Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeiner Überblick
2 Übertragungen in unterschiedliche Betriebsvermögen und Übertragungen im Zusammenhang mit Betriebs- oder Teilbetriebsübertragungen
3 Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs nach § 6 Abs. 3 EStG
4 Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG
5 Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
5.1 Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG
5.2 Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG
5.3 Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG
6 Gleichzeitige Anwendung von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG bei Überführung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG
7 Realteilung einer Mitunternehmerschaft gem. § 16 Abs. 3 EStG
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeiner Überblick

Die Übertragung von Einzel-WG kann im Zusammenhang mit privaten Vorgängen, aber auch mit betrieblichen Umstrukturierungen erfolgen.

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Abgebendes Betriebsvermögen

WG wird unentgeltlich übertragen

in Privatvermögen desselben Stpfl.

in Privatvermögen eines anderen Stpfl.

in Betriebsvermögen eines anderen Stpfl.

in ein anderes Betriebsvermögen desselben Stpfl.

Die → Entnahme ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen.

Nach § 6 Abs. 4 EStG ist der gemeine Wert beim aufnehmenden Betriebsvermögen anzusetzen. Im abgebenden Betriebsvermögen ist der Buchwert anzusetzen.

Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist in beiden Betriebsvermögen der Buchwert anzusetzen.

Abb.: Überblick über die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern

Die Vorschriften des § 6 Abs. 3 bis Abs. 6 EStG sind nach § 6 Abs. 7 EStG auch für die → Einnahmen-Überschussrechnung anzuwenden.

2. Übertragungen in unterschiedliche Betriebsvermögen und Übertragungen im Zusammenhang mit Betriebs- oder Teilbetriebsübertragungen

Zur unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen mit Sonderbetriebsvermögen i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG nimmt das BMF-Schreiben vom 20.11.2019 (BStBl I 2019, 1291) ausführlich Stellung (→ Mitunternehmerschaft). Dieses Schreiben ersetzt das bisherige BMF-Schreiben zur Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG vom 3.3.2005 (BStBl I 2005, 458) mit Ergänzung vom 7.12.2006 (BStBl I 2006, 766) und ist auf alle noch offenen Veranlagungszeiträume mit Übertragungsvorgängen gem. § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 5 EStG anzuwenden. Aus Vertrauensschutzgründen kann für bereits abgeschlossene Übertragungsvorgänge weiterhin das BMF-Schreiben vom 3.3.2005 (a.a.O.) angewendet werden, wenn die Beteiligten auf Antrag hieran einvernehmlich auch weiterhin festhalten möchten.

Die Behandlung der unentgeltlichen Übertragung von WG nach § 6 Abs. 3, Abs. 5 EStG sowie nach § 16 Abs. 3 EStG (→ Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG) zeigt die nachfolgende Übersicht.

Übertragung/Überführung von Wirtschaftsgütern

Einzelwirtschaftsgüter

Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, Anteil am Mitunternehmeranteil

Übertragung von einem BV in ein anderes BV desselben Stpfl.

Übertragung

  • aus einem BV des Stpfl. in dessen Sonderbetriebsvermögen und umgekehrt sowie zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Stpfl. bei verschiedenen Mitunternehmerschaften.

Übertragung

  • aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunter- nehmerschaft oder umgekehrt,

  • aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder umgekehrt,

  • aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Stpfl. beteiligt ist oder umgekehrt,

  • zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft.

ohne Betriebsaufgabe

mit Betriebsaufgabe (→ Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG).

Die Behaltefrist von drei Jahren ist zu beachten.

§ 6 Abs. 3 EStG

§ 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG

Buchwerte.

Übertragung Einzelwirtschaftsgüter bei einer Realteilung auf eine Körperschaft i.S.d. KStG (§ 16 Abs. 3 Satz 4 EStG).

§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG

§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG

§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1, 2 und 3 EStG

Buchwerte

Gemeiner Wert

Abb.: Übertragung/Überführung von Wirtschaftsgütern

Zu der Übertragung und Überführung von einzelnen Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG nimmt das BMF in seinem Schreiben vom 8.12.2011 (BStBl I 2011, 1279; Rn. 19 ist insoweit überholt, als dort unter Rn. 19 zu prüfen ist, ob einer Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG die Gesamtplanrechtsprechung entgegensteht; s. hierzu Rn. 40 des BMF-Schreibens vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291) ausführlich Stellung.

3. Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs nach § 6 Abs. 3 EStG

Die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird (BFH Urteil vom 25.1.2017, X R 59/14, BStBl II 2019, 730, LEXinform 0446615; Bestätigung der BFH-Urteile vom 2.9.1992, XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161, und vom 12.6.1996, XI R 56, 57/95, BStBl II 1996, 527).

Der Mitunternehmeranteil eines Gesellschafters umfasst sowohl den Anteil am Gesamthandsvermögen als auch das dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnende Sonderbetriebsvermögen. Eine begünstigte Übertragung des vollständigen Mitunternehmeranteils i.R.d. § 6 Abs. 3 EStG kann grundsätzlich nur dann vorliegen, wenn auch das funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich auf den Erwerber mitübertragen wird (FG Schleswig-Holstein Urteil vom 26.3.2019, 4 K 83/16, EFG 2019, 1508; BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz. 6). § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG greift nicht ein, wenn zeitgleich mit der Veräußerung einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage des Sonderbetriebsvermögens der verbliebene Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf eine andere Person übertragen wird (BFH vom 10.9.2020, IV R 14/18, BStBl II 2021, 367; s. auch BMF vom 5.5.2021, BStBl I 2021, 696). Funktional wesentlich können nur solche Wirtschaftsgüter sein, die für die Funktion des Betriebes von Bedeutung sind (→ Wesentliche Betriebsgrundlage); auf das Vorliegen erheblicher stiller Reserven kommt es nicht an (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz. 6). Wird die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer Personengesellschaft übertragen und gleichzeitig das Sonderbetriebsvermögen des Übertragenden privatisiert, wird die Mitunternehmerschaft als Ganzes in einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang im Wege einer Totalentnahme aufgelöst (FG Schleswig-Holstein Urteil vom 26.3.2019, 4 K 83/16, EFG 2019, 1508). Dabei hat eine Aufdeckung der stillen Reserven, einschließlich derer im Firmenwert, zu erfolgen.

Der BFH hat im Urteil vom 27.5.2020 (III R 17/19, BFH/NV 2020, 1334) entschieden, dass im Fall der vorweggenommenen Erbfolge das Buchwertfortführungsgebot nach § 6 Abs. 3 EStG keine umfassende Anwendung der sog. Fußstapfentheorie auslöst. Im Streitfall hatte der Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinem Sohn den Mitunternehmeranteil an einer PersGes und das zum Sonderbetriebsvermögen gehörende bebaute Grundstück geschenkt. Das wirtschaftlich noch nicht verbrauchte Gebäude wurde vom Sohn durch einen Neubau ersetzt. Der Restbuchwert und die Abbruchkosten sind als Herstellungskosten für den Neubau zu behandeln. Der Restbuchwert und die Abbruchkosten eines noch nutzbaren Gebäudes sind nach Auffassung des BFH nicht sofort als Betriebsausgabe oder Werbungskosten absetzbar, wenn der Stpfl. das Gebäude innerhalb der letzten drei Jahre mit Abbruchabsicht erworben hat.

4. Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG

Bei der Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG handelt es sich um eine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG aus dem abgebenden Betriebsvermögen und um eine Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG bei dem aufnehmenden Betriebsvermögen (vgl. BMF-Schreiben vom 17.11.2005, BStBl I 2005, 1019, Rn. 10), deren Bewertungen abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 EStG in § 6 Abs. 5 EStG geregelt sind.

Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG müssen einzelne Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert angesetzt werden, wenn sie aus einem (Sonder-)Betriebsvermögen in ein anderes Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen desselben Stpfl. überführt werden, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem zu überführenden WG um ein WG des Anlage- oder Umlaufvermögens handelt. Das zu überführende WG kann auch eine wesentliche Betriebsgrundlage des abgebenden Betriebsvermögens sein. Bei der Überführung von WG ist die gleichzeitige Übernahme von Verbindlichkeiten unschädlich.

Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven bedeutet, dass im Zeitpunkt der späteren Veräußerung auch diejenigen stillen Reserven zu besteuern sind, die sich in dem überführten WG zeitlich erst nach der Überführung gebildet haben (also Besteuerung auch der künftigen stillen Reserven). Eine Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven liegt deshalb unter anderem dann nicht vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Stpfl. zugeordnetes WG einer ausländischen Betriebsstätte des Stpfl. zugeordnet wird (§ 6 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG).

Überführender i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist grundsätzlich jede unbeschränkt oder beschränkt stpfl. natürliche Person, die mehrere Betriebe unterhält. Es können aber auch Erbengemeinschaften und eheliche Gütergemeinschaften mit mehreren eigenen Betriebsvermögen unter den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2 fallen. Da eine Personengesellschaft steuerlich immer nur einen Betrieb führen kann, steht der Personengesellschaft regelmäßig nur der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG offen.

5. Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG

Die unentgeltliche Übertragung von WG nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG stellt eine Entnahme dar. Bei der Übertragung von WG gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten handelt es sich hingegen als eine Spezialform des Tauschs um einen Veräußerungsvorgang (tauschähnlicher Vorgang), dessen Bewertung abweichend von den allgemeinen Grundsätzen zwingend zum Buchwert vorzunehmen ist (§ 6 Abs. 6 Satz 4 EStG).

5.1. Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG

§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG regelt ausschließlich die Übertragung einzelner WG zwischen dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an der der Übertragende beteiligt ist oder umgekehrt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.

Dem Großen Senat des BFH liegt die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor (BFH Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12, BStBl II 2016, 81):

Wie ist im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln? Der vorlegende Senat hält an seiner im Beschluss über die Beitrittsaufforderung vom 19.3.2014 (X R 28/12, BStBl II 2014, 629) geäußerten Auffassung fest, wonach die dogmatischen Argumente, die für die strenge Trennungstheorie sprechen, etwas höher zu gewichten sind als die für die denkbaren Gegenauffassungen sprechenden Erwägungen (betreffend modifizierte Trennungstheorien).

Nachdem das FA dem Begehren der Kläger im zugrunde liegenden Revisionsverfahren X R 28/12 abgeholfen hat, war dieses Verfahren sowie das beim Großen Senat des BFH geführte Verfahren GrS 1/16 ohne Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage (Ermittlung eines eventuellen Gewinns aus teilentgeltlichen Übertragungen nach der strengen oder modifizierten Trennungstheorie) zu beenden (BFH Beschluss vom 30.10.2018, X R 28/12, BFH/NV 2019, 39).

Der Formwechsel einer Personenobergesellschaft in eine KapGes im Rahmen einer mehrstöckigen Personengesellschaft innerhalb von sieben Jahren nach einer Buchwertübertragung eines Wirtschaftsguts i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG von einer Tochterpersonengesellschaft auf eine Enkelpersonengesellschaft führt gem. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG zum rückwirkenden Teilwertansatz (Niedersächsisches FG Gerichtsbescheid vom 26.10.2018, 3 K 173/16, EFG 2019, 421; Revision beim BFH ist erledigt durch Zurückweisung: vom 15.7.2021, IV R 35/18). Ein rückwirkender (einkommenserhöhender) Ansatz von Teilwerten bei einer Einbringung zu Buchwerten wegen eines sog. Sperrfristverstoßes i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist ausgeschlossen, wenn die vollentgeltliche Übertragung von Anteilen durch den Einbringenden an eine Körperschaft innerhalb der Sperrfrist im Ergebnis zu einer Aufdeckung der stillen Reserven in den zuvor eingebrachten Wirtschaftsgütern führt (BFH vom 18.8.2021, XI R 43/20, BFH/NV 2022, 459; LEXinform 4243501; Teilweise Parallelentscheidung: BFH vom 18.8.2021, XI R 20/19, BFH/NV 2022, 403). Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG erfasst nicht jegliche Anteilsveräußerung innerhalb der Sperrfrist, sondern sie greift lediglich dann ein, soweit die stillen Reserven im Zuge der Veräußerung der Anteile nicht aufgedeckt werden.

§ 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist in Fällen der formwechselnden Umwandlung einer Personenobergesellschaft in eine KapGes weder teleologisch zu reduzieren noch aufgrund der Buchwertverknüpfung des Formwechsels nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG oder wegen der hierfür geltenden Sperrfristregelung in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG einzuschränken.

5.2. Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG

§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG regelt ausschließlich die Übertragung zwischen dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Übertragende beteiligt ist oder umgekehrt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.

Die unmittelbare Übertragung von einzelnen WG zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften stellt hingegen keinen Anwendungsfall des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG dar und ist somit nicht zu Buchwerten möglich (BFH Urteil vom 25.11.2009, BStBl II 2010, 471); dies gilt selbst dann, wenn es sich um beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften handelt. Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als hiernach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist (BFH Vorlagebeschluss vom 10.4.2013, I R 80/12, BStBl II 2013, 1004; Az. beim BVerfG: 2 BvL 8/13).

Die Buchwertfortführung kann in diesen Fällen auch nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG erfolgen, da es sich um einen Übertragungsvorgang mit Rechtsträgerwechsel handelt und nicht um einen Überführungsvorgang (BMF vom 28.2.2006, BStBl I 2006, 228, Tz. IV.1.).

5.3. Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG

§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG regelt ausschließlich die Übertragung zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.

6. Gleichzeitige Anwendung von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG bei Überführung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG

Wird im Zeitpunkt der Übertragung des Anteils am Gesamthandsvermögen funktional wesentliches Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert übertragen oder nach § 6 Abs. 5 Satz 1 oder Satz 2 EStG in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen des Stpfl. überführt, ist § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG gleichwohl auf die Übertragung des reduzierten Mitunternehmeranteils anwendbar (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz. 10).

Die gleichzeitige Anwendung der beiden Buchwertprivilegien nach § 6 Abs. 5 EStG (Auslagerung von funktional wesentlichem Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen) und § 6 Abs. 3 EStG ist möglich, denn es steht der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG zum Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft gehörende Wirtschaftsgüter zeitgleich oder taggleich nach § 6 Abs. 5 EStG überführt oder übertragen werden (BFH vom 2.8.2012, IV R 41/11, BStBl II 2019, 715 und vom 12.5.2016, IV R 12/15, BStBl II 2019, 726).

7. Realteilung einer Mitunternehmerschaft gem. § 16 Abs. 3 EStG

Zur → Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG einer → Mitunternehmerschaft und zur Anwendung von § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 und Abs. 5 EStG s. das BMF-Schreiben vom 19.12.2018 (BStBl I 2019, 6). Dieses Schreiben ersetzt das Schreiben vom 20.12.2016 (BStBl I 2017, 36).

Eine Realteilung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG liegt dann vor, wenn Gesellschafter einer → Mitunternehmerschaft ihr gemeinschaftliches Engagement beenden und dabei die Mitunternehmerschaft gänzlich auflösen und alle WG in ein anderes Betriebsvermögen (BV) überführen (vgl. BFH vom 17.5.2018, VI R 66/15, BFHE 262, 33; BFH/NV 2018, 1315). Die Realteilung ist durch den auf der Ebene der Mitunternehmerschaft verwirklichten Tatbestand der Betriebsaufgabe gekennzeichnet. Durch die Einordnung der gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG wird deutlich, dass die Realteilung ein Sonderfall der ansonsten in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG geregelten → Betriebsaufgabe ist.

Eine Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG liegt auch dann vor, wenn eine gewerblich geprägte PersGes ihre gewerbliche Prägung verliert (BFH vom 22.2.2021, IX R 13/19, BFH/NV 2021, 1169). Im entschiedenen Fall hat eine GmbH & Co. KG durch den Wechsel eines Kommanditisten in die Stellung eines Komplementärs ihre gewerbliche Prägung verloren.

Folge ist, dass bei der echten Realteilung ein steuerneutraler Vorgang gegeben ist.

Eine Übertragung des übernommenen Betriebsvermögens des Realteilers zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen ist nur dann möglich, wenn die Besteuerung der stillen Reserven weiterhin sichergestellt ist (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. V). Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn die Wirtschaftsgüter in eine ausländische Betriebsstätte übertragen werden (§ 16 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG).

8. Literaturhinweise

Schulze, Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern unter Beteiligung von KSt-Subjekten, Steuer und Studium 4/2016, 214 und 5/2016, 278; Gragert, Echte und unechte Realteilung – Unterschiede in der steuerlichen Behandlung, NWB 8/2019, 476; Wagner, Zweifelsfragen zur Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG, SIS Nr. 2020/05, 18.5.2020; Strahl, Teleologische Reduktion von § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG, NWB 10/2022, 653; Juhn und Karadeniz, Wirtschaftsgutübertragung bei Schwesterpersonengesellschaften, NWB 9/2023, 614.

9. Verwandte Lexikonartikel

Einbringung

Mitunternehmerschaft

Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG

Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen

Unentgeltlicher Erwerb

Wirtschaftsgüter, Überführung in ein anderes Betriebsvermögen

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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