Einkünfte und Bezüge von Kindern

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Kindergeld und steuerliche Freibeträge können wegfallen, wenn ein über 18 Jahre altes Kind zu hohe Einkünfte bezieht, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder Berufsausbildung geeignet sind. Das Vermögen des Kindes bleibt dabei unberücksichtigt.
  • Als Einkünfte werden alle einkommensteuerpflichtige Einnahmen nach § 2 Abs. 1 EStG verstanden.
  • Bezüge sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die einkommensteuerrechtlich nicht erfasst werden.
  • Eine Erwerbstätigkeit des Kindes, bei der die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden beträgt, wirkt sich schädlich auf den Kindergeldanspruch aus, sofern es sich nicht um eine geringfügige Beschäftigung oder ein Ausbildungsverhältnis handelt, in dem fachlich notwendige Fertigkeiten zur Ergreifung eines späteren Berufes vermittelt werden.

Inhaltsverzeichnis

1 Rechtsgrundlagen für die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge
2 Einkünfte
2.1 Definition und Berechnung
2.2 Personalrabatte
2.3 Veräußerungsgewinne
3 Bezüge
3.1 Definition
3.2 Das Arbeitslosengeld I und II
3.3 Elterngeld
3.4 Bezüge eines behinderten Kindes
3.5 Pflegegeldzahlungen
3.6 Lottogewinne
3.7 Kinderbetreuungszuschlag gem. § 14b BAföG
3.8 Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
3.9 Berücksichtigung einer »Conterganrente«
3.10 Kostenpauschale
4 Zu- und Abflussprinzip
5 Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge
6 Berücksichtigung weiterer zweckgebundener Aufwendungen
6.1 Beiträge zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)
6.2 Aufwendungen für eine private Altersvorsorge
6.3 Gezahlte Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag
6.4 Beiträge zu einer Kapitallebensversicherung
6.5 Erbschaft
6.6 Vermögenswirksame Leistungen
6.7 Ansparabschreibung gem. § 7g EStG
6.8 Verlustabzug nach § 10d EStG
6.9 Praxisgebühr
7 Zusammenfassung und Übersicht über die Einkünfte und Bezüge
8 Besonderheiten zur Berücksichtigung von Zuwendungen als Einkünfte oder Bezüge
8.1 Geldzuwendungen zur Kapitalanlage
8.2 Versorgungsfreibetrag und Sparerfreibetrag
8.3 Verzicht auf Einkünfte und Bezüge
8.4 Kapitalerträge, die ab dem VZ 2009 der Abgeltungsteuer unterliegen
9 Zulässiger Höchstbetrag der Einkünfte und Bezüge
9.1 Wohnsitz des Kindes in Deutschland
9.2 Wohnsitz des Kindes im Ausland
9.2.1 Allgemeines
9.2.2 Wohnsitz in EU-Staaten
10 Aufteilung der Einkünfte und Bezüge innerhalb und außerhalb des Begünstigungszeitraums
10.1 Aufteilung der Einkünfte und Bezüge
10.2 Berücksichtigung der Einkünfte und Bezüge bei Kürzungsmonaten
10.2.1 Überblick und einführendes Beispiel
10.2.2 Die monatliche Zurechnung der Einkünfte und Bezüge
10.2.2.1 Überblick
10.2.2.2 Laufender Arbeitslohn
10.2.2.3 Sonstige Bezüge
10.2.2.4 Rentennachzahlungen
10.3 Beispiele zur BFH-Rechtsprechung zur Berechnung der Einkünfte und Bezüge
10.3.1 Absenkung der Altersgrenze
10.3.2 Ermittlung der Kürzungsmonate und Zurechnung von Sonderzuwendungen
10.3.3 Zeitanteilige Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages
10.3.4 Wechsel zur Volljährigkeit während der Berufsausbildung
10.3.5 Erneute Berufsausbildung, Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Berücksichtigung von BAföG
10.3.6 Duale Studiengänge
10.3.7 Zu Unrecht ausbezahlter Arbeitslohn als Bezug
10.3.8 Keine Berücksichtigung von Verlustrück- und -vorträgen
10.3.9 Die Berücksichtigung des Entlassungsgeldes eines Zivildienstleistenden bzw. Wehrpflichtigen
10.3.10 Berücksichtigung vorab entstandener Werbungskosten
10.3.11 Besonderheiten bei der Berücksichtigung von Ausbildungskosten
10.3.12 Auswärtige Unterbringung bzw. doppelte Haushaushaltsführung
10.3.13 Reisekosten
10.3.14 Entfernungspauschalen für Abhol- und Bringfahrten durch die Eltern
10.3.15 Berücksichtigung von Schadensersatzrenten
10.3.16 Au-pair-Verhältnisse
10.3.17 Betriebliche Altersvorsorgebeiträge als Bezüge
11 Ermittlung der Einkünfte und Bezüge bei verheirateten Kindern
12 Literaturhinweise
13 Verwandte Lexikonartikel

1. Rechtsgrundlagen für die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge

Das Kindergeld und auch die steuerlichen Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG sind bis zum VZ 2011 gefährdet, wenn das volljährige Kind für sich selbst sorgen kann. Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. ist ein über 18 Jahre altes Kind von einer Berücksichtigung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG ausgeschlossen, wenn es zu hohe Einkünfte und Bezüge hat, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Das Vermögen eines Kindes bleibt hierbei außer Betracht.

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Die Höhe der Einkünfte und Bezüge sind zu ermitteln, insbes. für

  • bei der Berücksichtigung als Kind (→ Kinder) für die Freibeträge gem. § 32 Abs. 4 EStG (Kinderfreibetrag);

  • für die Gewährung von → Kindergeld gem. § 63 i.V.m. § 32 EStG;

  • für die Ermittlung der Unterhaltsleistungen (→ Unterhaltsaufwendungen) nach § 33a Abs. 1 EStG (ab VZ 2012 enthält § 33a EStG keinen Bezug mehr auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG);

  • für die Ermittlung der Ausbildungsfreibeträge (→ Ausbildungsfreibetrag) nach § 33a Abs. 2 EStG;

  • zum Nachweis der finanziellen Beteiligung an der Haushaltsführung eines Stpfl. i.S.d. § 24b EStG (BMF vom 29.10.2004, BStBl I 2004, 1042, Tz. II.3. Buchst. a; → Entlastungsbetrag für Alleinerziehende).

Ab Kalenderjahr 2012 ist zu beachten, dass aufgrund des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) die Einkünfte- und Bezügegrenze für die Gewährung von Freibeträgen für Kinder sowie von Kindergeld weggefallen ist (→ Kinder). Für die Ermittlung von Unterhaltsleistungen sowie für den Nachweis der finanziellen Beteiligung an der Haushaltsführung eines Stpfl. ist die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge weiterhin durchzuführen.

Das Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat die steuerliche Berücksichtigung von volljährigen Kindern wesentlich vereinfacht. Die Rechtslage einschließlich 2011, wonach volljährige Kinder nur berücksichtigt werden, wenn ihre Einkünfte und Bezüge (→ Einkünfte und Bezüge von Kindern) den Jahresgrenzbetrag von 8 004 € nicht überschreiten, wurde überarbeitet. Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) ist die Einkünfte- und Bezügegrenze aufgehoben worden. In Abs. 4 des § 32 EStG wurden die Sätze 2 bis 10 wie folgt ersetzt:

»Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satz 1 Nr. 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S.d. § 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.«

2. Einkünfte

2.1. Definition und Berechnung

Einkünfte sind solche nach § 2 Abs. 1 EStG (R 32.10 Abs. 1 EStR, DA 63.4.2.1 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716).

Die vermögenswirksamen Leistungen gehören nach § 2 Abs. 6 Satz 1 5. VermBG zu den steuerpflichtigen Einnahmen (→ Vermögenswirksame Leistungen) und sind daher bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes mitzurechnen (BFH Urteil vom 11.12.2001, VI R 113/99, BStBl II 2002, 684).

Für die Berechnung der Einkünfte und Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist das BFH-Urteil vom 21.7.2000 (VI R 153/99, BStBl II 2000, 566) zu beachten. Danach entspricht der Begriff der Einkünfte in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG.

2.2. Personalrabatte

Steuerpflichtige Personalrabatte, welche das Kind an Angehörige weitergibt, sind als Einkünfte i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen (BFH Beschluss vom 31.5.2007, III B 109/06, BFH/NV 2007, 1867).

2.3. Veräußerungsgewinne

Nach dem Urteil des BFH vom 22.12.2011 (III R 69/09, BFH/NV 2012, 1033) sind im Rahmen der Jahresgrenzbetragsregelung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auch Veräußerungsgewinne zu berücksichtigen, die nach Gewinnermittlungsgrundsätzen zu erfassen sind, aber erst in einem späteren Jahr zufließen. Erzielt ein Kind demnach Gewinneinkünfte i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG, sind diese auch im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht nach dem Zuflussprinzip zu erfassen, soweit sich aus den Regeln über die Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ein abweichender Realisationszeitpunkt ergibt. Ein gewerblicher Veräußerungsgewinn, der nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG aufgrund des Veräußerungszeitpunkts im laufenden Veranlagungszeitraum zu erfassen ist, muss nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes für das laufende Kj. auch dann berücksichtigt werden, wenn er dem Kind tatsächlich erst nach dem laufenden Kj. zufließt.

3. Bezüge

3.1. Definition

Bezüge sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden (R 32.10 Abs. 2 EStR, DA 63.4.2.3 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716, H 32.10 [Anrechnung eigener Bezüge] EStH).

3.2. Das Arbeitslosengeld I und II

Die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II ersetzen seit dem 1.1.2005 die Leistung »Arbeitslosenhilfe« und »Sozialhilfe«. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II (sog. Arbeitslosengeld II) sind steuerfrei gem. § 3 Nr. 2b EStG. § 3 Nr. 2b EStG wurde eingeführt durch Art. 33 Nr. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2003, 2954). Die Leistungen unterliegen (auch) nicht dem Progressionsvorbehalt gem. § 32b EStG, da sie in dem dortigen abschließenden Katalog nicht aufgeführt sind. In § 32b EStG ist lediglich allgemein »Arbeitslosengeld« als dem Progressionsvorbehalt unterliegende Leistung genannt. Hierbei handelt es sich um das sog. Arbeitslosengeld I (lt. SGB III), das gem. § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei gestellt wird.

Im Rahmen der Prüfung der anzurechnenden eigenen Einkünfte und Bezüge eines Kindes gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind nach R 32.10 Abs. 2 Nr. 3 EStR Bezüge i.S.d. § 3 Nr. 2b EStG (Arbeitslosengeld II) einzubeziehen. Die Anrechnung gilt auch für die Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG, da für die Prüfung zur Abzugsfähigkeit von → Unterhaltsaufwendungen die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person nach § 33a Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu ermitteln sind.

Zur Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes II bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes nimmt die Vfg. der OFD Frankfurt vom 11.3.2010 (S 2282 A – 22 – St 223, LEXinform 5232593) Stellung. Nach einem Beschluss der Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II) genauso wie Leistungen zur Sicherstellung des Unterhalts als Bezüge des Kindes zu berücksichtigen, wenn von einer Rückforderung bei gesetzlich Unterhaltsverpflichteten abgesehen worden ist. Sie sind jedoch dann nicht als Bezug anzurechnen, wenn das Kindergeld nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an den entsprechenden Sozialleistungsträger abgezweigt wird, dieser einen Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 EStG geltend macht oder – zur Vereinfachung – das Kindergeld nach Maßgabe der Sozialgesetze vollständig oder anteilig auf seine Leistung anrechnet (vgl. H 32.10 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge – Teilabschnitt: Eigene Bezüge Nr. 3] EStH und DA-Fam EStG 63. 4.2.3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9; BStBl I 2011, 716).

Das Arbeitslosengeld I wird gem. R 32.10 Abs. 2 Nr. 2 EStR ohnehin in die Prüfung einbezogen.

3.3. Elterngeld

Elterngeld, das ein Kind erhält, ist bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 ff. EStG anzusetzen, da es in der Regel Lohnersatz darstellt. Näheres s. unter (→ Elterngeld).

Zur Berücksichtigung des Elterngeldes bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes nimmt die Vfg. der OFD Frankfurt vom 11.3.2010 (S 2282 A – 22 – St 223, LEXinform 5232593) Stellung. Danach ist das Elterngeld grundsätzlich als Bezug des Kindes anzusetzen, da es in der Regel Lohnersatz darstellt und deswegen auch unter den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 EStG fällt. Auszunehmen hiervon ist aber der Mindestbetrag i.H.v. 300 € bzw. 150 € monatlich (bei Mehrlingsgeburten entsprechend vervielfacht), da dieser auch gezahlt wird, wenn vorher keine Einkünfte erzielt wurden (vgl. auch DA-Fam EStG 63.4.2.3.1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG BStBl I 2011, 716). Dies gilt auch bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG bzw. § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG. Unabhängig von der vorstehenden Regelung zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unterliegt das Elterngeld nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG in voller Höhe dem Progressionsvorbehalt.

3.4. Bezüge eines behinderten Kindes

Zu den Bezügen eines volljährigen behinderten Kindes, das im Haushalt seines Vaters lebt, gehört die dem Kind gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 11 ff. BSHG), es sei denn, der Sozialleistungsträger kann für seine Leistungen bei dem Vater Regress nehmen (BFH Urteil vom 26.11.2003, VIII R 32/02, BStBl II 2004, 588). S.a. H 32.10 [Anrechnung eigener Bezüge Nr. 3] EStH.

Das FG Nürnberg entschied mit Urteil vom 10.12.2014 – 3 K 361/14, dass die Zahlung von Schmerzensgeld nicht der Unterhaltssicherung dient und somit bei der Berechnung des Kindergeldanspruches eines volljährigen behinderten Kindes nicht zu berücksichtigen ist. Im anschließenden Revisionsverfahren (BFH Urteil vom 13.4.2016, III R 28/15, BStBl II 2016, 648) wurde dem Urteil des FG zugestimmt: Bei der Prüfung, ob ein volljähriges behindertes Kind über hinreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines persönlichen Unterhalts verfügt, ist eine Schmerzensgeldrente grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Das Elterngeld, das ein behindertes Kind, für das Kindergeld begehrt wird, wegen der Betreuung und Erziehung seines eigenen Kindes erhält, gehört in vollem Umfang zu den Bezügen, die zur Abdeckung des Grundbedarfs des behinderten Kindes geeignet sind, BFH Urteil vom 5.2.2015 – III R 31/13.

3.5. Pflegegeldzahlungen

Das FG München hat mit rkr. Urteil vom 1.8.2008 (10 K 3549/07, LEXinform 5007511) zur Qualifikation von Pflegegeldzahlungen für junge Volljährige und eines einbehaltenen Kostenbeitrags im Rahmen der Einkünfte- und Bezügeberechnung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Folgendes entschieden: Bei der nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durchzuführenden Berechnung der kindergeldschädlichen Bezüge eines Pflegekinds kann für den jungen Volljährigen nach § 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB VIII gezahltes Pflegegeld nicht einerseits den Einkünften der Eltern zugerechnet und andererseits ein vom Jugendamt einbehaltener Kostenbeitrag von den Einkünften des Kinds abgezogen werden. Der Wortlaut des § 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB VIII spricht dafür, Pflegegeld für junge Volljährige als Bezüge des Kindes i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu werten und einen einbehaltenen Kostenbeitrag bezügemindernd zu berücksichtigen.

3.6. Lottogewinne

Lottogewinne (65 000 €) gehören zu den bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrages einzubeziehenden Bezügen; sie sind zur Bestreitung der Kosten von Ausbildung und Unterhalt geeignet (BFH Beschluss vom 26.11.2008, III S 65/08 PKH, BFH/NV 2009, 382, LEXinform 5904791). Das Gericht führte aus, bei dem Lottogewinn handele es sich um einen Bezug, der zur Bestreitung des Unterhaltes und der Ausbildung des Sohnes geeignet gewesen sei. Dem stehe das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.1.2004, VIII R 21/02 nicht entgegen, da der Geldbetrag den Kindern in jenem Falle zweckgebunden zur Kapitalanlage geschenkt worden sei.

3.7. Kinderbetreuungszuschlag gem. § 14b BAföG

Der nach § 14b BAföG als Zusatzleistung für Auszubildende mit Kind gezahlte Kinderbetreuungszuschlag bleibt bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des/der Auszubildenden i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG außer Ansatz. Er ist insbesondere nicht als Bezug anzusetzen.

Der Kinderbetreuungszuschlag wird an Auszubildende, die mit mindestens einem eigenen Kind, das das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in einem Haushalt leben, gezahlt. Er beträgt monatlich 113 € für das erste und 85 € für jedes weitere Kind.

Der Zuschlag ist gem. DA 63.4.2.3.3 (Ausbildungshilfen) Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 DA-FamEStG (BStBl I 2011, 716) als Leistung, die wegen eines individuellen Sonderbedarfs des Kindes gewährt wurde und nicht zur Bestreitung des Unterhalts- und Ausbildungsbedarfs bestimmt ist, außer Betracht zu lassen (Newsletter Familienleistungsausgleich – Ausgabe Juni 2009, LEXinform 0434140).

3.8. Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung

Nach dem BFH-Urteil vom 17.12.2009 (III R 74/07, BFH/NV 2010, 733, LEXinform 0588523) ist die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als Bezug des Kindes anzusetzen. Im entschiedenen Fall hatte ein Schüler auf dem Weg zur Schule einen schweren Unfall erlitten, den der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung als »Arbeitsunfall« anerkannte.

Grundsätzlich übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten für die Heilbehandlung und für Rehabilitationsmaßnahmen des Schülers, der auf dem Schulweg einen schwerwiegenden Unfall erlitten hat. Nur wenn der Schüler durch den Unfall trotz der Rehabilitationsmaßnahmen in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist, erhält er eine Rente. Diese wird in der Regel erst bezahlt, wenn alle sinnvollen und zumutbaren Rehabilitationsmöglichkeiten ausgeschöpft sind (vgl. § 26 Abs. 3 SGB VII). Die Verletztenrente soll den Mehrbedarf durch die bleibenden Verletzungen aufgrund des Unfalls und den Einnahmenverlust aufgrund der geminderten Erwerbsfähigkeit ausgleichen.

Die nach § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerfreie Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung gehört nicht zu den Einkünften, sondern in vollem Umfang zu den Bezügen (BFH Urteil vom 15.10.1999, VI R 182/98, BStBl II 2000, 79), da hierunter alle Zuflüsse in Geld oder Naturalleistungen fallen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden, also nicht steuerbare oder für steuerfrei erklärte Einnahmen.

Die Nachzahlung der Verletztenrente ist im Jahr, in dem sie zugeflossen ist, zu berücksichtigen. Der Betrag ist nicht auf den Zeitraum zu verteilen, für den er gezahlt wurde (BFH Urteil vom 16.4.2002, VIII R 76/01, BStBl II 2002, 525).

Die Verletztenrente ist jedoch nur soweit zur Bestreitung des Unterhalts des Kindes bestimmt oder geeignet, als sie die Aufwendungen für therapeutische Maßnahmen übersteigt, die dem Kind als Folge des Unfalls entstanden sind.

Der BFH hat im Urteil vom 26.9.2007, III R 4/07, BStBl II 2008, 738) offen gelassen, ob und inwieweit Krankheits- oder Krankheitsfolgekosten zu den nach der Rspr. des BVerfG unvermeidbaren, die Einkünfte und Bezüge des Kindes mindernden Aufwendungen gehören können. Auch im vorliegenden Entscheidungsfall musste diese Frage nicht entschieden werden, da sich der geminderte Ansatz der Rentennachzahlung allein aus der Zweckbestimmung der Verletztenrente ergibt.

3.9. Berücksichtigung einer »Conterganrente«

Hierzu entschied das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 9.11.2016, 12 K 2756/16, wie folgt: Bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines volljährigen, aufgrund einer Schädigung durch Contergan von Geburt an behinderten Kindes sind die Leistungen der Conterganstiftung (sog. Conterganrente) nicht zu berücksichtigen. Dies folgt zum einen aus § 18 ContStiftG, der auch bei der Festsetzung von Kindergeld anzuwenden ist. Zum anderen handelt es sich bei der laufenden Conterganrente sowie der jährlichen Sonderzahlung um Schmerzensgeld mit der Folge, dass die Leistungen nicht zu berücksichtigen sind, da sie nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Kinds bestimmt oder geeignet sind. Im Streitfall konnte dahinstehen, ob in Höhe der monatlichen Conterganrente ein behinderungsbedingter Mehrbedarf besteht.

3.10. Kostenpauschale

Bei der Ermittlung der Bezüge ist aus Vereinfachungsgründen eine Kostenpauschale von 180 € im Kj. abzuziehen (R 32.10 Abs. 4 EStR). Zur Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge s. Beispiel für die Anrechnung unter H 33a.1 [Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge] EStH. Bezieht das Kind lediglich Krankengeld, so handelt es sich um einen Bezug, von dem die Kostenpauschale, jedoch nicht der ArbN-Pauschbetrag abzuziehen ist. Bezieht demnach ein Auszubildender nach einem Arbeitsunfall in dem für den Kindergeldanspruch maßgebenden Kj. lediglich (steuerfreies) Krankengeld, so ist die Werbungskostenpauschale nicht bei der Ermittlung seiner eigenen Einkünfte und Bezüge zu berücksichtigen. Die abweichende gesetzliche Regelung bei der Anwendung des Progressionsvorbehalts kann nicht auf die Prüfung der Deckung des existenznotwendigen Bedarfs als negative Voraussetzung des Kindergeldanspruchs übertragen werden (FG Düsseldorf Urteil vom 12.12.2002, EFG 2003, 630, rkr.).

4. Zu- und Abflussprinzip

Es sind alle Einkünfte und Bezüge zu erfassen, die dem Kind im Laufe eines Jahres zufließen. Zuflüsse und Abflüsse in anderen Jahren bleiben außer Betracht (BFH Urteil vom 22.5.2002, VIII R 74/99, BFH/NV 2002, 1430). Aufgrund dessen ist z.B. im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die vereinnahmte gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer bei den Betriebseinnahmen zu erfassen, nicht jedoch die erst in einem späteren Jahr beglichene Umsatzsteuerschuld. Entsprechend ist auch zu verfahren, wenn BAföG-Leistungen, die zwar unter Vorbehalt, aber nicht darlehensweise, sondern als Zuschuss gewährt worden sind, zurückgezahlt werden (vgl. BFH vom 11.12.2001, VI R 5/00, BStBl II 2002, 205). Einkünfte und Bezüge unterscheiden sich insoweit nicht. Ein Zufluss liegt auch dann vor, wenn der Empfänger den Betrag später wieder zurückzahlen muss. Das Behaltendürfen ist kein Merkmal einer Einnahme. Diese bestimmt sich ausschließlich danach, ob sie zu einer – wenn auch nur vorübergehenden – Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Stpfl. führt.

Einkünfte, z.B. eines Sanitätsoffiziersanwärters, die nach dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln sind und deshalb dem Zuflussprinzip unterliegen, schließen den Kindergeldanspruch wegen Überschreitung des Jahresgrenzbetrages auch dann aus, wenn sie später wegen antragsgemäßer Entlassung aus dem Dienstverhältnis zurückgezahlt werden müssen; vgl. BFH vom 7.12.2007, III B 172/06.

5. Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge

Der BFH bestätigt mit Urteil vom 4.11.2003 (VIII R 59/03, BStBl II 2004, 584) seine Rspr. im Urteil vom 21.7.2000 (VI R 153/99, BStBl II 2000, 566), indem er klarstellt, dass der Arbeitslohn nicht um die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge gekürzt wird.

In einem weiteren Verfahren gegen die Nichtberücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge hat der BFH mit Beschluss vom 11.12.01 (VI R 16/00, HFR 2002, 508) die Revision nicht zugelassen. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG mit Urteil vom 11.1.2005 (2 BvR 167/02, DStR 2005, 911) entschieden. Danach ist die bisherige Rspr. des BFH verfassungswidrig. Das BMF-Schreiben vom 18.11.2005 (BStBl I 2005, 1027) nimmt zur Behandlung der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge Stellung. Danach sind die zur gesetzlichen Sozialversicherung des Kindes geleisteten Pflichtbeiträge bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen. Die berücksichtigungsfähigen Beiträge sind nach der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge abzuziehen (DA 63.4.3.2 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716; H 32.10 [Versicherungsbeiträge des Kindes] EStH).

In zwei Urteilen hat der BFH entschieden, dass Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von Kindern als freiwillige Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung (BFH Urteil vom 16.11.2006, III R 74/05, BStBl II 2007, 527) und Beiträge von beihilfeberechtigten Kindern für eine private Kranken- und Pflegeversicherung (BFH Urteil vom 14.12.2006, III R 24/06, BStBl II 2007, 530) die Summe der zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge mindern. Im Urteil III R 24/06 hat der BFH ausgeführt, dass als unvermeidbar, und damit abzugsfähig, nur die Beiträge für die Tarife anzusehen sind, die nach den Beihilfevorschriften des jeweiligen Dienstherrn von der Beihilfe nicht abgedeckt sind. Darüber hinausgehende Beiträge, insbesondere für Beihilfeergänzungstarife, sind nicht unvermeidbar und somit nicht von den Einkünften und Bezügen des Kindes abzuziehen (s.a. Pressemitteilung des BZSt vom 24.9.2007, LEXinform 0173637).

Zur Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge für ein Kind hat das FG Münster mit Urteil vom 4.6.2009 (3 K 840/08 Kg, Rev. eingelegt, Az. BFH: III R 46/09, Pressemitteilung vom 15.7.2009, LEXinform 0434281) Folgendes entschieden: Beiträge des Kindes zu einer freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie unvermeidbare Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung mindern die Einkünfte und Bezüge des Kindes auch dann, wenn das Kind im Rahmen einer Familienversicherung mitversichert ist. Im Streitfall hatte die Ehefrau des Klägers eine private Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen, über die auch die studierende Tochter mitversichert war. Der Umfang des Versicherungsschutzes entsprach dem einer gesetzlichen Krankenversicherung. Die Familienkasse ließ die für die Tochter gezahlten Versicherungsbeiträge bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte unberücksichtigt. Die Einkünfte der Tochter überschritten daher den im Streitjahr maßgeblichen Grenzbetrag i.H.v. 7 680 €, so dass die Familienkasse die Gewährung des Kindergeldes ablehnte.

Das FG Münster folgte der Ansicht der Familienkasse nicht. Er sprach dem Kläger das Kindergeld zu, da der gesetzliche Grenzbetrag bei Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge unterschritten sei. Nach der Rspr. des BFH seien Beiträge des Kindes zu einer freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie unvermeidbare Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung von den Einkünften und Bezügen des Kindes in Abzug zu bringen. Dies gelte nicht nur, wenn das Kind selbst Versicherungsnehmer sei, sondern auch, wenn es im Rahmen einer Familienversicherung mitversichert sei. Gründe für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle seien mit Blick auf die Unterhaltssituation der Eltern nicht erkennbar. Es sei daher weder beachtlich, ob die Versicherungsbeiträge vom Kind selbst oder den Eltern bezahlt würden, noch wer von beiden Versicherungsnehmer sei.

Die eingelegte Revision der Familienkasse wurde mangels nicht ausreichender Revisionsbegründung als unzulässig verworfen (BFH vom 22.7.2011, III R 46/09, BFH/NV 2011, 1906). Es darf somit kein Unterschied gemacht werden, ob das Kind sich selbst krankenversichert hat und die Beiträge im Rahmen des Unterhalts von den Eltern zur Verfügung gestellt bekommt oder ob die Eltern als Versicherungsnehmer das Kind versichern und unmittelbar die Beiträge als eigene Verpflichtung an die Versicherung abführen. In beiden Fällen sind die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern und die Frage ihrer finanziellen Entlastungen durch Freibeträge und Kindergeld in derselben Weise betroffen. In beiden Fällen werden auch Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung des Kindes geleistet, die nach der Rspr. des BFH unvermeidbar (zwangsläufige) Aufwendungen darstellen (FG Berlin-Brandenburg vom 4.11.2010, 4 K 10218/06 B, EFG 2011 549; Revision beim BFH unter Az. III R 85/10). Dieses Verfahren ist erledigt durch Beschluss vom 22.7.2011. Die Revision wurde als unzulässig verworfen.

Wie der BFH mit Urteil vom 29.5.2008 (III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664, LEXinform 0587429) entschieden hat, sind bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschreiten, die Einkünfte nicht um Beiträge zu einer privaten Unfall-, Lebens-, Renten- und Krankenversicherung zu mindern, wenn eine gesetzliche Mindestversorgung besteht.

bisher ohne Berücksichtigung der Sozialleistungen

unter Berücksichtigung der Sozialleistungen

Arbeitslohn des Kindes

10 000 €

10 000 €

abzgl. ArbN-Pauschbetrag

./. 920 €

./. 920 €

Einkünfte

9 080 €

9 080 €

Der Grenzbetrag von 7 680 € war bisher überschritten.

abzgl. ≈ 21 % ArbN-Anteil zu den Sozialversicherungsbeiträgen

./. 2 100 €

maßgebliche Einkünfte und Bezüge i.S.d.

§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

6 980 €

Der Beschluss des BVerfG ist bei Kindern mit Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung auf alle nicht bestandskräftig entschiedenen Fälle anzuwenden (Näheres s. BMF vom 18.11.2005, BStBl I 2005, 1027).

6. Berücksichtigung weiterer zweckgebundener Aufwendungen

6.1. Beiträge zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)

Zur Frage, ob die vom ArbG des Kindes an die VBL abgeführten Beiträge die Einkünfte und Bezüge des Kindes i.S.d. § 33 Abs. 4 Satz 2 EStG mindern, hat der BFH mit Urteil vom 17.6.2010 (III R 63/09) im Gegensatz zu der Vorinstanz (FG Köln Urteil vom 28.8.2009, 5 K 1568/07) entschieden, dass dies Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die Beiträge zur VBL-Pflichtversicherung nicht gemindert wird, wenn das Kind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist. Der BFH begründet seine Entscheidung vor allem damit, dass eine gesetzliche Versicherungspflicht bei der VBL bzw. eine gesetzliche Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen zur VBL-Pflichtversicherung nicht bestünde. Die VBL-Pflichtversicherung sei eine gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung zusätzliche Absicherung aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften.

6.2. Aufwendungen für eine private Altersvorsorge

Da die Aufwendungen des sich in Ausbildung befindlichen Kindes für eine Kapitallebensversicherung, eine Berufsunfähigkeitsversicherung sowie eine Krankenzusatzversicherung nicht zwingend notwendig sind, sind die Beträge bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht zu berücksichtigen (FG Nürnberg Urteil vom 18.12.2006, VI 305/2006, EFG 2007, 13, Rev. eingelegt, Az. BFH: III R 4/07). Mit Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07, BStBl II 2008, 738) hat der BFH die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag überschreiten, sind die Einkünfte weder um die einbehaltene LSt und KiSt noch um die Beiträge zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung oder einer Kfz-Haftpflichtversicherung zu kürzen. Beiträge für eine private Rentenversicherung mindern die Einkünfte jedenfalls dann nicht, wenn sich das Kind in Ausbildung befindet und in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist.

6.3. Gezahlte Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag

Bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschreiten, sind die Einkünfte weder um die vom Arbeitslohn einbehaltene LSt noch um die einbehaltene KapESt zu mindern. Der Senat hat bereits durch Urteil vom 26.9.2007, III R 4/07 entschieden, dass die vom Arbeitslohn einbehaltene Lohnsteuer bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag übersteigen, nicht von den Einkünften abzuziehen ist. Die Nichtberücksichtigung der Lohnsteuer verstößt – anders als die Nichtberücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge – nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da auch Kinder mit nicht lohnsteuerpflichtigen Einkünften Einkommensteuer zu zahlen haben, wenn ihr zu versteuerndes Einkommen den Grundfreibetrag übersteigt. Die sich aus dem Lohnsteuerabzug möglicherweise ergebenden Liquiditätsnachteile gegenüber Kindern, die Einkommensteuer bezahlen, ohne dass Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt wurden, ist als Typisierung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Zudem wird die Lohnsteuer – anders als die Sozialversicherungsbeiträge – wieder erstattet, wenn das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag nicht übersteigt. Dieselben Grundsätze gelten für die Kapitalertragsteuer, die eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer auf Kapitalerträge ist (vgl. § 43 Abs. 1 EStG). Ebenso wie die Lohnsteuer wird die Kapitalertragsteuer, wenn sich bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ein Überschuss zugunsten des Stpfl. ergibt, erstattet (§ 36 Abs. 4 Satz 2 EStG). Auch besteht die Möglichkeit der Erstattung nach § 44b, § 45b EStG; BFH Urteil vom 20.11.2008, III R 75/07, BFH/NV 2009, 567, LEXinform 0588522).

6.4. Beiträge zu einer Kapitallebensversicherung

Beiträge zu privaten Kapitallebensversicherungen und zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind mit den gesetzlichen Sozialabgaben nicht vergleichbar. Demgemäß sind Beiträge zu derartigen Versicherungen bei Ermittlung des Jahresgrenzbetrages nicht zu berücksichtigen (FG Niedersachsen Urteil vom 15.12.2006, 11 K 401/00, EFG 2006, 1766, Rev. eingelegt, Az. BFH: III R 54/06). Mit Urteil vom 29.5.2008 (III R 54/06, BFH/NV 2008, 1821, LEXinform 0587473) hat der BFH entschieden, dass die Rspr. geklärt ist, dass Beiträge des Kindes zu einer privaten Rentenversicherung bei der Grenzbetragsprüfung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht von dessen Einkünften und/oder Bezügen abzuziehen sind, wenn das Kind gesetzlich rentenversichert ist. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Beschluss vom 6.4.2009, 2 BvR 1874/08, LEXinform 0587429).

6.5. Erbschaft

Bei der für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Grenzbetragsberechnung ist ein ererbter Betrag als zur Bestreitung des Unterhalts bzw. der Ausbildung des Kindes geeigneter Bezug zu berücksichtigen, wenn er nicht zweckgebunden zu anderer Verwendung zugewandt worden ist (FG Düsseldorf Urteil vom 12.1.2006, 14 K 1856/05, EFG 2006, 742, rkr.).

Mit Urteil vom 4.8.2011 (III R 22/10) nimmt der BFH zu der Problematik Stellung, ob die Erbschaft als Bezug i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bei der Grenzbetragsprüfung zu berücksichtigen sei. Hierbei kommt er zu dem Ergebnis, dass die Beteiligung am Nachlass nach einem verstorbenen Elternteil des Kindes nicht zu einem Bezug i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG führt. Seine Entscheidung begründet der BFH vor allem damit, dass Unterhaltsleistungen der Eltern an ihre Kinder (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs 63.4.2.3.1 Abs. 3 Nr. 3, BStBl I 2011, 716) ebensowenig einzubeziehen seien wie freiwillige, über die gesetzliche Unterhaltspflicht hinausgehende Leistungen eines Elternteils. Sie beeinflussen die Kindergeldberechtigung des anderen Elternteils nicht. Ein Zufluss von Vermögenswerten, der bei einem Kind dadurch eintritt, dass er einen Elternteil beerbt, ist für Zwecke der Freibetragsgewährung nach § 32 Abs. 6 EStG und des Kindergeldes nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 EStG ebenso außer Betracht zu lassen wie Schenkungen seitens der Eltern zu deren Lebzeiten. Auch im Erbfall nach einem Elternteil liegt kein Zufluss von dritter Seite vor.

6.6. Vermögenswirksame Leistungen

Die geltend gemachten Beträge sind ungeachtet der gesetzlichen Sperrfrist für deren Auszahlung zu berücksichtigen (FG Düsseldorf Urteil vom 31.7.2008, 14 K 1515/07 Kg, LEXinform 5007686, Rev. eingelegt, Az. BFH: III R 73/08).

Mit Urteilen vom 22.9.2011 (III R 23/09, BStBl II 2012, 594 und III R 57/09, BFH/NV 2012, 562) hat der BFH entschieden, dass vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mindernd zu berücksichtigen sind, da keine gesetzliche Verpflichtung zum vermögenswirksamen Sparen besteht und im Übrigen keine der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechende existenzielle Absicherung erforderlich ist. Die Beträge fließen aufgrund einer freiwilligen Entscheidung zum vermögenswirksamen Sparen zu. Insoweit bestünde keine Vergleichbarkeit zu abziehbaren Versicherungsbeiträgen. Arbeitsrechtlich sind die vermögenswirksamen Leistungen Bestandteil des Lohns oder Gehalts und gehören deshalb steuerrechtlich zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Übrigen sei es möglich, den Sparvertrag zu kündigen und die vermögenswirksamen Leistungen einschließlich der Arbeitgeberbeiträge für den Unterhalt und die Berufsausbildung des Einkünfte erzielenden Kindes zu verwenden.

6.7. Ansparabschreibung gem. § 7g EStG

Eine in der Einnahme-Überschussrechnung eines berücksichtigungsfähigen Kindes als Betriebsausgabe abgezogene Ansparrücklage stellt keinen bei der Ermittlung der schädlichen Einkommensgrenze hinzuzurechnenden Bezug dar, da sie nach ihrem Zweck nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts oder der Berufsausbildung des Kindes herangezogen werden kann. Die Ansparrücklage nach § 7g EStG kann nicht mit einer Sonderabschreibung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 4 EStG gleichgesetzt werden (FG Düsseldorf Urteil vom 12.1.2006, 14 K 2060/05, EFG 2006, 818, Rev. eingelegt, Az. BFH: III R 8/06). Mit Urteil vom 28.5.2009 (III R 8/06, BFH/NV 2009, 1524, LEXinform 0587170) hat der BFH das Urteil des FG Düsseldorf vom 12.1.2006 wie folgt bestätigt:

Bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes ist eine vom Kind gebildete Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG 2002, die es gem. § 7g Abs. 6 EStG 2002 bei seinen gewerblichen Einkünften als Betriebsausgaben abgezogen hat, nicht entsprechend § 32 Abs. 4 Satz 4 EStG 2002 als Bezug anzusetzen.

6.8. Verlustabzug nach § 10d EStG

Bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge ist der Einkünftebegriff des § 2 Abs. 2 EStG maßgebend. Der Verlustabzug nach § 10d EStG ist nicht zu berücksichtigen, da er nicht die Ermittlung der Einkünfte betrifft, sondern durch ihn nur die erzielten – positiven – Einkünfte des Veranlagungsjahres unter Durchbrechung der Abschnittsbesteuerung von der Besteuerung ausgenommen werden. An dieser Auslegung hat sich durch die Entscheidung des BVerfG zur Minderung der Einkünfte des Kindes durch die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen nichts geändert (BFH Beschluss vom 31.3.2008, III B 90/06, BFH/NV 2008, 1318, LEXinform 5904424).

Bewusst herbeigeführte Verluste eines Kindes aus der Beteiligung an einer Verlustzuweisungsgesellschaft führen allerdings zu einer Minderung der Einkünfte; vgl. BFH vom 18.5.2006, III R 1/06: Der Begriff der »Einkünfte« in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG. Er ist nicht als »zu versteuerndes Einkommen« i.S.d. § 2 Abs. 5 EStG oder als »Einkommen« i.S.d. § 2 Abs. 4 EStG zu verstehen. Negative Einkünfte sind grundsätzlich mit positiven Einkünften zu verrechnen und mindern darüber hinaus auch die anrechenbaren Bezüge. Allerdings gelten die gesetzlichen Beschränkungen des Verlustausgleichs (z.B. § 2a, § 15 Abs. 4, § 15a EStG) bei einer Einkunftsart auch im Kindergeldrecht. Da der Begriff der Einkünfte in § 2 Abs. 2 EStG eindeutig definiert ist und der Gesetzgeber die Gewährung des Kindergelds von der Höhe der »Einkünfte« des Kindes abhängig gemacht hat, sollten alle Einkünfte des Kindes i.S.d. § 2 Abs. 1, 2 EStG und damit auch dessen negative Einkünfte zu berücksichtigen sein. Deshalb ist § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass bewusst herbeigeführte Verluste durch eine Beteiligung als Kommanditist an einer Publikumsgesellschaft nicht mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden können.

6.9. Praxisgebühr

Mit Urteil vom 5.7.2012 (VI R 99/10) hat der BFH entschieden, dass Zuzahlungen, die das versicherte Kind nach dem SGB V zu leisten hat, nicht in die Bemessungsgrundlage für den Jahresgrenzbetrag einzubeziehen sind. Dabei stellt der BFH klar, dass die Einkünfte und Bezüge nicht um außergewöhnliche Belastungen zu vermindern sind. Eine generelle Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes kommt daher nicht in Betracht. Dies gilt vor allem für Krankheitskosten. Allerdings sind jedoch Einkünfte des Kindes nicht in die Bemessungsgrundlage für den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen, soweit sie durch unvermeidbare (zwangsläufige) Aufwendungen gebunden sind. Soweit sich Versicherte an bestimmten Leistungen zur Krankenbehandlung durch Zuzahlungen beteiligen müssen (s. § 61 SGB V u.a. i.V.m. § 28 Abs. 4 SGB V – sog. Praxisgebühr), ermöglichen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung allein nicht die notwendige Mindestvorsorge für den Krankheitsfall. Unvermeidbar i.S.d. genannten Rspr. sind in diesem Fall somit auch die vom Kind zu entrichtenden Zuzahlungen.

7. Zusammenfassung und Übersicht über die Einkünfte und Bezüge

Einkünfte,

Bezüge,

die zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt und geeignet sind

Alle Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG

  • bei Gewinneinkünften: Gewinn

  • bei Überschusseinkünften: Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten

Alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden, z.B.

  • steuerfreie Einnahmen

  • pauschal versteuerter Arbeitslohn

  • steuerfreie Gewinne nach den §§ 14, 16 Abs. 4, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 3 EStG

  • Besonderheit: nicht Versorgungsfreibetrag sowie der Zuschlag dazu (§ 19 Abs. 2 EStG); Höchstbeträge beachten

  • der Versorgungsfreibetrag sowie der Zuschlag

  • nicht Sparerfreibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG) 1 370 € bzw. 2 740 € (ab 2007 750 € bzw. 1 500 €)

  • ab 2009 nicht Sparerpauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG)

  • der Sparerfreibetrag bis Kj. 2008

  • bei Renten Ertragsanteil

  • der den Ertragsanteil übersteigende Teil der Rente

  • einmalige Bezüge, sofern diese nicht von den unterhaltspflichtigen Eltern stammen

  • Sonderabschreibungen und erhöhte Abschreibungen, soweit sie die höchstmöglichen AfA-Beträge nach § 7 EStG übersteigen (§ 32 Abs. 4 Satz 4 EStG)

  • Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung; Unfallrenten werden bei der Berücksichtigung eines volljährigen Kindes als Bezug angerechnet (§ 32 EStG). Entstehen dem Kind als Folge eines Unfalls Aufwendungen zur Heilung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, die von der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erstattet werden, ist die als Bezug anzusetzende Verletztenrente um diese Aufwendungen zu mindern (BFH vom 17.12.2009, Az. III R 74/07).

Abb.: Einkünfte und Bezüge

Nr.

Art der Aufwendungen

Rechtsentscheidung

Minderung der Einkünfte und Bezüge des Kindes

ja

nein

1.

Sozialversicherungsbeiträge

BVerfG vom 11.1.2005 (2 BvR 167/02, DStR 2005, 1027)

x

2.

Beiträge zu einer privaten Unfall-, Lebens-, Renten- und Krankenversicherung

BFH Urteil vom 29.5.2008 (III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664, LEXinform 0587429)

x

3.

Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung

BFH Urteil vom 14.12.2006 (III R 24/06, BStBl II 2007, 570)

x

4.

Beiträge als freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung

BFH Urteil vom 16.11.2006 (III R 74/05, BStBl II 2007, 527)

x

5.

Beiträge zu einer privaten Versicherung für Zahnersatz

BFH Urteil vom 29.5.2008 (III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664, LEXinform 0587429)

x

6.

Beiträge für eine private Rentenversicherung

BFH Urteil vom 29.5.2008 (III R 54/06, BFH/NV 2008, 1821, LEXinform 0587473); BFH Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07, BStBl II 2008, 738) und BFH Urteil vom 29.5.2008 (III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664, LEXinform 0587429)

x

7.

Beiträge für eine private Berufsunfähigkeitsversicherung

BFH Urteil vom 29.5.2008 (III R 54/06, BFH/NV 2008, 1821, LEXinform 0587473)

x

8.

Beiträge für eine private Zusatzkrankenversicherung

BFH Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07, BStBl II 2008, 738)

x

9.

Beiträge für eine Kfz Haftpflichtversicherung

BFH Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07, BStBl II 2008, 738)

x

10.

Lohnsteuer

BFH Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07, BStBl II 2008, 738) und vom 20.11.2008 (III R 75/07, BFH/NV 2009, 567, LEXinform 0588522)

x

11.

Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag

BFH Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07, BStBl II 2008, 738)

x

12.

Arbeitnehmeranteil VBL

BFH Urteil vom 17.6.2010 (III R 59/09) und BFH Urteil vom 17.6.2010 (III R 63/09) und BFH Urteil vom 17.6.2010 (III R 81/09)

x

13.

Aufwendungen des Kindes für das eigene Kind

Anhängiges BFH-Verfahren – III R 48/08 (LEXinform 0179176 → Kindergeld)

Eigene Auffassung: Aufwendungen i.R.d. § 9c EStG (→ Kinderbetreuungskosten)

x

14.

Besondere Ausbildungskosten

DA 63.4.3.1 (DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716)

x

15.

Doppelte Haushaltsführung:

Bezieht das Kind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und liegen die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG vor, sind die Aufwendungen des Kindes hierfür auch bei der Einkünfteermittlung i.R.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen.

BFH Urteil vom 29.5.2008 (III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664, LEXinform 0587429)

x

16.

Aufwendungen des Kindes für seinen Ehepartner

BFH Urteil vom 7.4.2011 (III R 72/07) und BFH Urteil vom 4.8.2011 (III R 48/08)

x

17.

Familienheimfahrten bei Abhol- und Bringfahrten durch die Eltern

BFH Urteil vom 12.11.2009 (VI R 59/07, BFH/NV 2010, 631, LEXinform 0179480 → Drittaufwand)

x

18.

ArbG- und ArbN-Beiträge zu den vermögenswirksamen Leistungen

BFH Urteil vom 22.9.2011 (III R 23/09)

x

19.

Beiträge für eine private Haftpflichtversicherung

BFH Urteil vom 22.9.2011 (III R 23/09)

x

20.

Krankheitskosten

BFH Urteil vom 20.3.2013 (XI R 49/10)

x

21.

Praxisgebühr gem. § 28 Abs. 4 SGB V sowie Zuzahlungen i.S.d. § 61 SGB V

BFH Urteil vom 20.3.2013 (XI R 49/10)

x

Abb.: Übersicht über Aufwendungen des Kindes

8. Besonderheiten zur Berücksichtigung von Zuwendungen als Einkünfte oder Bezüge

8.1. Geldzuwendungen zur Kapitalanlage

Nach dem BFH-Urteil vom 28.1.2004 (VIII R 21/02, BStBl II 2004, 555) sind Geldzuwendungen zur Kapitalanlage nicht anzurechnen. Der in Berufsausbildung befindliche Sohn erhielt von dritter Seite ein Geldgeschenk i.H.v. 10 100 €, das zur langfristigen Kapitalanlage bestimmt war und nach abgeschlossener Ausbildung als Starthilfe in das Berufsleben dienen sollte. Dass laufende oder einmalige Geldzuwendungen von dritter Seite, die den Unterhaltsbedarf des Kindes decken oder die Berufsausbildung sichern und damit die Eltern bei ihren Unterhaltsleistungen entlasten sollen, grundsätzlich zu den Bezügen i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG gehören (so z.B. Halbwaisenrenten) steht der Nichtberücksichtigung des Kindesvermögens im Streitfall – in dem die zugewendeten Geldbeträge zur Kapitalanlage bestimmt waren – nicht entgegen.

Das FG München nimmt in seinem Urteil vom 30.7.2008 (10 K 2984/07) ebenfalls Stellung zu der Problematik, ob eine Geldzuwendung von dritter Seite den Bezügen zuzurechnen ist. Nach Auffassung der Richter sind Geldzuwendungen von – nicht kindergeldberechtigten – Dritten nur dann nicht als Bezüge des volljährigen Kindes im Rahmen der kindergeldrechtlichen Grenzbetragsberechnung zu erfassen, wenn sie vom Zuwendenden für Zwecke der Kapitalanlage bestimmt sind (hier: Geldschenkung der Großmutter von 10 000 € sowie Vermächtnis beim Tod der Großmutter in einem Folgejahr von 25 000 €). Trifft der Zuwendende keine Zweckbestimmung, ist der Schluss gerechtfertigt, dass das zugewendete Geld zumindest in der Höhe, in der die Schenkung den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschreitet, nicht nur zur Kapitalanlage, sondern zumindest auch für Konsumzwecke, d.h. insbesondere auch für Zwecke des Unterhalts und der Berufsausbildung des Kindes, bestimmt ist und folglich bei der Grenzbetragsberechnung berücksichtigt werden muss. Dafür, dass die Geldschenkung nach dem Willen des Zuwendenden zur Kapitalanlage eingesetzt werden soll, trägt der Kindergeldanspruchsberechtigte die Beweislast.

8.2. Versorgungsfreibetrag und Sparerfreibetrag

Der BFH hat mit Urteil vom 26.9.2000 (VI R 85/99, BStBl II 2000, 684) entschieden, dass Einnahmen i.H.d. Versorgungsfreibetrages und des Sparerfreibetrages nicht als kindergeldschädliche Bezüge zu werten sind. Durch das Zweite Gesetz zur Familienförderung vom 16.8.2001 (BGBl I 2001, 2074) wurden diese Beträge ausdrücklich als Bezüge ins Gesetz aufgenommen (§ 32 Abs. 4 Satz 4 EStG). Ab dem Kalenderjahr 2009 fehlt allerdings ein Hinweis auf den Sparerpauschbetrag, der somit seit diesem Zeitpunkt keinen Bezug mehr darstellt.

8.3. Verzicht auf Einkünfte und Bezüge

Die Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG – Verzicht auf Einkünfte und Bezüge – ist dann zu beachten, wenn ein Verzicht auf Einkünfte und Bezüge deshalb erfolgt, um dem Berechtigten den Anspruch auf Kindergeld bzw. die Freibeträge zu erhalten, also andere einleuchtende Gründe für einen solchen Verzicht nicht gegeben sind (BFH Urteil vom 11.3.2003, VIII R 16/02, BStBl II 2003, 746).

Mit rkr. Urteil vom 15.5.2008 (10 K 3926/07, EFG 2008, 1811, LEXinform 5006949) hat das FG Köln entschieden, dass § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG dann Anwendung findet, wenn ein Kind etwaige Ansprüche auf Trennungsunterhalt nicht unverzüglich geltend macht. Einkünfte und Bezüge sind gem. § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG auch dann anzusetzen, wenn das Kind in der Absicht, sich den Kindergeldanspruch zu erhalten, freiwillig Vereinbarungen trifft, die dazu führen, dass ein Anspruch auf Einkünfte und Bezüge nicht geltend gemacht werden kann. Lediglich dann, wenn das Kind Ansprüche auf Einkünfte und Bezüge aus einer Zwangslage heraus nicht geltend macht, findet § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG keine Anwendung.

8.4. Kapitalerträge, die ab dem VZ 2009 der Abgeltungsteuer unterliegen

Nach § 2 Abs. 5b Satz 1 EStG bleiben die Kapitalerträge, die nach § 32d Abs. 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz besteuert wurden oder die der Kapitalertragsteuer mit abgeltender Wirkung nach § 43 Abs. 5 EStG unterlegen haben (→ Einkünfte aus Kapitalvermögen, → Abgeltungsteuer), für Zwecke der ESt bei der Ermittlung der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Einkommen und dem zu versteuernden Einkommen unberücksichtigt. Satz 2 des § 2 Abs. 5b EStG macht hiervon Ausnahmen in den Fällen, in denen der Stpfl. bestimmte steuerliche Vorteile geltend macht, die an die Begriffe in § 2 EStG anknüpfen. Denn für diese Vorteile ist allein die Höhe der Einkünfte oder des Einkommens maßgebend, nicht jedoch die Tatsache, dass ein Teil der Einkünfte einem besonderen Steuersatz unterworfen ist. Die Ausnahmen betreffen

  • die Ermittlung der abzugsfähigen Sonderausgaben für den Spendenabzug nach § 10b Abs. 1 EStG, soweit dies vom Stpfl. beantragt wird,

  • die Berücksichtigungsfähigkeit eines Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG,

  • die Ermittlung der zumutbaren Belastung bei außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Abs. 3 EStG,

  • die Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Unterhalts nach § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG und des Sonderbedarfs nach § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG als außergewöhnliche Belastungen.

Außerdem regelt Satz 2 des § 2 Abs. 5b EStG, dass Kapitalerträge bei den Begriffen des § 2 EStG zu berücksichtigen sind, soweit die besondere Besteuerung von Kapitalerträgen nach § 32d Abs. 2 EStG ausgeschlossen ist oder wenn nach § 32d Abs. 6 EStG die tarifliche ESt auf Antrag des Stpfl. angewendet wird. Insofern unterliegen die Kapitaleinkünfte der tariflichen ESt und sind dementsprechend bei der Einkunftsermittlung zu berücksichtigen.

Beispiel 1:

Die Einnahmen aus Kapitalvermögen im Kj. 2009 betragen:

Kind

Anteilsveräußerung (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG)

2 000 €

sonstige Kapitalerträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG)

3 000 €

Lösung 1:

Kind

stpfl. Einnahmen

2 000 €

sonstige Kapitalerträge

3 000 €

Sparer-Pauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG)

./. 801 €

Einkünfte i.S.d. § 32d Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 5 EStG

4 199 €

Nach § 2 Abs. 5b Satz 2 EStG ist ein Betrag von 4 199 € den Einkünften hinzuzurechnen. Ein Ansatz des Sparer-Freibetrages als Bezug entfällt ab dem Kj. 2009. Der Sparer-Pauschbetrag ist ab dem Kj. 2009 nicht als Bezug anzusetzen.

9. Zulässiger Höchstbetrag der Einkünfte und Bezüge

9.1. Wohnsitz des Kindes in Deutschland

Die zulässige Höhe der Einkünfte und Bezüge zeigt die nachfolgende Übersicht:

Für Kinder, die

das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben

das 18. Lebensjahr vollendet haben

besteht gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG ein Kindergeldanspruch (Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG) unabhängig von der Höhe der Einkünfte und Bezüge.

besteht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (§ 32 Abs. 4 Nr. 1–3 EStG) nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur dann ein Kindergeldanspruch (Kinderfreibetrag), wenn das Kind Einkünfte und Bezüge von

  • 2002 nicht mehr als 7 188 €,

  • 2004 nicht mehr als 7 680 €,

  • ab 2010 nicht mehr als 8 004 € hat.

Abb.: Zulässige Höhe der Einkünfte und Bezüge

Nach einem Urteil des FG Niedersachsen vom 23.2.2006 (1 K 76/04, EFG 2006, 1592, Rev. eingelegt, Az. BFH: III R 76/06) darf bei einer geringfügigen Überschreitung der Einkommensgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (hier 257,98 €) das Kindergeld nicht übergangslos vollständig versagt werden. Die Regelung ist in einem solchen Fall verfassungskonform durch eine Übergangsregelung zu ergänzen, die die verfassungswidrige Fallbeilwirkung vermeidet und eine gleitende Minderung des Kindergeldes bewirkt. Das Verfahren ist durch Rücknahme der Revision erledigt (LEXinform 0587627).

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde zum »Fallbeileffekt« beim Kindergeld nicht zur Entscheidung angenommen (2 BvR 1874/08). Damit hat das BVerfG keine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG getroffen (Pressemitteilung des BVerfG Nr. 46/2009 vom 29.4.2009, LEXinform 0434017).

Mit Beschluss vom 27.7.2010 (2 BvR 2122/09) hat das BVerfG zum wiederholten Mal die Ausgestaltung des Jahresgrenzbetrags als Freigrenze bestätigt und die Verfassungsmäßigkeit bejaht.

9.2. Wohnsitz des Kindes im Ausland

9.2.1. Allgemeines

Nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG ist der Jahresgrenzbetrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist. Die nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG maßgeblichen Beträge sind auf der Grundlage der Ländergruppeneinteilung zu ermitteln (BMF vom 9.9.2008, BStBl I 2008, 936; H 32.10 [Verhältnisse im Wohnsitzstaat] EStH). Die Ländergruppeneinteilung ab 1.1.2010 enthält das BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 6.11.2009 (LEXinform 5232402).

Nach § 32 Abs. 4 Satz 10 EStG sind nicht auf Euro lautende Beträge entsprechend dem für Ende September des Jahres vor dem Veranlagungszeitraum von der EZB bekannt gegebenen Referenzkurs umzurechnen. Die Referenzkurse der EZB sowie weitere Kurse gem. der Devisenkursstatistik der Deutschen Bundesbank mit Stand Ende September 2009 werden im Schreiben des BZSt vom 15.1.2010 (BStBl I 2010, 44) bekannt gegeben.

Mit Schreiben vom 25.3.2014 (S 2282 A – 27 – St 223), nimmt die OFD Frankfurt Stellung zu den Umrechnungskursen.

9.2.2. Wohnsitz in EU-Staaten

In der vom BMF gefassten Ländergruppeneinteilung (BMF vom 9.9.2008, BStBl I 2008, 936 bzw. ab 1.1.2010, BMF vom 6.11.2009, LEXinform 5232402) sind zwar die EU-Staaten verschiedenen Ländergruppen zugeordnet worden (z.B. Litauen mit 1/2), jedoch ist aufgrund der Höherrangigkeit des EU-Rechts die Ländergruppeneinteilung nicht auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzuwenden. Der Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge ist daher nicht zu kürzen, sondern es ist stets der für Deutschland festgelegte Wert anzusetzen. Erhalten Kinder im Ausland einen Teil ihrer Einkünfte und Bezüge in Form von Sachbezügen, sind die Werte der Sozialversicherungsentgeltverordnung ebenfalls in voller Höhe anzusetzen → Sachbezüge). S. dazu auch H 32.10 [Verhältnisse im Wohnsitzstaat] EStH, DA 63.4.2.3.4 DA-FamEStG (BStBl I 2011, 716).

Eine Anhebung des Grenzbetrags wegen erhöhter Lebenshaltungskosten erfolgt nach dem BFH-Urteil vom 27.9.2012 (III R 13/12, BStBl II 2014, 28) nicht: Erhält ein Kind, das ein Promotionsstudium in Großbritannien durchführt, von der ausländischen Universität ein Stipendium, das zu Einkünften führt, für die das Besteuerungsrecht Großbritannien zusteht, ist bei der Berechnung der nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Einkünfte und Bezüge des Kindes nur der Saldo aus den in Großbritannien erzielten Einnahmen und den damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei den Bezügen anzusetzen. Stehen die Aufwendungen für das Promotionsstudium in keinem Veranlassungszusammenhang mit Einkünften, für die Großbritannien das Besteuerungsrecht zusteht, können sie als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie in einem Veranlassungszusammenhang mit einer künftigen Berufstätigkeit des Kindes im Inland stehen. Stehen die Aufwendungen für das Promotionsstudium weder in einem Veranlassungszusammenhang zu gegenwärtigen noch zu künftigen Einkünften, ist das Stipendium insoweit bei der Bezügeberechnung unberücksichtigt zu lassen, als es für besondere Ausbildungszwecke bestimmt ist. Im Übrigen mindern die Aufwendungen die Einkünfte und Bezüge dann und insoweit, als sie als Werbungskosten zu berücksichtigen wären, wenn sie im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses angefallen wären.

Beispiel 2:

Die polnische Arbeitnehmerin Anna arbeitet 2010 ganzjährig im Krankenhaus von Cottbus. Sie wohnt während der Woche in Cottbus und kehrt am Wochenende zur Familie nach Polen zurück. Anna ist alleinerziehende Mutter der 7-jährigen Tochter Tina, die zu ihrem Haushalt gehört und während ihrer Abwesenheit von der Mutter von Anna betreut wird. Der Vater des Kindes ist verstorben, vergleichbares Kindergeld wurde in Polen nicht gezahlt.

Lösung 2:

Tina kann grundsätzlich nach § 32 Abs. 3 EStG als Kind berücksichtigt werden, somit besteht Anspruch auf Kindergeld bzw. die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG.

Die Kinderfreibeträge für das sächliche Existenzminimum und den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf werden nach § 32 Abs. 6 Satz 2 und Satz 3 Nr.1 EStG i.H.v. 7 008 € berücksichtigt, da der Vater des Kindes verstorben ist (→ Kinderfreibetrag). Nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG muss jedoch nach Ländergruppeneinteilung (BMF vom 9.9.2008, BStBl I 2008, 936) eine Kürzung auf 1/2 vorgenommen werden. In der ESt-Erklärung 2010 können damit 3 504 € an Kinderfreibeträgen berücksichtigt werden. Im Rahmen der Günstigerprüfung des § 31 EStG muss das entsprechende Kindergeld gegengerechnet werden (→ Familienleistungsausgleich).

Anspruch auf Kindergeld besteht seit dem EU-Beitritt im Mai 2004 (§§ 62 Abs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1–3 EStG) i.H.v. 1 848 € (12 × 154 €), ab 2010: i.H.v. 2 208 € (12 × 184 €).

Beispiel 3:

Sachverhalt wie Beispiel 2, jedoch ist Tina bereits 20 Jahre alt. Sie studiert in Stettin und bezieht eigene Einkünfte i.H.v. 5 000 €.

Lösung 3:

Eine Berücksichtigung ist dem Grunde nach möglich (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).

Für das Kindergeld ist der Grenzbetrag von 8 004 € für Kinder in EU-Mitgliedstaaten nicht zu kürzen. Es besteht danach für Tina Anspruch auf Kindergeld für das ganze Jahr 2010.

Kinderfreibeträge werden wie im Beispiel 2 für das ganze Jahr angesetzt, allerdings nach der Ländergruppeneinteilung nur in gekürzter Höhe von 3 504 €. Im Rahmen der Günstigerprüfung muss auch hier wieder der Kindergeldanspruch gegengerechnet werden.

10. Aufteilung der Einkünfte und Bezüge innerhalb und außerhalb des Begünstigungszeitraums

10.1. Aufteilung der Einkünfte und Bezüge

Der Jahresbetrag der Einkünfte und Bezüge ist ggf. auf die Zeiten innerhalb und außerhalb eines Anspruchs- bzw. Begünstigungszeitraums aufzuteilen (R 33a.4 Abs. 2 EStR, DA 63.4.1.2 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716, H 33a.4 [Beispiele] EStH). Die Aufteilung ist wie folgt durchzuführen:

  1. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sonstige Einkünfte i.S.v. § 22 EStG sowie Bezüge nach dem Verhältnis der in den jeweiligen Zeiträumen zugeflossenen Einnahmen. Pauschbeträge nach § 9a EStG und die Kostenpauschale i.H.v. 180 € sind hierbei zeitanteilig anzusetzen und

  2. andere Einkünfte auf jeden Monat des Kj. mit einem Zwölftel des Jahresbetrages; wegen des Zusammenhangs mit den Einkünften aus Kapitalvermögen sind bis einschließlich 2008 auch Bezüge in Höhe des Sparerfreibetrages auf jeden Monat des Kj. mit einem Zwölftel aufzuteilen. Höhere Werbungskosten sind nach dem Verhältnis der Brutto-Einnahmen auf die Zeiten innerhalb und außerhalb des Anspruchszeitraums aufzuteilen.

Der Berechtigte kann jedoch nachweisen, dass eine andere Aufteilung wirtschaftlich gerechtfertigt ist, z.B. wenn bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Tätigkeit erst im Laufe des Jahres aufgenommen wird oder wenn bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in den Monaten, in denen das Kind zu berücksichtigen ist, höhere Werbungskosten angefallen sind als bei verhältnismäßiger Aufteilung darauf entfallen würden. Auch hierbei können Werbungskosten aber nur insoweit abgezogen werden, als sie auf den Zeitraum der besonderen Voraussetzungen entfallen.

10.2. Berücksichtigung der Einkünfte und Bezüge bei Kürzungsmonaten

10.2.1. Überblick und einführendes Beispiel

Die Regelung in § 32 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 EStG im Überblick:

Beispiel 4:

Das Kind vollendet mit Ablauf des 18.6.10 das 18. Lebensjahr. Bis zum 8.8.10 befindet sich das Kind in Berufsausbildung. Danach ist das Kind weiterhin beim selben ArbG beschäftigt. Das Kind bezieht somit im gesamten Kj. 10 Einkünfte und Bezüge.

Lösung 4:

Liegen die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG nur in einem Teil des Kalendermonats vor, sind Einkünfte und Bezüge nur insoweit anzusetzen, als sie auf diesen Teil entfallen (§ 32 Abs. 4 Satz 6 EStG). Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Betrag nach Satz 2 oder Satz 3 um ein Zwölftel (Kürzungsmonate, § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG). Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, bleiben außer Ansatz (§ 32 Abs. 4 Satz 8 EStG). Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Jahresgrenzbetrag um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG). Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG liegen in den Monaten September bis Dezember an keinem Tag vor. Nach § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG bleiben Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kürzungsmonate entfallen, außer Ansatz. Die Einkünfte und Bezüge für August sind nach § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG nur insoweit anzusetzen, als sie auf die Zeit entfallen, in der die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG erfüllt sind.

Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres wird das Kind nach § 32 Abs. 3 EStG berücksichtigt. Von Januar bis einschließlich Juni ist das Kind somit nach § 32 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen. Die Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Zeit entfallen, bleiben unberücksichtigt. Die Monate Januar bis Juni und September bis Dezember sind Kürzungsmonate. Bei einem Jahresgrenzbetrag im Kj. 10 i.H.v. 8 004 € beträgt der Kürzungsbetrag für 10 Monate (8 004 € : 12 Monate × 10 =) 6 670 €. Der anteilige Jahresgrenzbetrag von Juli bis August beträgt somit 1 334 € (s.a. DA 63.4.1.2 Abs. 1 DA-FamEStG, BStBl I I 2011, 716).

10.2.2. Die monatliche Zurechnung der Einkünfte und Bezüge

10.2.2.1. Überblick

Auf welchen Monat Einkünfte und Bezüge entfallen, ist nicht nach dem Zuflusszeitpunkt, sondern nach der wirtschaftlichen Zurechnung zu bestimmen (BFH Urteil vom 1.3.2000, VI R 162/98, BStBl II 2000, 459). Für die zeitanteilige Berechnung der Einkünfte und Bezüge im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG ist nicht entscheidend, in welchem Monat, sondern für welchen Monat innerhalb des Kj. Einnahmen aus dem Berufsausbildungsverhältnis zugeflossen sind.

Nach dem Urteil des BFH vom 10.4.2014 (VI R 64/13, BStBl II 2015, 32) sind Einkünfte und Bezüge eines in Ausbildung stehenden Kindes für den Kalendermonat, in dem das Kind das 25. Lebensjahr vollendet, gem. § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG nur insoweit anzusetzen, als sie auf die Zeit bis zum Erreichen der Altersgrenze entfallen.

10.2.2.2. Laufender Arbeitslohn

Laufender Arbeitslohn ist regelmäßig dem Monat zuzuordnen, für den er gezahlt wird.

10.2.2.3. Sonstige Bezüge

Demgegenüber ist für die im Laufe des Kj. zufließenden sonstigen Bezüge wie Urlaubs-, Weihnachtsgeld, Tantiemen usw. eine Zuordnung zu den Monaten vorzunehmen, auf die sie entfallen.

Die Behandlung der Sonderzuwendungen hat der BFH wie folgt geregelt (DA 63.4.1.2 Abs. 3 Satz 3 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716):

Behandlung der Sonderzuwendungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Tantiemen)

Kind ganzjährig in Berufsausbildung

Kind nicht ganzjährig in Berufsausbildung

Sonderzuwendungen sind zeitanteilig den Monaten zuzuordnen, auf die sie entfallen. Dies gilt auch dann, wenn das Kind im Laufe des Berufsausbildungsjahres volljährig wird (s.a. BFH Urteile vom 9.8.2000, VI R 32/98, BFH/NV 2001, 37 und vom 10.1.2003, VIII B 160/01, BFH/NV 6/2003, 752).

Sonderzuwendungen sind gleichmäßig den Ausbildungsmonaten zuzuordnen, wenn sie während der Berufsausbildung zufließen (auch auf Ausbildungsmonate, die geteilte Monate oder Kürzungsmonate sind); fließen sie dagegen während der Kürzungsmonate zu, sind sie nicht in die Einkünfte/Bezüge-Berechnung einzubeziehen (Zuflussprinzip).

Abb.: Behandlung der Sonderzuwendungen

10.2.2.4. Rentennachzahlungen

Eine Rentennachzahlung (Halbwaisenrente) für das Vorjahr an ein in Ausbildung befindliches Kind ist bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrages mit dem Nachzahlungsbetrag im Jahr des Zuflusses zu berücksichtigen. Der Senat hat bei dieser Beurteilung auch berücksichtigt, dass es sich bei § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG um eine typisierende Regelung handelt, die der Vereinfachung der Rechtsanwendung dienen und in vertretbarem Umfang Verwaltungsmehraufwand vermeiden soll; BFH Urteil vom 16.4.2002, VIII R 76/01, BStBl II 2002, 525. Hier ist die Rechtslage eine andere als bei Einkünften und Bezügen, die während eines Jahres zufließen und für die nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG zu bestimmen ist, auf welchen Monat sie »entfallen«.

10.3. Beispiele zur BFH-Rechtsprechung zur Berechnung der Einkünfte und Bezüge

Die BFH-Rspr. und die gesetzliche Regelung zur Berechnung der Einkünfte und Bezüge werden in den folgenden Beispielen dargestellt.

10.3.1. Absenkung der Altersgrenze

Durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19.7.2006 (BGBl I 2006, 1652) werden Kinder nur noch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (→ Fristen und Termine) berücksichtigt. Der Übergang zur neuen Altersgrenze erfolgt gleitend. Die Übergangsregelung enthält § 52 Abs. 40 EStG. Weitere Einzelheiten zur Berücksichtigung von Kindern nach der Übergangsregelung s. → Kinder.

2006

2007

a.

23. Lebensjahr vollendet oder jünger.

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres

Kind geboren am 1.1.1984: Das Kind vollendet mit Ablauf des 31.12.2005 das 22. Lebensjahr und mit Ablauf des 31.12.2006 das 23. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres

Kind geboren am 2.1.1983: Das Kind vollendet mit Ablauf des 1.1.2006 das 23. Lebensjahr und mit Ablauf des 1.1.2007 das 24. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres

Kinder, die nach dem 1.1.1983 geboren wurden, sind nur noch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres zu berücksichtigen

b.

24. Lebensjahr vollendet

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres

Kind geboren am 1.1.1983: Das Kind vollendet mit Ablauf des 31.12.2005 das 23. Lebensjahr und mit Ablauf des 31.12.2006 das 24. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres

Kind geboren am 2.11.1982: Das Kind vollendet mit Ablauf des 1.11.2006 das 24. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres

Kinder, die nach dem 1.1.1982 und vor dem 2.1.1983 geboren wurden, sind bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres zu berücksichtigen

c.

25. oder 26. Lebensjahr vollendet

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

Kind geboren am 1.1.1982: Das Kind vollendet mit Ablauf des 31.12.2005 das 24.Lebensjahr und mit Ablauf des 31.12.2006 das 25. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

Kind geboren am 2.11.1981: Das Kind vollendet mit Ablauf des 1.11.2006 das 25. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

Kind geboren am 1.1.1981: Das Kind vollendet mit Ablauf des 31.12.2005 das 25. Lebensjahr und mit Ablauf des 31.12.2006 das 26. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

Kind geboren am 2.11.1980: Das Kind vollendet mit Ablauf des 1.11.2006 das 26. Lebensjahr

Berücksichtigung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

d.

Kind geboren am 1.1.1980: Das Kind vollendet mit Ablauf des 31.12.2005 das 26. Lebensjahr und mit Ablauf des 31.12.2006 das 27. Lebensjahr

Das Kind kann nicht mehr berücksichtigt werden.

Kind geboren am 2.11.1979: das Kind vollendet mit Ablauf des 1.11.2006 das 27. Lebensjahr. Das Kind kann ab 1.12.2006 nicht mehr berücksichtigt werden

Kinder, die vor dem 2.1.1982 und bis zum 2.1.1980 geboren wurden, können im Kj. 2007 noch berücksichtigt werden. Das Kind, das am 2.1.1980 geboren wurde, vollendet mit Ablauf des 1.1.2007 das 27. Lebensjahr und kann im Januar 2007 noch berücksichtigt werden

Abb.: Berücksichtigung von Kindern ab dem Kalenderjahr 2007

Gegen die Absenkung der Altersgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG durch das StÄndG 2007 und die dazu getroffene Übergangsregelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Herabsetzung der Altersgrenze ist unerheblich, ob die sich daraus ergebenden Folgen für die Beamtenbesoldung und Beamtenbeihilfe ebenfalls verfassungsgemäß sind (vgl. BFH Urteile vom 11.4.2013, III R 68/09 sowie III R 83/09).

10.3.2. Ermittlung der Kürzungsmonate und Zurechnung von Sonderzuwendungen

Beispiel 5:

Die Tochter T, geboren 1991, beendet am 11.7.10 ihre Berufsausbildung. T erhält folgenden Arbeitslohn:

während der Ausbildung: Januar bis Juni

3 874 €

im Mai: Urlaubsgeld

266 €

im Juli

430 €

nach der Ausbildung: im Juli

1 055 €

August bis Dezember je

1 790 €

im Dezember Weihnachtsgeld

1 008 €

Lösung 5:

Der BFH hat mit Urteil vom 12.4.2000 (VI R 34/99, BStBl II 2000, 464) wie folgt entschieden:

Die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG liegen nicht an allen Tagen des Monats Juli vor. Die zulässigen Einkünfte und Bezüge betragen im Kj. 10 8 004 € (→ Kinder). Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich dieser Betrag um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG). Der Monat, in dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind nicht im gesamten Monat vorgelegen haben, gehört nicht zu den Kürzungsmonaten. Kürzungsmonate sind somit die Monate August bis Dezember. Der Kürzungsbetrag beträgt (8 004 € : 12 × 5 =) 3 335 €. Der anteilige Jahresgrenzbetrag beträgt somit 4 669 € (Januar bis Juli 10). Die Monate August bis Dezember gehören zu den Kürzungsmonaten, weil Berufsausbildung in diesen Monaten nicht stattfindet. Nach § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG bleiben Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kürzungsmonate entfallen, außer Ansatz, bzw. nur die Einnahmen Januar bis 11.7.10 gehen in die Berechnung ein (§ 32 Abs. 4 Satz 6 EStG). In diese Zeit entfällt die

Ausbildungsvergütung

3 874 €

das Urlaubsgeld

266 €

und die Ausbildungsvergütung im Juli

430 €

insgesamt

4 570 €

Für Sonderzuwendungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) gilt folgende Besonderheit:

Sonderzuwendungen, die während der Berufsausbildung zufließen, beruhen auf dem Berufsausbildungsverhältnis. Sie sind deshalb allen Ausbildungsmonaten zeitanteilig zuzuordnen. Das im Mai 10 ausgezahlte Urlaubsgeld ist deshalb in voller Höhe in die Berechnung einzubeziehen. Fließt eine Sonderzuwendung demgegenüber während der Kürzungsmonate zu (Weihnachtsgeld im Dezember 10), handelt es sich nicht um eine Sonderzuwendung aus dem Berufsausbildungsverhältnis. Deshalb kommt eine anteilige Zuordnung zu den Ausbildungsmonaten nicht in Betracht.

Der Betrag von

4 570 €

ist um die Werbungskosten zu kürzen. Werden für den Jahresabschnitt der Berufsausbildung keine höheren Werbungskosten geltend gemacht, ist der auf diese Monate entfallende zeitanteilige ArbN-Pauschbetrag anzusetzen:

920 € : 360 × 191 (s.u.) =

./. 488 €

Einkünfte und Bezüge Januar bis 11.7.:

4 082 €

Für die Monate Januar bis Juli besteht ein Kindergeldanspruch, da der Grenzbetrag von 4 669 € nicht überschritten ist.

10.3.3. Zeitanteilige Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages

Erzielt ein Kind nicht ganzjährig Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und ist das Kind auch nur für einen Teil des Jahres nach § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen, dann ist der ArbN-Pauschbetrag im Rahmen der Berechnung des Grenzbetrages gem. § 32 Abs. 4 EStG zeitanteilig auf die Monate zu verteilen, in denen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt werden (BFH Urteil vom 1.7.2003, VIII R 96/02, BStBl II 2003, 759). Erzielt z.B. das Kind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von Januar bis Mai und von August bis Dezember (zehn Monate) und ist das Kind von Juni an (sieben Monate) gem. § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen, so ist der ArbN-Pauschbetrag mit 5/10 anzusetzen, weil das Kind insgesamt nur während zehn Monaten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt hat und auf den Berücksichtigungszeitraum fünf Monate entfallen.

Bei einer tageweisen Zuordnung ist für jeden Tag 1/30 des Monatsbetrages bzw. 1/360 des Jahresbetrages anzusetzen (DA 63.4.1.2. Abs. 4 Satz 3 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716).

10.3.4. Wechsel zur Volljährigkeit während der Berufsausbildung

Beispiel 6:

Die Tochter T vollendet am 15.4.10 ihr 18. Lebensjahr. Bis zum 19.12.10 befindet sie sich in Berufsausbildung. Ab 20.12.10 wird sie von ihrem Ausbildungsbetrieb als Angestellte übernommen. T erhält folgenden Arbeitslohn:

Januar bis April

2 086 €

Mai bis November

3 708 €

im Juli Urlaubsgeld

256 €

im November Weihnachtsgeld

373 €

Ausbildungsvergütung bis 19.12.10

336 €

Arbeitslohn ab 20.12.10

512 €

Lösung 6:

Der BFH hat mit Urteil vom 12.4.2000 (VI R 135/99, BStBl II 2000, 466) wie folgt entschieden:

Minderjährige Kinder werden nach § 32 Abs. 3 EStG berücksichtigt, während volljährige Kinder allein nach § 32 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden. Die zulässigen Einkünfte und Bezüge betragen im Kj. 10 8 004 € (→ Kinder). Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich dieser Betrag um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG). Die Monate Januar bis April 10 gehören zu den Kürzungsmonaten i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG, weil das Kindergeld für diese Monate bereits nach § 32 Abs. 3 EStG gewährt wird. Der letzte Ausbildungsmonat gehört nicht zu den Kürzungsmonaten, weil die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG während eines Teils des Kalendermonats vorgelegen haben (s.o. Beispiel 1, § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG). Der Kürzungsbetrag beträgt somit (8 004 € : 12 × 4 = 2 668 €). Der Jahresgrenzbetrag für die Monate Mai bis Dezember 10 beträgt demnach 5 336 €. Nach § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG gehen nur die auf diesen Jahresabschnitt entfallenden Einnahmen in die Berechnung ein. Dazu gehören nach § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG die laufenden Lohnzahlungen Mai bis November i.H.v. 3 708 € sowie nach § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG die Ausbildungsvergütung im Dezember i.H.v. 336 €.

Bei den Sonderzuwendungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) handelt es sich um solche aus dem Berufsausbildungsverhältnis, weil sie im Jahresabschnitt der Berufsausbildung zugeflossen sind (s.o. Beispiel 1). Sie sind in voller Höhe allen Monaten der Berufsausbildung (Januar bis Dezember) zuzuordnen (auch auf Ausbildungsmonate, die geteilte Monate oder Kürzungsmonate sind). Die Sonderzuwendungen betragen insgesamt 629 €, monatlich somit 52,42 €. Da die Monate Januar bis April zwar zum Jahresabschnitt der Berufsausbildung gehören, aber gleichwohl Kürzungsmonate sind, entfallen von den Sonderzuwendungen darauf 52,42 € × 4 Monate = 209,66 €.

Auf die Monate Mai bis November entfallen 52,42 € × 7 Monate = 366,94 €. Im Dezember ist die Sonderzuwendung nur insoweit anzusetzen, als sie auf den Teil der Berufsausbildung entfällt (§ 32 Abs. 4 Satz 6 EStG): 52,42 € : 30 Tage × 19 Tage = 33,20 €. Die anzurechnenden Einnahmen betragen:

Ausbildungsvergütung Mai bis November

3 708,00 €

Ausbildungsvergütung im Dezember

336,00 €

Sonderzuwendung Mai bis November

366,94 €

anteilige Sonderzuwendung im Dezember

33,20 €

insgesamt

4 444,14 €

abzgl. anteiliger ArbN-Pauschbetrag 920 € : 12 Monate = 76,66 €/Monat. für Mai bis November somit

./. 536,66 €

für Dezember: 76,66 € : 30 Tage × 19 Tage =

./. 48,55 €

Einkünfte

3 858,93 €

Die Einkünfte überschreiten nicht den anteiligen Jahresgrenzbetrag von 5 336 €. Das Kind wird im gesamten Kj. 10 berücksichtigt.

Beispiel 7:

Die Tochter T hatte am 18.6.10 ihren 18. Geburtstag. T befand sich während des gesamten Jahres 10 in Berufsausbildung. Sie bezog eine Ausbildungsvergütung ab 1.1.10 von 550 € und ab 1.9.10 von 580 €. Das 13. Monatsgehalt sowie Urlaubsgeld betrugen zusammen 660 €.

Lösung 7:

Der BFH hat mit Urteil vom 1.3.2000 (VI R 162/98, BStBl II 2000, 459) wie folgt entschieden (s.a. BFH Urteil vom 11.12.2001, VI R 108/99, BFH/NV 2002, 486, LEXinform 0592418):

Der Kindergeldanspruch für die Monate Januar bis Juni 10 beruht auf § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG. Danach besteht ein Kindergeldanspruch für jeden Monat, zu dessen Beginn das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Der Kindergeldanspruch für die Monate Juli bis Dezember 10 beruht auf § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Danach besteht ein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Die Volljährigkeit ist Tatbestandsmerkmal des § 32 Abs. 4 EStG. Danach wird ein Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres unabhängig von seinen Einkünften und Bezügen berücksichtigt. Erst die mit der Vollendung des 18. Lebensjahres verbundene Statusänderung führt zur Anwendung des § 32 Abs. 4 EStG und damit dazu, dass Einkünfte und Bezüge des Kindes zu berücksichtigen sind. Zu den Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG gehört auch die Vollendung des 18. Lebensjahres. Der Jahresgrenzbetrag von 8 004 € ist somit entsprechend der Anzahl der Monate zu kürzen, in denen die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG an keinem Tag vorgelegen haben. Die danach auf die Kürzungsmonate Januar bis Juni entfallenden Einkünfte und Bezüge der T bleiben außer Ansatz. Der anteilige Kürzungsbetrag für die Monate Januar bis Juni beträgt (8 004 € : 12 × 6 =) 4 002 €. Es ist deshalb nicht der gesamte, sondern nur der anteilige Jahresbetrag maßgebend (§ 32 Abs. 4 Satz 8 EStG). Dieser beträgt 4 002 € (Juli bis Dezember).

Auf diesen Zeitraum »entfallen« i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG die laufenden Lohnzahlungen

Juli, August: 2 × 550 € =

1 100 €

September bis Dezember: 4 × 580 € =

2 320 €

Urlaubs- und Weihnachtsgeld: 660 € : 12 Monate × 6 Monate (Juli bis Dezember)

330 €

insgesamt

3 750 €

Davon ist der anteilige ArbN-Pauschbetrag abzuziehen. Danach ergibt sich folgender ArbN-Pauschbetrag:

920 € : 12 Monat × 6 Monate =

./. 460 €

anteilige Einkünfte und Bezüge

3 290 €

Die Einkünfte überschreiten nicht den anteiligen Jahresgrenzbetrag von 4 002 €. Das Kind wird im gesamtem Kj. 04 berücksichtigt.

10.3.5. Erneute Berufsausbildung, Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Berücksichtigung von BAföG

Beispiel 8:

Sohn S, 25 Jahre, hat als gelernter Bauzeichner Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Fertigung von Bauzeichnungen. Ab Februar 10 besucht S die Fachschule für Bautechnik und befindet sich daher erneut in Berufsausbildung. An Fahrkosten sind im dafür 115 € entstanden.

S hat folgende Einkünfte und Bezüge:

Ab Februar 10 wird unter Vorbehalt ein monatliches BAföG (Zuschuss) i.H.v. 200 € gewährt.

200 € × 11 Monate =

2 200 €

Im März 11 wird das BAföG für Februar bis September 10 abgelehnt und ab Oktober 10 ein monatlicher Zuschuss von 285 € bewilligt. Der überzahlte Betrag für das Kj. 10 i.H.v. (2 200 € ./. 855 € =) 1 345 € wird im April 11 zurückgefordert.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb setzen sich wie folgt zusammen (Einnahme-Überschussrechnung):

Betriebseinnahmen Januar bis Dezember 10

9 621 €

darin enthalten im Januar zugeflossene Betriebseinnahmen für Bauzeichnungen, welche im Dezember 09 und im Januar 10 gefertigt worden sind

2 761 €

In den verbleibenden Betriebseinnahmen i.H.v.

6 860 €

ist die ausgewiesene USt enthalten. Im März 12 ergeht ein USt-Bescheid für das Kj. 10 mit einer Zahllast i.H.v. 598 €.

Die Betriebsausgaben betragen

2 613 €

Lösung 8:

Der BFH hat mit Urteil vom 11.12.2001 (VI R 5/00, BStBl II 2002, 205) wie folgt entschieden:

Berücksichtigungszeitraum sind die Monate Februar bis Dezember 10. Der Januar 10 ist nicht schon wegen der Anmeldung bei der Fachschule nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c EStG einzubeziehen, weil S vor Aufnahme seiner Ausbildung einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen ist (→ Kinder). Der Januar ist gem. § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG ein Kürzungsmonat. Die maßgebliche Einkunftsgrenze beträgt somit (8 004 € × 11/12 =) 7 337 €. In den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG gehen nur Einkünfte und Bezüge ein, die das Kind im Kj. »hat«. Zu- und Abflüsse anderer Jahre als des zu beurteilenden Kj. bleiben außer Betracht. Einkünfte und Bezüge, die auf Kürzungsmonate entfallen, bleiben nach § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG außer Ansatz. Auf welche Monate Einkünfte und Bezüge »entfallen«, ist innerhalb des Kj. nicht nach dem Zuflusszeitpunkt, sondern nach der wirtschaftlichen Zurechnung zu bestimmen.

Die von S im Januar 10 erzielten gewerblichen Einkünfte sind nicht für Leistungen in den Begünstigungsmonaten ab Februar 10 erwirtschaftet worden; dementsprechend entfallen sie auch nicht auf diese Zeiträume. Die gesamten Betriebseinnahmen betragen

9 621 €

Darauf entfallen auf Januar

2 761 €

Diese Betriebseinnahmen sind um geschätzte zeitanteilige Betriebsausgaben i.H.v. (1/12 von 2 613 € =)

./. 217 €

zu kürzen. Von den gewerblichen Einkünften entfallen auf den Januar somit

2 544 €

Kürzung für Januar

./. 2 544 €

gewerbliche Einnahmen Februar bis Dezember

7 077 €

abzgl. anteilige Betriebsausgaben Februar bis Dezember

./. 2 396 €

gewerbliche Einkünfte

4 681 €

Eine Kürzung um die im Kj. 11 festgesetzte USt ist nicht möglich, weil nach der insofern maßgebenden steuerrechtlichen Einkünfteermittlung nur tatsächlich verausgabte USt Betriebsausgaben darstellt, während vereinnahmte USt als Betriebseinnahme zu erfassen ist.

Die zugeflossenen BAföG-Leistungen

2 200 €

sind ungeachtet späterer Rückforderungen bei den Bezügen anzusetzen und lediglich um die Kostenpauschale

./. 180 €

zu kürzen. Die Einkünfte und Bezüge betragen insgesamt

6 701 €

Die Summe der Einkünfte und Bezüge ist nach § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG um ausbildungsbedingte Mehraufwendungen zu kürzen

./. 115 €

maßgebliche Einkünfte und Bezüge

6 586 €

Die zulässige Einkunftsgrenze von

7 337 €

ist nicht überschritten.

Die Rückzahlung von BAföG-Leistungen ist im Jahr der Rückzahlung als negative Einnahme bzw. als Werbungskosten im Rahmen der Ermittlung des Grenzbetrages in Ansatz zu bringen (FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 17.6.2002, 5 K 2048/00, EFG 2002, 1181, LEXinform 0574981, rkr.).

Erhält ein dem Grunde nach für das Kindergeld zu berücksichtigendes Kind, das gleichzeitig einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht und seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, eine USt-Erstattung, so gehört diese zu den Betriebseinnahmen und erhöht damit den Gewinn des Kindes (BFH Urteil vom 25.5.2004, VIII R 66/99, BFH/NV 2005, 24).

Geht das Kind in dem Zeitraum, in dem es die gesetzlichen Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestands i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG erfüllt, einer Erwerbstätigkeit nach und übersteigen seine gesamten Einkünfte und Bezüge den (anteiligen) Jahresgrenzbetrag nicht, besteht ein Anspruch auf Kindergeld unabhängig davon, ob es sich bei der Erwerbstätigkeit um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handelt (BFH Urteil vom 16.11.2006, III R 15/06, BStBl II 2008, 56 und Schreiben des BZSt vom 4.7.2008, BStBl I 2008, 716, LEXinform 5231527). Weitere Erläuterungen s. → Kinder.

10.3.6. Duale Studiengänge

Zur steuerlichen Behandlung der Studienbeihilfe für Absolventen dualer Studiengänge im Rahmen der Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nimmt das BfF-Schreiben vom 28.7.2004 (BStBl I 2004, 612) Stellung.

Für die Zeit der Ausbildung erhält der Studierende ein Entgelt, das im Einzelnen unterschiedlich bezeichnet wird, z.B. als Ausbildungshilfe, Ausbildungsdarlehen, Studienbeihilfe etc. Die Entgeltzahlung besteht aus einem Grundbetrag und einem weiteren ggf. variablen Teilbetrag, der tatsächliche, im Zusammenhang mit der Ausbildung entstehende Aufwendungen ersetzt. Weiterhin enthalten diese Ausbildungsverträge eine Regelung, die mit den Studierenden Rückzahlungsvereinbarungen über Teile der ausgezahlten Leistungen trifft. Danach werden zum Beispiel Rückzahlungen fällig, wenn der Studierende nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung das Beschäftigungsangebot des leistenden Unternehmens bzw. des leistenden öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers ausschlägt oder innerhalb einer gesetzten Frist nach Antritt eines Beschäftigungsverhältnisses das Unternehmen bzw. den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber verlässt.

Es ist davon auszugehen, dass zwischen den Vertragspartnern des Ausbildungsvertrages für den dualen Studiengang ein Dienstverhältnis besteht. Unabhängig von der Benennung des vereinbarten Grundbetrages liegt insoweit Arbeitslohn i.S.d. § 19 EStG vor. Der als Kostenersatz geleistete Teil der Vergütung kann unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 3 Nr. 13, 16 EStG steuerfrei sein. Er zählt nicht zu den Bezügen i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, ist jedoch von den geltend gemachten Werbungskosten abzusetzen, sofern Aufwendungen geltend gemacht werden, die den ArbN-Pauschbetrag nach § 9a Nr. 1 EStG übersteigen. Die eventuelle Rückzahlung von Teilen der Vergütung durch den Studierenden wirkt sich erst im Zeitpunkt ihres Abflusses aus, soweit er im Monat des Abflusses steuerrechtlich noch als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG zu berücksichtigen ist.

10.3.7. Zu Unrecht ausbezahlter Arbeitslohn als Bezug

Zu Unrecht ausbezahlter Arbeitslohn gehört auch dann zu den Einkünften oder Bezügen des Kindes im Jahr der Auszahlung, wenn der überzahlte Betrag im nächsten Jahr vom ArbG zurückgefordert wird. Das Behaltendürfen ist kein Merkmal einer Einnahme. Diese bestimmt sich ausschließlich danach, ob sie zu einer – wenn auch nur vorübergehenden – Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Stpfl. führt. Das entspricht bei den Überschusseinkünften ständiger Rspr.; BFH vom 22.5.2002, VIII R 74/99, BFH/NV 2002, 1430. Nach Auffassung des BFH gehört der überzahlte Betrag zu den Bezügen. Dadurch kann zusätzlich die Kostenpauschale i.H.v. 180 € geltend gemacht werden.

10.3.8. Keine Berücksichtigung von Verlustrück- und -vorträgen

Beispiel 9:

Tochter T befindet sich im gesamten Kj. 10 in Berufsausbildung und erzielt folgende Einkünfte:

aus Vermietung und Verpachtung

7 987 €

aus nichtselbstständiger Arbeit

4 602 €

insgesamt

12 589 €

Der Verlustvortrag aus Vermietung und Verpachtung aus dem Kj. 09 beträgt wegen größerer Erhaltungsaufwendungen 8 375 €.

Lösung 9:

Der BFH hat mit Urteil vom 24.8.2001 (VI R 169/00, BStBl II 2002, 250) wie folgt entschieden:

Der bei der Veranlagung für das Kj. 10 nach § 10d Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Verlustvortrag aus Vermietung und Verpachtung ist bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu berücksichtigen. Diese Einkünfte sind nicht i.S.d. Einkommens oder des zu versteuernden Einkommens zu verstehen (s.a. BFH Beschluss vom 31.3.2008, III B 90/06, BFH/NV 2008, 1318, LEXinform 5904424).

10.3.9. Die Berücksichtigung des Entlassungsgeldes eines Zivildienstleistenden bzw. Wehrpflichtigen

Da Wehr- und Zivildienst leistende Kinder im Katalog des § 32 Abs. 4 EStG nicht aufgeführt werden und Eltern deshalb für sie keinen Kinderfreibetrag und kein Kindergeld erhalten (Beschluss BVerfG vom 29.3.2004, 2 BvR 1670/01, 2 BvR 1340/03, DStZ 2004, 458; BFH Beschluss vom 4.7.2001, VI B 176/00, BStBl II 2001, 675), können die den Eltern für Unterhaltsleistungen entstehenden Aufwendungen gem. § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (BFH Urteil vom 31.7.1981, VI R 67/78, BStBl II 1981, 805). Der Abzugsbetrag des § 33a Abs. 1 EStG wird durch Einkünfte und Bezüge des Kindes gemindert. Die Einkünfte und Bezüge des Kindes sind exakt dem jeweiligen Zeitraum der Begünstigung und der Nichtbegünstigung zuzurechnen. Zur Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen an einen Wehrpflichtigen nimmt der BFH mit Beschluss vom 16.6.2006 (III B 43/05, BFH/NV 2006, 2056) Stellung. Nach der bisherigen Rspr. des BFH gehören der – gem. § 3 Nr. 5 EStG steuerfreie – Wehrsold, das Weihnachts- und Entlassungsgeld sowie der Sachbezugswert von Gemeinschaftsunterkunft und -Verpflegung bei Wehrpflichtigen zu den Bezügen. Das einem Zivildienstleistenden (Wehpflichtigen) gezahlte Entlassungsgeld entfällt auf die Zeit nach Beendigung des Zivildienstes. Es gehört zu den Bezügen i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und ist in voller Höhe im Jahr des Zuflusses zu erfassen. Es ist um die auf die Ausbildungsmonate entfallende anteilige Kostenpauschale von 180 € zu mindern. Sozialversicherungsbeiträge sind nicht abzuziehen (BFH Urteile vom 29.1.2003, VIII R 71/01 und 85/01, BFH/NV 2003, 907).

Beispiel 10:

Sohn S leistet bis 31.7.10 seinen Zivildienst. Im Juli erhält er ein Entlassungsgeld von 780 € ausgezahlt. Seit dem 1.8.10 absolviert er eine Lehre zum Bankkaufmann. Die Kindergeldkasse berechnet die Einkünfte und Bezüge wie folgt:

Bruttoausbildungsvergütung 5 × 780 €

3 900 €

Sonderzahlung November

272 €

Summe

4 172 €

Werbungskosten

./. 1 178 €

Einkünfte

2 994 €

Entlassungsgeld

780 €

Kostenpauschale

./. 180 €

Bezüge

600 €

+ 600 €

Einkünfte und Bezüge

3 594 €

Der maßgebliche Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG beträgt für die Monate August bis Dezember 8 004 € : 12 × 5 = 3 335 €. Nach der Berechnung der Kindergeldkasse ist kein Kindergeld festzusetzen.

Lösung 10:

Der BFH bestätigt mit Urteil vom 14.5.2002 (VIII R 57/00, BStBl II 2002, 746) die Entscheidung der Kindergeldkasse (s.a. BFH Urteil vom 19.8.2002, VIII R 82/01, BFH/NV 2002, 1590).

Das Entlassungsgeld ist eine steuerfreie Einnahme i.S.d. § 3 Nr. 5 EStG und gehört somit zu den Bezügen i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Es entfällt nicht auf die Kürzungsmonate der Zivildienstzeit; es bleibt deshalb nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge außer Ansatz. Die Frage, auf welche Monate innerhalb des Kj. die Einkünfte und Bezüge i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG »entfallen«, ist grundsätzlich nach der wirtschaftlichen Zurechnung zu beantworten. Das Zuflussprinzip gilt hier allenfalls und ausnahmsweise aus Vereinfachungsgründen dann, wenn sich die Einkünfte und Bezüge nicht eindeutig dem Ausbildungszeitraum oder den Kürzungsmonaten zurechnen lassen, wie z.B. bei einem vom ArbG sowohl für den Ausbildungszeitraum als auch für das daran anschließende Arbeitsverhältnis gezahlten Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.

Nach H 32.10 Nr. 4 [Anrechnung eigener Bezüge] i.V.m. H 33a.4 [Allgemeines] EStH und DA 63.4.2.3.1 Abs. 2 Nr. 11 DA-FamEStG (BStBl I 2011, 716) ist das Entlassungsgeld in vollem Umfang dem der Entlassung folgenden Kalendermonat zuzurechnen. Der BFH folgt in seinem Urteil dieser Verwaltungsauffassung. Das Entlassungsgeld entfällt auf alle Monate des jeweiligen Kj. nach Beendigung des Zivil- bzw. Wehrdienstes.

Zur Anwendung der in den Beispielen dargestellten Urteile nimmt das BMF-Schreiben vom 4.8.2000 (BStBl I 2000, 1216) Stellung.

Gegen die bisherige BFH-Rspr. (BFH Urteile vom 14.5.2002, VIII R 57/00, BStBl II 2002, 746 sowie vom 19.8.2002, VIII R 82/01, BFH/NV 2002, 1590), nach denen das einem Zivildienstleistenden gezahlte Entlassungsgeld auf die Zeit nach Beendigung des Zivildienstes entfällt, hat das FG des Landes Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 10.2.2009, 4 K 622/06, LEXinform 5008248) Folgendes entschieden: Hat der volljährige Sohn vom 1.4. bis zum 31.12. des Vorjahrs seinen gesetzlichen Grundwehrdienst abgeleistet, so ist ein am 31.12. des Vorjahres bei Beendigung des Wehrdienstes ausgezahltes Entlassungsgeld bei der Ermittlung des kindergeldrechtlichen Grenzbetrags (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) des laufenden Jahres nicht mit einzubeziehen (Abgrenzung vom BFH-Urteil vom 14.5.2002, VIII R 57/00, BStBl II 2002, 746). Die gesetzliche Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sei eindeutig und auch auf das Entlassungsgeld anzuwenden. Die Erfassung erfolgt dementsprechend im Jahr des Zuflusses. Das Verfahren beim BFH ist erledigt (Az. BFH: III R 22/09, LEXinform 0179632). In den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind nur die Einkünfte und Bezüge des Kindes einzubeziehen, die im Kalenderjahr anfallen. Zu- und Abflüsse anderer Jahre bleiben außer Betracht (§ 11 EStG). Die zeitliche Zuordnung zu einem Kalenderjahr richtet sich mithin stets nach dem Zuflussprinzip; dies kann sich zugunsten oder zu Lasten der Kindergeldberechtigten auswirken.

Das gilt auch für ein am 31.12. zugeflossenes Entlassungsgeld, das wirtschaftlich auf die Zeit nach Beendigung des Dienstes, das Folgejahr, entfällt. Im Gegensatz dazu beantwortet sich die Frage, auf welche Monate innerhalb des Kalenderjahres Einkünfte und Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG »entfallen«, grundsätzlich nicht nach dem Zuflusszeitpunkt, sondern nach der wirtschaftlichen Zurechnung.

10.3.10. Berücksichtigung vorab entstandener Werbungskosten

Bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes sind auch vorab entstandene Werbungskosten aus einer Fortbildungsmaßnahme zu berücksichtigen (BFH Urteil vom 20.7.2000, VI R 121/98, BStBl II 2001, 107).

10.3.11. Besonderheiten bei der Berücksichtigung von Ausbildungskosten

Nach den BFH-Urteilen vom 14.11.2000 (VI R 62/97, VI R 52/98 und VI R 128/00, BStBl II 2001, 489, 491 und 495; VI R 76/00, BFH/NV 6/2001, 753), BFH vom 23.11.2000 (VI R 93/99, BFH/NV 6/2001, 755) können → Ausbildungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes berücksichtigt werden. Der zulässige Jahresgrenzbetrag eines Kindes berechnet sich nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG. Nach Satz 2 sind zunächst die Einkünfte und Bezüge des Kindes zu ermitteln. Nach dem Wortlaut des Satzes 5 bleiben »hierbei« – also bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrages – Einkünfte und Bezüge außer Ansatz, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind oder dafür verwendet werden.

Bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrages ist somit in folgender Reihenfolge vorzugehen:

  1. Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes.

  2. Danach ist dieser Betrag um Aufwendungen für den ausbildungsbedingten Mehrbedarf zu kürzen (Satz 5).

Durch § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG wird sichergestellt, dass das Kindergeld nicht wegen solcher Mittel versagt wird, die für die Lebensführung nicht zur Verfügung stehen, weil sie bereits für besondere Ausbildungszwecke verwendet wurden. Der Jahresgrenzbetrag berücksichtigt die Kosten der Lebensführung, nicht aber den Ausbildungsbedarf.

Soweit Aufwendungen für besondere Ausbildungszwecke einerseits bewirken, dass das Kindergeld nicht wegen eines Überschreitens des Jahresgrenzbetrages versagt wird und den Eltern andererseits ein Ausbildungsfreibetrag verbleibt, ist dies vom Gesetz gewollt. Zur Berücksichtigung besonderer Ausbildungskosten s. DA 63.4.3.1 DA-FamEStG (BStBl I 2011, 716). Besondere Ausbildungskosten sind danach z.B. Aufwendungen für

  • Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte,

  • Bücher, die für die Ausbildung benötigt werden,

  • Arbeitsmittel,

  • Studiengebühren. Hierzu gehören insbesondere auch Studiengebühren, die bei Überschreitung einer bestimmten Studiendauer oder für ein Zweitstudium erhoben werden,

  • ein Auslandsstudium,

  • vorab entstandene besondere Ausbildungskosten wegen eines Numerus-Clausus-Verfahrens (NC-Verfahren) vor einem Verwaltungsgericht,

  • die zur Aufnahme oder Fortsetzung des Studiums verpflichtend zu entrichtenden Semestergebühren, auch wenn der Studierende durch deren Entrichtung privat nutzbare Vorteile erlangt (BFH Urteil vom 30.11.2011, III R 38/08).

Führt ein Kind, nachdem es einen Medizinstudienplatz im Anschluss an das Abitur nicht erhalten hat, ein sog. NC-Verfahren vor diversen Verwaltungsgerichten, mindern die mit der zukünftigen Ausbildung zusammenhängenden Rechtsanwaltsvergütungen und Gerichtskosten als vorab entstandene besondere Ausbildungskosten die Einkünfte des Kindes gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 EStG (FG Düsseldorf Urteil vom 26.5.2009, 10 K 1490/07, LEXinform 5008478).

Nicht zu den Ausbildungskosten gehören jedoch die üblichen Semester- oder Rückmeldegebühren. Nach einer Entscheidung des FG Düsseldorf vom 16.4.2008 (9 K 4245/07 Kg, LEXinform 5006670, Rev. eingelegt, Az. BFH: III R 38/08) sind Semestergebühren als besondere Ausbildungskosten gem. § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG im Rahmen der Grenzbetragsberechnung zu berücksichtigen.

Eine exakte Berechnung der Einkünfte und Bezüge führt der BFH in seinen Urteilen nicht durch. Das folgende Beispiel zeigt die Problematik bei der Berücksichtigung von Ausbildungskosten.

Beispiel 11:

Ein Kind ist ganzjährig in Berufsausbildung. Es erzielt folgende Einkünfte und Bezüge:

  1. aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 7 670 € aus diesem Ausbildungsdienstverhältnis;

  2. aus einer Nebentätigkeit i.H.v. 7 670 €. Die Ausbildung erfolgt nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Die nachgewiesenen Werbungskosten aus der Nebentätigkeit betragen 511 €;

  3. i.H.v. 7 670 €. Es handelt sich dabei um eine Waisenrente und um BAföG-Leistungen. Die Berufsausbildung ist als Fortbildung anzusehen;

  4. i.H.v. 7 670 €. Es handelt sich um eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Aufwendungen für die Berufsausbildung betragen in allen Fällen 2 045 €.

Lösung 11:

  1. Wird ein Kind im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses für einen Beruf ausgebildet, stehen ihm die daraus erzielten Einkünfte zur Einkommensverwendung zur Verfügung, weil mit der Ausbildung zusammenhängende besondere Aufwendungen wie beispielsweise Fahrtkosten, Arbeitsmittel usw. bereits bei den Erwerbsaufwendungen berücksichtigt sind. Die Leistungsfähigkeit des Kindes bestimmt sich nach den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.

    die Einnahmen betragen

    7 670 €

    abzgl. Ausbildungsaufwendungen (Werbungskosten)

    ./. 2 045 €

    Mittel des Kindes

    5 625 €

    Die Einnahmen reichen nicht aus, um den gesamten Lebensbedarf des Kindes zu decken. Der zulässige Jahresgrenzbetrag beträgt im Kj. 10 8 004 €. Das Kind ist somit zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung der ausbildungsbedingten Mehrkosten kommt nach § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG nicht in Betracht.

  2. Erzielt ein Kind, wenn seine Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt, anderweitige Einkünfte, z.B. aus einer Nebentätigkeit, so bleiben diese Einkünfte, soweit sie für ausbildungsbedingte Mehraufwendungen verwendet werden, nach § 32 Abs. 4 Satz 5 2. Alt. EStG außer Ansatz. Nach den Grundsätzen des § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 5 EStG ist der Jahresgrenzbetrag wie folgt zu ermitteln:

    Einnahmen

    7 670 €

    abzgl. Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9a Nr. 1 Buchst. a EStG)

    ./. 920 €

    Einkünfte nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

    6 750 €

    Die Berücksichtigung der ausbildungsbedingten Mehrkosten erfolgt nach § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG.

    ./. 2 045 €

    Jahresgrenzbetrag

    4 705 €

    Die Einnahmen reichen nicht aus, um den gesamten Lebensbedarf des Kindes zu decken. Das Kind ist somit zu berücksichtigen.

  3. Die Leistungsfähigkeit des Kindes bestimmt sich nach den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.

    Die Einnahmen betragen

    7 670 €

    Die Einnahmen bestehen zum Teil aus Bezügen, nämlich der Kapitalanteil der Waisenrente und der BAföG-Leistungen. Der Ertragsanteil der Waisenrente ist als Einnahme nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu erfassen (DA 63.4.2.3.2 Abs. 2 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716). Die Ermittlung der Einkünfte i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG erfolgt nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Die Einnahmen sind um den Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 3 EStG i.H.v. 102 € zu kürzen

    ./. 102 €

    Aus R 32.10 Abs. 4 EStR ergibt sich, dass bei der Feststellung der anzurechnenden Bezüge aus Vereinfachungsgründen insgesamt 180 € im Kj. als Kostenpauschale abzuziehen sind, wenn nicht höhere Aufwendungen nachgewiesen werden.

    ./. 180 €

    Nach dem BFH-Urteil vom 20.7.2000 (VI R 121/98, BStBl II 2001, 107) sind bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes auch vorab entstandene Werbungskosten aus einer Fortbildungsmaßnahme zu berücksichtigen. Da der Begriff der Einkünfte i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG entspricht, sind die Erwerbsaufwendungen in Form von vorweggenommenen Werbungskosten (= negative Einkünfte) abzuziehen.

    abzgl. vorweggenommene Werbungskosten

    ./. 2 045 €

    Einkünfte und Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (Mittel des Kindes)

    5 343 €

    Die Einnahmen reichen nicht aus, um den gesamten Lebensbedarf des Kindes zu decken. Das Kind ist somit zu berücksichtigen.

  4. Die Leistungsfähigkeit des Kindes bestimmt sich nach den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.

    Die Einnahmen betragen

    7 670 €

    Die BFH-Urteile vom 14.11.2000 machen deutlich, dass Leistungen sowohl aus der Unfallversicherung, als auch aus der Rentenversicherung mit dem Ertragsanteil abzgl. des Werbungskostenpauschbetrages (§ 9a Nr. 3 EStG) als Einkünfte und mit dem Kapitalanteil abzgl. der Kostenpauschale als Bezüge zu erfassen sind. Dem steht nicht entgegen, dass beide insofern Unterhaltsersatzfunktion haben, als sie an die Stelle der sonst vom Vater erbrachten Unterhaltsleistungen getreten sind. Da Kindergeld typischerweise dafür gewährt wird, dass Eltern eigene Unterhaltsleistungen erbringen, bleiben im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur solche Unterhaltsleistungen außer Ansatz (63.4.2.3.1 Abs. 3 Nr. 3 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716), während Leistungen Dritter – wie die angeführten Versicherungsleistungen – grundsätzlich zu erfassen sind.

    abzgl. Werbungskostenpauschbetrag (§ 9a Nr. 3 EStG)

    ./. 102 €

    abzgl. Pauschale

    ./. 180 €

    Einkünfte und Bezüge i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

    7 388 €

    Die nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ermittelten Einkünfte und Bezüge des Kindes sind gem. § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG um den ausbildungsbedingten Mehrbedarf zu kürzen

    ./. 2 045 €

    Es handelt sich dabei um solche nachgewiesenen Aufwendungen, die wegen der Ausbildung zu den Kosten der Lebensführung hinzukommen. Hierzu können auch Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte sowie für bei der Ausbildung benötigte Bücher gehören. Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung zählen demgegenüber regelmäßig zu den Kosten der Lebensführung.

    Jahresgrenzbetrag

    5 343 €

    Die Einnahmen reichen nicht aus, um den gesamten Lebensbedarf des Kindes zu decken. Das Kind ist somit zu berücksichtigen.

Zur Behandlung der Kosten für einen Computer und der dazu gehörenden Peripheriegeräte als Ausbildungsbedingter Mehrbedarf s. → Arbeitsmittel und das BFH-Urteil vom 15.6.2004 (VIII R 42/03, BFH/NV 2004, 1527).

Wohnt ein in dem Haushalt des Kindergeldberechtigten aufgenommenes Kind am auswärtigen Ausbildungsort, können regelmäßig Aufwendungen sowohl für Fahrten zwischen der Wohnung am Ausbildungsort und der Ausbildungsstelle als auch für Fahrten vom und zum Haushalt des Kindergeldberechtigten als besondere Ausbildungskosten berücksichtigt werden (BFH Urteil vom 25.7.2001, VI R 77/00, BStBl I 2002, 12).

10.3.12. Auswärtige Unterbringung bzw. doppelte Haushaushaltsführung

Nach dem BFH-Urteil vom 25.7.2001 (VI R 78/00, BFH/NV 2001, 1558, LEXinform 0591756) können Aufwendungen für erhöhten Lebensbedarf wegen einer auswärtigen Unterbringung des Auszubildenden (Miete und Verpflegungsmehraufwendungen) als ausbildungsbedingter Mehrbedarf des Kindes allenfalls dann abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen eines doppelten Haushalts (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) vorliegen.

Die Berücksichtigung des ausbildungsbedingten Mehrbedarfs zeigt das dem BFH-Urteil vom 12.9.2001 (VI R 42/01, BFH/NV 2002, 189, LEXinform 0591941) nachgebildete Beispiel.

Beispiel 12:

Tochter T besucht von September 08 bis Juli 10 die Berufsfachschule und absolviert von August 10 bis Juli 11 ein einjähriges Berufspraktikum. T hat im Kj. 10 folgende Einnahmen:

Januar bis Juli 10 BAföG i.H.v. 7 × 462,84 € =

3 239,88 €

August bis Dezember 10 Arbeitslohn i.H.v. 5 × 1 052,65 €

5 263,25 €

Weihnachtsgeld

405,23 €

Für die Zeit von Januar bis Juli 10 macht T folgende Aufwendungen geltend:

Unterbringung im Wohnheim 7 × 230,08 € =

1 610,56 €

Fahrtkosten 22 Wochen zu 60 km

(einfach) zu (2 × 0,30 € =) 0,60 € je km

792,00 €

insgesamt

2 402,56 €

Ab August erklärt T folgende Aufwendungen:

Fahrtkosten zwischen Wohnung und Ausbildungsort

273,00 €

Kosten für den Besuch einer Fortbildungsveranstaltung

218,00 €

Kosten für Fachliteratur und Arbeitsmittel pauschal

102,00 €

Kosten für Kontoführung pauschal

15,00 €

insgesamt

608,00 €

Lösung 12:

Die Einkünfte und Bezüge des Kindes sind jeweils gesondert zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn ausbildungsbedingter Mehraufwand zu berücksichtigen ist. Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von August bis Dezember betragen:

Einnahmen

5 668,48 €

Die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen betragen 608 €. Nach § 9a Nr. 1 Buchst. a EStG ist der ArbN-Pauschbetrag anzusetzen

./. 920,00 €

Einkünfte

4 748,48 €

Als Bezüge sind zu berücksichtigen: BAföG-Leistungen von Januar bis Juli 10

3 239,88 €

Davon abzugsfähig ist die Kostenpauschale i.H.v. 180 €.

Der BFH berücksichtigt die anteilige Kostenpauschale für 7 Monate 180 € : 12 × 7 =

./. 105,00 €

zu berücksichtigende Bezüge

3 134,88 €

Summe der Einkünfte und Bezüge

7 883,36 €

Davon ist der ausbildungsbedingte Mehraufwand des Kindes abzuziehen: Fahrtkosten für die wöchentlichen Familienheimfahrten von Januar bis Juli (§ 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG ist entsprechend anzuwenden):

(60 km × 0,30 € × 22 Wochen

./. 396,00 €

maßgebliche Einkünfte und Bezüge

7 487,36 €

Kosten der Unterkunft und Verpflegung eines auswärts untergebrachten Kindes stellen keinen ausbildungsbedingten Mehrbedarf dar (BFH Beschluss vom 5.4.2002, VIII B 142/01, BFH/NV 2002, 1292, LEXinform 0592924 und BFH Urteil vom 25.5.2004, VIII R 104/03, BFH/NV 2004, 1525, LEXinform 5900167). Die Miet- und Verpflegungsmehraufwendungen für die auswärtige Unterbringung eines ledigen Kindes in Berufsausbildung können auch dann nicht als ausbildungsbedingter Mehraufwand berücksichtigt werden, wenn das Kind am Wohnort einen eigenen Hausstand unterhält; die Aufwendungen sind bereits durch den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG abgegolten (BFH Beschluss vom 28.4.2004, VIII B 222/03, BFH/NV 2004, 1260, LEXinform 5900063und BFH Urteil vom 22.5.2002, VIII R 74/01, BStBl II 2002, 695).

Zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung des Kindes i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG hat der BFH mit Urteil vom 29.5.2008 (III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664, LEXinform 0587429) Folgendes entschieden: Bezieht das Kind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und liegen die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG vor, sind die Aufwendungen des Kindes hierfür auch bei der Einkünfteermittlung i.R.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen. Zu Unrecht hatte das FG die im ESt-Bescheid als Werbungskosten berücksichtigten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nur unter dem Gesichtspunkt ausbildungsbedingten Mehraufwands beurteilt und deren Abzug unter Hinweis auf die BFH-Rspr. abgelehnt (z.B. BFH Urteil vom 21.7.2000, VI R 153/99, BStBl II 2000, 566 und vom 22.5.2002, VIII R 74/01, BStBl II 2002, 695).

Die langjährige Rspr. hat der BFH in einer jüngeren Entscheidung (BFH vom 9.2.2012, VI R 44/10) aufgegeben und entschieden, dass Fahrten zwischen der Wohnung und einer vollzeitig besuchten Bildungseinrichtung in voller Höhe (wie Dienstreisen) und nicht nur beschränkt i.H.d. Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden können. In einer weiteren Entscheidung hat der BFH (Urteil vom 19.9.2012, VI R 78/10) als Folge klargestellt, dass somit auch durch eine Bildungsmaßnahme veranlasste Unterkunftskosten – wie bei einer Auswärtstätigkeit – als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abzugsfähig sind. Voraussetzung ist allerdings, dass der Ort der Bildungsmaßnahme nicht der Lebensmittelpunkt des Stpfl. ist und die Unterkunft am Studienort zur Wohnung am Ort des Lebensmittelpunktes hinzukommt. Ob die außerhalb des Studienorts belegene Wohnung als Mittelpunkt der Lebensinteressen anzusehen ist, ist anhand einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls festzustellen.

10.3.13. Reisekosten

Mit Urteil vom 9.3.2009 (8 K 295/06, LEXinform 5008498, Revision eingelegt, Az. BFH: III R 28/09, LEXinform 0179741) hat das FG Baden-Württemberg die BFH-Rspr. bestätigt, nach der Verpflegungsmehraufwendungen durch eine auswärtige Unterbringung bereits bei der Festlegung des Grenzbetrages i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG berücksichtigt wurden. Allerdings ist nach Ansicht des FG der BFH-Rspr. nicht zu entnehmen, dass die erhöhten Kosten einer auswärtigen Unterbringung ausnahmslos keine ausbildungsbedingten Mehraufwendungen sein können. Ausbildungsbedingte Mehraufwendungen (Verpflegung, Unterkunft) können nach Auffassung des FG auch nach Reisekostengrundsätzen anerkannt werden. In solchen Fällen liegt eine Ausnahme i.S.d. BFH-Rspr. vor. Wird der Stpfl. vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, so ist in Abhängigkeit von der Dauer der Abwesenheit ein bestimmter Pauschbetrag als Verpflegungsmehraufwand abzuziehen.

In dem entschiedenen Fall erhielt der Sohn seine Berufsausbildung an der Universität in A. Hierbei handelt es sich um eine ortsfeste dauerhafte Ausbildungseinrichtung, der der Sohn zugeordnet war und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, dass heißt fortdauernd und immer wieder seit Beginn des Studiums im Jahr 2001 bis zu dessen Abschluss im Jahr 2007 aufsuchte. Diese regelmäßige Ausbildungsstätte hat der Sohn nur vorübergehend verlassen, als er das Praktikum in den USA absolvierte. Es war von vornherein unzweifelhaft und eindeutig geplant, dass der Sohn nach Abschluss des Praktikums wieder an die Universität A. zurückkehren würde. Hierfür spricht der Umstand, dass sich der Sohn während der Dauer des Praktikums nicht exmatrikulierte, sondern sich lediglich beurlauben ließ. Im Übrigen spricht hierfür auch der tatsächliche Geschehensverlauf, der sich in dieser oder ähnlicher Weise in vielen Fällen, also typischerweise abspielt.

Dass der Sohn in dieser Zeit keinen eigenen Hausstand in Deutschland hatte, ist in diesem Zusammenhang nicht maßgebend. Anders als die doppelte Haushaltsführung setzt eine Auswärtstätigkeit nicht voraus, dass der Stpfl. neben der auswärtigen Unterkunft einen eigenen Hausstand vorweisen kann. Ausreichend ist sein inländischer Wohnsitz während der Dauer des Praktikums bei den Eltern. Dieser ist Mittelpunkt der Lebensinteressen geblieben. Hierfür spricht auch der Umstand, dass der Sohn einen Großteil seiner Möbel in seinem Zimmer im Elternhaus unterstellte. Wie in den Zeiten vor dem Praktikum ging dadurch der Wohnsitz im Elternhaus nicht verloren. Dem steht auch nicht die Entscheidung des BFH mit Urteil vom 14.11.2000 (VI R 128/00, BStBl II 2001, 495) entgegen. Im dort entschiedenen Fall hatte das Kind nach Abschluss des Jurastudiums ein Zusatzstudium im Ausland absolviert und anschließend den Juristischen Vorbereitungsdienst abgeleistet. In diesem Fall fehlte es während des Zusatzstudiums an einer regelmäßigen Ausbildungsstätte im Inland, nachdem das Universitätsstudium bereits beendet und der juristische Vorbereitungsdienst noch nicht begonnen hatte. Auch bei Anwendung der Reisekostengrundsätze wären hier also Verpflegungsmehraufwendungen nicht als ausbildungsbedingter Mehraufwand zu berücksichtigen.

Nach der Entscheidung des FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 9.3.2009 (8 K 295/06, LEXinform 5008498, Revision eingelegt, Az. BFH: III R 28/09, LEXinform 0179741) kann ein im Ausland absolviertes Berufspraktikum, das dem späteren Berufseinstieg in hohem Maße förderlich ist, als Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu qualifizieren sein, auch wenn es nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Universitätsprüfung ist. Der BFH entschied in der Revision hierzu Folgendes: Erzielt das Kind durch sein regelmäßiges Ausbildungsverhältnis keine Einkünfte, sind seine Aufwendungen für die vorübergehende, von seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Ausbildungsstätte entfernte Ausbildung nicht nach Reisekostengrundsätzen bei der Ermittlung seiner Einkünfte und Bezüge zu berücksichtigen. Miet- und Verpflegungsmehraufwendungen für die auswärtige Unterbringung des Kindes in Ausbildung sind bereits durch den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgegolten.

Der BFH hat mit zwei Urteilen vom 9.2.2012 (VI R 42/11, BStBl II 2013, 236 und VI R 44/10, BStBl II 2013, 234) entschieden, dass Fahrten zwischen der Wohnung und einer vollzeitig besuchten Bildungseinrichtung in voller Höhe (wie Dienstreisen) und nicht nur beschränkt i.H.d. Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden können (Änderung der Rspr. in BFH-Urteilen vom 10.4.2008, VI R 66/05, BStBl II 2008, 825 und vom 22.7.2003, VI R 190/97, BStBl II 2004, 886).

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sind Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nur beschränkt, nämlich i.H.d. Entfernungspauschale von derzeit 0,30 € je Entfernungskilometer als Werbungskosten abziehbar. Als regelmäßige Arbeitsstätte hat der BFH bislang auch Bildungseinrichtungen (z.B. Universitäten) angesehen, wenn diese über einen längeren Zeitraum zum Zwecke eines Vollzeitunterrichts aufgesucht werden. Fahrtkosten im Rahmen einer Ausbildung waren deshalb nicht in tatsächlicher Höhe, sondern der Höhe nach nur beschränkt abzugsfähig. Hieran hält der BFH nicht länger fest. Auch wenn die berufliche Aus- oder Fortbildung die volle Arbeitszeit des Stpfl. in Anspruch nimmt und sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, ist eine Bildungsmaßnahme regelmäßig vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt.

Deshalb hat der BFH in der Sache VI R 44/10 (BStBl II 2013, 234) die Fahrtkosten einer Studentin zur Hochschule (Universität) im Rahmen eines Zweitstudiums als vorweggenommene Werbungskosten zum Abzug zugelassen. In dem Verfahren VI R 42/11 (BStBl II 2013, 236) hat der BFH die Aufwendungen eines Zeitsoldaten für Fahrten zur Ausbildungsstätte, die im Rahmen einer vollzeitigen Berufsförderungsmaßnahme angefallen waren, ebenfalls in tatsächlicher Höhe berücksichtigt. Aufwendungen für Dienstreisen können allerdings (auch bei Inanspruchnahme der Kilometerpauschale) steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn der Stpfl. Fahrtaufwand tatsächlich getragen hat. Bei Anwendung der Entfernungspauschale kommt es darauf nicht an (Pressemitteilung des BFH Nr. 20/12 vom 28.3.2012, LEXinform 0437732).

Eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG kommt nur im Rahmen bezahlter Arbeit in Betracht. Nach neuerer Rspr. versteht der BFH unter regelmäßiger Arbeitsstätte nur eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des ArbG, der der ArbN zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des ArbG oder ein Zweigbetrieb (BFH Urteile vom 10.7.2008, VI R 21/07, BStBl II 2009, 818; vom 9.7.2009, VI R 21/08, BStBl II 2009, 822; VI R 42/08, BFH/NV 2009, 1806, und vom 17.6.2010, VI R 35/08, BStBl II 2010, 852). Regelmäßige Arbeitsstätte ist damit typischerweise der Tätigkeitsmittelpunkt eines ArbN, der in einem Arbeitsverhältnis steht; die Beschränkung des objektiven Nettoprinzips durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist auch nur insoweit gerechtfertigt (→ Auswärtstätigkeit, Geserich, NWB 2012, 1226).

Eine vom ArbN besuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung stellt – unabhängig davon, ob die Bildungsmaßnahme die volle Arbeitszeit des Stpfl. in Anspruch nimmt oder neben einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird – nach der Rspr. des VI. Senats des BFH keine regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Sinne dar (BFH Urteile vom 9.2.2012, VI R 42/11, BStBl II 2013, 236 und VI R 44/10, BStBl II 2013, 234). Der III. Senat schließt sich mit Urteil vom 22.11.2012 (III R 64/11, BStBl II 2013, 914) dieser Auffassung an.

Mit Urteil vom 5.2.2015, Az. III R 24/14, nahm der BFH Stellung zur Abzugsbegrenzung für Fahrtkosten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte bei einem Praktikum. Die Abzugsbegrenzung für Wegekosten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist grundsätzlich nicht zu beachten, wenn die zu Einkünften führende Bildungsmaßnahme nicht auf Dauer angelegt, sondern lediglich als Teilabschnitt in eine längere und anderenorts stattfindende Ausbildung eingebettet ist, die nicht insgesamt als Ausbildungsdienstverhältnis organisiert ist (hier: bezahltes halbjähriges Praktikum) Der Abzug ausbildungsbedingter Mehraufwendungen orientiert sich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach an den entsprechend anwendbaren Vorschriften über den Werbungskostenabzug. Falls der Werbungskostenabzug nach § 12 Nr. 5 und § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7.12.2011 ausgeschlossen wäre, weil es sich um Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium handeln sollte, würde dies dem Abzug der Fahrtkosten als ausbildungsbedingte Mehraufwendungen im Rahmen der Grenzbetragsberechnung nicht entgegenstehen. Eine Beschränkung des Werbungskostenabzugs wie auch des Abzugs ausbildungsbedingter Mehraufwendungen auf die Entfernungspauschale scheidet danach aus, weil eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur im Rahmen bezahlter Arbeit in Betracht kommt. Eine Fachschule, die häufig und über einen längeren Zeitraum hinweg aufgesucht wird, ist keine regelmäßige Arbeitsstätte, wenn sie nicht vom Arbeitgeber des Kindes betrieben wird. Das vom Kind gezahlte Schuldgeld ist bei der Grenzbetragsberechnung unabhängig davon abzuziehen, ob es sich um ausbildungsbedingte Mehraufwendungen oder um Werbungskosten handelt.

10.3.14. Entfernungspauschalen für Abhol- und Bringfahrten durch die Eltern

Kilometer-Pauschbeträge für Familienheimfahrten des zur Berufsausbildung auswärts untergebrachten Kindes können dann nicht bei der Ermittlung der für die Kürzung des Ausbildungsfreibetrages relevanten Einkünfte und Bezüge des Kindes als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Eltern das Kind mit dem eigenen Kraftfahrzeug befördern und dem Kind dadurch keine eigenen Aufwendungen entstehen (BFH Urteil vom 12.11.2009, VI R 59/07, BFH/NV 2010, 631, LEXinform 0179480; → Drittaufwand).

10.3.15. Berücksichtigung von Schadensersatzrenten

Schadensersatzrenten nach § 844 Abs. 2 BGB gehören zu den Einkünften und Bezügen, die zur Bestreitung des Unterhalts des Kindes zu berücksichtigen sind. Sie sind bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrages unabhängig davon zu berücksichtigen, dass sie an die Stelle der Unterhaltsleistungen des verstorbenen Elternteils treten (BFH Urteil vom 22.5.2002, VIII R 82/00, BFH/NV 2002, 1298, LEXinform 0592930).

10.3.16. Au-pair-Verhältnisse

Zur Au-pair-Tätigkeit s. das BFH-Urteil vom 9.6.1999 (VI R 143/98, BStBl II 1999, 710; H 32.5 [Sprachaufenthalt im Ausland] EStH). Nach dem BFH-Urteil vom 22.5.2002 (VIII R 74/01, BStBl II 2002, 695) sind Leistungen der Gasteltern für eine Au-pair-Tätigkeit des Kindes Bezüge i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. S.a. das BFH-Urteil vom 27.10.2004 (VIII R 8/04, BFH/NV 2005, 536). Das Taschengeld gehört zu den Einkünften und Bezügen. Dabei ließ der BFH offen, ob eventuell ein Kaufkraftausgleich zu berücksichtigen ist.

Beispiel 13:

Tochter S, die bis Anfang Januar 10 arbeitslos war und sich in der Zeit vom 4.1.10 bis zum 31.12.10 im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses in den USA (New York) aufhielt, besuchte dort an drei Tagen in der Woche einen Sprachkurs. Der Sprachunterricht umfasste mindestens zehn Wochenstunden. Während ihres Au-pair-Aufenthaltes erhielt S freie Kost und Unterkunft sowie ein Taschengeld i.H.v. 150 $ pro Woche.

Lösung 13:

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, dann berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Auch ein Sprachunterricht während eines Au-pair-Aufenthalts kann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Unterricht hinreichend gründliche Sprachkenntnisse vermittelt und grundsätzlich wöchentlich mindestens zehn Unterrichtsstunden umfasst (BFH Urteile vom 9.6.1999, VI R 33/98, BStBl II 1999, 701 und vom 19.2.2002, VIII R 83/00, BFH/NV 2002, 979; → Kinder).

Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG setzt der Kindergeldanspruch jedoch zusätzlich voraus, dass die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, den Jahresgrenzbetrag von 8 004 € im Jahr nicht überschreiten. Dieser Betrag ermäßigt sich nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG für jeden Kalendermonat um 1/12, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen (Kürzungsmonate). Bei der Prüfung, ob der sich danach ergebende anteilige Jahresgrenzbetrag überschritten ist, bleiben nach § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG diejenigen Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Ansatz, die auf die Kürzungsmonate entfallen. Der Januar 10 ist wegen der dem Ausbildungsverhältnis vorausgehenden Arbeitslosigkeit der S kein Kürzungsmonat (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG); die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind damit teils wegen der Arbeitslosigkeit, teils wegen der Berufsausbildung der S während des ganzen Kj. 10 erfüllt.

Leistungen der Gasteltern für eine Au-pair-Tätigkeit sind Bezüge des Kindes i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Das gilt sowohl für die Sachleistungen als auch für die Geldleistungen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind (vgl. DA 63.4.2.3.1 Abs. 2 Nr. 10 und DA 63.4.2.3.4 DA-FamEStG, BStBl I 2011, 716). Soweit es sich um die Kosten für Unterkunft und Verpflegung handelt, sind sie nach der SvEV zu ermitteln, die zwar nach § 8 Abs. 2 Sätze 6 und 7 EStG unmittelbar nur für Einnahmen von ArbN gilt, die aber auch für die im Rahmen anderer Ausbildungsverhältnisse gewährten Sachleistungen eine hinreichende Schätzungsgrundlage darstellt, soweit sie nicht offensichtlich zu unzutreffenden Ergebnissen führt. Die amtlichen Werte werden jährlich angepasst; sie betragen 2010 für Unterkunft monatlich (70 % von 204 € =) 142,80 € und für Verpflegung monatlich 215 € (§ 2 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 2 SvEV; → Sachbezüge). Das ergibt für das Kj. 10 Sachbezüge i.H.v. insgesamt 4 269,75 € (bei Ansatz von jeweils 28/30 für den Monat Januar, § 2 Abs. 6 SvEV).

Hinsichtlich des von S bezogenen Taschengeldes i.H.v. wöchentlich 150 $ ist davon auszugehen, dass es zur Bestreitung der Bedürfnisse des Alltags in den USA ausgegeben wurde. Es ist also auf die Kaufkraft dieser Bezüge in den USA abzustellen. Der BFH lässt offen, ob das Taschengeld unter diesem Gesichtspunkt nicht ebenso wie die im Ausland gewährten Sachbezüge für Unterkunft und Verpflegung, die stets nach der SvEV zu bewerten sind, im Verhältnis 1 $ : 1 € oder entsprechend der in § 32 Abs. 4 Satz 10 EStG getroffenen Regelung umzurechnen ist.

Bei einer Umrechnung im Verhältnis 1 $ : 1 € übersteigt der Gesamtbetrag der Bezüge von 12 069,75 € (Sachbezüge 4 269,75 €; Taschengeld 52 × 150 = 7 800 €) abzüglich der Kostenpauschale von 180 € den Jahresgrenzbetrag von 8 004 €.

Die Bezüge sind nicht um ausbildungsbedingte Mehraufwendungen zu kürzen. Bei der Ermittlung der Bezüge bleiben gem. § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG solche Bezüge außer Ansatz, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind. Das gilt auch für nicht zweckgebundene Bezüge, wenn sie tatsächlich für Ausbildungszwecke verwendet werden (BFH Urteil vom 14.11.2000, VI R 62/97, BStBl II 2001, 491). Kosten für Unterkunft und Verpflegung sind keine Aufwendungen für solche besonderen Ausbildungszwecke (BFH Urteil vom 14.11.2000, VI R 128/00, BStBl II 2001, 495). Vielmehr wird die Tatsache, dass eine beträchtliche Anzahl der in Ausbildung befindlichen Kinder auswärts untergebracht ist und es deshalb an einer gemeinsamen Wirtschaftsführung mit den Eltern fehlt, in der Ausgestaltung des Jahresgrenzbetrages hinreichend berücksichtigt (BFH Urteile vom 21.7.2000, VI R 153/99, BStBl II 2000, 566). Das gilt auch für Kinder, die ihre Ausbildung im Ausland erhalten, jedenfalls dann, wenn ihnen Unterkunft und Verpflegung gestellt wird und diese Bezüge nach der SvEV bewertet werden.

Wie die Unterkunft und Verpflegung gehört auch die Verwendung des von S bezogenen Taschengeldes nicht zu den ausbildungsbedingten Mehraufwendungen, soweit es nicht nachweislich für besondere Ausbildungszwecke verwendet wurde.

Der BFH nimmt im Urteil vom 15.3.2012 (III R 58/08, BStBl II 2012, 743) Stellung zur Anerkennung von Au-Pair-Aufenthalten im Ausland als Berufsausbildung: Demnach sind Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses grundsätzlich nur dann als Berufsausbildung anzusehen, wenn sie von einem durchschnittlich mindestens zehn Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Bei weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden (z.B. Blockunterricht oder Lehrgänge). Darüber hinaus können Auslandsaufenthalte im Einzelfall als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Fremdsprachenunterricht zwar weniger als zehn Wochenstunden umfasst, aber einen über die übliche Vor- und Nachbereitung hinausgehenden zusätzlichen Zeitaufwand erfordert (z.B. fachlich orientierter Sprachunterricht, Vorträge des Kindes in der Fremdsprache). Auslandsaufenthalte, die von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt werden oder der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest dienen (z.B. TOEFL oder IELTS), können unabhängig vom Umfang des Fremdsprachenunterrichts als Berufsausbildung zu qualifizieren sein; der BFH bekräftigt seine langjährige Rspr., dass Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-Pair-Verhältnisses nur dann als Berufsausbildung angesehen werden, wenn sie von einem mindestens zehn Wochenstunden umfassenden Sprachunterricht begleitet werden. Die Frage, ob eine Wochenstunde 45 oder 60 Minuten umfasst und ob ggf. umzurechnen ist, bleibt offen. Offen bleibt auch, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Unterrichtsstunden in der Fremdsprache und in anderen Fächern zusammenzurechnen sind, wenn Letztere nicht bereits für sich eine Ausbildung darstellen.

10.3.17. Betriebliche Altersvorsorgebeiträge als Bezüge

Nach § 3 Nr. 63 EStG steuerbefreite Beiträge an eine Pensionskasse stellen Bezüge des Kindes dar. Diese Bezüge bleiben bei der Prüfung, ob der Jahresgrenzbetrag überschritten wird, jedoch außer Ansatz, weil die Beiträge zum Zweck einer künftigen Altersversorgung in der Pensionskasse gebunden und damit zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung des Kindes weder bestimmt noch geeignet sind. Etwas anderes gilt, wenn die Beiträge zur Pensionskasse der individuellen Versteuerung zu unterwerfen sind, weil das Kind zur Inanspruchnahme der Förderung von Altersvorsorgebeiträgen und Sonderausgabenabzug (§ 10a EStG; → Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge) auf die Steuerbefreiung der Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG verzichtet hat. In diesem Fall sind die Beiträge an die Pensionskasse dem Arbeitslohn zuzurechnen und damit in die Ermittlung der Einkünfte des Kindes einzubeziehen (OFD Kiel vom 29.4.2003, FR 17/2003, 927).

11. Ermittlung der Einkünfte und Bezüge bei verheirateten Kindern

Auf Grund der Statusänderung durch Heirat und der dadurch wechselnden Pflichtenstellung zum Kind besteht nach der Heirat grundsätzlich kein Bedarf mehr für eine Entlastung der Eltern im Wege des Familienleistungsausgleichs. Denn ab diesem Zeitpunkt ist dem Kind in erster Linie der Ehegatte zum Unterhalt verpflichtet (§ 1608 Satz 1 BGB). Es besteht nur noch eine nachrangige Unterhaltspflicht der Eltern. Anders liegt der Fall, wenn das Einkommen des Ehegatten so gering ist, dass dieser zum Unterhalt des Kindes nicht in der Lage ist (z.B. Studentenehe) und die Eltern deshalb weiterhin für das Kind aufkommen müssen. Weitere Erläuterungen s. → Kindergeld.

Beispiel 14:

A (20 Jahre) befindet sich in Berufsausbildung. Die Ausbildungsvergütung für die Monate Januar bis Juli 10 beträgt jeweils 470 € (101,29 € ArbN-Anteil zur Sozialversicherung) und für die Monate August bis Dezember 10 jeweils 550 € (118,53 € ArbN-Anteil zur Sozialversicherung). Im Juni 10 erfolgt eine Sonderzahlung von 300 € (64,65 € ArbN-Anteil Sozialversicherung).

Im April 11 heiratet A den B. Für die Monate Januar bis Mai 11 bezieht B monatlich 1 177,50 € Arbeitslosengeld. Ab 7.5.11 steht B in einem auf 5 Monate befristeten Arbeitsverhältnis. Sein monatlicher Nettoverdienst in den Monaten Mai bis September 11 beläuft sich auf 1 303 € (brutto 1 519 € bzw. 1 623 €).

Ab August 11 leben A und B getrennt. Einen Trennungsunterhalt hat A nicht geltend gemacht.

A beantragt für das Kj. 11 Kindergeld.

Lösung 14:

Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem rkr. Urteil des FG Köln vom 15.5.2008 (10 K 3926/07, EFG 2008, 1811, LEXinform 5006949).

Nach der Eheschließung des Kindes liegt eine Unterhaltssituation der Eltern grundsätzlich nicht mehr vor, weil ab diesem Zeitpunkt dem Kind in erster Linie der Ehepartner zum Unterhalt verpflichtet ist (§ 1608 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 1360, 1360a BGB). Deshalb besteht nach der Heirat nur noch eine nachrangige zivilrechtliche Unterhaltspflicht der Eltern. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Einkommen des Ehepartners so gering ist, dass er zum (vollständigen) Unterhalt nicht in der Lage ist, das Kind ebenfalls nicht über ausreichende eigene Einkünfte verfügt und die Eltern deshalb weiterhin für das Kind aufkommen müssen (sog. Mangelfall). Ein solcher ist bei kinderlosen Ehen anzunehmen, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners unterhalb des steuerrechtlichen Existenzminimums liegen, das dem am Existenzminimum eines Erwachsenen ausgerichteten Jahresgrenzbetrag in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht.

Die Unterhaltsleistungen des Ehepartners sind regelmäßig zu schätzen, weil sie im Allgemeinen sowohl in Geld- als auch in Sachleistungen bestehen. Nach der Rspr. des BFH entspricht es der Lebenserfahrung, dass in einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehegatte allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, dem nicht verdienenden Ehepartner ungefähr die Hälfte dieses Nettoeinkommens in Form von Geld- und Sachleistungen als Unterhalt zufließt. Verfügt das Kind auch über eigene Mittel, ist zu unterstellen, dass sich die Eheleute ihr verfügbares Einkommen teilen. Unterhaltsleistungen sind daher in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den Einkünften des unterhaltsverpflichteten Ehepartners und den geringeren eigenen Mitteln des Kindes anzunehmen. Das gilt jedoch nur, soweit dem Ehepartner ein verfügbares Einkommen in Höhe des steuerrechtlichen Existenzminimums verbleibt (BFH Urteil vom 19.4.2007, III R 65/06, BFH/NV 2007, 1753).

Danach ergibt sich folgende vorläufige Einkunfts-/Bezüge-Situation der A, die im Jahr 11 ganzjährig in Berufsausbildung gewesen ist und in den Monaten Januar bis einschließlich Juli 11 mit ihrem Ehegatten B zusammengelebt hatte:

I. Eigene Einkünfte der A bis Juli 11:

eigene Einkünfte (Ausbildungsvergütung) 7 × 470 €

3 290,00 €

Sonderzahlung Juni

300,00 €

Zwischensumme 1

3 590,00 €

abzgl. anteiliger ArbN-Pauschbetrag (920 € × 7/12)

./. 537,00 €

abzgl. Sozialversicherungsbeiträge (7 × 101,23 €)

./. 709,93 €

abzgl. Sozialversicherungsbeiträge Sonderzahlung Juni

./. 64,65 €

Zwischensumme 2

2 279,32 €

II. Bezüge Familienunterhalt bis Juli 11:

Netto-Arbeitsentgelt des Ehegatten B nach dem Tag der Heirat; Arbeitsverhältnis befristet von Mai bis September 11. Nettoarbeitslohn von Mai bis Juli (danach Trennung): 3 × 1 303 €

3 909,00 €

abzgl. anteiliger ArbN-Pauschbetrag (920 € × 3/5)

./. 552,00 €

Zwischensumme 3

3 357,00 €

Bezüge des Ehegatten B nach dem Tag der Heirat

Arbeitslosengeld Januar bis Mai 11 (5 × 1 177,50 €)

5 887,50 €

abzgl. Kostenpauschale

./. 180,00 €

Zwischensumme 4

5 707,50 €

Das Netto-Einkommen des Ehegatten B nach dem Tag der Heirat beträgt somit insgesamt (Zwischensummen 3 und 4):

9 064,50 €

abzgl. Einkünfte und Bezüge der A (Zwischensumme 2)

./. 2 279,32 €

Differenz zwischen den Einkünften und Bezügen der Ehepartner

6 785,18 €

Die Hälfte davon ist als Bezug bei A anzusetzen

3 392,59 €

zzgl. Zwischensumme 2

2 279,32 €

III. Einkünfte und Bezüge der A bis Juli 11 (Zwischensumme 5)

5 671,91 €

IV. Eigene Einkünfte und Bezüge der A von August bis Dezember 11

Ausbildungsvergütung (5 × 550 €)

2 750,00 €

abzgl. anteiliger ArbN-Pauschbetrag (920 € × 5/12)

./. 383,00 €

abzgl. Sozialversicherungsbeiträge (5 × 118,53 €)

./. 592,65 €

Zwischensumme 6

1 774,35 €

zzgl. Zwischensumme 5

5 671,91 €

Einkünfte und Bezüge der A ohne Trennungsunterhalt (Zwischensumme 7)

7 446,26 €

Ob der für 11 gültige Jahresgrenzbetrag von 8 004 € überschritten ist, hängt davon ab, ob und inwieweit bei A noch Bezüge aus Ansprüchen auf Trennungsunterhalt zu berücksichtigen sind.

Die für die Berücksichtigung von Familienunterhalt als Bezug geltenden Grundsätze sind für die Frage des Ansatzes von Trennungsunterhalt grundsätzlich entsprechend zu berücksichtigen. Dabei ist wegen des Primats des Zivilrechts allerdings nicht vom Familienunterhaltsanspruch gem. §§ 1360 ff. BGB auszugehen, sondern von den Grundsätzen, die die Zivil-Rspr. zum Trennungsunterhalt entwickelt hat (vgl. BFH Beschluss vom 7.3.2002, VIII B 180/01, BFH/NV 2002, 1289). Dies bedeutet einerseits, dass ein Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht allein wegen kurzer Ehedauer entfällt, weil der Wegfall von Unterhaltsansprüchen wegen kurzer Dauer der Ehe erst die nachehelichen Unterhaltsansprüche betrifft, nicht aber den Anspruch auf Trennungsunterhalt. Andererseits ist für den Trennungsunterhalt nur der Betrag zu berücksichtigen, der über den zivilrechtlichen Selbstbehalt gegenüber Ehegatten von 1 000 € hinausgeht.

Angesichts des Netto-Einkommens des Ehegatten B von 1 303 € für August und September 11 ist jedenfalls vom grundsätzlichen Bestehen eines Anspruchs auf Trennungsunterhalt auszugehen. In den Folgemonaten ab Oktober 11 ist von einem monatlichen Arbeitslosengeld-Anspruch des Ehemannes in einer den Monaten Januar bis Mai 11 entsprechenden Höhe auszugehen, der die Selbstbehaltsgrenze von 1 000 € ebenfalls überschreitet. Auch Anhaltspunkte für einen wirksamen Verzicht auf den Anspruch auf Trennungsunterhalt nach der Trennung der A von ihrem Ehemann bestehen nicht. Zwar hat A im Jahr 11 unstreitig keinen Trennungsunterhalt erhalten. Dies rechtfertigt jedoch trotz des Zuflussprinzips gem. § 11 EStG nicht die Schlussfolgerung, dass Bezüge aus Trennungsunterhalt nicht zu berücksichtigen sind.

Auch für den Ansatz von Bezügen aus Trennungsunterhalt ist grundsätzlich das Zuflussprinzip maßgeblich (§ 11 Abs. 1 EStG), so dass Bezüge im Allgemeinen nicht auf den Zeitraum zu verteilen sind, für den sie gezahlt worden sind. Dabei ist im Kindergeldrecht grundsätzlich nicht auf den Zuflussmonat, sondern auf das Kj. insgesamt abzustellen, weil es sich bei dem Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG um einen Jahresbetrag handelt; Zu- und Abflüsse anderer Jahre als des zu beurteilenden bleiben außer Betracht. Eine Zuordnung von Bezügen zum jeweiligen Monat, auf welchen sie »entfallen«, erfolgt nach § 32 Abs. 4 Satz 8 EStG nur in den Jahren, in denen einzelne Monate als »Kürzungsmonate« herausfallen.

Was Bezüge aus Ansprüchen auf Trennungsunterhalt angeht, stünde es allerdings bei einem bloßen Abstellen auf den Zufluss im Belieben des Kindes, den Kindergeldanspruch durch ein Nicht- oder verzögertes Geltendmachen des Trennungsunterhalts zur Entstehung zu bringen. Denn nach höchstrichterlicher Rspr. erfordert der Zufluss einer Kapitalforderung zumindest eine Gutschrift, und auch diese ist nur dann hinreichend, wenn der Berechtigte in der Lage ist, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Deshalb ist im Kindergeldrecht zusätzlich die Missbrauchsschranke des § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG zu beachten, die – unabhängig vom Zufluss – den Ansatz von Einkünften und Bezügen auch dann vorsieht, wenn das Kind in der Absicht, sich den Kindergeldanspruch zu erhalten, Vereinbarungen getroffen hat, die dazu führen, dass ein Anspruch auf Einkünfte und Bezüge nicht geltend gemacht werden kann.

Ein kindergeldschädlicher Verzicht auf Unterhaltsleistungen setzt allerdings ein freiwilliges Verhalten voraus. Denn § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG dient lediglich der Missbrauchsabwehr und will verhindern, dass ein Kind eine Art Vertrag zu Lasten der Allgemeinheit in der Weise abschließen kann, dass es durch einen Verzicht auf einen ggf. geringfügigen Betrag dem Berechtigten den sonst nicht zustehenden Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag erhält. Die Vorschrift ist deshalb grundsätzlich nur dann einschlägig, wenn ein Verzicht auf Einkünfte oder Bezüge deshalb erfolgt, um dem Berechtigten den Anspruch auf Kindergeld bzw. auf den Kinderfreibetrag zu erhalten, also andere einleuchtende Gründe für einen solchen Verzicht nicht gegeben sind. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass ein Verzicht im Sinne dieser Vorschrift nicht stets einen Erlassvertrag nach § 397 BGB voraussetzt.

Für die Frage des Trennungsunterhalts wird daraus gefolgert, dass das Kind grundsätzlich gehalten ist, etwaige Ansprüche auf Trennungsunterhalt unverzüglich geltend zu machen. Denn es kann nicht Sache des Kindes sein, die Kindergeldberechtigung durch eine unterlassene/verzögerte Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zur Entstehung zu bringen. Die Durchsetzungsbemühungen sind im Falle eines Streits um das Kindergeld auch entsprechend nachzuweisen. Lediglich dann, wenn das Kind Ansprüche auf Einkünfte und Bezüge aus einer Zwangslage heraus nicht geltend macht, ist § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG nicht einschlägig. Ein solcher Fall kann etwa angenommen werden, wenn Ansprüche auf Trennungsunterhalt nicht gerichtlich durchgesetzt werden, weil die Realisierbarkeit der Ansprüche gegenüber dem Ehegatten ausgeschlossen erscheint. Von dieser Ausnahmesituation kann allerdings nicht ausgegangen werden, wenn nicht einmal der Versuch einer anwaltlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt unternommen wurde.

Daher ist im Beispielsfall bei Ermittlung der Einkünfte und Bezüge der der A zustehende Trennungsunterhalt trotz des fehlenden Zuflusses gem. § 32 Abs. 4 Satz 9 EStG zu berücksichtigen.

Angesichts der Einkünfte und Bezüge der A, die bereits ohne Trennungsunterhalt 7 446,26 € betragen, ist der für das Kj. 11 maßgebliche Jahresgrenzbetrag von 8 004 € unter Berücksichtigung des Trennungsunterhalts in jedem Fall überschritten.

12. Literaturhinweise

Schmitt, Grundsatzentscheidung des BVerfG zum Kindergeld – Zum Beschluss des BVerfG vom 11.1.2005, DB 2005, 1299; Geckle u.a., Konsequenzen der Entscheidung des BVerfG zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge beim Kindergeld, INF 2005, 495; Meier, Unterfällt die Ansparrücklage (§ 7g EStG) dem Begriff der »Bezüge« gem. § 32 Abs. 4 Satz 4 EStG?, FR 2006, 313; Hechtner u.a., Die Günstigerprüfung des Familienleistungsausgleichs nach dem zweiten Konjunkturpaket, FR 2009, 573; Hollatz, Einbeziehung von Einkünften aus Voll-Erwerbstätigkeit – Kindergeld zwischen zwei Ausbildungsabschnitten –, NWB 2009, 1572.

13. Verwandte Lexikonartikel

Abgeltungsteuer

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Ausbildungsfreibetrag

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Kinder

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Kindergeld

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Pauschbeträge bei Kapitaleinkünften

Verluste

Verlustabzug nach § 10d EStG

Versorgungsfreibetrag

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Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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