bildung durch Antrag des ArbN durch Antrag beim Finanzamt (z.B. zur Eintragung eines Freibetrags) ist möglich (Rz. 9, vergleichbar mit im alten Verfahren vorgesehenen Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte). Für jedes Dienstverhältnis ist die separate Bildung von ELStAM vorgesehen (Rz. 10).

  • Bei Eheschließungen (ab dem Jahr 2012) werden die Verheirateten in die Steuerklasse IV automatisch eingestuft (Rz. 15), eine abweichende Steuerklassekombination muss beim Finanzamt beantragt werden (Rz. 16, § 39 Abs. 6 Satz 3 EStG). Bei Scheidungen gilt Entsprechendes (Rz. 18). Für weitere Besonderheiten (Todesfälle und Auslandssachverhalte vgl. Rz. 20 ff.).

  • Aufgrund der Urteile des BVerfG vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07), welche die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt haben, hat der Gesetzgeber mit Gesetz (BGBl I 2013, 2397) die Anwendung der entsprechenden Vorschriften auf diese Gruppe geregelt (§ 2 Abs. 8 EStG). Damit sind die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Ehegatten für den Lohnsteuerabzug auch für Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft einschlägig. Bis zur technischen Umsetzung dieses Aspektes muss die Bildung entsprechender ELStAM beim Finanzamt beantragt werden (Rz. 24).

  • Zur Berücksichtigung von Kindern vgl. die Rz. 27 f. Die Berücksichtigung soll automatisiert vom Jahr der Geburt bis zum Wegfall der Berücksichtigungsvoraussetzungen erfolgen.

  • Ab dem Kalenderjahr 2012 ist auch in den Antragsfällen nach § 38b Abs. 2 Satz 2 EStG die mehrjährige Berücksichtigung von Kindern im Lohnsteuerabzugsverfahren möglich, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen zu erwarten ist, dass die Voraussetzungen bestehen bleiben (§ 38b Abs. 2 Satz 3 EStG). Hierunter fallen z.B. auch Pflegekinder und weitere vom BMF in Rz. 31 genannte Fälle.

Nachfolgend setzt sich das BMF mit Details zum Lohnsteuerabzug auseinander. Grundlage für die Regelungen sind die durch das BeitrRLUmsG geänderten § 38 ff. EStG, die nachfolgend flankierend von den wichtigsten Regelungen im BMF-Schreiben vom 7.8.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003) dargestellt werden:

Im Wesentlichen wurden durch das BeitrRLUmsG geregelt:

  • redaktionelle Anpassung der §§ 38 ff. EStG, insbesondere § 38 und §§ 39a und b EStG an das elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren,

  • Aufnahme sämtlicher Regelungen zu den Kinderfreibeträgen und zur Einordnung in die Lohnsteuerklassen in den neuen § 38b EStG (§ 39 Abs. 3 f. EStG a.F.) mit dem erklärten Ziel der Verbesserung der Übersicht und Steuervereinfachung.

  • Beibehaltung der Möglichkeit der Einstufung in eine schlechtere Steuerklasse auf Antrag (§ 38b Abs. 3 EStG).

  • § 39 EStG, welcher nun die Bildung der ELStAM regelt (bisher: Ausstellung der Lohnsteuerkarte), wurde vollkommen neu gefasst. Zuständig für die Bildung sind zukünftig ausschließlich die Finanzbehörden. Gleich bleibt, dass die Bildung nur auf Antrag des ArbN (auf elektronischem Weg) erfolgt. Für die (erstmalige) Bildung stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Der ArbN kann einen konkreten Antrag zur Mitteilung der Merkmale beim Finanzamt stellen, woraufhin diese Merkmale gebildet und mitgeteilt werden. Oder der (künftige) ArbG stellt eine entsprechende Anfrage bei der Finanzverwaltung, welche die ELStAM unentgeltlich zum elektronischen Abruf bereitstellt (Rz. 33), bei fehlerhaften ELStAM kann der ArbN einen Korrekturantrag beim Finanzamt stellen, das Finanzamt wird zur korrekten Durchführung des Lohnsteuerabzuges eine entsprechende Bescheinigung für den ArbN (regelmäßige Gültigkeit ein Jahr) ausstellen; hiermit verbunden ist eine Sperrung des elektronischen Abrufes der ELStAM durch den ArbG (Rz. 34 ff.).

  • Die Berücksichtigung von Freibeträgen bleibt möglich. Diese müssen jedes Jahr beim zuständigen Finanzamt neu beantragt werden (Ausnahme: Pauschbeträge für Behinderte). Grundlage für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale sollen die von den Meldebehörden mitgeteilten Daten (§ 39e Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG) sein. Die Bildung der ELStAM wird eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen darstellen. Die Merkmale sind den ArbG als Verwaltungsakt bekanntzugeben (vgl. hierzu den Abschnitt »Verfahrensrecht« im BMF-Schreiben vom 7.8.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003, Rz. 108 ff.).

  • Die Zuständigkeitsregelungen des § 39c EStG a.F. werden in § 39 Abs. 2 EStG übernommen.

  • Die Lohnsteuerabzugsmerkmale wurden erweitert (§ 39 Abs. 4 EStG).

  • Die bisherigen Mitteilungspflichten und Möglichkeiten des ArbN zur Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale des § 39 Abs. 4 ff. EStG a.F. wurden redaktionell angepasst in § 39 Abs. 5 bis 7 EStG übernommen.

  • Nunmehr wird gesetzlich der 1.10. eines jeden Jahres als Beginn des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens normiert (§ 39a Abs. 2 Satz 1 EStG). Änderungen bzw. Anträge bleiben (wie bisher) bis zum 30.11. des jeweiligen Lohnsteuerjahres möglich (im BMF-Schreiben vgl. hierzu Rz. 124 ff.).

  • Bei fehlenden Lohnsteuerabzugsmerkmalen ist (wie bisher bei fehlender Lohnsteuerkarte) gem. § 39c EStG der Abzug nach der Steuerklasse VI durchzuführen (vgl. hierzu im Detail BMF Rz. 93 bis 103). Neu ist eine in § 39c Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG geregelte Ausnahme hiervon, wenn den ArbN am Fehlen der Merkmale keine Schuld trifft (z.B. technische Störungen). Diese Ausnahme ist auf drei Monate begrenzt. Hiermit verbunden sei der Hinweis auf die diversen Pflichten des ArbG (Rz. 39 ff.) und des ArbN (Rn. 68) sowohl untereinander als auch gegenüber der Finanzverwaltung im Rahmen des ELStAM-Verfahrens. Insbesondere die Angabe, ob es sich um ein weiteres Dienstverhältnis des ArbN handelt, ist immanent, weil das System sonst automatisch eine Einstufung in die Steuerklasse VI vorsieht (Rz. 47). Um mögliche Änderungen der ELStAM berücksichtigen zu können, müssen diese monatlich vom ArbG abgerufen werden (Rz. 51, § 39e Abs. 5 Satz 3 EStG)

  • Weitere Besonderheiten sind im Falle des ArbG-Wechsels (Rz. 59 ff.), im Fall der Aufnahme eines weiteren Dienstverhältnisses (Rz. 64 ff.) und bei im Inland nicht meldepflichtigen ArbN (Rz. 86 f.) zu beachten.

  • Von den Pflichten des ArbN (zu den Rechten s. Rz. 75 f., insbesondere besteht eine Auskunftsmöglichkeit über die eigenen ELStAM, Rz. 81) ist die Mitteilungspflicht gegenüber der Finanzbehörde, sofern die Anzahl der Kinderfreibeträge oder die Steuerklasse sich zu seinen Ungunsten ändert, hervorzuheben (Rz. 71 f.), sofern die Mitteilung nicht automatisch erfolgt ist. Zudem besteht eine Mitteilungspflicht, sofern auf den ArbN versehentlich falsche ELStAM angewendet wurden (Rz. 72) und dem ArbN dies bekannt wird.

  • Zentrale Norm des neuen Verfahrens ist § 39e EStG: Nach der Begründung wurde § 39e EStG als Einführungsvorschrift konzipiert, in der das neue Verfahren kompakt beschrieben ist. Für die nun bevorstehende dauerhafte Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ab dem Kj. 2012 ist es erforderlich, die gesamten Einzelvorschriften zum Steuerabzug vom Arbeitslohn (§§ 38 ff. EStG) formal und inhaltlich an das neue Verfahren anzupassen. Im Zuge dessen werden auch die Regelungen des § 39e EStG vollständig überarbeitet und neu gefasst. Die Vorschrift erhält eine neue Konzeption, denn sie stellt keine Einführungsnorm mehr dar, sondern die Regelung des eigentlichen technischen Verfahrens, das Lohnsteuerabzugsmerkmale automatisiert bildet und aus Lohnsteuerabzugsmerkmalen (§ 39 EStG) elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale macht. Die Vorschrift regelt daher künftig das Verfahren der Bildung und Bereitstellung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale.

  • Da noch nicht alle Lohnsteuerabzugsmerkmale zu Beginn der Einführung des Verfahrens elektronisch bereitgestellt werden können, werden in die Ermächtigungsnormen die Möglichkeiten geschaffen, dass das BMF diese Merkmale, sobald sie bereitstehen, via BMF-Schreiben mitteilen kann.

Nach der Gesetzesbegründung wird durch die Umstellung auf das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale insgesamt das strikte Jahresprinzip, das aus der jährlichen Ausstellung der Lohnsteuerkarte folgte, aufgehoben. Abzugsmerkmale können durchaus unverändert jahrelang gelten. Dies erspart jährliche Behördengänge und Anträge und dient der Verwaltungsvereinfachung (z.B. soll die Bildung der Kinderfreibeträge durchaus für mehrere Jahre ermöglicht werden). In einigen Fällen bleibt jedoch die jahrgangsbezogene Betrachtungsweise beibehalten. Persönliche Freibeträge für Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sollen für längstens zwei Jahre gültig bleiben (§ 39f Abs. 1 Satz 3 EStG).

Neben der Anpassung des EStG an das ELStAM-Verfahren regelt das Gesetz auch die Zusammenfassung der Vorschriften für beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtige ArbN. Die Regelungen für beschränkt steuerpflichtige ArbN befanden sich bisher in § 39d EStG und werden nun in die allgemeinen Lohnsteuerabzugsvorschriften (§§ 38–39b EStG) integriert. Die LÄStR 2015 setzen diese Gesetzesänderung ebenfalls um.

Wegen bestehender Startschwierigkeiten im ElStAM-Verfahren hat das BMF mit Schreiben vom 25.4.2013 (IV C 5 – S 2363/13/10003) mit Verfahrenserleichterungen für bestimmte Fälle reagiert. Betroffen hiervon sind hauptsächlich Fälle, in denen der Arbeitgeber dasselbe Beschäftigungsverhältnis nochmals anmeldet und die Anmeldung abgelehnt wird, wenn das übermittelte Datum des Beschäftigungsbeginns vor dem Datum der Abmeldung liegt. Hervorzuheben ist, dass übergangsweise (längstens bis zum letzten Lohnzahlungszeitraum 2013) der Lohnsteuereinbehalt in diesen Fällen anhand der in Papierform vorliegenden Merkmale erfolgen darf, die Berücksichtigung persönlicher Freibeträge, der Steuerklasse I bis V etc. im ersten Dienstverhältnis wird vom Vorliegen der Lohnsteuerkarte 2010 bzw. der Ersatzbescheinigung 2011/2012 abhängig gemacht. Für weitere Details wird auf das Schreiben selbst verwiesen.

2.4. Pauschalierungsverfahren

Vgl. dazu → Pauschalierung der Lohnsteuer.

2.5. Haftungsverfahren gem. § 42d EStG

2.5.1. Grundzüge – Prüfungsreihenfolge

Es empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge bei einem Haftungsfall:

  1. Die steuerliche Haftung setzt immer eine Steuerschuld voraus (Gebot der Akzessorietät). Demnach kann der ArbG nur für die Steuerschuld des ArbN haften. Hierbei handelt es sich um die in § 38 Abs. 1 EStG genannten Fälle. Neben dem Grundtatbestand begründet auch die Lohnzahlung durch Dritte gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG – ebenso wie eine Nettolohnvereinbarung – die Steuerschuld des ArbN und damit die potenzielle Haftungsschuld des ArbG. Die Tragweite der Akzessorietät ist umstritten (→ Haftung).

    Ist die → Haftung des ArbG auf die durch Lohnsteuerkarte vorgegebene (Monats- oder Jahres-)Vorauszahlungsschuld limitiert oder bildet die endgültige (ESt-)Veranlagung des ArbN die Obergrenze?

    In letzterem Fall stehen dem ArbG die Einwendungen des ArbN zu, die dieser im Rahmen der Veranlagung vortragen kann. Die h.M. folgt dieser Auffassung, nach der Mindermeinung ist die Haftung des ArbG auf die vorläufige Abzugsteuerschuld limitiert.

    Nach einem Urteil des FG Düsseldorf vom 21.10.2009 (7 K 3109/07 H(L), NWB DokID: SAAAD-52231) ist die vorgenannte Frage beantwortet: Nach Auffassung des FG ist die Haftungsschuld nach § 42d EStG ausschließlich von der Lohnsteuerschuld und damit auch von der Jahreslohnsteuer abhängig und nicht von der letztendlich entstandenen Einkommensteuerschuld.

  2. Für den Erlass des Haftungsbescheides gem. § 191 AO ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass neben dem ArbG noch andere Haftungsschuldner für den ArbN in Betracht kommen können (§§ 69 ff. AO). Sodann sind der ArbG und die anderen Haftungsschuldner gleichartige Gesamtschuldner i.S.d. § 44 AO.

  3. Bei Vorliegen der Grundtatbestände von § 42d Abs. 1 Nr. 1–3 EStG (Hauptfall: Fehler bei Lohnsteuereinbehaltung und -abführung) kommt es gem. § 42d Abs. 2 EStG in den dort genannten seltenen Fällen zu einem Haftungsausschluss. Von praktischer Bedeutung ist allenfalls § 41c Abs. 4 EStG, wenn der ArbG einen vorschriftswidrigen LSt-Einbehalt errechnet und anzeigt (§ 42d Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 EStG). Dies ist jedoch nicht möglich, wenn eine LSt-Anmeldung vorsätzlich fehlerhaft abgegeben worden war und dies dem ArbG zuzurechnen ist (BFH vom 21.5.2010, VI R 29/08). Im letztgenannten Urteil stellte der BFH zudem klar, dass sich der ArbG nicht auf mangelnde eigene Kenntnis der Unrichtigkeit der Lohnsteueranmeldung berufen kann, wenn er diese Pflicht durch einen Dritten (im Streitfall ein ArbN) erbringen lässt und dieser ArbN die LSt vorsätzlich falsch berechnet und abführt. Nach dem Urteil des BFH vom 21.5.2010 (BStBl II 2010, 833) ist zudem ein Haftungsausschluss des ArbG für den Fall, dass der ArbN Lohnsteuern hinterzieht, nicht gegeben.

    In diesem Zusammenhang ist das BFH-Urteil vom 7.7.2004 (BStBl II 2004, 1087) von Bedeutung. Der BFH hat die Verwaltungsauffassung (R 41a.1 Abs. 4 Satz 3 LStR) bestätigt, dass auch bei (theoretischem) Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen gem. § 42d Abs. 1 EStG (im Fall: Nichteinreichen der LSt-Anmeldung durch eine ausländische KapG) auch ein Schätzungsbescheid gegenüber dem ArbG möglich sei. Diese Art der Steuerfestsetzung entbindet die Verwaltung von Ermessensüberlegungen, wie sie im Haftungsverfahren erforderlich sind. Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist offenkundig: Gegen die Höhe des Schätzungsbescheides können beliebig viele materiell-rechtliche Einwendungen vorgetragen werden. Vgl. zum Umfang der Haftung bei Gesellschafter-Geschäftsführern als ArbG sowie bei durch den Steuerberater des ArbG verspätetet abgegebenen Lohnsteueranmeldungen auch das FG Berlin-Brandenburg vom 11.8.2010 (9 K 9059/08) sowie FG Rheinland-Pfalz vom 10.12.2013 (3 K 1632/12), wonach eine Begrenzung der Haftung auf einen (von mehreren) Geschäftsführern nach bei einer schriftlich fixierten Geschäftsaufteilung in Betracht kommt.

    Hinweis: Diese nur gegenüber dem ArbG im LSt-Haftungsverfahren mögliche Steuerfestsetzung entbindet die Verwaltung vor Ermessensüberlegungen, wie sie im Haftungsverfahren erforderlich sind.

  4. Gem. § 42d Abs. 3 EStG sind neben der materiellen Erkenntnis der Gesamtschuld zwischen ArbG und ArbN die Ermessensgrundsätze gem. § 5 AO zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich folgende Prüfungsfolge für die ermessensgerechte Inanspruchnahme des ArbG:

    a) Beim Entschließungsermessen ist zu prüfen, ob der ArbG überhaupt in Anspruch genommen werden kann.

    Hinweis: An diesem Ermessen fehlt es, wenn der ArbN wegen § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG e contrario belangt werden kann. Hier liegt eine »Ermessensreduzierung auf Null« beim Vorgehen gegen den ArbG vor.

    b) Kommen sowohl ArbG als auch ArbN in Betracht, ist auf der Ebene des Auswahlermessens zu prüfen, ob nicht vorrangig der ArbN belangt werden muss.

    c) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der ArbN immer der primäre Steuerschuldner und der ArbG der sekundäre Haftungsschuldner ist. In diesem Sinne wird auch von einer ungleichartigen Gesamtschuld gesprochen. Hieraus folgt, dass

    • ein entschuldbarer Fehler beim ArbG bzw. ein nicht in seiner Sphäre liegender Irrtum zu einem Haftungsausschluss führt;

    • der ArbN dann vorrangig (mit einem Nachforderungsbescheid) zu belangen ist, wenn die LSt ebenso schnell bei ihm erhoben werden kann (→ Gesamtschuldner).

  5. Die Festsetzungsfrist für den LSt-Haftungsbescheid endet gem. § 191 Abs. 3 Satz 4 AO nicht vor Ablauf der Frist für die LSt. Der BFH hat mit Urteil vom 6.3.2008 (BStBl II 2008, 597) entschieden, dass diese Frist mit der LSt-Anmeldung zu laufen beginnt.

Hinweise:

  • Als Fazit dieser Überlegungen ist eine vorrangige Inanspruchnahme des ArbG bei groben Verstößen gegen das formale Lohnsteuerrecht immer zulässig. Ebenso kann der ArbG vorweg bei einer Nettolohnvereinbarung beansprucht werden. Gem. § 42d Abs. 3 Satz 3 EStG kann der ArbG auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der ArbN zur Einkommensteuer veranlagt wird. Das sich anschließende Haftungsverfahren nach § 42d Abs. 4 EStG trägt aufgrund umfangreicher BFH-Rspr. dem Rechtsstaatsgrundsatz Rechnung, wonach – vorbehaltlich der Befreiungstatbestände in § 42d Abs. 4 EStG – beim Erlass und bei der Begründung des Haftungsbescheides die üblichen Standards von § 191 AO einzuhalten sind. Die Haftungsschuld kann hierbei nach Lohnsteuerklasse VI geschätzt werden, wenn eine individuelle Ermittlung der Lohnsteuern ausgeschlossen ist (FG München vom 1.4.2010, 8 V 3819/09).

  • Der Begriff des ArbG ist hierbei weitläufig zu verstehen. So kommt z.B. auch eine Haftung des Vorstandsmitgliedes einer ArbG für nicht abgeführte LSt in Betracht (FG Hamburg vom 21.10.2010, 6 K 228/08, rkr.). Nach R 41.3 Satz 3 LStR 2015 kann auch ein ständiger Vertreter eines ausländischen ArbG als inländischer ArbG gesehen werden.

  • Stellt der ArbG nachträglich fest, dass der LSt-Abzug fehlerhaft war und korrigiert dieses, so dürfen bei dieser nachträglichen Einbehaltung auch die Pfändungsfreigrenzen unterschritten werden. Im Unterschied zu vorher enthalten die LStR nunmehr folgende Regelung: Übersteigt die nachträglich einzufordernde LSt den Auszahlungsbetrag, so ist die Einbehaltung zunächst auf den auszuzahlenden Betrag vorzunehmen. Lediglich für den übersteigenden Betrag ist eine Anzeige nach § 41c Abs. 4 EStG beim zuständigen Finanzamt zu machen (R 41c.1 Abs. 4 Satz 3 LStR). Zur Abgrenzung, inwieweit für den »gleichen« Sachverhalt zwei Haftungsbescheide erlassen werden dürfen, oder ob es sich um verschiedene, d.h. eigenständige Haftungsfälle handelt s. BFH Urteile vom 25.5.2004, VII R 29/02 und vom 15.2.2011, VII R 66/10)

  • In Liquiditätsengpässen darf der ArbG Löhne nur entsprechend gekürzt auszahlen und muss die Verwendung der einbehaltenen Mittel zur Abführung der LSt sicherstellen (FG München vom 11.3.2011, 8 V 3757/10).

  • In Fällen, in denen es auf Grund einer Veruntreuung von Arbeitslohn durch einen ArbN zu Korrekturen bei der Lohnsteueranmeldung kommt, ist, auch für Haftungsfragen, das Schreiben des BMF vom 7.11.2013 (IV C 5 – S-2378/0-07) sowie das Urteil des BFH vom 13.11.2012 (VI R 38/11) zu beachten.

  • Hat der ArbG zum Verfahren des Lohnsteuerabzuges eine sog. Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beim zuständigen Finanzamt eingeholt und nach dieser verfahren, so scheidet eine Haftung des ArbG, sofern die Anrufungsauskunft fehlerhaft war, aus. Gleiches gilt im Lohnsteuerabzugsverfahren nach neuester Rspr. auch gegenüber dem ArbN. Das Finanzamt kann die vom ArbG aufgrund einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer vom ArbN nicht nach § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG nachfordern (BFH vom 17.10.2013, VI R 44/12).

Im Gegensatz zur späteren Herabsetzung einer festgesetzten Steuer kommt eine Verzinsung eines Haftungsbescheides nach dem Urteil des FG Niedersachsen vom 10.3.2011 (11 K 103/10) nicht in Frage, da die §§ 232a und 236 AO von ihrem Wortlaut nur Steuerfestsetzungen und Steuervergütungen erfassen würden. Auch die mit Rücknahme eines Haftungsbescheides inzidenter erfolgte Herabsetzung der zu Grunde liegenden Lohnsteuerschuld führt nicht zu einer Verzinsung.

2.5.2. Entleiherhaftung gem. § 42d Abs. 6 und 7 EStG

Bei erlaubter als auch bei unerlaubter → Arbeitnehmerüberlassung ist grundsätzlich der Verleiher der ArbG i.S.d. Lohnsteuerrechts. Um einer damit verbundenen Regelungslücke vorzubeugen, erklärt § 42d Abs. 6 EStG den Entleiher zum Haftungsschuldner. Voraussetzung ist allerdings, dass eine gewerbsmäßige ArbN-Überlassung vorliegt (Einzelheiten bei R 42d.2 LStR).

Hinweis:

Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG wird § 42d Abs. 6 Satz 1 EStG hinsichtlich des Begriffes der »gewerbsmäßigen« Überlassung durch einen Verweis auf § 1 Abs. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ersetzt werden. Hiermit soll nach der Gesetzesbegründung der erfolgten Ausweitung des Verleiherkreises Rechnung getragen werden. Entsprechend soll die Definition »gewerbsmäßig« in den LÄStR 2015 aufgehoben werden.

Tritt der Entleiher als ArbG auf, indem er im Rahmen einer illegalen ArbN-Überlassung den Lohn im eigenen Namen auszahlt, bestimmt § 42d Abs. 7 EStG die Haftungsschuld für den Verleiher, um auch in diesem Falle eine nahtlose Inanspruchnahme aller Beteiligten (Verleiher/Entleiher/ArbN) zu ermöglichen.

Für einen häufig vorkommenden Fall der grenzüberschreitenden ArbN-Überlassung im Konzern (die ausländische Mutter-KapG hat ihre ArbN der inländischen Tochter überlassen) kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass die inländische Tochter nicht ArbG i.S.d. Lohnsteuerrechts ist, sondern allenfalls wie ein Entleiher nach § 42d Abs. 6 EStG haftet (BFH vom 24.3.1999, BStBl II 2000, 41).

Schließlich ist zu beachten, dass bei der Nachforderung von LSt die Beträge nicht zugerechnet werden dürfen, die der ArbG bei einer Auswärtstätigkeit steuerfrei hätte ersetzen dürfen.

2.5.3. Lohnsteuerpflichten durch Dritte

In bestimmten Konstellationen (§ 38 Abs. 3a EStG) werden LSt-Pflichten seit 1.10.2004 auf Dritte übertragen (s.a. R 42d.3 LStR 2011E, die klarstellt, dass sodann eine Gesamtschuldnerschaft zwischen ArbG, Dritten und ArbN besteht). Dies gilt jedoch nicht für einen Insolvenzverwalter bei Freigabe des Geschäftsbetriebs.

Der Insolvenzverwalter ist nicht zum Einbehalt und zur Abführung der LSt verpflichtet, wenn er dem Insolvenzschuldner die Fortführung des Betriebs und den Abschluss neuer, zuvor von ihm gekündigter Arbeitsverträge gestattet (FG Niedersachsen Urteil vom 8.3.2007, DStR 2007, 1445).

Zur Haftung des ArbG bei Lohnsteuerabzugspflicht durch Dritte vgl. das BFH-Urteil vom 20.3.2014 (VI R 43/13). Demnach kommt eine Haftung des Arbeitgebers in Fällen des § 38a Abs. 3 EStG nach § 42d Abs. 9 Satz 4 EStG i.V.m. § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG nur in Betracht, wenn der Dritte die Lohnsteuer für den Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat. An einem derartigen Fehlverhalten fehlt es, wenn beim Lohnsteuerabzug entsprechend einer Lohnsteueranrufungsauskunft oder in Übereinstimmung mit den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes verfahren wird.

2.6. Lohnsteuer-Nachschau

Durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde mit Wirkung zum 30.6.2013 ein neuer § 42g EStG eingeführt, der das Haftungsverfahren und die Lohnsteueraußenprüfung flankiert. Er beinhaltet eine sog. LSt-Nachschau, die der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer dient und ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte ist (Abs. 1). Sie kann ohne vorherige Ankündigung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten erfolgen (§ 42g Abs. 2 EStG) und ohne vorherige Prüfungsanordnung auch zu einer Lohnsteueraußenprüfung übergeleitet werden (§ 42g Abs. 4 EStG). Die allgemeine Nachschau ist keine Prüfung i.S.d. § 193 ff. AO, so dass auch die Vorschriften für eine Außenprüfung nicht anwendbar sind (s.a. BMF vom 16.10.2014, IV C 5 – S 2386/09/10002 :001, BStBl I 2014, 1408 Rn. 2). Sie dient der zeitnahen kursorischen Kontrolle, die die Außenprüfung nicht verdrängen soll. Vertiefte Ermittlungen sind weiterhin einer Außenprüfung vorbehalten.

3. Kapitalertragsteuer

Die KapESt verfolgt – vergleichbar der LSt – das Ziel, an der Quelle die Einkünfte aus Kapitalanlagen zu erfassen. Diese besondere Erhebungsform der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ist in den Vorschriften §§ 43 bis 45e EStG geregelt.

Der Gläubiger der Kapitalerträge ist der Schuldner der KapESt, wobei in der Regel aber der Schuldner der Kapitalerträge selbst gegenüber dem Finanzamt abzugsverpflichtet ist.

Die Berechnungs- und Zahlstellenfunktion für die Beteiligungserträge übernimmt die in § 44 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 EStG bezeichnete Stelle (im Hauptanwendungsfall je nach anwendbarer Norm innerhalb des § 43 EStG die KapG oder die auszahlende bzw. die Wertpapiere verwahrende Bank (§ 43 Abs. 1 Nr. 1a EStG, neu eingefügt durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz (BGBl I 2011, 1126 ff.) mit Wirkung für alle Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2011 zufließen. Zu den Auswirkungen hierzu vgl. BMF vom 8.7.2011, IV C 1 – S 2400/11/10002 :001 und vom 23.6.2011 (BStBl I 2011, 625 zur Verlustverrechnung) – aktuelles BMF-Schreiben vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, BStBl I 2016, 85.

Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) wird der KapESt-Einbehalt nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG für nach dem 31.12.2012 zufließende Kapitalerträge erweitert und umfasst neben Erträgen aus Aktien zukünftig auch Genussscheine sowie neben Dividendenscheinen auch sonstige Erträgnisscheine.

3.1. Einzeltatbestände

Der Anwendungsbereich der Kapitaleinkünfte, die dem KapESt-Abzug unterliegen, orientiert sich gem. § 43 Abs. 1 EStG an den Kapitaleinkünften des § 20 EStG, ohne mit diesem deckungsgleich zu sein. So sind z.B. die Tatbestände von § 20 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG nicht erfasst, während umgekehrt die eigentlich gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerbefreite Dividende, die eine KapG von einer anderen KapG erhält, trotzdem der KapESt unterliegt (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und 1a EStG). Erfasst sind insbesondere alle inländischen und ausländischen Dividendeneinkünfte, die vom einem inländischen Kreditinstitut oder Finanzdienstleister abgewickelt werden.

3.2. Steuersatz – Rechtslage seit 2009 (Abgeltungsteuer)

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) gilt seit dem 1.1.2009 folgendes: Die zuvor unterschiedlichen Steuersätze für private Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2008 zufließen (vormals § 52a Abs. 1 EStG – aufgehoben mit dem Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014, BStBl I 2014, 1266), werden durch einen einheitlichen Steuersatz von 25 % ersetzt (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG; Ausnahme: 15 % bei Kapitalerträgen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a und b EStG). Der Umfang der Kapitaleinkünfte ist in § 20 EStG deutlich erweitert worden. Zu den steuerpflichtigen Kapitalerträgen gehören künftig gem. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG auch Gewinne aus der Veräußerung von (nach dem 31.12.2008 angeschafften) Wertpapieren, Investmentanteilen, Beteiligungen an KapG u.Ä. (§ 52a Abs. 10 EStG a.F.). Durch die Umschichtung dieser Einkünfte von § 23 EStG in § 20 EStG entfällt die bisherige Spekulationsfrist von einem Jahr gem. § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (§ 52a Abs. 11 EStG a.F.) sowie die Freigrenze für Veräußerungsgewinne von 512 €.

Künftig unterliegen der Kapitalertragsteuer auch Erträge, die bisher aufgrund ihrer Geringfügigkeit von der Zinsabschlagsteuer befreit waren. § 43 Abs. 1 Nr. 7b Satz 4 EStG 2007 wird aufgehoben.

Zudem wurden die Tatbestände für die Erhebung der KapESt erweitert um

  • ausländische Dividenden (§ 43 Abs. 1 Nr. 6 EStG),

  • Stillhalterprämien (Nr. 8),

  • Gewinne aus der Veräußerung von Aktien (Nr. 9),

  • Gewinne aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen (Nr. 10),

  • Gewinne aus Termingeschäften (Nr. 11),

  • Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Investmentfonds (§ 8 Abs. 6 InvStG).

Bemessen (§ 43a EStG) wird die KapESt anhand der nach § 20 EStG ermittelten Kapitalerträge (Zinsertrag, Dividende, Veräußerungsgewinn) oder, sofern eine Ermittlung bei Veräußerungsgewinnen oder Einlösungen nicht möglich ist, anhand einer 30 %igen Ersatzbemessungsgrundlage der Einnahmen (§ 43a Abs. 2 Satz 7 EStG). Vereinnahmte Stückzinsen gelten hierbei als Bestandteil des Veräußerungsgewinnes, sodass nur einmal KapESt bemessen werden muss. Gezahlte ausländische Steuern sind (im Rahmen der zulässigen Anrechnung) bei der Bemessung der KapESt zu berücksichtigen (§ 43a Abs. 3 Satz 1 EStG).

Hinweis:

Ausnahmen hiervon sind Quellensteuern aus Spanien und Norwegen, da die entsprechenden DBA unter Umständen einen vollständigen Erstattungsanspruch enthalten. Zur Anrechnung spanischer Quellensteuer s.a. BMF vom 8.9.2011 (IV C 1 – S 2406/10/10001 :002). Zur Anrechnung norwegischer Quellensteuer s.a. BMF vom 15.11.2011 (IV C 1 – S 2406/10/1001 :002). Eine Anrechnung der Quellensteuer im Veranlagungsverfahren nach § 32d Abs. 5 EStG ist hingegen möglich.

Negative Kapitalerträge und gezahlte Stückzinsen sind bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen. Daher kann es zu einer Rückerstattung bereits gezahlter KapESt kommen.

Mit der Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer ist die Einkommensteuer auf Kapitalerträge gem. § 43 Abs. 5 EStG (grundsätzlich) abgegolten. Die Abgeltungswirkung tritt nur dann ein, wenn die Kapitalerträge tatsächlich der KapESt unterlegen haben. Diese Klarstellung durch das JStG 2010 (BStBl I 2010, 1768) ist auf Grund der nicht vorhandenen Deckungsgleichheit zwischen § 20 und § 43 EStG nötig.

Diese grundsätzlich abgeltende Wirkung des Ertragsteuerabzugs tritt nicht ein, wenn die Kapitalerträge den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen sind (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG). Ferner tritt die Abgeltungswirkung für die Kapitalerträge nicht ein, die dem regulären Steuertarif unterliegen (§ 43 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 32d Abs. 2 EStG). Demzufolge hat der Steuerpflichtige auch solche Kapitalerträge, die nicht der KapESt unterliegen, in seiner Einkommensteuererklärung anzugeben (§ 32d Abs. 3 EStG). Ist der persönliche Steuersatz eines Steuerpflichtigen niedriger als 25 %, so kann er die Kapitalerträge in seiner Einkommensteuererklärung angeben (§ 32d Abs. 6 EStG), so dass die Besteuerung nach dem individuellen Steuersatz erfolgt (Günstigerprüfung).

Ein KapESt-Abzug findet ferner nicht statt, soweit dem Steuerpflichtige eine Nichtveranlagungsbescheinigung nach § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegt, soweit ein Freistellungsauftrag erteilt wird (§ 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 EStG), es sich um Zinsen handelt, die im Rahmen eines Darlehensvertrages mit einer Privatperson oder einem Unternehmen gezahlt werden, die gem. § 44 EStG nicht zum Quellensteuerabzug verpflichtet sind, oder die Depotbank des Steuerpflichtigen eine ausländische Bank oder ein ausländisches Tochterunternehmen einer inländischen Bank ist. Im letzten Fall besteht ebenfalls keine Pflicht zum Quellensteuerabzug (§ 44 Abs. 1 EStG).

Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 2013, 1809) wird § 44a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 7 EStG erweitert und soll u.a. das bisher in § 45b EStG geregelte Sammelantragsverfahren ersetzen. § 45b EStG soll aufgehoben werden. Die Neuregelungen sollen erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2012 zufließen (vgl. hierzu auch BMF vom 16.9.2013, IV C 1 – S 2401/08/10001 :007, BStBl I 2013, 1168). Sofern die abgeltende Wirkung nicht eintritt, hat die erhobene KapESt (wie früher) den Charakter einer Vorauszahlung auf die zu zahlende Einkommensteuer. Kommt es aufgrund der durchgeführten Veranlagung jedoch zu keiner Einkommensteuerschuld des Anteilseigners, so wird die KapESt gem. § 44b EStG erstattet. Bereits im Vorfeld wird aufgrund einer Nichtveranlagungsbescheinigung bzw. eines Freistellungsauftrags nach § 44a EStG vom KapESt-Abzug Abstand genommen. Diese Regelungen gelten nur für unbeschränkt steuerpflichtige Steuerinländer.

Für weitere Details zum KapESt-Abzug wird auch auf die einschlägigen BMF-Schreiben (vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, BStBl I 2016, 85; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 19.12.2017, IV C 1 – S 2405/0 :008; Ausstellung von Steuerbescheinigungen: BMF-Schreiben vom 3.12.2014, IV C 1 – S 2401/08/10001 :011 und Ergänzung vom 11.11.2016, IV C 1 – S 2401/08/10001 :015) verwiesen. Die BMF-Schreiben vom 9.10.2012 (IV C 1 – S 2252/10/10013, BStBl I 2012, 953) und vom 31.8.2015 (IV C 1 – S 2410/11/10001 :005, BStBl I 2015, 664) sind nicht mehr anzuwenden.

Auch die in § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG explizit genannten inländischen Kapitalerträge von Steuerausländern (beschränkt Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 4 EStG) unterliegen gem. § 43 Abs. 1 EStG dem KapESt-Abzug. Dadurch tritt nach § 50 Abs. 2 Satz 1, § 43 Abs. 5 EStG ebenfalls eine Abgeltungswirkung ein. Ausnahmeregelungen dazu ergeben sich aus § 50 Abs. 2 Satz 2 EStG, der eine Abgeltungswirkung ausschließt. Wie eine Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer für den Steuerausländer möglich ist, ergibt sich aus § 50d Abs. 1 EStG.

3.3. Zeitpunkt des Steuerabzugs

Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht die KapESt grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG). Für den Zeitpunkt der KapESt ist bei Dividenden § 11 EStG (Zufluss) durch § 44 Abs. 2 EStG abbedungen. Wenn der Ausschüttungsbeschluss den Tag der Auszahlung nicht festlegt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als »Zuflusstag«; dies gilt jedoch nur für die KapESt und nicht für § 20 EStG, wie der BFH mehrfach entschieden hat (vgl. BFH vom 17.11.1998, BStBl II 1999, 223; dort zum »beherrschenden GmbH-Gesellschafter«).

3.4. Bestätigung des Abzugs

Dem Charakter einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des Anteilseigners bzw. Papierinhabers entspricht es auch, dass Einbehalt und Abführung von KapESt gem. § 45a EStG bestätigt (bescheinigt) werden müssen, sollen sie nach § 36 Abs. 2 EStG angerechnet werden Seit der Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 erfolgt dies durch eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster, die alle Angaben für die Besteuerung von Kapitalerträgen enthält. Die aktuell gültigen Muster zur Ausstellung dieser Steuerbescheinigungen enthält das BMF-Schreiben vom 3.12.2014 (IV C 1 – S 2401/08/10001 :011 – dieses BMF-Schreiben ersetzt für Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2013 zufließen, das BMF-Schreiben vom 20.12.2012, IV C 1 – S 2401/08/10001 :008, BStBl I 2013, 36) und das ergänzende BMF-Schreiben vom 11.11.2016 (IV C 1 – S 2401/08/10001 :015, Ergänzung Anwendungsregelung). Die Kapitalertragsteueranmeldung ist ab 2009 dem Finanzamt auf elektronischem Wege nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zu übermitteln (§ 45a Abs. 1 EStG). Wurde die Verpflichtung zur Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung ordnungsgemäß befolgt und hebt das Finanzamt diese durch Steuerbescheid auf, trifft den Entrichtungsschuldner keine Verpflichtung zur erneuten Anmeldung (FG Saarland vom 1.12.2010, 1 V 1321/10). Durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde § 45a Abs. 2 EStG, der die Ausstellung der Steuerbescheinigung regelt, neu strukturiert. Zum Ausstellen einer solchen Bescheinigung ist folgender Gläubiger der Kapitalerträge auf Verlangen bei Vorliegen der Voraussetzungen verpflichtet:

  • der Schuldner der Kapitalerträge in den Fällen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 bis 4, 7a und 7b EStG,

  • die die Kapitalerträge auszahlende Stelle (vorbehaltlich § 45a Abs. 3 EStG) in den Fällen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a, 6, 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 EStG,

  • die zur Abführung der Steuer verpflichtete Stelle im Fall des § 44 Abs. 1a EStG-E.

Diese Neufassung gilt erstmals für nach dem 31.12.2012 zufließende Kapitalerträge (§ 52a Abs. 16c Satz 6 EStG a.F.). Dies bestätigt auch das BMF-Schreiben vom 28.12.2012 (IV C 1 – S 2000/11/10016 :007).

Die Bescheinigung kann ohne Unterschrift und elektronisch übermittelt werden (§ 45a Abs. 2 Satz 2 EStG – Neufassung durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016, BGBl I 2016, 1679).

3.5. Freistellungsauftrag

Mit mehreren Schreiben vom 5.11.2002 (BStBl I 2002, 1338 und 1346) hat das BMF die Grundsätze zur Entrichtung, Abstandnahme und Erstattung der KapESt gem. §§ 44–44b EStG zusammengefasst. Dieses Schreiben wurde durch die Einführung der Abgeltungsteuer teilweise durch das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (BStBl I 2010, 94, ergänzt durch Schreiben vom 16.11.2010 und vom 9.10.2012) ersetzt. Weitere Aktualisierungen erfolgten durch das BMF-Schreiben vom 18.1.2016 (IV C 1 – S 2252/08/10004 :017).

Durch die Erteilung eines sog. Freistellungsauftrages nach amtlichen vorgeschriebenem Formular (s. BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, Anlage 2) ist es möglich, von der Erhebung der KapESt bis zu einer Höhe von 801 € (1 602 € bei Ehegatten bzw. bei eingetragenen Lebenspartnerschaften –BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017; BVerfG vom 7.5.2013 [2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07], das Umsetzungsgesetz [BGBl I 2013, 2397] und BMF vom 31.7.2013 [IV C 1 – S 1910/13/10065 :001], sofern ein gemeinsamer Freistellungsauftrag erteilt wird) abzusehen (Sparer-Pauschbetrag § 20 Abs. 9 EStG).

Dies ist in der Praxis von großer Bedeutung, es genügt hier jedoch, die folgenden Grundzüge zu nennen:

  • Mit Schreiben vom 2.7.2008 (BStBl I 2008, 687), vom 22.12.2009 (BStBl I 2010, 94), vom 16.11.2010 (BStBl I 2010, 1305), vom 9.10.2012, IV C 1 – S 2252/10/10013 und vom 31.7.2013 (IV C 1 – S 1910/13/10065 :001) hat das BMF den amtlichen Vordruck für den Freistellungsauftrag von der KapESt an den neuen Sparer-Pauschbetrag angepasst.

  • Eine Beschränkung des Freistellungsauftrages auf einzelne Konten und/oder Depots desselben Kreditinstituts ist nicht mehr möglich. Bereits vor dem 1.1.2009 unter Beachtung des § 20 Abs. 4 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung erteilte Freistellungsaufträge behalten ihre Gültigkeit. Eine vom Kunden beauftragte beschränkte Anwendung auf einzelne Konten darf vom Kreditinstitut ab dem Jahr 2009 nicht mehr berücksichtigt werden. Eine Verteilung des Freistellungsauftrages auf mehrere Kreditinstitute ist hingegen möglich.

  • Wird ein Freistellungsauftrag aufgeteilt, jedoch nicht vollständig ausgeschöpft, beim anderen Kreditinstitut hingegen überschritten, so ist zur Ausschöpfung des verbleibenden Betrages der Weg über die Veranlagung (Erklärung der Kapitaleinkünfte) gegeben.

  • Die Aufbewahrungsfrist für die Erklärung zur Freistellung vom Steuerabzug nach § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EStG wird von zehn Jahren auf sechs Jahre gekürzt. Dies entspricht den Aufbewahrungsmodalitäten für den Freistellungsauftrag (§ 43 Abs. 2 Satz 6 EStG).

  • Für die Erteilung eines Freistellungsauftrages ist es künftig notwendig, dass der Steuerpflichtige seine Identifikationsnummer angibt (§ 44a Abs. 2a EStG). Dies gilt für ab dem 1.1.2011 gestellte Freistellungsaufträge. Zuvor gestellte Freistellungsaufträge werden ab dem 1.1.2016 unwirksam, können jedoch gültig bleiben, wenn der Steuerpflichtige die Identifikationsnummer der (zum Steuerabzug und zur Meldung nach § 45d Abs. 1 EStG verpflichteten) Meldestelle zur Weiterleitung nachträglich mitteilt oder die Meldestelle erfolgreich eine automatisierte Abfrage nach den Sätzen 3 bis 7 der neuen Vorschrift vornimmt oder wenn die Identifikationsnummer aufgrund anderer steuerlicher Vorschriften bereits von der Meldestelle erhoben wurde und damit zur Weiterleitung zur Verfügung steht.

  • Das Kontrollverfahren für Freistellungsaufträge (§ 45d Abs. 1 EStG) wird wie folgt (ab VZ 2012) geändert: Die Übermittlungsfrist für die Mitteilungen wird verkürzt, die Identifikationsnummer des Gläubigers der Kapitalerträge ist zukünftig mitzuteilen, und es wird erstmalig eine Kontrollmöglichkeit für die Fälle geschaffen, in denen aufgrund einer Nichtveranlagungsbescheinigung vom Steuerabzug Abstand genommen wird.

3.6. Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug (Ausnahmen)

Für Gewinnausschüttungen ab 1.1.2005 ist das Verfahren der (auch hälftigen) Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug gem. § 44a Abs. 7 und 8 EStG n.F. ausgeweitet worden auf Erträge aus Namensaktien, auch soweit sie von nicht börsennotierten AG stammen, und auf Erträge aus Anteilen an Genossenschaften sowie aus Genussrechten.

§ 43 Abs. 2 EStG regelt die Ausnahmen vom Steuerabzug. Danach ist kein KapESt-Abzug vorzunehmen, wenn

  • Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge die gleiche Person sind,

  • bei ausländischen Dividenden, Zinsen, Erträgen aus Wertpapierveräußerungen, Stillhalter- und Termingeschäften, wenn der Gläubiger ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut oder eine Kapitalanlagegesellschaft ist,

  • eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse Gläubigerin der Kapitalerträge ist oder

  • die Kapitalerträge Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind und der Gläubiger der Kapitalerträge dies gegenüber der auszahlenden Stelle nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erklärt.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass bei beschränkt Steuerpflichtigen in DBA-Fällen die Möglichkeit bleibt, einen Antrag nach § 50d EStG beim BMF auf Erstattung des – jeweils zulässigen – KapESt-Satzes zu stellen (vgl. auch BMF vom 1.10.2009, BStBl I 2009, 1172, Rz. 87). Dies ist notwendig, da der Einbehalt von KapESt durch § 50d Abs. 1 EStG unabhängig davon erfolgt, ob Deutschland das Besteuerungsrecht an diesen Kapitalerträgen zusteht. Gem. § 50d Abs. 2 EStG ist es dem Schuldner der KapESt auf Antrag (und Bewilligung durch das BZSt) in den dort genannten Fällen unter gewissen Voraussetzungen möglich, den Steuerabzug ganz oder teilweise zu unterlassen (sog. Freistellung im Steuerabzugsverfahren).

Im Fall von Tafelgeschäften ist es zudem nach Auffassung des BFH nicht missbräuchlich i.S.v. § 42 AO, wenn eine inländische Bank ihre Kunden zur Einlösung der Tafelpapiere bei einer ausländischen Bank, die nicht zum Einbehalt und zur Abführung der KapESt verpflichtet ist, veranlasst.

Durch das BeitrRLUmsG wurde § 44a EStG ergänzt. Zukünftig ist § 44a Abs. 8 EStG durch den neuen Absatz 8a (ab dem 1.1.2012) auch auf Personengesellschaften i.S.d. § 212 Abs. 1 SGB V anwendbar. Zudem soll ein ungerechtfertigter Steuereinbehalt in den Fällen der Drittverwahrung oder Zwischenverwahrung im Ausland durch § 44a Abs. 10 Satz 4 ff. EStG vermieden werden (vgl. auch BT-Drs. 17/7524). Dies erfolgt erstmalig für nach dem 31.12.2011 zufließende Kapitalerträge.

3.7. Spezifika

Folgende zusätzliche Regelungen gibt es:

  1. Auch bei der KapESt gibt es ein Haftungsverfahren. Es ist in § 44 Abs. 5 EStG (bzw. in § 45a Abs. 7 EStG) der Lohnsteuerhaftung des § 42d EStG nachgebildet. Voraussetzung für die Haftung ist eine vorsätzliche bzw. grob fahrlässige Pflichtverletzung, wobei das Gesetz dem Schuldner der Kapitalertäge hier die Beweislast dafür, dass keine solche Pflichtverletzung erfolgte, auflegt. Der BFH stellte mit Urteil vom 3.11.2010 (DStR 2011, 403) fest, dass bei Nichtabführung der KapESt regelmäßig von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist.

  2. Investmentanteile: Gem. § 7 InvStG werden auch die ausgeschütteten Erträge aus Investmentanteilen der KapESt unterworfen (25 % seit VZ 2009). Inländische und ausländische Investmentanteile werden dabei gleich behandelt.

  3. KapESt und EURLUmsG: Wie weit der Arm der EU im Steuerrecht reicht, hat das EURLUmsG vom 9.12.2004 gezeigt. Danach sind nicht mehr nur die indirekten Steuern betroffen, sondern auch maßgeblich die Quellensteuern. Danach wird gem. § 43b EStG die KapESt-Befreiung für Gewinnausschüttungen einer deutschen Tochter an ihre EU-Muttergesellschaft erweitert auf folgende Anwendungsbereiche:

    • auf Gewinnausschüttungen, die einer in einem anderen EU-Staat gelegenen Betriebsstätte der ausländischen Muttergesellschaft zufließen (§ 43b Abs. 1 Satz 1 EStG),

    • auf Gewinnausschüttungen, die einer in einem anderen EU-Staat gelegenen Betriebsstätte einer deutschen Muttergesellschaft (§ 43b Abs. 1 Satz 2 EStG) zufließen.

    Gleichzeitig wird die Mindestbeteiligungsquote der Muttergesellschaft an der deutschen Tochter von 25 % schrittweise auf 10 % (für Gewinnausschüttungen ab 1.1.2009) herabgesetzt (§ 43b Abs. 2 EStG i.V.m. §§ 52 Abs. 55b, 55c EStG).

    In Anlage 2 zu § 43b EStG wurde schließlich der Kreis der EU-Muttergesellschaften um die mittel- und osteuropäischen KapG sowie um die Societas Europaea und die SCE (Europäische Genossenschaft) erweitert.

  4. Einen anderen Auslöser hat die Neufassung von § 44 Abs. 7 EStG. Aufgrund geänderter BFH-Rspr. zu Mehrabführungen aus vororganschaftlicher Zeit, die nunmehr als GA angesehen werden (vgl. § 14 Abs. 3 KStG), ergibt sich ein neuer Kapitalertragsteuertatbestand (§ 44 Abs. 7 EStG: Die Quellensteuer entsteht spätestens acht Monate (!) nach dem Bilanzstichtag der Organgesellschaft).

  5. Zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und zur Sicherung des deutschen Steueraufkommens wurden die Bestimmungen zur Reduktion des Quellensteuerabzuges unabhängig von § 50d Abs. 3 EStG verschärft. Per Gesetz vom 1.8.2009 (BGBl I 2009, 2302, Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz) und im Zuge der flankierenden SteuerHBekV vom 18.9.2009 (BGBl I 2009, 3046) wird einer ausländischen KapG unter den weiteren Voraussetzungen (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f EStG Doppelbuchst. bb EStG i.V.m. § 2 der Verordnung) demnach die Entlastung von der deutschen Quellensteuer auf Kapitalerträge nach § 50d Abs. 1 und 2 EStG oder § 44a Abs. 9 EStG versagt, wenn sie nicht einen Nachweis über die Ansässigkeit der an ihr zu mehr als 10 % (mittelbar) beteiligten natürlichen Personen erbringt. Zusätzlich wird der deutschen Finanzbehörde die Möglichkeit eröffnet, die von der Gesellschaft gemachten Angaben durch Ausstellen einer Bescheinigung nach § 50d Abs. 4 EStG durch die zuständige ausländische Finanzbehörde zu überprüfen.

Zudem wurde durch eine Ergänzung in § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG a.F. klargestellt, dass vereinnahmte Stückzinsen auch dann der Abgeltungsteuer unterliegen, wenn diese anlässlich der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 erworbenen Wertpapieren gezahlt werden. Da die Kreditinstitute hierauf in den Jahren 2009 und 2010 keinen Steuerabzug vorgenommen haben, sind diese Erträge in der Steuererklärung anzugeben. Zur Erleichterung der Deklaration haben die Kreditinstitute eine gesonderte Bescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG zu erstellen. Das BMF hat hierzu ein Muster bereitgestellt (s. BMF vom 16.12.2010, IV C 1 – S 2401/10/10005).

Hinweis:

Mit Urteil vom 2.8.2012 hat das FG Münster (2 K 3644/10) entschieden, dass auch die Veräußerung von Stückzinsen aus Altbeständen, die also aus vor dem 1.1.2009 erworbenen festverzinslichen Wertpapieren stammen, zu versteuern sind. Durch Auslegung kommt das FG zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber Stückzinsen nicht von der Besteuerung ausnehmen wollte. Dieses Urteil ist mittlerweile rechtskräftig; Revision dagegen wurde nicht eingelegt.

3.8. Korrekturen beim Kapitalertragsteuerabzug (§ 20 Abs. 3a EStG)

Durch das JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) wurde § 20 EStG um den Abs. 3a ergänzt. Dieser regelt, dass materielle Korrekturen i.S.d. § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG erst zu dem dort genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG selbst regelt, dass die auszahlende Stelle Korrekturen materieller Fehler beim KapESt-Einbehalt nicht rückwirkend, sondern erst zum Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangung vornehmen muss (hierzu auch BMF vom 16.11.2010, BStBl I 2010, 1305 und BMF-Schreiben vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017). Nach der Gesetzesbegründung sollen hierdurch Änderungen nur für die Zukunft möglich sein, da eine rückwirkende Änderung weitreichende Folgewirkungen entfalten könnte. Dies soll der Steuervereinfachung dienen.

Weist der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle nach, dass sie die Korrektur nicht vorgenommen hat und auch nicht vornehmen wird, kann der Steuerpflichtige die Korrektur nach § 32d Abs. 4 und 6 EStG geltend machen (§ 20 Abs. 3a Satz 2 EStG).

Beispiel:

Der risikofreudige Anleger A, ledig, keine Kirchensteuerpflicht, sonstige Einkünfte 200 000 € erzielt im Jahr 2011 eine Dividende der X-AG i.H.v. 4 000 €. Ein Freistellungsauftrag ist nicht erteilt worden. Im Jahr 2012 stellt sich heraus, dass in den 4 000 € Ertrag 2 000 € steuerfreie Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto enthalten sind. Weitere Kapitalerträge bestehen nicht.

Die Bank will die Korrektur nach § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG auf Grund technischer Probleme nicht vornehmen.

Lösung:

Die Bank muss im Jahr 2011 1 000 € KapESt auf die Ausschüttung (25 % zzgl. SolZG, der hier außer Ansatz bleibt) einbehalten und für die Rechnung des A abführen. Da die Bank die Korrektur im Jahr 2012 nicht vornehmen will, muss sie A dies entsprechend bescheinigen, sodass dieser im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2011 zwei Bescheinigungen einreichen muss:

  • die Steuerbescheinigung der Bank und

  • die Bescheinigung über die Nichtvornahme der Korrektur.

Im Rahmen der Überprüfung des Steuereinbehalts (§ 32d Abs. 4 EStG), die Günstigerprüfung führt hier zu keinem anderen Ergebnis, werden die Kapitaleinkünfte des A ermittelt:

Gesamtausschüttung

4 000,00 €

davon steuerfrei (Einlagekonto)

2 000,00 €

verbleiben

2 000,00 €

abzgl. Sparerpauschbetrag

801,00 €

Einkünfte

1 201,00 €

Steuersatz

300,25 €

Anrechnung der KapESt

1 000,00 €

Erstattung für das Jahr 2011

699,75 €

Hiervon abweichend können die auszahlenden Stellen einheitlich für alle Anleger bis zum 31.1. Korrekturen für das vorangegangene Kj. vornehmen (BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, Rn. 241, bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 und vom 16.11.2010, BStBl I 2010, 1305 Rn. 251). Hat die auszahlende Stelle den Fehler offensichtlich selbst zu vertreten, kann sie abweichend nach § 44b Abs. 5 Satz 1 EStG die Korrektur für die Vergangenheit durchführen. In diesen Fällen ist es zulässig, die Korrektur des Steuerabzugs erst im Rahmen der nächsten Steueranmeldung zu berücksichtigen; eine Änderung der ursprünglichen Anmeldung ist nicht erforderlich.

Dies gilt nicht bei (BMF vom 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, Rn. 241 a; bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 251a)

  • Anlegern, deren Kapitalerträge Betriebseinnahmen sind,

  • Steuerausländern, sofern ihnen keine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde,

  • der Korrektur der Ersatzbemessungsgrundlage (§ 43a Abs. 2 Satz 6 EStG),

  • Korrekturen bei Erträgen aus Anteilen an ausländischen Investmentvermögen, wenn bei der Veräußerung oder Rückgabe von Anteilen an ausländischen thesaurierenden Investmentfonds KapESt einbehalten wurde (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvStG),

  • Korrekturen bei der Anrechnung ausländischer Quellensteuer, wenn der Steuerpflichtige die Quellensteuer auf Grund einer Entscheidung des EuGH vom ausländischen Staat erstattet bekommt, sowie bei Änderung oder Wegfall der Bemessungsgrundlage auf Grund einer Entscheidung des EuGH, des BVerfG oder des BFH,

  • wenn ein Steuerpflichtiger die Geschäftsbeziehung mit einer auszahlenden Stelle beendet, ohne seine Wertpapiere auf ein anderes Institut zu übertragen.

Die zutreffende Festsetzung der Einkommensteuer erfolgt in diesen Fällen bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Rahmen der Veranlagung. Eine Veranlagung von beschränkt Steuerpflichtigen kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.

3.9. Kapitalertragsteuer und Kirchensteuer

Unterliegen die Kapitaleinkünfte auch der Kirchensteuer, ermäßigt sich die Einkommensteuer um 25 % der Kirchensteuer (§ 32d Abs. 1 Satz 3 EStG). Soweit die Kapitalerträge der KapESt unterliegen, ist mit deren Einbehalt im Regelfall die Besteuerung durchgeführt. Sofern keine Kirchensteuer einbehalten wurde, sind die Kapitalerträge i.R.d. Veranlagung anzugeben.

Bisher bestand für den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht, ob der Abzugsverpflichtete auch die Kirchensteuer einbehält oder der Abzug erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung erfolgen soll.

Seit 1.1.2015 gibt es ein automatisiertes Verfahren zum Abzug der Kirchensteuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge. Die Einzelheiten zu diesem Verfahren sind in § 51a Abs. 2b bis 2e EStG geregelt. Ab 2015 behält der Abzugsverpflichtete auch die Kirchensteuer auf Kapitaleinkünfte für Angehörige einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft automatisch ein und führt diese ab. Dadurch kommt es zu einem Kirchensteuereinbehalt an der Quelle.

Der Abzugsverpflichtete muss gem. § 51a Abs. 2c Nr. 3 EStG jährlich im automatisierten Verfahren beim BZSt eine Abfrage durchführen, ob der Gläubiger der Kapitalerträge Angehöriger einer solchen steuererhebenden Religionsgemeinschaft ist (sog. Regelabfrage S. 1) und welcher Steuersatz angewendet werden muss (S. 4).

Der Schuldner der Kapitalertragsteuer hat nach § 51a Abs. 2e EStG die Möglichkeit, schriftlich mit amtlich vorgeschriebenen Vordruck gegenüber dem BZSt dem automatisierten Datenabruf zu widersprechen (sog. Sperrvermerk). Weitere Einzelheiten: Monatsbericht des BMF vom 21.02.2014 (abrufbar auf der Internetseite des BMF).

3.10. Überprüfung des Kapitalertragsteuerabzuges im Rahmen der Veranlagung

Grundsätzlich entfaltet die KapESt nach § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG abgeltende Wirkung. Das EStG sieht jedoch folgende Korrekturmöglichkeiten im Rahmen des § 32d EStG vor:

Die Darstellung basiert im Wesentlichen auf dem BMF-Schreiben vom 18.1.2016 (BStBl I 2016, 85, Rn. 144 ff.) (bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 144 ff.). Nach § 32d Abs. 3 EStG sind steuerpflichtige Kapitalerträge, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben (z.B. Veräußerungsgewinne aus GmbH-Anteilen, verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Erträge aus ausländischen thesaurierenden Investmentvermögen) in der persönlichen Steuererklärung anzugeben (dies sind z.B. Erstattungszinsen des Finanzamtes, Erträge ausländischer Kreditinstitute oder Privatdarlehen).

§ 32d Abs. 4 EStG räumt dem Steuerpflichtigen für Kapitaleinkünfte, die der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, ein Wahlrecht ein, diese im Rahmen seiner Veranlagung geltend zu machen, um die gesetzlich geregelten Tatbestände, die beim Kapitalertragsteuerabzug nicht berücksichtigt werden können, steuermindernd geltend zu machen. Dies sind z.B.

  • ein Verlustvortrag nach § 20 Abs. 6 EStG;

  • die Möglichkeit, den Steuereinbehalt des Kreditinstituts dem Grund und der Höhe nach überprüfen zu lassen;

  • Korrektur der Ersatzbemessungsgrundlage (§ 43a Abs. 2 Satz 6 EStG);

  • noch nicht ausgeschöpfter Sparer-Pauschbetrag;

  • Berücksichtigung von von der Bank nicht berücksichtigten AK in Veräußerungsfällen;

  • noch nicht berücksichtigte ausländische/fiktive Quellensteuern;

  • Nachholung des Kirchensteuerabzuges (Grund einer Pflichtveranlagung).

Werden die Einkünfte in der Veranlagung geltend gemacht, erfolgt entsprechend der Regelung in § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG eine Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer um 25 % der – durch die entsprechenden Tatbestände geminderten – Einkünfte. Die vom Kreditinstitut bereits einbehaltene und bescheinigte Kapitalertragsteuer wird nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG im Rahmen der Veranlagung auf die für die Einkünfte aus Kapitalvermögen festgesetzte Einkommensteuer angerechnet. Dies kann zu einer Einkommensteuererstattung führen.

Die Günstigerregelung des § 32d Abs. 6 EStG (BMF vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 Rn. 149; bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 149 ff.) sieht vor, dass dann, wenn der Steuersatz i.R.d. individuellen Veranlagungsverfahrens unter fiktiver Einbeziehung der Kapitaleinkünfte niedriger als 25 % ist, die Kapitaleinkünfte im Veranlagungsverfahren besteuert werden. Ein über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehender WK-Abzug ist nicht möglich (§ 32d Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 9 EStG).

Verfahrensrechtlich ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige für den Wechsel von der Abgeltungsteuer zum Veranlagungsverfahren einen Antrag stellt. Die Finanzbehörde hat dann von Amts wegen die Günstigerprüfung vorzunehmen. Kommt sie zum Ergebnis, dass eine Veranlagung für den Steuerpflichtigen ungünstiger ist, so gilt der Antrag als nicht gestellt.

Die Wahlmöglichkeit besteht nur für sämtliche Kapitalerträge in einem Veranlagungszeitraum, die allesamt in der Steuererklärung angegeben werden müssen. Hierzu sind sämtliche Steuerbescheinigungen einzureichen. Zusammenveranlagte Ehegatten/Lebenspartner können den Antrag zudem nur einheitlich stellen (BMF vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 Rn. 149; bisher: BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 150, 151). Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann der Antrag als fristgebundenes Wahlrecht nur bis zur Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides gestellt werden (FinMin NRW vom 24.1.2011, S 0351). Dies gilt auch für den Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG.

Verfahrenstechnisch wird im Falle einer Günstigerstellung durch das Veranlagungsverfahren die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf die festzusetzende Einkommensteuer angerechnet, so dass letztendlich eine Einkommensteuererstattung eintritt. Die Verrechnung von Verlusten aus anderen Einkunftsarten mit positiven Kapitalerträgen ist hier möglich (vgl. auch BMF vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 Rn. 146; bisher BMF vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rn. 146). Der Altersentlastungsbetrag wird ebenfalls gewährt. Ausländische Quellensteuer wird hierbei maximal bis zur Höhe der auf die Kapitalerträge entfallenden tariflichen Einkommensteuer angerechnet. Bei Ansatz der tariflichen Einkommensteuer ist die Kirchensteuer auf Kapitalerträge als Sonderausgabe abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

Die Berücksichtigung ausländischer Quellensteuern erfolgt i.R.v. § 32d Abs. 3, 4 und 6 EStG nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG.

4. Das Abzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen

4.1. Einleitung

Bei beschränkt Steuerpflichtigen wird die Einkommensteuer entweder im Rahmen einer Veranlagung oder eines vereinfachten Erstattungsverfahrens durch ESt-Bescheid festgesetzt bzw. durch einen Steuerabzug an der Quelle erhoben. Für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn (§§ 38 ff. EStG), vom Kapitalertrag (§§ 43 ff. EStG) oder gem. § 50a EStG unterliegen, greift grundsätzlich die Abgeltungswirkung gem. § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG. Zuständig für das Steuerabzugsverfahren ist seit dem 1.1.2014 das Bundeszentralamt für Steuern (vgl. Mitteilung vom 7.11.2013). Diese Besteuerung wird als »Bruttobesteuerung« bezeichnet, da bei ihr der Abzug von Erwerbsaufwand (Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben) nicht zugelassen ist.

Einzig bei erweitert beschränkter Steuerpflicht nach § 2 AStG und bei ArbN (§ 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG) kommt eine Veranlagung in Betracht.

4.2. Ausnahmen vom Quellensteuerabzug nach § 50 Abs. 2 EStG

Findet ein Steuerabzug statt, so werden die betroffenen Einkünfte bei der Veranlagung nicht mehr berücksichtigt. In folgenden Fällen tritt die Abgeltungswirkung nicht ein (Rechtslage ab VZ 2009):

  • bei Einkünften aus inländischem Betrieb (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG),

  • bei nachträglichem Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen der Sonderfälle der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 und 3 sowie § 1a EStG;

  • bei jahresmittigem Wechsel der persönlichen Steuerpflicht nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG,

  • bei ArbN-Veranlagung nach Antrag (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4b EStG),

  • bei ArbN-Veranlagung nach Bescheinigung (§ 50a Abs. 2 Nr. 4a EStG),

  • bei Beantragung der Veranlagung bei Einkünften, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 unterliegen.

Sofern es hierdurch zu einer Veranlagung kommt, greifen die Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige des § 50 EStG, insbesondere § 50 Abs. 1 EStG, welche zu beachten sind. Dies führt u.a. dazu, dass beschränkt Steuerpflichtigen einige Vergünstigungen, die unbeschränkt Steuerpflichtigen gewährt werden, nicht zustehen.

Hinweis:

Die Vereinbarkeit dieser Einschränkungen (konkret Versagung des Sonderausgabenabzuges) in § 50 Abs. 1 EStG mit europäischem Recht ist zurzeit Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren (vgl. FG Niedersachsen vom 30.5.2011, 3 K 278/07 nrkr.; FG Münster vom 17.11.2011, 2 K 507/07 E unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 31.3.2011, C 450-09 »Schröder«; n. rkr. Az. BFH I B 190/11; Beschluss des FG Köln vom 3.8.2017, 15 K 950/13, Vorlage EuGH zur Abzugsbeschränkung von Vorsorgeaufwendungen).

4.3. Abzugsverfahren

4.3.1. Zweck der Norm

Die in § 50a EStG genannten Steuerpflichtigen verfügen im Regelfall über keine dauerhaften Bezüge, so dass sich der Staat des Sicherungsinstruments des Quellensteuerabzugs bedient. Auch hier wird die ESt nach den Bruttoeinnahmen bemessen. Die Aufzählung in § 50a Abs. 1 Nr. 1 bis 4 (Neufassung ab VZ 2009) hat hierbei abschließenden Charakter.

4.3.2. Aufsichtsratssteuer

Der Aufsichtsratssteuer unterliegen alle Vergütungen für die Überwachung der Geschäftsführung von inländischen KapG nach § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 73a EStDV. Die Steuer beträgt 30 % der Vergütungen (§ 50a Abs. 2 EStG), wobei Betriebsausgaben grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Dem Steuerabzug unterliegt der volle Betrag der Aufsichtsratsvergütungen (→ Aufsichtsratsvergütung) gem. § 50a Abs. 3 Satz 1 EStG; davon ausgenommen sind nach § 50a Abs. 2 Satz 2 EStG Reisekostenvergütungen, soweit sie über die steuerlichen Pauschalvergütungen hinaus gewährt werden.

4.3.3. Quellensteuer bei Vergütungen nach § 50a Abs. 1 EStG

4.3.3.1. Gesetzliche Ausgangssituation

Unabhängig von der Einkunftsqualifikation nach § 2 Abs. 1 EStG werden nach § 50a Abs. 1 EStG im Ergebnis alle Aktivitäten von (steuer-)ausländischen Künstlern und Sportlern dem Quellensteuerabzug unterworfen

  • nach § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG die Vergütungen in der Eigenschaft als ArbN,

  • nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (vgl. die nachfolgende Darstellung der Neufassung des § 50a EStG).

Durch das JStG 2009 ist § 50a EStG neu strukturiert und an die Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung angepasst worden.

Danach unterliegen dem Steuerabzug die Einkünfte aus

  • inländischen künstlerischen, sportlichen, artistischen und ähnlichen Darbietungen (Abs. 1 Nr. 1; vgl. hierzu BMF vom 25.11.2010, IV C – S 2303/09/10002, BStBl I 2010, 1350, in dem die Finanzverwaltung umfassend zum Steuerabzug nach § 50a EStG Stellung nimmt; die Grundsätze des Schreibens sind auf alle Vergütungen, die nach dem 31.12.2008 zufließen, anzuwenden);

  • der Verwertung solcher inländischen Darbietungen (Abs. 1 Nr. 2);

  • der Überlassung von Rechten und Know-how (Abs. 1 Nr. 3, vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben vom 27.10.2017, IV C 5 – S 2300/12/10003 :004 – beschränkte Steuerpflicht und Steuerabzug bei grenzüberschreitender Überlassung von Software und Datenbanken); und

  • der Überwachung der Geschäftsführung inländischer KapG (Abs. 1 Nr. 4).

Nicht mehr dem Steuerabzug unterliegen die Einkünfte aus der Überlassung beweglicher Sachen sowie die Einkünfte werkschaffender Künstler und Einkünfte von Journalisten.

Im Rahmen des JStG 2010 wurde § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG um den Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g EStG n.F. (Transferentschädigungen an Berufssportler) erweitert.

Der Steuerabzug für die in § 50a Abs. 1 Nr. 1–3 EStG aufgezählten Einkünfte beträgt einheitlich 15 % (§ 50a Abs. 2 EStG). Vom Schuldner der Vergütung ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG übersteigen. Für Aufsichtsratsvergütungen bleibt es beim bisherigen Steuersatz von 30 % (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG). Ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist aber weiterhin nicht vorgesehen. Zur Höhe der Quellensteuer bei Künstlern im Arbeitnehmerverhältnis s.a. BMF vom 31.7.2002 (BStBl I 2002, 707) und vom 28.3.2013 (IV C 5 – S 2332/09/10002, BStBl I 2013, 443). Zur Verfassungs- und Europarechtskonformität des Steuerabzuges bei Künstlern in der Neufassung des Gesetzes vgl. auch FG Düsseldorf vom 24.4.2013 (15 K 1802/09 E).

Der bisherige Staffeltarif für Einkünfte aus Darbietungen (§ 50a Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.) entfällt. Allerdings ist in § 50a Abs. 2 Satz 3 EStG eine Geringfügigkeitsgrenze geregelt, wonach ein Steuerabzug nicht erhoben wird, wenn die Einnahmen je Darbietung 250 € nicht übersteigen. Nach Abs. 3 besteht aber die (eingeschränkte) Möglichkeit, die Werbungskosten oder die Betriebsausgaben von der Bemessungsgrundlage des Steuerabzugs abzuziehen, wenn dies vom Steuerpflichtigen beantragt wird. Allerdings beträgt dann der Steuersatz 30 %. Nur für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften bleibt es bei einem Steuersatz von 15 %.

Voraussetzungen für den Abzug der Betriebsausgaben/Werbungskosten sind, dass dies durch den Schuldner der Vergütung vorgenommen wird. Möglich ist dies bei den Einnahmen in den Fällen des § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 EStG. Abziehbar sind nur die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Zudem ist erforderlich,

  • dass, der beschränkt Steuerpflichtige dem Schuldner der Vergütung diese in einer für das Bundeszentralamt für Steuern nachprüfbaren Form nachgewiesen hat

  • oder dass die Aufwendungen vom Schuldner der Vergütung übernommen worden sind.

Weiterhin muss der Gläubiger EU-/EWR-Bürger sein und in einem dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang kann auch zwischen Ausgaben für (Unter-)Lizenzgebühren und den beschränkt steuerpflichtigen Einnahmen aus der Verwertung eines Lizenzrechts im Inland bestehen (BFH vom 27.7.2011, I R 32/10).

Hinweis:

Ein einheitliches Pauschalhonorar für mehrere von einem beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubiger zu erbringende Leistungen kann zu unterschiedlichen Einkünften führen und ist daher aufzuteilen, sofern nicht einer Leistung eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt (BFH Urteil vom 28.1.2004, BStBl II 2005, 550, vom 19.12.2007, BStBl II 2010, 398; BFH vom 7.9.2011, I B 157/10).

4.3.3.2. Wichtige Rechtsprechung zu § 50a EStG

Zu den Bruttoeinnahmen (BFH Urteil vom 19.11.2003, DStRE 2004, 634 = IStR 2004, 379; entschieden für einen US-amerikanischen Musiker auf Konzerttournee in Deutschland) gehören auch die vom Veranstalter übernommenen Reisekosten des ausländischen Künstlers/Sportlers.

Für den nicht seltenen Fall, dass die Steuerpflicht des ausländischen Gläubigers fraglich ist, hat der BFH (BFH Urteil vom 25.11.2002, BFH/NV 2003, 398) klarstellend entschieden, dass dies nicht zu Lasten des inländischen Schuldners ausfällt. Mit dem Abzug der Quellensteuer werde dieser nicht nur gegenüber dem Finanzamt, sondern auch gegenüber dem ausländischen Gläubiger frei.

Einen grundlegenden Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht (Art. 49, 50 EGV n.F.) hat der EuGH in der »Gerritse-Entscheidung« (EuGH Urteil vom 12.6.2003, BStBl II 2003, 859) in dem Fall gesehen, wenn die endgültige 25 %-Bruttoabgeltungsteuer den Steuersatz übersteigt, der sich bei Anwendung des (progressiven) Tarifs auf die Nettoeinkünfte (inkl. des Grundfreibetrages) ergäbe. Diese zu § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. ergangene Entscheidung wird Allgemeingültigkeit beanspruchen.

In die gleiche Richtung gehen die Beschlüsse vom 16.6.2004 (BFH Urteil vom 16.6.2004, BStBl II 2004, 882: Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit) und vorher vom 28.4.2004 (BFH Urteil vom 28.4.2004, BStBl II 2004, 878: ebenfalls Verstoß gegen die (passive) Dienstleistungsfreiheit = Vorlage an den EuGH). Mit Schreiben vom 5.4.2007 (BStBl I 2007, 449) hat das BMF auf das Urteil des EuGH vom 3.10.2006, BStBl II 2007, 352 (FKP Skorpio) reagiert. Betriebsausgaben oder Werbungskosten können bereits beim Steuerabzug berücksichtigt werden, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den inländischen Einkünften stehen und sie 50 % dieser Einnahmen übersteigen. Der Steuerabzug beträgt dann 40 % der Einkünfte. Diese einschränkende Regelung ist aber knapp zwei Monate vor dem Ergehen des BMF-Schreibens von dem EuGH (Urteil vom 15.2.2007, DB 2007, 832, Fall »Centro Equestre«) für unzulässig erklärt worden. Auch ist der Steuersatz von 40 % des Überschusses/Gewinnes nicht mit der »Gerritse-Entscheidung« des EuGH zu vereinbaren. Die EU-Kommission hat aufgrund dieser Regelungen im März 2007, gestützt auf die EuGH-Urteile »Scorpio« und »Centro Equestre«, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet (IP/07/413, Az. 1999/4852).

Die vorgenannte Rechtsprechung war (Mit-)Auslöser für die Änderungen des § 50a EStG durch das JStG 2009.

Nachdem der BFH die Rs. »Scorpio« mit Urteil vom 5.5.2010 (I R 104/08, BFH/NV 2010, 1814) entschieden hat, hat das BMF mit Schreiben vom 16.2.2011 (IV C 3 – S 2411/07/10002) die Voraussetzungen für den Abzug von Betriebsausgaben und Werbungskosten für die noch offenen Altfälle (d.h. für Vergütungen, die bis zum 31.12.2008 zugeflossen sind) konkretisiert. Die Schätzung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten kommt im Steuerabzugsverfahren aber nicht in Betracht (§ 162 AO).

4.4. Verfahrensrecht bei § 50a EStG

4.4.1. Grundsatz

Entsprechend der im Quellensteuerrecht üblichen Dreieckskonstellation begegnen sich bei § 50a EStG neben dem Finanzamt als Steuer-Gläubiger der Vergütungsgläubiger (Sportler, Aufsichtsrat etc.) und der Vergütungsschuldner (Veranstalter bzw. KapG).

Primärer Steuerschuldner ist der ausländische Vergütungsgläubiger; er hat die Steuer zu entrichten (§ 50a Abs. 5 Satz 2 EStG).

Korrespondierend zu den anderen Haftungsszenarien bei der Quellensteuer (§ 42d EStG für die LSt und § 44 Abs. 5 EStG für die KapESt) wird de iure primär der Steuerschuldner kraft Nachforderungsbescheid belangt; de facto wird sich das Finanzamt bei Durchführungsfehlern primär an den (meist) inländischen Haftungsschuldner halten. Beide sind (unechte) Gesamtschuldner (§ 50a Abs. 5 Satz 6 EStG).

Beim Vorgehen gegen den Haftungsschuldner wird das Finanzamt mittels Haftungsbescheid vorgehen (BFH Urteil vom 27.2.2002, BFH-NV 2002, 1142 sowie BFH vom 24.4.2007, BB 2007, 2436). Ein Teil der Literatur greift die Diskussion zum Haftungsverfahren bei der KapESt auf und erlaubt – konform mit BFH-Urteil vom 13.9.2000, BStBl II 2001, 67) – auch hier, dass im Wege des Nachforderungsbescheides, d.h. ohne Ermessensbegründung gegen den Haftungsschuldner, gegen den Schuldner vorgegangen wird.

Hinweis:

Die Argumente aus § 167 AO (dort: standardisiertes Anmeldeverfahren) lassen sich nicht auf die Situation bei § 50a Abs. 5 EStG übertragen.

Für einen Fall des § 50a Abs. 4 EStG und das sich dann anschließende Freistellungsverfahren (§ 50d EStG) kam der BFH im Urteil vom 28.6.2005, BFH/NV 2006, 38 zu der klarstellenden Aussage, dass im Freistellungsverfahren gem. § 50d EStG – DBA-Fall – nur darüber zu befinden sei, ob eine Freistellung von der deutschen Steuer geboten ist. In diese Entscheidung wird nicht die Frage aufgenommen, ob steuerpflichtige Einkünfte vorliegen. Des Weiteren hat der BFH über den Unterschied zwischen einem Freistellungsbescheid gem. § 50d Abs. 1 EStG und einer Freistellungsbescheinigung gem. § 50d Abs. 3 EStG befunden.

4.4.2. Grenzüberschreitende Lizenzzahlungen

Die meisten entschiedenen Fälle zum Haftungsverfahren nach § 50a Abs. 5 EStG betreffen Lizenzzahlungen einer inländischen Tochter an ihre ausländische Muttergesellschaft für überlassenes Vertriebsrecht an Software etc.

§ 50a Abs. 7 EStG räumt dem Fiskus einen »Sicherungseinbehalt« i.H.v. 25 % (15 % bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen) zulasten des Vergütungsschuldners dann ein, wenn z.B. durch besondere vertragliche Gestaltung über den Zeitpunkt der Abzugssteuer (§ 50a Abs. 5 Satz 1 EStG: mit Zufluss) disponiert wird. Die gem. § 50a Abs. 7 EStG einbehaltene Quellensteuer hat keine Abgeltungswirkung. Der BFH gibt (BFH Urteil vom 24.3.1999, BFH/NV 1999, 1314) dem Vergütungsgläubiger einen (Dritt-)Rechtsbehelf gegen diese Anordnung.

4.4.3. Steuerabzug und AStG

Im Rahmen der Veranlagung von erweitert beschränkt Steuerpflichtigen gem. § 2 AStG tritt die abgeltende Wirkung des Steuerabzuges gem. § 50 Abs. 2 EStG n.F. nicht ein (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 2 EStG, s.a. BFH vom 16.12.2008, I R 23/07 sowie BMF vom 7.4.2010, LEXinform 5232665).

4.4.4. Aktuelle Änderungen

Zu den geplanten Änderungen im Lohnsteuerabzugsverfahren für beschränkt Steuerpflichtige ArbN s. oben unter »Aktuelle Entwicklungen«.

5. Neuerung aufgrund der Zinsinformationsverordnung (ZIV 2005)

5.1. Einführung

Die EU-Zins-RL vom 3.6.2003 ist am 1.7.2005 in nationales Recht (ZIV) umgesetzt worden (S. hierzu BMF vom 30.1.2008, IV C 1 – S 2402-a/0, BStBl I 2008, 320; ergänzt durch BMF vom 20.9.2013, IV C 1 – S 2402-a/0 :021, BStBl I 2013, 1182).

5.2. Grundzüge des Datenaustausches

Die EU-Staaten führen einen automatisierten Datenaustausch über grenzüberschreitende Zinszahlungen in andere Mitgliedstaaten durch. Die ZIV stellt die Rechtsgrundlage für diese Kontrollmitteilungen (KM) dar. Die ZIV regelt unmittelbar die Meldung für (aus Deutschland stammende) Zinszahlungen an Steuerausländer, die an die ausländischen Steuerbehörden geschickt werden. In umgekehrter Richtung ist davon auszugehen, dass der ausländische Fiskus vergleichbare Mitteilungen dem BZSt bzgl. der EU-Kapitaleinkünfte von unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Steuerbürgern zukommen lässt. Das BZSt leitet diese Informationen an die örtlich zuständigen Wohnsitzfinanzämter weiter.

In der – jährlich bis zum 31.5. – zu erstellenden KM werden neben den steuerrelevanten Daten (Einkunftserzieler, Höhe der Einkünfte) auch das Konto und die ausländische Bank mitgeteilt.

5.3. Ausnahmen

Von der aktiven Meldepflicht sind aktuell befreit (innerhalb eines Übergangseitraums nach § 20 ZIV): Belgien, Luxemburg und Österreich.

Diese Staaten behalten die Quellensteuern (von zunächst 15 %; ab 1.7.2008: 20 %; ab 1.11.2011 35 %) ein und leiten diese anonym an die jeweiligen Staaten weiter.

Ähnlich verfahren die europäischen Steueroasen (u.a. die Schweiz) auf der Grundlage bilateraler Abkommen zwischen der EU und dem jeweiligen Land.

5.4. Anwendungszeitraum

Mehrfach wurde bereits auf europäischer Ebene über eine Änderung der Zinsbesteuerungsrichtlinie beraten, um Schlupflöcher zu schließen und Steuerflucht besser zu verhindern. Deshalb war zunächst geplant, eine neue EU-Zinsrichtlinie (2014/48/EU vom 24.3.2014) zur Ausweitung des Kontrollmitteilungsverfahrens ins nationale Recht umzusetzen. Aufgrund von verschiedenen neueren Entwicklungen war diese Umsetzung allerdings nicht mehr erforderlich.

Am 10.11.2015 wurde die Richtlinie 2003/48/EG vom 3.6.2003, welche Grundlage für die ZIV war, deshalb vom Rat aufgebhoben. Mit der Dritten Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 18.7.2016 (BGBl I 2016, 1722) wurden die Anwendungsbestimmungen zur ZIV (§ 17 ZIV) an diese Entwicklung angepasst. Nach § 17 Abs. 1 ZIV n.F. soll die ZIV nur noch für Zinszahlungen, die bis zum 31.12.2014 zugeflossen sind, gelten (Ausnahme für Zinszahlungen bestimmter Staaten ab dem 1.1.2016: § 17 Abs. 3 ZIV).

Die Neuerungen sind:

  • Einführung des Finanzkonten-Austauschgesetzes (FKAustG) mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016, BGBl 2016, 3000,

  • Anwendung der durch die OECD entwickelten Standards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten – CRS Common Reporting Standard, BMF vom 1.2.2017, IV B 6 – S 1315/13/10021 :044.

6. Literatur

Druen, Grenzen der Steuerentrichtungspflichten, FR 2004, 1134; Seer, Reform des (Lohn-)StAbzugs, FR 2004, 1037; Sradj/Mertes, KapESt, DStR 2003, 1681; Grams/Molenaar, Rezension der Gerritse-Entscheidung, DStZ 2003, 761; Schnitger, Das Ende der Bruttobesteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, FR 2003, 745; Preißer/von Rönn/Schultz-Assberg, Die Unternehmensteuerreform 2008, 2007; Schmidt/Wänger, Änderungen bei der Abgeltungsteuer durch das Jahressteuergesetz 2008, NWB 2008, Fach 3, 14939.

7. Verwandte Lexikonartikel

Aufsichtsratsvergütung

Kapitalertragsteuer

Körperschaftsteuer

Lohnsteuer

Lohnsteueranmeldung

Lohnsteuerbescheinigung

Lohnsteuerkarte

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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