Außergewöhnliche Belastungen

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Außergewöhnliche Belastungen sind unvermeidbare Kosten, die Ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen entstanden sind z.B. Krankheitskosten, Kosten für Heimunterbringungen, Pflegekosten, Beerdigungskosten.
  • Das Finanzamt berechnet anhand der Höhe Ihrer Einkünfte eine zumutbare Belastungsgrenze. Diese liegt zwischen 1% und 7% Ihrer Gesamteinkünfte. Übersteigen Ihre außergewöhnlichen Belastungen die zumutbare Grenze, können Sie sie steuerlich geltend machen.
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  • Krankheitskosten sind z.B. Arztkosten, rezeptpflichtige Medikamente, Rezeptgebühren, Hilfsmittel (Brillen, Zahnersatz, Rollstühle u.a.), Fahrten zu Behandlungen.

Inhaltsverzeichnis

1 Der Grundtatbestand des § 33 EStG
1.1 Struktur und allgemeine Fragen
1.2 Zeitpunkt des Abzugs
1.3 Zwangsläufigkeit der Ausgaben
1.4 Die einzelnen Merkmale der Zwangsläufigkeit
1.4.1 Rechtliche Gründe
1.4.2 Tatsächliche Gründe
1.4.3 Sittliche Gründe
1.4.4 Weitere Voraussetzungen
1.5 Größere Aufwendungen
1.5.1 Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen
1.5.2 Aufwendungen für die (besondere) Verpflegung
1.5.3 Ausgaben
1.5.4 Subsidiaritätsprinzip: Vorrang eines Werbungskosten-, Betriebsausgaben-, Sonderausgabenabzugs
1.5.5 Gegenwerttheorie
1.5.6 Gegenwerttheorie bei behindertengerechten Umbaumaßnahmen
1.6 Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale
1.7 Zumutbare Belastung
1.8 Nachweis der Zwangsläufigkeit der außergewöhnlichen Belastung
1.8.1 Allgemeines
1.8.2 Lipödem/Liposuktion
1.9 Außergewöhnliche Belastungen bei Ehegatten
2 Die einzelnen Anwendungsfälle – ABC-Aufzählung
2.1 Abmagerungskur
2.2 Adipositas
2.3 Adoptionskosten
2.4 Alkoholismus
2.5 Allergie
2.6 Allergiebettwäsche
2.7 Unterbringung im Alters-/Pflegeheim
2.8 Anschaffungskosten eines Grundstücks
2.9 Anschluss an Trink- und Schmutzwassernetz
2.10 Asbestsanierung
2.11 Asthma
2.12 Asylberechtigter
2.13 Aufzug
2.14 Augen-Laser-Operation
2.15 Ausbildung
2.16 Auslandsstudium
2.17 Aussteuer
2.18 Auswärtige Unterbringung (eines Kindes mit Persönlichkeitsstörungen)
2.19 Auswanderung
2.20 Baumängel
2.21 Behinderungsbedingte Mehraufwendungen
2.22 Treppenlift
2.23 Bestattungskosten
2.24 Besuchsfahrten
2.25 Betreuung eines Angehörigen
2.26 Betrugszahlungen
2.27 Bioresonanztherapie
2.28 Biberschaden
2.29 Bulimie
2.30 Darlehen
2.31 Delfintherapie
2.32 Detektivkosten
2.33 Deutsch- und Integrationskurse
2.34 Diätverpflegung
2.35 Diebstahl
2.36 Doktortitel
2.37 Ehescheidungskosten
2.38 Eheschließung
2.39 Einbruch
2.40 Einbürgerung
2.41 Eizellspende/Künstliche Befruchtung
2.42 Ergänzungspfleger
2.43 Erpressungsgelder
2.44 Fahrerlaubnis
2.45 Fahrstuhl
2.46 Fahrtkosten behinderter Menschen
2.47 Fettabsaugung
2.48 Fernsehgerät
2.49 Fitnessstudio/Gesundheitsclub
2.50 Flugsport
2.51 Führerschein und Fahrzeugumbau
2.52 Gewichtsreduzierung
2.53 Geburt und Erstlingsausstattung
2.54 Geldbuße/Geldstrafe
2.55 Grabpflege
2.56 Grundstückserwerb
2.57 Haartransplantation
2.58 Hausbau/Hauskauf
2.59 Heilkur
2.60 Heimunterbringung
2.61 Hinterbliebenenpauschbetrag
2.62 Hochbegabung eines Kindes
2.63 Holzlattenzaun
2.64 Insolvenztreuhändervergütung
2.65 Kälteallodynie
2.66 Kastenwagen
2.67 Kaufzwang
2.68 Kindesentführung
2.69 Kfz-Aufwendungen Schwerbehinderter
2.70 Lärmschutz
2.71 Lösegeld
2.72 Leihmutterschaft
2.73 Marderbefall
2.74 Medizinische Seminare (Teilnahme von Pflegeeltern)
2.75 Mietzahlungen
2.76 (Einlagerung von) Nabelschnurblut
2.77 Namens- und Umgangsrecht eines Kindes
2.78 Neurodermitisbehandlung am Toten Meer
2.79 Numerus Clausus
2.80 Ortho-Training
2.81 Personenaufzug
2.82 Praxisgebühr
2.83 Privatschule
2.84 Prozesskosten
2.85 Reiki
2.86 Sanierungskosten
2.87 Sauerstoffresonanztherapie
2.88 Schadensersatz
2.89 Schulgeld
2.90 Selbstbehalt
2.91 Sicherheitsdienst
2.92 Sprachkurs
2.93 Steuerberatungskosten
2.94 Strafverteidigungskosten
2.95 Studiengebühren
2.96 Studienplatzklage
2.97 Tätowierung
2.98 Tierhaltung/Tierarzt
2.99 Tomatis-Therapie
2.100 Treppenschräglift
2.101 Trinkgelder
2.102 Überführungskosten
2.103 Überwinterung im tropischen Klima/Kälteallodynie
2.104 Umschuldung
2.105 Umzugskosten
2.106 Unfall
2.107 Unterbringung in einem Seniorenstift
2.108 Untreue
2.109 Vergebliche Zahlungen (Grundstückserwerb)
2.110 Veruntreuung
2.111 Wiederbeschaffung von Hausrat
2.112 Wiedergutmachungsauflage
2.113 Wohngemeinschaft
2.114 Wunderheiler
2.115 Zahnersatz/Implantate
2.116 Zinsen
2.117 Zivilprozesskosten
2.118 Zwischenheimfahrten
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel

1. Der Grundtatbestand des § 33 EStG

1.1. Struktur und allgemeine Fragen

Außergewöhnliche Belastungen sind neben den Sonderausgaben vor allem die Ausnahme vom Grundsatz, dass nur betrieblich bzw. beruflich veranlasste Aufwendungen das Einkommen mindern dürfen, die der Gesetzgeber im Einkommensteuergesetz ermöglicht. Außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG mindern den Gesamtbetrag der Einkünfte eines Stpfl.; vgl. § 2 Abs. 4 EStG. Außergewöhnliche Belastungen können abgezogen werden, wenn einem Stpfl. zwangsläufig, d.h., er kann sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen, und die Aufwendungen sind den Umständen nach notwendig und übersteigen einen angemessenen Betrag nicht, größere Aufwendungen erwachsen als der überwiegenden Mehrzahl der Stpfl. gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands. Ist dies erfüllt, kann auf Antrag der Teil der Aufwendungen, der die dem Stpfl. zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

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Die zumutbare Belastung richtet sich nach der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte (bei einzeln veranlagten Ehegatten nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten), der anzuwendenden Steuertabelle und der Kinderzahl und liegt zwischen einem und sieben Prozent des GdE, § 33 Abs. 3 EStG.

§ 33 Abs. 4 EStG ermächtigt die Bundesregierung, die Einzelheiten des Nachweises von außergewöhnlichen Belastungen durch Erlass einer Rechtsverordnung zu bestimmen; hiervon hat die Bundesregierung in § 64 EStDV (nur zum Nachweis von Krankheitskosten) Gebrauch gemacht.

Der Grundtatbestand der außergewöhnlichen Belastungen (agB) ist im IV. Abschnitt des EStG bei den Tarifvorschriften unter § 33 EStG gesetzlich geregelt. Dabei wird die Einordnung bei den Tarifvorschriften als verfehlt angesehen. Ihrem Rechtscharakter nach sind sie mit den Sonderausgaben verwandt (s. z.B. Schmidt/Drenseck, EStG § 33 Rz. 1). Sie sollen über die typisierenden Sonderregelungen der §§ 10, 31 EStG hinausgehende zwangsläufige und notwendige private Aufwendungen (vgl. BFH vom 18.4.1990, III R 160/86, BStBl II 1990, 962) und damit die subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erfassen.

§ 33 EStG enthält eine Legaldefinition der agB. Weitgehende Einigkeit besteht bei der Auslegung, dass es sich bei den agB um Kosten der Lebensführung handelt, die aufgrund der in § 12 EStG gemachten Ausnahme abgezogen werden können. Im Unterschied zu den → Sonderausgaben kommt den agB die Aufgabe zu, in den atypischen Fällen eine »angemessene« Besteuerung herbeizuführen.

Zusammenfassend lassen sich die folgenden wichtigsten Tatbestandsmerkmale festhalten, die es bei der Ermittlung der abzugsfähigen agB zu prüfen bzw. beachten gilt:

  • Antrag des Steuerpflichtigen,

  • Außergewöhnliche Aufwendungen,

  • Subsidiaritätsprinzip: Vorrang eines Betriebsausgaben-, Werbungskosten-, Sonderausgabenabzugs,

  • Belastung des Steuerpflichtigen: Gegenwerttheorie,

  • Zahlungszeitpunkt: Abflussprinzip,

  • Zwangsläufigkeit der Aufwendungen,

  • Nachweis,

  • Belastung des Steuerpflichtigen: Anrechnung von Ersatzleistungen,

  • Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen,

  • Anrechnung einer zumutbaren Belastung.

Die Rspr. des BFH begreift die Regelungen in § 33 EStG häufig als eine mit den Billigkeitsvorschriften wesensverwandte Regelung, die dazu dienen soll, unzulässige Härten bei der Besteuerung zu vermeiden. Mit dem somit produzierten Fallrecht entziehen sich die §§ 33 ff. EStG einer genauen Systematik.

Zur besseren tatbestandlichen Konkretisierung der agB knüpft man heute an die Unterscheidung zwischen disponibler und indisponibler Einkommensverwendung an. Letzterer, der indisponiblen Aufwendungen, kann man sich nicht entziehen. Danach erfüllt die agB i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG vor allem zwei Voraussetzungen, nämlich die Indisponibilität des Aufwandes und seine Atypik. Aufgrund der ersten Voraussetzung sollen die für indisponible Aufwendungen erforderlichen Mittel steuerfrei gestellt werden. Gleichzeitig wird gewährleistet, dass die private Vermögensverwendung entsprechend § 12 EStG grundsätzlich steuerlich unbeachtlich bleibt. Mit der Voraussetzung der Atypik wird lediglich die Abgrenzung zu den typischen nicht disponiblen Aufwendungen hergestellt. Sie sind durch den Abzug als Sonderausgabe oder im Grundfreibetrag des ESt-Tarifs bereits berücksichtigt und können daher nicht agB sein.

Mit der Indisponibilität und der Atypik der von § 33 EStG erfassten Ausgaben sind die Grundlagen für die Anwendung der Vorschrift geschaffen.

Durch das Behinderten-Pauschbetragsgesetz vom 14.12.2020 wurde in § 33 EStG ein neuer Abs. 2a eingefügt. Im Wesentlichen enthält diese Vorschrift eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale. Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 soll die mit BMF-Schreiben vom 29.4.1996 (BStBl I 1996, 446) und vom 21.11.2001 (BStBl I 2001, 868) geregelte Anerkennung von Fahrtkosten von Menschen mit Behinderungen durch eine Pauschalierungsregelung in § 33 EStG ersetzt werden. Damit sollen die betroffenen Stpfl. von den bestehenden Nachweispflichten und die Finanzämter von Prüfungstätigkeiten entlastet werden. Im Einzelnen wurde ein neuer Abs. 2a in § 33 EStG geschaffen, der den Fahrtkosten-Pauschbetrag für gehbehinderte Stpfl. regelt. Damit die Pauschbeträge ihre Vereinfachungsfunktion auch zukünftig erfüllen können, sollen die Behinderten-Pauschbeträge sowie der Pflege-Pauschbetrag ihren Voraussetzungen und der Höhe nach angepasst werden.

1.2. Zeitpunkt des Abzugs

Außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich in dem Jahr steuerlich zu berücksichtigen, in dem die Aufwendungen geleistet worden sind. Es ist somit das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG anzuwenden. Es kommt auf den Zeitpunkt der Verausgabung an.

Bei den außergewöhnlichen Belastungen kommt der Abzug von Aufwendungen eines Dritten auch unter dem Gesichtspunkt der Abkürzung des Vertragswegs nicht in Betracht (BMF vom 7.7.2008, BStBl I 2008, 717). Nach einem Urteil des FG Saarland (FG des Saarlandes vom 6.8.2013, 1 K 1308/12, Revision nicht erfolgt) können die Auswirkungen entgegen dem Abflussprinzip bei der Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen in besonderen Einzelfällen durch die Anwendung des § 163 AO korrigiert werden. Ein solcher Ausnahmefall wurde bejaht, wenn eine besonders kostenintensive außergewöhnliche Belastung (hier Umbau eines Hauses) ohne Verteilung auf mehrere Veranlagungszeiträume zum ganz überwiegenden Teil steuerlich wirkungslos bliebe. Mit Verweis auf die Regelungen in § 82b EStDV und § 34 Abs. 1 EStG erscheine eine Aufwandsverteilung im Fall von Baumaßnahmen auf bis zu fünf Jahre für angebracht. Andererseits wurde in einem anderen Fall für denkbar gehalten, in einem derartigen Fall die Aufwendungen aus Billigkeitsgründen über den Nutzungszeitraum verteilt abzuziehen. Das FG Baden-Württemberg (FG Baden-Württemberg vom 23.4.2015, 3 K 1750/13, EFG 2015, 1207 Nr. 14) hat dagegen eine Verteilung von Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Wohnhauses i.H.v. 166 000 € auf drei Jahre abgelehnt (Revision wurde eingelegt). In dem anschließenden Revisionsverfahren kam der BFH mit Urteil vom 12.7.2017, VI R 36/15 zu der Überzeugung, dass Aufwendungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG sind grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem der Steuerpflichtige sie geleistet hat. Eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Sie kommt nicht bereits dann in Betracht, wenn sich Aufwendungen im Veranlagungszeitraum der Verausgabung nicht in vollem Umfang steuermindernd ausgewirkt haben. Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Stpfl. kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst später und, soweit sie die Steuer mindern, schon früher berücksichtigt werden (§ 163 Abs. 1 Satz 2 AO). Eine abweichende Steuerfestsetzung i.S.d. § 163 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen ist aber atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Insbes. rechtfertigt eine für den Stpfl. ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, keine Billigkeitsmaßnahme. Außergewöhnliche Belastungen sind unter Anwendung des allgemeinen Abflussprinzips (§ 11 Abs. 2 EStG) grds. in dem VZ zu berücksichtigen, in dem der Stpfl. sie geleistet hat. Dies gilt unabhängig davon, ob sie aus eigenen oder fremden Mitteln bestritten werden. Auch fremdfinanzierte Aufwendungen, die als agB anzuerkennen sind, können nur im Jahr des tatsächlichen Abflusses, also der Verwendung der Darlehensmittel, berücksichtigt werden. Wirken sich agB im VZ ihrer Verausgabung mangels eines hinreichenden GdE nicht aus, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den restlichen Betrag in einen anderen VZ zu übertragen oder auf mehrere VZ zu verteilen: § 10d EStG gilt nur für Einkünfte, nicht aber für agB oder SA. Ebenso fehlt eine § 7 EStG oder § 82b EStDV vergleichbare Regelung in § 33 EStG. Eine Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung von § 7 EStG, § 82b EStDV oder § 10d EStG nahelegen würde, besteht nicht. Das Hessische Finanzgericht (Urteil vom 23.6.2016, 6 K 2397/12) versagt zwar weiterhin die Anwendung der Verteilung auf mehrere Jahre entsprechend der AfA-Regelungen nach einer (Rest-)Nutzungsdauer bei Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Kleinbusses. In dem (im anschließenden Revisionsverfahren) nicht veröffentlichten BFH-Urteil vom 21.11.2018, VI R 28/16, entschied das Gericht, dass Kfz-Aufwendungen eines außergewöhnlich gehbehinderten Steuerpflichtigen nicht über den Pauschbetrag i.H.v. 0,30 €/km hinaus als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sind, wenn sie die für ein Fahrzeug der Mittelklasse durchschnittlich entstehenden Aufwendungen nicht wesentlich überschreiten. Ein Einzelnachweis höherer Kfz-Kosten als 0,30 € je gefahrenen Kilometer ist – selbst bei einer geringen Jahresfahrleistung – nicht möglich. Der Bundesfinanzhof hat dies für den Fall bestätigt, dass die für ein Fahrzeug der Mittelklasse durchschnittlich entstehenden Aufwendungen nicht wesentlich überschritten werden. Im Streitfall nahm er diese durchschnittlichen Kosten für ein Fahrzeug der Mittelklasse mit 0,60 € je gefahrenen Kilometer an. Die Klage blieb erfolglos, da der Bundesfinanzhof ein wesentliches Überschreiten verneinte, obwohl die Kfz-Kosten des Klägers 0,77 € je gefahrenen Kilometer betrugen. Der Kläger hatte sich im Übrigen auf die Rspr. des VI. Senats des BFH berufen, nach dem es für denkbar gehalten wurde, dem Stpf. im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO ein Wahlrecht auf Verteilung der Aufwendungen einzuräumen, wenn ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte dem vollen Abzug der Aufwendungen entgegensteht (BFH vom 22.10.2009, VI R 7/09, BStBl II 2010, 280). Das Finanzgericht hatte dieses Begehren mit dem Hinweis auf die Erforderlichkeit eines gesonderten Billigkeitsverfahrens zurückgewiesen und der BFH musste hierauf wohl nicht weiter eingehen, weil diese Frage nicht mehr umstritten war.

§ 11 Abs. 2 EStG gilt auch für außergewöhnliche Belastungen. Sie können daher in einem Veranlagungszeitraum nur in der Höhe berücksichtigt werden, in der sie erbracht worden sind. In einem späteren Veranlagungszeitraum geleistete Ausgaben haben auch dann außer Betracht zu bleiben, wenn das ihnen zugrunde liegende Ereignis sowie der Rechtsgrund hierfür in das Streitjahr fallen, und die Ausgabe aus in diesem Jahr erwirtschaftetem Einkommen bestritten wird; vgl. BFH vom 30.7.1982, VI R 67/79.

Zur Vorauszahlung der gesamten Kosten einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Zahnbehandlung, die als agB im Jahr der Zahlung geltend gemacht wird, kann zu Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) führen, wenn kein wirtschaftlich vernünftiger außersteuerlicher Grund für die Vorauszahlung ersichtlich ist; vgl. FG München vom 12.5.2014, 7 K 3486/11.

Aus der gesetzlichen Reihenfolge in § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach negative Einkünfte vorrangig vor den SA, agB und sonstigen Abzugsbeträgen in den vorangegangenen VZ rückgetragen werden, lässt sich der Grundsatz ableiten, dass derjenige, der keine positiven Einkünfte erzielt, auch keine privaten Aufwendungen abziehen kann. Dieses Abzugsverbot gilt sowohl innerhalb eines VZ als auch mehrere VZ übergreifend. Wirken sich agB also nicht vollständig steuerentlastend aus, liegt darin keine sachliche Billigkeit. Die Steuerunerheblichkeit von den GdE überschreitenden agB ist vielmehr der einkommensteuerlichen Systematik, insbes. der in § 2 EStG vorgegebenen Ermittlung des zvE, geschuldet und kann daher i.d.R. eine hiervon abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

Zuletzt nahm der BFH mit seinem Urteil vom 12.7.2017, VI R 36/15, Stellung zur Anwendung des § 163 AO bei erhöhten agB: Eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO ist demnach atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Sie kommt nicht bereits dann in Betracht, wenn sich Aufwendungen im VZ der Verausgabung nicht in vollem Umfang steuermindernd ausgewirkt haben. Insgesamt wird die Frage der Verteilung der größeren, behinderungsbedingten Aufwendungen verneint, weil die fehlende Absetzbarkeit nicht im Widerspruch zu den Wertungen des EStG steht und auch sonst keine Rechtsgrundlage für eine etwaige Verteilung in Betracht kommt. Jedenfalls fehlen im Streitfall Anhaltspunkte für das Vorliegen atypischer Besonderheiten, die ausnahmsweise eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen rechtfertigen könnten. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde hiergegen nicht angenommen, Nichtannahmebeschluss vom 12.6.2018, 1 BvR 33/18: Billigkeitsentscheidung gem. § 163 AO (juris: AO 1977) setzt zwingende atypische Besonderheiten als Rechtfertigung einer Abweichung von den im Rahmen des § 33 EStG anzuwendenden Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung sowie des Zufluss- und Abflussprinzips voraus – hier: keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Versagung eines Billigkeitserlasses gem. § 163 AO 1977 bzgl. außergewöhnlicher Belastungen für den behindertengerechten Umbau eines Wohnhauses. Eine entsprechende Billigkeitsmaßnahme müsste von den Klägern in einem gesonderten Verfahren zunächst beim FA beantragt und gegebenenfalls nach deren abschließender Ablehnung eine Verpflichtungsklage auf Vornahme der Billigkeitsmaßnahme beim FG erhoben werden.

1.3. Zwangsläufigkeit der Ausgaben

Der Gesetzgeber gibt mit dem legal definierten Begriff der Zwangsläufigkeit zumindest eine Hilfestellung. Es soll darauf ankommen, dass sich der Steuerpflichtige den Aufwendungen nicht entziehen kann. Dies ist nach Auffassung der Rspr. dann der Fall, wenn die Gründe von außen auf die Entschließung des Stpfl. so einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann (BFH vom 26.4.1991, BStBl II 1991, 755). Dabei soll es nach überwiegender Ansicht nicht darauf ankommen, ob sich der Steuerpflichtige den konkreten Aufwendungen entziehen konnte. Entscheidend sei vielmehr, ob der Stpfl. dem die Aufwendungen verursachenden Ereignis hätte ausweichen können. Der Stpfl. darf aber die Ursache der rechtlichen Verpflichtung nicht selbst gesetzt haben. So ist die Vergütung des Insolvenztreuhänders ist dem Privatbereich des Stpfl. zuzuordnen und kann deshalb nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Hat der Stpfl. die entscheidende Ursache für seine Zahlungsschwierigkeiten selbst gesetzt, so kann die Insolvenztreuhändervergütung auch nicht als agB berücksichtigt werden; vgl. BFH vom 4.8.2016, VI R 47/13. In dem Streitfall hatte der Kläger sich auf eine Vertragsgestaltung eingelassen, die konkret in der Weise risikobehaftet war, dass die Investitionen sich bereits auf der Grundlage der wirtschaftlichen Lage bei Abschluss der Verträge nicht trugen. Mit den Zahlungsschwierigkeiten hat sich demnach ein Risiko verwirklicht, das schon in der konkreten Gestaltung bei Vertragsabschluss angelegt und nicht etwa auf später eingetretene unvorhersehbare Umstände zurückzuführen war. Es beruhte vielmehr wesentlich auf der vom Kläger eingegangenen Gestaltung. Hat sich der Stpfl. aber auf eine vertragliche und wirtschaftliche Gestaltung eingelassen, die konkret mit Unsicherheiten behaftet ist, deren Risiken sich später realisieren, so hat er die wesentliche Ursache für die hierdurch entstandenen Aufwendungen selbst gesetzt. Sie sind daher nicht zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG.

Wildtierschäden bzw. Schutzmaßnahmen zur Vermeidung solcher sind keineswegs unüblich und nicht mit anderen ungewöhnlichen Schadensereignissen i.S.d. § 33 EStG (wie z.B. Brand oder Hochwasser) vergleichbar; vgl. BFH vom 1.10.2020, VI R 42/18. Mit einem entstandenen oder drohenden Wildtierschaden in Zusammenhang stehende Aufwendungen erlauben deshalb auch dann keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen, wenn mit den Maßnahmen konkrete, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs (wie etwa dem eigenen Einfamilienhaus) ausgehende Gesundheitsgefahren beseitigt bzw. vermieden werden. Das Urteil überträgt die bisherige Rspr. des BFH zum Abzugsverbot für Sanierungsmaßnahmen am selbstgenutzten Wohnhaus auf Wildtierschäden am Grundstück der Eigentümer und verweist auf eine naturschutzrechtliche Entschädigungspflicht des Staates.

An der Zwangsläufigkeit fehlt es, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst und auf Grund freier Entscheidung in eine bestimmte Situation begeben und die damit verbundenen Folgen in Kauf genommen hat, wie dies z.B. beim Abschluss von Verträgen und den damit verbundenen nachteiligen Folgen der Fall ist. Daher steht es der Abziehbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen entgegen, wenn den Stpfl. ein Verschulden an der Entstehung der Aufwendungen trifft. Denn er hat dann durch sein Verhalten die entscheidende Ursache für die geltend gemachten Aufwendungen selbst gesetzt und kann sich daher nicht darauf berufen, er habe sich in einer Zwangslage befunden; BFH vom 4.8.2016, VI R 47/13, BStBl II 2017, 276.

Hat sich der Stpfl. auf eine vertragliche und wirtschaftliche Gestaltung – hier die Fremdfinanzierung vermieteter Immobilien und die (Fehl-)Investition vorhandenen Kapitalvermögens in Fonds – eingelassen, die konkret mit Unsicherheiten behaftet ist, deren Risiken sich später realisieren, so hat er die wesentliche Ursache für die hierdurch entstandenen Aufwendungen selbst gesetzt. Sie sind daher nicht zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG; vgl. FG München vom 27.9.2018, 11 K 2862/16.

Nach dem Urteil des FG Münster (4.9.2018, 11 K 1108/17 E) ist die Insolvenzverwaltervergütung auch nicht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, weil dem Insolvenzschuldner insoweit keine Aufwendungen entstanden sind bzw. kein Abfluss aus seinem Vermögen erfolgte. Die Insolvenzverwaltervergütung werde nach § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO aus der Insolvenzmasse beglichen. Sie mindere das für die Schlussverteilung vorhandene Vermögen. Hat sich der Stpfl. auf eine vertragliche und wirtschaftliche Gestaltung – hier die Fremdfinanzierung vermieteter Immobilien und die (Fehl-)Investition vorhandenen Kapitalvermögens in Fonds – eingelassen, die konkret mit Unsicherheiten behaftet ist, deren Risiken sich später realisieren, so hat er die wesentliche Ursache für die hierdurch entstandenen Aufwendungen selbst gesetzt. Sie sind daher nicht zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG, vgl. FG München vom 27.9.2018, 11 K 2862/16. In dem anschließenden Revisionsverfahren entschied der BFH mit Urteil vom 16.12.2021, VI R 41/18, dass die zugunsten des Insolvenzverwalters festgesetzte Tätigkeitsvergütung beim Insolvenzschuldner nicht als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen ist.

Die Frage der Zwangsläufigkeit lässt sich jedoch mit einer reinen Ursachenforschung im Sinne einer strengen Kausalitätsbetrachtung kaum beantworten.

Beispiel 1:

Dem Stpfl. erwachsen → Krankheitskosten. Zur Entstehung der Krankheit hat seine ungesunde Lebensweise wesentlich beigetragen.

Stellt man lediglich auf den konkreten Auslöser der → Krankheitskosten ab, nämlich auf die Krankheit selbst, wird man die Zwangsläufigkeit bejahen müssen. Bezieht man die krankheitsauslösenden Faktoren (ungesunder Lebenswandel) in die Betrachtung mit ein, so entstehen Zweifel, ob die Zwangsläufigkeit noch bejaht werden kann.

Lösung 1:

Die Rspr. nimmt bei → Krankheitskosten immer an, dass die Kosten zwangsläufig sind, da auf die Wiederherstellung der Gesundheit nicht verzichtet werden könne (BFH vom 27.9.1991, BStBl II 1992, 110).

In der Mehrzahl der Fälle wird dies richtig sein, da zumeist nicht sicher feststellbar ist, dass die Krankheit auf einer Kausalkette beruht, die vorwerfbar in Gang gesetzt wurde. Vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte → Krankheitskosten können aber nicht mehr mit dem Begriff der Zwangsläufigkeit in Verbindung gebracht werden.

Dass allein die theoretische Möglichkeit, Aufwendungen zu vermeiden, die Zwangsläufigkeit und die Entstehung außergewöhnlicher Belastungen nicht generell ausschließt, zeigen auch die Fälle von leichter Fahrlässigkeit. An der Zwangsläufigkeit fehlt es, wenn sich der Stpfl. bewusst und aufgrund einer freien Entscheidung in eine bestimmte Situation begeben und die damit verbundenen Folgen in Kauf genommen hat.

Beispiel 2:

Der Steuerpflichtige beschädigt aufgrund eines sog. »Bedienungsfehlers« den von einem Dritten geliehenen Pkw und muss daher Schadenersatz leisten. Er begehrt die Anerkennung der Zahlung als agB.

Lösung 2:

Der Bedienungsfehler beruhte auf einfacher Fahrlässigkeit im Sinne eines auch bei gewissenhaften Menschen vorkommenden, nicht ins Gewicht fallenden Außerachtlassens der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Der Steuerpflichtige ist trotz seines Bemühens um verkehrsgerechtes Verhalten letztlich nur an einer ihn überfordernden Situation gescheitert. Er handelte nicht vorsätzlich und auch nicht grob fahrlässig, d.h. nicht in einer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzenden Art und Weise. Obwohl der Fehler vermeidbar war, ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ihm agB entstanden sind; vgl. BFH vom 3.6.1982, BStBl II 1982, 749. Die moderne Industriegesellschaft bediene sich in immer stärkerem Maße komplizierter und damit gefährlicher Techniken. Menschliches Versagen könne hier Schadensfolgen auslösen, die in keinem Verhältnis zum teilweise sehr geringen Maß des Versagens stünden. Dies müsse auch bei der Auslegung der Zwangsläufigkeit berücksichtigt werden.

Keine Zwangsläufigkeit besteht deshalb bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, ebenso nicht bei strafbarem oder sittenwidrigem Tun, wenn also ein schuldhaftes sozial-inadäquates Verhalten des Steuerpflichtigen Ursache für die Aufwendungen ist.

Umstritten ist ebenso, ob Ausgaben nicht mehr zwangsläufig sind, wenn der Steuerpflichtige die Möglichkeit gehabt hätte, die Aufwendungen durch eine übliche Versicherung auf ein Versicherungsunternehmen abzuwälzen. Der BFH vertritt hierzu die Auffassung, dass Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an Vermögensgegenständen nicht zwangsläufig seien, wenn allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen worden seien, da es in diesen Fällen nicht gerechtfertigt sei, den Schaden auf die Allgemeinheit abzuwälzen (BFH vom 26.6.2003, BStBl II 2004, 47). Dem folgt die Finanzverwaltung (H 33.1–33.4 [Versicherung] EStH 2008).

Gibt ein Vater seiner Tochter, die geheiratet hat, einen Betrag, den diese als Baukostenzuschuss für die Erlangung einer Wohnung aufwendet, so handelt es sich i.d.R. nicht um eine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG; vgl. BFH vom 17.3.1961, VI 145/60. Geht man davon aus, dass der Baukostenzuschuss, wie ausgeführt, einen Teil der Miete darstellt, so kann die Übernahme eines Baukostenzuschusses durch den Vater ebenso wie die Übernahme der Miete überhaupt nicht schon deswegen als zwangsläufig angesehen werden, weil das Kind geheiratet hat und das Ehepaar eine eigene Wohnung braucht. Welche laufende Miete das Ehepaar aufwendet und welchen Baukostenzuschuss es erforderlichenfalls zusätzlich hingibt, ist Sache seines freien Entschlusses.

Trinkgelder (im Rahmen einer Kur) sind nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 19.4.2012, VI R 74/10) ebenso nicht zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG, und zwar unabhängig davon, ob die zugrunde liegende Leistung selbst als außergewöhnliche Belastung zu beurteilen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine Ausgabe i.S.d. § 33 Abs. 2 EStG nur zwangsläufig, wenn auf die Entschließung des Steuerpflichtigen in der Weise Gründe von außen einwirken, dass er ihr nicht ausweichen kann.

Ungeachtet eines eigenen Verschuldens (BFH, VI R 77/78) gelten Krankheitskosten stets als zwangsläufig entstanden. Es sind allerdings nur gegenwärtige bzw. unmittelbare Krankheitskosten als agB absetzbar. Vorbeugende Maßnahmen wie z.B. die Einlagerung von Nabelschnurblut entstehen somit lt. BFH (Urteil vom 15.10.2007, III B 112/06) nicht zwangsläufig. Durch die Entnahme und Einlagerung des Nabelschnurblutes eines Kindes wird aber nicht eine gegenwärtig bestehende Krankheit behandelt. Sie soll vielmehr die Möglichkeit schaffen, künftig auftretende Erkrankungen durch die darin enthaltenen Stammzellen zu behandeln und dient somit der privaten Vorsorge. Aufwendungen zur Vorbeugung oder Erhaltung der Gesundheit sind aber nicht abzugsfähig, sofern nicht konkrete Gesundheitsgefährdungen drohen. Denn vorbeugende Maßnahmen sind nicht zwangsläufig. Auch die Tatsache, dass die Einlagerung des Nabelschnurblutes im Falle seiner späteren Verwendung zur Behandlung einer Krankheit nachträglich als hilfreich und gewissermaßen als Vorstufe der Therapie erscheint, lässt die im Zusammenhang mit der Geburt entstandenen Aufwendungen nicht als unumgänglich erscheinen.

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) sind als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) auch dann zu berücksichtigen, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Da die Aufwendungen dazu dienen, die Fertilitätsstörung der Stpfl. auszugleichen, sind sie als insgesamt – einschließlich der auf die Bereitstellung und Aufbereitung des Spendersamens entfallenden Kosten – auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung darauf gerichtet, die Störung zu überwinden. Eine Aufteilung der Krankheitskosten kommt insoweit nicht in Betracht, vgl. BFH vom 5.10.2017, VI R 47/15, BStBl II 2018, 350.

Erfolgt die künstliche Befruchtung mit dem Ziel, die auf einer »Krankheit« der Frau (Empfängnisunfähigkeit) oder des Mannes (Zeugungsunfähigkeit) beruhende Kinderlosigkeit zu beheben, so sind die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung der Sterilität als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn die Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird; insoweit kommt es weder auf den Familienstand der Frau noch darauf an, ob sie mit einem männlichen Partner oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Beruht aber eine objektiv feststellbare herabgesetzte Fertilität nicht auf anormalen organischen Ursachen, sondern auf dem fortgeschrittenen Alter eines Menschen, so handelt es sich in diesem Fall gerade nicht um einen einer Krankheit gleichzustellenden »regelwidrigen« Körperzustand, sondern um die Folge eines natürlichen biologischen Vorgangs (Abgrenzung zu den Urteilen des FG München vom 20.5.2009, 10 K 2156/08 sowie des Niedersächsischen FG vom 20.10.2009, 15 K 495/08); vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018, 9 K 11390/16.

Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität sind als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig, wenn diese Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird und mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht, also nicht nach nationalem Recht (insbes. Embryonenschutzgesetz ESchG) verboten ist; vgl. FG München vom 8.10.2019, 6 K 1471/17.

Erforderlich für den Abzug als außergewöhnliche Belastung ist, dass die künstliche Befruchtung mit dem Ziel erfolgt, die auf einer »Krankheit« der Frau (Empfängnisunfähigkeit) oder des Mannes (Zeugungsunfähigkeit) beruhende Kinderlosigkeit zu beheben. Das Alter der Frau, die bei Beginn der Kinderwunschbehandlung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stellt keinen Umstand dar, der einer Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen entgegenstehen würde. Es liegen weder Anzeichen dafür vor, dass die durchgeführte Behandlung in diesem Alter als medizinisch nicht Erfolg versprechend zu erachten wäre, noch kann davon ausgegangen werden, dass eine Schwangerschaft in diesem Alter keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr finden würde (Anschluss an FG München vom 20.5.2009, 10 K 2156/08; gegen FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018, 9 K 11390/16, EFG 2019, 106).

Das Alter der Frau, die bei Beginn der Kinderwunschbehandlung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stellt keinen Umstand dar, der einer Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen entgegenstehen würde. Es liegen weder Anzeichen dafür vor, dass die durchgeführte Behandlung in diesem Alter als medizinisch nicht erfolgversprechend zu erachten wäre, noch kann davon ausgegangen werden, dass eine Schwangerschaft in diesem Alter keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr finden würde. Hat eine Frau im Alter von 37 bis 39 Jahren nach natürlich eingetretenen Schwangerschaften insgesamt vier Fehlgeburten infolge chromosomaler Mutationen erlitten, war deswegen nach einer ärztlichen Stellungnahme eine Kinderwunschbehandlung medizinisch indiziert und waren eine Präimplantationsdiagnostik oder vergleichbare Verfahren gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 ESchG zulässig, so sind die Aufwendungen für eine zulässigerweise mit eigenen Eizellen der Frau durchgeführte künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung abziehbar (im Streitfall: ICSI-Therapie mit anschließender Trophektoderm-Biopsie); vgl. FG München vom 8.10.2019, 6 K 1423/17; Revision anhängig unter VI R 34/19. In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 25.1.2022, VI R 34/19 wie folgt: Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung unter Verwendung von gespendeten Eizellen im Ausland können nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, weil die Behandlung nicht mit dem deutschen ESchG vereinbar ist. Diese Beurteilung verstößt weder gegen verfassungsrechtliche noch gegen europarechtliche Vorgaben.

Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau einer Motoryacht erwachsen dem Stpfl. nicht zwangsläufig und sind deshalb nicht als agB i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen; BFH vom 2.6.2015, VI R 30/14, BStBl II 2015, 775.

Zwangsläufigkeit setzt grds. voraus, dass etwaige Ersatzansprüche gegen Dritte erfolglos geltend gemacht wurden; Umfang und Intensität der erforderlichen Rechtsverfolgung bestimmen sich nach dem Maßstab der Zumutbarkeit (BFH vom 20.9.1991, III R 91/89, BStBl II 1191, 137).

Eltern können die Kosten, die ihnen durch Besuchsreisen zu ihrem im Ausland lebenden Kind entstanden sind, nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend machen (FG Rheinland-Pfalz vom 6.1.2017, 2 K 2360/14). Bei den Reisekosten handelt es sich nicht um außergewöhnliche, sondern um typische Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung, die bereits durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind. Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass Aufwendungen außergewöhnlich i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG sind, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Sie werden durch den Grundfreibetrag (vgl. § 32a Abs. 1 EStG) berücksichtigt.

Aufwendungen für Fahrten zwischen der Familienwohnung und einer Privatschule eines am Asperger-Syndrom sowie an einer hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens (ADHS) leidenden Kindes sind, falls keine ärztliche Bescheinigung vorliegt, die die medizinische Notwendigkeit des Privatschulbesuchs zur Linderung/Heilung der Erkrankung des Kindes bestätigt, nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar; vgl. FG Köln vom 20.3.2019, 4 K 1961/16.

Aufwendungen, mit denen dem möglichen Eintritt von Schäden vorgebeugt werden soll – wie etwa Kosten für Maßnahmen, mit denen das Eindringen von Mardern in Wohngebäude und ihre Einnistung verhindert werden soll – sind keine außergewöhnlichen Belastungen; vgl. FG Hamburg vom 21.2.2020, 3 K 28/19.Dem in § 33 Abs. 4 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 und in § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 geregelten Verlangen, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall formalisiert nachzuweisen, ist nach § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 auch im Veranlagungszeitraum 2009 Rechnung zu tragen. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Bestätigung des Senatsurteils vom 19.4.2012, VI R 74/10, BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577); vgl. BFH vom 21.2.2018, VI R 11/16, BStBl II 2018, 469.

Aufwendungen eines aus zwei Männern bestehenden Ehepaares für eine in den USA durchgeführte Leihmutterschaft führen nicht zu außergewöhnlichen Belastungen (FG Münster vom 7.10.2021, 10 K 3172/19 E). Denn eine nach nationalem Recht verbotene Behandlung kann keinen zwangsläufigen Aufwand i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG begründen. Vielmehr ist von den Stpfl. zu erwarten, dass sie gesetzliche Verbote beachten. Aufwendungen für nach objektiv-rechtlichen Maßstäben verbotene Behandlungsmaßnahmen sind selbst dann nicht zwangsläufig, wenn sie nicht straf- oder bußgeldbewehrt sind oder wegen eines Strafausschließungsgrundes nicht geahndet werden. Als außergewöhnliche Belastungen sind daher Kosten für eine künstliche Befruchtung nur zu berücksichtigen, wenn die aufwandsbegründende Behandlung insbes. nicht gegen das deutsche ESchG verstößt und mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte im Einklang steht. Die Revision ist unter dem Az. VI R 29/21 anhängig. Der BFH wird sich mit folgender Frage beschäftigen: Sind die – in einer Ehegemeinschaft lebenden Männern entstandenen – Kosten einer nach innerstaatlichem Recht (ESchG) verbotenen, im Ausland aber in zulässiger Weise durchgeführten Kinderwunschbehandlung (hier: Leihmutterschaft) als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG berücksichtigungsfähig?

1.4. Die einzelnen Merkmale der Zwangsläufigkeit

Die Gründe für die Ausgaben müssen nach der im Gesetz selbst vorgenommenen Definition für die Zwangsläufigkeit (sog. Legaldefinition) rechtlicher, tatsächlicher oder sittlicher Art sein. Bei Hochwasserkatastrophen ist ein Abzug der Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus oder einer selbstgenutzten Eigentumswohnung sowie für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung möglich. Allerdings ist der Abzug nach den EStR (R 33.2 Nr. 7 EStR) ausgeschlossen, wenn der Stpfl. zumutbare Schutzmaßnahmen unterlassen oder eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hat. Hier stellt das BMF mit Schreiben vom 21.6.2013, BStBl I 2013, 769, klar, dass bei den durch die Hochwasserkatastrophe unmittelbar geschädigten Stpfl. der Abzug der o.a. Aufwendungen für die Schadensbeseitigung sowie für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung als außergewöhnliche Belastungen bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der R 33.2 EStR nicht wegen einer fehlenden Versicherung gegen Hochwasserschäden zu versagen ist. Eine sog. Elementarversicherung stellt keine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit i.S.d. R 33.2 Nr. 7 EStR dar. Das schädigende Ereignis darf nicht länger als drei Jahre zurückliegen, bei Baumaßnahmen muss mit der Wiederherstellung oder Schadensbeseitigung innerhalb von drei Jahren nach dem schädigenden Ereignis begonnen worden sein.

1.4.1. Rechtliche Gründe

Rechtliche Gründe können sich aus Gesetz, Verwaltungsakt oder Vertrag ergeben. Es ist allerdings zu würdigen, ob die rechtliche Verpflichtung die Folge eines vorausgehenden Verhaltens des Stpfl. ist. Grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten schließt die Zwangsläufigkeit stets aus. Ebenso fehlt es an der Zwangslage, wenn die Aufwendungen aus eigenem strafbaren Tun entstehen. So entschied der BFH (Urteil vom 16.4.2013, IX R 5/12), dass die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstandenen Kosten seiner Strafverteidigung nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind.

Aus Verpflichtungen aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen können für sich allein regelmäßig Zahlungen in Erfüllung rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen erwachsen, diese sind regelmäßig nicht zwangsläufig. Unter rechtliche Gründe i.S.v. § 33 Abs. 2 EStG fallen danach nur solche rechtlichen Verpflichtungen, die der Stpfl. nicht selbst gesetzt hat. Der Umfang der rechtlichen Gründe muss im Hinblick auf die Funktion der agB enger gefasst werden, als dies der Wortlaut eigentlich zulässt. Sie fallen dann nicht unter § 33 Abs. 2 EStG, wenn der Steuerpflichtige ihre Ursache selbst gesetzt hat, insb. durch den Abschluss entsprechender Verträge, aus denen die Verpflichtung resultiert (H 33.1–33.4 [Rechtliche Pflicht] EStH). Rechtliche Gründe können sich ergeben aus Gesetz (z.B. Unterhaltspflicht, Unterhalt), aus Verwaltungsakt oder aus Vertrag. Der Stpfl. darf aber die Ursache der rechtlichen Verpflichtung nicht selbst gesetzt haben. Der Abzug einer vergleichsweise vereinbarten Kapitalabfindung zur Abgeltung sämtlicher möglicherweise in der Vergangenheit entstandener und künftiger Unterhaltsansprüche eines geschiedenen Ehegatten nach § 33 Abs. 1 EStG scheidet in aller Regel wegen fehlender Zwangsläufigkeit aus; BFH vom 26.2.1998, III R 59/97, BStBl II 1998, 605.

Im Regelfall sind gesetzliche Unterhaltspflichten ein rechtlicher Grund. Der BFH hat mit Urteil vom 27.9.2007, III R 30/06, BFH/NV 2008, 539, hierzu entschieden, dass agB nicht für Flugkosten anzunehmen sind, die einem Elternteil für die Kontaktpflege zu seinen beim im Ausland getrennt lebenden Ehepartner lebenden minderjährigen Kindern entstanden sind.

Der Umstand, dass die Kosten für den Zivilprozess nicht auf einer gerichtlichen Kostenentscheidung, sondern auf einem gerichtlichen Vergleich gründen, schließt die Berücksichtigung dieser Kosten als außergewöhnliche Belastungen nicht grundsätzlich aus. Kosten für einen Prozess mit dem Ziel, entgangenen oder künftig entgehenden Verdienstausfall zu ersetzen, können Werbungskosten sein; vgl. BFH vom 20.1.2016, VI R 14/13.

1.4.2. Tatsächliche Gründe

Tatsächliche Gründe sind unabwendbare Ereignisse, insb. Unfälle und Krankheiten. Regelmäßig wird es sich um Aufwendungen des Steuerpflichtigen für sich selbst handeln. Bei Aufwendungen zugunsten Dritter muss eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung hinzukommen.

Bei Hochwasserkatastrophen ist ein Abzug der Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus oder einer selbstgenutzten Eigentumswohnung sowie für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung möglich. Allerdings ist der Abzug nach den EStR (33.2 Nr. 7 EStR) ausgeschlossen, wenn der Stpfl. zumutbare Schutzmaßnahmen unterlassen oder eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hat.

Die Kosten für die Beauftragung eines privaten Sicherheitsdienstes führen zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, um eine Gefahr für Leib und Leben abzuwehren; vgl. FG Münster vom 11.12.2017, 13 K 1045/15 E. Die Aufwendungen für den privaten Sicherheitsdienst sind der Klägerin aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Aufwendungen zur Abwehr von Gefahren gegen Leib und Leben erwachsen grds. aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. So ist in der Rspr. entschieden worden, dass Aufwendungen für die Abwehr von massiven Angriffen eines unbekannten Täters in Form von tätlichen Angriffen und Telefonterror eine Zwangsläufigkeit i.S.d.§ 33 Abs. 2 EStG begründen (Hessisches FG vom 22.5.1989, 8 K 3370/88).

Aufwendungen für die Unterbringung in einer Pflege-WG sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; vgl. FG Köln vom 30.9.2020, 3 K 1858/18; Revision anhängig unter VI R 40/20. Der 1965 geborene Kläger ist aufgrund eines Motorradunfalls schwerbehindert. Neben einem Grad der Behinderung von 100 weist sein Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen G (erheblich gehbehindert), B (Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nötig) und H (hilflos) aus. Er ist von der Pflegekasse in Pflegegrad 4 (schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit) eingestuft. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 machte er Miet- und Verpflegungskosten für seine Unterbringung in einer Pflege-WG als außergewöhnliche Belastungen geltend. Die Unterbringung ist angesichts des Alters des Klägers von 50 Jahren im Zeitpunkt des Umzugs als außergewöhnlich i.S.d. § 33 EStG. Auch ist kein Unterschied zwischen den verschiedenen, vom Gesetzgeber gleichermaßen anerkannten Formen der Unterbringung pflegebedürftiger Menschen ersichtlich. Die Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft ist für den Kläger auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Zweifel an der Angemessenheit im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG bestehen angesichts der sich im üblichen Rahmen bewegenden Unterbringungskosten nicht.

1.4.3. Sittliche Gründe

Sittliche Gründe sind entsprechend dem Normzweck eng auszulegen und können nur vorliegen, wenn die sittliche Pflicht derart unabdingbar auftritt, dass sie ähnlich einer Rechtspflicht von außen her als eine Forderung oder zumindest Erwartung der Gesellschaft so auf den Stpfl. einwirkt, dass ihre Erfüllung als eine selbstverständliche Handlung erwartet und ihre Missachtung als moralisch anstößig empfunden wird und Sanktionen im sittlichen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene haben kann (vgl. H 33.1–33.4 [Sittliche Pflicht] EStH).

Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine sittliche Verpflichtung i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG, Aufwendungen für dritte Personen zu tragen, indes nicht in Betracht, wenn die unterstützte Person selbst in der Lage ist, die Aufwendungen aus eigenen Mitteln zu tragen (BFH vom 11.7.1990, III R 111/86, BFHE 162, 231, BStBl II 1991, 62). Verfügt der Empfänger über eigenes, nicht nur geringfügiges Vermögen, sind die Aufwendungen nicht zwangsläufig (BFH vom 14.8.1997, III R 68/96, BFHE 184, 315, BStBl II 1998, 241). Denn die Gesellschaft erachtet es als zumutbar, wenn nicht gar als selbstverständlich, dass zunächst eigenes Vermögen eingesetzt und erst danach die Unterstützung naher Angehöriger beansprucht wird. Bei Vermögenswerten über 15 500 € scheide eine Berücksichtigung der Unterstützungsleistungen gem. § 33 Abs. 1 EStG aus (BFH vom 29.5.2008, III R 48/05, BStBl II 2009, 361).

Darüber hinaus ist zu prüfen, ob der Bedarf nicht durch ein langfristiges Darlehen gedeckt werden kann (BFH vom 11.11.1988, III R 262/83, BFHE 154, 548, BStBl II 1989, 280; vom 12.12.2002, III R 25/01, BFHE 201, 188, BStBl II 2003, 299).

Unterstützungsleistungen an einen bedürftigen Angehörigen sind aber insoweit keine außergewöhnliche Belastung als der Steuerpflichtige von dem Angehörigen dessen gesamtes sicheres Vermögen in einem Zeitpunkt übernommen hat, zu dem dieser sich bereits im Rentenalter befand (BFH vom 12.11.1996, III R 38/95, BStBl II 1997, 387).

Eine Zwangsläufigkeit nicht schon gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige subjektiv verpflichtet fühlt. Auch ist nicht jede aus sittlichen Gründen verständliche Unterstützung eines Dritten zwangsläufig i.S.v. § 33 Abs. 2 EStG. Ein sittlicher Grund liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige nach dem Urteil gerecht und billig denkender Menschen zu der Leistung verpflichtet fühlen kann und die Leistung nicht nur menschlich verständlich, sondern von der Sittenordnung gefordert ist; vgl. BFH vom 18.11.1977, VI R 142/75 BStBl II 1978, 147.

Beerdigungskosten können aus sittlichen Gründen zwangsläufig entstehen. Sittliche Gründe zur Übernahme der Beerdigungskosten kommen im Allgemeinen bei einem nahen Angehörigen in Betracht (BFH in BFHE 150, 351, BStBl II 1987, 715; FG Münster in EFG 2014, 44; HHR/Kanzler, EStG § 33 Rz. 142). Unter diesem Gesichtspunkt können Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung aber ebenfalls nur abgezogen werden, soweit die Aufwendungen nicht aus dem Nachlass bestritten werden können oder nicht durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind (BFH vom 4.4.1989, X R 14/85, BFHE 157, 88, BStBl II 1989, 779, und vom 29.5.1996, III R 86/95, BFH/NV 1996, 807, m.w.N.). Danach führen Aufwendungen, die den Verkehrswert des Nachlasses nicht übersteigen, gar nicht erst zu einer Belastung i.S.v. § 33 EStG.

Inwieweit von einer Steuerpflichtigen aufgewandte Kosten, die anlässlich der Beerdigung ihrer Mutter entstanden sind, bei ihr als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG berücksichtigt werden können, obwohl sie im Streitjahr vom ehemaligen ArbG der Mutter ein stpfl. Sterbegeld auf der Grundlage des § 23 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder empfangen hat, ist vom BFH in einem Revisionsverfahren (VI R 33/20) zu klären. Das FG Düsseldorf entschied in der Vorinstanz mit Urteil vom 15.6.2020, 11 K 2024/18 E wie folgt: Der Abzug von Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen ist nicht im Wege der Vorteilsanrechnung um die – nach Minderung um den Versorgungsfreibetrag verbleibenden – stpfl. Sterbegeldleistungen zu kürzen. Eine solche Kürzung unterbleibt auch, soweit das Sterbegeld durch den Pauschbetrag für Versorgungsbezüge steuerlich entlastet worden ist.

Der Frage, ob Aufwendungen eines Stpfl. für den Sprachkurs seines Bruders aus sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und als agB i.S.v. § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigungsfähig sind, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine sittliche Verpflichtung zu einer derartigen Kostenübernahme ist ebenso abzulehnen wie im Fall der Übernahme der Kosten des Studiums von Geschwistern; BFH Beschluss vom 11.3.1988, III B 122/86, BStBl II 1988, 534.

Der BFH bejahte die sittlichen Gründe in folgendem Fall (BFH vom 22.10.1996, III R 265/94, BStBl II 1997, 558). Aufwendungen, die durch die persönliche Pflege eines nahen Angehörigen entstehen, sind jedoch nur dann außergewöhnliche Belastungen, wenn die Übernahme der Pflege unter Berücksichtigung der näheren Umstände des Einzelfalls aus rechtlichen oder sittlichen Gründen i.S.d. § 33 Abs. 2 EStG zwangsläufig ist. Allein das Bestehen eines nahen Verwandtschaftsverhältnisses reicht für die Anwendung des § 33 EStG nicht aus. Bei der erforderlichen Gesamtbewertung der Umstände des Einzelfalls sind u.a. der Umfang der erforderlichen Pflegeleistungen und die Höhe der für den Steuerpflichtigen entstehenden Aufwendungen zu berücksichtigen.

Nachzahlungen zur Rentenversicherung eines Elternteils sind nicht aus sittlichen Gründen zwangsläufig, wenn dessen Rentenansprüche bereits ohne die Nachzahlung so hoch sind, dass sein Lebensunterhalt sowohl gegenwärtig als auch voraussichtlich in Zukunft sichergestellt ist; BFH vom 7.3.2002, III R 42/99, BStBl II 2002, 473.

Für die Begleichung der Steuerschulden eines volljährigen, in eigenem Haushalt lebenden Kindes durch die Eltern besteht weder eine rechtliche noch eine sittliche Verpflichtung i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG, wenn die Zahlungen Aufwendungen betreffen, die aus dem Bereich der individuellen Lebensführung und -gestaltung des Kindes herrühren. Zwar ist es verständlich, dass sich die Kläger zur Unterstützung ihrer Tochter in der gegebenen finanziell schwierigen Lage verpflichtet sahen. Eine sittliche Pflicht i.S.d. § 33 EStG, die sich aus der Erwartung der Gesellschaft zur Leistung einer derartigen Unterstützung ergeben könnte, lag indes nicht vor; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 3.11.2009, 6 K 1358/08

Aus sittlichen Gründen erwachsen Aufwendungen zwangsläufig, wenn das Unterlassen der Aufwendungen Sanktionen im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge hätte. Bei der Entscheidung ist auf alle Umstände des Einzelfalles, insbes. die persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die konkrete Lebenssituation, bei der Übernahme einer Schuld auch auf den Inhalt des Schuldverhältnisses abzustellen. Zwangsläufigkeit im vorstehenden Sinn kann vorliegen, wenn der Sohn der Erblasserin als Alleinerbe Nachlassverbindlichkeiten erfüllt, die auf existenziellen Bedürfnissen seiner in Armut verstorbenen Mutter unmittelbar vor oder im Zusammenhang mit deren Tod beruhen; vgl. BFH vom 24.7.1987, III R 208/82, BStBl II 1987, 715.

Aufwendungen für die Anschaffung eines Pkw, den ein Stpfl. seinem Sohn schenkt, sind auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn der Sohn als Körperbehinderter auf die Nutzung eines Fahrzeugs angewiesen ist. Eine über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch hinausgehende sittliche Verpflichtung zur Leistung solcher Zuwendungen besteht im Allgemeinen nicht; vgl. BFH vom 27.2.1987, III R 209/81, BStBl II 1987, 432.

Aufwendungen eines Stpfl. für Fahrten zur krankheitsbedingten Betreuung seiner pflegebedürftigen Mutter sind insoweit außergewöhnlich, als sie die Aufwendungen für Besuchsfahrten überschreiten, die der Stpfl. auch ohne die Erkrankung seiner Mutter üblicherweise ausgeführt hätte. Der Ermittlung der Fahrtkosten mit dem eigenen Kraftfahrzeug ist die kürzeste benutzbare Straßenverbindung zugrunde zu legen. Benutzbar in diesem Sinne ist eine Fahrtstrecke, deren Befahren unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsverhältnisse im Rahmen des Zumutbaren liegt; BFH vom 6.4.1990, III R 60/88.

Das FG Münster bejahte mit Urteil vom 27.1.2017, 4 K 3471/15 E den Abzug von agB in Bezug auf Aufwendungen für die Teilnahme an medizinischen Seminaren zum Umgang mit frühtraumatisierten Kindern von Pflegeeltern und erkennt eine sittliche Verpflichtung an. Es wird nach Ansicht des Gerichtes gesellschaftlich zwingend erwartet, dass – nicht anderweitig erstattungsfähige – Krankheitskosten (jedenfalls in hier eingehaltenem, verhältnismäßigen finanziellen Rahmen) für sämtliche Familienmitglieder, mithin auch für Pflegekinder, übernommen werden. Für die gesellschaftliche Anschauung ist dabei weniger maßgebend, ob eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht oder ob förmlich die Personensorge übertragen worden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass zwischen den Mitgliedern der Familie der Kläger ein auf Dauer angelegtes enges familiäres Band besteht und dass die Kläger die Obhut und Pflege der Kinder übernommen haben.

Beispiel 3:

Die Stpfl. haben ein Kind adoptiert, weil sie keine eigenen Kinder bekommen können. Aus gesundheitlichen Gründen haben sie eine künstliche Befruchtung abgelehnt. Die Adoptionskosten i.H.v. 10 000 € möchten sie als agB anerkannt haben.

Lösung 3:

Ein Abzug als agB scheidet aus. Die Aufwendungen sind nicht zwangsläufig erwachsen, sondern beruhen auf einem freiwilligen Entschluss. Dies gilt auch dann, wenn die Aufwendungen einen grundrechtlich geschützten Bereich wie hier die Verwirklichung des Kinderwunschs (Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG) betrifft, vgl. BFH vom 10.3.2015, VI R 60/11, BStBl II 2015, 695.

1.4.4. Weitere Voraussetzungen

Das Gesetz knüpft die Zwangsläufigkeit i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG zusätzlich daran, dass die Aufwendungen zum einen den Umständen nach notwendig sind und zum anderen einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Diese Merkmale können im Ergebnis nur deklaratorische Bedeutung haben, da für nicht notwendige oder unangemessene Aufwendungen schon keine rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Pflichten bestehen können. Bei der Prüfung von Aufwendungen auf eine agB dürfte ihnen daher keine eigenständige Bedeutung zukommen.

Nach der Rechtsprechung wird die Frage der Notwendigkeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden. So ist es bei der Unterstützung einer dritten Person ausreichend, ihr mit einem Darlehen über die Not zu helfen, anstatt den Unterstützungsbetrag endgültig hinzugeben; vgl. BFH vom 12.12.2002, III R 25/013, BStBl II 2003, 299. Es besteht weder eine rechtliche noch eine sittliche Verpflichtung, eine von der Krankenkasse nicht bezahlte naturheilkundliche Krebsnachbehandlung i.H.v. rund 700 000 DM für einen krankenversicherten Elternteil zu tragen; BFH vom 12.12.2002, III R 25/01. Nach Auffassung des Senats scheitert der Abzug schon deshalb, weil – ungeachtet der Vermögensverhältnisse des Vaters – der Kläger sittlich nicht verpflichtet war, die Nachbehandlung des Vaters zu bezahlen. Die eigentliche Krebsbehandlung des Vaters wurde von den Krankenkassen bezahlt. Es ist zwar verständlich und – insbes. bei schweren, das Leben bedrohenden Krankheiten – nicht unüblich, dass sich Stpfl. über die von Krankenkassen bezahlte eigentliche Heilbehandlung hinaus weiteren Maßnahmen, z.B. auf dem Gebiet der Naturheilkunde, unterziehen, um den Heilerfolg sicherzustellen und einem weiteren Ausbruch der Krankheit vorzubeugen. Es ist auch sittlich anerkennenswert, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige diese Behandlungen bezahlen. Eine sittliche Verpflichtung hierzu besteht aber nicht.

Der Erfindungsreichtum der Stpfl. zur Geltendmachung von agB – und die »zwangsläufige« Reaktion der Rspr. hierauf – zeigt der am 18.3.2004 entschiedene Fall (BFH vom 18.3.2004, FR 2004, 667). Erpressungsgelder wurden gezahlt, da der Ehepartner nichts von einem außerehelichen Verhältnis erfahren durfte; diese Gelder sind in der Steuererklärung als agB geltend gemacht worden. Unter Hinweis auf die – natürlich – fehlende Zwangsläufigkeit hat der BFH den Abzug abgelehnt.

Bei Sanierungsaufwendungen eines Gebäudes (aufgrund Asbestbefall) erläuterte der BFH mit Urteil vom 29.3.2012, VI R 21/11, dass sicherzustellen ist, dass in den Sanierungskosten keine wertsteigernden Aufwendungen enthalten sind. Falls in den angesetzten Beträgen auch Aufwendungen für die vollständige Erneuerung der Außenfassade einschließlich der Dämmung sowie für den Einbau von Aluminiumaußenfensterbänken enthalten sind, liegt die Vermutung nahe, dass werterhöhende Ausgaben vorliegen. Insoweit ist eine Kürzung der Aufwendungen vorzunehmen.

Aufwendungen für die Unterbringung in einer Pflege-WG sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; vgl. FG Köln vom 30.9.2020, 3 K 1858/18; Revision anhängig unter BFH-Az. VI R 40/20. Zweifel an der Angemessenheit i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG bestehen angesichts der sich im üblichen Rahmen bewegenden Unterbringungskosten nicht. Der steuerlich geltend gemachte Eigenanteil dürfte aufgrund der von den Klägern gewählten Unterbringungsform zudem hinter dem für eine Heimunterbringung zurückbleiben.

Die Anschaffung eines Kastenwagens, auf den ein außergewöhnlich Gehbehinderter angewiesen ist, um sein Liegefahrrad in das Umland zu transportieren, da er in der Stadt nicht mehr fahren kann, führt nicht zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn Anschaffungskosten in derselben Größenordnung auch für ein anderes Fahrzeug der unteren Mittelklasse hätten aufgewandt werden müssen; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 8.11.2021, 7 K 7157/20. Zur Angemessenheit der Aufwendungen nahmen die Richter wie folgt Stellung: Die Kläger haben glaubhaft dargelegt, dass die Klägerin auf einen Kastenwagen angewiesen ist, um ihr Liegefahrrad in das Umland zu transportieren, da sie in der Stadt nicht mehr fahren kann. Allerdings handelt es sich nicht um einen »krassen Ausnahmefall«, der zu einem höheren Abzug führen würde, da für das Fahrzeug keine überdurchschnittlich hohen Aufwendungen entstehen, die durch die Anwendung der Pauschbeträge nicht abgedeckt sind. Die Pauschbeträge stellen eine Typisierung dar, die sämtliche mit der Benutzung eines Kfz in Zusammenhang stehenden Aufwendungen einschließlich der Abschreibung für neu angeschaffte Kfz berücksichtigen (BFH vom 22.10.1996, III R 203/94). Die Anschaffungskosten i.H.v. 18 250,00 € bewegen sich in einer Größenordnung, die die Kläger auch für ein anderes Fahrzeug der unteren Mittelklasse hätten aufwenden müssen. Die Anschaffung des Pkw kann daher nicht gesondert geltend gemacht werden. Es handelt sich auch nicht um eine behinderungsbedingte Umrüstung eines Fahrzeuges, die grds. neben den Fahrtkosten geltend gemacht werden kann (BFH vom 21.11.2018, VI R 28/16, DStRE 2019, 1129). Für die Berücksichtigung weiterer Fahrten wurden keine Nachweise erbracht.

1.5. Größere Aufwendungen

Neben der Indisponibilität der Aufwendungen sind die agB durch ihre Atypik gekennzeichnet. In § 33 Abs. 1 EStG kommt dies dadurch zum Tragen, dass es sich um »größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Stpfl. gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands« handeln muss. Bei richtiger Auslegung ist nicht auf die absolute Höhe der Aufwendungen abzustellen, um zu entscheiden, ob es sich um »größere« Aufwendungen handelt. Es kommt darauf an, ob die überwiegende Mehrzahl der Stpfl. derartige Ausgaben nicht zu tätigen braucht. In der Kommentierung wird davon ausgegangen, dass sich die Rspr. ohnehin weniger mit der verunglückten Legaldefinition als vielmehr direkt mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Außergewöhnlichkeit selbst befasst.

1.5.1. Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen

Aufwendungen sind außergewöhnlich, wenn sie nicht nur der Höhe, sondern ihrer Art und dem Grund nach außerhalb des Üblichen liegen. Sie dürfen somit nur einer Minderheit der Bevölkerung entstehen. Es darf sich demnach nicht um typische Kosten der Lebensführung handeln, mit denen jedermann zu rechnen hat; diese stellen endgültig Kosten der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG dar und unterliegen dem einkommensteuerlichen Abzugsverbot. Aus der jahrelangen Rspr. sind daher u.a. folgende Fälle nicht nach § 33 EStG-abziehbar:

  • Kosten der Eheschließung, BFH vom 15.4.1992, III R 11/91,

  • Aufwendungen für die Neuanschaffung eines Pkw nach einem Unfall, BFH vom 17.10.1973, VI R 84/70,

  • Vergebliche Zahlungen für den Erwerb eines Grundstücks und für die Erstellung eines selbst zu nutzenden Einfamilienhauses (Maklerkosten, Werklohnvorauszahlungen), zu denen der Stpfl. durch einen Betrug seiner Vertragspartner veranlasst worden ist und für die er nach dem Scheitern der Verträge keine realisierbaren Ersatzansprüche erworben hat, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen; vgl. BFH vom 19.5.1995, III R 12/92,

  • Private Umzugskosten, BFH vom 8.10.2008, VI B 66/08,

  • Aufwendungen zur Kontaktpflege eines geschiedenen Elternteils, BFH vom 27.9.2007, III R 28/05,

  • Steuerberatungskosten, BFH vom 4.2.2010, X R 10/08; es scheitert an dem Umstand, dass in Bezug auf die Steuerberatungskosten nicht zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Stpfl. gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen sind.

  • Kosten für Kleidung, Verpflegung, Unterbringung und Wohnungswechsel aufgrund einer Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs,

  • Die Kosten für die Anschaffung, die Installation und den Betrieb einer Geschirrspülmaschine können auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn ein Stpfl. den Geschirrspülautomaten mit Rücksicht auf eine krankheitsbedingte Behinderung seiner Ehefrau angeschafft hat; vgl. BFH vom 21.8.1974, VI R 237/71.

  • Wildtierschäden als solche sind nicht unüblich und nicht mit ungewöhnlichen Schadensereignissen i.S.d. § 33 EStG vergleichbar. Mit einem Wildtierschaden in Zusammenhang stehende Aufwendungen zur Beseitigung konkreter, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehender Gesundheitsgefahren erlauben deshalb keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen; BFH vom 1.10.2020, VI R 42/18. Die besagten Aufwendungen sind bereits dem Grunde nach nicht außergewöhnlich, da Wildtierschäden keineswegs unüblich sind. In dem konkreten Einzelfall bewohnten die Kläger ein Haus, dessen Garten an natürliches Gewässer angrenzt, in dem sich ein Biber ansiedelte. Dieser verursachte erhebliche Schäden an dem Grundstück (Absenken der Rasenfläche, Absacken der Terrasse). Der Kläger errichtete eine Bibersperre, die ihn samt Reparatur der Schäden 4 000 € kostete.

Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar; vgl. BFH vom 27.9.2007, III R 28/05, BStBl II 2008, 287. Nach der Rechtsprechung des BFH werden zwar Aufwendungen für Besuchsfahrten zu nahen Angehörigen als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn diese ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit oder eines Leidens unternommen werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit oder das Leiden erträglicher zu machen (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958). Dass der Kläger seine Kinder in den USA besucht, um – wie er vorträgt – bei diesen krankhafte Anpassungsstörungen zu vermeiden, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Das FG Rheinland-Pfalz ordnet in seinem Urteil vom 6.1.2017, 2 K 2360/14, ebenfalls Besuchsfahrten von Eltern zu ihrem im europäischen Ausland die Schule besuchenden, minderjährigen Kind nicht zu den außergewöhnlichen Belastungen zu. Es argumentiert damit, dass derartige Aufwendungen durch den Grundfreibetrag in § 32a EStG berücksichtigt werden; familienbedingte Aufwendungen sind durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten. Das Gericht betont allerdings, dass Besuchsfahrten unter dem Umstand, dass sie zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen werden, abgesetzt werden können

Beispiel 4:

Der gehbehinderte Stpfl. ist auf die Benutzung eines Pkw angewiesen. Er begehrt die Berücksichtigung der Kosten für die Erlangung der Fahrerlaubnis als agB.

Lösung 4:

Bei Personen, die aufgrund einer körperlichen Behinderung auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sind, ist die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen aufgrund tatsächlicher Gründe zu bejahen, da sich die Person den Kfz-Kosten praktisch nicht entziehen kann. Es fehlt aber hinsichtlich eines Betrages, der üblicherweise für den Erwerb der Fahrerlaubnis aufgewendet wird, an dem Erfordernis, dass der Stpfl »größere Aufwendungen« als die überwiegende Mehrzahl der Stpfl. tragen muss. Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis stellen heute typische Ausgaben dar. Atypisch sind nur diejenigen Kosten, die u.U. aufgrund der Körperbehinderung zusätzlich entstehen.

Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen soll bei richtigem Verständnis der Vorschrift sicherstellen, dass indisponible Einkünfte nicht der Besteuerung unterworfen werden. Soweit diese Funktion von den Sonderausgaben wahrgenommen wird, kann es sich begrifflich schon nicht um agB handeln. Da die Sonderausgaben tatbestandlich genau präzisiert sind, lässt sich hier zumindest negativ bestimmen, bei welchen Aufwendungen es sich nicht um agB handelt.

Schwieriger wird die Bestimmung, wenn es darum geht, welche Aufwendungen durch die tariflichen Freibeträge, insbes. durch den Grundfreibetrag abgedeckt sind. Vereinfacht lässt sich sagen, dass die üblichen Aufwendungen der Lebensführung aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sein müssen.

Errichtet ein Stpfl. infolge eines Planungsfehlers des Architekten ein Gebäude irrtümlich auf dem Nachbargrundstück, sind die Aufwendungen, die in Zusammenhang mit einem Grundstückstausch mit dem Eigentümer des von ihm bebauten Grundstücks entstehen und von der Berufshaftpflichtversicherung des Architekten nicht erstattet werden, nicht als agB abzugsfähig; vgl. FG Thüringen vom 31.1.2001, III 1479/99.

Kosten, die durch Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheims entstanden sind, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 7.5.2020, 3 K 2036/19. Die Aufwendungen sind auch nicht außergewöhnlich. Der Erwerb eines Einfamilienhauses berühre typischerweise das Existenzminimum nicht und erscheint deshalb steuerlich als Vorgang der normalen Lebensführung. Für die von den Klägern getätigten Aufwendungen zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Rahmen der Errichtung eines Wohnhauses und der Löschung einer zu Gunsten des Bauunternehmers eingetragenen Sicherungshypothek gilt nichts anderes.

Umstritten ist, ob für die Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen nur auf die konkreten Aufwendungen selbst abzustellen ist, oder ob auch das auslösende Ereignis zu betrachten ist. Teilweise wird die Auffassung vertreten, mit der Formulierung in § 33 Abs. 1 EStG sollte der Aufwand vom auslösenden Ereignis abstrahiert werden. Die überwiegende Ansicht betrachtet wohl richtigerweise auch das auslösende Ereignis. Aus dem Wortlaut, der die Grenzen der Auslegung festlegt, ergibt sich offensichtlich keine Isolierung der Aufwendungen von den sie auslösenden Ursachen. Die den Sinn und Zweck der Norm betrachtende Auslegung der Vorschrift erlaubt es, die Ursachen mit in die Prüfung der Atypik einzubeziehen. Häufig wird sich die Streitfrage nicht auswirken, da atypische Lebenssachverhalte überwiegend auch zu atypischen Aufwendungen führen werden. Zwingend ist diese Korrespondenz zwischen Lebenssachverhalt und Aufwendung aber nicht. Daher wird man auch bei Aufwendungen, die für sich genommen nicht das Merkmal der Außergewöhnlichkeit tragen, prüfen müssen, ob sie aufgrund atypischer Ursachen außergewöhnlich i.S.v. § 33 EStG sind.

Aufwendungen eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrenntlebenden Kind keine außergewöhnliche Belastung; vgl. BFH Urteil vom 15.5.2012, VI B 111/11. Nach der Rspr. des BFH ist es weder als außergewöhnlich anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kindern getrennt lebt, weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft (mehr) besteht, noch sind die aufgrund der Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umgang mit den Kindern außergewöhnlich. Denn eine räumliche Trennung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei zusammenlebenden Eltern nicht unüblich.

Umzugskosten sind unabhängig von der Art der Wohnungskündigung durch Mieter oder Vermieter in der Regel keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG, vgl. BFH vom 28.2.1975, VI R 120/73, BStBl II 1975, 482. Umzüge wegen Wohnungswechsels sind in der Bundesrepublik Deutschland alltägliche Ereignisse. Dadurch entstehende Kosten sind nicht deshalb außergewöhnlich, weil der Umzug durch eine Kündigung der Wohnung durch den Mieter oder Vermieter veranlasst worden ist. Es ist ebenfalls ohne Bedeutung, ob der Vermieter die Kündigung wegen Eigenbedarfs oder zur Erzielung eines höheren Mietzinses ausgesprochen hat.

Dass bei der Beurteilung der Lebenssachverhalte auf ihren atypischen Charakter eine gewisse Pauschalisierung nicht vermeidbar ist, zeigt das nachfolgende Beispiel.

Beispiel 5:

Ein Stpfl. hat aufgrund seiner ungewöhnlichen Körpergröße nicht die Möglichkeit, sich mit Konfektionsware einzukleiden. Er möchte die Mehrkosten, die ihm durch die Anfertigung von Maßkleidung entstehen, als agB vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen.

Lösung 5:

Die Bekleidungskosten gehören i.H.d. üblichen Bedarfs zu den indisponiblen (zwangsläufigen) Aufwendungen. Fraglich ist, ob der Mehrbedarf des Stpfl. atypisch und damit außergewöhnlich i.S.v. § 33 EStG ist. Entscheidend ist, ob der Mehraufwand, der dem Stpfl. zweifellos entsteht, in der Sache nach durch den Grundfreibetrag und die damit bezweckte Freistellung des Existenzminimums erfasst ist. Nicht entscheidend ist, ob der dafür vom Gesetzgeber vorgesehene Betrag der Höhe nach ausreichend ist. Allein die Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der Stpfl. auf Konfektionsgrößen zurückgreifen kann und deshalb auf maßgefertigte Kleidung nicht angewiesen ist, führt noch nicht automatisch dazu, dass atypischer Aufwand gegeben ist. Der Gesetzgeber kommt nicht umhin, für bestimmte Bereiche typisierende Vorschriften zu schaffen. Der tarifliche Grundfreibetrag zur Sicherung des Existenzminimums kann nicht in jedem Fall auf die Bedürfnisse des in jeder Hinsicht durchschnittlichen Normalbürgers reduziert werden. Der BFH hat es deshalb grundsätzlich bei Kosten der Bekleidung und Ernährung abgelehnt, einen Normalbedarf zu ermitteln und darüber hinausgehende Aufwendungen als agB anzuerkennen (BFH vom 21.6.1963, BStBl III 1963, 381). Daher können die zusätzlichen Bekleidungskosten nicht als agB anerkannt werden.

Der BFH (Urteil vom 26.1.2006, III R 22/04) entschied, dass auf die Eltern entfallende Aufwendungen für Campingurlaube mit behinderten Kindern nicht als agB abziehbar seien, wenn die Urlaube sich unwesentlich von einem üblichen Familienurlaub unterscheiden. Ein Aufenthalt in einer Therapieeinrichtung wäre beispielsweise berücksichtigungsfähig. Es handele sich vielmehr um übliche Aufwendungen der Lebensführung, die nicht außergewöhnlich sind, sondern durch die allgemeinen Freibeträge (§ 32a bzw. § 32 Abs. 6 EStG) abgegolten sind.

Kosten für Kleidung, Verpflegung, Unterbringung und einen Wohnungswechsel, die durch die Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs entstanden sind, sind nicht als außergewöhnliche Belastung steuerlich zu berücksichtigen, da sie auch allen übrigen Stpfl. entstehen; vgl. FG Baden-Württemberg vom 10.9.2012, 6 K 3622/10. Im anschließenden Revisionsverfahren kam der BFH zu folgendem Ergebnis (Urteil vom 14.4.2016, VI R 5/13): Hat ein Arbeitnehmer eine Wohnung seines Arbeitgebers angemietet, und hat der Arbeitgeber die Wohnung an einen Dritten veräußert, obwohl er dem Arbeitnehmer ein Vorkaufsrecht eingeräumt hatte, sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers für zivilgerichtliche Auseinandersetzungen über das Bestehen des Vorkaufsrechts an der Mietwohnung und die Beendigung des Mietverhältnisses im Anschluss an die Veräußerung der Wohnung einschließlich daraus folgender Schadensersatzansprüche nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Auch Aufwendungen des Stpfl. für die Prozessvertretung einer nach der StPO zulässigen Nebenklage sind keine außergewöhnlichen Belastungen.

Aufwendungen für die Unterbringung in einer Pflege-WG sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; vgl. FG Köln vom 30.9.2020, 3 K 1858/18; Revision anhängig unter VI R 40/20. Die Unterbringung ist angesichts des Alters des Klägers von 50 Jahren im Zeitpunkt des Umzugs außergewöhnlich i.S.d. § 33 EStG. Die Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft ist für den Kläger auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Die Revision ist unter dem Az. VI R 40/20 anhängig. Der BFH wird sich mit folgender Rechtsfrage auseinandersetzen: Ist Voraussetzung für die Anerkennung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Unterbringung (hier: in einer Pflegewohngemeinschaft in Form einer selbstverantworteten Wohngruppe i.S.d. §§ 24 Abs. 2, 25 WTG NW) als außergewöhnliche Belastungen –krankheitsbedingte Unterbringung –, dass der Stpfl. in einem Heim i.S.d. § 1 HeimG bzw. einer Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot i.S.d. § 18 WTG NW untergebracht ist?

1.5.2. Aufwendungen für die (besondere) Verpflegung

§ 33 Abs. 2 Satz 3 EStG bestimmt (ausdrücklich), dass Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Diese Norm wird des Öfteren gerichtlich geprüft:

Hierzu entschied das Niedersächsische FG (Urteil vom 10.5.2011, 12 K 127/10) bei einer an multipler Sklerose erkrankten Stpfl., dass ihre Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel (vor allem Vitaminpräparate) nicht als agB abgezogen werden können. Begründet wird das Versagen nach dem Willen des Gesetzgebers zum umfassenden Ausschluss der Diätverpflegungsaufwendungen in § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG. Mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz seien Ausnahmen nicht vereinbar und der Gesetzgeber sprach sich für das ausnahmslose Abzugsverbot aus.

Aus den gleichen Gründen versagte der BFH (Urteil vom 21.6.2007, III R 48/04) bereits in früheren Jahren die Anerkennung von durch Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) bedingte Diätkosten als außergewöhnliche Belastungen.

Das Abzugsverbot für Diätverpflegung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG gilt auch für zur Behandlung einer chronischen Stoffwechselstörung ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel; vgl. FG Düsseldorf vom 15.7.2013, 9 K 3744/12. Zu einem anderen Ergebnis gelangte der BFH in der Revision vom 14.4.2015, VI R 89/13 bei einer chronischen Stoffwechselstörung. Zur Vermeidung von weiteren gesundheitlichen Schäden verordnete der behandelte Arzt eine laufende Einnahme von Vitaminen und anderen Mikronährstoffen. Die Einnahme sei lebenslang erforderlich. Medikamente seien bei einer Stoffwechselstörung nicht indiziert. Der BFH ließ hier den Abzug als agB zu und kam zu der Entscheidung, dass § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG hier nicht anwendbar sei. Der Umstand, dass der Stpfl. wegen dieser Krankheit zugleich eine Diät zu halten habe, stehe dem Abzug nicht entgegen. Das FG Düsseldorf führte die Rspr. des BFH in seinem Urteil vom 24.1.2017, 10 K 2300/15 E, fort.

Der Abzug von Aufwendungen für glutenfreie Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastungen kommt nicht in Betracht, unabhängig davon, ob sie aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen wird. Die diesbezügliche Ausschlussregelung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (FG Köln vom 13.9.2018, 15 K 1347/16). In der anschließenden Revision entschied der BFH mit Urteil vom 4.11.2021, VI R 48/18, dass der Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG bei Krankheitskosten begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch bei Krankheitskosten, die aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts von der privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden. Das Abzugsverbot für Aufwendungen für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß.

Nach einem Urteil des FG Münster (Urteil vom 19.2.2019, 12 K 302/17 E) sind durch Bulimie verursache erhöhte Lebensmittelkosten nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Lebensmittelaufwendungen einer an Bulimie erkrankten Stpfl. können jedenfalls nicht als unabwendbar angesehen werden. Es mag zwar sein, dass die Erkrankung der Ehefrau des Klägers ihre Steuerungsfähigkeit soweit einschränken kann, dass diese sich infolge ihrer Krankheit den Ausgaben zu ihrer Befriedigung nicht zu entziehen vermag. Die Ausgaben als Ausdruck ihrer Erkrankung beruhen jedoch nicht auf einem unabwendbaren Ereignis (vgl. hierzu BFH vom 14.8.1981, VI R 34/78, FG Baden-Württemberg vom 21.4.1994, 8 K 227/93, EFG 1995, 262). Aus dem Umstand, dass das Bundesfinanzgericht in Österreich Kosten für erhöhte Lebensmittelaufwendungen von Bulimie-Erkrankten als außergewöhnliche Belastung anerkannt hat, kann nicht folgen, dass auch vorliegend die der Ehefrau des Klägers entstandenen Lebensmittelkosten in Deutschland ebenfalls als solche berücksichtigt werden müssten.

Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel für die Behandlung einer Krebserkrankung stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Bei den laut der Anlage zur Einspruchsentscheidung von der Krankenkasse nicht erstatteten und vom FA nicht als Krankheitskosten anerkannten Kosten handelte es sich um Präparate aus der Apotheke und aus Internetapotheken, für die der Kläger keine Verordnungen mehr vorlegen konnte; BFH vom 25.4.2017, VIII R 52/13.

Nach Auffassung des FG Münster (Urteil vom 17.1.2022, 9 K 1471/20 E) sind Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente nicht als agB abziehbar.

1.5.3. Ausgaben

AgB müssen Aufwendungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG sein. Außerdem ist in zeitlicher Hinsicht zu klären, in welchem VZ die Aufwendungen geltend gemacht werden können. Ohne Bedeutung für das Vorliegen von Aufwendungen ist grds. die Mittelherkunft. Der Abzug ist somit unabhängig davon, ob die Ausgaben aus eigenen oder fremden Mitteln stammen. Eine Darlehensaufnahme zur Leistung von Ausgaben kann sogar ein Anzeichen für die Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen sein.

Als Aufwendungen i.S.v. § 33 EStG werden nur Ausgaben, d.h. bewusste und gewollte Vermögensverwendungen angesehen. Damit können ungewollte Vermögensverluste und entgangene Einnahmen von vornherein nicht zu den agB zählen. Dagegen soll es für eine agB nicht darauf ankommen, dass die Ausgaben aus dem Einkommen des betroffenen VZ bestritten werden müssen. Verfügt der Stpfl. über weiteres Vermögen, aus dem er die Ausgaben bereits leisten kann, hindert dies nicht die Entstehung einer agB. Geldverluste durch Diebstahl, Unterschlagung usw. können nicht als agB gem. § 33 EStG geltend gemacht werden. Es handelt sich bei diesen Geldverlusten nicht um Belastungen des Einkommens, sondern um Vermögensverluste, die als agB nicht berücksichtigt werden können.

Die Anwendung des § 33 EStG ist ausgeschlossen, wenn die geltend gemachten Aufwendungen Werbungskosten darstellen. Ein Werbungskostenüberschuss aufgrund der Nichtvermietbarkeit einer Immobilie wegen Mobilfunkstrahlung kann nicht berücksichtigt werden, wenn keine Vermietungsabsicht ersichtlich ist. Noch in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wird von der Unvermietbarkeit des Hauses ausgegangen. Vermietungsbemühungen für das Streitjahr sind nicht erkennbar; vgl. BFH vom 4.11.2009, VI B 43/09.

Schuldzinsen für ein Darlehen, das ein Stpfl. zur Bestreitung agB i.S.d. § 33 EStG aufgenommen hat, sind ebenfalls als agB steuerermäßigend zu berücksichtigen, wenn bzw. soweit die Darlehensaufnahme selbst zwangsläufig erfolgt ist. Die Zinsen sind im jeweiligen Jahr der Verausgabung abzuziehen; vgl. H 33.1–4 EStH.

Bei Aufwendungen zu Gunsten Dritter muss geprüft werden, ob die unterstützte Person über eigenes, nicht nur geringfügiges Vermögen verfügt. Ist das der Fall, sind die Aufwendungen des Steuerpflichtigen in der Regel nicht zwangsläufig. So entschied der BFH mit Urteil vom 12.12.2002, III R 25/01, dass ein Abzug der durch die Krankheit des Vaters entstandenen Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung des Sohnes nicht stattfindet, da der Vater zwei durch die Familienangehörigen bewohnte Häuser besitzt. Es besteht weder eine rechtliche noch eine sittliche Verpflichtung, eine von der Krankenkasse nicht bezahlte naturheilkundliche Krebsnachbehandlung in Höhe von rund 700 000 DM für einen krankenversicherten Elternteil zu tragen.

Schuldzinsen für ein Darlehen, das ein Steuerpflichtiger zur Bestreitung außergewöhnlicher Belastungen i.S.d. § 33 EStG aufgenommen hat, sind ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen steuerermäßigend zu berücksichtigen, wenn bzw. soweit die Darlehensaufnahme selbst zwangsläufig erfolgt ist. Die Zinsen sind im jeweiligen Jahr der Verausgabung abzuziehen; vgl. hierzu BFH vom 6.4.1990, III R 60/88, BStBl II 1990, 958.

Ein Abzug des durch einen Unfall bei einem Pkw entstandenen Vermögensverlusts als agB kommt grds. nicht in Betracht. Eine Ausnahme gilt lediglich bei Stpfl., die so gehbehindert sind, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mit einem Kraftfahrzeug fortbewegen können. Soweit danach Kraftfahrzeugkosten z.B. für eine Urlaubsreise als agB zu berücksichtigen sind, gilt dies auch für einen dabei erlittenen Unfallschaden, für den der Stpfl. keinen Ersatz vom Schädiger erlangen kann; BFH Beschluss vom 24.4.2006, III B 164/05.

Zur Problematik, ob Geldwert von Zeitaufwand als außergewöhnliche Belastung absetzbar sei, hat das FG Hessen mit Urteil vom 11.3.2011, 11 K 1850/10 Stellung genommen und gelangt zu dem Ergebnis, dass reiner Zeitaufwand auch dann nicht zur steuerlichen Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG führt, wenn dieser im Rahmen einer ehrenamtlichen Betreuung der eigenen Mutter anfällt und wenn für jede Stunde ein fiktiver Geldwert durch den betreuenden Sohn angesetzt wird.

Weiterhin gilt bei § 33 EStG der Grundsatz des immanenten Belastungsprinzips. Daher mindern Ersatzleistungen, die in einem anderen VZ als dem der Verausgabung zufließen, unmittelbar schon die agB. Eine Saldierung dieser späteren Ersatzleistungen mit anderen agB im Jahr ihres Zuflusses, wie sie aus Gründen der Praktikabilität bei den Sonderausgaben vorgenommen wird, wird von der Finanz-Rspr. offenbar nicht durchgeführt. Ist die Höhe der zu erwartenden Ersatzleistungen noch ungewiss, ist für die Veranlagung deren Schätzung zulässig. Sofern die Veranlagung dann nicht nach § 164 AO oder nach § 165 AO vorgenommen wird, soll eine spätere Korrektur aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO möglich sein. Einen Grenzfall bilden Ausgaben, die durch Darlehen finanziert werden. Hier könnte man die Auffassung vertreten, dass die Belastung effektiv erst durch die Leistung von Zins- und Tilgung eintritt. Die Rspr. geht aber davon aus, dass die Belastung bereits zum Zeitpunkt der Verausgabung eintritt (vgl. H 33.1–33.4 [Darlehen], [Ersatz von dritter Seite], [Verausgabung] EStH 2010).

Inwieweit von einer Stpfl. aufgewandte Kosten, die anlässlich der Beerdigung ihrer Mutter entstanden sind, bei ihr als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG berücksichtigt werden können, obwohl sie im Streitjahr vom ehemaligen ArbG der Mutter ein stpfl. Sterbegeld auf der Grundlage des § 23 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder empfangen hat, ist vom BFH in einem Revisionsverfahren (VI R 33/20) zu klären. Das FG Düsseldorf entschied in der Vorinstanz mit Urteil vom 15.6.2020, 11 K 2024/18 E wie folgt: Das an Hinterbliebene ausgezahlte Sterbegeld für Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist kein steuerfreier Bezug i.S.d. § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG. Der Abzug von Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen ist nicht im Wege der Vorteilsanrechnung um die – nach Minderung um den Versorgungsfreibetrag verbleibenden – stpfl. Sterbegeldleistungen zu kürzen. Eine solche Kürzung unterbleibt auch, soweit das Sterbegeld durch den Pauschbetrag für Versorgungsbezüge steuerlich entlastet worden ist.

Krankheitsbedingte Aufwendungen, die ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger selbst trägt, um eine Beitragsrückerstattung seines Krankenversicherers zu erhalten, können weder als Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden (FG Berlin-Brandenburg vom 19.4.2017, 11 K 11327/16). In dem zur Entscheidung stehenden Fall hatte der Kläger in seiner Steuererklärung die von ihm entrichteten Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung geltend gemacht. Nachdem das FA Kenntnis von einer im Streitjahr für das Vorjahr gewährten Beitragserstattung seiner Krankenversicherung erhalten hatte, änderte es die Steuerfestsetzung und berücksichtigte nur noch die im Streitjahr gezahlten Beiträge abzüglich der Erstattung. Das Finanzgericht versagte den Abzug als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG. Zwar zählen hierzu nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers auch die Krankheitskosten. Diese sind steuerlich aber nur dann berücksichtigungsfähig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen nicht entziehen kann, sie ihm also zwangsläufig erwachsen. Hieran fehlt es, wenn der Steuerpflichtige – wie hier – freiwillig auf einen bestehenden Erstattungsanspruch gegen seinen Krankenversicherer verzichtet.

Beerdigungskosten können als außergewöhnliche Belastung nur abgezogen werden, soweit sie nicht aus dem Nachlass oder durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind; vgl. BFH Beschluss vom 21.2.2018, VI R 11/16, BStBl II 2018, 469.

Krankheitskosten, die ein Stpfl. selbst trägt, um eine Beitragsrückerstattung von seiner privaten Krankenkasse zu erhalten, sind mangels Zwangsläufigkeit nicht als agB i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen (FG Niedersachsen vom 20.2.2019, 9 K 325/16; rechtskräftig). Zwar kann es – wie im Streitfall – wirtschaftlich vernünftig sein, auf die Erstattung der gezahlten Krankheitskosten zu verzichten, um so eine betragsmäßig höhere Beitragserstattung zu erlangen. Es ist aber nicht Aufgabe des Steuerrechts dafür zu sorgen, dass dieser Vorteil auch nach Durchführung der Besteuerung erhalten bleibt.

1.5.4. Subsidiaritätsprinzip: Vorrang eines Werbungskosten-, Betriebsausgaben-, Sonderausgabenabzugs

Bestimmte Krankheitskosten können unter bestimmten Umständen den Einkunftsarten zugeordnet werden, wenn sie zur Heilung einer typischen Berufskrankheit oder Vorbeugung gegen eine solche aufgewandt werden (z.B. Vergiftungserscheinungen eines Chemikers, Staublunge eines Bergmannes, Tuberkuloseerkrankung in einer TBC-Heilungsstätte, Sportunfall eines Berufsfußballspielers u.a.). In Zeiten zunehmender psychischer Erkrankungen aufgrund von Überbelastungen im Berufsleben war es vorsehbar, dass sich der BFH mit der Frage, ob Aufwendungen einer Burn-out-Erkrankung als Werbungskosten abzugsfähig sind, befassen muss. In der Vorinstanz entschied das FG München mit Urteil vom 26.4.2013, 8 K 3159/10, dass Burn-out keine typische Berufskrankheit darstelle. Das FG hat im Wesentlichen ausgeführt, bei den vom Kläger geltend gemachten psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen handele es sich nicht um Berufskrankheiten. Ein Werbungskostenabzug sei daher nicht möglich. Die anschließende Revision (BFH vom 9.11.2015, VI R 36/13) hatte keinen Erfolg. Der Werbungskostenabzug käme nur dann in Betracht, wenn die Erkrankung – ganz oder teilweise – klar und eindeutig durch die berufliche Tätigkeit veranlasst ist. Ein solcher Zusammenhang wird für Kosten zur Abwendung von Krankheiten oder zur Wiederherstellung der Gesundheit angenommen, wenn wie bei sog. typischen Berufskrankheiten nach den gesicherten Erfahrungen der Medizin die Entstehung der Krankheit wesentlich durch den Beruf mit bedingt ist. Die Rspr des BFH erkennt darüber hinaus Krankheitskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten an, wenn im einzelnen Fall der Zusammenhang zwischen dem Beruf und der Entstehung der Erkrankung offenkundig ist. Diesen Zusammenhang konnte der BFH nicht feststellen und schloss sich der Entscheidung des FG an.

Die Anwendung des § 33 EStG ist ausgeschlossen, wenn die geltend gemachten Aufwendungen Werbungskosten darstellen. Ein Werbungskostenüberschuss aufgrund der Nichtvermietbarkeit einer Immobilie wegen Mobilfunkstrahlung kann nicht berücksichtigt werden, wenn keine Vermietungsabsicht ersichtlich ist. Noch in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wird von der Unvermietbarkeit des Hauses ausgegangen. Vermietungsbemühungen für das Streitjahr sind nicht erkennbar; vgl. BFH vom 4.11.2009, VI B 43/09.

Nach einem Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 18.5.2018, 4 K 194/18 stellen allerdings Aufwendungen für die Anschaffung von Ohropax Werbungskosten dar, wenn dadurch der Lärm durch während der Arbeitszeit im Büro des ArbG stattfindende Baumaßnahmen gedämpft worden ist.

1.5.5. Gegenwerttheorie

Ausgaben des Stpfl., für die er einen Gegenwert oder einen nicht nur vorübergehenden Vorteil erhält, können nicht zu agB führen. Dies entspricht heute der herrschenden Meinung und der ständigen Rspr. des BFH. Ein Gegenwert oder ein nicht nur vorübergehender Vorteil wird erlangt, wenn Teile des Einkommens für die Anschaffung von Gegenständen verwendet werden, die von bleibendem oder doch mindestens länger andauerndem Wert und Nutzen sind und zumindest eine gewisse Marktgängigkeit besitzen.

Nach dieser Theorie stellen Aufwendungen für die Anschaffung von Gegenständen, die ein manisch-depressiver Stpfl. zur Befriedigung seines Kaufzwanges erwirbt, nicht außergewöhnliche Belastungen dar; FG München vom 10.3.2008, 13 K 2392/5. Aufwendungen eines manisch-depressiven Stpfl. zur Befriedigung seiner Stimmungen können möglicherweise nicht als unabwendbar angesehen werden. Aufwendungen eines manisch-depressiven Stpfl., der in einer manischen Phase in einen Kaufzwang verfällt, belasten den Stpfl. nicht, denn er erhält mit der gekauften Ware einen Gegenwert zu den aufgewandten Kosten.

Die Ausstattung eines Pkw mit einem Automatikgetriebe ist kein derart außergewöhnlicher Umstand, der eine Überschreitung der Pauschsätze für Fahrtaufwendungen als agB rechtfertigen kann, denn es handelt sich dabei nicht um eine besondere Fahrzeugausstattung für Behinderte. Zudem scheitert eine Berücksichtigung der Mehrkosten für das Automatikgetriebe auch daran, dass die Kläger beim Kauf des Pkw für ihre Aufwendungen einen Gegenwert erhielten; vgl. FG Nürnberg vom 26.11.2009, 4 K 688/2009.

Beispiel 6:

Ein Stpfl. lässt sich Schalldämmfenster in seine gemietete Wohnung einbauen. Diese dienen vor allem zur Abschirmung des Straßenlärms an einer verkehrsreichen Kreuzung.

Lösung 6:

Der Stpfl. hat durch den Einbau des Schalldämmfensters den Vorteil eines geräuschfreien Wohnens erlangt. Dieser Vorteil ist ebenso real, als wenn ein Mieter sich auf eigene Kosten eine Heizung in seine gemietete Wohnung einbauen lässt, weil die Wohnung bisher nicht genügend beheizbar war. Das Vorhandensein eines realen Gegenwerts wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Zeit der voraussichtlichen Nutzung des Schalldämmfensters ungewiss ist.

Beispiel 7:

Die Stpfl., die beide berufstätig waren, hatten im Jahre 1960 geheiratet. Da sie von ihren Eltern keine Aussteuer oder Ausstattung erhielten, verwendeten sie im Jahre 1961 einen erheblichen Teil ihres Einkommens zur Anschaffung von Einrichtungsgegenständen. Die Aufwendungen machten sie als agB i.S.v. § 33 EStG geltend. Das FA lehnte die Berücksichtigung ab. Der BFH hob eine zunächst anders lautende Entscheidung des Finanzgerichtes unter Hinweis auf die Gegenwerttheorie auf. Gegen das Urteil des Bundesfinanzhofes legten die Stpfl. Verfassungsbeschwerde ein, die sie unter anderem mit einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips begründeten. Der BFH schaffe mit dem Tatbestandsmerkmal »Gegenwert«, das in § 33 EStG nicht enthalten sei, einen neuen Steuertatbestand.

Die Gegenwerttheorie haben der BFH/die Finanzgerichte in folgenden Einzelfällen angewandt:

  • Erstanschaffung von Möbeln durch jungvermählte Eheleute (BFH vom 9.4.1965, VI 23/65),

  • Umbau zu einem behindertengerechten Badezimmer (vgl. FG Münster vom 18.10.2006, 10 K 3187/03): Der Umbau des Badezimmers war aber ebenso für andere Bewohner der Wohnung, insbesondere die Kläger und ggf. spätere Nachmieter, von Nutzen. Die Kläger erhielten ein mit gängigen Markenartikeln zeitgemäß renoviertes und gefliestes Bad. Insoweit lässt sich nicht eindeutig und anhand objektiver Kriterien ausschließen, dass auch sonstige private Gründe zumindest hinsichtlich des Umfangs der Umbauarbeiten eine Rolle gespielt haben,

  • Einbau einer Nachtstromspeicherheizung (BFH vom 4.3.1983, VI R 189/79),

  • Aufwendungen für ein kontraststarkes Fernsehgerät (FG Rheinland-Pfalz vom 23.3.2011, 2 K 1855/10: Bei dem angeschafften Fernseher handelt es sich – anders als z.B. bei einer Brille oder einer Prothese – um einen typischen Gegenstand der Lebensführung, der grds. für jeden Stpfl. von Nutzen sein kann und dementsprechend marktgängig ist),

  • Aufwendungen eines manisch-depressiven Stpfl. für die Anschaffung zur Befriedigung seines Kaufzwanges (FG München vom 10.3.2008, 13 K 2392/05); Aufwendungen eines manisch-depressiven Stpfl., der in einer manischen Phase in einen Kaufzwang verfällt, belasten den Stpfl. nicht, denn er erhält mit der gekauften Ware einen Gegenwert zu den aufgewandten Kosten.

  • Straßenbaubeiträge (Anschluss an das Schmutz- und Frischwassernetz) sind als agB aufgrund der Gegenwerttheorie zu versagen; vgl. FG Sachsen-Anhalt vom 7.12.2006, 3 K 1339/06 und anschließende Revision, BFH Beschluss vom 24.3.2009, VI B 133/07.

Die undifferenzierte Anwendung der Gegenwerttheorie kann zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn Ersatzbeschaffungen für verlorene oder beschädigte Gegenstände erforderlich werden. Der Verlust oder die Beschädigung stellt noch keine Aufwendung im Sinne einer gewussten und gewollten Vermögensverwendung dar und kann deshalb nicht agB sein. Die Ausgaben für die Wiederbeschaffung könnten dagegen bei einer unkritischen Anwendung der Gegenwerttheorie nicht zu agB führen, da der Stpfl. für die Ausgabe einen Gegenwert erhält.

Derart unbillige Ergebnisse sind schon seit längerem durch eine Einschränkung der Gegenwerttheorie bei »verlorenem Aufwand« vermieden worden. Sie unterscheiden sich von den Anwendungsfällen der Gegenwerttheorie dadurch, dass keine reine Vermögensumschichtung vorliegt.

Auf der anderen Seite muss klar sein, dass die Einschränkung der Gegenwerttheorie bei verlorenem Aufwand nicht in jedem Fall die Annahme außergewöhnlicher Belastungen begründen kann. Entsprechend den allgemeinen Merkmalen einer agB i.S.v. § 33 EStG müssen auch die verlorenen Aufwendungen zum einen indisponibel sein und zum anderen atypischen Charakter haben. Aufwendungen zur Wiederbeschaffung oder Schadensbeseitigung können daher nur bei existenziell notwendigen Gegenständen zur agB führen. Außerdem müssen der Verlust oder die Beschädigung durch ein unabwendbares Ereignis verursacht sein und es darf den Stpfl. kein Verschulden am Schadenseintritt treffen. Die Einkommensteuerrichtlinien fassen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Aufwendungen zur Wiederbeschaffung oder Schadensbeseitigung unter R 33.2 EStR zusammen.

Lösung 7:

Die Verfassungsbeschwerde der Stpfl. wäre begründet gewesen, wenn sie einer Besteuerung unterworfen gewesen wären, die nicht auf ein formell und materiell verfassungsgemäßes Gesetz zurückgeführt werden könnte. Konkret ging es darum, ob der BFH mit der Anwendung der Gegenwerttheorie noch eine Auslegung des § 33 EStG vornimmt oder eine unzulässige Rechtsfortbildung betreibt. Das BVerfG hat in überzeugender Weise entschieden, dass die Anwendung der Gegenwerttheorie Teil der Auslegung der Norm ist, die legitime Aufgabe des BFH als oberstem Bundesgericht ist (vgl. BVerfG vom 13.12.1966, BStBl III 1967, 106). Es handelt sich um eine nach Sinn und Zweck vorgenommene einschränkende Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der Aufwendungen (teleologische Reduktion), durch die sichergestellt wird, dass nur endgültige Belastungen von der Norm erfasst werden. Die Entscheidung des BFH erweist sich aber auch jenseits der verfassungsrechtlichen Fragen als richtig. Mit der Anschaffung von Einrichtungsgegenständen haben die Stpfl. lediglich eine Vermögensumschichtung vorgenommen. Da keine verlorenen Aufwendungen vorliegen, hat das FA die Anerkennung der Aufwendungen als agB zu Recht abgelehnt.

Mit der »Gegenwerttheorie« hat der BFH es (BFH Beschluss vom 15.4.2004, III B 113/03, n.n.v.) abgelehnt, Aufwendungen für den nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls in ein selbstgenutztes EFH als agB abzuziehen. Hierzu vergleichbar entschied das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 19.3.2014, 1 K 3301/12, EFG 2015, 406, dass die Gegenwerttheorie keine Anwendung findet bei Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau einer Dusche als außergewöhnliche Belastung. Der behinderungsbedingte Mehraufwand steht dabei stets so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund tritt. Bei dem behindertengerechten Umbau einer Dusche darf der Gesamtaufwand der Baumaßnahme nicht in einzelne Aufwandsposten aufgeteilt werden, sondern sind alle Folgekosten steuerlich zu berücksichtigen.

Beispiel 8:

Aufgrund eines Schlaganfalls ist der Stpfl. halbseitig gelähmt und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Er macht Aufwendungen für den Anbau eines behindertengerechten Außenaufzuges an seinem Einfamilienhaus geltend, um eine Zugangsmöglichkeit zum ersten, behindertengerecht ausgestatteten Obergeschoss zu schaffen.

Lösung 8:

Die Aufwendungen sind nach einem Urteil des BFH (Urteil vom 25.1.2007, III R 7/06) nicht als agB anzuerkennen, weil der Stpfl. hierfür einen Gegenwert erhält. Denn die Einrichtungen seien nicht ausschließlich für den Behinderten nutzbar, sondern ebenso von jedem anderen Bewohner des Hauses. Die Mehraufwendungen seien auch nicht zwangsläufig, weil nicht eindeutig und anhand objektiver Merkmale zwischen den steuerrechtlich irrelevanten privaten Motiven für die Gestaltung eines Hauses und den nach § 33 Abs. 2 EStG zu berücksichtigenden, ausschließlich durch die Behinderung verursachten Aufwendungen unterschieden werden könne. Das gilt auch, wenn der Stpfl. zwar aufgrund einer während des Baugenehmigungsverfahrens mit den Grundstücksnachbarn getroffenen privatschriftlichen Vereinbarung zum vollständigen Abbau des Aufzugs verpflichtet ist, der Zeitpunkt des Rückbaus jedoch noch nicht feststeht.

Erhält der Stpfl. für seine Aufwendungen einen marktfähigen Gegenwert, so liegt keine Belastung des Vermögens vor und damit keine außergewöhnliche Belastung vor (Gegenwerttheorie EStH 33.1–33.4 »Gegenwert«). Aufwendungen stellen somit keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn Gegenstände angeschafft würden, die von bleibendem oder doch länger dauerndem Wert oder Nutzen seien und eine gewisse Marktgängigkeit besäßen. Nach der derzeitigen Rechtsprechung des BFH fallen unter die Gegenwerttheorie u.a. die Aufwendungen für allgemeine Haushaltsgegenstände oder auch für den Einbau eines Fahrstuhls in einem Einfamilienhaus. Nicht abzugsfähig sind beispielsweise auch Aufwendungen für die Anschaffung von Trauerkleidung. So entschied auch das FG Rheinland-Pfalz (unter Anwendung der Gegenwerttheorie) mit Urteil vom 23.3.2011, 2 K 1855/10, dass Aufwendungen für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes auch dann keine außergewöhnliche Belastung i.S.v. § 33 EStG darstellen, wenn der Steuerpflichtige das Fernsehgerät aufgrund einer Sehkrafteinschränkung seiner Ehefrau erworben hat.

Gehbehinderte Stpfl., die sich außerhalb des Hauses nur mithilfe eines Kraftfahrzeugs bewegen können, können neben den Pauschbeträgen für Behinderte alle Kraftfahrzeugkosten als außergewöhnliche Belastungen geltend machen, sofern es sich nicht um WK oder BA handelt. Dabei sind die Aufwendungen für Fahrten nur bis zur Höhe der einkommensteuerlichen Kilometer-Pauschbeträge für WK und bis zu einem Umfang von 15 000 km im Jahr angemessen. Außergewöhnliche Umstände, die ausnahmsweise eine Überschreitung der Pauschsätze zulassen, liegen vor, wenn ein an Multipler Sklerose erkrankter Stpfl. aufgrund seiner Behinderung nachweislich keinen normalen Pkw benutzen kann und selbst die Beförderung sitzend im Rollstuhl krankheitsbedingt nur in ausgesuchten Fahrzeugen möglich ist. Die entstandenen Kosten sind im Jahr der Verausgabung abzugsfähig; eine Verteilung auf mehrere Jahre scheidet aus; vgl. FG Hessen vom 23.6.2016, 6 K 2397/12. In dem (im anschließenden Revisionsverfahren) nicht veröffentlichten BFH-Urteil vom 21.11.2018, VI R 28/16, entschied das Gericht, dass Kfz-Aufwendungen eines außergewöhnlich gehbehinderten Stpfl. nicht über den Pauschbetrag i.H.v. 0,30 €/km hinaus als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sind, wenn sie die für ein Fahrzeug der Mittelklasse durchschnittlich entstehenden Aufwendungen nicht wesentlich überschreiten. Ein Einzelnachweis höherer Kfz-Kosten als 0,30 € je gefahrenen Kilometer ist – selbst bei einer geringen Jahresfahrleistung – nicht möglich. Der Bundesfinanzhof hat dies für den Fall bestätigt, dass die für ein Fahrzeug der Mittelklasse durchschnittlich entstehenden Aufwendungen nicht wesentlich überschritten werden. Im Streitfall nahm er diese durchschnittlichen Kosten für ein Fahrzeug der Mittelklasse mit 0,60 € je gefahrenen Kilometer an. Die Klage blieb erfolglos, da der Bundesfinanzhof ein wesentliches Überschreiten verneinte, obwohl die Kfz-Kosten des Klägers 0,77 € je gefahrenen Kilometer betrugen.

Die Kosten für die Errichtung eines blickdichten Holzlattenzauns anstelle eines Maschendrahtzauns stellen auch dann keine außergewöhnlichen Belastungen, sondern Kosten der Lebensführung dar, wenn die höhere Umzäunung krankheitsbedingt notwendig wurde, sie aber einer traditionellen und dekorativen Bauweise entspricht. Soweit der Zaun Schutz vor von außen kommenden Gefahren bieten soll, handelt es sich – anders als bei einem Treppenlift oder einer Rollstuhlrampe – auch nicht um einen behinderungsbedingten Einsatz eines Hilfsmittels. Ein Gartenzaun zur Begrenzung des Grundstücks gehört zu den üblichen baulichen Außenanlagen eines Eigenheims. Die Kosten für seine Errichtung rechnen deshalb zu den üblichen Kosten der Lebensführung, die grds. jedem Stpfl. erwachsen. Daran ändert der Umstand nichts, dass es sich bei dem von den Klägern im Streitjahr errichteten Zaun um einen 180 cm hohen geschlossenen Holzlattenzaun handelt, vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 30.4.2012, 5 K 1934/11.

Beispiel 9:

Der Stpfl. S macht Aufwendungen für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes geltend. Er trägt vor, er leide an einer Erkrankung beider Augen, deren Sehkraft sehr stark eingeschränkt seien.

Lösung 9:

Zum einen zählen die Kosten für die Anschaffung eines solchen Gerätes zählen deshalb zu den üblichen Kosten der Lebensführung, die grds. jedem Stpfl. erwachsen; vgl. Ausführungen zu der Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen. Zum anderen handelt es sich bei einem Fernsehgerät, anders als bei medizinischen Hilfsmitteln, um einen typischen Gegenstand der Lebensführung, der grds. für jeden Stpfl. von Nutzen sein kann und dementsprechend einen marktfähigen Gegenwert darstellt.

Ein Transsexueller kann Aufwendungen für die im Zusammenhang mit der Geschlechtsumwandlung angeschaffte Bekleidung nicht als agB abziehen, weil er für die Aufwendungen ein Gegenwert erlangt hat; vgl. FG München vom 12.4.2000, 1 K 1386/99.

Auch der BFH nimmt Stellung zu den Aufwendungen eines Transsexuellen bzgl. der Anschaffung von Kleidung: Aufwendungen eines Transsexuellen für die Anschaffung von Kleidung und Schuhen, die er zur Vorbereitung auf die Geschlechtsumwandlung während eines Alltagstests benötigt, sind nicht als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG abziehbar; vgl. BFH vom 25.10.2007, III R 63/06. Sie standen zwar im Zusammenhang mit der Transsexualität der Klägerin, die nach zutreffender Ansicht der Beteiligten und des FG als Krankheit anzusehen ist. Die Aufwendungen führten jedoch zu einem Gegenwert, da die erworbene Damenkleidung und die Schuhe für die Klägerin im Alltag verwendbar waren oder noch sind. Die Situation der Klägerin unterschied sich von der anderer, nicht transsexueller Stpfl., die kontinuierlich Kleidung und Schuhe durch Neuanschaffungen ergänzen, nur durch die Zusammenballung der Anschaffungsaufwendungen in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum. Letztlich handelt es sich um typische Kosten der allgemeinen Lebensführung.

Die Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls stellen – bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im Übrigen – krankheitsbedingte außergewöhnliche Belastungen dar, wenn der Einbau eines Treppenliftes baurechtlich nicht möglich ist; vgl. FG Köln vom 27.8.2014, 14 K 2517/12.

Wird das Haus der Stpfl. nachträglich im Zuge einer Neuherstellung der Straße als Mischverkehrsfläche an das öffentliche Trink- und Schmutzwassernetz angeschlossen, sind die Aufwendungen der Stpfl. im Zusammenhang mit dem Anschluss an Schmutz- und Trinkwassernetz nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (Anschluss an FG Nürnberg vom 23.2.1983, V 386/82, sowie FG Sachsen-Anhalt vom 7.12.2006, 3 K 1339/06, wonach erst nach dem Erwerb eines Wohngrundstücks angefallene Straßenbaubeiträge u.a. im Hinblick auf die Gegenwertlehre nicht abzugsfähig sind); vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 4.7.2018, 7 K 7074/16. Auf der Grundlage der Gegenwerttheorie ist auch im hier zu entscheidenden Fall der Abzug der Aufwendungen für den Anschluss an das Schmutz- und Frischwassernetz als außergewöhnliche Belastungen zu versagen. Dass sich der Gegenwert erst im Falle eines Verkaufs zu Geld machen lässt, ist typisch für die Fälle, in denen auf Grundlage der Gegenwertlehre ein Abzug nach § 33 EStG zu versagen ist.

Die Anschaffung eines Kastenwagens, auf den ein außergewöhnlich Gehbehinderter angewiesen ist, um sein Liegefahrrad in das Umland zu transportieren, da er in der Stadt nicht mehr fahren kann, führt nicht zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn Anschaffungskosten in derselben Größenordnung auch für ein anderes Fahrzeug der unteren Mittelklasse hätten aufgewandt werden müssen; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 8.11.2021, 7 K 7157/20.

1.5.6. Gegenwerttheorie bei behindertengerechten Umbaumaßnahmen

Die Rechtsprechung des BFH zur Gegenwerttheorie hat sich verfeinert. Im Urteil vom 22.10.2009, VI R 7/09, erkennt der BFH behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen als außergewöhnliche Belastungen an, der Tenor des Urteils lautet:

»Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Hauses können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein, wenn sie so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehen, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalles in den Hintergrund tritt.«

In der Urteilsbegründung heißt es unter anderem: »Unter den Umständen des Streitfalls kann es auch nicht darauf ankommen, dass die behinderungsbedingten Umbaumaßnahmen weder zu einem realen Gegenwert geführt noch einen marktgängigen Vorteil begründet haben. Zu Unrecht hat das FG allerdings angenommen, dass es nicht auf eine von einem Sachverständigen feststellbare Werterhöhung ankommt. Der Senat vermag der im Beschluss des BFH in BFH/NV 2004, 1252 (m.w.N.) vertretenen Auffassung nicht zu folgen, wonach der Beweis, ob der Steuerpflichtige einen Gegenwert für seine behinderungsbedingten Aufwendungen erhält oder ob es sich dabei um verlorenen Aufwand handelt, grundsätzlich nicht durch ein Sachverständigengutachten geführt werden kann. Denn Häuser und Grundstücke werden auch zu anderen Zwecken von Sachverständigen begutachtet, die Werterhöhungen und Wertminderungen ohne weiteres festzustellen in der Lage sind. Ein Gegenwert, der allein auf der möglichen Nutzung der Umbauten durch nichtbehinderte Familienangehörige beruhen soll, ist indessen kein realer Gegenwert und mithin ungeeignet, ein Abzugsverbot für zwangsläufig erwachsene und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Aufwendungen zu begründen.«

Damit hat der BFH die Gegenwerttheorie nicht ausdrücklich aufgegeben, aber ihre Bedeutung stark eingeschränkt.

Der BFH hat in der Urteilsbegründung weiterhin klargestellt, dass für den Bereich der außergewöhnlichen Belastungen die AfA-Vorschriften nicht anzuwenden sind. Es gilt daher ein Sofortabzug der Aufwendungen im Jahr der Verausgabung (§ 11 Abs. 2 EStG gilt). Lediglich aus Billigkeitsgründen könnte eine abweichende Steuerfestsetzung (§ 163 AO) erfolgen.

Umbaukosten, die durch eine Erkrankung der Stpfl. aufgrund Multipler Sklerose erforderlich werden, können nach dem Urteil des FG Niedersachsen vom 11.2.2011, 3 K 599/10 als agB berücksichtigt werden. Jedoch sind diese Aufwendungen auf das Notwendige und Angemessene begrenzt. Weiterhin hat das Finanzgericht festgestellt, dass der sich aus dem Umbau ergebende Vorteil – trotz Aufgabe der Gegenwerttheorie – anzurechnen ist.

Die geänderte BFH-Rechtsprechung wurde im Urteil vom 24.2.2011, VI R 16/10 fortentwickelt. Dieses Urteil ist mittlerweile im BStBl abgedruckt, sodass es von der Finanzverwaltung in vergleichbaren Fällen angewendet werden muss (BStBl II 2011, 1012): Mehraufwand, der auf einer behindertengerechten Gestaltung des individuellen Wohnumfelds beruht, steht stets so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände regelmäßig in den Hintergrund tritt (Anschluss an BFH vom 22.10.2009 VI R 7/09, BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280; entgegen BFH vom 10.10.1996 III R 209/94, BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491) (Rn.13) (Rn.15). Es ist insbes. nicht erforderlich, dass die Behinderung auf einem nicht vorhersehbaren Ereignis beruht und deshalb ein schnelles Handeln des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen geboten ist. Auch die Frage nach zumutbaren Handlungsalternativen stellt sich in solchen Fällen nicht (Fortentwicklung von BFH in BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280) (Rn.13). Gegebenenfalls hat das FG zu der Frage, welche baulichen Maßnahmen durch die Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines seiner Angehörigen veranlasst sind, und zur Quantifizierung der darauf entfallenden Kosten ein Sachverständigengutachten einzuholen (Rn. 16).

Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung sind weder durch den Grund- oder Kinderfreibetrag (§ 32a Abs. 1 EStG, § 32 Abs. 6 EStG) noch durch den Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag abgegolten (Rn. 10). Entschließt sich der Steuerpflichtige beim Vorliegen einer Behinderung oder einer Krankheit zum Um- oder Neubau einer eigenen Immobilie, hängt die konkrete Gestaltung des neuen Hauses zunächst von seinem Geschmack, seinen Lebensgewohnheiten, den ihm für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbstbestimmten Vorentscheidungen ab (vgl. BFH vom 10.10.1996 III R 209/94). Diese Entschließungsfreiheit des Steuerpflichtigen steht der Zwangsläufigkeit behinderungsbedingter Mehraufwendungen nicht entgegen (Rn. 12). Der Senat kann dahinstehen lassen, ob er der im Schrifttum geäußerten Fundamentalkritik an der sog. Gegenwertlehre folgen könnte (Rn. 13). Der Senat folgt nicht der im BFH-Urteil vom 10.10.1996 III R 209/94, BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491 vertretenen Auffassung, wonach für die Beurteilung der Frage, ob der Steuerpflichtige durch den behinderungsbedingten Mehraufwand zwangsläufig »belastet« ist oder er einen Gegenwert erhält, grundsätzlich nur das Haus als solches und als Ganzes, nicht aber die einzelnen im Zusammenhang mit seiner Krankheit oder Behinderung stehenden Maßnahmen in den Blick zu nehmen sind (Rn. 15). Der wegen der behinderten- oder krankheitsgerechten Gestaltung eines Hauses einem Steuerpflichtigen entstehende Mehraufwand kann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn eine eindeutige und anhand objektiver Merkmale durchführbare Unterscheidung zwischen den steuerlich irrelevanten Motiven für die Errichtung und Gestaltung eines Hauses und den ausschließlich durch eine Krankheit oder Behinderung verursachten Aufwendungen möglich ist (Rn. 15).

Während behindertengerechte Umbaumaßnahmen grds. als agB begünstigt sind, stellen für den BFH die Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows keine agB dar; vgl. BFH vom 17.7.2014, VI R 42/13. Diese entstehen nicht zwangsläufig und sind vornehmlich nicht der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge des frei gewählten Wohnflächenbedarfs des Stpfl. Entschließt sich der Stpfl., ein Grundstück zu erwerben, um hierauf einen Neubau zu errichten, hängen sowohl die Größe des Grundstücks als auch die konkrete Gestaltung des neuen Hauses, insbes. dessen Wohnfläche, zunächst von seinem Geschmack, seinen Lebensgewohnheiten, den ihm für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbstbestimmten Vorentscheidungen ab. Das gilt selbst dann, wenn der Stpfl. oder ein in seinem Haushalt lebender Angehöriger infolge einer Krankheit oder eines Unfalls in seiner bisherigen Wohnung bzw. in seinem bisherigen Haus nicht wohnen bleiben kann. Denn Anschaffungskosten für ein Grundstück weisen zunächst keinen Bezug zur Krankheit oder Behinderung des Stpfl. auf, da sie einem gesunden Stpfl. ebenfalls entstanden wären. Die Aufwendungen stellen somit endgültig Kosten der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG dar.

Die Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls stellen – bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im Übrigen – krankheitsbedingte außergewöhnliche Belastungen dar, wenn der Einbau eines Treppenliftes baurechtlich nicht möglich ist; vgl. FG Köln vom 27.8.2014, 14 K 2517/12.

Das FG Münster hat entschieden, dass Aufwendungen für die Anlage eines rollstuhlgerechten Weges im Garten eines Einfamilienhauses nicht zwangsläufig sind, wenn sich auf der anderen Seite des Hauses eine Terrasse befindet, die mit dem Rollstuhl erreichbar ist, FG Münster vom 15.1.2020, 7 K 2740/18 E. Grundsätzlich gehört zwar auch das Hausgrundstück mit Garten zum existenziell notwendigen Wohnbereich. Abzugsfähig sind allerdings nur solche Aufwendungen, die den Zugang zum Garten und damit die Nutzung des Gartens dem Grunde nach ermöglichen. Diese Möglichkeit besteht im Streitfall aufgrund der vorhandenen Terrasse auf der Rückseite des Einfamilienhauses. Demgegenüber dient die Verbreiterung des Weges auf der Vorderseite zum Anbau von Pflanzen lediglich einer Freizeitaktivität, die nicht den existenznotwendigen Wohnbedarf betrifft. Das Verfahren ist vor dem BFH anhängig unter VI R 25/20. Der BFH wird sich mit der folgenden Rechtsfrage auseinandersetzen: Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen können Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Gartens nach § 33 EStG abgezogen werden?

1.6. Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale

Anstelle des bisherigen individuellen und aufwändigen Einzelnachweises der behinderungsbedingt entstandenen Fahrtkosten wird in Absatz 2a eine Pauschbetragsregelung in Höhe der bisher geltenden Maximalbeträge eingeführt. Damit sollen die durch die Behinderung veranlassten Aufwendungen für unvermeidbare Fahrten, bei denen es sich im Grundsatz um außergewöhnliche Belastungen im Sinne des Absatzes 2 handelt, abgegolten werden. Der Pauschbetrag beträgt 900 € bei Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen »G«. Für Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen »aG«), Blinde (Merkzeichen »Bl«) und hilflose Menschen (Merkzeichen »H«) können nach den bisher geltenden Regelungen in den Grenzen der Angemessenheit nicht nur Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten, sondern auch für Freizeit-, Erholungs- und Besuchsfahrten berücksichtigt werden. Aus diesem Grund wird für diese Fallkonstellationen ein Pauschbetrag von 4 500 € normiert.

Behinderungsbedingte Fahrtkosten werden zukünftig nur noch im Rahmen des Fahrtkosten-Pauschbetrags nach Abs. 2a berücksichtigt. Dem Stpfl. wird dadurch der aufwändige Einzelnachweis erspart. Gleichwohl ist unter Beachtung des Absatzes 1 ein Antrag zu stellen, da Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen nur auf Antrag berücksichtigt werden können. Bei Erfüllen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a werden die Aufwendungen in Höhe der in der Verwaltungspraxis bislang maximal möglichen Beträge vereinfacht und pauschaliert anerkannt. Sollten die Anspruchsvoraussetzungen für beide Pauschbeträge (Nr. 1 und Nr. 2) erfüllt sein, ist immer nur der höhere Pauschbetrag zu gewähren.

Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung von individuellen, behinderungsbedingt entstandenen Fahrt- bzw. Kraftfahrzeugkosten würde der mit der Regelung angestrebten Steuervereinfachung zuwiderlaufen, weshalb der behinderungsbedingte Fahrtkosten-Pauschbetrag abgeltende Wirkung hat. Der neue Fahrtkosten-Pauschbetrag ist anstelle der bisher individuell ermittelten Aufwendungen für Fahrtkosten von Menschen mit Behinderung unter Abzug der zumutbaren Belastung zu berücksichtigen (§ 33 Abs. 1 EStG). Danach werden auch die Aufwendungen für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis oder Flugreisen von der Abgeltungswirkung der Pauschbeträge erfasst, zugleich aber aus Gründen der Steuervereinfachung von einem weiteren Abzug nach § 33 Abs. 1 EStG ausgeschlossen (Regierungsentwurf BT-Drs. 19/21985, 16). Dieses Abzugsverbot ist ausdrücklich in § 33 Abs. 2a Satz 6 EStG formuliert.

1.7. Zumutbare Belastung

In § 33 EStG heißt es, dass außergewöhnliche Belastungen dann vorliegen, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Auf Antrag wird die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen.

Aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens unter Progressionsvorbehalt im Inland einkommensteuerfreie Einkünfte bleiben entgegen Abschn. 186 Abs. 3 Nr. 2 EStR 1967 bei der Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung außer Ansatz; vgl. BFH vom 12.9.1977, VI R 105/75, BStBl II 1978, 9.

Gem. § 33 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 EStG können nur die agB abgezogen werden, die eine zumutbare Belastung übersteigen. Die zumutbare Belastung beträgt, gestaffelt nach den persönlichen Lebensverhältnissen, 1 bis 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte. Die Zumutbarkeitsgrenze wird in drei Stufen nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte bemessen:

  • Stufe 1: bis 15 340 €,

  • Stufe 2: über 15 340 € bis 51 130 €,

  • Stufe 3: über 51 130 €.

Die Ermittlung der zumutbaren Belastung bei getrennter Veranlagung gem. § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 33 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist verfassungsgemäß. AgB sind gleichermaßen wie bei einer Zusammenveranlagung zu ermitteln und anschließend je zur Hälfte bei beiden Ehegatten zu berücksichtigen, sofern diese nicht gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen; BFH vom 26.3.2009, VI R 58/08.

Beim richtigen Verständnis der agB als Teil der indisponiblen Aufwendungen neben den SA und den durch tarifliche Freibeträge freigestellten Aufwendungen handelt es sich bei der zumutbaren Belastung um einen echten Fremdkörper. Bei den indisponiblen Aufwendungen kann es eigentlich keine zumutbare Belastung geben. Sie passen allenfalls zum Verständnis der Norm als Billigkeitsregelung. Dieser dogmatische Bruch ist letztendlich unvermeidlich. Die Anrechnung einer zumutbaren Belastung ist verfassungsgemäß. Der BFH hat entschieden, dass es von Verfassungs wegen nicht geboten ist, bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen auf den Ansatz einer zumutbaren Belastung zu verzichten (BFH vom 2.9.2015, VI R 32/13 und VI R 33/13; veröffentlicht am 23.12.2015). Im Anschluss an dieses Urteil hat der BFH die Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung erneut bestätigt; vgl. BFH vom 29.9.2016, III R 62/13, BStBl II 2017, 259. Krankheitskosten sind demnach als außergewöhnliche Belastungen um die zumutbare Belastung zu mindern.

Mit Urteil vom 21.2.2018, VI R 11/16, entschied der BFH, dass die zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 EStG auch bei Krankheitskosten verfassungsgemäß ist. Das sozialhilferechtliche Leistungsniveau umfasst keine zuzahlungsfreie Krankenversorgung (Bestätigung des Senatsurteils vom 2.9.2015, VI R 32/13, BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151).

Der BFH hat seine Rechtsprechung zur Ermittlung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG fortentwickelt (BFH vom 19.1.2017, VI R 75/14). Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen ist nach § 33 Abs. 1 und 3 EStG nur möglich, wenn der Steuerpflichtige mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Die zumutbare Belastung wird in drei Stufen (Stufe 1 bis 15 340 €, Stufe 2 bis 51 130 €, Stufe 3 über 51 130 €) nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte (abhängig von Familienstand und Kinderzahl) bemessen (1 bis 7 %). Der Prozentsatz beträgt z.B. bei zusammenveranlagten Ehegatten mit einem oder zwei Kindern 2 % (Stufe 1), 3 % (Stufe 2) und 4 % (Stufe 3). Der BFH stimmte dieser Berechnung nicht zu: Abweichend von der bisherigen (durch die Rechtsprechung gebilligten) Verwaltungsauffassung, wonach sich die Höhe der zumutbaren Belastung ausschließlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet, ist die Regelung so zu verstehen, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird. Die neue Auffassung ist bei Anbetracht der Umstände nachvollziehbar. Begründet wurde das geführte Verfahren vor allem in der Ungleichbehandlung der Berechnung der zumutbaren Belastung bei Beamten im Vergleich zu den übrigen Arbeitnehmern. Die Ungleichbehandlung soll darin liegen, dass bei Beamten die »fiktiven« Beiträge zur Altersvorsorge bei der Ermittlung der Einkünfte nicht berücksichtigt werden, während bei den übrigen Arbeitnehmern der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung (erst) als Sonderausgabe berücksichtigt wird und so den Gesamtbetrag der Einkünfte nicht mindert. Dies führe bei Beamten zu einem niedrigeren Gesamtbetrag der Einkünfte, einer niedrigeren zumutbaren Belastung und einer höheren außergewöhnlichen Belastung.

Mit Pressemitteilung vom 1.6.2017 stimmt das BMF der Entscheidung des BFH zu und geht davon aus, dass die geänderte Berechnungsweise möglichst umgehend schon im Rahmen der automatisierten Erstellung der Einkommensteuerbescheide Berücksichtigung finden soll.

Nach dem BFH-Urteil vom 27.7.2017, III R 1/09, erfolgt im Anschluss an das BFH-Urteil vom 19.1.2017, VI R 75/14, die Höhe der zumutbaren Belastung i.S.d. § 33 Abs. 3 EStG stufenweise.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Belastung ist nicht um Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu kürzen.

Insbes. ist die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an den Gesamtbetrag der Einkünfte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das FG Baden-Württemberg stellt mit seinem Urteil vom 13.3.2018, 11 K 3653/15, fest, dass die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der zumutbaren Belastung an den Gesamtbetrag der Einkünfte in § 33 Abs. 3 EStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (Anschluss an BFH vom 19.1.2017, VI R 75/14). Bei zusammenveranlagten Ehegatten besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, dass bei einem Elternunterhalt leistenden Ehegatten für die Ermittlung der zumutbaren Belastung nur die eigenen Einkünfte dieses Ehegatten berücksichtigt werden. Insbes. führt der nach § 33 Abs. 3 EStG vorgenommene Abzug weder zu einer Besteuerung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums noch zu einer Ungleichbehandlung von Eltern- und Kindesunterhalt. Vielmehr trägt die Regelung über den Ansatz einer zumutbaren Belastung in Abs. 3 der Vorschrift dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung.

Gegen den Ansatz einer zumutbaren Belastung, wie ihn § 33 Abs. 3 EStG vorsieht, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BFH vom 2.9.2015, VI R 32/13); FG Baden-Württemberg vom 5.2.2018, 10 K 1153/16.

Die neue Rechtslage bzw. die neue Berechnungsmethode wird in den nachfolgenden Beispielen erklärt (vgl. auch: Baltromejus, Stufenweise Berechnung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG, NWB 2017, 1940).

Beispiel 10:

Einzelveranlagung ohne Kinder; Gesamtbetrag der Einkünfte 51 130 €.

Lösung 10:

Bisherige Vorgehensweise

Neue Vorgehensweise

Gesamtbetrag der Einkünfte

51 130 €

51 130 €

Zumutbare Belastung

51 130 × 6 % =3 068 €

15 340 € × 5 % = 767 €

35 790 € × 6 % = 2 147 €

Gesamt

3 068 €

2 914 €

Beispiel 11:

Zusammenveranlagung mit einem Kind; Gesamtbetrag der Einkünfte 51 130 €.

Lösung 11:

Bisherige Vorgehensweise

Neue Vorgehensweise

Gesamtbetrag der Einkünfte

51 130 €

51 130 €

Zumutbare Belastung

51 130 × 3 % =1 534 €

15 340 € × 2 % = 307 €

35 790 € × 3 % = 1 074 €

Gesamt

1 534 €

1 381 €

Beispiel 12:

Einzelveranlagung ohne Kinder; Gesamtbetrag der Einkünfte 51 140 €.

Lösung 12:

Bisherige Vorgehensweise

Neue Vorgehensweise

Gesamtbetrag der Einkünfte

51 140 €

51 140 €

Zumutbare Belastung

51 140 × 7 % =3 580 €

15 340 € × 5 % = 767 €

35 790 € × 6 % = 2 147 €

10 € × 7 % = 1 €

Gesamt

3 580 €

2 915 €

Beispiel 13:

Zusammenveranlagung mit einem Kind; Gesamtbetrag der Einkünfte 41 140 €.

Lösung 13:

Bisherige Vorgehensweise

Neue Vorgehensweise

Gesamtbetrag der Einkünfte

51 140 €

51 140 €

Zumutbare Belastung

51 140 × 4 % =2 046 €

15 340 € × 2 % = 307 €

35 790 € × 3 % = 1 074 €

10 € × 4 % = 0 €

Gesamt

2 046 €

1 381 €

Beispiel 14:

Zusammenveranlagung mit zwei Kindern. Es sind Krankheitskosten i.H.v. 5 000 € angefallen. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 60 000 €.

Lösung 14:

Bisherige Vorgehensweise

Neue Vorgehensweise

Gesamtbetrag der Einkünfte

60 000 €

51 140 €

Zumutbare Belastung

60 000 € × 4 % = 2 400 €

15 340 € × 2 % = 307 €

35 790 € × 3 % = 1 074 €

8 870 × 4 % = 355 €

Gesamt

2 400 €

1 736 €

Berücksichtigungsfähig somit

2 600 €

3 264 €

1.8. Nachweis der Zwangsläufigkeit der außergewöhnlichen Belastung

1.8.1. Allgemeines

I.R.d. Steuervereinfachungsgesetz 2011 werden die strengen Verwaltungsregeln in R 33.4 EStR 2008 zum Nachweis der Zwangsläufigkeit von → Krankheitskosten in dem neuen § 64 EStDV gesetzlich normiert. So muss der Nachweis einer Krankheit und deren medizinische Behandlung weiterhin zwingend durch ein vor Beginn der Behandlung eingeholtes amtsärztliches Gutachten erbracht werden. Damit reagiert der Gesetzgeber auf die Rspr. des BFH, wonach der jeweilige Nachweis auch später erbracht werden kann (BFH vom 11.11.2010, BFH/NV 2011, 501, 503, 599). Insbes. sah der erkennende Senat keine Notwendigkeit darin, die Zwangsläufigkeit bestimmter Krankheitskosten, die nicht stets und eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können, durch Vorlage eines amtsärztlichen Attestes vor Beginn der Behandlung nachzuweisen. Ein derartig formalistisches Nachweisverlangen ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Nach dem Grundsatz der freien Beweisführung seien alle geeigneten Beweismittel zum Nachweis der Krankheitskosten zugelassen. Dabei trage der Stpfl. allerdings das Risiko, das ein vom Gericht bestellter Sachverständiger im Nachhinein die medizinische Indikation der streitigen Behandlung nicht mehr verlässlich feststellen könne.

Bezüglich der mit Wirkung ab dem 1.1.2021 geltenden behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale wurde § 64 EStDV um Absatz 3 erweitert. Dieser verweist auf die Nachweiserfordernisse des § 65 EStDV.

Die Nachweispflicht gilt nach § 84 Abs. 3f EStDV rückwirkend in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Zudem wird ein neuer § 33 Abs. 4 EStG eingeführt, der die Bundesregierung dazu ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Nachweise von agB nach § 33 Abs. 1 EStG zu bestimmen. Die Ermächtigungsgrundlage dient zur Aufrechterhaltung der bisherigen langjährigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis, das formalisierte Nachweisverlangen gesetzlich im Rahmen einer Rechtsverordnung festzuschreiben; zugleich soll es Ziel dieser gesetzlichen Regelung sein, den Stpfl. das Risiko einer Kostenbelastung in Folge einer falschen Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen zu ersparen, wodurch auch ein Beitrag zur Rechtssicherheit und -klarheit und damit auch für die angestrebte Steuervereinfachung geleistet werden soll. Indes ist fraglich, warum dem Stpfl. ausgerechnet im Bereich der agB – und hier nur für die Krankheitskosten – die im Steuerrecht nicht seltene Rechtsunsicherheit genommen werden soll. Der Wortlaut des § 64 EStDV hat einen abschließenden Regelungscharakter und gilt nur für die genannten Katalogtatbestände (vgl. z.B. zu nicht betroffenen Aufwendungen für einen Treppenlift BFH vom 6.2.2014, BStBl II 2014, 458).

Danach ist – wie vor der Rechtssprechungsänderung auch – die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in bestimmten Fällen formalisiert nachzuweisen; beispielsweise für:

  • Bade-/Heilkur; bei einer Vorsorgekur ist auch die Gefahr einer durch die Kur abzuwendenden Krankheit, bei einer Klimakur der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer zu bescheinigen,

  • psychotherapeutische Behandlung; die Fortführung einer Behandlung nach Ablauf der Bezuschussung durch die Krankenversicherung steht einem Behandlungsbeginn gleich,

  • medizinisch erforderliche auswärtige Unterbringung bei Kindern mit Legasthenie oder anderen Behinderungen,

  • die Notwendigkeit der Betreuung des Stpfl. durch eine Begleitperson, sofern sich diese nicht bereits aus dem Nachweis der Behinderung nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 ergibt,

  • allgemeine Gebrauchsgegenstände als medizinische Hilfsmittel und wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie.

Den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall hat der Steuerpflichtige zu erbringen für Besuchsfahrten zu einem für längere Zeit in einem Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind des Steuerpflichtigen, in dem bestätigt wird, dass der Besuch des Steuerpflichtigen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit entscheidend beitragen kann durch eine Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes. Die zuständigen Gesundheitsbehörden haben auf Verlangen des Steuerpflichtigen die für steuerliche Zwecke erforderlichen Gesundheitszeugnisse, Gutachten oder Bescheinigungen auszustellen.

Weder die in § 33 Abs. 4 EStG verankerte Verordnungsermächtigung noch die strengen Vorschriften des neuen § 64 EStDV sowie die rückwirkende Geltung sind dabei verfassungsrechtlich zu beanstanden (vgl. BFH vom 19.4.2012, VI R 74/10, BFH/NV 2012, 1323, LEXinform 0928134).

Die Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V (Phytotherapie, Homöopathie und Anthroposophie mit dem Heilmittel Heileurythmie) gehören nicht zu den wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden. Der Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall ist daher nicht nach § 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV zu führen. Sofern es sich um Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel handelt, ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV zu erbringen (BFH vom 26.2.2014, BStBl II 2014, 824).

In dem Urteil des FG Düsseldorf (Urteil vom 14.3.2017, 13 K 4009/15 E; Revision zugelassen), scheiterte der Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung unter anderem deswegen daran, dass die Kläger entgegen § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. c i.V.m. Satz 2 EStDV den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall nicht vor Beginn der Heilmaßnahme durch Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung geführt haben. Es ging um Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule aus Anlass einer ADHS-Erkrankung. Ersetzt oder ergänzt der Besuch einer bestimmten Schule eine psychotherapeutische Behandlungsmaßnahme, ergibt sich dieses formelle Nachweiserfordernis auch aus der teleologischen Extension der die Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung betreffenden Vorschrift des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStDV.

Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel für die Behandlung einer Krebserkrankung stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Bei den laut der Anlage zur Einspruchsentscheidung von der Krankenkasse nicht erstatteten und vom FA nicht als Krankheitskosten anerkannten Kosten handelte es sich um Präparate aus der Apotheke und aus Internetapotheken, für die der Kläger keine Verordnungen mehr vorlegen konnte; BFH vom 25.4.2017, VIII R 52/13.

Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente sind nicht als agB abziehbar; vgl. FG Münster vom 17.1.2022, 9 K 1471/20.

Der BFH versagte im Urteil vom 21.2.2018 (BFH vom 21.2.2018, VI R 11/16) zum einen den Abzug von Krankheitskosten für erworbene Medikamente und Präparaten um Arzneimittel (Nachweis nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 EStDV). Die Kläger konnten keine Verordnungen eines Arztes oder Heilpraktiker mehr vorlegen. Die nachträglichen ärztlichen Schreiben aus dem Jahre 2010 und 2011 waren deshalb bereits keine ärztlichen Verordnungen, weil sie sich nicht konkret auf die einzelnen, jeweils erworbenen Medikamente und Präparate bezogen. Des anderen wurde der Abzug für eine Reiki-Behandlung versagt. Reiki, ein aus den beiden japanischen Wörtern rei (Geist, Seele) und ki (Lebensenergie) zusammengesetztes Kunstwort, steht für eine esoterische Behandlung von Kranken, die wissenschaftlich nicht anerkannt ist. Hier hat der Senat festgestellt, es handele sich bei den Kosten für die Behandlung um Krankheitskosten, die allerdings nicht anzuerkennen seien, weil es an einem amtsärztlichen Gutachten fehle.

Aufwendungen für eine Bioresonanztherapie, deren Notwendigkeit nicht durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen ist, sind nicht als agB abziehbar; vgl. FG Köln vom 21.3.2018, 3 K 544/17. Der Kläger erlitt bei einem von ihm nicht verschuldeten Verkehrsunfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, an dessen Folgen er heute noch leidet. Zur Linderung seiner Beschwerden hatte er sich nach dem Unfall diverser schulmedizinischer Behandlungsmethoden unterzogen, ohne dass diese zu einem längerfristigen Erfolg führten. Im Oktober 2014 begann der Kläger das hier interessierende bioenergetische Analyse- und Therapieverfahren (B.A.T.), das schulmedizinisch nicht anerkannt ist

Der Stpfl. hat den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall auch dann nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu erbringen, wenn eine Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung vorliegt (Anschluss an Senatsbeschluss vom 21.2.2018 VI R 11/16, BFHE 260, 507, BStBl II 2018, 469); vgl. BFH vom 24.10.2018, VI B 120/17.

Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs sind jedenfalls dann nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S.d § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn der Stpfl. keine ärztliche Verordnung i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV vorlegt, sondern lediglich pauschale ärztliche Bescheinigungen, nach denen allgemein Sporttherapie, Krankengymnastik, Bewegungsübungen, Massagen und Bewegungsübungen im Bewegungsbad unter therapeutischer Anleitung benötigt und Aufbautraining der Muskulatur durch Bewegungsbäder, Muskeltraining sowie Gymnastikkurse angeraten werden. Denn die Beiträge für den Fitness- und Gesundheitsclub wurden im Streitjahr von der Klägerin schon nicht allein für die tatsächlich in Anspruch genommenen Maßnahmen im Zusammenhang mit ihren orthopädischen Beschwerden gezahlt, sondern für die Zurverfügungstellung der Gesamtheit der von dem Club angebotenen Leistungen, zu denen – wohl unstreitig – wie in Fitnessstudios üblicherweise auch medizinisch nicht notwendige Leistungen wie Sport- und Fitnesskurse, allgemein gesundheitsfördernde und Präventionskurse, Geräte für Kraft- und Ausdauertraining, Sauna etc. gehören; vgl. FG Köln vom 30.1.2019, 7 K 2297/17.

Aufwendungen (Mitgliedsbeiträge) für ein Ortho-Training sind nach Auffassung des FG Münster (Urteil vom 17.1.2022, 9 K 1471/20 E nicht als agB abziehbar.

1.8.2. Lipödem/Liposuktion

Aufwendungen für die operative Behandlung einer Liposuktion sind nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich zu berücksichtigen, wenn vor der Operation kein amtsärztliches Attest erstellt wurde. Ein nachträglich erstelltes Sachverständigengutachten kann die vorherige Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens nicht ersetzen. Das Erfordernis, Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen, begegnet keinen rechtsstaatlichen Bedenken. Dem formalisierten Nachweisverlangen ist in allen Fällen Rechnung zu tragen, in denen die ESt noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist; vgl. FG Baden-Württemberg vom 4.2.2013, 10 K 542/12 und anschließende Revision, BFH vom 26.6.2014, VI R 51/13.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV ist der Zeitpunkt der Behandlung. Um festzustellen, ob eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV vorliegt, kann sich das FG auf allgemein zugängliche Fachgutachten oder solche Gutachten stützen, die in Verfahren vor anderen Gerichten zur Beurteilung dieser Frage herangezogen wurden. In diesem Fall muss das FG die Beteiligten auf diese Absicht hinweisen und ihnen die entsprechenden Unterlagen zugänglich machen; vgl. BFH vom 18.6.2015, VI R 68/14, BStBl II 2015, 803. In dem Streitfall machten die Kläger im Rahmen der Einkommensteuererklärung Aufwendungen für die operative Beseitigung von Lipödemen in Höhe von 5500 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Ein amtsärztliches Zeugnis oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse wurde weder vor den Operationen noch danach eingeholt.

Nach einem Urteil des FG Baden-Württemberg (vom 27.9.2017, 7 K 1940/17) sind Aufwendungen für eine Fettabsaugung nicht als agB abziehbar. Die Klägerin machte Aufwendungen für eine Fettabsaugung als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie litt an einem Lipödem. Ihr behandelnder Arzt bescheinigte, die Operation sei aus medizinischer Sicht notwendig. Sie vermeide eine lebenslange Lymphdrainage und Kompression. Die Krankenkasse der Klägerin lehnte eine Kostenübernahme ab. Die Klägerin klagte insoweit erfolglos vor dem Sozialgericht. Das FA lehnte eine steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen als Krankheitskosten ab. Das FG sah in der Liposuktion keine anerkannte Standardtherapie. Die unkonventionelle Behandlungsmethode reduziert das Fettgewebe; es ist aber wissenschaftlich nicht hinreichend bewiesen, dass damit auch eine nachhaltige Reduktion der Lipödembeschwerden einhergeht. Ein Abzug sei daher unzulässig, wenn vor der Behandlung kein amtsärztliches Gutachten eingeholt wurde und das Gesundheitsamt im vorliegenden Fall bescheinigt, die Liposuktion sei als Behandlungsmethode des vorliegenden Störungsbildes nicht anerkannt und werde aus medizinischer Sicht nicht als notwendig angesehen.

Die Liposuktion bei Lipödem ist im Jahr 2017 nicht als »nicht wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode« i.S.v. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV anzusehen. Das Fehlen eines vor der Operation erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung steht daher der Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung nicht entgegen; vgl. Sächsisches FG vom 10.9.2020, 3 K 1498/18. Das Finanzgericht stützt sich hierbei auf eine eigene Literaturrecherche. Es konnte keine wissenschaftliche Publikation gefunden werden, die der Liposuktion bei Lipödem einen medizinischen Nutzen für die erkrankten Frauen abspricht. Der Stand der Wissenschaft befindet sich hier im Wandel. Daher ist der Fall von den Urteilen des FG Baden-Württemberg (vom 27.9.2017, 7 K 1940 und BFH vom 18.6.2015, VI R 68/14 abzugrenzen.

Die Liposuktion bei Lipödem ist im Jahr 2017 nicht als »nicht wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode« i.S.v. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV anzusehen. Das Fehlen eines vor der Operation erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung steht daher der Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung nicht entgegen; vgl. Sächsisches FG vom 10.9.2020, 3 K 1498/18; anhängig vor dem BFH unter VI R 39/20. Aufgrund einer umfassenden Recherche in medizinischer Literatur gelangte der Senat zu dem Ergebnis, dass die Liposuktion bei Lipödem im Streitjahr nicht als eine »wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie« i.S.d. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV anzusehen sei. Insoweit sei auch nicht entscheidend, ob die Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen würden, weil die kassenärztliche Kostenübernahme anderen Kriterien unterliege und ihre Ablehnung geradezu Voraussetzung für den Abzug außergewöhnlicher Belastungen sei. Anderslautende Urteile seien auf das Streitjahr nicht übertragbar, weil sich der Stand der Wissenschaft in stetem Wandel befinde. Das FG ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Im Jahr 2018 handelt es sich bei einer Liposuktion, die zur Behandlung eines Lipödems durchgeführt wird, um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV. Nach den Feststellungen des VG Gelsenkirchen existiere, soweit ersichtlich, bislang kein anerkanntes Heilverfahren, das eine Heilung oder wesentliche Besserung des Lipödems bewirken könne. Es bestehe die Aussicht, dass die Liposuktion als Behandlungsmethode nach einer Erprobungsphase noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden könne; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 17.8.2021, 5 K 1321/20.

1.9. Außergewöhnliche Belastungen bei Ehegatten

Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen werden bei der Zusammenveranlagung insgesamt berücksichtigt. Es ist unerheblich, bei welchem Ehegatten die Aufwendungen entstanden sind und welcher Ehegatte sie getragen hat. Der Grundsatz der Individualbesteuerung gilt gerade nicht, da bei der Zusammenveranlagung beide Ehegatten wie ein Stpfl. behandelt werden (§ 26b EStG). Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten werden die außergewöhnlichen Belastungen hingegen demjenigen zugerechnet, der diese wirtschaftlich trägt.

2. Die einzelnen Anwendungsfälle – ABC-Aufzählung

Nach § 33a Abs. 1 EStG sind bestimmte → Unterhaltsaufwendungen des Stpfl. als außergewöhnlichen Belastungen abzugsfähig. Der typische Unterhalt umfasst den notwendigen Bedarf, wie er im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) umschrieben wird. Dazu gehören insbes. Aufwendungen für Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Aufwendungen für den außergewöhnlichen Bedarf sind nur unter ganz bestimmten Umständen nach § 33 EStG als agB zu berücksichtigen. Zur Berücksichtigung von Aufwendungen für typischen Unterhalt und außergewöhnlichen Bedarf einer Person nach den §§ 33 und 33a Abs. 1 EStG s. BMF vom 7.6.2010, BStBl I 2010, 582 sowie 588 und BMF vom 2.12.2002, BStBl I 2002, 1389 und vom 20.1.2003, DStR 2003, 208.

2.1. Abmagerungskur

Aufwendungen für die Teilnahme an einem sog. Optifast-Programm zur langfristigen Therapie von Übergewicht sind als außergewöhnliche Belastung nur dann abziehbar, wenn sich aus einem vor Behandlungsbeginn ausgestellten amts- oder vertrauensärztlichen Attest zweifelsfrei entnehmen lässt, dass der Stpfl. krank und die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung medizinisch indiziert ist. Bei dem Krankheitswert der Adipositas handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern um eine Tatfrage, die nur im konkreten Einzelfall und damit nicht vom Revisionsgericht zu entscheiden ist. Das Erfordernis eines vorherigen amtsärztlichen Attests hat der BFH allerdings in jüngster Zeit aufgegeben, wenn der Nachweis anderweitig möglich ist; BFH vom 29.5.2007, III B 37/06.

2.2. Adipositas

Aufwendungen hierfür sind ggf. agB (Krankheitskosten); der Krankheitswert einer Adipositas bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Aufwendungen für die Teilnahme an einem sog. Optifast-Programm zur langfristigen Therapie von Übergewicht sind als agB nur dann abziehbar, wenn sich aus einem vor Behandlungsbeginn ausgestellten amts- oder vertrauensärztlichen Attest zweifelsfrei entnehmen lässt, dass der Stpfl. krank und die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung medizinisch indiziert ist. Bei dem Krankheitswert der Adipositas handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern um eine Tatfrage, die nur im konkreten Einzelfall und damit nicht vom Revisionsgericht zu entscheiden ist; vgl. BFH vom 29.5.2007, III B 37/06. Die Klägerin war stark übergewichtig und nahm sie am sog. Optifast-52-Programm teil. Dabei handelt es sich um ein in speziellen Therapiezentren unter Betreuung durch Ärzte, Ernährungsfachkräfte, Krankenschwestern, Sport- und Bewegungstherapeuten sowie Psychologen durchgeführtes Programm zur langfristigen Therapie von Übergewicht. Da Adipositas nicht krankhaft sein muss, durch eine Abmagerung nicht unmittelbar Krankheiten therapiert werden, die infolge von Übergewichtigkeit entstanden sind und sich auch zahlreiche gesunde Menschen mit Übergewicht Diäten, Abmagerungskuren, chirurgischen Fettabsaugungen, Psychotherapien, Sportprogrammen und anderen Maßnahmen zur Gewichtsreduktion unterziehen, setzt die steuerliche Abziehbarkeit der Aufwendungen für derartige Maßnahmen ebenfalls ein vor Behandlungsbeginn erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest voraus.

2.3. Adoptionskosten

Im Bereich der agB waren Adoptionskosten nach der höchstrichterlichen Rspr. (BFH vom 13.3.1987, BStBl II 1987, 495; BFH vom 20.3.1987, BStBl II 1987, 596) bislang vom Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Die Kosten für die Adoption eines ausländischen Kindes erwachsen einem Stpfl. weder aus rechtlichen noch aus sittlichen Gründen zwangsläufig. Der IV. Senat des BFH beabsichtigt nunmehr, im Rahmen einer Änderung der Rspr. und abweichend vom III. Senat des BFH durch Vorlagebeschluss an den Großen Senat einen Abzug als agB zuzulassen (vgl. BFH Beschluss vom 18.4.2013, DStR 2013, 1779). Nach dem BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11, BStBl II 2015, 695 sind Aufwendungen für die Adoption eines Kindes keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG. Die Aufwendungen, die einem Paar aufgrund der Adoption eines Kindes im Falle organisch bedingter Sterilität eines Partners entstünden, seien keine aus tatsächlichen Gründen zwangsläufige, regelmäßig als außergewöhnliche Belastung abzugsfähige Krankheitskosten. Eine medizinische Leistung liege insoweit – anders als bei einer heterologen Insemination – weder vor noch könne eine Adoption einer solchen gleichgestellt werden.

2.4. Alkoholismus

Aufwendungen, die einem Stpfl. durch den Besuch einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker entstehen, sind als agB zu berücksichtigen, wenn die Teilnahme an den Gruppentreffen als therapeutische Maßnahme zur Heilung von Trunksucht medizinisch indiziert ist. Der Nachweis dieser Voraussetzungen ist durch ein vor Beginn der Therapie ausgestelltes amtsärztliches Zeugnis zu erbringen, das auch die voraussichtliche Dauer der empfohlenen Teilnahme an der Gruppentherapie enthält; vgl. BFH vom 13.2.1987, III R 208/81, BStBl II 1987, 427.

Therapiekosten zur Festigung der Abstinenzfähigkeit der Trunksucht bzw. Verhinderung eines Rückfalls dienen dagegen der Gesunderhaltung und stellen somit keine außergewöhnlichen Belastungen dar; vgl. BFH vom 25.3.2003, III B 67/02. Geklärt ist auch, dass Aufwendungen für eine Nachbehandlung Alkoholkranker den Krankheitskosten zuzurechnen und damit als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein können, wenn diese Behandlung medizinisch indiziert ist. Der BFH hat jedoch in seiner Entscheidung Beispiele genannt, in denen die Teilnahme an therapeutischen Sitzungen andere Gründe hat, so insbes., wenn eine gesunde Person entweder vorbeugend der Gefahr, dem Alkoholismus zu verfallen, begegnen will oder nach überwundener Krankheit das Risiko eines Rückfalls abzufangen sucht.

2.5. Allergie

Werden Birken auf einem Wohngrundstück wegen der Birkenpollenallergie des minderjährigen Kinds gefällt, können die dafür entstandenen Kosten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein. Da das Fällen von Birken auch anderen Zwecken, z.B. einer Umgestaltung des Gartens, dienen kann, ist zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit grundsätzlich ein zuvor ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten zu verlangen. Ausnahmsweise kann jedoch ein nachträglich ausgestelltes Attest ausreichen, wenn der Amtsarzt sich bei der Beurteilung des früheren Gesundheitszustands des Kindes nicht auf dessen Schilderungen, subjektive Beurteilungen anderer behandelnder Ärzte oder eigene Vermutungen, sondern auf vor dem Fällen der Bäume durchgeführte Lungenfunktionstests, d.h. objektive, »apparatemedizinische« Untersuchungen stützt; vgl. BFH vom 15.3.2007, III R 28/06.

2.6. Allergiebettwäsche

Allergiebettzeug und -matratzen zählen nicht – wie z.B. Brillen, Hörgeräte, Schuheinlagen oder Rollstühle – zu den Heilmitteln im engeren Sinne, die ohne besondere Nachweise typisierend als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG berücksichtigt werden. Die medizinische Notwendigkeit ihrer Anschaffung ist deshalb durch die Vorlage eines vor dem Kauf erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Attests nachzuweisen. Eine von dem behandelnden Facharzt ausgesprochene Empfehlung steht einem amts- oder vertrauensärztlichen Attest zur Frage, ob eine nicht nur zur Heilung oder Linderung einer Krankheit geeignete Maßnahme im konkreten Falle medizinisch erforderlich ist, nicht gleich, vgl. BFH vom 14.12.2007, III B 178/06.

2.7. Unterbringung im Alters-/Pflegeheim

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim kommen als außergewöhnliche Belastung nur in Betracht, soweit dem Stpfl. zusätzliche Aufwendungen erwachsen. Dementsprechend sind Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung im Grundsatz um eine Haushaltsersparnis zu kürzen, es sei denn, der Pflegebedürftige behält seinen normalen Haushalt bei. Die Haushaltsersparnis des Stpfl. ist entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen zu schätzen. Sind beide Ehegatten krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehegatten eine Haushaltsersparnis anzusetzen; vgl. BFH vom 4.10.2017, VI R 22/16.

2.8. Anschaffungskosten eines Grundstücks

Die Anschaffungskosten eines Grundstücks, das mit der Absicht zur Errichtung eines behindertengerechten Bungalows erworben worden ist, sind keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG. Der BFH führt in seinem Urteil vom 17.7.2014 (VI R 42/13) aus, dass diese Aufwendungen nicht (für den Abzug gem. § 33 EStG jedoch) notwendigerweise entstehen. Die Wahl des Grundstücks, der Größe als auch die Gestaltung des neuen Eigenheimes sind ausschließlich durch den Geschmack, die Lebensgewohnheiten und die zur Verfügung stehenden Mittel des Stpfl. geprägt, sodass es am Merkmal der Zwangsläufigkeit der Entstehung der Aufwendungen mangelt.

2.9. Anschluss an Trink- und Schmutzwassernetz

Wird das Haus der Stpfl. nachträglich im Zuge einer Neuherstellung der Straße als Mischverkehrsfläche an das öffentliche Trink- und Schmutzwassernetz angeschlossen, sind die Aufwendungen der Stpfl. im Zusammenhang mit dem Anschluss an Schmutz- und Trinkwassernetz nicht als agB zu berücksichtigen; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 4.7.2018, 7 K 7074/16. Auf der Grundlage der Gegenwerttheorie ist auch im hier zu entscheidenden Fall der Abzug der Aufwendungen für den Anschluss an das Schmutz- und Frischwassernetz als außergewöhnliche Belastungen zu versagen. Dass sich der Gegenwert erst im Falle eines Verkaufs zu Geld machen lässt, ist typisch für die Fälle, in denen auf Grundlage der Gegenwertlehre ein Abzug nach § 33 EStG zu versagen ist.

2.10. Asbestsanierung

Die tatsächliche Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für Sanierungsarbeiten an Asbestprodukten ist nicht anhand der abstrakten Gefährlichkeit von Asbestfasern zu beurteilen; erforderlich sind zumindest konkret zu befürchtende Gesundheitsgefährdungen. Sind die von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehenden konkreten Gesundheitsgefährdungen auf einen Dritten zurückzuführen und unterlässt der Stpfl. die Durchsetzung realisierbarer zivilrechtlicher Abwehransprüche, sind die Aufwendungen zur Beseitigung konkreter Gesundheitsgefährdungen nicht abziehbar. Bei der Beseitigung konkreter, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehender Gesundheitsgefahren ist ein vor Durchführung dieser Maßnahmen erstelltes amtliches technisches Gutachten nicht erforderlich. Gleichwohl hat der Stpfl. nachzuweisen, dass er sich den Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte; BFH vom 29.3.2012, VI R 47/10, BStBl II 2012, 570.

2.11. Asthma

Aufwendungen von Eltern für die Unterbringung eines an Asthma erkrankten Kindes in einem Oberschulinternat auf einer Nordseeinsel sind als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn der Aufenthalt aus klimatischen Gründen zur Heilung oder Linderung der Krankheit nachweislich unabdingbar notwendig ist und der Schulbesuch nur anlässlich dieser Heilbehandlung gleichsam nebenbei und nachrangig erfolgt; BFH vom 26.6.1992, III R 83/91, BStBl II 1993, 212.

2.12. Asylberechtigter

Aus der Anerkennung als Asylberechtigter gemäß § 28 des Ausländergesetzes durch die zuständigen Behörden (Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass die Verfolgung des Asylberechtigten auf einem unabwendbaren Ereignis i.S.d. Rechtsprechung des BFH zu § 33 EStG beruht. Nachfluchtgründe erwachsen nicht zwangsläufig; vgl. BFH vom 26.4.1991, III R 69/87, BStBl II 1991, 755.

2.13. Aufzug

Aufwendungen für den nachträglichen Einbau eines behindertengerechten Außenaufzugs sind keine außergewöhnliche Belastung; vgl. BFH vom 25.1.2007, III R 7/06.

2.14. Augen-Laser-Operation

Die Aufwendungen werden auch ohne Gutachten anerkannt. Die vereinfachte Verwaltungsregelung gilt weiterhin. Ein gesonderter Nachweis ist nicht erforderlich, da es sich um eine Fehlsichtigkeit und somit um eine anerkannte Krankheit handelt; vgl. auch R 33.4 Abs. 1 Satz 2 EStR.

2.15. Ausbildung

Die Berufsausbildung beruht regelmäßig auf der freien Entschließung des Stpfl., sodass die Aufwendungen nicht zwangsläufig sind (vgl. BFH III R 126/86). Die Finanzierung der Ausbildung anderer Personen ist grds. nicht zwangsläufig, unabhängig davon, auf welchem Verwandtschaftsverhältnis sie beruht.

Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung kommt nicht in Betracht, wenn das hochbegabte Kind aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen in eine Privatschule unterbracht wird; vgl. BFH vom 22.12.2004, III B 169/03.

2.16. Auslandsstudium

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung erwachsen einem Stpfl. grundsätzlich nicht zwangsläufig, weil er sich in der Regel frei entschließen kann, welche Ausbildungsform er wählt; vgl. BFH vom 21.4.1987, III B 165/86.

2.17. Aussteuer

Aufwendungen für eine Aussteuer sind grundsätzlich auch dann nicht aus sittlichen Gründen zwangsläufige außergewöhnliche Belastungen für die steuerpflichtigen Eltern, wenn diese ihrer Tochter keine Berufsausbildung gewähren; BFH vom 3.6.1987, III R 141/86, BStBl II 1987, 779.

2.18. Auswärtige Unterbringung (eines Kindes mit Persönlichkeitsstörungen)

Die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen setzt im Falle von psychotherapeutischen Behandlungen und der medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung eines an einer Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen voraus, dass die in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV normierten Nachweise erbracht werden. Diese Nachweise können nicht durch andere Unterlagen ersetzt werden; BFH vom 15.1.2015, VI R 85/13, BStBl II 2015, 586.

2.19. Auswanderung

Die Kosten einer nachträglich erteilten amtlichen Genehmigung zur Auswanderung aus der CSSR sind in der Regel keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG; vgl. BFH vom 8.11.1977, VI R 42/75, BStBl II 1978, 147. Derartige Aufwendungen sind nicht zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG. Die Tatsache, dass sich die Ehefrau des Klägers aus familiären Gründen verpflichtet fühlte, ihre Angehörigen in der CSSR zu besuchen, und dass dies ohne Genehmigung nicht möglich gewesen wäre, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

2.20. Baumängel

Durch die Rspr. des Bundesfinanzhofs ist geklärt, dass Aufwendungen zur Beseitigung von durch Baumängel verursachten Schäden grundsätzlich nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung führen. Dies gilt insbes. auch dann, wenn eine selbstgenutzte Wohnung betroffen ist und Gewährleistungsansprüche gegenüber Dritten mittlerweile verjährt sind; vgl. BFH vom 28.3.2018, VI B 106/17.

Kosten, die durch Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheims entstanden sind, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 7.5.2020, 3 K 2036/19. Die Aufwendungen sind auch nicht außergewöhnlich. Der Erwerb eines Einfamilienhauses berühre typischerweise das Existenzminimum nicht und erscheint deshalb steuerlich als Vorgang der normalen Lebensführung. Für die von den Klägern getätigten Aufwendungen zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Rahmen der Errichtung eines Wohnhauses und der Löschung einer zugunsten des Bauunternehmers eingetragenen Sicherungshypothek gilt nichts anderes.

2.21. Behinderungsbedingte Mehraufwendungen

Motoryacht

Gleichermaßen nicht zum Abzug als agB hat der BFH (Beschluss vom 2.6.2015, VI R 30/14) die Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau einer Motoryacht zugelassen. Analog zum Erwerb des Grundstückes handele es sich hierbei nicht um eine zwangsläufige Belastung des Stpfl., die unvermeidbar entstehe. Stattdessen sei der Umbau maßgeblich durch das persönliche Konsumverhalten des Stpfl. veranlasst, das bereits durch den Grundfreibetrag steuerfrei gestellt sei. Nicht hingegen vom Umfang der §§ 33, 33a und 33b EStG freigestellt seien nicht existenziell notwendige oder der Sicherung der Existenz dienende atypische Aufwendungen, zu denen auch die aus dem behindertengerechten Umbau einer Motoryacht entstehenden Aufwendungen zählen.

2.22. Treppenlift

Ist der Einbau eines Treppenlifts aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden des Stpfl. medizinisch angezeigt, können die Aufwendungen hierfür als außergewöhnliche Belastung zu abziehbar sein; vgl. BFH vom 5.10.2011, VI R 14/11.

2.23. Bestattungskosten

Bestattungskosten sind Nachlassverbindlichkeiten und beim Erben daher nur insoweit eine agB, als sie den Wert des Nachlasses übersteigen und auch nicht durch Ersatzleistungen gedeckt sind (H 33.1–33.4 [Bestattungskosten] EStH). Nicht anzusetzen sind nur mittelbar mit der Bestattung zusammenhängende Kosten wie z.B. Bewirtungsaufwendungen sowie Reisekosten der Angehörigen. Überführungskosten, die ein seit 20 Jahren im Inland lebender Stpfl. aufwendet, um seine vormals im Ausland lebende und dort verstorbene Mutter in der Nähe seines Wohnortes bestatten zu lassen, entstehen aufgrund sittlicher Verpflichtung zwangsläufig und können daher als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn der Stpfl. mit dem Tod der Mutter keinerlei Veranlassung mehr hatte, nach deren früherem Wohnort zu reisen, und dort auch keine weiteren Verwandten der Mutter leben; vgl. FG Düsseldorf vom 13.5.1998, 9 K 3046/96 E.

Beerdigungskosten können als agB nur abgezogen werden, soweit sie nicht aus dem Nachlass oder durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen (Lebensversicherung oder Sterbegelder) gedeckt sind; vgl. BFH Beschluss vom 21.2.2018, VI R 11/16.

2.24. Besuchsfahrten

Kosten für Fahrten zu einem nahen Angehörigen im Zusammenhang mit einer therapeutischen Behandlung können als krankheitsbedingte agB gem. § 33 EStG abzugsfähig sein, wenn die Fahrten und die – ohne therapeutische Aufsicht geführten – Gespräche medizinisch angezeigt sind; vgl. BFH vom 5.10.2011, VI R 20/11. Allerdings sind Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar; siehe hier BFH vom 27.9.2007, III R 28/05, BStBl II 2008, 287.

Das FG Rheinland-Pfalz ordnet in seinem Urteil vom 6.1.2017, 2 K 2360/14, ebenfalls Besuchsfahrten von Eltern zu ihrem im europäischen Ausland die Schule besuchenden, minderjährigen Kind nicht zu den außergewöhnlichen Belastungen zu. Es argumentiert damit, dass derartige Aufwendungen durch den Grundfreibetrag in § 32a EStG berücksichtigt werden; familienbedingte Aufwendungen sind durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten.

2.25. Betreuung eines Angehörigen

Fahrt- und Telefonkosten, die anlässlich der vom Vormundschaftsgericht geplanten Bestellung des Steuerpflichtigen als ehrenamtlicher Betreuer seines testier- und geschäftsunfähigen Vaters anfallen, sind mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 5.5.2008, 13 K 9072/05 B.

2.26. Betrugszahlungen

Vergebliche Zahlungen für den Erwerb eines Grundstücks und für die Erstellung eines selbst zu nutzenden Einfamilienhauses (Maklerkosten, Werklohnvorauszahlungen), zu denen der Steuerpflichtige durch einen Betrug seiner Vertragspartner veranlasst worden ist und für die er nach dem Scheitern der Verträge keine realisierbaren Ersatzansprüche erworben hat, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen; BFH vom 19.5.1995, III R 12/92.

2.27. Bioresonanztherapie

Aufwendungen für eine Bioresonanztherapie, deren Notwendigkeit nicht durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen ist, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar; vgl. FG Köln vom 21.3.2018, 3 K 544/17.

2.28. Biberschaden

Wildtierschäden als solche sind nicht unüblich und nicht mit ungewöhnlichen Schadensereignissen i.S.d. § 33 EStG vergleichbar. Mit einem Wildtierschaden in Zusammenhang stehende Aufwendungen zur Beseitigung konkreter, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehender Gesundheitsgefahren erlauben deshalb keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen. Es ist nicht Aufgabe des Steuerrechts, für einen Ausgleich von durch Wildtiere verursachter Schäden bzw. für die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Präventionsmaßnahmen über eine entsprechende Abzugsmöglichkeit nach § 33 EStG Sorge zu tragen. Es obliegt vielmehr dem Naturschutzrecht – etwa durch Errichtung entsprechender Fonds – für einen Schadensausgleich bzw. Präventionsschutz zu sorgen.; BFH vom 1.10.2020, VI R 42/18. In dem konkreten Einzelfall bewohnten die Kläger ein Haus, dessen Garten an natürliches Gewässer angrenzt, in dem sich ein Biber ansiedelte. Dieser verursachte erhebliche Schäden an dem Grundstück (Absenken der Rasenfläche, Absacken der Terrasse). Der Kläger errichtete eine Bibersperre, die ihn samt Reparatur der Schäden 4 000 € kostete.

2.29. Bulimie

Durch Bulimie verursache erhöhte Lebensmittelkosten sind nicht als agB abziehbar; vgl. FG Münster vom 19.2.2019, 12 K 302/17 E. Lebensmittel stellen keine Arzneimittel und damit typische und unmittelbare Krankheitskosten dar. Die zusätzlichen Lebensmittelkosten dienten weder der Heilung noch der Linderung der Erkrankung der Ehefrau des Klägers; sie sind vielmehr Ausdruck ihrer Erkrankung.

2.30. Darlehen

Aufwendungen eines Spätaussiedlers zur Wiederbeschaffung von Hausrat sind – unbeschadet der weiteren Voraussetzungen des § 33 EStG – auch insoweit im VZ der Verausgabung als agB zu berücksichtigen, als die Aufwendungen aus einem Darlehen bestritten worden sind, das erst in späteren Jahren zu tilgen ist; vgl. BFH vom 10.6.1988, III R 248/83. Eine (sofortige) Belastung liegt somit auch vor, wenn agB mit Darlehensmitteln bestritten werden

2.31. Delfintherapie

Aufwendungen für eine wissenschaftlich noch nicht anerkannte Heilmethode wie die Delfintherapie sind nur dann als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn ein vor der Behandlung ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten bzw. ein Attest eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers vorgelegt wird, aus dem sich die Krankheit und die medizinische Notwendigkeit der den Aufwendungen zugrunde liegenden Behandlung zweifelsfrei ergibt; FG Rheinland-Pfalz vom 31.10.2006. In der anschließenden Revision (BFH vom 15.11.2007, III B 205/06) erkennt der III. Senat des BFH die Aufwendungen für die wissenschaftlich noch nicht anerkannte Heilmethode (Delfintherapie) an. Eine nachträgliche amtsärztliche Begutachtung kommt nur für Sachverhalte in Betracht, für die die Rspr. erstmals den Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein amtsärztliches Attest verlangt, oder wenn das Vorliegen einer Erkrankung und der darauf bezogenen ärztlichen Therapie aufgrund objektiver Befunde und Untersuchungen feststellbar ist.

2.32. Detektivkosten

Kosten für die Einschaltung eines Detektivs im Zusammenhang mit einem Prozess betreffend den Unterhalt in der Zeit des Getrenntlebens vor der Ehescheidung entstehen grds. nicht zwangsläufig. Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn konkreter Anlass zu der Befürchtung besteht, der Kläger werde seinen rechtlich begründeten Standpunkt mit den Mitteln der gerichtlichen Beweisaufnahme nicht durchsetzen können; vgl. BFH vom 21.2.1992, III R 88/90, BStBl. II 1992, 795.

2.33. Deutsch- und Integrationskurse

Vgl. R 33.4 Abs. 6 EStR: Aufwendungen für den Besuch von Sprachkursen, in denen Deutsch gelehrt wird, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Gleiches gilt für Integrationskurse, es sei denn, der Stpfl. weist durch Vorlage einer Bestätigung der Teilnahmeberechtigung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und 3 der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler nach, dass die Teilnahme am Integrationskurs verpflichtend war und damit aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erfolgte.

2.34. Diätverpflegung

Aufwendungen für Arzneimittel i.S.d. § 2 AMG unterfallen nicht dem Abzugsverbot für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG. Sie sind als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn die Medikation einer Krankheit geschuldet und deshalb ärztlich verordnet worden ist. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige wegen dieser Krankheit zugleich eine Diät halten muss, steht dem Abzug nach § 33 Abs. 1 EStG nicht entgegen, vgl. BFH vom 14.4.2015, VI R 89/13, BStBl II 2015, 703.

Der Abzug von Aufwendungen für glutenfreie Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastungen kommt nicht in Betracht, unabhängig davon, ob sie aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen wird (FG Köln vom 13.9.2018, 15 K 1347/16, Revision anhängig; BFH-Az. VI R 48/18).

Durch Bulimie verursache erhöhte Lebensmittelkosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar; vgl. FG Münster vom 19.2.2019, 12 K 302/17.

2.35. Diebstahl

Die Aufwendungen für die Sicherung eines Hauses gegen Einbruchdiebstähle erfüllen nach einem finanzgerichtlichen Urteil (FG Rheinland-Pfalz vom 20.10.2000, 3 K 1125/99) nicht die Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen, da diese Aufwendungen zu einem marktfähigen Gegenwert führen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Einbruchsicherungen zugleich einen wertbildenden Faktor in Bezug auf das gesamte Gebäude darstellen. Die einzelnen Einrichtungen und Gestaltungsmerkmale eines Gebäudes stellen nämlich die Faktoren dar, durch welche die Höhe des Gegenwertes des Hauses bestimmt wird.

Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Kleidungsstücken, die dem Stpfl. auf einer Urlaubsreise entwendet wurden, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden; vgl. BFH vom 3.9.1976, VI R 185/75.

2.36. Doktortitel

Zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Promotionskosten gehören auch die Druckkosten der Doktorarbeit (Dissertation). Das gilt auch für einen Dr. Ing., der zahlreiche Stücke der Doktorarbeit verschickt und daraus eine berufliche Förderung erwartet. Die Promotionskosten sind keine außergewöhnliche Belastung i.S.v. § 33 EStG; vgl. BFH vom 7.8.1967, VI R 297/66.

2.37. Ehescheidungskosten

Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse; vgl. BFH vom 18.5.2017, VI R 9/16, BStBl II 2017, 988. Vergleich auch BFH, Urteile vom 10.3.2016 und 15.6.2016.

2.38. Eheschließung

Reisekosten, die ein deutscher Staatsangehöriger für die Eheschließung mit einer Bürgerin der damaligen Sowjetunion in Moskau aufgewandt hat, stellen keine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG dar; BFH vom 15.4.1992, III R 11/91, BStBl II 1992, 821.

Kosten einer Eheschließung können auch dann nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie deshalb besonders hoch sind, weil einer der Ehepartner ausländischer Staatsbürger ist; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 15.8.2012, 7 K 7030/11.

2.39. Einbruch

Aufwendungen für die Sicherung eines Gebäudes gegen Einbrüche können nicht im Rahmen des § 33 EStG als agB berücksichtigt werden, wenn sie zu einem (marktfähigen) Gegenwert führen; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 20.10.2000, 3 K 1125/99. Die Aufwendungen des Klägers für eine Einbruch- und Diebstahlsicherung seines Wohnhauses haben zu einem marktfähigen Gegenwert geführt und stellen keinen verlorenen Aufwand dar. Die Einbruchsicherungen bilden zugleich einen wertbildenden Faktor in Bezug auf das gesamte Gebäude. Die einzelnen Einrichtungen und Gestaltungsmerkmale eines Gebäudes stellen nämlich die Faktoren dar, durch welche die Höhe des Gegenwertes des Hauses bestimmt wird. Ob die Ausstattung eines Hauses mit – wie hier – Einbruchsicherungen oder z.B. einer Überdachung des Kellereingangs zwecks Überschwemmungsschutz mit einer Hochwasserschutzmauer, einem Fahrstuhl, mit einer bestimmten Ausführung von Fenstern und Türen oder dergleichen geeignet ist, den Wert eines Hauses zu erhöhen, und ob sich solche baulichen Maßnahmen bei der künftigen Veräußerung des Hauses in dem am Grundstücksmarkt zu erzielenden Verkaufspreis tatsächlich niederschlagen werden, lässt sich zwar nicht genau errechnen und voraussagen.

2.40. Einbürgerung

Kosten für eine Einbürgerung stellen keine agB dar; vgl. BFH vom 17.11.1981, VI R 170/78.

2.41. Eizellspende/Künstliche Befruchtung

Aufwendungen für eine Heilbehandlung sind u.a. nur dann als agB berücksichtigungsfähig, wenn die Heilbehandlung von einer zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person entsprechend den Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer durchgeführt worden ist. Daran fehlt es bei der sog. Eizellspende – bei der im Ausland einer fremden Frau entnommene Eizellen mit Samen des Ehemannes der Stpfl. befruchtet werden und ein so gebildeter Embryo in die Gebärmutter der Ehefrau transferiert wird – da die Vornahme der für die Stpfl. insoweit durchgeführten Maßnahmen wegen ihrer Strafbarkeit nach § 1 Embryonenschutzgesetz gerade nicht den Berufsordnungen der in Deutschland zugelassenen Ärzte entspricht. Weder der Umstand, dass in Deutschland die Vornahme der Einzelspende nur für die behandelnden Personen, nicht aber für die Empfängerin der Eizellspende strafbewehrt ist, noch der Umstand, dass bei Erfolg der vorgenommenen Maßnahmen ein von der Stpfl. geborenes Kind zivilrechtlich als Kind der Stpfl. und ihres Ehemannes anerkannt worden wäre, noch der Umstand, dass die Eizellspende in anderen EU-Staaten zulässig ist, rechtfertigt einen Steuerabzug; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 11.2.2015, 2 K 2323/12, EFG 2015, 925 Nr. 11.

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) sind als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) auch dann zu berücksichtigen, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Da die Aufwendungen dazu dienen, die Fertilitätsstörung der Stpfl. auszugleichen, sind sie als insgesamt – einschließlich der auf die Bereitstellung und Aufbereitung des Spendersamens entfallenden Kosten – auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung darauf gerichtet, die Störung zu überwinden. Eine Aufteilung der Krankheitskosten kommt insoweit nicht in Betracht; vgl. BFH vom 5.10.2017, VI R 47/15 und VI R 2/17, BStBl II 2018, 350.

Beruht aber eine objektiv feststellbare herabgesetzte Fertilität nicht auf anormalen organischen Ursachen, sondern auf dem fortgeschrittenen Alter eines Menschen, so handelt es sich in diesem Fall gerade nicht um einen einer Krankheit gleichzustellenden »regelwidrigen« Körperzustand, sondern um die Folge eines natürlichen biologischen Vorgangs (Abgrenzung zu den Urteilen des FG München vom 20.5.2009, 10 K 2156/08 sowie des Niedersächsischen FG vom 20.10.2009, 15 K 495/08); vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018, 9 K 11390/16.

Das Alter der Frau, die bei Beginn der Kinderwunschbehandlung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stellt keinen Umstand dar, der einer Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen entgegenstehen würde. Es liegen weder Anzeichen dafür vor, dass die durchgeführte Behandlung in diesem Alter als medizinisch nicht Erfolg versprechend zu erachten wäre, noch kann davon ausgegangen werden, dass eine Schwangerschaft in diesem Alter keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr finden würde (Anschluss an FG München vom 20.5.2009, 10 K 2156/08; gegen FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018, 9 K 11390/16, EFG 2019, 106). Hat eine Frau im Alter von 37 bis 39 Jahren nach natürlich eingetretenen Schwangerschaften insgesamt vier Fehlgeburten infolge chromosomaler Mutationen erlitten, war deswegen nach einer ärztlichen Stellungnahme eine Kinderwunschbehandlung medizinisch indiziert und waren eine Präimplantationsdiagnostik oder vergleichbare Verfahren gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 ESchG zulässig, so sind die Aufwendungen für eine zulässigerweise mit eigenen Eizellen der Frau durchgeführte künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung abziehbar (im Streitfall: ICSI-Therapie mit anschließender Trophektoderm-Biopsie); vgl. FG München vom 8.10.2019, 6 K 1423/17; Revision anhängig unter VI R 34/19.

Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität sind als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig, wenn diese Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird und mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht, also nicht nach nationalem Recht (insbes. Embryonenschutzgesetz ESchG) verboten ist. Die Aufwendungen für eine in Deutschland verbotene, im Ausland aber zulässige und deswegen im Ausland durchgeführte reproduktionsmedizinische Behandlung einer Frau mit Eizellen ihrer Schwester sind daher nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar; insoweit liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu einer künstlichen Befruchtung mittels einer Drittsamenspende vor; vgl. FG München vom 8.10.2019, 6 K 1471/17, ebenso auch die Urteile 6 K 1423/17 und 6 K 1420/17.

Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung können als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sein. Dafür ist es erforderlich, dass die künstliche Befruchtung mit dem Ziel erfolgt, die auf einer »Krankheit« der Frau oder des Mannes beruhende Kinderlosigkeit zu beheben. Eine chromosomale Translokation mit erheblichen hieraus resultierenden Risiken und möglichen Folgen für ein auf natürlichem Weg gezeugtes Kind ist als Krankheit einzuordnen; vgl. Niedersächsisches FG vom 14.12.2021, 6 K 20/21.

2.42. Ergänzungspfleger

Die Aufwendungen für einen Minderjährigen aufgrund der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft stellen keine agB dar, sondern Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten bei den mit dem verwalteten Vermögen erzielten Einkünften dar, sofern die Tätigkeit des Vormunds/Betreuers weder einer kurzfristigen Abwicklung des Vermögens noch der Verwaltung ertraglosen Vermögens dient.; vgl. BFH vom 14.9.1999, III R 39/97.

2.43. Erpressungsgelder

Mit Urteil vom 18.3.2004 (III R 31/02, BStBl II 2004, 867) hat der BFH zum Abzug von Erpressungsgeldern als agB Stellung genommen. Bei Erpressungsgeldern unterscheidet der BFH zwischen den Fällen, in denen der Stpfl. durch sein frei gewähltes Verhalten selbst eine wesentliche Ursache für eine Erpressung bereitet hat, und jenen, in denen es an einem solchen Verhalten fehlt. Erpressungsgelder, die gezahlt werden, damit der Ehepartner nichts von einem außerehelichen Verhältnis erfährt, sind nicht als agB abziehbar. Wird dagegen der Stpfl. allein deshalb, weil er wohlhabend ist, zum Opfer einer Erpressung, bei der Angehörige mit dem Tod oder anderen schwerwiegenden Nachteilen bedroht werden, so ist die Zwangsläufigkeit in der Regel zu bejahen.

Erpressungsgelder sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn der Steuerpflichtige durch sein frei gewähltes Verhalten selbst eine wesentliche Ursache für die Erpressung gesetzt hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich strafbar oder sonst sozialwidrig verhalten hat; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 1.4.2014, 5 K 1989/12.

2.44. Fahrerlaubnis

Aufwendungen, die Eltern für den Erwerb der Fahrerlaubnis ihrer schwer steh- und gehbehinderten Tochter tragen, sind als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Sie können auch neben dem Pauschbetrag für Körperbehinderte (§ 33b EStG) abgezogen werden; vgl. BFH vom 26.3.1993, III R 9/92.

2.45. Fahrstuhl

Vgl. Personenaufzug.

2.46. Fahrtkosten behinderter Menschen

Kfz-Kosten behinderter Menschen können wie folgt berücksichtigt werden:

  1. Bei geh- und stehbehinderten Stpfl. (GdB von mindestens 80 oder GdB von mindestens 70 und Merkzeichen G): 3 000 km im Jahr

  2. Bei außergewöhnlich gehbehinderten (Merkzeichen aG), blinden (Merkzeichen Bl) und hilflosen (Merkzeichen H) Menschen: 15 000 km im Jahr.

Kfz-Aufwendungen eines außergewöhnlich gehbehinderten Stpfl. sind nicht über den Pauschbetrag i.H.v. 0,30 €/km hinaus als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG abziehbar, wenn sie die für ein Fahrzeug der Mittelklasse durchschnittlich entstehenden Aufwendungen nicht wesentlich überschreiten; vgl. BFH vom 21.11.2018, VI R 28/16.

Mit dem Behinderten-Pauschbetragsgesetzes 2021 (gültig ab 1.1.2021) wurde eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale in § 33 Abs. 2a EStG eingeführt: Die Pauschale für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen G beträgt 900 €; bei Menschen mit dem Merkzeichen aG, mit dem Merkzeichen Bl, mit dem Merkzeichen TBI oder mit dem Merkzeichen H beträgt 4 500 €.

2.47. Fettabsaugung

Für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlungsmaßnahme kommt es auf den Stand der Wissenschaft zum Zeitpunkt der Behandlung an.

Für die Wirksamkeit der Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems fehlt es an wissenschaftlichen Belegen. Die Krankenkasse hatte die Kosten trotz ärztlicher Verordnung nicht ersetzt. Das FG Rheinland-Pfalz erkannte die Kosten nicht als agB an; FG Rheinland-Pfalz vom 18.8.2016, 4 K 2173/15. Diese Auffassung wurde durch das Urteil des FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 27.9.2107, 7 K 1940/17 bestätigt.

Die Liposuktion bei Lipödem ist im Jahr 2017 nicht als »nicht wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode« i.S.v. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV anzusehen. Das Fehlen eines vor der Operation erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung steht daher der Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung nicht entgegen; vgl. Sächsisches FG vom 10.9.2020, 3 K 1498/18. Aufgrund einer umfassenden Recherche in medizinischer Literatur gelangte der Senat zu dem Ergebnis, dass die Liposuktion bei Lipödem im Streitjahr nicht als eine »wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie« i.S.d. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV anzusehen sei. Insoweit sei auch nicht entscheidend, ob die Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen würden, weil die kassenärztliche Kostenübernahme anderen Kriterien unterliege und ihre Ablehnung geradezu Voraussetzung für den Abzug außergewöhnlicher Belastungen sei. Anderslautende Urteile seien auf das Streitjahr nicht übertragbar, weil sich der Stand der Wissenschaft in stetem Wandel befinde. Das FG ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Im Jahr 2018 handelt es sich bei einer Liposuktion, die zur Behandlung eines Lipödems durchgeführt wird, um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 17.8.2021, 5 K 1321/20.

2.48. Fernsehgerät

Aufwendungen für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes stellen auch dann keine außergewöhnliche Belastung i.S.v. § 33 EStG dar, wenn der Stpfl. das Fernsehgerät aufgrund einer Sehkrafteinschränkung seiner Ehefrau erworben hat; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 23.3.2011, 2 K 1855/10.

2.49. Fitnessstudio/Gesundheitsclub

Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs sind jedenfalls dann nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S.d § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn der Stpfl. keine ärztliche Verordnung i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV vorlegt, sondern lediglich pauschale ärztliche Bescheinigungen, nach denen allgemein Sporttherapie, Krankengymnastik, Bewegungsübungen, Massagen und Bewegungsübungen im Bewegungsbad unter therapeutischer Anleitung benötigt und Aufbautraining der Muskulatur durch Bewegungsbäder, Muskeltraining sowie Gymnastikkurse angeraten werden; vgl. FG Köln vom 30.1.2019, 7 K 2297/17.

Entscheidet sich ein Stpfl., ein ärztlich verordnetes Funktionstraining (im Streitfall: Wassergymnastik) in einem näher zu seinem Wohnort gelegenen Fitnessstudio durchzuführen, stellen die Mitgliedsbeiträge für ein hierfür zugeschnittenes Grundmodul (im Streitfall: Wellness und Spa) jedenfalls dann keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 des Einkommensteuergesetzes dar, wenn mit dem Mitgliedsbeitrag auch weitere Leistungen abgegolten werden (im Streitfall: Saunanutzung; Aqua Fitnesskurse), die ihrer Art nach nicht nur von kranken, sondern auch gesunden Menschen in Anspruch genommen werden, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten, und eine Aufteilung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist; vgl. Niedersächsisches FG vom 14.12.2022, 9 K 17/21.

2.50. Flugsport

Schäden infolge von Sportflugunfällen sind keine außergewöhnliche Belastung. Hierbei handelt es sich um steuerlich nichtabziehbare Kosten der Lebensführung (vgl. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Denn die Teilnahme am Flugsport ist nicht mit der am Straßenverkehr vergleichbar. Während sich der Teilnahme am Straßenverkehr nahezu niemand entziehen kann, wird der Flugsport aus persönlicher Neigung ausgeübt und ist nur einer Minderheit vorbehalten; BFH vom 24.6.2004, III B 158/03.

2.51. Führerschein und Fahrzeugumbau

Mehrkosten beim Führerscheinerwerb und Fahrzeugumbau sind nicht abziehbar, wenn Geh- oder Stehbehinderung nicht nachweisbar ist; FG Köln vom 12.9.2013, 10 K 3945/12. Entscheidend für die Anerkennung von Mehrkosten für den Führerscheinerwerb und einen Fahrzeugumbau wegen einer halbseitigen Lähmung aufgrund Schlaganfalls als außergewöhnliche Belastung ist nicht, dass der Stpfl. wegen seines Wohnorts in ländlicher Umgebung auf die Fortbewegung mit einem PKW angewiesen sein könnte, sondern ob er aufgrund der Körperbehinderung zwangsläufig auf ein Fahrzeug zur Fortbewegung angewiesen ist.

Aufwendungen, die Eltern für den Erwerb der Fahrerlaubnis ihrer schwer steh- und gehbehinderten Tochter tragen, sind als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Sie können neben dem Pauschbetrag für Körperbehinderte (§ 33b EStG) abgezogen werden; vgl. BFH vom 26.3.1993, III R 9/92.

2.52. Gewichtsreduzierung

Aufwendungen für die Teilnahme an einem sog. Optifast-Programm zur langfristigen Therapie von Übergewicht sind als außergewöhnliche Belastung nur dann abziehbar, wenn sich aus einem vor Behandlungsbeginn ausgestellten amts- oder vertrauensärztlichen Attest zweifelsfrei entnehmen lässt, dass der Steuerpflichtige krank und die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung medizinisch indiziert ist. Bei dem Krankheitswert der Adipositas handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern um eine Tatfrage, die nur im konkreten Einzelfall und damit nicht vom Revisionsgericht zu entscheiden ist; vgl. BFH vom 29.5.2007, III B 37/06. Da Adipositas nicht krankhaft sein muss, durch eine Abmagerung nicht unmittelbar Krankheiten therapiert werden, die infolge von Übergewichtigkeit entstanden sind und sich auch zahlreiche gesunde Menschen mit Übergewicht Diäten, Abmagerungskuren, chirurgischen Fettabsaugungen, Psychotherapien, Sportprogrammen und anderen Maßnahmen zur Gewichtsreduktion unterziehen, setzt die steuerliche Abziehbarkeit der Aufwendungen für derartige Maßnahmen ebenfalls ein vor Behandlungsbeginn erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest voraus.

2.53. Geburt und Erstlingsausstattung

Die Entbindungskosten (Arzt, Hebamme, Krankenhaus, Arzneimittel) sind wie Krankheitskosten abzugsfähig. Aufwendungen für die Beschaffung einer Erstlingsausstattung für Zwillinge führen nicht zu einer außergewöhnlichen Belastung; vgl. BFH vom 19.12.1969, VI R 125/69. Durch den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG werden alle laufenden Aufwendungen für den Unterhalt und die Berufsausbildung des Kindes abgegolten, und zwar auch dann, wenn die Aufwendungen in einzelnen Jahren das übliche Maß übersteigen. Diese Aufwendungen können in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend gemacht werden, denn sie sind durch die Gewährung der Kinderfreibeträge in typisierender Weise abgegolten.

2.54. Geldbuße/Geldstrafe

Derartige Zahlungen können nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Denn die Verpflichtung zu den Zahlungen beruht – letztlich – auf einer vorsätzlich begangenen Straftat und ist deshalb nicht zwangsläufig i.S.d. § 33 Abs. 2 EStG erwachsen; vgl. BFH vom 18.9.1987, VI R 121/84.

2.55. Grabpflege

Kosten für die Grabpflege stellen keine außergewöhnliche Belastung dar; vgl. hierzu Niedersächsiches FG vom 23.4.2013, 15 K 181/12.

2.56. Grundstückserwerb

Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows sind nicht als agB i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen. Sie entstehen nicht zwangsläufig. Denn sie sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge des frei gewählten Wohnflächenbedarfs des Steuerpflichtigen; vgl. BFH vom 17.7.2014, VI R 42/13, BStBl II 2014, 931.

2.57. Haartransplantation

Aufwendungen für eine Haartransplantation können nicht als agB berücksichtigt werden. Derartige Aufwendungen sind i.d.R. nicht zwangsläufig, weil sie in den kosmetischen Bereich gehören und nicht aus medizinischen, sondern ästhetischen Gründen durchgeführt werden. Im Ausnahmefall können derartige Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn durch ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes amtsärztliches Zeugnis die medizinische Notwendigkeit einer derartigen Operation belegt wird; vgl. FG Niedersachsen vom 2.2.2000, 12 K 161/98.

2.58. Hausbau/Hauskauf

Kosten für eine erneute Planung wegen Insolvenz des Bauträgers sind Herstellungskosten des Gebäudes. Die Verwirklichung des jeder rechtsgeschäftlichen Verpflichtung immanenten Risikos einer Leistungsstörung ist nicht außergewöhnlich; vgl. FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 24.3.2010, 2 K 1029/09. Ebenso stellen die Zahlungen zum Erwerb eines selbst zu nutzenden Einfamilienhauses keine außergewöhnliche Belastungen dar: Vergebliche Zahlungen für den Erwerb eines Grundstücks und für die Erstellung eines selbst zu nutzenden Einfamilienhauses (Maklerkosten, Werklohnvorauszahlungen), zu denen der Stpfl. durch einen Betrug seiner Vertragspartner veranlasst worden ist und für die er nach dem Scheitern der Verträge keine realisierbaren Ersatzansprüche erworben hat, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, vgl. BFH vom 19.5.1995, III R 12/92, BStBl II 1995, 774.

2.59. Heilkur

Aufwendungen für Heilkuren stellen dem Grunde nach grds. agB dar. Die Abgrenzung zum Erholungsurlaub kann durch ein erforderliches amtsärztliches Attest belegt werden; vgl. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) EStDV.

2.60. Heimunterbringung

Kosten für die behinderungsbedingte Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft können außergewöhnliche Belastungen sein. Werden die Kosten vom Sozialhilfeträger übernommen, braucht die Notwendigkeit der Unterbringung nicht anhand eines amtsärztlichen Attestes nachgewiesen zu werden; BFH vom 23.5.2002, III R 24/01.

2.61. Hinterbliebenenpauschbetrag

Wenn die weiteren Voraussetzungen des § 33b Abs. 4 EStG erfüllt sind, erhalten Personen, denen laufende Hinterbliebenenbezüge bewilligt worden sind, auf Antrag einen Pauschbetrag von 370 €.

Zu § 33a Abs. 2 EStG s. → Ausbildungsfreibetrag.

Zu § 33b Abs. 1 bis 3 EStG s. → Behindertenpauschbetrag.

2.62. Hochbegabung eines Kindes

Aufwendungen für Lerntherapie und Erziehungsberatung eines hochbegabten Kindes sind nicht als agB abziehbar, wenn das Kind im Zeitpunkt der betreffenden Therapiemaßnahme nicht erkrankt ist. Eine Hochbegabung als solche stellt keine Erkrankung dar; vgl. BFH vom 19.11.2015, VI R 45/14.

2.63. Holzlattenzaun

Die Kosten für die Errichtung eines blickdichten Holzlattenzauns anstelle eines Maschendrahtzauns stellen auch dann keine außergewöhnlichen Belastungen, sondern Kosten der Lebensführung dar, wenn die höhere Umzäunung krankheitsbedingt notwendig wurde, sie aber einer traditionellen und dekorativen Bauweise entspricht; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 30.4.2012, 5 K 1934/11.

2.64. Insolvenztreuhändervergütung

Die Vergütung des Insolvenztreuhänders ist dem Privatbereich des Stpfl. zuzuordnen und kann deshalb nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Hat der Steuerpflichtige die entscheidende Ursache für seine Zahlungsschwierigkeiten selbst gesetzt, so kann die Insolvenztreuhändervergütung auch nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden; BFH vom 4.8.2016, VI R 47/13.

2.65. Kälteallodynie

Vgl. hierzu die Ausführungen unter »Überwinterung im tropischen Klima/Kälteallodynie«.

2.66. Kastenwagen

Die Anschaffung eines Kastenwagens, auf den ein außergewöhnlich Gehbehinderter angewiesen ist, um sein Liegefahrrad in das Umland zu transportieren, da er in der Stadt nicht mehr fahren kann, führt nicht zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn Anschaffungskosten in derselben Größenordnung auch für ein anderes Fahrzeug der unteren Mittelklasse hätten aufgewandt werden müssen; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 8.11.2021, 7 K 7157/20.

2.67. Kaufzwang

Aufwendungen eines manisch-depressiven Stpfl. zur Befriedigung seiner Stimmungen können möglicherweise nicht als unabwendbar angesehen werden. Aufwendungen eines manisch-depressiven Stpfl., der in einer manischen Phase in einen Kaufzwang verfällt, belasten den Stpfl. nicht, denn er erhält mit der gekauften Ware einen Gegenwert zu den aufgewandten Kosten; FG München vom 10.3.2008, 13 K 2392/05.

2.68. Kindesentführung

Das FG Düsseldorf entschied hierzu mit Urteil vom 13.3.2018, 13 K 3024/17 E wie folgt: Bei einem nach der Entführung eines Kindes durch einen Elternteil in das Ausland (Südamerika) von dem Vater wegen seines Umgangsrechts und der Rückführung seiner Tochter nach Deutschland geführten Zivilprozess nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) handelt es sich um eine den Kernbereich menschlichen Lebens beruhende tatsächliche Zwangslage, die zur Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung führt. In der anschließenden Revision kam der BFH mit Urteil vom 13.8.2020, VI R 15/18 zu folgendem Ergebnis: Prozesskosten anlässlich eines Umgangsrechtsstreits und der Rückführung des Kindes aus dem Ausland zurück nach Deutschland sind gem. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

2.69. Kfz-Aufwendungen Schwerbehinderter

Aufwendungen für Privatfahrten mit einem Pkw gehören bei behinderten Menschen zu den außergewöhnlichen Belastungen, wenn der Grad der Behinderung mindestens 80 beträgt oder der Grad der Behinderung sich auf mindestens 70 beläuft und der Behinderte zugleich geh- und stehbehindert ist (Merkzeichen »G«). Als außergewöhnliche Belastung wird ein Kilometersatz von 0,30 € und eine private Fahrleistung von 3000 km jährlich anerkannt. Dies ergibt – vor Abzug der zumutbaren Eigenbelastung – einen Betrag vom 900 € (3 000 km × 0,30 €). Bei außergewöhnlich Gehbehinderten (Merkzeichen »aG« im Schwerbehindertenausweis), Blinden (Merkzeichen »Bl«) und Hilflosen (Merkzeichen »H« oder Pflegegrad 4 oder 5) werden Privatfahrten bis zu 15 000 km jährlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Vor Abzug der zumutbaren Eigenbelastung – ergibt sich somit ein Betrag vom 4 500 € (15 000 km × 0,30 €).

Mit dem Behinderten-Pauschbetragsgesetzes 2021 (gültig ab 1.1.2021) wurde eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale in § 33 Abs. 2a EStG eingeführt: Die Pauschale für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen G beträgt 900 €; bei Menschen mit dem Merkzeichen aG, mit dem Merkzeichen Bl, mit dem Merkzeichen TBI oder mit dem Merkzeichen H beträgt 4 500 €.

2.70. Lärmschutz

Aufwendungen eines Mieters für den Einbau eines Schalldämmfensters in seine gemietete Wohnung zur Abschirmung des Straßenlärms an einer verkehrsreichen Kreuzung sind keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG; vgl. BFH vom 23.1.1976, VI R 62/74, BStBl II 1976, 194.

Aufwendungen für die Kostenbeteiligung an der Errichtung einer Lärmschutzwand vor einem selbst bewohnten Reihenhaus sind nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig, wenn aufgrund einer Überschreitung der Lärm-Grenzwerte eine konkrete Gesundheitsgefährdung gegeben ist; vgl. FG Nürnberg vom 26.1.2006, VI 237/2005.

2.71. Lösegeld

Die Ursache für die Zahlung des Lösegeldes muss zwangsläufig sein: Hat der Stpfl. die wesentliche Ursache für eine Erpressung bereitet, liegen grds. agB vor; kommt in diesen Fällen ein alternatives Handeln in Betracht, das nicht zu Aufwendungen führt (z.B. Anzeigeerstattung, Offenlegung sozialwidrigen Verhaltens), fehlt es an der Zwangsläufigkeit, es sei denn, diese anderen Handlungsmöglichkeiten sind dem Stpfl. nicht zumutbar; vgl. BFH vom 18.3.2004, III R 31/02.

2.72. Leihmutterschaft

Aufwendungen für Leihmutterschaft stellen keine als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Kosten einer Heilbehandlung wegen Empfängnisunfähigkeit oder einer durch Kinderlosigkeit verursachten seelischen Störung dar. Der Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen steht überdies der vorsätzliche Verstoß gegen die Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes und des Adoptivvermittlungsgesetzes entgegen. Denn die Beachtung der inländischen Rechtsordnung muss als zumutbar angesehen werden; vgl. FG Düsseldorf vom 9.5.2003, 18 K 7931/00.

Aufwendungen eines aus zwei Männern bestehenden Ehepaares für eine in den USA durchgeführte Leihmutterschaft führen nicht zu außergewöhnlichen Belastungen (FG Münster vom 7.10.2021, 10 K 3172/19 E; Revision anhängig, Az. BFH VI R 29/21).

2.73. Marderbefall

Aufwendungen, mit denen dem möglichen Eintritt von Schäden vorgebeugt werden soll – wie etwa Kosten für Maßnahmen, mit denen das Eindringen von Mardern in Wohngebäude und ihre Einnistung verhindert werden soll – sind keine außergewöhnlichen Belastungen; vgl. FG Hamburg vom 21.2.2020, 3 K 28/19.

2.74. Medizinische Seminare (Teilnahme von Pflegeeltern)

Kosten für die Teilnahme an medizinischen Seminaren zum Umgang mit frühtraumatisierten Kindern sind bei Pflegeeltern als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; vgl. FG Münster vom 27.1.2017, 4 K 3471/15.

2.75. Mietzahlungen

Mietzahlungen, die einen zusätzlichen, weiteren Wohnbedarf abdecken, weil die Wohnung, die den existenziellen, ersten Wohnbedarf abdecken sollte, nicht mehr bewohnbar ist, können außergewöhnliche und aus tatsächlichen Gründen zwangsläufige Aufwendungen sein; vgl. BFH, vom 21.4.2010, VI R 62/08.

2.76. (Einlagerung von) Nabelschnurblut

Vorbeugende Maßnahmen wie z.B. die Einlagerung von Nabelschnurblut entstehen lt. BFH (Urteil vom 15.10.2007, III B 112/06) nicht zwangsläufig und stellen somit keine außergewöhnliche Belastung dar. Durch die Entnahme und Einlagerung des Nabelschnurblutes eines Kindes wird nicht eine gegenwärtig bestehende Krankheit behandelt. Aufwendungen zur Vorbeugung oder Erhaltung der Gesundheit sind aber nicht abzugsfähig, sofern nicht konkrete Gesundheitsgefährdungen drohen. Denn vorbeugende Maßnahmen sind nicht zwangsläufig.

2.77. Namens- und Umgangsrecht eines Kindes

Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit der Beurkundung des Nachnamens eines minderjährigen Kindes sowie mit dem Umgangsrecht für dieses Kind entstehen, sind nicht als agB abzugsfähig (FG Münster vom 12.2.2019, 2 K 750/17 E). Die Änderung des in den Niederlanden erfassten Nachnamens des Kindes stellt bereits kein lebensnotwendiges Bedürfnis der Klägerin dar. Dies gilt vor allem auch deshalb, da das Kind in Deutschland den Nachnamen der Klägerin trägt.

2.78. Neurodermitisbehandlung am Toten Meer

Der BFH lehnt im Urteil vom 7.7.2013, III R 5/02, die Anerkennung der Aufwendung als außergewöhnliche Belastung ab. Der 34-jährige Kläger leidet seit seiner Kindheit an Neurodermitis und Bronchitis. Das Versorgungsamt bescheinigte ihm einen Grad der Behinderung von 40 % Er hielt sich in einem Hotel am Toten Meer in Israel auf. Ausweislich des Entlassungsberichts des behandelnden israelischen Arztes unterzog er sich dort einer mehrtägigen Klimaheilbehandlung. Für die Reise, die er über einen Reiseveranstalter gebucht hatte, entstanden ihm Kosten (i.H.v. damals ca. 6 600 DM). Von einer Inanspruchnahme der Krankenkasse sah E ab, da diese nicht für Kuraufwendungen aufkam. Letzten Endes scheiterte der Abzug an den Nachweiserfordernissen. Entgegen der Auffassung des FG kann auf die vorherige Vorlage eines amtsärztlichen Attests auch dann nicht verzichtet werden, wenn – aus der Sicht des FG – über die Notwendigkeit der Durchführung einer Heilkur keine Zweifel bestehen und es nach Sachlage als ausgeschlossen erscheint, dass der Aufenthalt am Kurort durch andere Zwecke mitveranlasst sei.

2.79. Numerus Clausus

Prozesskosten, die Eltern aufwenden, um für ihre Kinder einen Studienplatz in einem Numerus-clausus-Fach zu erstreiten, sind Aufwendungen für die Berufsausbildung i.S.d. § 33a Abs. 2 EStG und deshalb keine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG; vgl. BFH vom 9.11.1984, VI R 40/83. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Anwendbarkeit des § 33 EStG neben § 33a Abs. 2 EStG nicht deshalb zu bejahen, weil es sich bei den Prozesskosten nicht um typische Kosten der Ausbildung handelt.

2.80. Ortho-Training

Aufwendungen (Mitgliedsbeiträge) für ein Ortho-Training und für nicht verschreibungspflichtige Medikamente sind nicht als agB abziehbar; vgl. FG Münster vom 17.1.2022, 9 K 1471/20 E.

2.81. Personenaufzug

Aufwendungen eines Stpfl. für den nachträglichen Anbau eines behindertengerechten Außenaufzugs an seinem Einfamilienhaus sind nicht als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG abzugsfähig, wenn der Stpfl. hierfür einen Gegenwert erhält, weil der Aufzug auch für andere Bewohner des Hauses nutzbar ist. Das gilt auch, wenn der Stpfl. zwar aufgrund einer während des Baugenehmigungsverfahrens mit den Grundstücksnachbarn getroffenen privatschriftlichen Vereinbarung zum vollständigen Abbau des Aufzugs verpflichtet ist, der Zeitpunkt des Rückbaus jedoch noch nicht feststeht. Allerdings ist nach erfolgtem Rückbau zu entscheiden, ob dieser ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt und die Aufwendungen für den Aufzug zumindest teilweise als verlorener Aufwand gem. § 33 EStG zu berücksichtigen sind; vgl. BFH vom 25.1.2007, III R 7/06.

2.82. Praxisgebühr

Bei der Praxisgebühr handelt es sich um zusätzliche Krankheitskosten und damit um agB i.S.d. § 33 EStG (OFD Frankfurt vom 15.11.2004, DB 2004, 2782).

2.83. Privatschule

Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar; vgl. BFH 27.9.2007, III R 28/05.

Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule aus Anlass einer ADHS-Erkrankung können nur dann als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähige unmittelbare Krankheitskosten darstellen, wenn der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolgt und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattfindet (vgl. BFH vom 11.11.2010, VI R 17/09, BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969).

2.84. Prozesskosten

Rechtslage ab 30.6.2013:

Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG m.W. ab dem VZ 2013 in das Gesetz eingefügt. Die Vorschrift regelt nunmehr, dass Prozesskosten vom Abzug als agB ausgeschlossen sind, »es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können«.

Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Stpfl. erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse; vgl. BFH vom 18.5.2017, VI R 9/16.

Rechtslage bis 29.6.2013:

Zivilprozesskosten können als agB berücksichtigt werden, wenn der Stpfl. nachweisen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (BFH vom 12.5.2011, BStBl II 2011, 1015; FG Münster vom 20.3.2014, 5 K 1023/12 E; a.A. FG Hamburg vom 24.9.2012, 1 K 195/11 n. rkr., Az. BFH: X R 34/12; s. auch Nichtanwendungserlass des BMF vom 20.12.2011, BStBl I 2011, 1286). Strafprozesskosten sind nach einhelliger Rechtsansicht in Schrifttum und Rspr. nicht als agB anzuerkennen. Der BFH hat hierzu mit Urteil vom 16.4.2013 (BStBl II 2013, 806) klargestellt, dass es bei Strafverteidigungskosten an der Unausweichlichkeit (Zwangsläufigkeit) der Aufwendungen fehlt.

Der BFH hat zum Abzug von Prozesskosten im Zusammenhang mit gesundheitsgefährdenden Baumängeln als agB nach altem Recht geurteilt und die Berücksichtigung der Aufwendungen verneint (BFH vom 15.6.2016, VI R 44/15).

Scheidungskosten stellen keine außergewöhnlichen Belastungen mehr dar. Scheidungskosten sind Prozesskosten i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse (BFH vom 18.5.2017, VI R 9/16; veröffentlicht am 16.8.2017).

Näheres hierzu vgl. das Stichwort → Prozesskosten.

2.85. Reiki

Reiki (Aktivierung von Selbstheilungskräften durch virtuelles Handauflegen mittels Gedanken über große Entfernung) ist eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode i. S. d. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. f EStDV; BFH vom 21.2.2018, VI R 11/16, BStBl II 2018, 469. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Hieran fehlt es. Selbst wenn die Therapie eine psychotherapeutische Behandlung gewesen wäre, fehlt der Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen durch ein amtsärztliches Gutachten oder die ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung.

2.86. Sanierungskosten

Für die Sanierung eines selbst genutzten Wohngebäudes können Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen in Betracht kommen. Dies gilt aber nur dann, wenn durch die Baumaßnahmen konkrete Gesundheitsgefährdungen abgewehrt werden müssen (z.B. bei einem asbestgedeckten Dach) oder vom Gebäude ausgehende unzumutbare Beeinträchtigungen behoben werden müssen (z.B. Geruchsbelästigungen). Es muss hier darauf geachtet werden, dass der Grund für die Sanierung weder beim Erwerb des Grundstücks erkennbar gewesen sein darf noch vom Grundstückseigentümer verschuldet worden ist. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und das Erfordernis der Sanierungsmaßnahme sind z.B. durch ein Gutachten zu bestätigen. Der Umstand, dass ein vor Durchführung der Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsmaßnahmen erstelltes amtliches technisches Gutachten nicht vorliegt, steht dem Abzug der durch unabwendbare Ereignisse veranlassten Aufwendungen nicht entgegen. Gleichwohl hat der Stpfl. nachzuweisen, dass er sich den Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte; vgl. BFH vom 29.3.2012, VI R 21/11.

2.87. Sauerstoffresonanztherapie

Aufwendungen für einen Kuraufenthalt, der aufgrund der Erkrankungen des Stpfl. medizinisch angezeigt ist, können als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sein. Aufwendungen für eine Sauerstofftherapie und für den Erwerb eines Wasserionisierers können als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sein; BFH vom 5.10.2011, VI R 49/10. Der Umstand, dass es sich bei der Sauerstofftherapie (Sauerstoffresonanztherapie und hämatogene Oxidationstherapie) möglicherweise um wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilverfahren handelt, steht einem Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nicht entgegen.

2.88. Schadensersatz

Die als Vorteilsausgleich bei der Ermittlung einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigenden Leistungen aus einer Hausratversicherung sind nicht aufzuteilen in einen Betrag, der auf allgemein notwendigen und angemessenen Hausrat entfällt, und in einen solchen, der die Wiederbeschaffung von Gegenständen und Kleidungsstücken gehobenen Anspruchs ermöglichen soll; vgl. BFH vom 30.6.1999, III R 8/95.

2.89. Schulgeld

Schulgeldzahlungen aus Krankheitsgründen sind nur dann als agB zu berücksichtigen, wenn der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolgt und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattfindet (FG Düsseldorf vom 14.3.2017, 13 K 4009/15 E; Revision zugelassen). Eine Berücksichtigung derartiger Aufwendungen setzt bei auswärtiger Unterbringung des Kindes überdies voraus, dass der Nachweis ihrer Zwangsläufigkeit vor Beginn der Heilmaßnahme durch Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung geführt wird. Dieses in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchstab. c EStDV für den Fall der medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung eines an einer Behinderung leidenden Kindes normierte Nachweiserfordernis ist im Wege einer teleologischen Extension auch bei der krankheitsbedingten auswärtigen Unterbringung eines Kindes anzuwenden. Ersetzt oder ergänzt der Besuch einer bestimmten Schule eine psychotherapeutische Behandlungsmaßnahme, ergibt sich dieses formelle Nachweiserfordernis auch aus der teleologischen Extension der die Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung betreffenden Vorschrift des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchstab. b EStDV.

2.90. Selbstbehalt

Der von einem Stpfl. vereinbarte und getragene Selbstbehalt ist kein Beitrag zu einer Krankenversicherung und kann daher nicht als Sonderausgabe gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abgezogen werden. Er kann nur dann als agB berücksichtigt werden, wenn er die zumutbare Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG übersteigt. Ein darüberhinausgehender Abzug des Selbstbehalts ist von Verfassungs wegen nicht geboten; vgl. BFH vom 1.6.2016, X R 43/14, BStBl II 2017, 55.

2.91. Sicherheitsdienst

Die Kosten für die Beauftragung eines privaten Sicherheitsdienstes führen zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, um eine Gefahr für Leib und Leben abzuwehren; vgl. FG Münster vom 11.12.2017, 13 K 1045/15 E. Die Aufwendungen für den privaten Sicherheitsdienst sind der Klägerin aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Sie war aufgrund der Behandlung durch ihre Adoptivtochter einer schweren gesundheitlichen Bedrohung ausgesetzt und in ihrer persönlichen Freiheit unzumutbar eingeschränkt worden. Es bestand auch die Gefahr einer Entführung und damit einer Wiederholung der körperlichen Übergriffe. Die Klägerin war gezwungen, sich vor weiteren möglichen Angriffen gegen Leib und Leben zu schützen. Da es sich bei der Seniorenresidenz nicht um eine geschlossene Anlage handelte, waren die Aufwendungen für den Sicherheitsdienst auch den Umständen nach notwendig und angemessen.

2.92. Sprachkurs

Aufwendungen für den Besuch von Sprachkursen, in denen Deutsch gelehrt wird, sind nicht als agB abziehbar. Gleiches gilt für Integrationskurse, es sei denn, der Stpfl. weist durch Vorlage einer Bestätigung der Teilnahmeberechtigung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und 3 der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler nach, dass die Teilnahme am Integrationskurs verpflichtend war und damit aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erfolgte; vgl. R 33.4 Abs. 6 EStR.

2.93. Steuerberatungskosten

Außerhalb des Einkunftsbereichs entstandene Steuerberatungskosten sind nach Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2006 nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar. Ein Abzug solcher Kosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG kommt ebenfalls nicht in Betracht; vgl. BFH vom 16.2.2011, X R 10/10. Nach dem BFH-Urteil vom 4.2.2010, X R 10/08, BStBl II 2010, 617, mindern Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung weder die Einkünfte noch das Einkommen. Der Gesetzgeber war nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, den Abzug von Steuerberatungskosten zuzulassen. Die Neuregelung (Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F.) verletzt weder das objektive noch das subjektive Nettoprinzip; auch der Gleichheitssatz wird nicht verletzt. Ein Abzug ist auch im Hinblick auf die Kompliziertheit des Steuerrechts verfassungsrechtlich nicht geboten.

2.94. Strafverteidigungskosten

Strafverteidigungskosten sind nicht beruflich veranlasst, wenn die berufliche Tätigkeit dem Steuerpflichtigen nur die Gelegenheit zur Begehung der Straftat verschafft. Aufwendungen für Strafverteidigungskosten, die der Steuerpflichtige gem. § 467 Abs. 5 StPO zu tragen hat, weil er der Einstellung eines Verfahrens gem. § 153a StPO zustimmt, entstehen nicht zwangsläufig.

Hat der Stpfl. bei Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO seine notwendigen Auslagen gem. § 467 Abs. 5 StPO selbst zu tragen, sind ihm die Strafverteidigungskosten nicht zwangsläufig i.S.v. § 33 EStG entstanden; vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 20.10.2020, 5 K 1613/17. Das Verfahren ist vor dem BFH unter X 34/20 anhängig.

2.95. Studiengebühren

Studiengebühren für den Besuch einer (privaten) Hochschule sind weder nach § 33a Abs. 2 EStG noch nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Das Abzugsverbot begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Gesetzgeber dem Ausbildungsbedarf von Kindern in § 32 Abs. 6 Satz 1 HS 2 EStG und § 33a Abs. 2 EStG – jedenfalls im Streitjahr – ausreichend Rechnung getragen. § 33a Abs. 2 EStG ist eine zusätzliche Ausbildungskomponente im Familienleistungsausgleich. Eine isolierte Betrachtung der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift scheidet damit aus; vgl. BFH vom 17.12.2009, VI R 63/08, BStBl II 2010, 341.

2.96. Studienplatzklage

Tragen Eltern Gerichts- und Rechtsanwaltskosten für eine sog. Kapazitätsklage mit dem Ziel, ihrem Kind einen Studienplatz zu verschaffen, führt dies nicht zu außergewöhnlichen Belastungen (FG Münster vom 13.8.2019, 2 K 3783/18 E). Bei den geltend gemachten Prozesskosten handelt es sich um typische Aufwendungen für eine Berufsausbildung. Hierunter fallen nach der BFH-Rspr. (BFH vom 9.11.1984, VI R 40/83) auch erhöhte Kosten, die durch das Bewerbungs- oder Auswahlverfahren entstehen. Diese Rspr. ist auch nach Wegfall des allgemeinen Ausbildungsfreibetrags anwendbar, da nunmehr die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG den Ausbildungsbedarf eines Kindes umfassen.

2.97. Tätowierung

Die Entscheidung für eine Tätowierung ist typischerweise eine freie, disponible Entscheidung. Regelmäßig fehlt es demnach an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Eine Berücksichtigung der Kosten bei den außergewöhnlichen Belastungen als Krankheits(folge)kosten kommt aber in Betracht, wenn die Tätowierung der Abdeckung einer (Operations-)Narbe oder Verbrennung dienen soll (sog. Cover-Up-Tattoo); vgl. Heine/Trinks, NWB 12/2023, 820.

2.98. Tierhaltung/Tierarzt

Kosten der tierärztlichen Behandlung eines Reitpferdes stellen mangels Zwangsläufigkeit keine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG dar. Die von der Rspr. entwickelten Grundsätze zur Berücksichtigung von Krankheitskosten bei Menschen als außergewöhnliche Belastung sind auf Krankheitskosten bei Tieren ungeachtet derer zivilrechtlicher Einordnung als Mitgeschöpf nicht entsprechend anwendbar; FG Düsseldorf vom 27.2.1998, 3 K 85/99. Die Haltung von Haustieren ist nicht zwangsläufig. Hierdurch verursachte Tierarztkosten sind daher nicht als agB berücksichtigungsfähig (im Streitfall: Katzen); vgl. FG München vom 21.4.2009, 13 K 3210/06.

2.99. Tomatis-Therapie

Aufwendungen für eine sog. Tomatis-Therapie sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig (FG Niedersachsen vom 11.6.2020, 9 K 182/19). Die Tomatis-Therapie ist eine »Horch-« und Hörtherapie, die von dem französischen Arzt Alfred A. Tomatis entwickelt wurde. Es handelt sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, bei der zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Heilbehandlungskosten ein qualifizierter Nachweis in Form eines vor Beginn der Therapie ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich ist.

2.100. Treppenschräglift

Die Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls stellen – bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im Übrigen – krankheitsbedingte agB dar, wenn der Einbau eines Treppenliftes baurechtlich nicht möglich ist; vgl. FG Köln vom 27.8.2014, 14 K 2517/12.

2.101. Trinkgelder

Trinkgelder sind unabhängig von der zugrunde liegenden Leistung nicht zwangsläufig. In dem BFH-Urteil vom 19.4.2012, VI R 74/10, BStBl II 2012, 577 entschied der BFH u.a., dass Trinkgelder für das Behandlungspersonal bei Leistungen im Zusammenhang von Krankengymnastik nicht abziehbar seien. Denn Trinkgeld wird von Steuerpflichtigen, anders als das Entgelt für eine erbrachte Leistung, zivilrechtlich nicht geschuldet. Auch wenn kein Trinkgeld erbracht wird, hat der Steuerpflichtige Anspruch auf eine sachgemäße Behandlung seiner Krankheit und kann diese auch erwarten.

2.102. Überführungskosten

Überführungskosten, die ein seit 20 Jahren im Inland lebender Stpfl. aufwendet, um seine vormals im Ausland lebende und dort verstorbene Mutter in der Nähe seines Wohnortes bestatten zu lassen, entstehen aufgrund sittlicher Verpflichtung zwangsläufig und können daher als agB abgezogen werden, wenn der Stpfl. mit dem Tod der Mutter keinerlei Veranlassung mehr hatte, nach deren früherem Wohnort zu reisen, und dort auch keine weiteren Verwandten der Mutter leben (FG Düsseldorf vom 13.5.1998, 9 K 3046/96 E, DStRE 2000, 858, rkr.).

2.103. Überwinterung im tropischen Klima/Kälteallodynie

Die Angabe »in tropischem Klima« in einem amtsärztlichen Attest reicht zur Bestimmung des Kurorts i.S.d. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStDV nicht. Kosten für die Überwinterung eines an Kälteallodynie Leidenden in Thailand sind aufgrund dessen nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; vgl. FG Münster vom 23.2.2022, 7 K 2261/20 E.

2.104. Umschuldung

Schuldzinsen und andere mit einem Kredit in Zusammenhang stehende Aufwendungen können grundsätzlich nur dann eine außergewöhnliche Belastung bilden, wenn die Schuldaufnahme durch Ausgaben veranlasst ist, die ihrerseits eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Da Aufwendungen für den Erwerb eines Einfamilienhauses weder als außergewöhnlich noch als zwangsläufig anzusehen sind, stellen auch die durch Umschuldung des zum Erwerb geschlossenen Darlehensvertrags entstandenen Aufwendungen (insbes. Vorfälligkeitsentschädigung) keine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG dar; vgl. BFH vom 3.3.2005, III R 54/03.

2.105. Umzugskosten

Privat veranlasste Umzugskosten sind nach ständiger Rspr. unabhängig vom Grund ihres Entstehens grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung, weil sie typische Lebenshaltungskosten darstellen, mit denen jedermann zu rechnen hat; vgl. BFH vom 8.10.2008, VI B 66/08). Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn der Umzug wegen einer Krankheit zwingend erforderlich ist. Diese Voraussetzung lag im Streitfall nach den Feststellungen des FG jedoch nicht vor.

2.106. Unfall

Bei einem Unfall zugezogene Personenschäden sind als Krankheitskosten abzugsfähig. Sachschäden infolge von (unverschuldeten) Unfällen im Straßenverkehr sind keine agB, da ihnen nichts Außergewöhnliches anhaftet (vgl. BFH vom 17.10.1973, VI R 143/71). Sachschäden infolge von Flugunfällen sind den steuerlich nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung zuzurechnen; vgl. BFH vom 24.6.2004, III B 158/03. Während sich der Teilnahme am Straßenverkehr nahezu niemand entziehen kann, wird der Flugsport aus persönlicher Neigung ausgeübt und ist nur einer Minderheit vorbehalten. Schäden infolge von Sportflugunfällen sind daher den steuerlich nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung zuzurechnen.

2.107. Unterbringung in einem Seniorenstift

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Seniorenwohnstift sind zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG und nach Maßgabe der für → Krankheitskosten geltenden Grundsätze als agB zu berücksichtigen, soweit sie nicht unangemessen hoch sind (BFH vom 14.11.2013, BFH/NV 2014, 832 und BStBl II 2014, 456).

2.108. Untreue

Strafverteidigungskosten eines verbeamteten, stellvertretenden Direktors einer öffentlichen Verwaltungsschule sind nicht als außergewöhnliche Belastungen mangels Zwangsläufigkeit nicht abziehbar; vgl. BFH vom 13.12.2016, VIII R 43/14 sowie die Vorinstanz FG Thüringen vom 12.2.2014, 3 K 926/13. Der Kläger wurde beschuldigt, zum einen zur Erlangung eines sog. Behördenrabatts die Verwaltungsschule unberechtigt in die Anschaffung für ihn selbst bestimmter Pkw der Oberklasse eingeschaltet und zum anderen Belege zur unberechtigten Auszahlung von insgesamt 10 000 € zu Lasten der Verwaltungsschule gefälscht zu haben.

2.109. Vergebliche Zahlungen (Grundstückserwerb)

Vergebliche Zahlungen für den Erwerb eines Grundstücks und für die Erstellung eines selbst zu nutzenden Einfamilienhauses (Maklerkosten, Werklohnvorauszahlungen), zu denen der Stpfl. durch einen Betrug seiner Vertragspartner veranlasst worden ist und für die er nach dem Scheitern der Verträge keine realisierbaren Ersatzansprüche erworben hat, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen; vgl. BFH vom 19.5.1995, III R 12/92.

2.110. Veruntreuung

Muss ein Steuerpflichtiger die Zahlung zur Abwendung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens zweifach erbringen, weil die zunächst von ihm erbrachte Zahlung durch seinen Rechtsanwalt veruntreut worden ist, stellt die zweifache Zahlung keine außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG dar. Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit ist weder Tatbestandsmerkmal noch eine durch die Rechtsprechung aus den geschriebenen Tatbestandsmerkmalen gewonnene grundsätzliche Kategorie im Tatbestand der außergewöhnlichen Belastungen des § 33 EStG; vgl. BFH vom 17.11.2009, VI B 18/09.

2.111. Wiederbeschaffung von Hausrat

Wiederbeschaffung von Hausrat nach einer Scheidung ist nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar. Ist allerdings notwendiger Hausrat infolge unabwendbarer Ereignisse (Krieg, Naturkatastrophen, Brand etc.) verloren gegangen, können die Kosten der Wiederbeschaffung hingegen eine agB begründen; vgl. auch u.a. BFH vom 10.6.1988, III R 248/83, BStBl II 1988, 814.

2.112. Wiedergutmachungsauflage

Die Leistung einer Wiedergutmachungsauflage ist nicht zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG, weil die Einstellung des Strafverfahrens unter Erteilung von Auflagen und Weisungen nach § 153a Abs. 2 der StPO die Zustimmung des Angeschuldigten voraussetzt (BFH vom 19.12.1995, III R 177/94, BFHE 179, 383, BStBl II 1996, 197); vgl. BFH vom 21.9.2016, VI B 34/16.

2.113. Wohngemeinschaft

Aufwendungen für die Unterbringung eines verhaltensauffälligen Jugendlichen können eine agB sein; BFH vom 18.6.2015, VI R 31/14. Nur wenn die verhaltensauffällige Tochter der Kläger im Zeitpunkt der Zahlung der krankheitsbedingten Unterbringungskosten behindert i.S.v. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. c EStDV gewesen sein sollte, hätte es der qualifizierten Nachweise durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bedurft. Ansonsten hätten die vorgelegten ärztlichen Befundberichte genügt und den Abzug der Aufwendungen als agB gerechtfertigt.

2.114. Wunderheiler

Die Aufwendungen sind nach einem Urteil des BFH (BFH vom 18.04.1990 – III R 38/86) nicht als therapeutische Maßnahme anzusehen. Auf Anraten eines Arztes für Naturheilverfahren unternahm der Kläger eine von diesem Arzt begleitete Reise zu Wunderheilern nach Manila (Philippinen). Es fehlte in diesem Zusammenhang nach dem kassenärztlichen Heilbehandlungsbegriff eine gezielte, medizinisch indizierte Behandlung zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit durch einen Arzt, einen Heilpraktiker oder andere gesetzlich zur Ausübung der Heilkunde zugelassene Personen wie Krankengymnasten oder Psychotherapeuten.

2.115. Zahnersatz/Implantate

Der dem Kläger von dritter Seite nicht erstattete Teil der Aufwendungen für den Ersatz verlorener Zähne durch Kronen auf implantierten künstlichen Zahnwurzeln kann als agB abgezogen werden. Dass die gesetzliche Krankenversicherung nur die Aufwendungen für herausnehmbare Prothesen bzw. bei fest implantiertem Zahnersatz nur einen kleinen Teil der Kosten übernimmt, schließt den Steuerabzug nicht aus; FG Berlin-Brandenburg vom 28.11.2007, 2 K 5507/04 B.

2.116. Zinsen

Schuldzinsen für ein Darlehen, das ein Stpfl. zur Bestreitung von agB i.S.d. § 33 EStG aufgenommen hat, sind ebenfalls als agB steuerermäßigend zu berücksichtigen, wenn bzw. soweit die Darlehensaufnahme selbst zwangsläufig erfolgt ist. Die Zinsen sind im jeweiligen Jahr der Verausgabung abzuziehen; vgl. H 33.1–33.4 EStH »Zinsen«.

2.117. Zivilprozesskosten

Mit dem Gerichtsverfahren verbundene Kosten für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich sind als agB i.S.d. § 33 EStG in der bis einschließlich 2012 anzuwendenden Fassung abziehbar. Kosten familienrechtlicher und sonstiger Regelungen im Zusammenhang mit einer Ehescheidung außerhalb des sog. Zwangsverbunds sind regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen; BFH vom 10.3.2016, VI R 69/12.

2.118. Zwischenheimfahrten

Fahrtkosten aus Anlass von Zwischenheimfahrten können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Dies gilt nicht für Kosten der Zwischenheimfahrten einer Begleitperson, die ein krankes, behandlungsbedürftiges Kind, das altersbedingt einer Begleitperson bedarf, zum Zwecke einer amtsärztlich bescheinigten Heilbehandlung von mehrstündiger Dauer gefahren und wieder abgeholt hat, wenn es der Begleitperson nicht zugemutet werden kann, die Behandlung abzuwarten (BFH vom 3.12.1998, BStBl II 1999, 227).

3. Literaturhinweise

Preißer, Die Steuerberaterprüfung 2017, Bd. 1, 13. A, Teil A Kap. V 2; Geserich, Privataufwendungen im Einkommensteuerrecht am Beispiel der außergewöhnlichen Belastungen, DStR 2013, 1861; Kirchhof, Drei Bereiche privaten Aufwands im Einkommensteuerrecht – Zur Trennung der Erwerbs- von der Privatsphäre unter besonderer Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastungen, DStR 2013, 1867; Haupt, Operation gelungen – Patient ratlos – Zur Rückwirkung der Formalanforderungen bei außergewöhnlichen Belastungen im Krankheitsfall, BFH VI R 74/10, DStR 2012, 1541; Gerauer, Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen, NWB 2015. 800; Adomat, Berücksichtigung von behinderungsbedingten Umbaukosten; NWB 13/2016, Beilage 1, 1; Heine und Trinks, Steuerliche Folgen einer Erpressung für Täter und Opfer, NWB 2016, 2109; Baltromejus, Stufenweise Berechnung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG, NWB 2017, 1940; Außergewöhnliche Belastungen – Chancen ihrer steuerlichen Berücksichtigung, NWB 2008, 4091; Jauch, Allgemeine außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG, Die Steuerfachangestellten 6/2019, 5; Kanzler, Kosten einer Liposuktion als außergewöhnliche Belastung abziehbar – medizinische Wissenschaft im Wandel, NWB 46/2020, 3374; Kanzler, Das Behinderten-Pauschbetragsgesetz, NWB 12/2021, 840; Kanzler, Das Behinderten-Pauschbetragsgesetz (Teil 2), NWB 13/2021, 898.

4. Verwandte Lexikonartikel

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Prozesskosten

Scheidung

Umzugskosten

Unterhaltsaufwendungen

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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