Wechsel der Besteuerungsform

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Wechsel der Besteuerungsform meint den Wechsel zwischen der Kleinunternehmerbesteuerung und der Regelbesteuerung oder umgekehrt.
  • Beim Wechsel der Besteuerungsform kommt es zu Abgrenzungsproblemen (von der Kleinunternehmerbesteuerung zur Regelbesteuerung oder umgekehrt).
  • Wichtig: Maßgeblich ist der Leistungszeitpunkt beim Wechsel der Besteuerungsform.

Inhaltsverzeichnis

1 Grundsätzliches zur Besteuerungsform
2 Übergang von § 19 Abs. 1 UStG zur Regelbesteuerung
2.1 Überblick über die Wechselgründe
2.2 Verzicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG
2.3 Überschreiten der Umsatzgrenzen
2.4 Behandlung der Umsätze
2.5 Vorsteuerabzug
2.6 Änderung der Bemessungsgrundlage
3 Übergang von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung
3.1 Überblick über die Wechselgründe
3.2 Widerruf der Option zur Regelbesteuerung
3.2.1 Widerruf vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung
3.2.2 Widerruf nach Ablauf der Fünfjahresfrist
3.3 Unterschreiten der Umsatzgrenzen
3.4 Behandlung der Umsätze
3.5 Vorsteuerabzug
3.6 Änderung der Bemessungsgrundlage
4 Wechsel der Besteuerungsform bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
4.1 Wechselgründe
4.1.1 Wechsel von § 24 UStG zu den allgemeinen Vorschriften
4.1.2 Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 24 UStG
4.2 Besonderheiten zur Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 UStG
4.3 Vorrang der Durchschnittssatzbesteuerung vor anderen Vorschriften des UStG
4.4 Wechsel von § 24 UStG zu den allgemeinen Vorschriften
4.4.1 Verzicht auf die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung
4.4.1.1 Bindungswirkung
4.4.1.2 Verhältnis des § 19 UStG zu § 24 UStG
4.4.2 Überschreiten der Umsatzgrenzen
4.4.3 Betriebserwerb
4.4.4 Behandlung der Umsätze
4.4.5 Vorsteuerabzug
4.4.6 Änderung der Bemessungsgrundlage
4.5 Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 24 UStG.
4.5.1 Widerruf des Verzichts auf die Anwendung des § 24 UStG
4.5.1.1 Bindungsfrist von fünf Jahren
4.5.1.2 Besonderheiten für Kleinunternehmer
4.5.2 Unterschreiten der Umsatzgrenzen
4.5.3 Behandlung der Umsätze
4.5.4 Vorsteuerabzug
5 Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG
6 Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a UStG und umgekehrt
6.1 Durchschnittssätze für den Vorsteuerabzug nach § 23 UStG
6.1.1 Voraussetzungen für die Anwendung
6.1.2 Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 23 UStG
6.1.2.1 Allgemeiner Überblick über die Wechselgrüne
6.1.2.2 Antrag auf Anwendung des § 23 UStG
6.1.2.3 Unterschreiten der Umsatzgrenze
6.1.2.4 Wegfall der Buchführungspflicht
6.1.2.5 Unterschreiten der Umsatzgrenze und/oder Wegfall der Buchführungspflicht
6.1.2.6 Vorsteuerabzug
6.1.3 Wechsel von § 23 UStG zu den allgemeinen Vorschriften
6.1.3.1 Allgemeiner Überblick über die Wechselgründe
6.1.3.2 Widerruf des Antrags auf Anwendung des § 23 UStG
6.1.3.3 Überschreiten der Umsatzgrenze und / oder Eintritt der Buchführungspflicht
6.1.3.4 Vorsteuerabzug
6.2 Durchschnittssätze für den Vorsteuerabzug nach § 23a UStG
6.2.1 Voraussetzungen für die Anwendung
6.2.2 Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 23a UStG
6.2.2.1 Allgemeiner Überblick über die Wechselgrüne
6.2.2.2 Antrag auf Anwendung des § 23a UStG
6.2.2.3 Unterschreiten der Umsatzgrenze
6.2.2.4 Wegfall der Buchführungspflicht
6.2.2.5 Unterschreiten der Umsatzgrenze und / oder Wegfall der Buchführungspflicht
6.2.2.6 Vorsteuerabzug
6.2.3 Wechsel von § 23a UStG zu den allgemeinen Vorschriften
6.2.3.1 Allgemeiner Überblick über die Wechselgründe
6.2.3.2 Widerruf des Antrags auf Anwendung des § 23a UStG
6.2.3.3 Überschreiten der Umsatzgrenze und / oder Eintritt der Buchführungspflicht
6.2.3.4 Vorsteuerabzug
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel

1. Grundsätzliches zur Besteuerungsform

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Maßgeblich für die Anwendung der jeweiligen Besteuerungsform ist die Ausführung der Umsätze i.R.d. maßgeblichen Besteuerungsform und nicht die Vereinnahmung des Entgelts.

2. Übergang von § 19 Abs. 1 UStG zur Regelbesteuerung

2.1. Überblick über die Wechselgründe

Ein Wechsel von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 USG verzichtet hat (s. Abschn. 19.2 UStAE) oder

  • die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 UStG überschritten sind.

2.2. Verzicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG

Der Unternehmer kann dem FA erklären, dass er auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichtet (→ Kleinunternehmer unter dem Gliederungspunkt »Verzicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UstG«). Er unterliegt damit der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes. Die Erklärung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG kann der Unternehmer bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (s. Abschn. 19.2 Abs. 6 UStAE) abgeben.

Die Erklärung gilt vom Beginn des Kj. an, für das der Unternehmer sie abgegeben hat (Abschn. 19.2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Satz 1 UStAE).

Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kj. (§ 19 Abs. 2 Satz 2 UStG). Die Fünfjahresfrist ist vom Beginn des ersten Kj. an zu berechnen, für das die Erklärung gilt (Abschn. 19.2 Abs. 3 UStAE). Zum Widerruf der Option zur Regelbesteuerung nach Ablauf des Fünfjahresfrist s.u. den Gliederungspunkt »Übergang von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung«.

2.3. Überschreiten der Umsatzgrenzen

Die Kleinunternehmereigenschaft ist dann gegeben, wenn der Gesamtumsatz im voran-gegangenen Kj. 22 000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kj. 50 000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird (§ 19 Abs. 1 UStG; s.a. → Gesamtumsatz und dort den Gliederungspunkt »Umsatzermittlung« und dort »Anzahlungen«). Das Überschreiten der maßgeblichen Umsatzgrenzen führt zu einem gesetzlichen Wechsel der Besteuerungsform.

Wichtig:

Der gesetzliche Wechsel zur Regelbesteuerung stellt keine Option i.S.d. § 19 Abs. 2 UStG dar und bewirkt damit auch keine Bindungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG.

Beispiel 1:

1.3.22

Beginn der unternehmerischen Tätigkeit. Voraussichtlicher Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zzgl. USt zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit

12 500 €

tatsächlicher Umsatz zzgl. USt

19 200 €

Lösung für Kj. 22:

Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit im laufenden Kj. ist allein auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kj. abzustellen. Es kommt hierbei auf die Grenze von 22 000 € an. Der voraussichtliche Gesamtumsatz des Erstjahres ist dabei in einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz entsprechend § 19 Abs. 3 Satz 3 und 4 UStG umzurechnen. Der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz beträgt somit: 12 500 € : 10 × 12 = 15 000 €.

Der Unternehmer fällt zu Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit unter § 19 Abs. 1 UStG, da der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit kleiner ist als 22 000 €.

Beispiel 1 (Fortsetzung):

Kj. 23

voraussichtlicher Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zzgl. USt

18 000 €

tatsächlicher Umsatz

vereinnahme Bruttobeträge

19 000 €

zusätzlich eine Warenentnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG

1 000 €

Lösung für Kj. 23:

Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 UStG ist der tatsächliche Gesamtumsatz des Vorjahres in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen: 19 200 € : 10 × 12 = 23 040 €.

Der Unternehmer fällt im Kj. 23 nicht unter § 19 Abs. 1 UStG, da der tatsächliche Gesamtumsatz im Kj. 22 23 040 € betrug und somit 22 000 € übersteigt.

Beachte:

Ein Wechsel der Besteuerungsform tritt im Kj. 23 dann nicht ein, wenn der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG im Kj. 22 auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet hätte. Der Verzicht im Kj. 22 führt zur Bindungswirkung an die Regelbesteuerung für fünf Kj. Die Fünfjahresfrist beginnt zu Beginn des Kj. 22 und endet mit Ablauf des Kj. 26 (Abschn. 19.2 Abs. 3 UStAE).

Mit Urteil vom 23.9.2020 (XI R 34/19, BFH/NV 2021, 424, LEXinform 0952628) nimmt der BFH zum Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung Stellung. Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung wirkt auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume, bis dieser vom Stpfl. widerrufen wird. Das Überschreiten der Umsatzgrenze ist weder ein Widerruf des Verzichts noch ersetzt es die Verzichtserklärung in sonstiger Weise. Folglich wirkt eine einmal abgegebene Verzichtserklärung und damit die Anwendung der Regelbesteuerung grds. bis zu ihrem Widerruf (→ Kleinunternehmer und dort den Gliederungspunkt »Bindungswirkung der Option«).

2.4. Behandlung der Umsätze

Beim Wechsel von der Nichtbesteuerung zur Regelbesteuerung sind zwei Grundsätze zu beachten:

  1. Umsätze, die der Unternehmer vor dem Übergang zur Regelbesteuerung ausgeführt hat, fallen auch dann unter § 19 Abs. 1 UStG, wenn die Entgelte nach diesem Zeitpunkt vereinnahmt werden (Abschn. 19.5 Abs. 1 UStAE).

  2. Umsätze, die der Unternehmer nach dem Übergang ausgeführt hat, unterliegen immer der Regelbesteuerung. Vereinnahmte Anzahlungen, die der Unternehmer vor dem Übergang vereinnahmt hat, sind im ersten Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang nach den allgemeinen Vorschriften des UStG der USt zu unterwerfen (Abschn. 19.5 Abs. 2 i.V.m. Abschn. 15.3 Abs. 2 UStAE; → Gesamtumsatz und dort den Gliederungspunkt »Umsatzermittlung« und dort »Anzahlungen«).

Beispiel 2:

Kj. 12

Kj. 13

Unternehmer U1 ist Kleinunternehmer i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG.

Unternehmer U1 unterliegt der Regelbesteuerung. Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr.

1.

Umsatz ausgeführt

an Unternehmer U2

Entgelt

5 000 €

19 % USt

950 €

Bruttobetrag

5 950 €

Zahlung der Rechnung durch Unternehmer U2 am 15.2.13.

Die geschuldete USt i.H.v. 950 € wird nicht erhoben, sie darf aber auch nicht gesondert in einer Rechnung ausgewiesen werden.

Der Bruttoumsatz i.H.v. 5 950 € fällt unter § 19 Abs. 1 UStG, da der Umsatz vor dem Übergang zur Regelbesteuerung ausgeführt wurde (Abschn. 19.5 Abs. 1 UStAE). Dieser Grundsatz gilt unabhängig von der anzuwendenden Besteuerungsart – Versteuerung nach vereinbarten bzw. vereinnahmten Entgelten –.

In die Voranmeldung 1. Quartal Kj. 13 ist der Umsatz nicht aufzunehmen.

2.

Unternhemer U2 zahlt eine Rechnung über 5 000 € zzgl. 19 % USt i.H.v. 950 €, insgesamt somit 5 950 € für einen Umsatz, den Unternehmer U1 im Kj. 13 ausführen wird.

Unternehmer U1 führt am 15.2 13 den Umsatz an Unternehmer U2 aus.

Wegen der Anwendung der Kleinunternehmerregelung wird die vereinnahmte USt i.H.v. 950 € nicht an das FA abgeführt.

Der Umsatz fällt unter die Regelbesteuerung, da der Umsatz nach dem Übergang ausgeführt wurde (Abschn. 19.5 Abs. 2 UStAE).

Versteuert Unternehmer U1 seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten, so ist die Anzahlung im ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang der USt zu unterwerfen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Die USt war bereits im Kj. 12 entstanden.

Versteuert Unternehmer U1 seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten, so ist die Anzahlung ebenfalls im ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang der USt zu unterwerfen, da die Steuer bereits bei Vereinnahmung im Kj. 12 entstanden war (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG; s.a. Abschn. 15.3 Abs. 2 und 3 UStAE).

Zur Behandlung von Anzahlungen s. OFD Frankfurt vom 21.4.2010, S 7361 A – 2 – St 16, UR 2011, 158, LEXinform 5232749 und die Beispiele unter → Gesamtumsatz.

Beispiel 3:

Unternehmer U1 tätigt seit Jahren ausschließlich Vermietungsumsätze i.S.d. § 4 Nr. 12 UStG i.H.v. durchschnittlich 80 000 €. Die Umsätze werden an einen Unternehmer U2 für dessen Unternehmen ausgeführt und schließen bei diesem den Vorsteuerabzug nicht aus.

Zu Beginn des Kj. 13 verzichtet Unternehmer U1 nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG.

Lösung 3:

Bis einschließlich Kj. 12 unterliegt Unternehmer U1 der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG, da die nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Vermietungsumsätze nicht zum Gesamtumsatz gehören (§ 19 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG). Durch den Verzicht auf die Steuerbefreiung rechnen die nun steuerpflichtigen Vermietungsumsätze zum Gesamtumsatz; dadurch wird die Kleinunternehmergrenze von 22 000 € überschritten, sodass der Unternehmer U1 erstmals ab dem Kj. 13 der Regelbesteuerung unterliegt. Zu Beginn des Kj. 13 ist absehbar, dass der Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG im laufenden Kj. mehr als 50 000 € betragen wird.

2.5. Vorsteuerabzug

Kleinunternehmer sind nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie der Sonderregelung des § 19 Abs. 1 UStG unterliegen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG); dies gilt auch, wenn sie bei einem unzulässigen Ausweis der Steuer für ihre eigenen Umsätze diese Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG schulden (Abschn. 15.1 Abs. 4 UStAE).

Unternehmer, die von der Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG zur allgemeinen Besteuerung des UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für folgende Beträge vornehmen:

  1. gesondert in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur allgemeinen Besteuerung übergingen;

  2. Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die nach dem Zeitpunkt, zu dem sie zur allgemeinen Besteuerung übergingen, für ihr Unternehmen eingeführt worden sind;

  3. die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, die nach dem Zeitpunkt für ihr Unternehmen erworben wurden, zu dem sie zur allgemeinen Besteuerung übergingen;

  4. die vom Leistungsempfänger nach § 13b UStG und § 25b UStG geschuldete Steuer für Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur allgemeinen Besteuerung übergingen.

Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur allgemeinen Besteuerung noch an den Kleinunternehmer ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Bezüge, die erstmalig nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung verwendet werden. Auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht an (Abschn. 15.1 Abs. 5 UStAE).

Hat ein Kleinunternehmer, der von der Sonderregelung des § 19 Abs. 1 UStG zur allgemeinen Besteuerung übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, kann er den vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung geltend machen (Abschn. 15.3 Abs. 2 UStAE).

Für den vorgezogenen Vorsteuerabzug ist es ohne Bedeutung, ob die vor Ausführung des Umsatzes geleistete Zahlung das volle Entgelt oder nur einen Teil des Entgelts einschließt (Abschn. 15.3 Abs. 3 UStAE).

2.6. Änderung der Bemessungsgrundlage

Ändert sich nach dem Übergang die Bemessungsgrundlage für Umsätze, die vor dem Übergang ausgeführt worden sind, ist zu beachten, dass auf diese Umsätze § 19 Abs. 1 UStG anzuwenden war (Abschn. 19.5 Abs. 4 UStAE).

3. Übergang von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung

3.1. Überblick über die Wechselgründe

Ein Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer den Verzicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG wirksam widerrufen hat oder

  • die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 UStG unterschritten sind.

3.2. Widerruf der Option zur Regelbesteuerung

3.2.1. Widerruf vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung

Vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung kann der Unternehmer die Erklärung mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen. Nimmt der Unternehmer die Erklärung zurück, so kann er die Rechnungen, in denen er die USt gesondert ausgewiesen hat, in entsprechender Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG berichtigen (Abschn. 19.2 Abs. 2 UStAE). Ohne diese Rechnungsberichtigung schuldet er die USt nach § 14c Abs. 2 UStG.

Hinweis:

Eine Steuerfestsetzung ist unanfechtbar (formelle Bestandskraft), wenn auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs wirksam verzichtet oder ein Rechtsbehelf wirksam zurückgenommen worden ist, wenn die Rechtsbehelfsfrist ohne Einlegung eines förmlichen Rechtsbehelfs abgelaufen oder wenn gegen den Verwaltungsakt oder die gerichtliche Entscheidung kein Rechtsbehelf mehr gegeben ist. Dabei ist unter Unanfechtbarkeit die formelle Bestandskraft der erstmaligen Steuerfestsetzung zu verstehen, die auch in einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung oder in einer Steueranmeldung bestehen kann (Abschn. 19.2 Abs. 6 UStAE). Unanfechtbarkeit bedeutet nicht Unabänderbarkeit (s.a. AEAO vor §§ 172 bis 177, Nr. 1).

3.2.2. Widerruf nach Ablauf der Fünfjahresfrist

Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kj. (Abschn. 19.2 Abs. 3 UStAE). Nach Ablauf der Fünfjahresfrist kann der Unternehmer die Erklärung mit Wirkung vom Beginn eines Kj. an widerrufen (§ 19 Abs. 2 Satz 3 UStG). Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kj., für das er gelten soll, zu erklären (§ 19 Abs. 2 Satz 4 UStG). Im Falle des Widerrufs kann der Unternehmer die Rechnungen, in denen er die USt gesondert ausgewiesen hat, nach § 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG berichtigen (Abschn. 19.2 Abs. 4 UStAE; → Kleinunternehmer unter dem Gliederungspunkt »Verzicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG).

Mit Urteil vom 23.9.2020 (XI R 34/19, BFH/NV 2021, 424, LEXinform 0952628) nimmt der BFH zum Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung Stellung. Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung wirkt auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume, bis dieser vom Stpfl. widerrufen wird. Eine einmal abgegebene Verzichtserklärung und damit die Anwendung der Regelbesteuerung wirkt grundsätzlich bis zu ihrem Widerruf.

Beispiel 4:

Der Stpfl. U verzichtet im Gründungsjahr 06 seines Unternehmens auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. In den Jahren 06 bis einschließlich 16 gibt U USt-Erklärungen ab, in denen er die USt nach allgemeinen Vorschriften berechnet. In den Jahren 11 und 12 führt er Bruttoumsätze oberhalb von 22 000 € aus. In den übrigen Jahren liegen seine Bruttoumsätze unterhalb der Grenze von 22 000 €.

Mit der im Kj 18 eingereichten USt-Erklärung für das Kj. 17 wendet der Stpfl. erstmalig die Kleinunternehmerregelung an.

Das FA teilt dem Stpfl. U mit, dass der Wechsel von der Regel- zur Kleinunternehmerbesteuerung für das Jahr 17 nicht möglich ist, da U innerhalb der letzten fünf Jahre von der Option nach § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG Gebrauch gemacht habe und deshalb insoweit gebunden ist. Aufgrund der Überschreitung der Grenze für Bruttoumsätze i.H.v. 22 000 € in den Jahren 11 und 12 hat U in den Jahren 12 und 13 der Regelbesteuerung unterlegen. Die Unterschreitung dieser Grenze im Jahr 13 führt dazu, dass die Abgabe der Umsatzsteuererklärung 14 einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung darstellt. Damit ist U nach § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG für fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Umsatzsteuerjahresfestsetzung 14 gebunden (Kj. 14 bis 18), sodass er für das Kj. 17 nicht den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung widerrufen kann.

Lösung 4:

Zu Sachverhalt und Lösung s. BFH vom 23.9.2020 (XI R 34/19, BFH/NV 2021, 424, LEXinform 0952628).

U hat im Gründungsjahr 06 durch Verzicht auf die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung die fünfjährige Bindungsfrist in Gang gesetzt, welche vor Beginn des Jahrs 17 – nämlich mit Ablauf des Kj. 10 – endete. Der Verzicht wirkt anschließend fort, sodass kein erneuter Verzicht notwendig ist. In den zwei darauffolgenden Jahren 11 und 12 überschreitet U mit seinen Umsätzen zzgl. der darauf entfallenden USt zwar die Umsatzgrenze, so dass eine Regelbesteuerung in den Folgejahren 12 und 13 ohnehin durchzuführen ist. Jedoch führt dieser Übergang zur Regelbesteuerung weder zum konkludenten Widerruf der Verzichtserklärung noch zum Widerruf des erklärten Verzichts. Das Überschreiten der Umsatzgrenze hat daher nicht eine automatische Beendigung des Verzichts auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zur Folge. Vielmehr bleibt dieser Verzicht aus dem Jahr 06 auch in diesen Jahren wirksam; er entfaltet nur keine Wirkungen. Auch im darauffolgenden Jahr 14 ist dieser Verzicht weiterhin wirksam, sodass die entsprechend abgegebene Umsatzsteuererklärung keine erneute Erklärung eines Verzichts auf die Kleinunternehmerregelung darstellt. Diese ist auch nicht erforderlich, weil der Verzicht aus der Unternehmensgründung im Jahr 06 weiterhin wirksam ist. Mit der Einreichung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 17 hat U allerdings wirksam diesen Verzicht aus dem Gründungsjahr 06 widerrufen.

In diesem Zusammenhang stellt der BFH klar, dass die fünfjährige Bindung an den Verzicht des Stpfl. auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung an seine erstmalige Steuererklärung, in der die allgemeinen Vorschriften angewandt wurden, anknüpft. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass nach Ablauf der Bindungsfrist von fünf Jahren der Stpfl. konkludent mit der Abgabe der Steuererklärung unter Beachtung der Regelbesteuerung wiederum eine neue Bindungsfrist in Gang setzt. Eine solche Regelung enthält das UStG nicht. Vielmehr deutet das Wort »mindestens« sowohl in § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG als auch § 19 Abs. 2 Satz 3 UStG auf eine Fortgeltung hin. Nach dem Ende der Fünfjahresfrist seit dem erstmaligen Verzicht kann daher für jedes weitere Jahr von dem Verzicht gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG Gebrauch gemacht werden, ohne dass es einer erneuten Erklärung bedarf. Es beginnt nicht jeweils eine neue Fünfjahresfrist. Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung wirkt fort, bis er ohne weiteres Bindungshemmnis vom Stpfl. widerrufen wird. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut der Regelung (s.a. Anmerkung vom 22.12.2020, LEXinform 0653799).

3.3. Unterschreiten der Umsatzgrenzen

Die Kleinunternehmereigenschaft ist dann gegeben, wenn der Gesamtumsatz im voran-gegangenen Kj. 22 000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kj. 50 000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird (§ 19 Abs. 1 UStG; s.a. → Gesamtumsatz und dort den Gliederungspunkt »Umsatzermittlung« und dort »Anzahlungen«). Sind sämtliche Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 UStG erfüllt, ist die Kleinunternehmerregelung anzuwenden (s.a. → Gesamtumsatz unter dem Gliederungspunkt »Umrechnung des Gesamtumsatzes bei einem kürzeren Besteuerungszeitraum«).

Beispiel 5:

1.3.22

Beginn der unternehmerischen Tätigkeit. Voraussichtlicher Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zzgl. USt zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit

12 500 €

tatsächlicher Umsatz zzgl. USt

19 200 €

Lösung für Kj. 22:

Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit im laufenden Kj. ist allein auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kj. abzustellen. Es kommt hierbei auf die Grenze von 22 000 € an. Der voraussichtliche Gesamtumsatz des Erstjahres ist dabei in einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz entsprechend § 19 Abs. 3 Satz 3 und 4 UStG umzurechnen. Der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz beträgt somit: 12 500 € : 10 × 12 = 15 000 €.

Der Unternehmer fällt zu Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit unter § 19 Abs. 1 UStG, da der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit kleiner ist als 22 000 €.

Beispiel 5 (Fortsetzung):

Kj. 23

voraussichtlicher Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zzgl. USt

18 000 €

tatsächlicher Umsatz

vereinnahme Bruttobeträge

19 000 €

zusätzlich eine Warenentnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG

1 000 €

Lösung für Kj. 23:

Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 UStG ist der tatsächliche Gesamtumsatz des Vorjahres in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen: 19 200 € : 10 × 12 = 23 040 €.

Der Unternehmer fällt im Kj. 23 nicht unter § 19 Abs. 1 UStG, da der tatsächliche Gesamtumsatz im Kj. 22 23 040 € betrug und somit 22 000 € übersteigt.

Beispiel 5 (Fortsetzung):

Kj. 24

voraussichtlicher Umsatz zzgl. USt

25 000 €

tatsächlicher Umsatz zzgl. USt

24 000 €

Lösung für Kj. 24:

Der tatsächliche Vorjahresgesamtumsatz zzgl. USt im Kj. 23 i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG beträgt

vereinnahmte Bruttobeträge

19 000 €

zzgl. unentgeltliche Wertabgabe

1 000 €

zzgl. darauf entfallende USt 19 %

190 €

Der Vorjahresumsatz im Kj. 23 zzgl. USt beträgt

20 190 €

Der Vorjahresumsatz im Kj. 23 ist somit kleiner als 22 000 €. Der voraussichtliche Umsatz des laufenden Kj. 24 i.H.v. 25 000 € übersteigt ebenfalls nicht die Grenze von 50 000 €. Daher fällt der Unternehmer unter § 19 Abs. 1 UStG.

Der Unternehmer hat nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG allerdings die Möglichkeit, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten.

Im Beispiel 5 tritt ein Wechsel der Besteuerungsform im Kj. 23 dann nicht ein, wenn der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG im Kj. 22 auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet hätte. Der Verzicht im Kj. 22 führt zur Bindungswirkung an die Regelbesteuerung für fünf Kj. Die Fünfjahresfrist beginnt zu Beginn des Kj. 22 und endet mit Ablauf des Kj. 26 (Abschn. 19.2 Abs. 3 UStAE). Der Verzicht im Kj. 22 führt dazu, dass auch im Kj. 24, trotz Unterschreitens der Kleinunternehmergrenzen, die Regelbesteuerung anzuwenden ist.

Merke:

Das Unterschreiten der maßgeblichen Umsatzgrenzen führt nicht automatisch zu einem gesetzlichen Wechsel der Besteuerungsform.

Aus der Verwendung des Wortes »mindestens« in § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG sowie aus § 19 Abs. 2 Satz 3 UStG wird deutlich, dass der Verzicht i.S.d. § 19 Abs. 2 UStG nicht nach Ablauf von fünf Jahren unwirksam wird, sondern bis zu einem Widerruf fortwirkt (s.a. BFH vom 23.9.2020, XI R 34/19, BFH/NV 2021, 424, LEXinform 0952628 in Beispiel 4).

3.4. Behandlung der Umsätze

Beim Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung gelten folgende Grundsätze:

  1. Umsätze, die der Unternehmer vor dem Übergang ausgeführt hat, unterliegen der Regelbesteuerung (Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 1 UStAE).

  2. Umsätze, die der Unternehmer nach dem Übergang ausführt, fallen unter § 19 Abs. 1 UStG (Abschn. 19.5 Abs. 7 Satz 1 UStAE).

    Sind Anzahlungen für diese Umsätze vor dem Übergang vereinnahmt und der USt unterworfen worden, ist die entrichtete Steuer zu erstatten, sofern keine Rechnungen ausgestellt wurden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (Abschn. 19.5 Abs. 7 Satz 2 UStAE).

Versteuert der Unternehmer die Umsätze vor dem Übergang nach vereinbarten Entgelten (→ Sollversteuerung) und werden die Entgelte nach dem Übergang vereinnahmt, so waren die Umsätze bereits vor dem Übergang zu versteuern, und zwar in dem Besteuerungs- oder Voranmeldungszeitraum, in dem sie ausgeführt wurden. Eine Besteuerung zum Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung entfällt (Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 UStAE).

Versteuert der Unternehmer die Umsätze vor dem Übergang nach vereinnahmten Entgelten (→ Istversteuerung) und werden die Entgelte nach dem Übergang vereinnahmt, so waren die Umsätze vor dem Übergang noch nicht versteuert. Die Umsätze sind nach dem Übergang der Regelbesteuerung zu unterwerfen, und zwar in dem Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum, in dem die Entgelte vereinnahmt werden (Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 UStAE).

Beispiel 6:

Kj. 12

Kj. 13

Unternehmer U1 unterliegt der Regelbesteuerung. Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr.

Unternehmer U1 ist Kleinunternehmer i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG.

1.

Umsatz ausgeführt

an Unternehmer U2

Entgelt

5 000 €

19 % USt

950 €

Bruttobetrag

5 950 €

Zahlung der Rechnung durch Unternehmer U2 am 15.2.13.

Die geschuldete USt i.H.v. 950 € wird erhoben. Sie entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung ausgeführt wurde (Versteuerung nach vereinbarten Entgelten).

Die USt ist gesondert in einer Rechnung auszuweisen.

Der Umsatz i.H.v. 5 000 € fällt unter die Regelbesteuerung, da der Umsatz vor dem Übergang zur Kleinunternehmerregelung ausgeführt wurde (Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 1 UStAE).

Bei einer Versteuerung nach vereinbarten Entgelten war der Umsatz bereits vor dem Übergang zu versteuern.

Hat der Unternehmer die Steuer vor dem Übergang zur Kleinunternehmerregelung nach vereinnahmten Entgelten berechnet, sind die Umsätze nach dem Übergang der Regelbesteuerung zu unterwerfen.

Der Umsatz i.H.v. 5 000 € fällt unter die Regelbesteuerung, da der Umsatz vor dem Übergang zur Kleinunternehmerregelung ausgeführt wurde (Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 1 UStAE).

Der Umsatz ist in dem Besteuerungs- oder Voranmeldungszeitraum zu versteuern, in dem die Entgelte vereinnahmt werden (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG; Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 UStAE).

2.

Unternhemer U2 zahlt eine Rechnung über 5 000 € zzgl. 19 % USt i.H.v. 950 €, insgesamt somit 5 950 € für einen Umsatz, den Unternehmer U1 im Kj. 13 ausführen wird.

Unternehmer U1 führt am 15.2.13 den Umsatz an Unternehmer U2 aus.

Wegen der Anwendung der Regelbesteuerung ist die vereinnahmte USt i.H.v. 950 € an das FA abzuführen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 oder § 13 Abs.1 Nr. 1 Buchst. b UStG).

Der Umsatz fällt unter die Kleinunternehmerregelung, da der Umsatz nach dem Übergang ausgeführt wurde (Abschn. 19.5 Abs. 7 Satz 1 UStAE).

Da die Anzahlung für diesen Umsatz vor dem Übergang vereinnahmt und der USt unterworfen wurde, ist die entrichtete Steuer zu erstatten (Abschn. 19.5 Abs. 7 Satz 2 UStAE).

Über die Anzahlung wurde keine Rechnung ausgestellt, die zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die entrichtete USt ist zu erstatten.

Über die Anzahlung wurde eine Rechnung ausgestellt, die zum Vorsteuerabzug berechtigte.

Die Steuer kann erst dann erstattet werden, wenn der Unternehmer die Rechnung in entsprechender Anwendung des § 14c Abs. 1 UStG berichtigt.

3.5. Vorsteuerabzug

Unternehmer, die von der allgemeinen Besteuerung des UStG zur Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug für folgende Beträge nicht vornehmen:

  1. gesondert in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur Kleinunternehmerregelung übergingen;

  2. Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die nach dem Zeitpunkt, zu dem sie zur Kleinunternehmerregelung übergingen, für ihr Unternehmen eingeführt worden sind;

  3. die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, die nach dem Zeitpunkt für ihr Unternehmen erworben wurden, zu dem sie zur Kleinunternehmerreglung übergingen;

  4. die vom Leistungsempfänger nach § 13b UStG und § 25b UStG geschuldete Steuer für Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur Kleinunternehmerreglung übergingen.

Zum Vorsteuerabzug berechtigt sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur Kleinunternehmerreglung ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Bezüge, die erstmalig nach dem Übergang zur Kleinunternehmerregelung verwendet werden. Auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht an (Abschn. 15.1 Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 UStAE).

Hat ein Kleinunternehmer, der von der allgemeinen Besteuerung zur Sonderregelung des § 19 Abs. 1 UStG übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, muss er den vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung rückgängig machen. Der die Leistung ausführende Unternehmer hat darüber eine berichtigte Rechnung zu erteilen (s.a. Abschn. 19.5 Abs. 7 Satz 2 UStAE).

3.6. Änderung der Bemessungsgrundlage

Ändert sich nach dem Übergang die Bemessungsgrundlage für Umsätze, die vor dem Übergang ausgeführt worden sind, ist bei der Berichtigung der für diese Umsätze geschuldeten Steuerbeträge (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStG) zu beachten, dass die Umsätze der Regelbesteuerung unterlegen haben. Entsprechendes gilt für die Berichtigung von vor dem Übergang abgezogenen Steuerbeträgen nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 und 3 UStG (Abschn. 19.5 Abs. 9 UStAE).

4. Wechsel der Besteuerungsform bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben

4.1. Wechselgründe

4.1.1. Wechsel von § 24 UStG zu den allgemeinen Vorschriften

Ein Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG zu den allgemeinen Vorschriften des UStG tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer nach § 24 Abs. 4 UStG auf die Anwendung des § 24 Abs. 1 USG verzichtet hat,

  • die Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 UStG überschritten ist oder

  • der Unternehmer einen Betrieb erwirbt, für den der Veräußerer auf die Durchschnittssatzbesteuerung verzichtet hat.

4.1.2. Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 24 UStG

Ein Wechsel von der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu der Durchschnittssatzbesteuerung tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer den Verzicht auf die Anwendung des § 24 UStG wirksam widerrufen hat oder

  • die Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 UStG unterschritten ist.

4.2. Besonderheiten zur Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 UStG

Mit Art. 11 Nr. 6 Buchst. a und Nr. 7 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) hat der Gesetzgeber in § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG eine Umsatzgrenze i.H.v. 600 000 € eingefügt (s.a. BT-Drs. 19/25160, 51). Diese ist erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 bewirkt werden (§ 27 Abs. 32 UStG; s.a. → Land- und Forstwirtschaft unter dem Gliederungspunkt »Die umsatzsteuerrechtliche Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG« und dort »Gemeinschaftsrecht«). Sofern der → Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) für das gesamte Unternehmen im vorangegangenen Kj mehr als 600 000 € betragen hat, sind nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsätze im laufenden Kj. zwingend nach der Regelbesteuerung zu versteuern. Hinsichtlich der Einführung der Umsatzgrenze in § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG wurde durch das BMF-Schreiben vom 2.6.2022 (BStBl I 2022, 926) Abschn. 24.1a UStAE neu eingefügt.

4.3. Vorrang der Durchschnittssatzbesteuerung vor anderen Vorschriften des UStG

Für Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs i.S.d. § 24 Abs. 2 UStG geht die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG der Besteuerung nach den anderen Vorschriften des Gesetzes vor. Das gilt auch in Bezug auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG (Abschn. 24.8 Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStAE; s.a. Abschn. 19.4 UStAE).

4.4. Wechsel von § 24 UStG zu den allgemeinen Vorschriften

4.4.1. Verzicht auf die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung

4.4.1.1. Bindungswirkung

Der Unternehmer kann spätestens bis zum 10. Tag eines Kj. gegenüber dem FA erklären, dass seine Umsätze vom Beginn des vorangegangenen Kj. an nicht nach den Durchschnittssätzen, sondern nach den allgemeinen Vorschriften dieses Gesetzes besteuert werden sollen. Diese Frist ist nicht verlängerbar. Fällt das Ende der Frist zur Abgabe der Optionserklärung jedoch auf einen Sonntag, Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags (§ 108 Abs. 3 AO; s. LfSt Niedersachsen vom 26.7.2021, S 7418 – 53 – St 186, UR 2021, 803, SIS 21 17 90). Er unterliegt damit der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes (→ Land- und Forstwirtschaft unter dem Gliederungspunkt »Die umsatzsteuerrechtliche Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG« und dort »Verzicht auf die Durchschnittssatzbesteuerung). Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kj. (§ 24 Abs. 4 Satz 2 UStG). Die Fünfjahresfrist ist vom Beginn des ersten Kj. an zu berechnen, für das die Erklärung gilt (analoge Anwendung des Abschn. 19.2 Abs. 3 UStAE). Zum Widerruf der Option zur Versteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG s.u. den Gliederungspunkt »Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 24 UStG«.

4.4.1.2. Verhältnis des § 19 UStG zu § 24 UStG

Land- und Forstwirte können für ihre im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze die Regelung des § 19 Abs. 1 UStG nur in Anspruch nehmen, wenn sie nach § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG auf die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG verzichten. Will ein Land- und Forstwirt nach dem Ausscheiden aus der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG von § 19 Abs. 1 UStG keinen Gebrauch machen, muss er eine weitere Erklärung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG abgeben (Abschn. 24.8 Abs. 2 Satz 3 ff. UStAE).

4.4.2. Überschreiten der Umsatzgrenzen

Der Anwendungsbereich der Durchschnittssätze ist nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe solcher Unternehmer begrenzt, deren Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 600 000 € betragen hat. Überschreitet ein Unternehmer die Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG, hat er seine Umsätze nach den allgemeinen Regelungen zu versteuern (Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 1 und 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.6.2022, BStBl I 2022, 926). Das Überschreiten der maßgeblichen Umsatzgrenzen führt zu einem gesetzlichen Wechsel der Besteuerungsform.

Beachte:

Der gesetzliche Wechsel zur Regelbesteuerung stellt keine Option i.S.d. § 24 Abs. 4 UStG dar und bewirkt damit auch keine Bindungsfrist (vgl. Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 13 i.V.m. Abschn. 24.8 Abs. 3 UStAE).

4.4.3. Betriebserwerb

Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 9 bis 11 sowie Abschn. 24.8 Abs. 3 Satz 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.6.2022 (BStBl I 2022, 926) regeln die maßgebliche Besteuerungsform nach dem Hinzuerwerb eines Betriebs im Ganzen i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG.

Beachte:

Beim Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist der Betriebserwerber als Rechtsnachfolger des Veräußerers anzusehen und demgemäß an eine mögliche Option nach § 24 Abs. 4 UStG und auch an die Optionsfrist gebunden (Abschn. 24.8 Abs. 3 Satz 2 UStAE).

4.4.4. Behandlung der Umsätze

Beim Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG zu den allgemeinen Vorschriften des UStG sind zwei Grundsätze zu beachten:

  1. Umsätze, die der Unternehmer vor dem Übergang ausgeführt hat, fallen auch dann unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG (→ Land- und Forstwirtschaft), wenn die Entgelte nach diesem Zeitpunkt vereinnahmt werden (Abschn. 19.5 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 UStAE).

  2. Umsätze, die der Unternehmer nach dem Übergang ausgeführt hat, unterliegen immer den allgemeinen Vorschriften des UStG. Vereinnahmte Anzahlungen, die der Unternehmer vor dem Übergang vereinnahmt hat, sind im ersten Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang nach den allgemeinen Vorschriften des UStG der USt zu unterwerfen (Abschn. 19.5 Abs. 2 i.V.m. Abschn. 15.3 Abs. 2 UStAE).

4.4.5. Vorsteuerabzug

Nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG werden die Vorsteuerbeträge pauschal auf bestimmte Prozentbeträge der Bemessungsgrundlage für die pauschal besteuerten Umsätze festgesetzt, denen sie zuzurechnen sind. Der pauschal besteuerte Land- und Forstwirt ist dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Höhe nach sind dem → Vorsteuerabzug zwei Grenzen gezogen: Vorsteuerbeträge sind nur pauschal i.H.v. 5,5 % bzw. 9,5 % (§ 24 Abs. 1 Satz 3 UStG) der Bemessungsgrundlage der land- und forstwirtschaftlichen Ausgangsumsätze abziehbar.

Beachte:

Durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht vom 21.12.2021 (BGBl I 2021, 5250) wird zum 1.1.2022 der Durchschnittssatz für Pauschallandwirte des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sowie des Satz 3 UStG von bisher 10,7 % auf 9,5 % angepasst. Weiterhin wird in § 24 Abs. 5 UStG die Berechnung des Durchschnittssatzes im Gesetz festgeschrieben (BT-Drs. 20/12, 10 und 14).

Unternehmer, die von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG zu den allgemeinen Vorschriften des UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für gesondert in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Lieferungen und sonstige Leistungen vornehmen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur allgemeinen Besteuerung übergingen (s. Abschn. 24.1a Abs. 3 i.V.m. Abschn. 15.1 Abs. 5 UStAE).

Beachte:

Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach dem Wechsel zu den allgemeinen Vorschriften des UStG ist allerdings, dass die Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG nicht zur Anwendung kommt.

Kleinunternehmer sind nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie der Sonderregelung des § 19 Abs. 1 UStG unterliegen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG).

Der Vorsteuerabzug ist bis zum Zeitpunkt des Übergangs durch die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung abgegolten (s.a. Abschn. 19.5 Abs. 10 Satz 2 UStAE).

Beispiel 7:

Ein pauschalierender Landwirt errichtet einen Stall. Der Bau beginnt im Jahr 01. Die Fertigstellung und die erstmalige Verwendung des Stalles erfolgen im Jahr 03. Der Landwirt optiert ab 1.1.03 zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG. Für von verschiedenen Handwerkern für die Errichtung des Stalles bezogene Lieferungen und Leistungen in den Jahren 01 und 02 besitzt der Landwirt Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis.

Lösung 7:

Der Vorsteuerabzug ist trotz der erstmaligen Nutzung des Stallgebäudes im Rahmen der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG nur für ab dem 1.1.03 an den Landwirt ausgeführte Lieferungen und Leistungen möglich. Ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Jahre 01 und 02 ist nicht zulässig (FinMin Hessen vom 19.1.1998, S 7316 A – 2 – II A 42, UR 1998, 244; Abschn. 15.1 Abs. 5 Satz 4 ff. UStAE).

4.4.6. Änderung der Bemessungsgrundlage

Ändert sich nach dem Übergang von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Versteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG die Bemessungsgrundlage für Umsätze, die vor dem Übergang im Zusammenhang mit der Durchschnittssatzbesteuerung ausgeführt worden sind, ist bei der Berichtigung der für diese Umsätze geschuldeten Steuerbeträge (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStG) zu beachten, dass die Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung unterlegen haben.

Beachte:

Die Regelungen der §§ 14 und 14a UStG zur Rechnungserteilung (→ Rechnung) gelten auch für die im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Als anzuwendender Steuersatz (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG) ist der für den Umsatz maßgebliche Durchschnittssatz von 5,5 %, 19 % oder 9,5 % (bis 31.12.2021: 10,7 %) anzugeben (§ 24 Abs. 1 Satz 5 UStG); dies gilt auch für Gutschriften (Abschn. 24.9 Satz 1 und 2 UStAE; s.a. → Land- und Forstwirtschaft unter dem Gliederungspunkt »Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung und Vorsteuerabzug« und dort »Rechnungsausstellung«).

4.5. Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 24 UStG.

4.5.1. Widerruf des Verzichts auf die Anwendung des § 24 UStG

4.5.1.1. Bindungsfrist von fünf Jahren

Die Erklärung des Verzichts auf die Anwendung des § 24 Abs. 1 UStG nach § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG bindet den Unternehmer grds. mindestens für fünf Kj. (s.a. Abschn. 24.8 Abs. 3 UStAE).

Nach Ablauf der Fünfjahresfrist kann der Unternehmer die Erklärung mit Wirkung vom Beginn eines Kj. an widerrufen (§ 24 Abs. 4 Satz 3 UStG). Der Widerruf ist spätestens bis zum 10. Tag nach Beginn dieses Kj. zu erklären (§ 24 Abs. 4 Satz 4 UStG). Eine einmal abgegebene Verzichtserklärung und damit die Anwendung der allgemeinen Vorschriften des UStG wirkt grds. bis zu ihrem Widerruf (s. BFH vom 23.9.2020, XI R 34/19, BFH/NV 2021, 424, LEXinform 0952628; s.o. das Beispiel 4).

4.5.1.2. Besonderheiten für Kleinunternehmer

Hat der Unternehmer nach dem Ausscheiden aus der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG die Vorschrift des § 19 Abs. 1 UStG angewendet, kann er jedoch die Erklärung mit Wirkung vom Beginn eines jeden folgenden Kj. an widerrufen (§ 71 UStDV). Das gilt nicht, wenn der Unternehmer nach dem Ausscheiden aus der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG eine weitere Erklärung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG abgegeben hat. In diesem Fall gilt für ihn die Bindungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG (s.o.; Abschn. 24.8 Abs. 3 UStAE).

4.5.2. Unterschreiten der Umsatzgrenzen

Der Anwendungsbereich der Durchschnittssätze ist nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe solcher Unternehmer begrenzt, deren → Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 600 000 € betragen hat (Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2.6.2022, BStBl I 2022, 926). Dies gilt erstmals für Umsätze, die nach dem 31.12.2021 bewirkt werden (§ 27 Abs. 32 UStG).

Beispiel 8:

1.3.22

Beginn der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit i.S.d. § 24 Abs. 1 und 2 UStG. Voraussichtlicher Umsatz i.S.d. § 24 Abs. 1 UStG zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit

12 500 €

tatsächlicher Umsatz

19 200 €

Lösung für Kj. 22:

Die Prüfung der Umsatzgrenze erfolgt anhand der Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (ohne USt), die der Unternehmer mit seinem gesamten Unternehmen im vorangegangenen Kj. erzielt hat und unter Zugrundelegung der im maßgeblichen Kj. angewandten Besteuerungsart (Sollversteuerung oder Istversteuerung; Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 4 UStAE).

Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit im laufenden Kj. ist allein auf den voraussichtlichen (Netto-)Umsatz des laufenden Kj. abzustellen (Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 6 UStAE). Der voraussichtliche (Netto)Gesamtumsatz des Erstjahres ist dabei in einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Abschn. 19.3 Abs. 3 UStAE). Der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz beträgt somit: 12 500 € : 10 × 12 = 15 000 €.

Der Unternehmer fällt zu Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit unter § 24 Abs. 1 UStG, da der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit kleiner ist als 600 000 €.

Beachte:

Für Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs i.S.d. § 24 Abs. 2 UStG geht die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG der Besteuerung nach den anderen Vorschriften des Gesetzes vor. Das gilt auch in Bezug auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG. Land- und Forstwirte können daher für ihre im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze die Regelung des § 19 Abs. 1 UStG nur in Anspruch nehmen, wenn sie nach § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG auf die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 bis 3 UStG verzichten (Abschn. 24.8 Abs. 2 Satz 1 ff. UStAE).

Beispiel 8 (Fortsetzung):

Kj. 23

voraussichtlicher (Netto)Umsatz i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG

580 000 €

tatsächlicher Umsatz

610 000 €

Lösung für Kj. 23:

Da der Unternehmer im vorangegangenen Kj. in seinem Unternehmen die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG angewendet hat, sind bei der Berechnung des Gesamtumsatzes die vereinbarten Entgelte (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG) zugrunde zu legen (Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 5 UStAE).

Der tatsächliche Nett-Soll-Gesamtumsatz des Vorjahres ist in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen: 19 200 € : 10 × 12 = 23 040 €.

Der Unternehmer fällt im Kj. 23 weiterhin unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG, da der tatsächliche Gesamtumsatz im Kj. 22 23 040 € betrug und somit 600 000 € nicht übersteigt.

Beispiel 8 (Fortsetzung):

Kj. 24

voraussichtlicher Netto-Soll-Umsatz

615 000 €

tatsächlicher Netto-Soll-Umsatz

599 000 €

Lösung für Kj. 24:

Der tatsächliche Vorjahresgesamtumsatz im Kj. 23 beträgt

610 000 €

Der Vorjahresumsatz im Kj. 23 ist größer als 600 000 €. Der Unternehmer muss im Kj. 24 seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des UStG versteuern.

4.5.3. Behandlung der Umsätze

Beim Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 24 UStG gelten folgende Grundsätze:

  1. Umsätze, die der Unternehmer vor dem Übergang ausgeführt hat, unterliegen den allgemeinen Vorschriften des UStG (analoge Anwendung des Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 UStAE).

    Es könnte sich auch um einen Wechsel von der Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG zur Besteuerung nach § 24 UStG handeln (s. Abschn. 19.5 Abs. 1 bis Abs. 5 UStAE).

  2. Umsätze, die der Unternehmer nach dem Übergang ausführt, fallen unter § 24 Abs. 1 UStG.

    Sind Anzahlungen für diese Umsätze vor dem Übergang vereinnahmt und der USt unterworfen worden, ist die entrichtete Steuer zu erstatten, sofern keine Rechnungen ausgestellt wurden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (Abschn. 19.5 Abs. 7 Satz 2 UStAE).

Versteuert der Unternehmer die Umsätze vor dem Übergang nach vereinbarten Entgelten (→ Sollversteuerung) und werden die Entgelte nach dem Übergang vereinnahmt, so waren die Umsätze bereits vor dem Übergang zu versteuern, und zwar in dem Besteuerungs- oder Voranmeldungszeitraum, in dem sie ausgeführt wurden. Eine Besteuerung zum Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung entfällt (Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 UStAE).

Versteuert der Unternehmer die Umsätze vor dem Übergang nach vereinnahmten Entgelten (→ Istversteuerung) und werden die Entgelte nach dem Übergang vereinnahmt, so waren die Umsätze vor dem Übergang noch nicht versteuert. Die Umsätze sind nach dem Übergang noch den allgemeinen Vorschriften (Regelbesteuerung) zu unterwerfen, und zwar in dem Besteuerungs- bzw. Voranmeldungszeitraum, in dem die Entgelte vereinnahmt werden (Abschn. 19.5 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 UStAE).

Beim Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 24 UStG ist der Netto-Vorjahresgesamtumsatzes unter Zugrundelegung der im maßgeblichen Kj. angewandten Besteuerungsart (Soll- oder Istversteuerung) zu berechnen (Abschn. 24.1a Abs. 1 Satz 4 UStAE).

4.5.4. Vorsteuerabzug

Unternehmer, die von der allgemeinen Besteuerung des UStG zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug für folgende Beträge nicht vornehmen:

  1. gesondert in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur Durchschnittssatzbesteuerung übergingen.

    Die abzugsfähigen Vorsteuern werden nach § 24 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG auf 5,5 % bzw. 9,5 % (bis 31.12.2021: 10,7 %) für die Umsätze i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG festgesetzt (s.a. Abschn. 24.7 Abs. 2 Satz 1 UStAE);

  2. Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die nach dem Zeitpunkt, zu dem sie zur Durchschnittssatzbesteuerung übergingen, für ihr Unternehmen eingeführt worden sind;

  3. die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, die nach dem Zeitpunkt für ihr Unternehmen erworben wurden, zu dem sie zur Durchschnittssatzbesteuerung übergingen (→ Land- und Forstwirtschaft unter dem Gliederungspunkt »Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung und Vorsteuerabzug« und dort »Innergemeinschaftliche Erwerbe«).

    Vorsteuerbeträge i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG sind nicht abziehbar, weil § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG bestimmt, dass ein weiterer als der pauschalierte Vorsteuerabzug entfällt;

  4. die vom Leistungsempfänger nach § 13b UStG und § 25b UStG geschuldete Steuer für Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur Durchschnittssatzbesteuerung übergingen.

    Der Land- und Forstwirt als Leistungsempfänger hat bei der Steuerberechnung den Steuersatz zugrunde zu legen, der sich für den maßgeblichen Umsatz nach § 12 UStG ergibt. Das gilt auch in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger die Besteuerung nach § 24 Abs. 1 UStG anwendet (§ 13b Abs. 8 UStG; Abschn. 13b.13 Abs. 4 UStAE).

    Der Land- und Forstwirt kann die von ihm nach § 13b Abs. 5 UStG geschuldete USt nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer abziehen, da lediglich ein pauschalierter Vorsteuerabzug nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG zulässig ist.

Zum Vorsteuerabzug berechtigt sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur Durchschnittssatzbesteuerung ausgeführt worden sind; es sei denn, es handelt sich um einen Kleinunternehmer. Das gilt auch für Bezüge, die erstmalig nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung verwendet werden. Auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht an (Abschn. 15.1 Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 UStAE; s.o. auch das Beispiel 7).

Hat ein Land- und Forstwirt, der von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, muss er den vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung rückgängig machen. § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG bestimmt, dass ein weiterer als der pauschalierte Vorsteuerabzug entfällt. Die Vorsteuerbeträge sind nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG nur in Höhe der Pauschsätze von 5,5 % bzw. 9,5 % abzugsfähig. Ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt.

5. Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

Eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a Abs. 7 UStG liegt vor, wenn der Unternehmer von der allgemeinen Besteuerung

  • zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG oder umgekehrt übergeht, ohne dass sich die Nutzung der Wirtschaftsgüter oder sonstigen Leistungen selbst geändert haben muss (Abschn. 15a.2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 und Abschn. 15a.9 UStAE

  • zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a (s. den nachfolgen Gliederungspunkt) und 24 UStG oder umgekehrt übergeht (§ 15a Abs. 7 UStG), ohne dass sich die Nutzung der WG oder sonstigen Leistungen selbst geändert haben muss (zur Vorsteuerberichtigung bei WG, die sowohl in einem gewerblichen Unternehmensteil als auch in einem landwirtschaftlichen Unternehmensteil (§ 24 UStG) eingesetzt werden, und zum Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG oder umgekehrt s. Abschn. 15a.9 Abs. 5 ff. UStAE sowie → Vorsteuerberichtigung (Abschn. 15a Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 UStAE).

6. Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a UStG und umgekehrt

6.1. Durchschnittssätze für den Vorsteuerabzug nach § 23 UStG

6.1.1. Voraussetzungen für die Anwendung

Unternehmer, die in bestimmten Berufs- bzw. Gewerbezweigen tätig sind, können ihre Vorsteuer bzw. Teile ihrer Vorsteuer abweichend von § 15 UStG pauschal ohne einen besonderen Nachweis bzw. eine Rechnung mit einem bestimmten Prozentsatz ihres Netto-Ausgangsumsatzes im betreffenden Berufs- bzw. Gewerbezweig geltend machen. Die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge, die normalerweise mit Eingangsumsätzen zusammenhängen, werden pauschal mit einem bestimmten Prozentsatz des Ausgangsumsatzes bemessen.

Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen Durchschnittsätze nach § 23 UStG sind:

  • Regelbesteuerung,

  • Antrag nach § 23 UStG (§ 23 Abs. 3 UStG),

  • kein Widerruf einer genehmigten pauschalen Vorsteuerermittlung innerhalb der vorangegangenen fünf Kj. (§ 23 Abs. 3 Satz 4 UStG),

  • keine Buchführungspflicht im betreffenden Berufs- bzw. Gewerbezweig (§ 23 Abs. 1 UStG),

  • Vorjahresumsatz i.S.d. § 69 Abs. 2 UStDV im betreffenden Berufs- bzw. Gewerbezweig von nicht mehr als 61 356 € netto (§ 69 Abs. 3 UStDV),

  • Umsätze in einem Berufs- oder Gewerbezweig lt. Anlage zu den §§ 69, 70 UStDV im betreffenden Kj.

Beachte:

Bei der Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes (61 356 €-Grenze des § 69 Abs. 3 UStDV) wird nicht auf den Gesamtumsatz des § 19 Abs. 3 UStG abgestellt (Abschn. 23.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE). Der maßgebliche Umsatz ist nach den Vorgaben des § 69 Abs. 2 UStDV zu berechnen (→ Allgemeine Durchschnittssätze).

6.1.2. Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 23 UStG

6.1.2.1. Allgemeiner Überblick über die Wechselgrüne

Ein Wechsel von der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu der Durchschnittssatzbesteuerung des § 23 UStG tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer die Anwendung des § 23 UStG bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung beim FA beantragt hat (§ 23 Abs. 3 Satz 1 UStG; → Allgemeine Durchschnittssätze unter dem Gliederungspunkt »Antrag nach § 23 UStDV«),

  • die Umsatzgrenze des § 69 Abs. 3 UStDV unterschritten ist (→ Allgemeine Durchschnittssätze unter dem Gliederungspunkt »Umsatzgrenze i.S.d. § 69 Abs. 3 UStDV«) oder

  • die Buchführungspflicht (§§ 238 HGB bzw. 141 AO) entfällt (→ Allgemeine Durchschnittssätze unter dem Gliederungspunkt »Keine Buchführungspflicht«).

6.1.2.2. Antrag auf Anwendung des § 23 UStG

Der Antrag auf Besteuerung nach einem festgesetzten Durchschnittssatz, seine Rücknahme und sein Widerruf (s.u.) sind an keine bestimmte Form gebunden und können auch durch schlüssiges Verhalten vorgenommen werden. Berechnet der Unternehmer zum Beispiel in den Voranmeldungen oder in der Jahreserklärung die Vorsteuer nach einem Durchschnittssatz, ist darin ein Antrag zu sehen. Eines besonderen Bescheides bedarf es nur bei Ablehnung des Antrages (Abschn. 23.4 Abs. 2 UStAE).

Hinweis:

Eine Rücknahme des Antrags liegt vor, wenn der Antrag auf Besteuerung nach § 23 UStG zurückgenommen wird, bevor die Steuerfestsetzung unanfechtbar geworden ist. Bei der Rücknahme handelt es sich nicht um einen Widerruf i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 2 und 3 UStG (Abschn. 23.4 Abs. 3 UStAE).

6.1.2.3. Unterschreiten der Umsatzgrenze

Der Anwendungsbereich der Durchschnittssätze ist nach § 69 Abs. 3 UStDV auf solche Unternehmer begrenzt, deren Umsatz i.S.d. § 69 Abs. 2 UStDV im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 61 356 € betragen hat (Abschn. 23.1 UStAE).

Beispiel 9:

1.3.22

Beginn der unternehmerischen Tätigkeit. Voraussichtlicher Umsatz i.S.d. § 69 Abs. 2 UStDV zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit

50 000 €

tatsächlicher Umsatz ab 1.3.22

52 000 €

Lösung für Kj. 22:

Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit im laufenden Kj. ist allein auf den voraussichtlichen Umsatz i.S.d. § 69 Abs. 2 UStDV dieses Kj. abzustellen (Abschn. 23.1 Abs. 3 Satz 3 UStAE). Der voraussichtliche Umsatz des Erstjahres ist dabei in einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (Abschn. 23.1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abschn. 19.3 Abs. 3 UStAE). Der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz beträgt somit: 50 000 € : 10 × 12 = 60 000 €.

Unter den weiteren Voraussetzungen des § 23 UStG kann der Unternehmer ab dem Kj. 22 die Anwendung des § 23 UStG beantragen (s. Abschn. 23.4 UStAE). Die Anwendung des § 23 gilt dann bis auf Widerruf.

Beispiel 9 (Fortsetzung):

Kj. 23

tatsächlicher Umsatz

61 000 €

Lösung für Kj. 23:

Der tatsächliche Umsatz i.S.d. § 69 Abs. 2 UStDV des Vorjahres ist in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen: 52 000 € : 10 × 12 = 62 400 € (Abschn. 23.1 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStAE).

Der Vorjahresumsatz des Kj. 22 ist größer als 61 356 €. Der Unternehmer muss im Kj. 23 seine Vorsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des § 15 UStG ermitteln.

Beispiel 9 (Fortsetzung):

Kj. 24

tatsächlicher Umsatz

65 000 €

Lösung für Kj. 24:

Der tatsächliche Vorjahresgesamtumsatz im Kj. 23 beträgt

61 000 €

Der Vorjahresumsatz im Kj. 23 ist kleiner als 61 356 €. Der Unternehmer kann im Kj. 24 seine Vorsteuer wieder nach § 23 UStG ermitteln.

Beachte:

Der Wegfall von Voraussetzungen für die Anwendung von Durchschnittssätzen (Überschreiten der 61 356 €-Grenze oder Eintritt der Buchführungspflicht) im Kj. 23 gilt nicht als Widerruf, wenn der Unternehmer die Durchschnittssätze für das Kj wieder in Anspruch nimmt, bei dessen Beginn die Voraussetzungen zuerst wieder vorliegen (im Kj. 24). Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, gilt dies als Widerruf mit Wirkung vom Beginn des Kj. ab, für das die Durchschnittssätze zuerst nicht mehr angewendet werden durften (hier ab dem Kj. 23; Abschn. 23.4 Abs. 4 UStAE).

Eine erneute Besteuerung nach Durchschnittssätzen ist frühestens nach Ablauf von fünf Kj. zulässig, im Beispielsfall ab dem Kj. 28 (§ 23 Abs. 3 Satz 4 UStG).

6.1.2.4. Wegfall der Buchführungspflicht

Die Durchschnittssatzbesteuerung des § 23 UStG ist u.a. nur dann anzuwenden, wenn keine Buchführungspflicht besteht. Zum Beginn und Ende der Buchführungspflicht s. → Buchführungspflicht sowie AEAO zu § 141 Nr. 4.

6.1.2.5. Unterschreiten der Umsatzgrenze und/oder Wegfall der Buchführungspflicht

Unternehmer, die die Voraussetzungen des § 23 UStG i.V.m. § 69 UStDV erstmals erfüllen, können die Durchschnittsbesteuerung des § 23 UStG nur anwenden, wenn sie dies beim FA beantragt haben. Ohne einen solchen Antrag kann die abzugsfähige Vorsteuer auch weiterhin nur nach den Grundsätzen des § 15 UStG, und nicht nach bestimmten Prozentsätzen, vorgenommen werden.

6.1.2.6. Vorsteuerabzug

Unternehmer, die von der allgemeinen Besteuerung des UStG zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 23 Abs. 1 UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für die Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur Durchschnittssatzbesteuerung übergingen, nicht nach § 15 UStG abziehen. Dies gilt allerdings nur für die Vorsteuerbeträge, auf die sich die Durchschnittssätze nach § 70 UStDV erstrecken (Abschn. 23.3 Abs. 2 i.V.m Abschn. 15.1 Abs. 6 Satz 2 UStAE).

Der Vorsteuerausschluss i.S.d. § 15 UStG betrifft

  1. sämtliche Vorsteuerbeträge, die mit der Tätigkeit der Unternehmer in den in Abschn. A der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV bezeichneten Berufs- und Gewerbezweigen zusammenhängen (§ 70 Abs. 1 UStDV), und

  2. die Vorsteuerbeträge, die nach den in Abschn. B der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV bezeichneten Durchschnittssätzen berechnet werden.

    Darüber hinaus können die in § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStDV bezeichneten Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG abgezogen werden (→ Allgemeine Durchschnittssätze unter dem Gliederungspunkt »Umsätze in einem zulässigen Berufs- bzw. Gewerbezweig lt. Anlage zu §§ 69, 70 UStDV«).

Zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur Durchschnittssatzbesteuerung ausgeführt worden sind; es sei denn, es handelt sich um einen Kleinunternehmer. Das gilt auch für Bezüge, die erstmalig nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung verwendet werden. Auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht an (Abschn. 15.1 Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 UStAE).

Hat ein Unternehmer mit einem Berufs- und Gewerbezweig des Abschnitts A der Anlage zu § 70 Abs. 1 UStDV, der von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung des § 23 UStG übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, muss er den vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung rückgängig machen. § 70 Abs. 1 Satz 2 UStDV bestimmt, dass ein weiterer als der pauschalierte Vorsteuerabzug entfällt. Die Vorsteuerbeträge sind nach § 23 Abs. 1 UStG i.V.m. §§ 69 und 70 UStDV nur in Höhe der in der Anlage zu § 70 UStDV bezeichneten Prozentsätze abzugsfähig. Ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt.

6.1.3. Wechsel von § 23 UStG zu den allgemeinen Vorschriften

6.1.3.1. Allgemeiner Überblick über die Wechselgründe

Ein Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 23 UStG zu den allgemeinen Vorschriften des UStG tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer den Antrag auf Anwendung des § 23 UStG wirksam widerrufen hat (§ 23 Abs. 3 Satz 2 und 3 UStG),

  • die Umsatzgrenze des § 69 Abs. 3 UStDV überschritten ist,

  • Buchführungspflicht eintritt.

6.1.3.2. Widerruf des Antrags auf Anwendung des § 23 UStG

Der Unternehmer, bei dem die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen i.S.d. § 23 Abs. 1 UStG gegeben sind, kann beim FA bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (s. Abschn. 19.2 Abs. 6 UStAE) beantragen, nach den festgesetzten Durchschnittssätzen besteuert zu werden (§ 23 Abs. 3 Satz 1 UStG; s.a. Abschn. 23.4 Abs. 2 UStAE).

Der Antrag kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kj. an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kj., für das er gelten soll, zu erklären. Eine erneute Besteuerung nach Durchschnittssätzen ist frühestens nach Ablauf von fünf Kj. zulässig (§ 23 Abs. 3 Satz 2 ff. UStG).

Beachte:

Ein Widerruf i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 2 UStG liegt nicht vor, wenn der Antrag auf Besteuerung nach Durchschnittssätzen zurückgenommen wird, bevor die Steuerfestsetzung zumindest eines Kj., für das ein Durchschnittssatz in Anspruch genommen wurde, unanfechtbar geworden ist (Abschn. 23.4 Abs. 3 UStAE).

6.1.3.3. Überschreiten der Umsatzgrenze und / oder Eintritt der Buchführungspflicht

Der Wegfall von Voraussetzungen für die Anwendung von Durchschnittssätzen (Überschreiten der 61 356 €-Grenze oder Eintritt der Buchführungspflicht) gilt nicht als Widerruf, wenn der Unternehmer die Durchschnittssätze für das Kj. wieder in Anspruch nimmt, bei dessen Beginn die Voraussetzungen zuerst wieder vorliegen. Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, gilt dies als Widerruf mit Wirkung vom Beginn des Kj. ab, für das die Durchschnittssätze zuerst nicht mehr angewendet werden durften (Abschn. 23.4 Abs. 4 UStAE; s.o. Beispiel 9).

6.1.3.4. Vorsteuerabzug

Unternehmer, die von Durchschnittssatzbesteuerung nach § 23 Abs. 1 UStG zu der allgemeinen Besteuerung des UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für die Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur allgemeinen Besteuerung übergingen, nach den Grundsätzen des § 15 UStG abziehen (Abschn. 23.3 Abs. 2 i.V.m Abschn. 15.1 Abs. 5 UStAE).

Der Vorsteuerausschluss i.S.d. § 15 UStG betrifft

  1. sämtliche Vorsteuerbeträge, die mit der Tätigkeit der Unternehmer in den in Abschn. A der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV bezeichneten Berufs- und Gewerbezeigen zusammenhängen (§ 70 Abs. 1 UStDV), und

  2. die Vorsteuerbeträge, die nach den in Abschn. B der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV bezeichneten Durchschnittssätzen berechnet werden.

    Darüber hinaus können die in § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStDV bezeichneten Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG abgezogen werden (→ Allgemeine Durchschnittssätze unter dem Gliederungspunkt »Umsätze in einem zulässigen Berufs- bzw. Gewerbezweig lt. Anlage zu §§ 69, 70 UStDV«).

Zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG ausgeschlossen sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur allgemeinen Besteuerung ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Bezüge, die erstmalig nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung verwendet werden. Auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht an (Abschn. 15.1 Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 UStAE).

Hat ein Unternehmer mit einem Berufs- und Gewerbezweig des Abschnitts A der Anlage zu § 70 Abs. 1 UStDV, der von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 23 UStG zur allgemeinen Besteuerung des UStG übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, kann er den vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung geltend machen; gleichzeitig muss er den nach Durchschnittssätzen ermittelten vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung rückgängig machen (s. Abschn. 15.3 Abs. 2 UStAE).

6.2. Durchschnittssätze für den Vorsteuerabzug nach § 23a UStG

6.2.1. Voraussetzungen für die Anwendung

Die Pauschalierung kann angewendet werden von gemeinnützigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG),

  • die nicht buchführungspflichtig sind (→ Buchführungspflicht),

  • deren Vorjahresumsatz 35 000 € nicht überschritten hat und

  • die die Durchschnittssatzbesteuerung beantragt haben (→ Allgemeine Durchschnittssätze unter dem Gliederungspunkt »Durchschnittssatz für bestimmte Personenvereinigungen nach § 23a UStG«).

Beachte:

Bei der Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes (35 000 €-Grenze des § 23a Abs. 2 UStG) wird nicht auf den Gesamtumsatz des § 19 Abs. 3 UStG abgestellt. Umsatz i.S.d. § 23a Abs. 2 UStG ist der steuerpflichtige Umsatz, mit Ausnahme der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs.

6.2.2. Wechsel von den allgemeinen Vorschriften zu § 23a UStG

6.2.2.1. Allgemeiner Überblick über die Wechselgrüne

Ein Wechsel von der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu der Durchschnittssatzbesteuerung des § 23a UStG tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums eines Kj. dem FA erklärt, dass er den Durchschnittssatz in Anspruch nehmen will (§ 23a Abs. 3 Satz 1 UStG),

  • die Umsatzgrenze des § 23a Abs. 2 UStG unterschritten ist oder

  • die Buchführungspflicht (§§ 238 HGB bzw. 141 AO) entfällt.

6.2.2.2. Antrag auf Anwendung des § 23a UStG

Die Erklärung zur Anwendung des Durchschnittssatzes des § 23a UStG ist an keine bestimmte Form gebunden und kann auch durch schlüssiges Verhalten vorgenommen werden (s.a. Abschn. 23.4 Abs. 2 UStAE). Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für 5 Kj. (§ 23a Abs. 3 Satz 2 UStG).

6.2.2.3. Unterschreiten der Umsatzgrenze

Der Anwendungsbereich des § 23a UStG ist auf solche Unternehmer begrenzt, deren Umsatz i.S.d. § 23a Abs. 2 UStG im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 35 000 € betragen hat. Zur Ermittlung der maßgeblichen Umsatzgrenze s.a. Abschn. 23.1 Abs. 3 UStAE.

Beispiel 10:

1.3.22

Beginn der unternehmerischen Tätigkeit. Voraussichtlicher Umsatz i.S.d. § 23a Abs. 2 UStG zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit

28 000 €

tatsächlicher Umsatz ab 1.3.22

29 500 €

Lösung für Kj. 22:

Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit im laufenden Kj. ist allein auf den voraussichtlichen Umsatz i.S.d. § 23a Abs. 2 UStG dieses Kj. abzustellen (Abschn. 23.1 Abs. 3 Satz 3 UStAE). Der voraussichtliche Umsatz des Erstjahres ist dabei in einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (Abschn. 23.1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abschn. 19.3 Abs. 3 UStAE). Der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz beträgt somit: 28 000 € : 10 × 12 = 33 600 €.

Unter den weiteren Voraussetzungen des § 23a UStG kann der Unternehmer ab dem Kj. 22 die Anwendung des § 23a UStG erklären. Die Erklärung bindet den Unternehmer für 5 Kj.

Beispiel 10 (Fortsetzung):

Kj. 23

tatsächlicher Umsatz

32 000 €

Lösung für Kj. 23:

Der tatsächliche Umsatz i.S.d. § 23a Abs. 2 UStG des Vorjahres ist in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen: 29 500 € : 10 × 12 = 35 400 € (Abschn. 23.1 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStAE).

Der Vorjahresumsatz des Kj. 22 ist größer als 35 000 €. Der Unternehmer muss im Kj. 23 seine Vorsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des § 15 UStG ermitteln.

Beispiel 10 (Fortsetzung):

Kj. 24

tatsächlicher Umsatz

36 000 €

Lösung für Kj. 24:

Der tatsächliche Vorjahresgesamtumsatz im Kj. 23 beträgt

32 000 €

Der Vorjahresumsatz im Kj. 23 ist kleiner als 35 000 €. Der Unternehmer muss im Kj. 24 seine Vorsteuer wieder nach § 23a UStG ermitteln.

6.2.2.4. Wegfall der Buchführungspflicht

Die Durchschnittssatzbesteuerung des § 23a UStG ist u.a. nur dann anzuwenden, wenn keine Buchführungspflicht besteht. Zum Beginn und Ende der Buchführungspflicht s. → Buchführungspflicht sowie AEAO zu § 141 Nr. 4.

6.2.2.5. Unterschreiten der Umsatzgrenze und / oder Wegfall der Buchführungspflicht

Unternehmer, die die Voraussetzungen des § 23a UStG erstmals erfüllen, können die Durchschnittsbesteuerung des § 23a UStG nur anwenden, wenn sie gegenüber dem FA erklären. Ohne eine solche Erklärung kann die abzugsfähige Vorsteuer auch weiterhin nur nach den Grundsätzen des § 15 UStG, und nicht nach dem Durchschnittssatz des § 23a Abs. 1 UStG vorgenommen werden.

6.2.2.6. Vorsteuerabzug

Unternehmer, die von der allgemeinen Besteuerung des UStG zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 23a Abs. 1 UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für die Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur Durchschnittssatzbesteuerung übergingen, nicht nach § 15 UStG abziehen.

Zur Berechnung der abzugsfähigen Vorsteuer wird ein Durchschnittssatz von 7 % des steuerpflichtigen Umsatzes, mit Ausnahme der Einfuhr und der innergemeinschaftlichen Erwerbe, festgesetzt. Ein weiterer Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen (§ 23a Abs. 1 UStG).

Zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur Durchschnittssatzbesteuerung ausgeführt worden sind; es sei denn, es handelt sich um einen Kleinunternehmer. Das gilt auch für Bezüge, die erstmalig nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung verwendet werden. Auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht an (Abschn. 15.1 Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 UStAE).

Hat ein Unternehmer, der von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung des § 23a UStG übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, muss er den vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung rückgängig machen. § 23a Abs. 1 Satz 2 UStG bestimmt, dass ein weiterer als der pauschalierte Vorsteuerabzug entfällt. Die Vorsteuerbeträge sind nach § 23a Abs. 1 Satz 1 UStG nur in Höhe des Durchschnittssatzes von 7 % des maßgeblichen Umsatzes abzugsfähig. Ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt.

6.2.3. Wechsel von § 23a UStG zu den allgemeinen Vorschriften

6.2.3.1. Allgemeiner Überblick über die Wechselgründe

Ein Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 23a UStG zu den allgemeinen Vorschriften des UStG tritt dann ein, wenn

  • der Unternehmer den Antrag auf Anwendung des § 23a UStG wirksam widerrufen hat (§ 23a Abs. 3 Satz 4 UStG),

  • die Umsatzgrenze des § 23a Abs. 2 UStG überschritten ist,

  • Buchführungspflicht eintritt.

6.2.3.2. Widerruf des Antrags auf Anwendung des § 23a UStG

Der Unternehmer, bei dem die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach dem Durchschnittssatz i.S.d. § 23a Abs. 1 UStG gegeben sind, kann dem FA spätestens bis zum zehnten Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums eines Kj. erklären, dass er den Durchschnittssatz in Anspruch nehmen will. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kj. (§ 23a Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG).

Die Erklärung kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kj. an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum zehnten Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums dieses Kj. zu erklären. Eine erneute Anwendung des Durchschnittssatzes ist frühestens nach Ablauf von fünf Kj. zulässig (§ 23a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 UStG).

6.2.3.3. Überschreiten der Umsatzgrenze und / oder Eintritt der Buchführungspflicht

Der Wegfall von Voraussetzungen für die Anwendung des Durchschnittssatzes (Überschreiten der 35 000 €-Grenze oder Eintritt der Buchführungspflicht) gilt nicht als Widerruf, wenn der Unternehmer die Durchschnittssätze für das Kj. wieder in Anspruch nimmt, bei dessen Beginn die Voraussetzungen zuerst wieder vorliegen. Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, gilt dies als Widerruf mit Wirkung vom Beginn des Kj. ab, für das die Durchschnittssätze zuerst nicht mehr angewendet werden durften (Abschn. 23.4 Abs. 4 UStAE). Dieser Widerruf ist allerdings nur dann wirksam, wenn die Erklärung zur Anwendung des Durchschnittssatzes mindestens fünf Kj. zurückliegt. Ist der Widerruf wirksam, ist die Verwendung des Durchschnittssatzes frühestens nach Ablauf von fünf Kj. zulässig (§ 23a Abs. 3 Satz 5 UStG).

6.2.3.4. Vorsteuerabzug

Unternehmer, die von Durchschnittssatzbesteuerung nach § 23a Abs. 1 UStG zu der allgemeinen Besteuerung des UStG übergegangen sind, können den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG für die Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach dem Zeitpunkt an sie ausgeführt worden sind, zu dem sie zur allgemeinen Besteuerung übergingen, nach den Grundsätzen des § 15 UStG abziehen (Abschn. 23.3 Abs. 2 i.V.m Abschn. 15.1 Abs. 5 UStAE).

Zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG ausgeschlossen sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur allgemeinen Besteuerung ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Bezüge, die erstmalig nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung verwendet werden. Auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung oder der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht an (Abschn. 15.1 Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 UStAE).

Hat ein Unternehmer i.S.d. § 23a Abs. 1 Satz 1 UStG, der von der Durchschnittssatzbesteuerung des § 23a UStG zur allgemeinen Besteuerung des UStG übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, kann er den vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung geltend machen; gleichzeitig muss er den nach dem Durchschnittssatz von 7 % ermittelten vorgezogenen Vorsteuerabzug in der Voranmeldung nach dem Übergang zur Durchschnittssatzbesteuerung rückgängig machen (s. Abschn. 15.3 Abs. 2 UStAE).

7. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer USt (Loseblatt); Ammann, Quantifizierung der endgültig zu entrichtenden Umsatzsteuer nach Vorauszahlungsbesteuerung bei ehemaligen Anwendern der Kleinunternehmerbesteuerung, UR 2007, 764.

8. Verwandte Lexikonartikel

Gesamtumsatz

Kleinunternehmer

Wechsel der Besteuerungsart

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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