Häusliches Arbeitszimmer

Stand: 28. März 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Um Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer absetzen zu können, muss das Arbeitszimmer ein eigener Raum in Ihrer Wohnung / Ihrem Haus sein, das Sie hauptsächlich für berufliche Zwecke nutzen. Eine Arbeitsecke in einem Raum reicht nicht aus.
  • In voller Höhe können Sie die Kosten für Ihr häusliches Arbeitszimmer absetzen, wenn sich der Mittelpunkt Ihrer beruflichen Tätigkeit dort befindet. Wenn Sie Ihre Tätigkeit prinzipiell auch in Ihrer Firma ausüben können, können Sie die Kosten für Ihr Arbeitszimmer nicht absetzen.
  • Bestimmte Berufsgruppen (z.B. Lehrer oder Außendienstmitarbeiter) deren Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, können Kosten für ein Arbeitszimmer nur bis zu einem Höchstbetrag von maximal 1.250,00 € steuerlich geltend machen. Voraussetzung hierfür ist, dass bestimmte berufliche Tätigkeiten (z.B. Unterrichtsvorbereitung, Konzipieren von Verträgen) nur dort ausgeübt werden können.
  • Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können Sie als Werbungskosten oder Betriebsausgaben (Selbstständige) steuerlich geltend machen.
  • Unser Tipp: Auch wenn Ihnen die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nicht anerkannt werden, können Sie berufsbedingt genutzte Arbeitsmittel als Werbungskosten oder Betriebsausgaben steuerlich geltend machen.

Inhaltsverzeichnis

1 Grundsätzliches
2 Die Grundsätze der Arbeitszimmerreglung
3 Grundsätzliches zur Berücksichtigung der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers
3.1 Regelung ab 1.1.2023
3.2 Regelung bis 31.12.2022
3.3 Grundsätzliches zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers
3.4 Einzelfälle zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers
3.4.1 Kellerraum
3.4.2 Hobbyraum
3.4.3 Zusätzliche Wohnung als Arbeitszimmer
3.4.4 Arbeitszimmer außerhalb des Wohngebäudes
3.4.5 Arbeitszimmer im Anbau
3.4.6 Arztpraxis und Arbeitszimmer in einem Einfamilienhaus
3.4.7 Toilette
3.5 Zusammenfassung zur räumlichen Lage des Raumes/der Räume und der damit zusammenhängenden Behandlung als Arbeitszimmer
3.6 Häusliche Betriebsstätte
3.6.1 Allgemeines zur häuslichen Betriebsstätte
3.6.2 Ärztliche Notfallpraxis
3.6.3 Büroraum für Publikumsverkehr
3.6.4 Tonstudio
3.6.5 Übezimmer eines Berufsmusikers
3.6.6 Kreativraum bei Künstlern
3.6.7 Arbeitszimmer eines Schauspielers
3.6.8 Mehrere Räume
3.6.9 Raumnutzung durch fremde Arbeitnehmer
3.6.10 Mischnutzung als Büro und Lager
4 Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen
4.1 Mittelpunkt der Betätigung
4.1.1 Qualitativer Schwerpunkt
4.1.2 Besonderheiten zur Bestimmung der qualitativen Schwerpunkttätigkeit
4.1.2.1 Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit
4.1.2.2 Die Ausübung mehrerer Erwerbstätigkeiten
4.1.3 Einzelfälle
4.1.3.1 Rentner und Pensionäre
4.1.3.2 Praxisberater und Pharmavertreter
4.1.3.3 Musikpädagoge und Konzertpianist
4.1.3.4 Dirigent und Orchestermanager
4.1.3.5 Handelsvertreter
4.1.3.6 Verkaufsleiter
4.1.3.7 Gutachter
4.1.3.7.1 Ärzte als Gutachter
4.1.3.7.2 Psychologischer Gutachter
4.1.3.8 Architekten als Bauüberwacher
4.1.3.9 Diakone
4.1.3.10 Bischof
4.1.3.11 Bildjournalisten
4.1.3.12 Außendienstmitarbeiter
4.1.3.13 Tankstellenbetreiber
4.1.3.14 Lehrer und Hochschullehrer
4.1.3.15 Richter
4.1.3.16 Fachleiter eines Studienseminars
4.1.3.17 Vermietungseinkünfte
4.1.3.18 Kapitaleinkünfte
4.1.3.19 Betriebsprüfer
4.1.3.20 Photovoltaikanlage
4.1.3.21 Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
4.1.3.22 IT-Berater
4.1.3.23 Verwaltungsregelung
4.1.4 Abzugsfähigkeit der Aufwendungen in Mittelpunktfällen
4.1.4.1 Regelung bis 31.12.2022
4.1.4.2 Regelung ab 1.1.2023
4.1.4.2.1 Gesamtaufwendungen
4.1.4.2.2 Pauschaler Abzug
4.2 Keine Mittelpunktfälle
4.2.1 Regelung bis 31.12.2022
4.2.1.1 Grundsätzliches zur Abzugsbegrenzung
4.2.1.2 Anderer Arbeitsplatz i.S.d. Abzugsbeschränkung
4.2.1.2.1 Grundsätze
4.2.1.2.2 Arbeitsplätze im Großraumbüro
4.2.1.2.3 Arbeitsplätze in der Schalterhalle einer Bank
4.2.1.3 Zur-Verfügung-Stehen des »anderen Arbeitsplatzes«
4.2.1.3.1 Grundsätzliches
4.2.1.3.2 Poolarbeitsplatz
4.2.1.3.3 Tätigkeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit
4.2.1.3.4 Besonderheiten bei Lehrern
4.2.1.3.5 Arbeitszimmer zur Vertiefung von Sprachkenntnissen
4.2.1.3.6 Besonderheiten bei selbstständig Tätigen
4.2.1.4 Subjektbezogener Abzugsbetrag
4.2.2 Die Homeoffice-Pauschale
4.2.3 Regelung ab 1.1.2023
4.2.3.1 Allgemeine Grundsätze
4.2.3.2 Die Pauschalregelung i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG im Einzelnen
4.2.3.2.1 Überwiegende Tätigkeit in der häuslichen Wohnung
4.2.3.2.2 Aufsuchen der ersten Tätigkeitsstätte und Abzugsausschluss der Pauschale
4.2.3.2.3 Abzugsausschluss der Pauschale
4.2.3.2.4 Begrenzung der Pauschale
4.2.3.2.5 Pauschale für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung
4.3 Abzugsverbot
4.4 Nutzung des Arbeitszimmers zur Erzielung unterschiedlicher Einkünfte
4.4.1 Mögliche Fallgestaltungen
4.4.2 Mittelpunktfälle
4.4.3 Keine Mittelpunktfälle
4.4.3.1 Regelung bis 31.12.2022
4.4.3.2 Regelung ab 1.1.2023
4.5 Nicht ganzjährige Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers
4.5.1 Regelung bis 31.12.2022
4.5.2 Regelung ab 1.1.2023
4.6 Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige
4.7 Nicht ganzjährige Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige
5 Vermietung von Arbeitszimmern unter Ehegatten
6 Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers
7 Arbeitszimmernutzung für Ausbildungszwecke
8 Arbeitszimmernutzung für Fortbildungszwecke
9 Arbeitszimmernutzung während der Erwerbslosigkeit
10 Arbeitszimmer während der Elternzeit
11 Betroffene Aufwendungen
12 Ermittlung der anteiligen Kosten
13 Häusliches Arbeitszimmer als notwendiges Betriebsvermögen
14 Das häusliche Arbeitszimmer als Objekt eines privaten Veräußerungsgeschäfts
15 Energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gem. § 35c EStG
15.1 Grundsätzliches zur Anwendung des § 35c EStG
15.2 Begünstigtes Objekt
15.2.1 Nutzung zu eigen Wohnzwecken
15.2.2 Gemischte Nutzung einer Wohnung
15.3 Höchstbetrag
16 Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung
16.1 Grundsätzliches
16.2 Keine Begrenzung des Vorsteuerabzugs auf den Abzugsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
16.3 Nutzung des Arbeitszimmers zur Erzielung unterschiedlicher Einkünfte
16.4 Unternehmensvermögen und Vorsteuerabzug eines gemischt genutzten Grundstücks
16.4.1 Anschaffung bzw. Herstellung vor dem 1.1.2011
16.4.2 Anschaffung bzw. Herstellung nach dem 31.12.2010
16.5 Vorsteuerabzug für ein häusliches Arbeitszimmer, das im Miteigentum der Ehegatten steht
17 Umgehung der Abzugsbeschränkung
18 Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt
19 Literaturhinweise
20 Verwandte Lexikonartikel

1. Grundsätzliches

Mit dem JStG 2022 vom 6.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird in Art. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 20 Buchst. b für nach dem 31.12.2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten § 4 Nr. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG durch die Nummern 6b und 6c ersetzt.

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In § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG wird die aus Anlass der Corona-Pandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale fortgeführt. Ab 1.1.2023 wird aus Vereinfachungsgründen für alle Fälle der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung ein pauschaler Abzug in Form einer Tagespauschale i.H.v. 6 €, höchstens 1 260 € im Kj, berücksichtigt.

Beachte:

Die Neuregelungen des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs im Zusammenhang mit einem häuslichen Arbeitszimmer oder einer »Arbeitsecke« ab dem Kj. 2023 werden jeweils unter den betreffenden Gliederungspunkten kommentiert.

Zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. nimmt das BMF (koordinierter Ländererlass) mit Schreiben vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320) Stellung.

Beachte:

Die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 27.3.2017 (S 2354 – 118 – St 215, SIS 17 06 75) gibt einen allgemeinen Überblick zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer.

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gehören die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in den Katalog der nicht abziehbaren Betriebsausgaben. Diese Regelungen gelten auch

  • nach § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG für den Werbungskostenabzug,

  • nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 4 EStG für den Sonderausgabenabzug der → Ausbildungskosten (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 24).

Unter die Regelungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. fällt die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers zur Erzielung von Einkünften sämtlicher Einkunftsarten (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 2). Dies gilt auch weiterhin für die Neuregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c EStG.

Wichtig:

Zweifelsfragen zum Abzug von Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG a.F. für ein häusliches Arbeitszimmer im Zusammenhang mit der Homeoffice-Pauschale klärt das BMF mit Schreiben vom 9.7.2021 (LEXinform 7012832; s.u. den Gliederungspunkt »Abzugsverbot« und dort »Die Homeoffice-Pauschale«). S. dort auch die Kommentierung der Neuregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG.

2. Die Grundsätze der Arbeitszimmerreglung

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG a.F. und n.F. dürfen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.

Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bzw. für die Tätigkeiten, die überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt werden, für den Zeitraum bis 31.12.2022 (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F.).

Abb.: Berücksichtigung der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F.

Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bzw. für die Tätigkeiten, die überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt werden, für den Zeitraum ab 1.1.2023 (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c EStG n.F.).

Abb.: Berücksichtigung der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c EStG n.F.

3. Grundsätzliches zur Berücksichtigung der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers

3.1. Regelung ab 1.1.2023

Wie bisher sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG a.F. und n.F. die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu berücksichtigen.

Ab 1.1.2023 muss nur noch im »Mittelpunktfall« der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers erfüllt sein (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG n.F.; s.a. BT-Drs. 20/4729, 147). Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind, soweit der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt, wie bisher in voller Höhe zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG n.F.). Im Gegensatz zur bisherigen Regelung gilt der Komplettabzug der Aufwendungen auch dann, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Für Mittelpunktfälle ist anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ein pauschaler Abzug i.H.v. 1 260 € für das Kj. in Form einer Jahrespauschale möglich (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG n.F.; s.u. den Gliederungspunkt »Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen«).

Beachte:

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Stpfl. aus Vereinfachungsgründen zwischen dem Abzug der tatsächlichen Kosten und der Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € wählen (s.a. BR-Drs. 457/22, 84).

Die Optionsmöglichkeit bietet sich dann an, wenn die im Kj. auf den Stpfl. entfallenden Arbeitszimmeraufwendungen 1 260 € unterschreiten. Ein Nachweis der tatsächlich angefallenen Aufwendungen ist dann nicht erforderlich.

Wie bisher (s.u. »Regelung bis 31.12.2022«) handelt es sich bei der Jahrespauschale um einen personenbezogenen Betrag (BT-Drs. 20/4729, 147).

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG n.F. wird eine monatsbezogene Berücksichtigung der Jahrespauschale festgelegt. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 der Nr. 6b nicht vorliegen – das häusliche Arbeitszimmer also nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet –, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 € um ein Zwölftel.

Beachte:

Liegen die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht im gesamten Wirtschafts- oder Kalenderjahr vor und wird die Jahrespauschale daher nach Satz 4 der Nr. 6b n.F. gekürzt, kann für diesen Kürzungszeitraum die Tagespauschale (Nr. 6c n.F.) zu gewähren sein (BT-Drs. 20/4729, 147).

3.2. Regelung bis 31.12.2022

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG a.F. und n.F. dürfen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG a.F.); dies gilt auch, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung und steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1 250 € je Wj. oder Kj. als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 Halbsatz 1 EStG a.F.). Der Betrag von 1 250 € ist kein Pauschbetrag. Nach der Rechtsprechungsänderung des BFH vom 15.12.2016 (BFH vom 15.12.2016, VI R 53/12, BStBl II 2017, 938 und VI R 86/13, BStBl II 2017, 941) handelt es sich nicht um einen objektbezogenen, sondern um einen personenbezogenen Höchstbetrag (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 1 und 21). Wenn mehrere Personen das Arbeitszimmer nutzen, vervielfacht sich deshalb der Höchstbetrag (s.u. die Gliederungspunkte »Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige« und »Objekt- bzw. subjektbezogener Abzugsbetrag«). Der Höchstbetrag kann von jedem Stpfl. ausgeschöpft werden, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. in seiner Person vorliegen (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 13/2017 vom 22.2.2017, LEXinform 0445953 sowie Anmerkung vom 1.3.2017, LEXinform 0653117). Der personenbezogene Höchstbetrag kann nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten in Anspruch genommen werden, sondern ist ggf. auf die unterschiedlichen Tätigkeiten aufzuteilen. Bei der Nutzung mehrerer häuslicher Arbeitszimmer in verschiedenen Haushalten ist der Höchstbetrag nur einmal anzuwenden (BFH vom 9.5.2017, VIII R 15/15, BStBl II 2017, 956; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 1).

Mit der Begrenzung der Aufwendungen auf 1 250 € wird der typischerweise entstehende Aufwand für ein häusliches Arbeitszimmer mit einer Durchschnittsgröße von 12 bis 14 qm in zutreffender Weise berücksichtigt, denn nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes beträgt die bundeseinheitliche Monats-Bruttowarmmiete je Quadratmeter 6,50 € (BT-Drs. 17/3549, 19; s.a. Pressemitteilung Nr. 55/2010 des BVerfG vom 29.7.2010, LEXinform 0435575 und Pressemitteilung des BMF vom 3.11.2010, LEXinform 0435827).

3.3. Grundsätzliches zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers

Der BFH hat im Urteil vom 19.9.2002 (VI R 70/01, BStBl II 2003, 139) in einer Grundsatzentscheidung zum Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer Stellung genommen. »Häusliches Arbeitszimmer« i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung

  • gedanklicher,

  • schriftstellerischer oder

  • verwaltungstechnischer bzw. organisatorischer

Arbeiten dient (s.a. BFH vom 16.10.2002, XI R 89/00, BStBl II 2003, 185). Es muss sichergestellt sein, dass eine private Nutzung als Wohnraum so gut wie ausgeschlossen ist; eine untergeordnete private Mitbenutzung (< 10 %) ist unschädlich (Rz. 3 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320). Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist (s. BFH vom 8.3.2017, IX R 52/14, BFH/NV 2017, 1017). Dabei ist u.a. von Bedeutung, ob dem Stpfl. für das Wohnbedürfnis genügend Raum zur Verfügung bleibt und ob der Raum von den Privatzimmern getrennt liegt (z.B. BFH vom 22.3.2016, VIII R 10/12, BStBl II 2016, 881).

Die Häuslichkeit beruflich/betrieblich genutzter Räume bestimmt sich danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Stpfl. zugehörig darstellen (BFH vom 6.12.2017, VI R 41/15, BStBl II 2018, 355 und BFH Beschluss vom 8.10.2020, VIII B 59/20, BFH/NV 2021, 181, LEXinform 4223847, Rz. 29; s.u. den Gliederungspunkt »Zusätzliche Wohnung als Arbeitszimmer« sowie »Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers«).

Hinweis:

Mit Beschluss vom 21.11.2013 (IX R 23/12, BStBl II 2014, 312) hat der BFH dem GrS Fragen zur Aufteilbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer vorgelegt. Danach sind folgende Rechtsfragen zu klären:

  1. Setzt der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraus, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird?

  2. Sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 (GrS 1/06, BStBl II 2010, 672) aufzuteilen?

Der GrS hat mit Beschluss vom 27.7.2015 (GrS 1/14, BStBl II 2016, 265) die Rechtsfrage 1 wie folgt beantwortet: Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Damit erübrigt sich die Beantwortung der Frage 2.

Mit Urteil vom 16.2.2016 (IX R 23/12, BFH/NV 2016, 912, LEXinform 0929180, Nachfolgeentscheidung zum Beschluss des GrS vom 27.7.2015) hat der BFH entschieden, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird.

Bei einem steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitszimmer sind Aufwendungen für Nebenräume (Küche, Bad und Flur), die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen Teil privat genutzt werden, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Das hat der BFH mit Urteil vom 17.2.2016 (X R 26/13, BStBl II 2016, 611) entschieden.

Bezüglich der Aufteilung der Aufwendungen in einen betrieblichen/beruflichen und privaten Anteil hat der BFH u.a. folgende Revisionsverfahren i.S.d. Beschlusses des Großen Senats vom 27.7.2015 sowie des BFH-Urteils vom 16.2.2016 (IX R 23/12, s.o.) entschieden:

  • BFH vom 8.9.2016 (III R 62/11, BStBl II 2017, 163): Keine Berücksichtigung von Aufwendungen für einen mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteten Raum, da es sich nicht um den Typus eines häuslichen Arbeitszimmers handelt.

  • BFH vom 20.6.2016 (X B 14/16, BFH/NV 2016, 1552): Wenn ein Steuerpflichtiger einen Raum seiner im Übrigen privat genutzten Wohnung zu beruflichen oder betrieblichen Zwecken nutzt, können anteilige Aufwendungen der Allgemeinräume (Küche, Flur, WC) nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer abgezogen werden. Dies gilt sowohl, wenn es sich bei dem beruflich oder betrieblich genutzten Raum um ein »häusliches Arbeitszimmer« handelt (BFH vom 17.2.2016 X R 26/13, BStBl II 2016, 611) als auch dann, wenn dieser Raum einkommensteuerrechtlich als Betriebsstätte anzusehen ist.

  • BFH vom 17.2.2016 (X R 32/11, BStBl II 2016, 708 sowie X R 1/13, BFH/NV 2016, 913): Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der mit einem nicht unerheblichen Teil seiner Fläche auch privat genutzt wird (sog. »Arbeitsecke«), können nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer berücksichtigt werden.

  • BFH vom 22.3.2016 (VIII R 10/12, BStBl II 2016, 881): Kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein büromäßig eingerichteter Arbeitsbereich, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist.

  • BFH vom 16.2.2016 (IX R 20/13, BFH/NV 2016, 1146, LEXinform 0929693; IX R 21/13, BFH/NV 2016, 1147, LEXinform 0929692 sowie IX R 23/12, BFH/NV 2016, 912): Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Die Nutzung des Arbeitszimmers für Zwecke einer nicht steuerbaren Tätigkeit ist einer privaten Nutzung gleichzustellen.

    Der Abzug eines Teils der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann deshalb versagt werden, weil der Stpfl. das Arbeitszimmer zu 30 % auch für eine Tätigkeit nutzte, bei der es sich unstreitig um einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei (wissenschaftliche Tätigkeit) handelt (s.a. Anmerkung vom 12.7.2016, LEXinform 0947954).

In einem weiteren Urteil vom 13.12.2016 (X R 18/12, BStBl II 2017, 450) schließt sich der BFH der o.g. Rechtsprechung an und hat entschieden, dass ein steuerlich berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer sich von einer nicht berücksichtigungsfähigen Arbeitsecke durch eine feste bauliche Abgrenzung gegen die privat genutzten Teile der Wohnung unterscheidet.

In Rz. 5 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320) nennt das BMF-Schreiben Fälle, in denen ein häusliches Arbeitszimmer gegeben ist, und weitere Fälle, in denen kein häusliches Arbeitszimmer, sondern betrieblich genutzte Räume vorliegen.

Beachte:

Durch Art. 1 Nr. 2 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG eine Homeoffice-Pauschale eingeführt. Liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor, kann der Stpfl. für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt, für seine gesamte betriebliche und berufliche Betätigung einen Betrag von 5 €, höchstens 600 € im Kj. abziehen. S. dazu die Erläuterungen unter dem Gliederungspunkt »Abzugsverbot«.

Durch Art. 1 Nr. 3 des JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird die bisher in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG a.F. befristete Homeoffice-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F. ab 1.1.2023 dauerhaft gewährt und die Tagespauschale von bisher 5 € auf 6 € sowie der Höchstbetrag von bisher 600 € auf 1 260 € angehoben.

3.4. Einzelfälle zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers

3.4.1. Kellerraum

Auch ein im Keller des selbst bewohnten Einfamilienhauses gelegener Raum, den der Stpfl. zusätzlich zu einem häuslichen Arbeitszimmer als Archiv nutzt, kann zusammen mit diesem unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fallen. Entscheidend für das Merkmal der »Einbindung in die häusliche Sphäre« ist, dass der Raum nicht für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet ist (BFH vom 31.3.2004, X R 1/03, BFH/NV 2004, 1387; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 4 und 5).

Auch nach dem Urteil des FG Nürnberg vom 12.11.2015 (4 K 129/14, EFG 2016, 188, LEXinform 5018584, rkr.) stehen Kellerräume im selben Haus als Zubehörräume zu einer Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sich als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt (s.a. BFH vom 11.11.2014, VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382).

3.4.2. Hobbyraum

Ein Arbeitszimmer in einem zur Wohnung des Stpfl. gehörenden Hobbyraum ist auch dann ein »häusliches« Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, wenn sich der betreffende Raum im Keller eines Mehrfamilienhauses befindet (BFH vom 26.2.2003, VI R 130/01, BStBl II 2004, 74).

3.4.3. Zusätzliche Wohnung als Arbeitszimmer

Die Häuslichkeit beruflich/betrieblich genutzter Räume bestimmt sich danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Stpfl. zugehörig darstellen (BFH vom 6.12.2017, VI R 41/15, BStBl II 2018, 355 und BFH Beschluss vom 8.10.2020, VIII B 59/20, BFH/NV 2021, 181, LEXinform 4223847, Rz. 29).

Dementsprechend ist ein Arbeitszimmer, das sich in einem selbst genutzten Einfamilienhaus befindet, grds. ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, es sei denn, die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre wird – etwa durch Publikumsverkehr oder die Beschäftigung von nicht familienangehörigen Teilzeitkräften – aufgehoben oder überlagert (BFH vom 15.1.2013, VIII R 7/10, BStBl II 2013, 374, s.u. sowie BFH Beschluss vom 8.10.2020, VIII B 59/20, BFH/NV 2021, 181, LEXinform 4223847, Rz. 30). Dabei ist eine unmittelbare Verbindung zur Wohnung nicht erforderlich.

Nutzt ein Stpfl., der in einem Mehrfamilienhaus wohnt, eine zusätzliche Wohnung als Arbeitszimmer, so fällt diese jedenfalls dann noch unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, wenn sie an die Privatwohnung unmittelbar angrenzt (BFH vom 26.2.2003, VI R 124/01, BStBl II 2004, 69; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5, Beispiele Buchst. a Spiegelstrich 2).

Werden im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses Räumlichkeiten, die nicht zur Privatwohnung des Stpfl. gehören, als Arbeitszimmer genutzt, so handelt es sich hierbei im Regelfall um ein »außerhäusliches« Arbeitszimmer, das nicht unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. sowie Nr. 6b und 6c EStG n.F. fällt (BFH vom 18.8.2005, VI R 39/04, BStBl II 2006, 428; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 4). S.a. das BFH-Urteil 6.12.2017 (VI R 41/15, BStBl II 2018, 355, LEXinform 0950473). Die erforderliche Verbindung zur häuslichen Sphäre ist in diesem Fall nicht allein deshalb gegeben, weil sich eine als Arbeitszimmer genutzte Wohnung in demselben Haus und unter demselben Dach wie die Privatwohnung des Steuerpflichtigen befindet.

Beachte:

Nach der Neuregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG muss die betriebliche oder berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung – und nicht außerhalb – ausgeübt werden, damit die Tagespauschale i.H.v. 6 € berücksichtigt werden kann.

Danach setzt eine Durchbrechung des inneren Zusammenhangs des Arbeitszimmers mit den in demselben Gebäude gelegenen Wohnräumen regelmäßig voraus, dass das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen ist (s.u. BFH vom 15.1.2013, VIII R 7/10, BStBl II 2013, 374). Denn in diesem Fall ist die räumliche Trennung zwischen Arbeitszimmer und Wohnhaus so stark ausgeprägt, dass der Zusammenhang zur häuslichen Sphäre gelöst wird. Dies gilt auch dann, wenn über die Wohn- und Arbeitsräume zwei separate Mietverträge abgeschlossen wurden, da dies lediglich ein – gestaltbares– schwaches Indiz für ein außerhäusliches Arbeitszimmer ist (BFH Beschluss vom 8.10.2020, VIII B 59/20, BFH/NV 2021, 181, LEXinform 4223847, Rz. 33).

Zur Einbindung des Arbeitszimmers in die häusliche Sphäre hat der BFH mit Urteil vom 15.1.2013 (VIII R 7/10, BStBl II 2013, 374) Stellung genommen. Der BFH hat entschieden, dass Aufwendungen für die berufliche Nutzung der zweiten Wohnung, die sich im Obergeschoss eines ausschließlich von dem Kläger und seiner Familie genutzten Zweifamilienhauses befinden, unter die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer fallen und somit lediglich pauschal i.H.v. 1 250 € steuerlich zu berücksichtigen sind (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5 Beispiele Buchst. a 6. Spiegelstrich).

Beachte:

Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind, soweit der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt, auch dann abziehbar, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Für Mittelpunktfälle sind die Aufwendungen damit – wie bisher – weiterhin in voller Höhe abziehbar. Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ist ein pauschaler Abzug i.H.d. Höchstbetrages der Tagespauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F. i.H.v. 1 260 € möglich (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 und 2 EStG n.F.).

Stpfl., deren Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, können die Tagespauschale des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F. abziehen.

Wichtig:

Ab 1.1.2023 muss nur noch im »Mittelpunktfall« der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers erfüllt sein (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F.; s.a. BT-Drs. 20/4729, 147).

3.4.4. Arbeitszimmer außerhalb des Wohngebäudes

Liegt das Arbeitszimmer außerhalb der Privatwohnung und außerhalb der baulichen Einheit des Wohngebäudes, unterliegt das Arbeitszimmer nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, da es sich dabei nicht um ein häusliches Arbeitszimmer handelt (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 4).

Ein innerer Zusammenhang zwischen Wohnsphäre und beruflich genutzten Räumen ist zu verneinen, wenn die Räume ausschließlich über der Allgemeinheit zugänglich gemachte Verkehrsflächen erreicht werden können. Werden in einem Zweifamilienhaus Räumlichkeiten, die nicht zur Privatwohnung des Stpfl. gehören und die nur über einen straßenseitig gelegenen, auch von anderen Personen genutzten Zugangsbereich erreichbar sind, als Arbeitszimmer genutzt, kann es sich hierbei um ein »außerhäusliches« Arbeitszimmer handeln, das nicht unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fällt (BFH vom 20.6.2012, IX R 56/10, BFH/NV 2012, 1776, LEXinform 0928221; Anmerkung vom 16.4.2013, LEXinform 0652101).

Kellerräume im selben Haus stehen als Zubehörräume zu einer Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sich als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt. Bei wertender Betrachtung im Einzelfall kann es an einem inneren Zusammenhang mit der häuslichen Sphäre fehlen, wenn der Stpfl., um von seinem Wohnbereich in die Büroräume zu gelangen, zunächst das Haus/Wohnung verlassen und eine auch von anderen Personen (z.B. dem Mieter) genutzte und insoweit auch der Allgemeinheit zugänglich gemachte Verkehrsfläche durchqueren muss. Ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Bereichen wird durch ein gemeinsames Treppenhaus jedoch allenfalls gelockert und nicht durchbrochen, wenn es darüber hinaus einen weiteren direkten Zugang aus dem Privatbereich zum Bürobereich gibt (Urteil FG Nürnberg vom 12.11.2015, 4 K 129/14, EFG 2016, 188, LEXinform 5018584, rkr.).

3.4.5. Arbeitszimmer im Anbau

Ein Arbeitszimmer kann auch dann »häuslich« i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sein, wenn es sich in einem Anbau zum Wohnhaus des Stpfl. befindet und nur über einen separaten Eingang vom straßenabgewandten Garten aus betreten werden kann (BFH vom 13.11.2002, VI R 164/00, BStBl II 2003, 350).

Auch ein als Arbeitszimmer genutztes ausgebautes Dachgeschoss einer Doppelgarage, die ca. 20 m vom selbstbewohnten Einfamilienhaus entfernt auf dem Grundstück des Stpfl. steht, kann ein häusliches Arbeitszimmer i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sein (BFH Beschluss vom 23.5.2013, VIII B 153/12, BFH/NV 2013, 1233, LEXinform 5907351).

3.4.6. Arztpraxis und Arbeitszimmer in einem Einfamilienhaus

Befindet sich in einem Einfamilienhaus die Arztpraxis und zusätzlich in den Wohnräumen noch ein Arbeitszimmer, so handelt es sich um ein häusliches Arbeitszimmer, wenn der Raum seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient.

3.4.7. Toilette

Die Benutzung des Gäste-WCs in der Privatwohnung eines Betriebsprüfers ist nicht beruflich veranlasst. Kosten für die Renovierung des WC sind daher steuerlich nicht absetzbar.

Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 21.1.2013 (9 K 2096/12, EFG 2013, 767, LEXinform 5014779, rkr.) entschieden, dass der Betriebsprüfer eines FA weder die Kosten für sein Arbeitszimmer noch die Renovierungskosten für die daneben liegende Toilette als Werbungskosten geltend machen kann.

Der Kläger ist Fachprüfer für geschlossene Immobilienfonds. Ihm stand in den Räumen des FA ein fester Arbeitsplatz zur Verfügung. Im Streitjahr 2008 renovierte er seine Privatwohnung (4 Zimmer, Küche, Bad mit WC und Gäste-WC) und richtete sich ein häusliches Arbeitszimmer ein. Mit seiner Klage machte er insbes. die Kosten für die Renovierung seines Arbeitszimmers sowie seines Gäste-WC als Werbungskosten geltend. Nach dem von ihm geführten Toilettentagebuch nutze er die Toilette ca. 9- bis 10-mal täglich, davon 8- bis 9-mal beruflich. Es ergebe sich daher eine berufliche Toilettennutzung von 73,58 %.

Das FG wies die Klage ab. Weder die Aufwendung für das Arbeitszimmer noch die Aufwendungen für die Toilette seien Werbungskosten. Die für einen Betriebsprüfer prägenden Tätigkeiten übt er außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers im Außendienst aus. Daher ist das Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit. Das gilt »erst recht« für die Toilette. Bei dieser handelt es sich nicht um einen betriebsstättenähnlichen Raum, sondern um das private Gäste-WC, das der Kläger auch während seiner Dienstzeit nutzt. Aufgrund dieser Nutzung besteht kein besonderer beruflicher Zusammenhang (Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg Nr. 9/2013 vom 16.5.2013, LEXinform 0439685; Anmerkung vom 9.5.2013, LEXinform 0943783).

Wenn ein Stpfl. einen Raum seiner im Übrigen privat genutzten Wohnung zu beruflichen oder betrieblichen Zwecken nutzt, können anteilige Aufwendungen der Allgemeinräume (Küche, Flur, WC) nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden. Dies gilt sowohl, wenn es sich bei dem beruflich oder betrieblich genutzten Raum um ein »häusliches Arbeitszimmer« handelt (BFH vom 17.2.2016, X R 26/13, BStBl II 2016, 611; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 4) als auch dann, wenn dieser Raum einkommensteuerrechtlich als Betriebsstätte anzusehen ist (BFH vom 20.6.2016, X B 14/16, BFH/NV 2016, 1552, LEXinform 5908434).

Hinweis:

Für die Tätigkeit im »Homeoffice« kann der Betriebsprüfer ab 1.1.2020 die Pauschale des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG abziehen.

Ab dem 1.1.2023 kann er die Tagespauschale des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG abziehen.

3.5. Zusammenfassung zur räumlichen Lage des Raumes/der Räume und der damit zusammenhängenden Behandlung als Arbeitszimmer

Der BFH fasst mit Urteil vom 26.2.2003, VI R 160/99, BStBl II 2003, 515 seine bisherige Rspr. bezüglich der räumlichen Nähe des Arbeitszimmers zur Wohnung zusammen. Der BFH hat folgende Entscheidungen zur Lage des Arbeitszimmers getroffen (s.a. Leidel u.a., DStR 2012, 2366):

Wohnung belegen

Arbeitszimmer belegen

Rechtsprechung vom

Entscheidungstenor

im Mehrfamilienhaus

unmittelbar angrenzend an die Privatwohnung bzw. dieser unmittelbar gegenüberliegend

26.2.2003, VI R 124/01, BStBl II 2004, 69

Das Arbeitszimmer ist in die häusliche Sphäre eingebunden (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5 Beispiele Buchst. a).

im Mehrfamilienhaus

der Privatwohnung gegenüberliegend auf derselben Etage

26.2.2003, VI R 125/01, BStBl II 2004, 72

Das Arbeitszimmer ist in die häusliche Sphäre eingebunden (s.a. BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5 Beispiele Buchst. a).

im Mehrfamilienhaus

in einem zur Wohnung gehörenden Hobbyraum im Keller.

26.2.2003, VI R 130/01, BStBl II 2004, 74

Das Arbeitszimmer ist in die häusliche Sphäre eingebunden (s.a. BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 3).

im Mehrfamilienhaus

Die Wohnung ist angemietet vom Vermieter A.

in angemieteten Kellerräumen in demselben Haus

Die Kellerräume sind von Vermieter B angemietet.

26.2.2003, VI R 160/99, BStBl II 2003, 515

Es handelt sich um ein »außerhäusliches« Arbeitszimmer, das nicht unter § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG fällt (s.a. BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 4).

im Mehrfamilienhaus

im Kellergeschoss des Wohnhauses Durch die Lage an einem Hang ist der Büroraum über einen eigenen Eingang vom Garten her betretbar. Zugleich besteht die Möglichkeit des Zugangs über das Treppenhaus, das der Stpfl. gemeinsam mit seinen im ersten Stock wohnenden Mietern benutzt. Über das Büro sind die Toiletten- und Saunaräume im Kellergeschoss betretbar.

18.6.2009, FG Münster, 10 K 645/08 E, rkr., LEXinform 5009286

Ein Arbeitszimmer im Kellergeschoss des Wohnhauses des Stpfl., das über einen eigenen Eingang verfügt und außerdem über das Treppenhaus des Hauses erreichbar ist, ist kein außerhäusliches, sondern ein häusliches Arbeitszimmer.

im Mehrfamilienhaus

Die Wohnung befindet sich im EG.

in einer abgeschlossenen Wohnung im 1. OG

10.6.2008, VIII R 52/07, LEXinform 0588732 (Bestätigung des Urteils des FG Köln vom 29.8.2007, 10 K 839/04, EFG 2008, 205, LEXinform 5005673); BFH vom 6.12.2017, VI R 41/15, BStBl II 2018, 355

Es handelt sich um ein »außerhäusliches« Arbeitszimmer, das nicht unter § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG fällt.

im Mehrfamilienhaus

Die Wohnung liegt im Erdgeschoss.

in einer angemieteten Wohnung im Dachgeschoss, die als Arbeitszimmer genutzt wird

18.8.2005, VI R 39/04, BStBl II 2006, 428;

8.10.2020, VIII B 59/20, BFH/NV 2021, 181, LEXinform 4223847

Es handelt sich um ein »außerhäusliches« Arbeitszimmer, das nicht unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG fällt (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 4).

im selbst bewohnten Zweifamilienhaus

im Untergeschoss des selbst bewohnten Zweifamilienhauses

6.7.2005, XI R 47/04, BFH/NV 2006, 43

Es handelt sich um drei Räume eines nebenberuflich tätigen Rechtsanwalts. Die Räume befinden sich im Wohnhaus des Stpfl. und sind büromäßig eingerichtet. Ein intensiver und dauerhafter Publikumsverkehr hat nicht stattgefunden. Die Räume sind in die häusliche Sphäre eingebunden.

im selbst bewohnten Zweifamilienhaus

Der Stpfl. schließt zwei Mietverträge: einen Vertrag über die Wohnung im Erdgeschoss und einen Vertrag für die Wohnung im Obergeschoss, die als Büro für die selbstständige Tätigkeit genutzt wird.

im Obergeschoss des Zweifamilienhauses

Der Zugang ist nur über einen separaten Treppenhausaufgang möglich; eine direkte Verbindung zwischen Wohnung und Büro besteht nicht.

10.4.2013, VIII R 7/10, BStBl II 2013, 374

Ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG liegt auch dann vor, wenn sich die zu Wohnzwecken und die betrieblich genutzten Räume in einem ausschließlich vom Stpfl. genutzten Zweifamilienhaus befinden und auf dem Weg dazwischen keine der Allgemeinheit zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche betreten werden muss (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5 Beispiele Buchst. a).

im selbst bewohnten Zweifamilienhaus

Zwei Räume im Obergeschoss werden durch eine Zwischenwand von den übrigen Räumen des Obergeschosses getrennt.

im Obergeschoss des Zweifamilienhauses

Der Zugang ist nicht durch die Wohnräume möglich.

20.6.2012, IX R 56/10, BFH/NV 2012, 1776, LEXinform 0928221

Werden in einem Zweifamilienhaus Räumlichkeiten, die nicht zur Privatwohnung des Stpfl. gehören und die nur über einen straßenseitig gelegenen, auch von anderen Personen genutzten Zugangsbereich erreichbar sind, als Arbeitszimmer genutzt, kann es sich hierbei um ein außerhäusliches Arbeitszimmer handeln, das nicht unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fällt (s.a. Anmerkung vom 16.4.2013, LEXinform 0652101).

im selbst bewohnten Einfamilienhaus

im Keller

19.9.2002, VI R 70/01, BStBl II 2003, 139

Das Arbeitszimmer ist in die häusliche Sphäre eingebunden (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 3).

im Einfamilienhaus

in einem Anbau zum Einfamilienhaus, der nur vom straßenabgewandten Garten aus betreten werden kann.

13.11.2002, VI R 164/00, BStBl II 2003, 350

Das Arbeitszimmer ist in die häusliche Sphäre eingebunden.

im Einfamilienhaus

im gesamten Dachgeschoss

26.2.2003, VI R 156/01, BStBl II 2004, 75

Das Arbeitszimmer ist in die häusliche Sphäre eingebunden.

im Einfamilienhaus

im Souterrain gelegene Arztpraxis

23.1.2003, IV R 71/00, BStBl II 2004, 43

Es handelt sich dann um ein häusliches Arbeitszimmer, wenn die Räumlichkeit nicht erkennbar besonders für die Behandlung von Patienten eingerichtet ist und in ihr auch kein Publikumsverkehr stattfindet (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5 Beispiele Buchst. b).

im Einfamilienhaus

im Erdgeschoss zusätzlich zu den Praxisräumen

20.11.2003, IV R 30/03, BStBl II 2004, 775

Es handelt sich auch dann um ein häusliches Arbeitszimmer, wenn in demselben Wohnhaus eine Arztpraxis eingerichtet ist und die in dem häuslichen Arbeitszimmer durchgeführten Arbeiten ausschließlich im Zusammenhang mit der häuslichen Praxis stehen.

im Einfamilienhaus

in einem Wohnraum, abgetrennt durch ein Regal (Arbeitsecke)

17.2.2016, X R 32/11, BStBl II 2016, 708; X R 1/13, BFH/NV 2016, 913 sowie X R 26/13, BStBl II 2016, 611

S.o. die Allgemeinverfügung (koordinierter Ländererlass) vom 30.4.2018 (BStBl I 2018, 606)

Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der mit einem nicht unerheblichen Teil seiner Fläche auch privat genutzt wird (sog. »Arbeitsecke«), können nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer berücksichtigt werden (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 4).

Die Aufwendungen können im Rahmen der »Homeoffice-Pauschale« berücksichtigt werden.

Abb.: Räumliche Nähe des Arbeitszimmers zur Wohnung

3.6. Häusliche Betriebsstätte

3.6.1. Allgemeines zur häuslichen Betriebsstätte

Nicht unter die Abzugsregelungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fallen Räume, bei denen es sich um

  • Betriebsräume,

  • Lagerräume,

  • Ausstellungsräume

handelt, selbst wenn diese an die Wohnung angrenzen (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5).

Zum Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und zur Abgrenzung des häuslichen Arbeitszimmers von der häuslichen Betriebsstätte nimmt der BFH mit Urteil vom 18.4.2012 (X R 58/09, BFH/NV 2012, 1768, LEXinform 0927670) Stellung (s.a. Anmerkung vom 15.11.2012, LEXinform 0943287).

Der Rspr. des BFH zufolge erfasst die Abzugsregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer daher typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt. Der BFH hat den Begriff in Anlehnung an die frühere Rspr. zwar nicht als Gegenstück zur häuslichen Betriebsstätte i.S.v. § 12 AO definiert, ihn jedoch abgegrenzt von betriebsstättenähnlichen Räumen im Wohnungsbereich. Anhand der konkreten tatsächlichen Verhältnisse ist zu entscheiden, ob der Raum dem Typus »häusliches Arbeitsbüro« oder dem Typus »häusliche Betriebsstätte« entspricht. Dabei kann die maschinelle Ausstattung ebenso eine Rolle spielen wie die Beschäftigung von Angestellten oder Publikumsverkehr sowie die Größe des Raumes.

Ein im selbst genutzten Einfamilienhaus belegenes Büro kann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG herausfallen, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben oder überlagert wird. Derartige Gründe sind allerdings nicht schon deshalb gegeben, weil ein Stpfl. einen von ihm genutzten Raum gelegentlich für Beratungsgespräche nutzt, sondern nur dann, wenn die funktionale Büroeinheit auch von dritten, nicht familien- und haushaltszugehörigen Personen genutzt wird (BFH vom 9.11.2006, IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677). Gelegentliche Zusammenkünfte mit Auftraggebern – zwei- bis dreimal pro Monat –, genügen dafür allerdings nicht. Der Plan, je nach Entwicklung des Geschäfts ArbN zu beschäftigen, genügt allein ebenfalls nicht. Die Tatsache, dass die Räumlichkeiten teilweise von der Ehefrau des Stpfl. genutzt werden, führt ebenfalls nicht dazu, dass ihre Einbindung in die häusliche Sphäre aufgehoben wird.

Die Abgrenzung zwischen einem (häuslichen) Arbeitszimmer und einem Büro (außerhäusliches Arbeitszimmer) ist danach zu treffen, ob und in welchem Umfang Publikumsverkehr in den Räumen stattfindet und ob fremdes Personal in den Räumen tätig wird. Einmal wöchentliche Besuche sollen regelmäßig nicht ausreichen, um die Räume als außerhäusliches Büro einordnen zu können (FG Köln vom 9.9.2010, 10 K 944/06, EFG 2011, 316, bestätigt durch BFH vom 20.6.2012, IX R 56/10, BFH/NV 2012, 1776, LEXinform 0928221; s.a. Anmerkung vom 16.4.2013, LEXinform 0652101). Gelegentliche Zusammenkünfte mit Vorgesetzen oder Kollegen des Stpfl. – nach der Schilderung des Stpfl. haben diese jeweils drei- bis viermal im Jahr stattgefunden – genügen nach Auffassung des FG nicht.

Ein Förster (Diplom-Forstwirt), der im überwiegenden Interesse seines ArbG ein Dienstzimmer in seinem Wohnhaus unterhält, kann die hierfür entstehenden Kosten in vollem Umfang von der Steuer absetzen. Die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung (Urteil FG Köln vom 27.8.2014, 7 K 3561/10, EFG 2015, 811, LEXinform 5017510, rkr.; s. Pressemitteilung FG Köln vom 4.3.2015, LEXinform 0442982).

Die Forstbehörde legte besonderen Wert darauf, dass er in der Nähe seines Betreuungsreviers wohnte und in seinem Wohnhaus ein Dienstzimmer einrichtete. In dem Dienstzimmer sollten regelmäßige Sprechzeiten abgehalten werden. Außerdem stellte die Behörde die technische Büroausstattung zur Verfügung. Das Zimmer musste im Krankheitsfall für einen Vertreter des Försters zugänglich sein. Die Funktionsfähigkeit des Dienstzimmers konnte von der Forstbehörde vor Ort überprüft werden. Für die Unterhaltung des Zimmers erhielt der Förster monatlich eine steuerfreie Entschädigung von 81,81 €. Die darüber hinausgehenden Kosten für das Zimmer von 3 417 € wollte der Diplom-Forstwirt als Werbungskosten geltend machen.

Das Dienstzimmer ist als externes Büro des Dienstherrn zu beurteilen und unterliegt nicht der Regelung für häusliche Arbeitszimmer. Unerheblich ist insoweit, dass zwischen dem ArbN und der Forstbehörde kein Mietvertrag über das Dienstzimmer geschlossen worden ist und der ArbN eine steuerfreie Nutzungsentschädigung erhalten hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das Interesse des ArbN, zur Erledigung büromäßiger Arbeiten einen Raum in der eigenen Wohnung zur Verfügung zu haben, von den Belangen der Behörde überlagert worden ist.

In seinem Beschluss vom 4.1.2012 (VIII B 186/10, BFH/NV 2012, 574, LEXinform 5906575) betont der BFH ausdrücklich, dass auch Büroräume von Freiberuflern im ansonsten selbstgenutzten Einfamilienhaus häusliche Arbeitszimmer sein können, dies gilt auch für Journalisten.

Zu beachten ist, dass ein betriebliches Arbeitszimmer stets, unabhängig vom Betriebsausgabenabzug, notwendiges Betriebsvermögen wird mit der Folge der Besteuerung des vollen Veräußerungsgewinns unter Kürzung der Buchwerte um nicht absetzbare Abschreibungsbeträge (s.u. den Gliederungspunkt »Häusliches Arbeitszimmer als notwendiges Betriebsvermögen«).

3.6.2. Ärztliche Notfallpraxis

Eine ärztliche Notfallpraxis ist allerdings kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, selbst wenn sie mit Wohnräumen des Arztes räumlich verbunden ist (BFH vom 5.12.2002, IV R 7/01, BStBl II 2003, 463). Für die Qualifizierung eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer ist wohl die Frage zu stellen: ist der Raum zu einer »Schreibtischtätigkeit« bestimmt, oder dient er anderen beruflichen Aktivitäten wie etwa handwerklicher Arbeit oder medizinischer Behandlung. Liegt danach kein häusliches Arbeitszimmer vor und werden die Räumlichkeiten so gut wie ausschließlich beruflich genutzt, sind die durch die betriebliche Nutzung veranlassten Aufwendungen unbeschränkt als Betriebsausgaben abzugsfähig (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 5 Beispiele Buchst. b).

Nach dem BFH-Urteil vom 29.1.2020 (VIII R 11/17, BStBl II 2020, 445, Rz. 19) muss im Einzelfall festgestellt werden, ob ein mit Wohnräumen des Arztes in räumlichem Zusammenhang stehender, zur Notfallbehandlung von Patienten genutzter Raum als betriebsstättenähnlicher Raum anzusehen ist. Dabei kommt sowohl der Ausstattung des Raums als auch dessen leichter Zugänglichkeit für Dritte Bedeutung zu.

Der Große Senat des BFH stellt in seinem Beschluss vom 27.7.2015 (GrS 1/14, BStBl II 2016, 265) u.a. in Bezug auf in die häusliche Sphäre eingebundene sog. Notarztpraxen ausdrücklich fest, dass eine – die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auslösende – private Mitbenutzung eines Raums bereits aufgrund seiner Ausstattung und/oder seiner Zugänglichkeit durch dritte Personen ausgeschlossen sein kann. Hieraus folgt, dass die Anforderungen an die Annahme einer leichten Zugänglichkeit des Raums für Dritte nicht völlig losgelöst von dessen Ausstattung bestimmt werden können. Somit führt nicht jede noch so geringe räumliche Verbindung zu privat genutzten Räumen zwangsläufig zur Ablehnung einer leichten Zugänglichkeit für Patienten. Jedenfalls dann, wenn ein Raum als Behandlungsraum eingerichtet ist, er nachhaltig zur Behandlung von Patienten genutzt wird und aufgrund seiner Einrichtung und Nutzung eine private (Mit-)Nutzung fernliegend ist, begründet allein der Umstand, dass die Patienten den Behandlungsraum nur über einen dem privaten Bereich zuzuordnenden Flur erreichen können, keine Abzugsbeschränkung i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG. In einem solchen Fall sind die Anforderungen, die an das Merkmal der leichten Zugänglichkeit zu stellen sind, geringer, weil bereits aufgrund der Ausstattung des Raums und dessen tatsächlicher Nutzung eine die Abzugsbeschränkung rechtfertigende private (Mit-)Nutzung praktisch ausgeschlossen werden kann (BFH vom 29.1.2020, VIII R 11/17, BStBl II 2020, 445, Rz. 20; s.a. Anmerkung vom 15.7.2020, LEXinform 0889562).

3.6.3. Büroraum für Publikumsverkehr

Ein Büroraum, der einem nicht unwesentlichen Publikumsverkehr unterliegt (z.B. Gespräche und Beratungen mit Mitarbeitern bzw. Kunden), ist seiner Funktion nach regelmäßig kein häusliches Arbeitszimmer (BFH vom 14.1.2004, VI R 55/03, BFH/NV 2004, 944), sondern eine häusliche Betriebsstätte.

Nach dem BFH-Beschluss vom 5.12.2005 (XI B 100-102/05, BFH/NV 2006, 721, LEXinform 5902055) ist eine kleine Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins als häusliches Arbeitszimmer zu werten. Erst bei einer Vielzahl von Besuchern sei davon auszugehen, dass das Zimmer nicht mehr in die private Sphäre eingebunden sei. Der Stpfl. habe dort aber nur gelegentliche Beratungsgespräche geführt. Das Zimmer habe auch keine entsprechende Möblierung, etwa einen Beratungs- oder Konferenztisch, aufgewiesen und der Stpfl. sei zudem häufig selbst zu den Mandanten gefahren.

In seiner Entscheidung hat das Gericht auch zu Recht darauf abgestellt, dass das Büro über eine Treppe vom Eingangsbereich der Privatwohnung in offener Bauweise zu erreichen und für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr unzureichend ausgestattet war (s.a. BFH vom 20.11.2003, IV R 3/02, BStBl II 2005, 203). Die Bestimmung für den Publikumsverkehr setzt danach voraus, dass der Raum über einen Eingangsbereich verfügt, der sich erkennbar von den privat genutzten Räumlichkeiten absetzt und keine unmittelbare räumliche Verbindung zu diesem aufweist.

Das Gericht hat nicht geklärt, anhand welcher konkreten Merkmale eine kleine Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins im Sinne der Rspr. anzunehmen sei, wie diese von einer großen Beratungsstelle abzugrenzen sei und ob bzw. wann auch eine Einstufung als mittelgroße möglich sei und wie diese dann nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu beurteilen sei. Diese Fragen lassen sich nicht generell, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles entscheiden.

In einem weiteren Beschluss zur Raumnutzung durch einen Lohnsteuerhilfeverein hat der BFH am 15.6.2007 (XI B 93/06, BFH/NV 2007, 1650, LEXinform 5903697) Folgendes entschieden: Auch häusliche Arbeitszimmer, die als Beratungsstelle für einen Lohnsteuerhilfeverein genutzt werden und deshalb gem. § 28 Abs. 2 StBerG von Amtsträgern der zuständigen OFD betreten werden dürfen, können der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG für häusliche Arbeitszimmer unterliegen. Die Frage, ob ein Arbeitszimmer in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebunden ist, lässt sich nicht generell, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden. In die Einzelfallentscheidung einbezogen werden darf u.a.

  • die räumliche Nähe zu den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen und

  • die Beschäftigung von fremdem Personal sowie

  • Dauer und Intensität des Publikumsverkehrs (s.u.).

Eine gemeinsame Qualifizierung mehrerer in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebundener Räume als »ein« häusliches Arbeitszimmer kommt in Betracht, wenn die Räume eine funktionale Einheit bilden.

3.6.4. Tonstudio

Ein Tonstudio ist kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, selbst wenn es mit den Wohnräumen des Stpfl. räumlich verbunden ist (BFH vom 28.8.2003, IV R 53/01, BStBl II 2004, 55).

3.6.5. Übezimmer eines Berufsmusikers

Nach Rz. 5 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320; Beispiele Buchst. a 3. Spiegelstrich) stellt ein häusliches ausschließlich beruflich genutztes Musikzimmer der freiberuflich tätigen Konzertpianistin, in dem diese Musikunterricht erteilt, ein häusliches Arbeitszimmer dar. In diesem Sinne hat das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 6.4.2011 (4 K 5121/09, LEXinform 5012069, rkr.) entschieden. Danach sind Aufwendungen für einen häuslichen Proberaum eines angestellten Berufsmusikers als Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren und somit nur begrenzt als Werbungskosten abziehbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F.), da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Musikers darstellt und dem Musiker kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Hinweis:

Ab 1.1.2023 sind die Aufwendungen des Musikers unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG i.H.d. Tagespauschale von 6 €, höchstens 1 260 € im Kj. zu berücksichtigen.

Die »büromäßige« Ausstattung ist kein Ausschließlichkeitskriterium dergestalt, dass nur dann ein häusliches Arbeitszimmer vorliegt, wenn es mit bürotypischen Einrichtungsgegenständen ausgestattet ist und für Bürotätigkeiten genutzt wird. Das Einüben und Proben von Musikstücken eines angestellten Orchestermusikers ist als gedankliche Vorbereitung der außer Haus ausgeübten Haupttätigkeit anzusehen. Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal des »häuslichen Arbeitszimmers« umfasst nicht nur den vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelfall, sondern auch wesensmäßig gleich zu achtende Fallkonstellationen (s.a. Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg Nr. 70/2011 vom 9.6.2011, LEXinform 0436563).

Ein häusliches Arbeitszimmer muss nicht zwingend mit bürotypischen Einrichtungsgegenständen ausgestattet sein und auch für Bürotätigkeiten genutzt werden. Die Nutzung eines »Übezimmers« zur Lagerung von Noten, Partituren, CDs und musikwissenschaftlicher Literatur kommt der Nutzung eines »typischen« Arbeitszimmers durch Angehörige anderer Berufsgruppen gleich. Nutzt eine Musikerin ihr »Übezimmer« vorwiegend für ihre künstlerischen Vorbereitungen, für das Erarbeiten, Einstudieren und Proben der von ihr ausgesuchten Musikstücke, so erbringt sie eine Vorbereitungshandlung, die eine unverzichtbare Grundlage für die spätere – außerhalb des Übezimmers – auszuübende Tätigkeit darstellt, nämlich das Aufführen der Musik im Rahmen eines Orchesters. Insgesamt unterscheidet sich eine solche Nutzung damit nicht von der Nutzung von Räumen durch Angehörige anderer Berufe, bei denen die häusliche Vorbereitung im Arbeitszimmer geschieht und in der Vorbereitung und im Abfassen von Vorträgen, Vorlesungen oder Schriftsätzen liegt. Dem Stpfl. steht nur der begrenzte Betriebsausgabenabzug i.H.v. 1 250 € gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG a.F. zu (BFH vom 10.10.2012, VIII R 44/10, BFH/NV 2013, 359, LEXinform 0928146; vom 9.6.2015, VIII R 8/13, DStZ 2015, 901, LEXinform 0929508; s.a. Anmerkung vom 14.2.2013, LEXinform 0943538).

Beachte:

Da das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Musikerin bildet, sind die Aufwendungen ab dem Kj. 2023 nicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des JStG 2022 zu berücksichtigen. Die Aufwendungen der Musikerin können nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG mit einer Tagespauschale i.H.v. 6 €, höchstens mit 1 260 € im Kj. berücksichtigt werden.

3.6.6. Kreativraum bei Künstlern

Die Kosten für einen Kreativraum können in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden (FG Niedersachsen vom 31.5.2012, 1 K 272/10, EFG 2012, 2098, LEXinform 5014162, rkr.; s.a. Anmerkungen vom 2.10.2012, LEXinform 0632954 und vom 15.11.2012, LEXinform 0943292).

Die Grenzen zwischen dem Typus des Arbeitszimmers und dem der »häuslichen Betriebsstätte«, für den die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht gilt, sind fließend; entscheidend ist das Gesamtbild (BFH vom 19.9.2002, VI R 70/01, BStBl II 2003, 139 und vom 22.11.2006, X R 1/05, BStBl II 2007, 304). Beruflich genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebunden sind, können ein betriebsstättenähnliches Gepräge erlangen durch ihre – für eine büromäßige Nutzung untypische – Ausstattung und eine damit zusammenhängende Funktionszuweisung (s.a. BFH vom 9.8.2011, VIII R 4/09, BFH/NV 2012, 200, LEXinform 0179593). So können zum Beispiel technische Anlagen und Schallschutzmaßnahmen dem betreffenden Raum das Gepräge eines häuslichen Tonstudios geben (s.o.). Auch eine als Behandlungsraum ausgestattete und über einen separaten Eingang für Patienten leicht zugängliche Notfallpraxis im selbstgenutzten Einfamilienhaus ist kein häusliches Arbeitszimmer (s.o.), ebenso wenig ein dem Einlagern und Aufbewahren betrieblicher Bedarfsgegenstände gewidmetes und entsprechend eingerichtetes Warenlager. Die Einbindung eines Büros in die häusliche Sphäre kann zudem aufgehoben bzw. überlagert werden, wenn die Büroeinheit auch von Dritten, nicht familienangehörigen oder haushaltszugehörigen Personen genutzt wird (vgl. BFH Beschluss vom 27.6.2011, VIII B 22/10, BFH/NV 2011, 1682 und BFH vom 9.11.2006, IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677).

Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht dem Typus eines Arbeitszimmers entsprechen, sind auch nicht deshalb als häusliches Arbeitszimmer anzusehen, weil sie ihrer Lage nach mit den Wohnräumen des Stpfl. verbunden und damit in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind.

Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben ist der Kreativraum des Stpfl. nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern als betriebsstättenähnlicher Raum im Wohnungsbereich zu beurteilen, denn er entspricht in seiner Ausstattung und Funktion nicht dem Typus eines häuslichen Arbeitszimmers.

  1. Eine büromäßige Einrichtung liegt nicht vor.

    So ist der Kreativraum nicht (überwiegend) mit Büromöbeln eingerichtet, sondern mit einer Vielzahl von Sitzmöglichkeiten. Zwar befinden auch ein niedriger Schreibtisch und ein Bürostuhl darin, diese stellen jedoch nicht die zentralen Möbelstücke dar. Vielmehr steht der Schreibtisch in der linken hinteren Ecke des Raumes und wird als Stellfläche für Keyboard und Laptop verwendet. Regale, Aktenschränke, Fax-Gerät o.ä. typischerweise in einem häuslichen Arbeitszimmer befindliche Gegenstände sind nicht vorhanden. Der Beklagte trägt selbst vor, dass der Kreativraum das Gepräge eines Wohnzimmers habe.

    Bei der Einordnung ist auch zu berücksichtigen, dass dem Kläger für die Erledigung typischer Büroarbeiten in seinem Einfamilienhaus in A ein Büroraum zur Verfügung steht.

  2. Der Kreativraum ist nach seiner Ausstattung auch nicht darauf ausgerichtet, vorwiegend eine Arbeitsnutzung durch den Kläger selbst zu ermöglichen.

    Die Einrichtung mit den vielen Sitzmöglichkeiten, die in verschiedene Sitzecken angeordnet sind, belegt, dass der Raum für eine Nutzung durch mehrere Personen ausgelegt ist. Hierfür spricht auch die Größe, die für ein normales Arbeitszimmer überdimensioniert erscheint. Tatsächlich hat der Kläger – ausweislich seiner insoweit glaubhaften Aufstellung – auch nicht nur gelegentlich, sondern an 74 Tagen im Jahr jeweils über mehrere Stunden in dem Raum zusammen mit anderen Personen gearbeitet, alleine jedoch nur an 57 Tagen. Bei diesen Personen handelte es sich auch nicht um Familienangehörige, sondern um fremde Dritte. Das FG sieht insoweit auch einen grundlegenden Unterschied zu den Fällen, in denen der Stpfl. von Kunden oder Mandanten nur gelegentlich oder immer nur kurz zur Übergabe von Unterlagen oder zur Besprechung von Fällen aufgesucht wird. Vorliegend dauerten die gemeinsamen Arbeiten im Kreativraum immer mehrere Stunden, häufig 9 oder mehr. Bei einer derartigen Zusammenarbeit scheint auch das Vorhalten eines großen Raumes mit mehreren Sitzgruppen nachvollziehbar.

3.6.7. Arbeitszimmer eines Schauspielers

Nutzt ein Schauspieler einen Raum in der eigenen Wohnung, der in einer für Arbeitszimmer typischen Weise möbliert und ausgestattet ist, für berufliche Zwecke, die keine spezielle andere Ausstattung erfordern (u.a. Texte lernen, Stimmübungen), so handelt es sich steuerlich um ein häusliches Arbeitszimmer und nicht um einen betriebsstättenähnlichen Raum (BFH vom 9.8.2011, VIII R 4/09, BFH/NV 2012, 200, LEXinform 0179593). S.a. oben die Erläuterungen zu Kreativraum bei Künstlern.

Beachte:

Die Aufwendungen des Schauspielers für das häusliche Arbeitszimmer können nur dann in voller Höhe berücksichtigt werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner gesamten Tätigkeit bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG n.F.). Nur wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit bildet, kann anstelle der Aufwendungen ein pauschaler Jahresbetrag i.H.v. 1 260 € für das Kj. abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG n.F.).

Ohne den »Mittelpunktfall« des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG n.F. kann für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird, eine Tagespauschale von 6 €, höchstens 1 260 € im Kj. abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F.).

Für die Berücksichtigung der Tagespauschale i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F. ist ein häusliches Arbeitszimmer nicht erforderlich. Die Tätigkeit muss lediglich in der häuslichen Wohnung ausgeübt werden.

3.6.8. Mehrere Räume

Begehrt der Stpfl. den Betriebsausgabenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich für jeden Raum gesondert vorzunehmen. Eine gemeinsame Qualifizierung kommt nur dann in Betracht, wenn die Räume eine funktionelle Einheit bilden (s.a. BFH vom 9.11.2006, IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677). Diese liegt nur vor, wenn verschiedene Räume nahezu identisch genutzt werden (s. Archiv im Keller; BFH vom 6.7.2005, XI R 47/04, BFH/NV 2006, 43). Eine Arztpraxis und ein Arbeitszimmer bilden keine funktionale Einheit. Die Praxis dient zur Behandlung der Patienten (steuerlicher Ansatz möglich), das Arbeitszimmer dagegen zur Durchführung von Verwaltungsarbeiten (steuerlicher Ansatz nicht oder nur begrenzt möglich). S.a. BMF vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 4).

Nutzt ein nebenberuflicher Schriftsteller ein Arbeitszimmer für die nichtselbstständige und ein weiteres Arbeitszimmer für die selbstständige Tätigkeit, bilden die beiden Arbeitszimmer auf Grund ihrer identischen Nutzung als Büroräume eine funktionelle Einheit und sind daher als ein Objekt zu behandeln. Es macht keinen Unterschied, ob auf Grund der räumlichen Situation ein großer Raum oder mehrere kleine Räume als Arbeitszimmer genutzt werden (BFH vom 16.12.2004, IV R 19/03, BStBl II 2005, 212; BFH Beschluss vom 9.5.2005, VI B 50/04, BFH/NV 2005, 1550). Danach sind auch mehrere betrieblich genutzte Räume einer Privatwohnung eines selbstständigen Bühnen- und Kostümbildners, die eine funktionelle Einheit bilden, als häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG einzuordnen (FG Köln vom 25.10.2017, 3 K 3798/12, EFG 2018, 442, LEXinform 5020856, rkr.).

Mit Urteil vom 26.3.2009 (VI R 15/07, BFH/NV 2009, 1179, LEXinform 0588327) bestätigt der BFH seine bisherige Rspr., wonach ein Raum als häusliches Arbeitszimmer von anderen beruflich genutzten Zimmern im häuslichen Bereich abzugrenzen ist. Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, sind auch dann nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen, wenn sie ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Stpfl. verbunden und so in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind. Ist eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich, sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 41/09 vom 20.5.2009, LEXinform 0434077).

Mit Urteil vom 18.4.2012 (X R 58/09, BFH/NV 2012, 1768, LEXinform 0927670) hat der BFH den folgenden Sachverhalt entschieden.

Sachverhalt:

Für seine gewerbliche Tätigkeit (Exportberatung und Vermittlung von Maschinen und Anlagen) nutzte der Kläger Räumlichkeiten im privaten Wohnhaus, das im Miteigentum des Klägers und seiner Ehefrau stand. Dabei handelte es sich zum einen um Räumlichkeiten im Kellergeschoss (42,81 qm), die zwei Büroräume, einen Ablage- und Archivraum sowie einen Besprechungsraum umfassten. Diese konnten sowohl über einen separaten Hauseingang als auch über eine innenliegende Treppe betreten werden. Neben den streitgegenständlichen Räumen befanden sich im Kellergeschoss außerdem ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller. Des Weiteren wurde im ersten Obergeschoss ein Zimmer als Besprechungsraum (17,8 qm) genutzt, welches über eine Treppe im Wohnbereich zu erreichen war.

Die im Privathaus des Klägers und seiner Ehefrau gelegenen und betrieblich genutzten Räume im ersten Obergeschoss und im Kellergeschoss seien nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern als Betriebsstätte zu werten. Entscheidend für die Abgrenzung sei allein das konkrete Unternehmensmodell, aus dem sich ableiten ließe, welche Anforderungen an eine Betriebsstätte zu stellen seien.

Entscheidungsgründe:

Nach Auffassung der Richter lag ein häusliches Arbeitszimmer vor, das der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unterlag. Die Büroräume, der Ablage- und Archivraum im Kellergeschoss sowie die Besprechungsräume im Kellergeschoss und ersten Obergeschoss bildeten nach Ansicht des BFH eine funktionale Einheit, da alle Räume mit den Beratungs- und Vermittlungsleistungen des Klägers als »externe Exportabteilung« mittelständischer Unternehmen in Zusammenhang standen.

In die häusliche Sphäre eingebunden und damit grundsätzlich als häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist eine funktionale Büroeinheit regelmäßig dann anzusehen, wenn sich diese in Räumen befindet, die zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Stpfl. gehören. Können hingegen die als Arbeitszimmer genutzten Räumlichkeiten nicht der privaten Wohnung bzw. dem Wohnhaus des Stpfl. zugerechnet werden, stellen sie i.d.R. auch kein »häusliches« Arbeitszimmer dar. In diesem Sinne bestimmt sich die Häuslichkeit beruflich genutzter Räumlichkeiten danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Stpfl. zugehörig darstellen. Davon ist auszugehen, wenn die Räumlichkeiten mit den privaten Wohnräumen des Stpfl. aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind.

Dies ist vorliegend in Bezug auf den Besprechungsraum im ersten Obergeschoss ohne weiteres der Fall. Aber auch hinsichtlich der im Kellergeschoss gelegenen Räumlichkeiten hat der BFH darauf abgestellt, dass diese zwar über einen separaten Hauseingang verfügten, aber ebenso über die Innentreppe aus dem Wohnbereich des Klägers und seiner Ehefrau erreicht werden konnten. Darüber hinaus hat der BFH berücksichtigt, dass sich im Kellergeschoss neben den streitgegenständlichen Räumen als privat genutzte Räume ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller befanden. Somit waren die Räume in die häusliche Sphäre des Klägers und seiner Ehefrau eingebunden, mit Büromöbeln ausgestattet und wurden büromäßig genutzt (s.a. Anmerkung vom 15.11.2012, LEXinform 0943287).

3.6.9. Raumnutzung durch fremde Arbeitnehmer

Wird eine funktionale Büroeinheit auch von dritten, nicht familienangehörigen und nicht haushaltszugehörigen Personen genutzt, so wird die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben bzw. überlagert (BFH vom 9.11.2006, IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677). Der steuerliche Ansatz ist in diesen Fällen möglich (häusliche Betriebsstätte).

Beispiel 1:

Der Stpfl. A erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt.

Für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt, für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, nutzt A zwei Räume im Keller seines privaten Einfamilienhauses, die nicht den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilden. Bei dem einen Raum handelt es sich um einen Sekretariatsarbeitsplatz mit Computer, bei dem anderen Raum um ein Anwalts- und Besprechungszimmer, das mit einem Schreibtisch und Bücherregalen ausgestattet ist.

Der Zugang zu den Räumen führt nicht durch die Wohnräume. Sie sind vielmehr nach Eintritt durch die Haustür des Einfamilienhauses über die Treppe in den Keller über einen Flur erreichbar, über den auch die übrigen privat genutzten Räume, nämlich ein Heizungskeller, ein Vorratsraum sowie eine Waschküche erreicht werden können. Sanitäranlagen befinden sich nicht in den Kellerräumen. Die Räumlichkeiten sind nicht für einen dauerhaften und intensiven Publikumsverkehr eröffnet. Ein Praxisschild ist nicht am Haus angebracht.

Für die anfallenden Schreibarbeiten beschäftigt der Stpfl. A zwei Teilzeitkräfte, die nach Bedarf tätig sind, so dass das Büro nicht ganztägig besetzt ist.

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre macht A die Raumkosten i.H.v. ca. 8 300 € als Betriebsausgaben geltend.

Lösung 1:

Der Sachverhalt und die Lösung ergeben sich aus dem BFH Urteil vom 9.11.2006 (IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677, LEXinform 5903182).

Zunächst ist festzustellen, dass Büroräume einer Rechtsanwaltspraxis nicht generell aus dem Anwendungsbereich der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer auszunehmen sind.

Nach der Rspr. des BFH erfasst die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (BFH vom 20.11.2003, IV R 30/03, BStBl II 2004, 775). Für seine Qualifizierung ist es ohne Bedeutung, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO darstellt.

Im Beispielsfall bilden der als Sekretariatsarbeitsplatz eingerichtete Raum und der vom Stpfl. A genutzte Büroraum schon deshalb eine funktionale Einheit, weil die in beiden Räumen ausgeübten Tätigkeiten mit der Rechtsanwaltstätigkeit des A in Zusammenhang stehen. Die Sekretärinnen erledigen die der Rechtsanwaltstätigkeit des A dienenden anfallenden Schreibarbeiten an ihrem mit einem Computer ausgestatteten Sekretariatsarbeitsplatz.

Ein im (auch) selbst genutzten Einfamilienhaus gelegenes Büro kann jedoch dann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG herausfallen, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben oder überlagert wird. Derartige Gründe sind allerdings nicht schon deshalb gegeben, weil ein Steuerpflichtiger einen von ihm genutzten Raum gelegentlich für Beratungsgespräche benutzt. Sie sind jedoch u.a. dann zu bejahen, wenn die funktionale Büroeinheit auch von dritten, nicht familienangehörigen und auch nicht haushaltszugehörigen Personen genutzt wird. Danach kann die funktionale Einheit aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ausscheiden, wenn zumindest eine vom Stpfl. A beschäftigte Teilzeitkraft nicht familienangehörig und auch nicht haushaltszugehörig ist. Handelt es sich dagegen bei den Teilzeitkräften ausschließlich um familienangehörige oder haushaltszugehörige Personen, so ist dies für die Aufhebung der Einbindung der genutzten Räumlichkeiten in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG schädlich.

Mit Beschluss vom 29.4.2010 (VI B 153/09, BFH/NV 2010, 1442, LEXinform 5905570) hat der BFH seine Rspr. bestätigt. Die Abzugsbegrenzung für das häusliche Arbeitszimmer gilt auch in Fällen, in denen nicht der den Abzug begehrende ArbN selbst, sondern sein bei ihm angestellter Ehegatte das Arbeitszimmer im gemeinsamen Haus beruflich nutzt.

Beispiel 2:

Der Sachverhalt ist dem BMF-Schreiben vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 5 Beispiele Buchst. b 2. Spiegelstrich) entnommen.

In einem Geschäftshaus befinden sich neben der Wohnung des Bäckermeisters die Backstube, der Verkaufsraum, ein Aufenthaltsraum für das Verkaufspersonal und das Büro, in dem die Buchhaltungsarbeiten durchgeführt werden.

Lösung 2:

Nach der Lösung im BMF-Schreiben vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 5) ist das Büro in diesem Fall aufgrund der Nähe zu den übrigen Betriebsräumen nicht als häusliches Arbeitszimmer zu werten.

M.E. widerspricht diese Lösung aber der ergangen BFH-Rspr. Mit Urteil vom 7.7.2005 (XI R 47/04, BFH/NV 2006, 43) hat der BFH bezüglich dreier Büroräume eines Rechtsanwalts im EG des Wohnhauses (die Wohnung befindet sich im 1. OG) entschieden, dass die Büroräume in die häusliche Sphäre einzubeziehen sind, da die räumliche Trennung der Wohnungen durch Türen mit Knauf die Einbindung der Kanzleiräume als solche im Wohnhaus nicht ausschließt. Die Tatsache, dass diese sich in einem anderen Stockwerk als die Privatwohnung befinden, ist ebenfalls allein nicht entscheidend. Die häusliche Sphäre ist auch nicht notwendigerweise auf den eigentlichen Wohnbereich beschränkt.

Begehrt der Stpfl. den Betriebsausgabenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich für jeden Raum gesondert vorzunehmen. Eine gemeinsame Qualifizierung kommt nur dann in Betracht, wenn die Räume eine funktionelle Einheit bilden (s.a. BFH vom 9.11.2006, IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677). Diese liegt nur vor, wenn verschiedene Räume nahezu identisch genutzt werden (s. Archiv im Keller; BFH vom 6.7.2005, XI R 47/04, BFH/NV 2006, 43). Danach bilden die Betriebsräume (Verkaufsraum, Aufenthaltsraum, Bäckerei usw.) und das Büro keine funktionale Einheit. Die Betriebsräume dienen zur Herstellung und zum Verkauf der Backwaren (steuerlicher Ansatz möglich), das Büro dient dagegen zur Durchführung von Verwaltungsarbeiten.

Ein in der häuslichen Sphäre gelegenes Büro kann jedoch dann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG herausfallen, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben oder überlagert wird. Dies ist u.a. dann zu bejahen, wenn die funktionale Büroeinheit auch von dritten, nicht familienangehörigen und auch nicht haushaltszugehörigen Personen genutzt wird.

Der Beispielsfall des BMF-Schreibens unterstellt m.E. in seiner Lösung den Fall, dass ein Bäckermeister die Buchhaltungsarbeiten in seinem Büro nicht selbst, sondern durch angestellte Bürofachkräfte ausführen lässt. Allein die Tatsache, dass das Büro aufgrund der Nähe zu den anderen Betriebsräumen liegt, rechtfertigt nicht den Schluss, dass das Büro nicht als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist.

3.6.10. Mischnutzung als Büro und Lager

Aufwendungen für einen zugleich als Büroarbeitsplatz und als Warenlager betrieblich genutzten Raum unterliegen der Abzugsregelung für häusliche Arbeitszimmer, wenn der Raum nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, vor allem aufgrund seiner Ausstattung und Funktion, ein typisches häusliches Büro ist und die Ausstattung und Funktion des Raumes als Lager dahinter zurücktritt. Wird der betrieblich genutzte Raum nicht überwiegend durch seine Funktion und Ausstattung als häusliches Büro geprägt, so ist bei der Berechnung der Raumkosten der betriebliche Nutzungsanteil im Verhältnis der Fläche des Raumes zur Gesamtfläche aller Räume des Gebäudes einschließlich der Nebenräume zu ermitteln (BFH vom 22.11.2006, X R 1/05, BStBl II 2007, 304; s.u. unter dem Gliederungspunkt »Ermittlung der anteiligen Kosten«).

Das häusliche Arbeitszimmer ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist (BFH vom 28.8.2003, IV R 53/01, BStBl II 2004, 55 und vom 20.11.2003, IV R 3/02, BStBl II 2005, 203). Die Ausstattung mit einem Schreibtisch ist indessen nicht zwingend erforderlich. Ebenso wenig muss der Raum für die Verrichtung menschlicher Arbeit von einer gewissen Dauer hergerichtet sein. So kann etwa ein beruflich genutzter Archivraum, in dem Bücher, Akten und Unterlagen aufbewahrt, gesichtet und herausgesucht werden, der vorbereitenden und unterstützenden Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dienen und dadurch (Teil-)Funktionen erfüllen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zukommen (BFH vom 15.3.2005, VI B 89/04, BFH/NV 2005, 1292 und vom 19.8.2005, VI B 39/05, BFH/NV 2005, 2007).

Andererseits sind Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, auch dann nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen, wenn sie ihrer Lage nach mit den Wohnräumen des Stpfl. verbunden und deswegen in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind. Aus diesem Grund unterliegen etwa die Aufwendungen für ein Tonstudio im Wohnbereich des Stpfl. nicht der Abzugsbeschränkung, sofern der Raum zwar mit einem Schreibtisch zum Abfassen der Kompositionen möbliert, im Übrigen aber so eingerichtet und ausgestattet ist, dass ihm die technischen Einrichtungen sowie eventuelle Schallschutzmaßnahmen der Art und dem Umfang nach das Gepräge geben. Die gleichen Maßstäbe gelten nach der Rspr. des BFH auch für eine ärztliche Notfallpraxis, für einen Ausstellungsraum (BFH vom 26.6.2003, VI R 10/02, BFH/NV 2003, 1560), für eine Werkstatt und für einen Lagerraum (BFH vom 19.3.2003, VI R 40/01, BFH/NV 2003, 1163).

4. Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen

4.1. Mittelpunkt der Betätigung

4.1.1. Qualitativer Schwerpunkt

Ob das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, bestimmt sich nach dem qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 9 ff.; BFH vom 18.4.2012, X R 58/09, BFH/NV 2012, 1768, LEXinform 0927670 sowie Anmerkung vom 31.1.2012, LEXinform 0632781). Im Rahmen dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich indizielle Bedeutung zu. Deswegen schließt das zeitliche Überwiegen der außerhäuslichen Tätigkeit einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen nicht von vornherein aus (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 10 mit Rechtsprechungsnachweisen).

Das Arbeitszimmer ist »Mittelpunkt« i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG a.F. bzw. Nr. 6b Satz 2 ff EStG n.F., wenn der Stpfl. im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind (BFH vom 16.12.2004, IV R 19/03, BStBl II 2005, 212; BFH vom 6.7.2005, XI R 87/03, BStBl II 2006, 18; BFH vom 16.7.2014, X R 49/11, BFH/NV 2015, 177, LEXinform 0928888; Anmerkung vom 23.12.2014, LEXinform 0652538; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 9; Bleschick, NWB 2012, 16).

Wird – wie bei einem Telearbeitsplatz bzw. Heimarbeitsplatz – der betriebliche Arbeitsplatz in den häuslichen Bereich des ArbN ausgelagert und übt der ArbN gleichartige und in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistungen abwechselnd an drei Tagen im häuslichen Arbeitszimmer und an zwei Tagen im Betrieb des ArbN aus, befindet sich der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung nur im häuslichen Arbeitszimmer (BFH vom 23.5.2006, VI R 21/03, BStBl II 2006, 600; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 11).

Mit Urteil vom 26.2.2014 (VI R 40/12, BStBl II 2014, 568) bestätigt der BFH seine Rechtsprechung vom 23.5.2006 (VI R 21/03, BStBl II 2006, 600), wonach ein häuslicher Telearbeitsplatz grundsätzlich dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entspricht. Allerdings stand dem Stpfl. während seiner häuslichen Tätigkeit im Arbeitszimmer an der Dienststelle auch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Denn dem Stpfl. war es weder untersagt, seinen dienstlichen Arbeitsplatz jederzeit und damit auch an den eigentlich häuslichen Arbeitstagen zu nutzen, noch war die Nutzung des dienstlichen Arbeitsplatzes in tatsächlicher Hinsicht in irgendeiner Weise eingeschränkt (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 40/2014 vom 4.6.2014, LEXinform 0441919 sowie Anmerkung vom 13.6.2014, LEXinform 0879442).

Mit Urteil vom 11.8.2015 (3 K 1544/13, LEXinform 5018236) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass Aufwendungen für einen häuslichen Telearbeitsplatz auch von einer alleinerziehenden Mutter nur steuerlich geltend gemacht werden können, wenn ihr für die betriebliche oder berufliche Nutzung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Im vorliegenden Fall hatte der Klägerin nicht nur vormittags, sondern auch an den Nachmittagen ein anderer Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten ihres ArbG zur Verfügung gestanden (s.a. Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 16.9.2015, LEXinform 0443578).

Tipp:

Die Abzugsbegrenzung auf 1 250 € findet keine Anwendung, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen/beruflichen Betätigung bildet. Durch die coronabedingte Heimarbeit (Homeoffice) wird der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen/beruflichen Tätigkeit in das häusliche Arbeitszimmer verlagert. Aufgrund der Lockdown-Maßnahmen und den Anordnungen des ArbG zur Arbeit im Homeoffice steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Steht dem Stpfl. für seine Tätigkeiten im Homeoffice kein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung, kann er seine Aufwendungen in der Zeit vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2021 im Wege der Homeoffice-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG geltend machen (s.u. den Gliederungspunkt »Abzugsverbot« und dort »Die Homeoffice-Pauschale« und dort auch das Beispiel 9; s.a. Brill in NWB 41/2020, 3016).

Ab dem 1.1.2023 sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des JStG 2022, soweit der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt, auch dann in voller Höhe abzugsfähig, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ist ein pauschaler Abzug in Höhe einer Jahrespauschale von 1 260 € möglich.

4.1.2. Besonderheiten zur Bestimmung der qualitativen Schwerpunkttätigkeit

4.1.2.1. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit

Der BFH nennt im Urteil vom 13.10.2003 (VI R 27/02, BStBl II 2004, 771) beispielhafte Fallgruppen zur Bestimmung der qualitativen Schwerpunkttätigkeit. Geht der Stpfl. nur einer Erwerbstätigkeit nach, dann sind die Aufwendungen in voller Höhe abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt der Tätigkeit bildet. Zum qualitativen Mittelpunkt der Tätigkeit s. die BFH vom 23.5.2006 (VI R 21/03, BStBl II 2006, 600) und vom 16.7.2014 (X R 49,11, BFH/NV 2015, 177, LEXinform 0928888) und BMF vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 11).

Bei der Ausübung einer Vortrags- bzw. Lehrtätigkeit bildet das Arbeitszimmer keinen qualitativen Tätigkeitsmittelpunkt. Der qualitative Schwerpunkt liegt dabei vielmehr dort, wo die jeweiligen Vorträge bzw. Lehrveranstaltungen tatsächlich abgehalten werden (FG Köln vom 10.12.2008, 7 K 97/07, LEXinform 5007903, Rechtsausführungen bestätigt durch BFH vom 9.8.2011, VIII R 5/09, LEXinform 0179594). S.a. Anmerkung vom 28.6.2012 (LEXinform 0941782). Zur coronabedingten Verlagerung der Schwerpunkttätigkeit s.u. den Gliederungspunkt »Abzugsverbot« und dort »Die Homeoffice-Pauschale«.

Der inhaltliche (qualitative) Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit eines Unternehmensberaters, der außerhalb des Arbeitszimmers Einzelpersonen trainiert oder Seminare und Workshops für Gruppen abhält, liegt nicht im häuslichen Arbeitszimmer. Die Konzeption des Schulungsangebots ist bei wertender Betrachtung als Vorbereitungs- und Unterstützungsmaßnahme zur Kerntätigkeit »Vortrag« zu qualifizieren, insbes. dann, wenn der Stpfl. bei seinem Auftreten nach außen vor allem seine Rednerfähigkeiten hervorhebt (FG München vom 10.9.2008, 10 K 2577/07, LEXinform 5007508, rkr.).

Das Arbeitszimmer einer Berufsbetreuerin stellt nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit dar (FG Köln vom 4.3.2009, 3 K 3980/05, LEXinform 5008071, rkr.).

Ein Außendienstprüfer einer Rentenversicherung hat den Mittelpunkt seiner Tätigkeit sowohl vom zeitlichen Umfang als auch von der prägenden Bedeutung der jeweils ausgeübten Tätigkeit im Außendienst und nicht in seinem häuslichen Arbeitszimmer (FG Nürnberg vom 23.4.2009, 7 K 1954/2007, LEXinform 5008694, rkr.). Das häusliche Arbeitszimmer und der Außendienst können nicht gleichermaßen Mittelpunkt der beruflichen Betätigung eines Stpfl. i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG sein (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 13).

Der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung einer Inhaberin eines Betriebes zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege (ambulanter Pflegedienst), der fünf Pflegekräfte beschäftigt und mehr als 50 Patienten betreut, ist im Arbeitszimmer (FG München vom 27.4.2010, 13 K 4285/07, LEXinform 5011066, rkr.).

4.1.2.2. Die Ausübung mehrerer Erwerbstätigkeiten

Geht der Stpfl. mehreren Tätigkeiten nach, ist der Mittelpunkt anhand einer Gesamtbetrachtung aller von ihm ausgeübten Tätigkeiten zu bestimmen (BFH vom 23.9.1999, VI R 74/98, BStBl II 2000, 7 und BFH vom 16.12.2004, IV R 19/03, BStBl II 2005, 212). Die Abzugsbeschränkung setzt nicht voraus, dass das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt »jedweder« oder »einer jeden einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit« bilden muss. Maßgeblich ist vielmehr die »gesamte betriebliche und berufliche« Betätigung des betreffenden Stpfl., so dass sich auch in diesem Sinne eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigungen verbietet; denn es geht gerade darum, alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen (s.a. BFH vom 11.11.2014, VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382, Rz. 23 ff.). Gleichwohl bedarf es zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen beruflichen und betrieblichen Tätigkeiten des Stpfl., um sodann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln (BFH vom 16.7.2014, X R 49/11, BFH/NV 2015, 177, LEXinform 0928888, Rz. 39, vom 9.6.2015, VIII R 8/13, DStZ 2015, 901, LEXinform 0929508, Rz. 40 ff.; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 12).

Geht der Stpfl. mehreren Erwerbstätigkeiten nach und bilden bei allen – jeweils – die im häuslichen Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten den qualitativen Schwerpunkt, so liegt dort auch der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit.

Bilden hingegen die außerhäuslichen Tätigkeiten – jeweils – den qualitativen Schwerpunkt der Einzeltätigkeiten bzw. lassen sich diese keinem Schwerpunkt zuordnen, so kann das häusliche Arbeitszimmer auch nicht durch die Summe der darin verrichteten Arbeiten zum Mittelpunkt der Gesamttätigkeit werden.

Bildet das häusliche Arbeitszimmer schließlich den qualitativen Mittelpunkt lediglich einer Einzeltätigkeit oder mehrerer Einzeltätigkeiten, nicht jedoch im Hinblick auf die übrigen, so muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden werden, ob die Gesamttätigkeit gleichwohl einem einzelnen qualitativen Schwerpunkt zugeordnet werden kann und ob dieser im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Abzustellen ist dabei auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung, nicht aber auf die Vorstellung des betroffenen Stpfl. Der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit wird durch den Mittelpunkt der Haupttätigkeit indiziert. Fehlt für die Feststellung einer solchen Haupttätigkeit eine insoweit indizielle nichtselbstständige Vollzeitbeschäftigung auf Grund privat- oder öffentlich-rechtlicher Arbeits- oder Dienstverhältnisse, so ist in Zweifelsfällen zur Feststellung der Haupttätigkeit auf die Höhe der jeweils erzielten Einnahmen, das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht und den auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallenden Zeitaufwand abzustellen (BFH vom 11.11.2014, VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382, Rz. 32). Die Gewichtung dieser einzelnen Indizien ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen (BFH vom 9.6.2015, VIII R 8/13, DStZ 2015, 901, LEXinform 0929508, Rz. 40 ff.; s.a. FG Berlin-Brandenburg vom 29.8.2013, 4 K 4262/10, EFG 2014, 25, LEXinform 5015665, rkr. zu den Tätigkeitsfeldern eines Synchronsprechers, Synchronregisseurs und Dialogbuchautors sowie BFH vom 8.3.2017 (IX R 52/14, BFH/NV 2017, 1017, LEXinform 0950889; Anmerkung vom 13.6.2017, LEXinform 0653186).

Mit Beschluss vom 13.6.2020 (VIII B 166/19, BFH/NV 2020, 1255, LEXinform 5909049) hat der BFH zur Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer eines selbstständigen und nebenberuflichen Rechtsanwalts entschieden (s.a. Anmerkung vom 2.12.2020, LEXinform 0889904).

Im Urteilsfall begehrte der Kläger den vollständigen Abzug seiner Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben, da es sich um den Kanzleisitz für seine anwaltliche Nebentätigkeit gehandelt habe, er als Syndikusanwalt gesetzlich verpflichtet sei, Kanzleiräume vorzuhalten und eigene Kanzleiräume unterhalten müsse, um die anwaltlichen Verschwiegenheitspflichten zu erfüllen.

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt lediglich einer einzelnen Tätigkeit, nicht jedoch im Hinblick auf die übrigen Tätigkeiten des Stpfl., ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls wertend zu entscheiden, ob die Gesamttätigkeit gleichwohl einem einzelnen qualitativen Schwerpunkt zugeordnet werden kann und ob dieser im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Für Stpfl., die Rechtsanwälte sind, ist nach der Rspr. des BFH geklärt, dass auch eine Anwaltskanzlei in der privaten Wohnung von der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. erfasst wird, sofern sie – wie hier – die Merkmale eines häuslichen Arbeitszimmers aufweist. Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, welcher gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG a.F. den vollständigen Abzug der Aufwendungen eröffnet, ist für sämtliche Tätigkeiten des Stpfl. zu bestimmen und umfasst bei Rechtsanwälten die Tätigkeit als ArbN und die selbstständige anwaltliche Tätigkeit. Dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der selbstständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt darstellt, reicht für einen unbegrenzten Betriebsausgabenabzug nicht aus (BFH Beschluss vom 13.6.2020 (VIII B 166/19, BFH/NV 2020, 1255, LEXinform 5909049, Rz. 6; s.a. BFH vom 25.4.2017, VIII R 52/13, BStBl II 2017, 949, Rz 37 bis 39, zur freiberuflichen Nebentätigkeit eines angestellten Steuerberaters).

Beachte:

Da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Rechtsanwalts bildet, sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer ab dem Kj. 2023 nicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, sondern nach Nr. 6c EStG zu berücksichtigen (s.u.).

Zur Arbeitszimmernutzung eines Lehrers und nebenberuflichen Schriftstellers hat das FG Münster mit Urteil vom 22.2.2011 (1 K 3351/08 E, EFG 2011, 1506, LEXinform 5012013, rkr.) entschieden, dass in diesem Fall der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit durch die Haupttätigkeit des Stpfl., nämlich seine Lehrtätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers, indiziert wird. Ein Lehrer hat den qualitativen Mittelpunkt seiner Tätigkeit in der Schule und damit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers. Zwar ist der qualitative Mittelpunkt der schriftstellerischen Tätigkeit im Arbeitszimmer zu sehen, doch reicht dies nicht aus, im Rahmen der Gesamtschau auch den Mittelpunkt der Gesamttätigkeit dort zu verorten (s.a. Vfg. der OFD Niedersachsen vom 27.3.2017, S 2354 – 261 – St 219, SIS 17 06 66).

Aufwendungen eines Stpfl. für ein häusliches Arbeitszimmer sind nicht deshalb bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in voller Höhe abzuziehen, weil der Stpfl. Anlageentscheidungen ausschließlich im Arbeitszimmer trifft. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist gem. § 9 Abs. 5 EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass bei der Bestimmung des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Stpfl. abzustellen ist (BFH Beschluss vom 27.3.2009, VIII B 184/08, BFH/NV 2009, 1026, LEXinform 5008138). In einem ähnlich gelagerten Fall hat das FG Münster mit rechtskräftigem Urteil vom 18.6.2009 (10 K 645/08 E, LEXinform 5009286) entschieden, dass das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten Berufstätigkeit bildet, wenn der Stpfl. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen und aus Leibrenten bezieht (s.a. BFH vom 8.3.2017, IX R 52/14, BFH/NV 2017, 1017, LEXinform 0950889, Anmerkung vom 13.6.2017, LEXinform 0653186).

S.u. den Gliederungspunkt »Nutzung des Arbeitszimmers zur Erzielung unterschiedlicher Einkünfte« und dort das Beispiel 12. Zur Umsatzsteuer s. die Erläuterungen unter dem Gliederungspunkt »Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung« und dort das Beispiel 20.

4.1.3. Einzelfälle

4.1.3.1. Rentner und Pensionäre

Mit Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382; Anmerkung vom 6.3.2015, LEXinform 0880022) hat der BFH entschieden, dass bei der Feststellung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit eines Stpfl. auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Stpfl. abzustellen ist.

Damit sind nicht nur die Einkunftsarten, bei denen eine Tätigkeit des Stpfl. prägend ist, bei der Beurteilung der Gesamtbetrachtung der Tätigkeiten des Stpfl. zu berücksichtigen, sondern auch solche, bei denen die »Nutzenziehung« im Vordergrund steht (Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie – teilweise – sonstige Einkünfte.

Einkünfte aus früheren Dienstleistungen i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die nach Erreichen einer Altersgrenze allein aufgrund einer früheren ausgeübten Tätigkeit gezahlt werden, sind in die Gesamtbetrachtung zur Beurteilung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung hingegen nicht mit einzubeziehen. Denn diese Einkünfte werden nicht durch eine im Veranlagungszeitraum des Zuflusses (§ 11 EStG) ausgeübte Tätigkeit des Stpfl. erzielt. Sie sind auch nicht Ausfluss der Nutzenziehung aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit des Stpfl.

Im Rahmen der Gesamtbetrachtung und Gewichtung der einzelnen Tätigkeiten für die Bestimmung des Mittelpunktes der gesamten Tätigkeit sind mithin nur solche Einkünfte zu berücksichtigen, die grundsätzlich ein Tätigwerden des Stpfl. im jeweiligen VZ erfordern. Dabei ist es unschädlich, wenn im Einzelfall eine konkrete Tätigkeit im VZ nicht erforderlich gewesen ist (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 9).

Übt der Stpfl. mehrere unterschiedliche im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigende Tätigkeiten aus, ist zwar nicht erforderlich, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt »jedweder« oder »einer jeden einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit« bilden muss. Gleichwohl bedarf es zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Stpfl., um sodann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln. In diesem Zusammenhang ist sodann nach der BFH-Rspr. der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nach dem Mittelpunkt der Haupttätigkeit zu bestimmen. Fehlt für die Feststellung einer solchen Haupttätigkeit eine insoweit indizielle nichtselbstständige Vollzeitbeschäftigung aufgrund privat- oder öffentlich-rechtlicher Arbeits- oder Dienstverhältnisse, so ist in Zweifelsfällen zur Feststellung der Haupttätigkeit auf die Höhe der jeweils erzielten Einnahmen, das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht und den auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallenden Zeitaufwand abzustellen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist bei der Bestimmung der Haupttätigkeit des Stpfl. davon auszugehen, dass dessen Einkünfte als Pensionär (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und wohl auch die der Leibrente im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nicht zu berücksichtigen sind.

4.1.3.2. Praxisberater und Pharmavertreter

In dem mit Urteil vom 29.4.2003 (VI R 78/02, BStBl II 2004, 76; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 13) entschiedenen Fall war der Stpfl. Praxisberater, d.h., er berät ärztliche Praxen in betriebswirtschaftlichen Fragen. Bei seinem ArbG steht ihm kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Den überwiegenden Teil seiner Arbeiten erledigt er in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Auf Außendiensttätigkeiten entfielen im Streitjahr etwa 42 % der Gesamtarbeitszeit. Der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit lag im Arbeitszimmer. Der Stpfl. erstellte die zum Kernbereich seiner Tätigkeit gehörenden betriebswirtschaftlichen Analysen und Auswertungen in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Darin liegt der Unterschied zum Fall des Pharmavertreters, dessen häusliches Arbeitszimmer nicht als Tätigkeitsmittelpunkt anerkannt wurde (BFH vom 13.12.2002, VI R 82/01, BStBl II 2004, 62). Dessen prägende Tätigkeit, die Gewinnung von Kunden, vollzieht sich im Außendienst.

Beachte:

Ab dem Kj. 2023 kann der Praxisberater seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG geltend machen, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner gesamten Tätigkeit bildet. Er kann die gesamten Aufwendungen nachweisen oder ohne Einzelnachweis die Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € geltend machen.

Der Pharmavertreter kann unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG die Tagespauschale von 6 €, höchstens jedoch 1 260 € im Kj. geltend machen.

4.1.3.3. Musikpädagoge und Konzertpianist

Zum Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer hat das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17.1.2012 (2 K 1726/10, EFG 2013, 592, LEXinform 5014635) entschieden, dass die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG (Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung) nur bei einem Stpfl., der mehrere Tätigkeiten ausübt, eingreift, wenn der inhaltliche/qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit in ihrer Gesamtheit, nicht nur lediglich einer der Tätigkeiten, in dem häuslichen Arbeitszimmer liegt. Die Tätigkeit der Klägerin als Konzertpianistin wird von ihren Auftritten geprägt, auch wenn der zeitliche Aufwand hierfür gegenüber der Vorbereitung in dem Musikzimmer zurücktritt. Ein Konzertpianist erweist sich nur im Konzert selbst als solcher. Die Tätigkeit als Lehrerin hat ihren qualitativen Schwerpunkt dort, wo die Schüler unterrichtet werden, mithin außer Haus in der Musikschule oder im häuslichen Musikzimmer. Mit Urteil vom 9.6.2015 (VIII R 8/13, DStZ 2015, 901, LEXinform 0929508) hat der BFH die Rechtsausführungen des FG Rheinland-Pfalz in dessen Urteil vom 17.1.2012 (2 K 1726/10, LEXinform 5014635) bestätigt.

4.1.3.4. Dirigent und Orchestermanager

Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 4.3.2015 (6 K 610/14, EFG 2015, 888, LEXinform 5017669, rkr.) entschieden, dass ein Dirigent die Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer jedenfalls dann in voller Höhe als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit in Abzug bringen kann, wenn ihm zugleich als Manager der Orchester umfangreiche Verwaltungsaufgaben übertragen worden sind, die nur von zuhause aus erledigt werden können.

4.1.3.5. Handelsvertreter

Bei einem Handelsvertreter, der nahezu werktäglich von 7 bis 21 Uhr im Außendienst tätig ist, stellt das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung dar (BFH vom 31.3.2004, X R 1/03, BFH/NV 2004, 1387). Bei einem Handelsvertreter ist im Regelfall die Außendiensttätigkeit prägend für das Berufsbild (BFH vom 23.3.2005, III R 17/03, BFH/NV 2005, 1537).

Übt der Stpfl. keine klassische Außendiensttätigkeit als Handelsvertreter aus, sondern geht seine Tätigkeit über den Verkauf im Außendienst hinaus (u.a.: Vermittlung von Liefergeschäften von Wurst und Käse für den Auftraggeber ohne die Auslieferung selber auszuführen, Führen von Preislisten und Sortimentslisten, Monatsübersichten und Analysen für jeden einzelnen Kunden, individuelle Angebotsermittlungen und Bedarfsermittlungen für jeden Kunden, Arbeitszimmer als »unternehmerische Schaltstelle«), so kann das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit darstellen (Urteil FG Münster vom 5.3.2015, 5 K 980/12 E, EFG 2015, 889, LEXinform 5017697, rkr.; Mitteilung des FG Münster vom 15.4.2015, LEXinform 0443099.

4.1.3.6. Verkaufsleiter

Bei einem Verkaufsleiter, der zur Überwachung von Mitarbeitern und zur Betreuung von Großkunden auch im Außendienst tätig ist, kann das häusliche Arbeitszimmer gleichwohl den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung bilden, wenn er dort die für seinen Beruf wesentlichen Leistungen (hier: Organisation der Betriebsabläufe) erbringt (BFH vom 13.11.2002, VI R 104/01, BStBl II 2004, 65).

4.1.3.7. Gutachter
4.1.3.7.1. Ärzte als Gutachter

Der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit einer Ärztin, die Gutachten über die Einstufung der Pflegebedürftigkeit erstellt und dazu ihre Patienten ausschließlich außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers untersucht und dort vor Ort auch alle erforderlichen Befunde erhebt, liegt nicht im häuslichen Arbeitszimmer (BFH vom 23.1.2003, IV R 71/00, BStBl II 2004, 43).

4.1.3.7.2. Psychologischer Gutachter

Bei einem insbes. von Strafgerichten beauftragten psychologischen Gutachter stellt das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit dar (FG Münster vom 18.8.2022, 8 K 3186/21, EFG 2022, 1749, LEXinform 5024881, rkr.; s.a. FG Münster Mitteilung vom 15.9.2022, LEXinform 0462688).

4.1.3.8. Architekten als Bauüberwacher

Ist ein Architekt neben der Planung auch mit der Ausführung der Bauwerke (Bauüberwachung) betraut, kann diese Gesamttätigkeit keinem konkreten Tätigkeitsschwerpunkt zugeordnet werden. In diesem Fall bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen bzw. betrieblichen Betätigung i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG (BFH vom 26.6.2003, IV R 9/03, BStBl II 2004, 50 und BFH vom 2.7.2003, XI R 5/03, BFH/NV 2004, 29). Zum Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit s.a. BFH Beschluss vom 15.5.2003, IV B 219/01, BFH/NV 2003, 1408.

4.1.3.9. Diakone

Bei einem Diakon, der bis zu 70 % seiner gesamten Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer verbringt, dessen berufliche Tätigkeit aber gleichwohl von der Arbeit in der Gemeinde (Kirche, Krankenhaus, Pfarrversammlung, Friedhof etc.) wesentlich geprägt wird, bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Betätigungsmittelpunkt i.S.d. Abzugsbeschränkung (BFH vom 22.7.2003, VI R 20/02, BFH/NV 2004, 33).

4.1.3.10. Bischof

Der Tätigkeitsschwerpunkt des Bischofs einer Freikirche, der in dieser eine herausgehobene Position bekleidet, mit besonderen, ihm allein zugewiesenen sakralen Vollmachten und Verpflichtungen ausgestattet ist und dessen prägende Tätigkeit nach dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft in einer Mittlerstellung zwischen dem Gläubigen und Gott besteht, liegt nicht in seinem häuslichen Arbeitszimmer (Urteil FG Thüringen vom 26.3.2015, 1 K 371/14, EFG 2015, 975, LEXinform 5018012, rkr.).

4.1.3.11. Bildjournalisten

Bei einem Stpfl., der als freier Bildjournalist tätig ist, kann das häusliche Arbeitszimmer regelmäßig nicht Mittelpunkt der beruflichen Betätigung sein (BFH vom 28.8.2003, IV R 34/02, BStBl II 2004, 53).

4.1.3.12. Außendienstmitarbeiter

Bei einem Außendienstmitarbeiter, der als Referatsleiter einer Lebensversicherungsgesellschaft Altersversorgungsmodelle konzipiert und entsprechende Verträge ausarbeitet und betreut, kann das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung bilden, so dass die Aufwendungen ohne Beschränkung der Höhe nach steuerlich zu berücksichtigen sind (BFH vom 29.4.2003, VI R 34/01, BFH/NV 2004, 319).

Der qualitative Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit einer nichtselbstständig für einen Pumpenhersteller tätigen Diplom-Bauingenieurin, die als Außendienstmitarbeiterin und Betreuerin eines Verkaufsgebiets zwar auch Beratungsgespräche bei den Kunden vor Ort durchführt, aber zwei Drittel der Arbeitszeit der am häuslichen Arbeitsplatz ausgeübten ingenieurmäßigen Projektplanung und der Begleitung von Ausschreibungen widmet, liegt im häuslichen Arbeitszimmer (FG Düsseldorf vom 5.5.2011, 11 K 2591/09 E, EFG 2011, 1413, LEXinform 5012171, rkr.).

Nach der BFH-Rspr. bestimmt sich der Mittelpunkt nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Stpfl. Wo dieser Schwerpunkt liegt, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit festzustellen. Im Rahmen dieser Wertung kommt dem zeitlichen Umfang der Nutzung lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Daher schließt das zeitliche Überwiegen der außerhäuslichen Tätigkeit einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen nicht von vornherein aus. Ein häusliches Arbeitszimmer ist Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, wenn der Stpfl. dort diejenigen Handlungen vornimmt oder Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind.

Die Betreuung von Auftraggebern und Kunden vor Ort ist zwar als Kerntätigkeit eines Außendienstmitarbeiters anzusehen. Nach ständiger Rspr. des BFH ist bei Handelsvertretern i.d.R. die Außendiensttätigkeit prägend für das Berufsbild. Daher führen typische Auswärtstätigkeiten auch nur zu einem beschränkten Abzug der Arbeitszimmerkosten. Anders sieht es aber aus, wenn keine klassische Außendiensttätigkeit vorliegt, weil die Tätigkeit über die eines Verkäufers im Außendienst hinausgeht. Im Streitfall des FG Düsseldorf vom 5.5.2011 entfiel nur etwa ein Drittel der Arbeitszeit auf die Besprechung bei Kunden vor Ort. Die übrigen zwei Drittel waren der weiteren Projektplanung, Begleitung von Ausschreibungen sowie Projektnachbereitung geschuldet und wurden im Arbeitszimmer erledigt. Der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer kam in qualitativer Hinsicht ein größeres Gewicht zu als der Präsenz beim Kunden vor Ort. Zudem gingen einem Großteil der Aufträge überhaupt keine Kundengespräche vor Ort voraus, sondern ein bloßer E-Mail- oder Telefonkontakt (Anmerkung vom 20.10.2011, LEXinform 0941056).

Nach dem Berufsbild eines kaufmännischen Außendienstmitarbeiters, bei dem die Besuche der Händler vor Ort wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist, befindet sich der inhaltliche qualitative Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung auch dann nicht im häuslichen Arbeitszimmer, wenn sich die gesamte berufliche Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer räumlich zentriert, da der Stpfl. an keinem anderen Ort dauernd tätig ist. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer können daher lediglich i.H.v. 1 250 € je Veranlagungszeitraum als Werbungskosten berücksichtigt werden (FG Baden-Württemberg vom 2.5.2011, 10 K 1319/08, EFG 2011, 2049, LEXinform 5012223, rkr.).

Bei einem Bezirksleiter einer Bank sprechen Gesamtbild, Tätigkeitsmerkmale, Arbeitsvertrag, Reisekostenabrechnungen sowie Seminarunterlagen dafür, dass die Arbeit im Außendienst den inhaltlichen, qualitativen Schwerpunkt bildet. Dabei erachtet das FG insbes. die Gespräche und Schulungen bei Kunden, die Präsentation der zu vermittelnden Dienstleistungen und Angebote bei den Händlerbesuchen sowie die Verkaufsbesprechungen vor Ort als wesentlich und prägend. Gespräche finden nicht im Arbeitszimmer, sondern bei den Kunden und anderen Ansprechpartnern statt. Zudem sind Besuche der Bankangestellten vor Ort wesentlicher Bestandteil der Arbeit und haben erhebliche Bedeutung im Rahmen der Tätigkeit. Daher tritt der Aspekt in den Hintergrund, dass die vor- und nachbereitende Tätigkeit im Arbeitszimmer für die Erfüllung der Aufgaben im Außendienst eine notwendige Bedeutung hat; sie ist nur als flankierende Vor- und Nachbereitung sowie Ergänzung anzusehen.

Diese bei Außendienstmitarbeitern regelmäßig anzutreffende Situation macht das häusliche Arbeitszimmer zum örtlichen, aber nicht zum qualitativen Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung (s.a. Anmerkung vom 10.11.2011, LEXinform 0941121).

4.1.3.13. Tankstellenbetreiber

Ein Tankstellenbetreiber hat den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen Betätigung i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG am Ort der Tankstelle. Das gilt auch, wenn er überwiegend im häuslichen Arbeitszimmer tätig ist (BFH vom 6.7.2005, XI R 87/03, BStBl II 2006, 18).

4.1.3.14. Lehrer und Hochschullehrer

Bei Lehrern befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung regelmäßig nicht im häuslichen Arbeitszimmer, weil die berufsprägenden Merkmale eines Lehrers im Unterrichten bestehen und diese Leistungen in der Schule erbracht werden (BFH vom 26.2.2003, VI R 125/01, BStBl II 2004, 72; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 13). Deshalb sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auch dann nicht in voller Höhe abziehbar, wenn die überwiegende Arbeitszeit auf die Vor- und Nachbearbeitung des Unterrichts verwendet und diese Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird. S.a. BFH vom 27.10.2011 (VI R 71/10, BStBl II 2012, 234). Danach ist bei einem Hochschullehrer das häusliche Arbeitszimmer grundsätzlich nicht der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 6/12 vom 25.1.2012, LEXinform 0437462 sowie Anmerkungen vom 31.1.2012, LEXinform 0632781 und vom 2.2.2012, LEXinform 0941357), weil das Wesensmäßige der Hochschullehrertätigkeit, nämlich die Lehre, in der Universität stattfinden muss. In den Fällen, in denen die das Berufsbild prägende Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattfindet – wie dies etwa auch bei einem Lehrer oder Richter der Fall ist (BFH Beschluss vom 17.12.2008, VI B 43/08, BFH/NV 2009, 585; BFH vom 8.12.2011, VI R 13/11, BStBl II 2012, 236) –, bewirkt selbst eine zeitlich weit überwiegende Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers keine Verlagerung des Mittelpunkts(s.a. BFH Beschluss vom 14.12.2012, VI B 134/12, BFH/NV 2013, 558, LEXinform 5907159 sowie Anmerkung vom 28.3.2013, LEXinform 0943660). Wie bei Lehrern kommt auch bei Fachberatern der Schulaufsicht und bei Schulinspektoren ein Abzug der Aufwendungen nur begrenzt auf 1 250 € in Betracht, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (OFD Niedersachsen vom 27.3.2017, S 2354 – 261 – St 219, SIS 17 06 66).

4.1.3.15. Richter

Der BFH hatte mit Urteil vom 8.12.2011 (VI R 13/11, BStBl II 2012, 236) über den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit einer Richterin zu entscheiden. Wo ein Stpfl. seinen Schwerpunkt hat, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Stpfl. festzustellen. Bei dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Bei einem/einer Richter/Richterin am Amtsgericht liegt der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer. Prägend sind für einen Zivilrichter vielmehr die mündlichen Verhandlungen, die bei Gericht stattfinden (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 6/12 vom 25.1.2012, LEXinform 0437462 sowie Anmerkung vom 31.1.2012, LEXinform 0632781; BFH vom 6.11.2014, VI R 4/14, BFH/NV 2015, 485, LEXinform 0934614).

4.1.3.16. Fachleiter eines Studienseminars

Für den Beruf des Fachleiters eines Studienseminars ist die Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers im Studienseminar, bei den Unterrichtsbesuchen und der Prüfungstätigkeit vor Ort prägend bzw. berufstypisch (Urteil FG Köln vom 17.4.2013, 4 K 1778/10, LEXinform 5015160, rkr.). Die Tätigkeit der Fachleiter ist gekennzeichnet durch regelmäßige Ausbildungsveranstaltungen im Studienseminar mit allen Lehramtsanwärtern, die in dem entsprechenden Fach ausgebildet werden, in denen pädagogische, didaktische und weitere berufsbezogene Inhalte vermittelt werden, und durch Einzelberatung anlässlich von Unterrichtsbesuchen mit folgender Nachbesprechung, in welcher sie sich zu individuellen und allgemeinen fachdidaktischen Vorzügen und Schwächen sowie daraus zu entwickelnden Perspektiven äußern. Auch im Rahmen der Staatsprüfungen sind Prüfungsunterrichte von den Lehramtsanwärtern zu leisten. Auch hier spielen die Fachleiter, die an den Prüfungsunterrichten teilnehmen, eine wichtige Rolle, da Ihre Einschätzung maßgeblichen Anteil bei der Bewertung und Beurteilung der Prüfungskommission hat.

4.1.3.17. Vermietungseinkünfte

Bei einer Vermietungstätigkeit liegt der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer (FG Münster vom 18.6.2009, 10 K 645/08 E, LEXinform 5009286, rkr.). Neben der verwaltungstechnischen Abwicklung der Vermietungstätigkeit, die in dem Arbeitszimmer erfolgt, müssen wesentliche und die Vermietungstätigkeit prägende Betätigungen außerhalb des Arbeitszimmers erfolgen. Insbesondere ist es ausgeschlossen, neue Mieter allein von dem Arbeitszimmer aus zu suchen. Wer neuer Mieter wird, entscheidet sich aufgrund einer Besichtigung der Mieträumlichkeiten, auf die insbes. die Mietpartei erheblichen Wert legen wird. Ebenso kann eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht allein vom Arbeitszimmer aus erfolgen, weil die Wohnung bei Auszug der Mieter abgenommen werden muss. Aber auch während der Laufzeit der Mietverhältnisse und selbst bei Leerstand sind wiederholte Besuche in den verschiedenen Mietobjekten unabdingbar; insbes. muss sich ein Vermieter einen Überblick über die erforderlichen Reparaturen und notwendigen Investitionen verschaffen. Die Entscheidung, ob und inwieweit Aufwendungen auf die Mietobjekte entfallen, erfolgt vor Ort, nicht aber in dem Arbeitszimmer. Schließlich kann es ggf. erforderlich werden, Arbeiten vor Ort zu überwachen.

Alle diese Tätigkeiten sind im Vergleich zu den Verwaltungstätigkeiten, die im Arbeitszimmer erledigt werden, qualitativ nicht unwesentlich. Vielmehr handelt es sich ihrerseits um gleichwertige Verwaltungsaufgaben bzw. um die Vermietungstätigkeit prägende Entscheidungen, die vor Ort getroffen werden. Einige der vor Ort erfolgenden Tätigkeiten – insbes. das Bewerben der Wohnungen und Garagen vor Ort – legen erst die Grundlage für eine laufende Nutzenziehung durch Vermietung bzw. erhalten diese Grundlage (s.a. BFH vom 8.3.2017, IX R 52/14, BFH/NV 2017, 1017, LEXinform 0950889; Anmerkung vom 13.6.2017, LEXinform 0653186).

Der BFH hat in seinem Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 3/12, BStBl II 2015, 32) die Rechtsauffassung der Vorinstanz (FG Niedersachsen vom 8.11.2011, 12 K 264/09, EFG 2012, 593, LEXinform 5013117) bestätigt, wonach bei der Beurteilung des qualitativen Mittelpunkts der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Stpfl. die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Eigentumswohnung bei der Gesamtbetrachtung außer Acht gelassen werden können, da die Tätigkeit als Vermieter wegen ihrer Geringfügigkeit hinter die weiteren Tätigkeiten zurücktreten.

4.1.3.18. Kapitaleinkünfte

Das FG Nürnberg weist mit Urteil vom 12.2.2014 (5 K 1251/12, EFG 2014, 1103, LEXinform 5017084) darauf hin, dass die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, das auch für die Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen genutzt wird, vom Werbungskostenabzug nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ausgeschlossen sind. Die tatsächlichen Werbungskosten sind im Rahmen der Günstigerprüfung nicht abzuziehen (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG). Wenn als Ergebnis der Günstigerprüfung der individuelle Steuersatz anzuwenden ist, bleibt es bei der Anwendung des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG mit der Folge, dass die Werbungskosten nur pauschal mit dem Sparer-Pauschbetrag berücksichtigt werden können.

In seinem Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 3/12, BStBl II 2015, 32) macht der BFH deutlich, dass bei der Feststellung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit eines Stpfl. nicht im Wortsinne auf die betriebliche und berufliche Tätigkeit, sondern in einem umfassenden Sinne auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Stpfl. abzustellen ist. Damit sind nicht nur die Einkunftsarten, bei denen eine Tätigkeit des Stpfl. prägend ist, bei der Beurteilung der Gesamtbetrachtung der Tätigkeiten des Stpfl. zu berücksichtigen, sondern auch solche, bei denen die »Nutzenziehung« im Vordergrund steht (Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie – teilweise – sonstige Einkünfte, BFH Beschluss vom 27.3.2009, VIII B 184/08, BStBl II 2009, 850). Bei der Gesamtbetrachtung zur Beurteilung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung sind nur solche Einkünfte zu berücksichtigen, die grundsätzlich ein Tätigwerden des Stpfl. im jeweiligen Veranlagungszeitraum erfordern; Versorgungsbezüge bleiben bei dieser Betrachtung daher außen vor (BFH vom 11.11.2014, VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 9).

4.1.3.19. Betriebsprüfer

Die für einen Betriebsprüfer prägenden Tätigkeiten – also die Tätigkeiten, die die charakteristische Eigenart seiner Tätigkeit, die ihn von anderen unterscheidet, ausmacht – werden außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers im Außendienst ausgeübt (FG Baden-Württemberg vom 21.1.2013, 9 K 2096/12, LEXinform 5014779, rkr.; s.a. Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg Nr. 9/2013 vom 16.5.2013, LEXinform 0439685). S.a. die Erläuterungen zum Gliederungspunkt »Poolarbeitsplatz«.

4.1.3.20. Photovoltaikanlage

Erzielt ein hauptberuflich außer Haus tätiger ArbN zusätzlich auch gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage, nutzt er einen büromäßig ausgestatteten Raum im eigenen Haus ganzjährig für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Anlage (u.a. Erfassung der täglich abgelesenen Zählerstände der Photovoltaikanlage für statistische Auswertungen, Vergleich der ursprünglichen Ertragsberechnung bei Inbetriebnahme, Bearbeitung der an den Wechselrichtern monatlich ausgelesenen Leistungswerte je PC-Modul, Übermittlung der abgelesenen Werte an den Netzbetreiber zur Abrechnung der Einspeisung, Prüfung der Einspeiseabrechnung, Prüfung der Kontoauszüge usw.), steht ihm für diese Tätigkeiten kein anderer Raum zur Verfügung, gibt es jedoch auch Anhaltspunkte für eine gleichzeitige nicht unerhebliche Verwendung des Arbeitszimmers für nicht betriebliche Zwecke, können die Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden (BFH vom 17.2.2016, X R 1/13, BFH/NV 2016, 913, LEXinform 0929515; Anschluss an den Beschluss des GrS des BFH vom 27.7.2015, GrS 1/14, BStBl II 2016, 265, s.o.).

Das FG Rheinland-Pfalz hat mit rechtskräftigem Urteil vom 25.1.2018 (6 K 2234/17, EFG 2018, 449, LEXinform 5020873) entschieden, dass ein häusliches Arbeitszimmer, das betrieblich ausschließlich für Arbeiten im Zusammenhang mit dem Betreiben einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Wohnhauses genutzt wird, auch bereits bei minimaler privater Mitbenutzung nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden kann, denn angesichts der äußerst geringfügigen betrieblichen Nutzung – nur wenige Stunden im Jahr – ist jegliche noch so geringe private Nutzung bereits schädlich (Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 21.2.2018, LEXinform 0447861; Pieske-Kontny, NWB 23/2018, 1677).

Zur Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer für die Verwaltung einer Photovoltaikanlage hat das FG Nürnberg mit Urteil vom 19.3.2012 (3 K 308/11, LEXinform 5013514, rkr.) entschieden, dass sich aus dem Sinnzusammenhang der Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer ergibt, dass ein Aufwendungsabzug nur dann erfolgen darf, wenn das Arbeitszimmer tatsächlich erforderlich ist. Die vom Stpfl. angeführten Tätigkeiten für die Verwaltung einer Photovoltaikanlage machen ein häusliches Arbeitszimmer nicht erforderlich, da die zeitliche Inanspruchnahme des Raumes von untergeordneter Bedeutung ist (s.a. Anmerkung vom 2.8.2012, LEXinform 0941892). S.u. die Erläuterungen unter dem Gliederungspunkt »Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers«.

Zur Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage s. die Vfg. des LfSt Bayern vom 30.7.2014 (S 2240.1.1 – 4 St 32, Tz. 12.5, LEXinform 5235186).

4.1.3.21. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Nach der zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ergangenen Rspr. des BFH bestimmt sich bei einem Stpfl., der lediglich eine einzige berufliche Tätigkeit – teilweise zu Hause und teilweise auswärts – ausübt, der Mittelpunkt danach, ob er im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater wird wesentlich durch die mündliche Kommunikation – vor allem – mit den Mandanten, aber auch mit Mitarbeitern und Dritten, wie Vertretern der Finanzbehörden, geprägt. Diese prägende Tätigkeit findet zwar auch in den Räumen der einzelnen Mandanten und von Dritten, schwerpunktmäßig aber in der Praxis der Partnerschaft statt; hier und nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt der Kern der Tätigkeit dieser Berufsgruppe (BFH Beschluss vom 21.11.2013, VIII B 134/12, BFH/NV 2014, 509, LEXinform 5907644). Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer (Telearbeitsplatz) waren für die Kj. vor 2020 nicht zu berücksichtigen, weil dem Stpfl. für seine berufliche Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand und das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete (Anmerkung vom 10.4.2014, LEXinform 0944725).

Beachte:

Für die Kj. 2020 bis 2022 kann der Stpfl. die sog. Homeoffice-Pauschale i.H.v. täglich 5 €, höchstens 600 € im Kj. geltend machen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG a.F.).

Durch das Vierte Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.6.2022 (BGBl I 2022, 911) wird mit Art. 2 Nr. 8 in § 52 Abs. 6 Satz 15 EStG die bisherige bis zum 31.12.2021 befristete Anwendung der Homeoffice-Pauschale bis zum 31.12.2022 verlängert.

Mit dem JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird mit Art. 1 Nr. 3 und Nr. 20 ab 1.1.2023 in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG die sog. Homeoffice-Pauschale dauerhaft entfristet und die Tagespauschale von bisher 5 € auf 6 € und der maximale Abzugsbetrag von 600 € auf 1 260 € angehoben (s.u.).

4.1.3.22. IT-Berater

Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung einer IT-Beraterin für Management-Systeme in der IT-Branche liegt nicht im häuslichen Arbeitszimmer. Dies gilt auch, wenn Hilfstätigkeiten (z.B. Zwischenauswertungen, Zahlenarbeiten und Arbeitspapiere) zu einem gewissen Anteil auch im häuslichen Büro durchgeführt bzw. erstellt werden. Diese werden als nachrangig und untergeordnet im Vergleich zur Leistungserbringung vor Ort im Auftraggeberunternehmen bewertet (Urteil FG München vom 10.3.2014, 8 K 1704/11, EFG 2014, 1659, LEXinform 5016707, rkr.).

4.1.3.23. Verwaltungsregelung

Das BMF-Schreiben vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320) enthält in Rz. 13 eine beispielhafte Aufzählung von Fällen, in denen das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilden kann bzw. in denen das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

4.1.4. Abzugsfähigkeit der Aufwendungen in Mittelpunktfällen

4.1.4.1. Regelung bis 31.12.2022

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3, 2. Halbsatz EStG); dies gilt auch, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein pauschaler Abzug ist nicht möglich.

4.1.4.2. Regelung ab 1.1.2023
4.1.4.2.1. Gesamtaufwendungen

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2022 sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe als Betriebsausgaben und/oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

4.1.4.2.2. Pauschaler Abzug

Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 € (Jahrespauschale) für das Wj. oder Kj. abgezogen werden (Satz 2 der Nr. 6b). Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Mittelpunkttätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer nicht gegeben ist, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 € um ein Zwölftel (Satz 3 der Nr. 6b). Die Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € ist personenbezogen (BT-Drs. 20/4729, 147).

Beachte:

Bei der bisherigen Abzugsbegrenzung i.H.v. 1 250 € handelt es sich nicht um einen Pauschbetrag, sondern um einen personenbezogenen Höchstbetrag (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 1).

Nimmt der Stpfl. die Jahrespauschale in Anspruch, müssen die individuellen Aufwendungen nicht mehr ermittelt werden.

Liegen die Aufwendungen für das Arbeitszimmer über der Jahrespauschale, lohnt sich weiterhin der Einzelnachweis.

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Stpfl. aus Vereinfachungsgründen zwischen dem Abzug der tatsächlichen Kosten und der Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € wählen.

Üben Stpfl. verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten aus und sind die Voraussetzungen für den Abzug der Jahrespauschale jeweils erfüllt, ist die Jahrespauschale von 1 250 € auf die verschiedenen Tätigkeiten aufzuteilen. Der Betrag wird nicht tätigkeitsbezogen vervielfacht, sondern insgesamt nur einmal gewährt. Der Abzug der Jahrespauschale, die für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung gewährt wird, gilt insoweit auch die Aufwendungen für weitere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten.

Beispiel 3:

Ein ArbN hat im 1. Halbjahr den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Im 2. Halbjahr übt er die Tätigkeit am Arbeitsplatz bei seinem ArbG aus. Die Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer betragen 2 000 €.

Lösung 3:

Die auf das 1. Halbjahr entfallenden Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer betragen 1 000 €. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG kann der Stpfl. diese Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen, da das Arbeitszimmer in diesem Zeitraum den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeiten des Stpfl. bildet.

Anstelle der Aufwendungen kann nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG die Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € abgezogen werden. Da für 6 Monate das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeiten darstellt, ist nach Satz 4 der Nr. 6b der Jahresbetrag um 6/12 von 1 260 € zu kürzen. Der Pauschalbetrag beträgt danach lediglich 630 €. Da die tatsächlich nachgewiesenen Aufwendungen für das Arbeitszimmer im 1. Halbjahr über der gekürzten Jahrespauschale liegen, lohnt sich weiterhin der Einzelnachweis.

Wichtig:

Die Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € übersteigt den ArbN-Pauschbetrag des § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG von 1 230 €. Danach lohnt es sich, jede weitere berufsbedingte Ausgabe als Werbungskosten geltend zu machen, wie z.B. Fachbücher und Büromaterial. Alle Aufwendungen über dem ArbN-Pauschbetrag wirken sich steuermindernd aus.

Mit Art. 4 Nr. 3 des JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird der ArbN-Pauschbetrag in § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG von bisher 1 200 € auf 1 230 € angehoben.

4.2. Keine Mittelpunktfälle

4.2.1. Regelung bis 31.12.2022

4.2.1.1. Grundsätzliches zur Abzugsbegrenzung

Ist das Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer insgesamt nur bis zu 1 250 € je Veranlagungszeitraum als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn für die betriebliche oder für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 14 ff.).

4.2.1.2. Anderer Arbeitsplatz i.S.d. Abzugsbeschränkung
4.2.1.2.1. Grundsätze

»Anderer Arbeitsplatz« i.S.d. Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist, weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen. Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG a.F. setzt insbes. keinen eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus. Unbeachtlich ist insbes., ob der ArbN dort nach eigener Auffassung ungestört oder konzentriert arbeiten kann. Denn die gesetzliche Regelung setzt nicht voraus, dass es sich um einen »angemessenen« oder auch »ruhigen« Arbeitsplatz handelt (BFH Beschluss vom 29.6.2004, VI B 135/03, BFH/NV 2004, 1638).

Der andere Arbeitsplatz steht »für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung«, wenn ihn der Stpfl. in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Daran fehlt es jedoch nicht schon dann, wenn er nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet – aus welchen Beweggründen auch immer –, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz erledigt werden könnten (BFH Beschluss vom 10.2.2005, VI B 113/04, BStBl II 2005, 488).

Da das Gesetz in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG a.F. darauf abstellt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann nicht abziehbar sind, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kommt es allein auf das Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes an, nicht auf die Möglichkeit, einen solchen einzurichten (Urteil FG Niedersachsen vom 14.5.2013, 13 K 230/11, LEXinform 5016119, rkr.).

Hinweis:

Das FG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 29.9.2022 (5 K 5138/21, Pressemitteilung des FG Berlin-Brandenburg vom 12.12.2022, LEXinform 0463184) entschieden, dass eine Arbeitnehmerin, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen den von ihrem ArbG zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nicht an allen Werktagen nutzen kann, sondern stattdessen zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit gehalten ist, ihrer Berufstätigkeit in ihrem häuslichen Arbeitszimmer nachzugehen, die Aufwendungen hierfür als Werbungskosten i.H.v. höchstens 1 250 € im Jahr steuerlich geltend machen kann.

Nach den Feststellungen des FG kommt es maßgeblich darauf an, ob es dem Stpfl. zugemutet werden kann, den vom ArbG zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz arbeitstäglich zu nutzen. Da die ArbN aus ärztlicher Sicht gehalten war, an einzelnen Tagen von zu Hause aus zu arbeiten, um langfristig ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten, könne ihr der Werbungskostenabzug nicht versagt werden. Dieser sei allerdings auf 1 250 € begrenzt, da das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung der Klägerin gebildet habe (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).

4.2.1.2.2. Arbeitsplätze im Großraumbüro

Ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro ist auch dann ein »anderer Arbeitsplatz«, wenn er dem Stpfl. nicht individuell zugeordnet ist (BFH vom 7.8.2003, VI R 17/01, BStBl II 2004, 78).

Nach der Entscheidung des Sächsischen FG vom 10.9.2020 (3 K 1276/18, LEXinform 5024089, rkr.) ist nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 7.8.2003 (VI R 17/01, BStBl II 2004, 78) die Frage, ob ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, tätigkeitsbezogen zu beantworten (FG Sachsen, 3 K 1276/18, Rz. 12). Entscheidend ist danach, ob der »andere Arbeitsplatz« geeignet ist, der beruflichen Tätigkeit dort nachzugehen. Die Eignung des Arbeitsplatzes beurteilt sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten; subjektive Vorlieben und Befindlichkeiten der Stpfl. müssen bei der Frage der Eignung des Arbeitsplatzes grds. unbeachtet bleiben. Allein der Wunsch, lieber zu Hause zu arbeiten, ist daher für die Frage der Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes unbeachtlich.

Im Urteilsfall 3 K 1276/18 gab die Klägerin an, dass das häusliche Arbeitszimmer zwingend notwendig sei, um Vor- und Nachbereitungsarbeiten im Rahmen der Tätigkeit als Erzieherin zu erledigen. Diese Arbeiten könnten nicht während der Dienstzeit abgeleistet werden; dies sei auch vom Dienstherrn bestätigt worden. Ein geeigneter Arbeitsplatz, welcher nach den Dienstzeiten für diese Tätigkeiten genutzt werden könne, stehe in der Kinderstube nicht zur Verfügung. Der Arbeitsplatz in der Kindertagesstätte sei objektiv für die neben der Betreuung der Kinder gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeiten (Schreiben von Einschätzungen und Berichten) und der freiwillig erbrachten Tätigkeiten (Vorbereitung von Aktivitäten in der Kita) nicht geeignet. Eine solche, eine erhebliche Konzentration bedürftige und mit Schreibarbeit verbundene, Tätigkeit könne nicht während der Betreuung von Kindern durchgeführt werden. Hierfür sei das häusliche Arbeitszimmer notwendig. Auch stehe der Arbeitsplatz in der Kita nur zu den regulären Öffnungszeiten zur Verfügung, womit das häusliche Arbeitszimmer für die vorgenannten Tätigkeiten genutzt werden müsse.

Das FA vertrat die Auffassung, dass der Klägerin in den Räumen der Kindertagesstätte ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. So setzte der Begriff »Arbeitsplatz« keine räumliche Abgeschlossenheit voraus. Auch ein Raum, den sich der Stpfl. mit weiteren Personen teile, könne ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung sein. Im Streitfall habe die Klägerin die von ihr dargelegten Arbeiten (Vorbereitung von Bastelarbeiten, Gestaltungsübungen, Elterngespräche sowie das Erstellen von Entwicklungsberichten) zwar außerhalb der Dienstzeiten, jedoch in der Kinderstube erledigen können. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass die Aktivitäten überhaupt außerhalb der Dienstzeit erfolgt seien.

Nach der Entscheidung des FG stand der Klägerin in der Kindertagesstätte kein »anderer Arbeitsplatz« zur Verfügung. Ein büromäßig ausgestatteter Arbeitsplatz, an dem sie Schuleignungsprofile von den von ihr betreuten Kindern sowie Vor- und Nachbereitungsarbeiten durchführen konnte, wurde ihr von ihrem Arbeitgeber nicht zugewiesen. Die Kindertagesstätte verfügte lediglich über einen Computer, der sich im Dienstzimmer der Leiterin des Kindergartens befand und von den Erziehern ggf. mitbenutzt werden durfte. Räumlichkeiten, in denen Bastelarbeiten vorbereitet oder Portfolios zusammengestellt werden konnten, waren nicht vorhanden. Somit war es der Klägerin in der Kindertagesstätte mit den vorhandenen und zugänglichen dienstlichen Vorrichtungen nicht möglich, die objektiv erforderlichen Tätigkeiten, die über die reine Betreuung von Kindern hinausgehen und mit ihrem Beruf verbunden sind, durchzuführen. Um ihrer beruflichen Tätigkeit umfassend nachzukommen, war sie mithin auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen.

4.2.1.2.3. Arbeitsplätze in der Schalterhalle einer Bank

Ein Büroarbeitsplatz in der Schalterhalle einer Bank ist auch dann ein »anderer Arbeitsplatz«, wenn sich der Stpfl. dort durch die konkreten Arbeitsbedingungen (z.B. Reinigungsarbeiten und Kundenverkehr) in seiner Konzentration gestört fühlt. Muss ein Bankangestellter in einem nicht unerheblichen Umfang Bürotätigkeiten auch außerhalb der üblichen Bürozeiten verrichten und steht ihm hierfür sein regulärer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich bis zu einer Höhe von 1 250 € zu berücksichtigen sein (BFH vom 7.8.2003, VI R 162/00, BStBl II 2004, 83).

4.2.1.3. Zur-Verfügung-Stehen des »anderen Arbeitsplatzes«
4.2.1.3.1. Grundsätzliches

Geht der Stpfl. nur einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit nach, muss ein vorhandener anderer Arbeitsplatz auch tatsächlich für alle Aufgabenbereiche dieser Erwerbstätigkeit genutzt werden können. Ist ein Stpfl. auf sein häusliches Arbeitszimmer angewiesen, weil er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit verrichten muss, ist der andere Arbeitsplatz unschädlich. Es genügt allerdings nicht, wenn er im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet, die er grundsätzlich auch an einem anderen Arbeitsplatz verrichten könnte (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 17).

Ein anderer Arbeitsplatz steht erst dann zur Verfügung, wenn der ArbG dem ArbN den Arbeitsplatz tatsächlich zugewiesen hat. Der ArbN hat bei der Inanspruchnahme und Ausgestaltung eines »anderen Arbeitsplatzes« das Direktionsrecht des ArbG zu beachten.

Ein Raum ist nicht zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet, wenn

  • wegen Sanierungsbedarfs Gesundheitsgefahr besteht (BFH vom 26.2.2014, VI R 11/12, BStBl II 2014, 674; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 49/2014 vom 9.7.2014, LEXinform 0442072) und

  • die arbeitsschutzrechtlich zu beachtenden Vorgaben nicht eingehalten werden (BFH vom 6.11.2014, VI R 4/14, BFH/NV 2015, 485, LEXinform 0934614).

Ein »anderer Arbeitsplatz« ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist; weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen. So ist ein objektiv geeigneter Arbeitsplatz vorhanden, wenn es möglich erscheint, dass der Stpfl. an seiner Arbeitsstätte die geforderten Aufgaben erfüllen kann, auch wenn dies an einem anderen Platz leichter, besser und angenehmer durchführbar sein sollte.

Die Unterhaltung und Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers ist dann erforderlich, wenn der ArbG dem ArbN für bestimmte, vom ArbN zu erbringende, abgrenzbare Tätigkeiten überhaupt keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Dabei sind objektive Kriterien maßgebend, das subjektive Empfinden des ArbN über die Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes ist dabei unbeachtlich. Insbesondere Umstände, die in der Person des ArbN begründet sind, wie z.B. persönliche Arbeitsweise, Ansichten und Vorlieben, Gesundheitszustand, familiäre Situation, sind unerheblich.

Ein vom ArbG zugewiesener Raum ist wegen Fehlens eines Druckers und Scanners, die für die Vorbereitung von Lehrveranstaltungen und Erstellung von Klausuren unabdingbar sind, für den überwiegenden Teilbereich der beruflichen Tätigkeit des Stpfl. (hier: Lehrtätigkeit eines Hochschuldozenten) objektiv nicht geeignet und steht ihm daher insoweit als Arbeitsplatz nicht zur Verfügung (Urteil FG Rheinland-Pfalz vom 7.9.2016, 1 K 2571/14, LEXinform 5019460). Der Stpfl. konnte den ihm zugewiesenen Laborraum an der Uni nicht in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Weise nutzen. Er war daher auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen (s.a. Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 19.10.2016, LEXinform 0445248).

4.2.1.3.2. Poolarbeitsplatz

Mit Urteil vom 26.2.2014 (VI R 37/13, BStBl II 2014, 570; Schneider, NWB 25/2014, 1860) bestätigt der BFH die Vorentscheidung des FG Düsseldorf in dessen Urteil vom 23.4.2013 (10 K 822/12 E, LEXinform 0439741). Das FG hatte die Frage zu entscheiden, ob die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten berücksichtigt werden können, obwohl dem ArbN in der Behörde ein Poolarbeitsplatz zur Verfügung stand. Nach einer Bescheinigung der Behörde wurden 8 Betriebsprüfern drei Arbeitsplätze vorgehalten. Das FA berücksichtigte die Aufwendungen nicht, da dem Prüfer von seinem ArbG ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt würde.

Das FG Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und darauf hingewiesen, dass dem Kläger kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe, so dass der Abzugsausschluss nicht eingreife. Zwar handele es sich bei dem Büroarbeitsplatz in seiner Dienststelle um einen anderen Arbeitsplatz, dieser habe dem Kläger jedoch nicht für sämtliche beruflichen Zwecke zur Verfügung gestanden. Da der Kläger aufgrund der Unterdeckung an Arbeitsplätzen nicht jederzeit auf einen solchen hätte zugreifen können, habe er einen Großteil der im Rahmen seiner Tätigkeit anfallenden vor- und nachbereitenden Arbeiten im häuslichen Arbeitszimmer verrichten müssen. Dies rechtfertige den (beschränkten) Werbungskostenabzug (Pressemitteilung des BFH Nr. 40/2014 vom 4.6.2014, LEXinform 0441919).

Zur Anerkennung des häuslichen Arbeitszimmers eines Betriebsprüfers hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 29.2.2012 (7 K 3963/11 E, EFG 2012, 1432, LEXinform 5013668, rkr.) entschieden, dass es für einen »anderen Arbeitsplatz« i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG erforderlich ist, dass der Stpfl. jederzeit für die dienstlich erforderlichen Büroarbeiten auf einen für ihn nutzbaren büromäßig ausgestatteten Arbeitsplatz zugreifen kann. Daran fehlt es, wenn für 80 Prüfer eines Finanzamtes lediglich 30 Poolarbeitsplätze zur Verfügung stehen. Als »anderer Arbeitsplatz« eines Betriebsprüfers kommen die geprüften Betriebe nicht in Betracht (Anmerkung vom 2.8.2012, LEXinform 0941894).

Ein Poolarbeitsplatz, den sich mehrere Betriebsprüfer eines FA zur Erledigung ihrer Innendiensttätigkeiten teilen, steht nicht als anderer Arbeitsplatz i.S.v. § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gewährleistet ist, dass die Betriebsprüfer dort ihre beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang erledigen können (BFH vom 16.9.2015, IX R 19/14, BFH/NV 2016, 380, LEXinform 0934818).

Der andere Arbeitsplatz (Poolarbeitsplatz) muss so beschaffen sein, dass der Stpfl. auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist (BFH vom 26.2.2014 VI R 40/12, BStBl II 2014, 568). Allerdings ist eine »jederzeitige Zugriffsmöglichkeit« auf den anderen Arbeitsplatz nicht zwingend erforderlich. Ein Poolarbeitsplatz kann daher als ein anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zu Verfügung stehen, wenn bei diesem nach den tatsächlichen Gegebenheiten insbes. durch eine ausreichende Anzahl an Poolarbeitsplätzen gegebenenfalls ergänzt durch arbeitgeberseitig organisierte, dienstliche Nutzungseinteilungen gewährleistet ist, dass der ArbN seine beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann (BFH vom 26.2.2014, VI R 37/13, BStBl II 2014, 570 sowie Hessisches FG vom 30.7.2020, 3 K 1220/19, LEXinform 5023210, rkr.).

4.2.1.3.3. Tätigkeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit

Einem EDV-Organisator, der außerhalb seiner regulären Arbeitszeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus per Telefon und Teleservice Bereitschaftsdienst leistet und hierfür seinen Arbeitsplatz beim ArbG tatsächlich nicht nutzen kann, steht für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (BFH vom 7.8.2003, VI R 41/98, BStBl II 2004, 80).

Einem ArbN steht der betriebliche Arbeitsplatz auch dann i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zur Verfügung, wenn zwar der ArbG den Zugang zu diesem Arbeitsplatz an Wochenenden und nach Feierabend einschränkt, der ArbN aber die Möglichkeit hat, eine Zugangsberechtigung zu beantragen, und dies unterlässt (BFH Beschluss vom 14.4.2004, VI R 43/02, BFH/NV 2004, 1102; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 15).

Muss ein Projektleiter für internationale Bauprojekte im Rahmen von Bereitschaftsdiensten auch an den Wochenenden erreichbar sein, darf er aber an den Wochenenden das Betriebsgebäude des ArbG nicht betreten und kann er seinen Arbeitsplatz beim ArbG deswegen an den Wochenenden nicht nutzen, so steht ihm an den Wochenenden kein »anderer Arbeitsplatz« i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG a.F. zur Verfügung und er kann nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG a.F. bis zu 1 250 € der Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abziehen, wenn er dort an den Wochenenden mit einem vom ArbG gestellten EDV-System, bestehend aus Laptop und Dockingstation sowie einer gesicherten Datenleitung nebst notwendiger Software, gesicherten Zugriff auf seine auf dem Server des ArbG hinterlegten Arbeitsunterlagen hat. Insoweit ist unerheblich, ob die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers notwendig ist (FG München vom 27.8.2016, 15 K 439/15, LEXinform 5019737, rkr.).

4.2.1.3.4. Besonderheiten bei Lehrern

Steht einem Grundschulleiter, der zu 50 % von seiner Unterrichtsverpflichtung freigestellt ist, ein Dienstzimmer von knapp 11 qm zur Verfügung, so schließt das die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht aus, sofern der Stpfl. das Arbeitszimmer nur für die Schulleitertätigkeit nutzen kann, nicht aber für seine Tätigkeit als Lehrer (BFH vom 19.12.2003, VI R 77/01, BFH/NV 2004, 943). In dem Dienstzimmer ist kein ausreichender Platz vorhanden, um die Gegenstände unterzubringen, die der Stpfl. für die Vor- und Nachbereitung seines Unterrichts benötigt (BFH vom 7.8.2003, VI R 16/01, BStBl II 2004, 77 und BFH vom 7.8.2003, VI R 118/00, BStBl II 2004, 82). Nach dem BFH vom 9.12.2003 (VI R 150/01, DStR 2004, 306, LEXinform 0816929) wird einem Schulleiter mit Unterrichtsverpflichtung das Dienstzimmer in der Schule grundsätzlich nur für die Verwaltungstätigkeit, nicht aber für die Lehrtätigkeit (Vor- und Nachbereitung des Unterrichts) zur Verfügung gestellt, so dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 1 250 € regelmäßig zu berücksichtigen sind.

4.2.1.3.5. Arbeitszimmer zur Vertiefung von Sprachkenntnissen

Ein »anderer Arbeitsplatz« i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. ist grundsätzlich jeder »zum Arbeiten bestimmte Platz«. Die Abzugsbeschränkung setzt keinen eigenen und räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus. Auch ein Großraumbüro kann einen anderen Arbeitsplatz i.S.d. Abzugsbeschränkung darstellen.

Steht einem ArbN ein Büroarbeitsplatz auch für betrieblich gewünschte Fortbildungsmaßnahmen (hier Sprachkurs) zur Verfügung, schließt dies die steuerliche Berücksichtigung von Kosten für ein zur Fortbildung genutztes häusliches Arbeitszimmer aus. Ob ein »anderer Arbeitsplatz« zur Verfügung steht, hängt nicht davon ab, in welchem Umfang der ArbN die ihm am Büroarbeitsplatz zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel nutzen darf (BFH vom 5.10.2011, VI R 91/10, BStBl II 2012, 127; s.a. Anmerkung vom 22.12.2011, LEXinform 0941244).

Beispiel 4:

Kein anderer Arbeitsplatz vorhanden:

  • Ein Lehrer hat für seine Unterrichtsvorbereitung in der Schule keinen Schreibtisch. Das jeweilige Klassenzimmer oder das Lehrerzimmer stellt keinen Arbeitsplatz i.S.d. Abzugsbeschränkung dar.

  • Ein angestellter oder selbstständiger Orchestermusiker hat im Konzertsaal keine Möglichkeit zu üben. Hierfür hat er sich ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet.

  • Ein angestellter Krankenhausarzt übt eine freiberufliche Gutachtertätigkeit aus. Dafür steht ihm im Krankenhaus kein Arbeitsplatz zur Verfügung.

  • Kein anderer Arbeitsplatz steht zur Verfügung, wenn dieser wegen Gesundheitsgefahr nicht nutzbar ist (BFH vom 26.2.2014, VI R 11/12, BStBl II 2014, 674).

Vorhandener anderer Arbeitsplatz steht nicht für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung:

  • Ein EDV-Berater übt außerhalb seiner regulären Arbeitszeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus Bereitschaftsdienst aus und kann dafür den Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber tatsächlich nicht nutzen (BFH vom 7.8.2003, VI R 41/98, BStBl II 2004, 80).

  • Einer Schulleiterin mit einem Unterrichtspensum von 18 Wochenstunden steht im Schulsekretariat ein Schreibtisch nur für die Verwaltungsarbeiten zur Verfügung. Für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts kann dieser Arbeitsplatz nach objektiven Kriterien wie Größe, Ausstattung und Nutzung nicht genutzt werden; diese Arbeiten müssen im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden (BFH vom 7.8.2003, VI R 118/00, BStBl II 2004, 82).

  • Einem Grundschulleiter, der zu 50 % von der Unterrichtsverpflichtung freigestellt ist, steht für die Verwaltungstätigkeit ein Dienstzimmer von 11 qm zur Verfügung. Das Dienstzimmer bietet keinen ausreichenden Platz zur Unterbringung der für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts erforderlichen Gegenstände (BFH vom 7.8.2003, VI R 16/01, BStBl II 2004, 77).

  • Muss ein Bankangestellter in einem nicht unerheblichen Umfang Büroarbeiten auch außerhalb der üblichen Bürozeiten verrichten und steht ihm hierfür sein regulärer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich (bis zu einer Höhe von 1 250 €) als Werbungskosten zu berücksichtigen sein (BFH vom 7.8.2003, VI R 162/00, BStBl II 2004, 83).

  • Ein Poolarbeitsplatz, bei dem sich acht Großbetriebsprüfer drei Arbeitsplätze für die vor- und nachbereitenden Arbeiten der Prüfungen teilen, steht nicht als anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn er zur Erledigung der Innendienstarbeiten nicht in dem erforderlichen Umfang genutzt werden kann (BFH vom 26.2.2014, VI R 37/13, BStBl II 2014, 570).

  • Der Arbeitsplatz eines Selbstständigen, den dieser nicht uneingeschränkt nutzen kann und der daher einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichten muss, steht nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung (BFH vom 22.2.2017, III R 9/16, BStBl II 2017, 698).

S.a. BMF vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 17).

4.2.1.3.6. Besonderheiten bei selbstständig Tätigen

Kann der Stpfl. auf Grund eigener Verantwortungsbefugnis die konkrete Ausgestaltung und die Art und Weise sowie den Umfang der Nutzung des anderen (außerhäuslichen) Arbeitsplatzes selbst bestimmen, was in der Regel bei selbstständig tätigen Stpfl. der Fall sein dürfte, so indiziert das Vorhandensein eines Schreibtischarbeitsplatzes regelmäßig, dass dieser dem Stpfl. für alle Aufgabenbereiche seiner Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht.

Kann ein selbstständig tätiger Arzt seine schriftlichen Arbeiten außerhalb der Praxisöffnungszeiten ungestört an seinem Schreibtisch in der Praxis durchführen, entfällt ein Abzug für ein geltend gemachtes häusliches Arbeitszimmer. Ein Schreibtischarbeitsplatz in der eigenen Praxis indiziert, dass er dem Selbstständigen für alle Bereiche seiner Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Dem Selbstständigen ist es grundsätzlich zumutbar, Unterlagen, Geschäftspapiere und Literatur jeweils aus dem häuslichen Arbeitszimmer in die Praxis zu schaffen (BFH vom 7.4.2005, IV R 43/03, BFH/NV 2005, 1541).

In diesem Sinne hat auch das FG Köln mit rechtskräftigem Urteil vom 20.8.2009 (10 K 681/06, EFG 2009, 2007, LEXinform 5009083) entschieden. Einem selbstständig tätigen Freiberufler mit einem Schreibtischarbeitsplatz in den Praxisräumen steht grundsätzlich ein »anderer Arbeitsplatz« i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung, mit der Folge, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht anzuerkennen ist. Dem steht nicht entgegen, dass eine unentgeltlich mitarbeitende Ehefrau für die Verwaltungstätigkeit keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung hat.

Das FG Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 1.3.2016 (4 K 362/15, EFG 2016, 1154, LEXinform 5019062, Revision eingelegt, Az. BFH: III R 9/16, LEXinform 0950854) entschieden, dass die Nutzung der betrieblichen Räume durch einen Selbstständigen außerhalb der üblichen Praxiszeiten auch zumutbar sein muss, um als anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG a.F. zu gelten. Zwar indiziert bereits der Schreibtischarbeitsplatz eines Selbstständigen, dass ihm dieser Arbeitsplatz für alle Aufgabenbereiche seiner Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Dennoch kommt ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Betracht, wenn dem Selbstständigen angesichts der Entfernung zwischen Praxis und Wohnung (im Streitfall 47 km; Fahrzeit ca. 45 Min.) nicht zugemutet werden kann, die Praxisräume außerhalb der Öffnungszeiten zur Erledigung von Büroarbeiten aufzusuchen, und die Praxisräume nach ihrer Einrichtung und den Umständen des Einzelfalls für die Erledigung von Büroarbeiten nur eingeschränkt geeignet sind. Mit Urteil vom 22.2.2017 (III R 9/16, BStBl II 2017, 698; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320 Rz. 17) ist der BFH der Argumentation des FG gefolgt und hat das Urteil bestätigt (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 26/2017 vom 19.4.2017, LEXinform 0446326 sowie Anmerkung vom 25.4.2017, LEXinform 0653159).

4.2.1.4. Subjektbezogener Abzugsbetrag

Der Betrag von 1 250 € ist kein Pauschbetrag. Nach der Rechtsprechungsänderung des BFH vom 15.12.2016 (BFH vom 15.12.2016 VI R 53/12, BStBl II 2017, 938 und VI R 86/13, BStBl II 2017, 941) handelt es sich nicht um einen objektbezogenen, sondern um einen subjektbezogenen Höchstbetrag. Der Höchstbetrag ist damit abhängig von der Zahl der nutzenden Personen (s.a. Anmerkung vom 1.3.2017, LEXinform 0653117).

Mit Urteil vom 9.5.2017 (VIII R 15/15, BStBl II 2017, 956) hat der BFH entschieden, dass ein Stpfl. – auch, wenn er aus beruflichen Gründen zwei Wohnungen hat – keine zwei Arbeitszimmer geltend machen kann (s.a. BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 1).

In seinem Urteil vom 15.12.2016 (VI R 53/12, BStBl II 2017, 938, Rz. 13) äußert sich der BFH u.a. auch zur Bedeutung des Wortlauts in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG a.F., nämlich »Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer«. Die Verwendung des Wortes »ein« in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG ist nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel zu verstehen. Die Objektbezogenheit der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F. betrifft damit nur die Frage, ob (überhaupt) ein häusliches Arbeitszimmer vorhanden ist. Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu. Selbst wenn man aber das Wort »ein« in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG als Zahlwort verstehen wollte, wäre hierdurch der Grundsatz der Individualbesteuerung nicht in Frage gestellt. Denn daraus ließe sich allenfalls schließen, dass ein Steuerpflichtiger lediglich Aufwendungen für »ein«, aber nicht für mehrere Arbeitszimmer geltend machen könnte.

Zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei Miteigentümer-Ehegatten, die gemeinsam ein Arbeitszimmer nutzen, s. die BFH vom 15.12.2016 (VI R 53/12, BStBl II 2017, 938 und VI R 86/13, BStBl II 2017, 941) sowie → Drittaufwand und BFH vom 23.9.2009 (IV R 21/08, BStBl II 2010, 337; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 21; s.u. den Gliederungspunkt »Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige«).

Beispiel 5:

Ein Lehrerehepaar nutzt das häusliche Arbeitszimmer zur Unterrichtsvorbereitung zu gleichen Anteilen. An Kosten sind insgesamt 3 000 € angefallen.

Lösung 5:

Bei hälftiger Zuordnung der Aufwendungen sind jedem Ehegatten 1 500 € zuzurechnen. Aufgrund der personenbezogenen Betrachtungsweise kann jeder Ehegatte 1 250 € jährlich als Werbungskosten steuerlich geltend machen.

Zur Behandlung der Aufwendungen für ein gemeinsam genutztes Arbeitszimmer hat der BFH mit Urteil vom 23.9.2009 (IV R 21/08, BStBl II 2010, 337) wie folgt entschieden: Nutzen Ehegatten einen Raum in einem von ihnen bewohnten und in ihrem Miteigentum stehenden Haus, um Dienstleistungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks einer zwischen ihnen bestehenden Personengesellschaft zu erbringen, so sind ihnen die auf diesen Raum entfallenden und von ihnen getragenen Aufwendungen (AfA, Schuldzinsen, Energiekosten) nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zuzuordnen. Nutzen die Ehegatten für diesen Zweck einen Raum in einer von ihnen bewohnten und gemeinsam angemieteten Wohnung, so sind ihnen die anteiligen Mietzinsen und die anteiligen Energiekosten zur Hälfte zuzuordnen. Der Höchstbetrag von 1 250 € kann von jedem Stpfl. ausgeschöpft werden, der das Arbeitszimmer mitbenutzt, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG a.F. in seiner Person vorliegen.

Mehrere häusliche Arbeitszimmer, die während eines Veranlagungszeitraums nacheinander in verschiedenen Wohnungen oder Häusern genutzt werden, sind für die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG als ein Objekt anzusehen (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 1).

Beispiel 6:

A und B nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer jeweils zu 50 %. Die Gesamtaufwendungen betragen 4 000 €. Sowohl A als auch B steht für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.

Lösung 6:

A und B können jeweils 1 250 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen.

Beispiel 7:

A und B nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer jeweils zu 50 % (zeitlicher Nutzungsanteil). Die Gesamtaufwendungen betragen 4 000 €. Für A bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung; B steht für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.

Lösung 7:

S. das Beispiel in Rz. 21 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320).

A kann 2 000 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. B kann 1 250 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen.

Beispiel 8:

Die Eheleute werden gemeinsam zur ESt veranlagt. Der Ehemann erzielt Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Beide Ehegatten erzielen außerdem jeweils in der Rechtsform eines Einzelunternehmens als Versicherungsmakler Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Bis April des Kj. 09 bewohnen die Eheleute das gemeinsam angemietete Haus A.-Weg. Im April 09 ziehen sie um in das allein vom Ehemann erworbene Hausgrundstück B.-Weg.

In dem Haus »A.-Weg« nutzen die Eheleute einen 67 qm großen und als Büro ausgestatteten Raum gemeinsam als Arbeitszimmer.

In dem Haus »B.-Weg« befindet sich ein 11 qm großer Raum im Erdgeschoss, den der Ehemann für seine nichtselbstständige Tätigkeit nutzt; weiterhin befindet sich im Dachgeschoss dieses Hauses ein 35 qm großer Raum, der von beiden Eheleuten für Zwecke ihrer jeweiligen gewerblichen Tätigkeit genutzt wird.

Bei ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb machen die Eheleute die Kosten für die Arbeitszimmer jeweils in voller Höhe geltend, bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit macht der Ehemann Kosten i.H.v. 1 250 geltend.

Lösung 8:

Der Sachverhalt und die Lösung sind dem Urteil des FG Münster vom 15.3.2016 (11 K 2425/13, LEXinform 5018943, rkr.) nachgebildet (s.a. Mitteilung des FG Münster vom 17.5.2016, LEXinform 0444474).

Bei der Ehefrau sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer im Haus »A.-Weg« in voller Höhe steuerlich abzugsfähig, da das Arbeitszimmer für sie der Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt. Zwar hat sie als Versicherungsmaklerin auch Außentermine bei Kunden, der Großteil der Tätigkeit wird jedoch per Telefon und Fax vom Arbeitszimmer aus erledigt. Außerdem ist die Produktauswahl, die jeweils im häuslichen Arbeitszimmer geschieht, ein weiterer wichtiger Tätigkeitsbereich.

Die Aufwendungen des Ehemanns für die häuslichen Arbeitszimmer sind grundsätzlich nur bis zum Höchstbetrag von 1 250 € abzugsfähig. Die anteiligen Aufwendungen des Ehemanns im Rahmen der Arbeitszimmer für seine gewerbliche Tätigkeit können nicht geltend gemacht werden. Da er seine nichtselbstständige Tätigkeit in Vollzeit ausübt, ist insoweit kein Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit im Rahmen der nebenberuflichen gewerblichen Einkünfte gegeben.

Dieser Höchstbetrag von 1 250 € ist dem Ehemann in voller Höhe zu gewähren (personenbezogener Höchstbetrag).

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Ehemann die Arbeitszimmer im A.- und B.-Weg sowohl für seine nichtselbstständige als auch für seine gewerbliche Tätigkeit nutzt. Der beim Ehemann abzugsfähige Betrag von 1 250 € ist daher auf seine Tätigkeiten aufzuteilen. Mangels verifizierbarer Anhaltspunkte sind die Nutzungsanteile auf jeweils 50 % zu schätzen, so dass bei beiden Einkunftsarten jeweils Aufwendungen i.H.v. 625 € anzusetzen sind (s.a. Anmerkung vom 10.5.2016, LEXinform 0652889).

4.2.2. Die Homeoffice-Pauschale

Durch Art. 1 Nr. 2 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG eine Homeoffice-Pauschale eingeführt.

Für die Kj. 2020 bis 2022 kann der Stpfl. die sog. Homeoffice-Pauschale i.H.v. täglich 5 €, höchstens 600 € im Kj. geltend machen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG a.F.).

Durch das Vierte Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.6.2022 (BGBl I 2022, 911) wird mit Art. 2 Nr. 8 in § 52 Abs. 6 Satz 15 EStG die bisherige bis zum 31.12.2021 befristete Anwendung der Homeoffice-Pauschale bis zum 31.12.2022 verlängert.

Durch die Corona-Pandemie hat sich die Arbeitswelt verändert. Stpfl. üben ihre betriebliche/berufliche Tätigkeit pandemiebedingt zunehmend außerhalb ihrer Betriebsstätte/ersten Tätigkeitsstätte aus. Gerade während der Corona-Pandemie waren und sind viele Stpfl. gezwungen, ihrer betrieblichen/beruflichen Tätigkeit an einem Arbeitsplatz in ihrer Wohnung nachzugehen. In vielen Fällen liegen dabei die Voraussetzungen für einen Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG a.F. nicht vor, weil der Stpfl. entweder über keinen Raum verfügt, der dem gesetzlichen Typusbegriff entspricht, oder dieser Raum nicht ausschließlich oder fast ausschließlich für die betriebliche oder berufliche Betätigung genutzt wird oder werden kann.

Beachte:

Zweifelsfragen zum Abzug von Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG für ein häusliches Arbeitszimmer im Zusammenhang mit der Homeoffice-Pauschale klärt das BMF mit Schreiben vom 9.7.2021 (LEXinform 7012832; s.a. LfSt Rheinland-Pfalz vom 21.7.2021, S 2354 A – St 31 6, SIS 21 14 20).

Um diesen Stpfl. einen Abzug ihrer betrieblich oder beruflich veranlassten (Mehr-)Aufwendungen zu ermöglichen, wurde ein weiterer Abzugstatbestand eingefügt. Erfüllt der häusliche Arbeitsplatz des Stpfl. nicht die Voraussetzungen für den Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, kann der Stpfl. einen pauschalen Betrag von 5 € für jeden Kalendertag abziehen, an dem er seine gesamte betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt. Der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für den Abzug der Pauschale, sodass die Tätigkeit z.B. auch in der Küche oder im Wohnzimmer ausgeübt werden kann. Mit der Tagespauschale sind alle (Mehr-)Aufwendungen für die Nutzung der häuslichen Wohnung abgegolten (BT-Drs. 19/25160, 207).

Beachte:

Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 (kein anderer Arbeitsplatz) und Satz 3 (Mittelpunkt) EStG müssen für den Abzug der Homeoffice-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG nicht vorliegen (Tz. 2 des BMF-Schreibens vom 9.7.2021, LEXinform 7012832).

Aus Vereinfachungsgründen können auch Stpfl., bei denen die Abzugsvoraussetzungen für die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG a.F. vorliegen, anstelle eines Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen den Abzug des Pauschalbetrages nach § 4 Abs 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG vornehmen.

Der pauschale Abzugsbetrag für die Nutzung des Arbeitsplatzes in der Wohnung des Stpfl. wird nur für die Kalendertage gewährt, an denen der Stpfl. seine betriebliche/berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine andere betriebliche/berufliche Betätigungsstätte aufsucht. Zur Betätigungsstätte gehören jede Tätigkeitsstätte, ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet oder auch ein fester Ort (Sammelpunkt), den der Stpfl. aufsucht. Fährt der Stpfl. an einen Tag zusätzlich z.B. zur Betriebsstätte oder zur ersten Tätigkeitsstätte, kann die Tagespauschale von 5 € nicht abgezogen werden, sondern nur die abziehbaren Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte/erster Tätigkeitsstätte oder, wenn er auswärtig betrieblich/beruflich tätig wird, Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen. Die Regelung soll der Förderung der häuslichen betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit dienen. Ein Nebeneinander des pauschalen Abzugsbetrages für einen häuslichen Arbeitsplatz und der Entfernungspauschale oder ein Abzug tatsächlicher Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen würde diesem Ansatz nicht gerecht (BT-Drs. 19/25160, 208).

Beispiel 9:

Der Stpfl. D ist Dozent an der Hochschule für Finanzen in Edenkoben. Coronabedingt findet ab 1.7.2020 an 70 Arbeitstagen (von insgesamt 90 Arbeitstagen) ausschließlich Online-Unterricht statt, den D in seinem häuslichen Arbeitszimmer ausführt. Präsenzunterricht findet in dieser Zeit nicht statt. An den verbleibenden 20 Arbeitstagen ist D an der Hochschule mit der Aufsicht bei Klausuren sowie bei der Präsenzkonferenz beschäftigt.

Während der Zeit des Online-Unterrichts fährt D an 10 Tagen am Nachmittag zu der Hochschule, um dort Klausuren zur Korrektur in Empfang zu nehmen bzw. korrigierte Klausuren abzugeben. Der Aufenthalt dort beträgt jeweils ca. 15 Minuten.

D hat an der Hochschule ein Dienstzimmer, das ihm im Normalfall uneingeschränkt zur Verfügung steht. Aufgrund des Lockdowns und entsprechender Weisungen des Dienstherrn ist D angewiesen, von zu Hause aus zu arbeiten.

Lösung 9:

Bei Lehrern befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung regelmäßig nicht im häuslichen Arbeitszimmer, weil die berufsprägenden Merkmale eines Lehrers im Unterrichten bestehen und diese Leistungen in der Schule erbracht werden (BFH vom 26.2.2003, VI R 125/01, BStBl II 2004, 72). Deshalb sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auch dann nicht in voller Höhe abziehbar, wenn die überwiegende Arbeitszeit auf die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts verwendet und diese Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird. Auch bei einem Hochschullehrer ist das häusliche Arbeitszimmer grds. nicht der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit (BFH vom 27.10.2011, VI R 71/10, BStBl II 2012, 234; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 13).

Da dem Dozent D an der Hochschule ein anderer Arbeitsplatz für seine berufliche Tätigkeit zur Verfügung steht, sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Werbungskosten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG abzugsfähig.

Pandemiebedingt steht D ab 1.7.2020 kein anderer Arbeitsplatz an der Hochschule zur Verfügung (s. BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 17). Beim Online-Unterricht befindet sich der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit nun nicht mehr in der Schule, sondern im häuslichen Arbeitszimmer, weil von dort aus das Unterrichten stattfindet (Tz. 5 des BMF-Schreibens vom 9.7.2021, LEXinform 7012832).

Da sich die Nutzungsverhältnisse innerhalb des Kj. ändern, können nur die auf den Zeitraum, in dem das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet, entfallenden Aufwendungen in voller Höhe abgezogen werden (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 22). Das Arbeitszimmer kann auch dann den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit des Stpfl. bilden, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 1). Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer, die auf das 2. Halbjahr entfallen, sind in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar. Für das 1. Halbjahr kommt ein Abzug nicht in Betracht (BMF vom 6.10.2017, Rz. 22 Beispiele, 1. Spiegelstrich).

Da die Abzugsvoraussetzungen für die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG vorliegen, kann D die Homeoffice-Pauschale nur dann vornehmen, wenn er auf den Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer verzichtet. Dies ist allerdings nur sinnvoll, wenn die tatsächlichen Aufwendungen unter der Pauschale liegen.

Falls das häusliche Arbeitszimmer nicht als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit des D anerkannt wird, kann D die Pauschale des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG geltend machen.

Der pauschale Abzugsbetrag für die Nutzung des Arbeitsplatzes in der Wohnung des Stpfl. wird nur für die Kalendertage gewährt, an denen der Stpfl. seine betriebliche/berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine andere betriebliche/berufliche Betätigungsstätte aufsucht. Da D von den 70 Homeoffice-Tagen lediglich 60 ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt, beträgt die Pauschale 300 € (60 Kalendertage × 5 €). Die kurze berufliche Tätigkeit an 10 Arbeitstagen außerhalb der Wohnung führt zu einem Ausschluss der Pauschale an diesen Tagen.

Insgesamt ist der Abzug der Tagespauschale für einen häuslichen Arbeitsplatz auf einen Höchstbetrag von 600 € im Wj. oder Kj. für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung des Stpfl. begrenzt. Übt der Stpfl. verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten aus, sind sowohl die Tagespauschale von 5 € als auch der Höchstbetrag von 600 € auf die verschiedenen Betätigungen aufzuteilen; er wird nicht tätigkeitsbezogen vervielfacht.

Die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG sieht keine Einschränkung für den Fall vor, dass bei gemeinsam Nutzungsberechtigten einer Wohnung (auch) ein anderer eigene Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 oder Satz 4 EStG abzieht.

Über den Verweis in § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG gilt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG auch für den Werbungskostenabzug.

Im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung der besonderen Pandemiesituation wird die Abzugsfähigkeit befristet. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG ist für nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2023 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden (§ 52 Abs. 6 Satz 15 EStG).

Beispiel 10:

Coronabedingt verrichtet Buchhalter B seine Tätigkeit im Wohnzimmer seiner Wohnung an einem Wohnzimmertisch mit seinem Laptop.

Lösung 10:

Da es sich um eine bloße Arbeitsecke handelt, können keine Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht werden. Die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG soll eine Lücke schließen, indem für die »Arbeitsecke« die Homeoffice-Pauschale geltend gemacht werden kann. Für jeden Tag, an dem B seine gesamte berufliche/betriebliche Tätigkeit in seinem privaten Wohnbereich ausübt, kann er 5 €, maximal 600 € im Wj. oder Kj. absetzen.

Mit der Tagespauschale sind alle (Mehr-)Aufwendungen für die Nutzung der häuslichen Wohnung abgegolten (BT-Drs. 19/25160, 207). Die Aufwendungen für Arbeitsmittel wie z.B. den Laptop sind nicht von dieser Abgeltung erfasst (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 8).

Beachte:

Rückwirkend ab 1.1.2021 können Kosten für die Anschaffung von PCs und Software im Jahr der Anschaffung vollständig steuerlich geltend gemacht werden (BMF vom 26.2.2021, BStBl I 2021, 298). Dies gilt auch für WG des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden (BMF vom 26.2.2021, Rz. 6 und 7).

4.2.3. Regelung ab 1.1.2023

4.2.3.1. Allgemeine Grundsätze

Ausschließlich für Mittelpunktfälle sind die Aufwendungen – wie bisher – in voller Höhe abziehbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG n.F.). Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ist ein pauschaler Abzug i.H.v. 1 260 € möglich. Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind, soweit der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt, auch dann abziehbar, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Ab 1.1.2023 muss nur noch im »Mittelpunktfall« der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers erfüllt sein (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F.; s.a. BT-Drs. 20/4729, 147).

Stpfl., deren Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, können die Tagespauschale des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F. abziehen.

Die aus Anlass der Corona-Pandemie eingeführte sog. Homeoffice-Pauschale (s.o. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG a.F.) hat sich als vereinfachende Regelung für Sachverhalte bewährt, in denen den Stpfl. kein dem Typusbegriff entsprechendes häusliches Arbeitszimmer, sondern z.B. nur eine »Arbeitsecke« zur Verfügung steht. Aus Vereinfachungsgründen ist ab 1.1.2023 für alle Fälle der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung ein pauschaler Abzug in Form einer Tagespauschale möglich.

4.2.3.2. Die Pauschalregelung i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG im Einzelnen
4.2.3.2.1. Überwiegende Tätigkeit in der häuslichen Wohnung

Nach der bisherigen Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG konnte der Stpfl. die Homeoffice-Pauschale abziehen, wenn er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübte. Ab dem VZ 2023 genügt es für den Abzug der Tagepauschale i.H.v. 6 €, wenn der Stpfl. die betriebliche oder berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag überwiegend in der häuslichen Wohnung ausübt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 1 EStG).

Beachte:

Die Arbeit wird überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt, wenn der Stpfl. dort mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Tages tätig wird (BR-Drs. 457/22, 85).

4.2.3.2.2. Aufsuchen der ersten Tätigkeitsstätte und Abzugsausschluss der Pauschale

Stpfl. können einen pauschalen Betrag von 6 € für jeden Kalendertag abziehen, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und die erste Tätigkeitsstätte nicht aufgesucht wird.

Hinweis:

Bei der ersten Tätigkeitsstätte handelt es sich grundsätzlich nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG um die ortsfeste betriebliche Einrichtung des ArbG, der der ArbN dauerhaft zugeordnet ist (→ Auswärtstätigkeit).

Der Abzug der Tagespauschale ist ausgeschlossen für die Kalendertage, an denen die Voraussetzungen für den Abzug der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfüllt sind, d.h. neben der Ausübung der Tätigkeit in der häuslichen Wohnung die erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wurde. Ein Abzug beider Pauschalen nebeneinander für einen Kalendertag ist nicht zulässig (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 1 EStG).

Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 2 EStG). In diesen Fällen kann sowohl die Entfernungspauschale als auch die Tagespauschale abgezogen werden. Zum Zur-Verfügung-Stehen eines anderen Arbeitsplatzes s.o. den entsprechenden Gliederungspunkt.

4.2.3.2.3. Abzugsausschluss der Pauschale

Können Stpfl. Unterkunftskosten für eine betrieblich oder beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a oder § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 bis 4 EStG abziehen, ist ein zusätzlicher Abzug der Tagespauschale nicht zulässig, soweit die Stpfl. ihre betriebliche oder berufliche Betätigung in der Wohnung ausüben, für die die Mehraufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a oder § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 bis 4 EStG abgezogen werden können (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 3 EStG.

4.2.3.2.4. Begrenzung der Pauschale

Insgesamt ist der Abzug der Tagespauschale für einen häuslichen Arbeitsplatz auf einen Höchstbetrag von 1 260 € im Wj. oder Kj. für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung der Stpfl. begrenzt. Der Höchstbetrag wird erreicht, wenn die Stpfl. die betriebliche oder berufliche Tätigkeit an 210 Tagen im Jahr am häuslichen Arbeitsplatz ausüben (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 1 EStG).

4.2.3.2.5. Pauschale für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung

Üben Stpfl. verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten aus, sind sowohl die Tagespauschale von 6 € als auch der Höchstbetrag von 1 260 € auf die verschiedenen Betätigungen aufzuteilen; die Beträge sind nicht tätigkeitsbezogen zu vervielfachen (BR-Drs. 457/22, 85).

Beispiel 11:

Ein angestellter Bauingenieur fährt an einem Tag erst auf die Baustelle und anschließend erledigt er die Büroarbeiten nicht am Arbeitsplatz seines ArbG (erste Tätigkeitsstätte), sondern an seinem Arbeitsplatz in der häuslichen Wohnung.

Lösung 11:

S. das Beispiel der BR-Drs. 457/22, 85.

Der Stpfl. kann für diesen Tag sowohl Reisekosten für die Fahrt zur Baustelle als auch die Tagespauschale abziehen, wenn die Arbeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wurde, d.h. die Arbeitszeit dort mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Tages beträgt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 2 EStG).

Wichtig:

Die Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € übersteigt den ArbN-Pauschbetrag des § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG von 1 230 €. Danach lohnt es sich, jede weitere berufsbedingte Ausgabe als Werbungskosten geltend zu machen, wie z.B. Fachbücher und Büromaterial. Alle Aufwendungen über dem ArbN-Pauschbetrag wirken sich steuermindernd aus.

Mit Art. 4 Nr. 3 des JStG 2022 vom 16.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird der ArbN-Pauschbetrag in § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG von bisher 1 200 € auf 1 230 € angehoben.

4.3. Abzugsverbot

Wenn die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c EStG nicht erfüllt sind, gehören die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung zu den nicht abzugsfähigen Aufwendungen (s. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG).

Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nicht abziehbar, wenn es in nicht unerheblichem Umfang für außerberufliche Zwecke genutzt wird. Die Anfertigung der persönlichen ESt-Erklärung ist keine berufliche Nutzung (BFH Beschluss vom 4.5.2005, VI B 35/04, BFH/NV 2005, 1549).

S.a. die Erläuterungen unter dem Gliederungspunkt »Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers«.

4.4. Nutzung des Arbeitszimmers zur Erzielung unterschiedlicher Einkünfte

4.4.1. Mögliche Fallgestaltungen

Übt ein Stpfl. mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist nicht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung abzustellen; vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Grundsätzlich lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 12):

  1. Bilden bei allen Erwerbstätigkeiten – jeweils – die im häuslichen Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten den qualitativen Schwerpunkt, so liegt dort auch der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit.

  2. Bilden hingegen die außerhäuslichen Tätigkeiten – jeweils – den qualitativen Schwerpunkt der Einzeltätigkeiten oder lassen sich diese keinem Schwerpunkt zuordnen, so kann das häusliche Arbeitszimmer auch nicht durch die Summe der darin verrichteten Arbeiten zum Mittelpunkt der Gesamttätigkeit werden.

  3. Bildet das häusliche Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt lediglich einer Einzeltätigkeit, nicht jedoch im Hinblick auf die übrigen Tätigkeiten, ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der Gesamttätigkeit bildet.

4.4.2. Mittelpunktfälle

Übt ein Stpfl. mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus und bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung (s.o. unter 1.), so sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen.

Bis zum 31.12.2022 sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG in voller Höhe zu berücksichtigen.

Ab dem 1.1.2023 sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG n.F. in voller Höhe zu berücksichtigen. Anstelle der tatsächlich nachgewiesenen Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 € (Jahrespauschale) für das Wj. oder Kj. abgezogen werden (Nr. 6b Satz 3). Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 € um ein Zwölftel (Nr. 6b Satz 4).

Beachte:

Die Jahrespauschale ist personenbezogen und wird somit nicht tätigkeitsbezogen vervielfacht, sondern insgesamt nur einmal gewährt (BT-Drs. 20/4729, 147; entgegen der ursprünglichen Fassung in BR-Drs. 457/22, 84).

4.4.3. Keine Mittelpunktfälle

4.4.3.1. Regelung bis 31.12.2022

Da keine Mittelpunkttätigkeit vorliegt, wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1 250 € begrenzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG). Dies gilt allerdings nur, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (Nr. 6b Satz 2 a.F.). Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer sind entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen. Soweit der Kostenabzug für eine oder mehrere Tätigkeiten möglich ist, kann der Stpfl. diese anteilig insgesamt bis zum Höchstbetrag abziehen (BFH vom 25.4.2017, VIII R 52/13, BStBl II 2017, 949). Der Höchstbetrag ist nicht aufzuteilen und den jeweiligen Tätigkeiten in Teilhöchstbeträgen zuzuordnen. Ein Stpfl. kann die dem Grunde nach abzugsfähigen, auf verschiedene Einkunftsarten entfallenden Aufwendungen insgesamt bis zum Höchstbetrag von 1 250 € abziehen. Eine Vervielfachung des Höchstbetrages ist ausgeschlossen (subjektbezogener Höchstbetrag, vgl. BFH vom 20.11.2003, IV R 30/03, BStBl II 2004, 775; vom 16.7.2014, X R 49/11, BFH/NV 2015, 177, LEXinform 0928888; vom 15.12.2016, VI R 53/12, BStBl II 2017, 938; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 19 und 20).

Beispiel 12:

Ein Angestellter nutzt sein Arbeitszimmer zu 40 % für seine nichtselbstständige Tätigkeit und zu 60 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Nur für die Nebentätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An Aufwendungen sind für das Arbeitszimmer insgesamt 2 500 € entstanden.

Lösung 12:

Die Aufwendungen von 2 500 € sind nach dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen. Auf die nichtselbstständige Tätigkeit entfallen 40 % von 2 500 € = 1 000 €, die deshalb nicht abgezogen werden können, weil ihm dafür ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Auf die Nebentätigkeit entfallen 60 % von 2 500 € = 1 500 €, die bis zu 1 250 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

4.4.3.2. Regelung ab 1.1.2023

Die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F. ist nur in Mittelpunktfällen anzuwenden. Für die Bestimmung der Mittelpunkttätigkeit ist die gesamte Betätigung – die betriebliche und berufliche Betätigung – maßgeblich.

Ab 1.1.2023 ist für alle Fälle der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG ein pauschaler Abzug in Form einer Tagespauschale möglich. Für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 € (Tagespauschale), höchstens 1 260 € im Wj. oder Kj. abgezogen werden (Nr. 6c Satz 1).

Beispiel 13:

Sachverhalt s.o. Beispiel 12.

Ein Angestellter nutzt sein Arbeitszimmer zu 40 % für seine nichtselbstständige Tätigkeit und zu 60 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Nur für die Nebentätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An Aufwendungen sind für das Arbeitszimmer insgesamt 2 500 € entstanden.

Lösung 13:

Die tatsächlichen Aufwendungen von 2 500 € sind ab dem Kj. 2023 ohne Bedeutung, da lediglich eine Tagespauschale zu berücksichtigen ist. Für die nichtselbstständige berufliche Tätigkeit kann keine Tagespauschale gewährt werden, da diese Tätigkeit nicht überwiegend (mehr als 50 %) in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird.

Die unternehmerische, betriebliche Tätigkeit wird insgesamt, somit auch überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt. Da für diese Tätigkeit auch keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung eine Tagespauschale von 6 € im Kj. abgezogen werden. Da die unternehmerische Tätigkeit im gesamten Kj. in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird, würde die Tagespauschale 2 190 € (365 Tage × 6 €) betragen. Nach Nr. 6c Satz 1 ist die Pauschale auf höchstens 1 260 € (210 Tage) begrenzt. Der Betrag von 1 260 € ist in voller Höhe als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, da für die nichtselbstständige Tätigkeit eine (anteilige) Tagespauschale nicht in Betracht kommt.

Zur Bestimmung des Mittelpunkts der betrieblichen und beruflichen Betätigung bei der Erzielung unterschiedlicher Einkunftsarten s.a. die Erläuterungen unter dem Gliederungspunkt »Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers« sowie den Gliederungspunkt »Einzelfälle« und dort »Rentner und Pensionäre«.

4.5. Nicht ganzjährige Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers

4.5.1. Regelung bis 31.12.2022

Ändern sich die Nutzungsverhältnisse innerhalb eines Wirtschafts- oder Kalenderjahres, können nur die auf den Zeitraum, in dem das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, entfallenden Aufwendungen in voller Höhe abgezogen werden. Für den übrigen Zeitraum kommt ein beschränkter Abzug nur in Betracht, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Höchstbetrag von 1 250 € ist auch bei nicht ganzjähriger Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in voller Höhe zum Abzug zuzulassen.

Beispiel 14:

Ein ArbN hat im 1. Halbjahr den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Im 2. Halbjahr übt er die Tätigkeit am Arbeitsplatz bei seinem ArbG aus.

Lösung 14:

Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer, die auf das 1. Halbjahr entfallen, sind in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar. Für das 2. Halbjahr kommt ein Abzug nicht in Betracht.

Beispiel 15:

Ein ArbN hat ein häusliches Arbeitszimmer, das er nur nach Feierabend und am Wochenende auch für seine nichtselbstständige Tätigkeit nutzt. Seit 15.6. ist er in diesem Raum auch schriftstellerisch tätig. Aus der schriftstellerischen Tätigkeit erzielt er Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Fortan nutzt der Stpfl. sein Arbeitszimmer zu 30 % für die nichtselbstständige Tätigkeit und zu 70 % für die schriftstellerische Tätigkeit, wofür ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer betrugen 5 000 €.

Lösung 15:

Von den Gesamtaufwendungen i.H.v. 5 000 € entfallen auf den Zeitraum ab 15.6. (6,5/12 =) 2 708 €. Der auf die nichtselbstständige Tätigkeit entfallende Kostenanteil ist insgesamt nicht abziehbar. Auf die selbstständige Tätigkeit entfallen 70 % von 2 708 € = 1 896 €, die bis zum Höchstbetrag von 1 250 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Eine zeitanteilige Kürzung des Höchstbetrages ist nicht vorzunehmen.

S.a. BMF vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 22).

4.5.2. Regelung ab 1.1.2023

Die auf den Zeitraum der Mittelpunkttätigkeit entfallenden Aufwendungen sind in voller Höhe zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 EStG n.F.). Statt der tatsächlichen Aufwendungen kann eine Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € berücksichtigt werden (Nr. 6b Satz 3). Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 € um ein Zwölftel (Nr. 6b Satz 4).

Beispiel 16:

S.o. Beispiel 14.

Ein ArbN hat im 1. Halbjahr den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Im 2. Halbjahr übt er die Tätigkeit am Arbeitsplatz bei seinem ArbG aus.

Lösung 16:

Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer, die auf das 1. Halbjahr entfallen, sind in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar (Nr. 6b Satz 2). Statt der tatsächlichen Aufwendungen kann eine Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € berücksichtigt werden (Nr. 6b Satz 3), die sich aber um 6/12 auf 630 € ermäßigt (Nr. 6b Satz 4).

Für das 2. Halbjahr kommt ein Abzug der tatsächlichen Aufwendungen oder der Jahrespauschale nach Nr. 6b nicht in Betracht, da keine Mittelpunkttätigkeit vorliegt. Für die Tätigkeit im 2. Halbjahr sind die Voraussetzungen der Nr. 6c zu prüfen. Danach kann eine Tagespauschale nach Nr. 6c Satz 1 nicht gewährt werden, da der Stpfl. nicht überwiegend in der häuslichen Wohnung tätig ist.

4.6. Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige

Jeder Nutzende darf die Aufwendungen abziehen, die er getragen hat, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 oder 3 EStG a.F. bzw. Nr. 6b Satz 2 bis 4 EStG n.F. in seiner Person vorliegen (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 21). S. → Drittaufwand.

Der Höchstbetrag von 1 250 € (Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG a.F.) ist dabei jedem Stpfl. zu gewähren (s.o. den Gliederungspunkt »Subjektbezogener Abzugsbetrag).

Die Jahrespauschale von 1 260 € (Nr. 6b Satz 3 EStG n.F.) ist personenbezogen und somit jedem Nutzer zu gewähren.

Beispiel 17:

A und B nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer jeweils zu 50 % (zeitlicher Nutzungsanteil). Die Gesamtaufwendungen betragen 4 000 € und werden entsprechend dem Nutzungsanteil getragen. Für A bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung. B steht für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit (60 % der Arbeitszeit) kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An 100 Tagen im Jahr – von insgesamt 220 Arbeitstagen – hat B seine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht.

Lösung 17:

Regelung bis zum 31.12.2022:

Für A bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit. Entsprechend dem Nutzungsanteil von 50 % entfallen von den Gesamtaufwendungen i.H.v. 4 000 € 50 % = 2 000 € auf A. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 Halbsatz 2 EStG a.F. kann A 2 000 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen.

Für B bildet das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt seiner gesamten Tätigkeit. Da ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist von den anteiligen Gesamtaufwendungen i.H.v. 2 000 € lediglich der Höchstbetrag von 1 250 € zu berücksichtigen (Nr. 6b Satz 2 und 3 Halbsatz 1 EStG a.F.).

Regelung ab 1.1.2023:

Wegen der Mittelpunkttätigkeit kann A – wie zuvor bei der Altregelung bis 31.12.2022 – seine anteiligen Gesamtaufwendungen i.H.v. 2 000 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. Die Berücksichtigung der geringeren Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € (Nr. 6b Satz 3 EStG n.F.) bietet sich hier nicht an.

Da für B das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt seiner gesamten Tätigkeit bildet, sind für ihn die Abzugsvoraussetzungen der Nr. 6c EStG n.F. zu prüfen. Voraussetzung für die Abzugsmöglichkeit der Tagespauschale ist u.a., dass B überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % in der häuslichen Wohnung tätig wird. Das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers ist hierfür nicht erforderlich. Da B lt. Sachverhalt 60 % seiner Tätigkeit in der häuslichen Wohnung ausübt, steht ihm grundsätzlich eine Tagespauschale von 6 € zu. Nach Nr. 6c Satz 1 EStG wird die Tagespauschale nur für die Kalendertage gewährt, an denen die Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Da B bei insgesamt 220 Arbeitstagen an 100 Tagen seine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht hat, wäre danach die Tagespauschale von 6 € für 110 Arbeitstage, insgesamt i.H.v. 660 € zu berücksichtigen.

Da B aber für seine Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird (Nr. 6c Satz 2 EStG). Die Tagespauschale von 6 € ist danach für 220 Arbeitstage, insgesamt i.H.v. 1 320 € zu berücksichtigen. Nach Nr. 6c Satz 1 EStG ist die Pauschale auf höchstens 1 260 € im Kj. (= 210 Arbeitstage) begrenzt.

4.7. Nicht ganzjährige Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige

Zur Aufteilung der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer bei einer zeitlich beschränkten Tätigkeit und einer gleichzeitigen gemeinsamen Nutzung durch mehrere Stpfl. hat der BFH mit Urteil vom 15.12.2016 (VI R 86/13, BStBl II 2017, 941) entschieden, dass bei einem vorhersehbar zeitlich beschränkten Bereitschaftsdienst (fünf Wochen im Jahr) die Kosten des Arbeitszimmers nicht nur zeitanteilig zu berücksichtigen sind.

Die Aufwendungen sind zeitanteilig zu kürzen, wenn der Stpfl. erst während des Jahres eine Tätigkeit aufnimmt und dann ein häusliches Arbeitszimmer einrichtet oder während des Jahres – etwa wegen Eintritts in den Ruhestand – die Tätigkeit endgültig einstellt. Keine Kürzung ist hingegen vorzunehmen, wenn der Stpfl. das Zimmer zeitweise nicht nutzt, etwa während des Urlaubs, Krankheit, Wochenenden oder mangels Aufträgen. Maßgeblich ist allein, dass der Stpfl. ein häusliches Arbeitszimmer vorhält. Dabei dürfen Zeiten der Nichtnutzung nicht der außerberuflichen Nutzung zugerechnet werden (BFH vom 15.12.2016, VI R 86/13, BStBl II 2017, 941, Rz. 17; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 22).

Nutzen Miteigentümer ein Arbeitszimmer gemeinsam zur Erzielung von Einkünften, kann jeder die seinem Anteil entsprechenden und von ihm getragenen Aufwendungen (z.B. Absetzung für Abnutzung, Schuldzinsen) als Werbungskosten abziehen, denn jeder setzt die gesamten auf seinen Anteil entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Einkünfteerzielung ein (BFH vom 23.9.2009, IV R 21/08, BStBl II 2010, 337). Gleiches gilt für eine durch Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam gemietete Wohnung. Die Mietzahlungen sind dann zur Hälfte als für Rechnung des jeweiligen Ehegatten/Lebenspartners aufgewendet anzusehen. Auf den tatsächlichen jeweiligen Nutzungsumfang des Arbeitszimmers kommt es demgemäß nicht an.

5. Vermietung von Arbeitszimmern unter Ehegatten

Vermietet eine Ehegattengrundstücksgemeinschaft die in der Ehewohnung belegenen zwei Arbeitszimmer an jeweils einen der Ehegatten allein zur Umgehung der hinsichtlich der Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bestehenden Abzugsbeschränkung, ist die Vermietung als rechtsmissbräuchlich anzusehen und dem Mietverhältnis die steuerliche Anerkennung zu versagen (FG München vom 8.10.2008, 10 K 1573/07, EFG 2009, 153, LEXinform 5007413, rkr.).

6. Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers

Das FG Hessen hat mit rechtskräftigem Urteil vom 21.11.2000 (13 K 1005/00, EFG 2001, 489) entschieden, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann steuerlich anerkannt werden können, wenn das Arbeitszimmer für die Einkünfteerzielung tatsächlich erforderlich ist.

Sachverhalt:

Die Eheleute erzielen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Im Rahmen dieser Einkunftsart beantragen die Eheleute die Anerkennung von Aufwendungen für zwei Arbeitszimmer i.H.v. je 1 250 €. Jeder der Ehegatten hat zwei Eigentumswohnungen zu verwalten. Dafür sei je ein Arbeitszimmer erforderlich. Die beiden Arbeitszimmer sind ausschließlich für diese Zwecke genutzt worden.

Entscheidungsgründe:

Für die berufliche Nutzung aus Vermietung und Verpachtung steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Es ist zwar auf die Einkünfte erzielende Tätigkeit abzustellen; jedoch muss das Arbeitszimmer für diese Tätigkeit erforderlich sein. So kann es nicht sein, dass beispielsweise für die Verwaltung von geringfügigen und einmalig jährlich anfallenden Einkünften aus Kapitalvermögen Aufwendungen für ein Arbeitszimmer bis zu 1 250 € möglich wären.

Danach wäre auch ab 1.1.2023 die Tagespauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG nicht zu gewähren.

Zur Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer für die Verwaltung einer Photovoltaikanlage hat das FG Nürnberg mit Urteil vom 19.3.2012 (3 K 308/11, LEXinform 5013514, rkr.) entschieden, dass sich aus dem Sinnzusammenhang der Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer ergibt, dass ein Aufwendungsabzug nur dann erfolgen darf, wenn das Arbeitszimmer tatsächlich erforderlich ist. Die vom Stpfl. angeführten Tätigkeiten für die Verwaltung einer Photovoltaikanlage machen ein häusliches Arbeitszimmer nicht erforderlich, da die zeitliche Inanspruchnahme des Raumes von untergeordneter Bedeutung ist (s.a. Anmerkung vom 2.8.2012, LEXinform 0941892). Auch die Finanzverwaltung vertritt diese Auffassung (LfSt Niedersachsen vom 12.7.2018, S 2240 – 186 – St 222/St 221, SIS 18 17 08).

Beachte:

Zur Erforderlichkeit eines häuslichen Arbeitszimmers hat der BFH in seinem Urteil vom 8.3.2017 (IX R 52/14, BFH/NV 2017, 1017, LEXinform 0950889) Stellung genommen.

Der BFH führt aus, dass der Gesetzgeber in § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG a.F. die Abzugsvoraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer typisiert, indem er die Abzugsmöglichkeit auf die zwei dort genannten Fallgruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung) begrenzt. Der Stpfl. ist in diesen beiden Fällen auf einen häuslichen Arbeitsplatz angewiesen, weshalb das Gesetz typisierend davon ausgeht, dass die Aufwendungen hierfür (nahezu) ausschließlich betrieblich oder beruflich veranlasst sind, obwohl auch in diesen Fällen eine private Nutzung des Raums nicht überprüft und damit nicht ausgeschlossen werden kann. Der Begrenzung liegt laut BFH demnach die gesetzgeberische Überlegung zugrunde, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in diesen beiden Fällen erforderlich sind. Weitere Voraussetzungen hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer regelt das Gesetz nach Meinung des BFH nicht: Die Erforderlichkeit ist kein Merkmal des Abzugstatbestands. Vielmehr typisiert das Gesetz mit den beiden genannten Fallgruppen die Erforderlichkeit der beruflichen oder betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers, ohne den Begriff der Erforderlichkeit in Gestalt eines unbestimmten Rechtsbegriffs zu einem Tatbestandsmerkmal zu machen. Ein zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit für die beiden Fälle, in denen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer überhaupt nur abzugsfähig sind, folgt gemäß BFH daher weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung. Denn durch die Beschränkung auf zwei Fallgruppen sollen gerade Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers vermieden werden, so der BFH (s.a. Anmerkung vom 13.6.2017, LEXinform 0653186).

Der VI. Senat hat mit seinem Urteil vom 3.4.2019 (VI R 46/17, BStBl II 2022, 358) zum Ausdruck gebracht, dass er auch die Auffassung des IX. Senats (IX R 52/14, s.o.) vertritt. Auch nach Auffassung des VI. Senats setzt der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung.

Beachte:

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind im Rahmen von Kapitaleinkünften durch den Sparer-Pauschbetrag abgegolten und können auch nicht im Rahmen der Günstigerprüfung veranschlagt werden (Urteil FG Nürnberg vom 12.2.2014, 5 K 1251/12, EFG 2014, 1103, LEXinform 5017084).

Das FG Münster hat mit Urteil vom 16.3.2001 (11 K 2207/00 E, EFG 2001, 739) ein Arbeitszimmer für die Verwaltung von drei Grundstücken (Zweifamilienhaus, gemischt-genutztes Grundstück sowie ein Mietwohngrundstück) anerkannt.

In einem weiteren rechtskräftigen Urteil des FG Münster vom 18.6.2009 (10 K 645/08 E, LEXinform 5009286) hat das FG entschieden, dass bei

  • Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – vier Mietobjekte mit elf Wohnungen und sechs Garagen – (Verlust ca. 5 500 €),

  • Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit – Betriebsrente – (30 549 €),

  • sonstigen Einkünften – Leibrente – (10 726 €) und

  • Einkünften aus Kapitalvermögen (660 €)

der Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer lediglich in begrenzter Höhe von 1 250 € zu gewähren ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 Halbsatz 1 EStG a.F.). Ein unbegrenzter Abzug ist nicht möglich, weil das Büro nicht den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt. Ab 1.1.2023 wäre nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 1 EStG die Tagespauschale i.H.v. 6 € pro Kalendertag zu berücksichtigen.

S.o. den Gliederungspunkt »Einzelfälle« und dort »Rentner und Pensionäre«.

7. Arbeitszimmernutzung für Ausbildungszwecke

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 4 EStG ist die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c EStG auch für die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer anzuwenden, das für die eigene Berufsausbildung genutzt wird. Maximal können jedoch nur bis zu 6 000 € als Sonderausgaben abgezogen werden (→ Ausbildungskosten). Wird das häusliche Arbeitszimmer auch zur Einkunftserzielung genutzt, sind die Kosten entsprechend auf die Ausbildungs- und die Einkunftszwecke aufzuteilen (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 24).

8. Arbeitszimmernutzung für Fortbildungszwecke

Der Werbungskostenabzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu Fortbildungszwecken ungeachtet der Verfügbarkeit eines dienstlichen Büroarbeitsplatzes kann auch bei Inanspruchnahme der regelmäßigen Wochenarbeitszeit für andere Aufgaben nur in Betracht kommen, wenn eine arbeitsvertraglich bestimmte Pflicht zur Fortbildung mit dem gleichzeitigen Verbot des ArbG zur Fortbildung am dienstlichen Arbeitsplatz verbunden ist (Urteil FG Düsseldorf vom 25.3.2013, 8 K 2213/11 E, LEXinform 5016607, rkr.; Abgrenzung zum BFH Urteil vom 7.8.2003, VI R 162/00, BStBl II 2004, 83; Anschluss an Urteil des FG Köln vom 3.11.2005, 10 K 1129/02, EFG 2006, 179).

Ab dem 1.1.2023 kann für die berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung die Tagespauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG nicht gewährt werden, da der Stpfl. nicht überwiegend in der häuslichen Wohnung tätig ist.

9. Arbeitszimmernutzung während der Erwerbslosigkeit

Nutzt ein Stpfl. ein häusliches Arbeitszimmer während der Phase der Erwerbslosigkeit zur Vorbereitung auf eine künftige Erwerbstätigkeit, so kann er die Aufwendungen für das Arbeitszimmer regelmäßig nur geltend machen, wenn und soweit ihm der Werbungskostenabzug auch unter den zu erwartenden Umständen der späteren beruflichen Tätigkeit zustehen würde (BFH vom 2.12.2005, VI R 63/03, BStBl II 2006, 329; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 23; Anmerkung vom 31.1.2012, LEXinform 0632781).

Im finanzgerichtlichen Verfahren wurde festgestellt, dass der Klägerin von ihrem künftigen ArbG im öffentlichen Dienst ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden wäre, wenn der Dienstherr von seiner Befugnis zur Reaktivierung des Dienstverhältnisses Gebrauch gemacht hätte. Weiterhin wurde ausgeschlossen, dass die Klägerin mehr als die Hälfte ihrer beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verbringen würde. Da somit bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen beschränkten Werbungskostenabzug (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG a.F.) nicht vorliegen, kommt auch die beantragte unbeschränkte Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen nicht in Betracht.

Auch ab 1.1.2023 wären die Aufwendungen in Form einer Tagespauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin nicht überwiegend in der häuslichen Wohnung tätig geworden wäre.

10. Arbeitszimmer während der Elternzeit

Aufwendungen einer Steuerpflichtigen, die sich in der Elternzeit befindet, können vorab entstandene Werbungskosten sein. Dabei bedarf der berufliche Verwendungsbezug der Aufwendungen – wenn er sich nicht bereits aus den Umständen von Umschulungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen ergibt – einer ins Einzelne gehenden Darlegung (BFH vom 22.7.2003, VI R 137/99, BStBl II 2004, 888). Für die Annahme vorab entstandener Werbungskosten reicht allerdings nicht die bloße Behauptung, dass bestimmte Aufwendungen aus beruflichem Anlass entstanden seien. Anders als bei Umschulungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen, bei denen sich regelmäßig bereits aus den Umständen der berufliche Zusammenhang plausibel ergibt, ist in Fällen wie dem vorliegenden erforderlich, dass der Stpfl. die von ihm durchgeführten Tätigkeiten im Einzelnen konkretisiert, damit ein beruflicher Zusammenhang beurteilt werden kann (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 24a; s.a. Schmidt, NWB 17/2013, 1294).

11. Betroffene Aufwendungen

Ab dem 1.1.2023 sind die tatsächlichen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch in den Fällen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG n.F. zu ermitteln. Nur wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, kommt ein Abzug der tatsächlichen Aufwendungen in Betracht. Aber auch in Mittelpunktfällen kann der Stpfl. anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Jahrespauschale i.H.v. 1 260 € in Anspruch nehmen (Nr. 6b Satz 3 EStG n.F.).

Liegt keine Mittelpunkttätigkeit vor, erübrigt sich eine Ermittlung der tatsächlichen Aufwendungen, da unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG nur ein pauschaler Abzug in Betracht kommt.

Unter die abzugsfähigen Aufwendungen fallen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung. Dazu gehören insbes. die anteiligen Aufwendungen für (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 6):

  • Miete;

  • Gebäude-AfA, Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung, Sonderabschreibungen.

    Mit Urteil vom 9.3.2016 (X R 46/14, BStBl II 2016, 976) nimmt der BFH Stellung zur Behandlung des eigenen Aufwands des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten zur Hälfte gehörenden Grundstück. Diese Rechtsgrundsätze sind auch auf die Arbeitszimmernutzung des Unternehmer-Ehegatten in dem Ehegattengrundstück anzuwenden. Mit Schreiben vom 16.12.2016 (BStBl I 2016, 1431) hat das BMF zu den Folgen, die sich aus der Rechtsprechung ergeben, Stellung genommen.

    Im Urteilsfall hatte der Unternehmer-Ehegatte die Herstellungskosten des Gebäudes (z.B. 300 000 €) allein getragen. Der Nichtunternehmer-Ehegatte wird sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Dieser Gebäudeteil ist beim Nichtunternehmer-Ehegatten Privatvermögen. Daraus folgt, dass 50 % der auf das Arbeitszimmer (z.B. 15 % der gesamten Fläche) entfallenden Herstellungskosten als notwendiges Betriebsvermögen des Unternehmer-Ehegatten zu behandeln sind 15 % v. 300 000 € = 45 000 €, davon 50 % = 22 500 €). Der Grund und Boden gehört im Verhältnis der Zugehörigkeit des Gebäudeteils zum Betriebsvermögen (H 4.2 (7) [Anteilige Zugehörigkeit des Grund und Bodens] EStH).

    Der Grundstücksteil ist nach § 8 EStDV nicht von untergeordnetem Wert, da sein Wert 20 500 € übersteigt (s. Hoffmann/Nacke in Littmann/Bitz/Pust, EStG § 4, Rz. 171 mit Beispielen, LEXinform 0812011).

    Die vom Betriebsinhaber getragenen Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes bzw. Gebäudeteils, die auf den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten entfallen (22 500 €), sind als eigener Aufwand nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen als Betriebsausgaben abzuziehen. Sie sind – bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG – in einem Aufwandsverteilungsposten in der Bilanz abzubilden.

    Der Aufwandsverteilungsposten ist kein Wirtschaftsgut. Dieser kann nicht Träger stiller Reserven sein. Der Aufwand kann daher nur nach den Vorschriften, die für Privatvermögen gelten, abgezogen werden. Eine Bildung oder Übertragung stiller Reserven nach den steuerrechtlichen Sonderregelungen, die nur für Betriebsvermögen gelten (z.B. § 6b EStG), ist nicht zulässig. Der Aufwandsverteilungsposten ist mit 2 % (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) aufzulösen.

    Die eigenen anteiligen Herstellungskosten sind mit 3 % nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG abzuschreiben. Das häusliche Arbeitszimmer im eigenen Haus dient nicht Wohnzwecken (H 7.2 [Wohnzwecke, 3. Spiegelstrich] EStH).

    Der BFH hat mit Urteil vom 6.12.2017 (VI R 41/15, BStBl II 2018, 355) unter Hinweis auf die Beschlüsse des GrS vom 23.8.1999 (1/97, BStBl II 1999, 78; 3/97, BStBl II 1999, 787 und 5/97, BStBl II 1999, 774) eine differenzierte Beurteilung hinsichtlich der abziehbaren Aufwendungen bei Ehegatten/Lebenspartnern vorgenommen.

    Danach ist zunächst zwischen grundstücksorientierten Aufwendungen (wie AfA, Schuldzinsen, Grundsteuern, Hausversicherung) und nutzungsorientierten Aufwendungen (wie Energiekosten, Renovierungskosten für das Arbeitszimmer, Reinigungskosten) zu unterscheiden.

    Diese Unterscheidung ist deshalb erforderlich, weil die grundstücksorientierten Aufwendungen – unabhängig von der Bezahlungnur der Eigentümer selbst steuerlich geltend machen kann. Bei Miteigentum können diese entsprechend dem jeweiligen Miteigentumsanteil steuerlich geltend gemacht werden.

    Im Gegensatz dazu sind die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden nutzungsorientierten Aufwendungen durch den Beruf desjenigen Ehegatten/Lebenspartners veranlasst, der das Arbeitszimmer nutzt. Bei diesen Aufwendungen kommt es in erster Linie darauf an, wer sie tatsächlich getragen hat, und nicht darauf, wer sie zivilrechtlich schuldet. Folglich werden die nutzungsorientierten Aufwendungen demjenigen zugerechnet, von dessen Konto sie gezahlt worden sind. Werden diese Aufwendungen von einem gemeinsamen Bankkonto der Ehegatten/Lebenspartner beglichen, kann der Nichteigentümer die durch seine berufliche Nutzung verursachten Kosten insgesamt und nicht nur anteilig steuerlich geltend machen.

    Die Differenzierung zwischen grundstücks- und nutzungsorientierten Aufwendungen mit den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Rechtsfolgen ist nicht nur auf Eigentumsfälle beschränkt, sondern auch bei angemieteten Wohnobjekten vorzunehmen. Nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden gehört dabei die (Kalt-)Miete zu den grundstücksorientierten Aufwendungen. Somit kommt eine steuermindernde Berücksichtigung der (Kalt-)Miete nur in Betracht, wenn der das Arbeitszimmer nutzende Stpfl. auch gleichzeitig der Mieter ist (FinBeh Bremen Erlass vom 22.2.2022, 900 – S 2145 – 1/2014 – 1/2016 – 1586061/2021, DStR 2022, 840, SIS 22 06 88).

    Bei einer gemeinsam gemieteten Wohnung und Nutzung des Arbeitszimmers durch einen Ehegatten/Lebenspartner kann dementsprechend die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallende (Kalt-)Miete nur zur Hälfte steuerlich berücksichtigt werden.

    Die o.a. Grundsätze gelten entsprechend für außerhäusliche Arbeitszimmer (s. Vfg. OFD Frankfurt vom 15.12.2019, S 2145 A – 16 – St 516, LEXinform 7012064 unter VIII Rz. 21).

    Mit Erlass vom 8.1.2020 (VI 308 – S 2145 – 116, LEXinform 7012246) nimmt das FinMin Schleswig-Holstein ausführlich zur Berücksichtigung grundstücksorientierter Aufwendungen Stellung.

    Gehört das Arbeitszimmer zu Räumlichkeiten, die im Miteigentum des das Arbeitszimmer Nutzenden und seines Ehegatten stehen, sind die grundstücksorientierten Aufwendungen wie folgt zu berücksichtigen:

    Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

    Konto des Ehegatten, der das Arbeitszimmer nutzt:

    Gemeinschaftskonto der Ehegatten:

    Konto des anderen Ehegatten:

    100 % der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar.

    100 % der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar, allerdings begrenzt auf den Miteigentumsanteil an den Räumlichkeiten.

    Die grundstücksorientierten Aufwendungen sind als → Drittaufwand nicht abziehbar.

    Beispiel:

    Wohnfläche der gesamten Wohnung:

    100 qm

    Arbeitszimmer:

    60 qm

    Miteigentumsanteil an der Wohnung:

    50 %

    Grundstücksorientierte Aufwendungen

    3 000 €

    Nutzungsorientierte Aufwendungen

    2 000 €

    Von den grundstücksorientierten Aufwendungen entfallen 60/100 von 3 000 € auf das Arbeitszimmer.

    1 800 €

    Der Ehegatte, der das Arbeitszimmer nutzt, könnte 100 % = 1 800 € abziehen.

    Die Abzugshöhe ist aber begrenzt auf seinen Miteigentumsanteil von 50 % der Aufwendungen i.H.v. 3 000 €.

    1 500 €

    Die nutzungsorientierten Kosten sind in voller Höhe zu berücksichtigen.

    2 000 €

    Abziehbare Aufwendungen insgesamt

    3 500 €

    Abzugsfähig sind entweder 3 500 € oder begrenzt 1 250 €.

    Abwandlung:

    Das Arbeitszimmer hat eine Fläche von

    10 qm

    Miteigentumsanteil

    50 %

    Grundstücksorientierte Aufwendungen

    3 000 €

    Abzugsfähig sind 10 % von 3 000 €

    entsprechend dem Miteigentumsanteil.

    300 €

    Die Abzugshöhe ist begrenzt auf seinen Miteigentumsanteil von 50 % der Auf-wendungen i.H.v. 3 000 €

    1 500 €

    Merke:

    Mietzahlungen sind den grundstücksorientierten Aufwendungen zuzurechnen. Maßgebend für die Berücksichtigung ist, unabhängig vom Zahler, wer diese schuldet.

    1. Beide Ehegatten/Lebenspartner sind Schuldner der Mietaufwendungen und die Zahlungen erfolgen vom gemeinsamen Konto.

      Soweit der Nutzungsumfang des häuslichen Arbeitszimmers nicht mehr als die Hälfte der gesamten Wohnfläche beträgt, kann der das Arbeitszimmer nutzende Stpfl. die auf die betriebliche/berufliche Nutzung entfallenden Aufwendungen in vollem Umfang als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten geltend machen (s.o. Beispiel, Abwandlung).

      Beträgt die Nutzfläche des häuslichen Arbeitszimmers mehr als die Hälfte der gesamten Wohnfläche sind die gemeinsam getragenen Mietaufwendungen als grundstücksorientierte Aufwendungen lediglich hälftig zu berücksichtigen. Die nutzungsorientierten Aufwendungen sind weiterhin vollständig (soweit sie auf das Arbeitszimmer entfallen) zu berücksichtigen.

    2. Der nicht nutzende Ehegatte/Lebenspartner ist Schuldner der Mietaufwendungen und die Zahlungen erfolgen vom gemeinsamen Konto.

      Ist der nicht nutzende Ehegatte/Lebenspartner der alleinige Schuldner der Aufwendungen, liegt, auch bei Zahlung vom gemeinsamen Konto, nicht abziehbarer Drittaufwand vor.

    3. Der nutzende Ehegatte/Lebenspartner zahlt die Aufwendungen vom eigenen Konto.

      Zahlt der nutzende Ehegatte/Lebenspartner die Mietaufwendungen vom alleinigen Konto. liegt, unabhängig von der Frage. wer die Aufwendungen schuldet, abziehbarer Eigenaufwand vor.

    Zur Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei Wohnanmietung durch mehrere Personen hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 9.9.2022 (3 K 2483/20, EFG 2022, 1825, LEXinform 5024941, rkr.) folgenden Fall entschieden:

    Entscheidungssachverhalt:

    Der nicht verheiratete Kläger war im Streitjahr 2018 als Vertriebsleiter nichtselbstständig tätig. Zum 01.01.2018 mietete er zusammen mit B das Einfamilienhaus in Z-Stadt zu eigenen Wohnzwecken an. Das Objekt hat nach Angaben des Klägers eine Wohnfläche von 150 qm. Darin befinden sich u.a. zwei 15 qm große Zimmer, von denen das eine der Kläger und das andere seine Lebensgefährtin als Arbeitszimmer genutzt haben. Für den Kläger bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit.

    In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 2.661 € als Werbungskosten geltend. Es handelt sich hierbei um 10 % (15 qm von 150 qm) der auf das Haus entfallenden Kosten i.H.v. 26 607,23 € (Miete 24 000 €, Nebenkosten 1 800 €, Strom 624,83 €, Hausratversicherung 182,40 €). Der Kläger und seine Lebensgefährtin haben die Miete und die anderen Wohnungskosten zu gleichen Teilen getragen.

    Das FA berücksichtigte lediglich Werbungskosten für das Arbeitszimmer i.H.v. 1 330 € (50 % von 2 661 €).

    Entscheidungsgründe:

    Unabhängig von der Unterscheidung in nutzungs- und grundstücksorientierte Aufwendungen hat das FG Düsseldorf entschieden, dass dann, wenn eine Wohnung von mehreren Personen angemietet wird und der Mieter einen Raum zur Einkünfteerzielung allein nutzt, die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten abzugsfähig sind, sofern der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat. Eine nur hälftige Abzugsfähigkeit der tatsächlich vom Kläger getragenen vollen Aufwendungen wäre mit dem Grundgedanken des objektiven Nettoprinzips unvereinbar.

    Im Streitfall sind für die angemietete Wohnung Aufwendungen i.H.v. 26 607,23 € entstanden, wovon auf das Arbeitszimmer des Klägers 2 661 € (10 %) entfallen. Diese Aufwendungen kann der Kläger in voller Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend machen, da er sich zu mehr als 2 661 € an den Kosten der gemeinsamen Wohnung beteiligt hat (s.a. Mitteilung des FG Düsseldorf vom 13.10.2022, LEXinform 0462857).

    Gehört das Arbeitszimmer zu Räumlichkeiten, die im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehen, sind die grundstücksorientierten Aufwendungen wie folgt zu berücksichtigen:

    Die grundstücksorientierten Aufwendungen werden gezahlt vom

    Konto des Ehegatten, der das Arbeitszimmer nutzt:

    Gemeinschaftskonto der Ehegatten:

    Konto des anderen Ehegatten:

    100 % der grundstücksorientierten Aufwendungen sind abziehbar. S. BFH vom 23.8.1999 (GrS 5/97, BStBl II 1999, 774).

    Die grundstücksorientierten Aufwendungen sind nicht abziehbar.

    Die grundstücksorientierten Aufwendungen kann – unabhängig von der Bezahlung – nur der Eigentümer selbst steuerlich geltend machen (BFH vom 23.8.1999 (GrS 2/97, BStBl II 1999, 782).

    Die grundstücksorientierten Aufwendungen sind als → Drittaufwand nicht abziehbar.

    Dagegen sind die nutzungsorientierten Nebenkosten (bspw. Energiekosten) steuerlich demjenigen zuzurechnen, der sie finanziell getragen hat. Werden die nutzungsorientierten Nebenkosten von einem gemeinsamen Bankkonto der Ehegatten überwiesen, ist der auf das Arbeitszimmer entfallende Betrag in voller Höhe abzugsfähig.

  • Schuldzinsen für Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Reparatur des Gebäudes oder der Eigentumswohnung verwendet worden sind;

  • Wasser- und Energiekosten.

    Nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 4.3.2015 (6 K 610/14, EFG 2015, 888, LEXinform 5017669, rkr.) zählen zu den Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer neben der flächenanteiligen Wohnungsmiete einschließlich der Nebenkosten auch der anteilige Stromverbrauch, nicht jedoch der auf die Fläche des Arbeitszimmers entfallende Aufwand für das verbrauchte Wasser und die Entsorgung des Schmutzwassers;

  • Reinigungskosten;

  • Grundsteuer, Müllabfuhrgebühren, Schornsteinfegergebühren, Gebäudeversicherungen;

  • Renovierungskosten

sowie die Aufwendungen für die Ausstattung des Zimmers. Hierzu gehören Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen. Nicht zur Ausstattung gehören Arbeitsmittel (BFH vom 21.11.1997, BStBl II 1998, 351; H 9.14 [Ausstattung] LStH).

Zu den abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehören auch die anteiligen Kosten einer Reparatur des Gebäudes. Die Kosten einer Gartenerneuerung können anteilig den Kosten des häuslichen Arbeitszimmers zuzurechnen sein, wenn bei einer Reparatur des Gebäudes, zu dem das Arbeitszimmer gehört, Schäden am Garten verursacht worden sind (BFH vom 6.10.2004, VI R 27/01, BStBl II 2004, 1071; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 6). Wie der BFH mit Beschluss vom 14.3.2008 (IX B 183/07, BFH/NV 2008, 1146, LEXinform 5904347) verdeutlicht, sind Aufwendungen für die (nicht durch die Reparatur des Gebäudes veranlasste) Neuanlage eines Gartens nicht anteilig den Kosten des häuslichen Arbeitszimmers im selbst genutzten Einfamilienhaus zuzurechnen.

Mit Urteil vom 14.5.2019 (VIII R 16/15, BStBl II 2019, 510) nimmt der BFH ausführlich zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer Stellung. Als Vorinstanz hatte das FG Münster mit Urteil vom 18.3.2015 (11 K 829/14, EFG 2015, 1073, LEXinform 5017743) entschieden, dass Aufwendungen für die Modernisierung eines Badezimmers anteilig bei den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer berücksichtigt werden können, wenn sie weit über übliche Schönheitsreparaturen hinausgehen und zu einer nachhaltigen Erhöhung des Wertes des gesamten Wohnhauses führen (Pressemitteilung des FG Münster vom 4.5.2015, LEXinform 0443157). Der BFH hat das Urteil des FG Münster aufgehoben.

Entscheidungsgründe des BFH-Urteils VIII R 16/15:

Nicht zu den als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen eines häuslichen Arbeitszimmers gehören die Aufwendungen des Stpfl. für in die private Sphäre eingebundene Räume, die bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Typus des Arbeitszimmers zuzurechnen sind, sondern ihrer Art oder ihrer Einrichtung nach erkennbar auch privaten Wohnzwecken dienen (BFH VIII R 16/15, Rz. 18). Aufwendungen für Küche, Bad und Flur, die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen Teil privat genutzt werden, können daher auch dann nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein berücksichtigungsfähiges häusliches Arbeitszimmer existiert (so auch BFH vom 22.3.2016, VIII R 10/12, BStBl II 2016, 881 und vom 17.2.2016, X R 26/13, BStBl II 2016, 611).

Befindet sich das häusliche Arbeitszimmer in einem Einfamilienhaus oder einer Eigentumswohnung, fallen unter die abziehbaren Aufwendungen dem Grunde nach auch die anteiligen Kosten einer Reparatur des Gebäudes (BFH VIII R 16/15, Rz. 20). Als dem Grunde nach abziehbare Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer kommen in Betracht:

  • Schuldzinsen für Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Reparatur des Gebäudes oder der Eigentumswohnung verwendet worden sind,

  • Gebäude-AfA,

  • Reparaturaufwendungen,

  • Feuerversicherung,

  • Schornsteinfegergebühren,

  • Grundsteuer,

  • Müllabfuhrgebühren,

  • Wassergeld,

  • Stromkosten,

  • Heizungskosten,

  • Reinigungskosten,

  • Aufwendungen für die Ausstattung des Zimmers und

  • Aufwendungen für die Renovierung des Zimmers.

Soweit die Kosten nicht – wie z.B. die Aufwendungen für die Ausstattung oder die Renovierung des Zimmers – nur für das häusliche Arbeitszimmer, sondern für das ganze Gebäude oder die ganze Eigentumswohnung anfallen, ist allein der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallende Anteil der Gesamtaufwendungen abziehbar. Dieser Anteil ist grundsätzlich nach dem Verhältnis der Fläche des häuslichen Arbeitszimmers zur Wohnfläche des Einfamilienhauses bzw. der Eigentumswohnung (Wohnflächenverhältnis) im Schätzungswege (§ 162 AO) zu ermitteln (BFH VIII R 16/15, Rz. 20).

Dementsprechend sind die dem häuslichen Arbeitszimmer als Wirtschaftsgut im bilanzsteuerlichen Sinne direkt zuzuordnenden Kosten abzugsfähig. Aufwendungen, die nicht direkt dem häuslichen Arbeitszimmer zuzuordnen sind, sondern für das ganze Gebäude anfallen, sind nach dem Flächenverhältnis aufzuteilen und damit anteilig zu berücksichtigen. Nicht abzugsfähig sind hingegen Renovierungs- und Umbaukosten, die für einen Raum anfallen, der ausschließlich oder mehr als in nur untergeordnetem Umfang privaten Wohnzwecken dient. Die Nichtabzugsfähigkeit solcher raumbezogener Aufwendungen entspricht dem Sinn und Zweck des gesetzlichen Abzugsverbotes in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG (BFH VIII R 16/15, Rz. 21).

Die streitigen Renovierungs- und Umbaukosten für das Bad und den Flur, die nicht zu Herstellungskosten geführt haben, sind nicht dem häuslichen Arbeitszimmer direkt zuzuordnen. Sie sind aber auch nicht als Kosten anzusehen, die das gesamte Gebäude betreffen und als solche anteilig dem Arbeitszimmer zugerechnet werden können. Anders als z.B. Arbeiten zur Reparatur oder Renovierung des Daches oder der Fassade betreffen Arbeiten zur Renovierung oder zum Umbau des Badezimmers nicht das Gebäude selbst, sondern einen bestimmten Raum innerhalb des Gebäudes, der ausschließlich oder mehr als in nur untergeordnetem Umfang privaten Wohnzwecken dient. Entscheidend ist insoweit nicht der Umfang der durchgeführten Arbeiten, sondern worauf sich diese beziehen. Daher führt auch der Umstand, dass die Arbeiten im Bad und im Flur deutlich über Schönheitsreparaturen hinausgingen, weil sie z.B. die Neuverlegung von Leitungen im Badezimmer, das Versetzen bzw. Verbreitern von Türen sowie Fliesenarbeiten etc. umfassten, zu keinem anderen Ergebnis. Denn trotz des Umfanges der Arbeiten dienten diese der Renovierung und dem Umbau des Badezimmers bzw. betrafen den Flur (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 47/2019 vom 1.8.2019, LEXinform 0450086 und Anmerkung vom 6.8.2019, LEXinform 0653657).

Luxusgegenstände wie z.B. Kunstgegenstände, die vorrangig der Ausschmückung des Arbeitszimmers dienen, gehören zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Aufwendungen (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 7).

Umzugskosten sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit absetzbar, wenn der Umzug in eine größere Wohnung zwar die Einrichtung eines abgeschlossenen Arbeitszimmers ermöglicht, sich aber die Fahrtzeit zu dem Arbeitsplatz verlängert, das Arbeitsverhältnis nicht die Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers erfordert und sich der ArbG nicht an den Umzugskosten beteiligt (Urteil FG Baden-Württemberg vom 29.7.2014, 6 K 767/14, EFG 2014, 1958, LEXinform 5016954, rkr.).

Keine Aufwendungen i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sind Aufwendungen für Arbeitsmittel. Diese werden daher von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht berührt (BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 8).

12. Ermittlung der anteiligen Kosten

Der BFH hatte sich im Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382) u.a. mit der Frage zu befassen, wie der Flächenschlüssel für die auf ein im Keller belegenes häusliches Arbeitszimmer entfallenden Gebäudekosten zu berechnen ist.

Die auf ein häusliches Arbeitszimmer anteilig entfallenden Betriebsausgaben sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zu der nach § 2 WoFlV ermittelten Wohnfläche der Wohnung (einschließlich des Arbeitszimmers) zu berechnen. Diese Berechnung führt im Ergebnis dazu, dass die Aufwendungen für Nebenräume unabhängig von ihrer tatsächlichen Nutzung nach dem Verhältnis der für die (Haupt-) Wohnräume ermittelten Nutzung aufgeteilt werden. Die Wohnfläche einer Wohnung umfasst die Grundfläche der Räume, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören (§ 2 Abs. 1 WoFlV). Nicht zur Wohnfläche gehören hingegen die Grundflächen von Zubehörräumen, insbes. u.a. Kellerräumen (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a WoFlV).

Bei einem im Keller belegenen häuslichen Arbeitszimmer ist entscheidend, ob es sich um einen zur Wohnfläche gehörenden Hauptraum oder um einen nicht zur Wohnfläche gehörenden Nebenraum handelt.

Dient ein Raum unmittelbar seiner Funktion nach dem Wohnen und ist er nach seiner baulichen Beschaffenheit (z.B. Vorhandensein von Fenstern), Lage (unmittelbare Verbindung zu den übrigen Wohnräumen) und Ausstattung (Wand- und Bodenbelag, Beheizbarkeit, Einrichtung mit Mobiliar) dem Standard eines Wohnraumes und nicht dem eines Zubehörraumes vergleichbar und zum dauernden Aufenthalt von Menschen tatsächlich geeignet und bestimmt, ist für die rechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung, dass der Raum im Kellergeschoss liegt.

Dem steht § 2 Abs. 3 Nr. 1 WoFlV nicht entgegen. Danach kommen als Zubehörräume zwar insbes. u.a. Kellerräume in Betracht. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine beispielhafte Aufzählung. Wie dieser und die anderen dort aufgeführten Beispielsfälle zeigen, sind Zubehörräume lediglich solche Räume, die dem Wohnen nur mittelbar dienen und ihrer Funktion nach lediglich untergeordnete Bedeutung haben. Es handelt sich um Räume, die nicht zum Aufenthalt von Menschen, sondern zum Abstellen von Sachen vorgesehen sind. Kennzeichnend ist, dass Menschen sich in ihnen nur gelegentlich, kurzfristig und meist unregelmäßig aufhalten. Für Zubehörräume sind ferner deren Lage und Ausgestaltung charakteristisch; sie pflegen am Rande der Wohnung angeordnet und – schon aus Kostengründen – baulich nur so ausgestattet zu sein, dass sie ihre Funktion zweckmäßig erfüllen können. Räume, die nach ihrer Beschaffenheit und Funktion (auch) als Wohnräume dienen können, sind keine Zubehörräume. Allein ihre Lage im Keller macht sie noch nicht zu Kellerräumen i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WoFlV.

Im Urteilsfall stellte das Arbeitszimmer des Klägers trotz seiner Lage im Keller keinen Nebenraum dar. Es gehörte vielmehr zur Wohnfläche der Wohnung.

Nach dem BFH Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382) ist maßgebliches Aufteilungskriterium die Nutzung des betrieblichen Raumes (s.a. die Anmerkung vom 2.7.2013, LEXinform 0652149; BMF vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320, Rz. 6a).

13. Häusliches Arbeitszimmer als notwendiges Betriebsvermögen

Das häusliche Arbeitszimmer eines Stpfl., der diesen Raum ausschließlich zu betrieblichen Zwecken nutzt, gehört als selbstständiger Gebäudeteil stets zum notwendigen Betriebsvermögen (R 4.2 Abs. 3 und 4 EStR). Liegen die Voraussetzungen des § 8 EStDV (nicht mehr 20 % des Grundstücks und nicht mehr als 20 500 €) vor, braucht es dennoch nicht als Betriebsvermögen behandelt werden (→ Gemischt genutzte Gebäude in der Einkommen- und Umsatzsteuer). Aufwendungen für einen Grundstücksteil, der betrieblich genutzt wird, sind jedoch auch dann Betriebsausgaben, wenn dieser nach § 8 EStDV nicht als Betriebsvermögen behandelt wird (R 4.7 Abs. 2 Satz 4 EStR; BFH vom 23.9.2009, IV R 21/08, BStBl II 2010, 337; s.a. Kanzler, NWB 31/2018, 2249 unter III).

Trotz privater Mitbenutzung des Raumes liegt notwendiges Betriebsvermögen vor, wenn der Raum zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Bei einer Nutzung von 50 % bis 10 % liegt gewillkürtes Betriebsvermögen vor.

Mit Urteil vom 10.10.2017 (X R 1/16, BStBl II 2018, 181) fasst der BFH die Grundsätze zur bilanzsteuerrechtlichen Zuordnung von Gebäuden zusammen. Wird ein – zivilrechtlich einheitliches – Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils durch Vermietung zu fremden Wohnzwecken oder teils zu eigenen Wohnzwecken genutzt, bilden die einzelnen, in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehenden Gebäudeteile bilanzsteuerrechtlich selbstständige WG und sind gesondert zu behandeln, sei es als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen oder als notwendiges Privatvermögen. Eine weitere Differenzierung ist nicht zulässig. Die Aufteilung ist grundsätzlich nach dem Größenverhältnis der für den einen oder anderen Zweck eingesetzten Nutzflächen vorzunehmen. Wird ein einzelner Raum eines Gebäudes für mehrere Zwecke genutzt, ist keine weitere Aufteilung vorzunehmen; vielmehr ist ein solcher Raum als Ganzes zu beurteilen. Nur ein Raum – und nicht ein Teil davon – ist die kleinste Einheit, die einer gesonderten Zuordnung fähig ist.

Bildet das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen/beruflichen Tätigkeit, dann sind die abzugsfähigen Betriebsausgaben auf 1 250 € begrenzt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG a.F.). Wird das Arbeitszimmer, trotz dieser Begrenzung der Betriebsausgabenabzugs auf 1 250 €, zu mehr als 50 % eigenbetrieblich genutzt, so stellt das Arbeitszimmer notweniges Betriebsvermögen dar.

Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben werden bei einem nur teilweisen Abzugsverbot im Rahmen der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG zunächst in voller Höhe als Betriebsausgaben erfasst – wodurch sich der Buchwert des Arbeitszimmers um den vollen AfA-Betrag vermindert – und bei der Ermittlung des Jahresergebnisses dem Gewinn wieder hinzugerechnet (zur außerbilanziellen Hinzurechnung vgl. BFH vom 23.4.1985, VIII R 300/81, BFH/NV 1986, 18, unter II.2. sowie BFH vom 16.6.2020, VIII R 15/17, BStBl II 2020, 841, Rz. 17).

Zur Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers bei Ermittlung des Aufgabegewinns einer freiberuflichen Tätigkeit hat der BFH mit Urteil vom 16.6.2020 (VIII R 15/17, BStBl II 2020, 841) entschieden, dass für die Berechnung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit gem. § 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 EStG der sich nach Abzug der AfA gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ergebende Buchwert des häuslichen Arbeitszimmers auch dann maßgeblich ist, wenn die Abziehbarkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer während der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c EStG der Höhe nach beschränkt war. Eine Gewinnkorrektur im Hinblick auf den nicht abzugsfähigen Teil der AfA kommt nicht in Betracht. Verfassungsrechtliche Zweifel an dieser Rechtslage bestehen nicht.

Der Wert des Betriebsvermögens ist für den Zeitpunkt der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG zu ermitteln (§ 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG). Maßgebend sind die Werte der auf den Aufgabezeitpunkt aufgestellten Schlussbilanz. Stpfl., die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, müssen zur Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens im Aufgabezeitpunkt zum Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG übergehen.

Danach ist dem Wert des Aufgabe-Endvermögens, zu dem auch der gemeine Wert des Arbeitszimmers (§ 16 Abs. 3 Satz 7 EStG) gehört, der sich aus der Schlussbilanz (§ 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG) ergebende Buchwert des Betriebsvermögens gegenüberzustellen. Das zum notwendigen Betriebsvermögen gehörende häusliche Arbeitszimmer war als selbstständiges Wirtschaftsgut des Anlagevermögens (BFH vom 10.10.2017, X R 1/16, BStBl II 2018, 181, Rz 17 f.) gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG mit den Anschaffungskosten, vermindert um die AfA, in die Schlussbilanz aufzunehmen.

Der sich nach Abzug der AfA ergebende Buchwert des häuslichen Arbeitszimmers ist ungeachtet der Abzugsbeschränkung gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG für die Berechnung des Aufgabegewinns maßgebend (§ 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Zu den besonderen Aufzeichnungspflichten s. BMF vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 25).

14. Das häusliche Arbeitszimmer als Objekt eines privaten Veräußerungsgeschäfts

Unschädlich ist nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (→ Private Veräußerungsgeschäfte) der Verkauf von Grundstücken, wenn

  • ein Grundstück im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken verwendet wurde oder

  • ein Grundstück im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Das Grundstück muss innerhalb der letzten drei Kj. zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.

Nicht Wohnzwecken dient ein häusliches Arbeitszimmer, selbst wenn der Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 EStG ausgeschlossen oder eingeschränkt ist (BMF vom 5.10.2000, BStBl I 2000, 1383, Rz. 21).

Befindet sich das häusliche Arbeitszimmer in einem ansonsten ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzten Objekt, müssen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der Veräußerungspreis zur Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns aufgeteilt werden. Für die Aufteilung ist grundsätzlich das Verhältnis der Nutzflächen des Arbeitszimmers zur Nutzfläche des gesamten Gebäudes maßgebend (BMF vom 5.10.2000, BStBl I 2000, 1383, Rz. 32). Der anteilig auf das Arbeitszimmer entfallende Grund und Boden ist entsprechend zu ermitteln.

Die Veräußerung eines zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes Arbeitszimmer fällt unter § 23 EStG. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die Abschreibungen zu mindern, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind (→ Private Veräußerungsgeschäfte). Die anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind nicht zu kürzen, wenn der Abzug der Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 EStG ausgeschlossen ist. Aus Vereinfachungsgründen gilt dies auch, wenn der Abzug der Betriebsausgaben oder Werbungskosten auf 1 250 € begrenzt ist bzw. war (BMF vom 5.10.2000, BStBl I 2000, 1383, Rz. 39).

Wie oben dargestellt brauchen eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile nicht als Betriebsvermögen behandelt zu werden, wenn die Voraussetzungen des § 8 EStDV erfüllt sind (Grundstücke von untergeordnetem Wert). Die Grundstücke von untergeordnetem Wert sind in die Besteuerung des privaten Veräußerungsgeschäfts einzubeziehen (BMF vom 5.10.2000, BStBl I 2000, 1383, Rz. 16).

Beachte:

Mit Urteil vom 20.3.2018 (8 K 1160/15, EFG 2018, 1256, LEXinform 5021216, rkr.) hat das FG Köln gegen die Verwaltungsregelung im BMF-Schreiben vom 5.10.2000 (BStBl I 2000, 1383) entschieden, dass der auf das häusliche Arbeitszimmer eines privat genutzten Eigenheims entfallende Veräußerungsgewinn nicht zu Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften führt, wenn eine weit überwiegende Eigennutzung der Wohnung im Übrigen vorliegt (s. Kanzler, NWB 31/2018, 2249). Im Rahmen der Überschusseinkünfte stellt das häusliche Arbeitszimmer kein selbstständiges Wirtschaftsgut dar, weil es nicht unabhängig von den anderen Teilen der Wohnung veräußerbar ist. Ist deswegen Wirtschaftsgut die gesamte Wohnung, lässt sich dem Gesetzeswortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht das Erfordernis entnehmen, dass sämtliche Wohnungsteile der Gesamtwohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden müssten, um die Ausnahme von der Besteuerung annehmen zu können.

Im Anschluss an das Urteil des FG Köln vom 20.3.2018 hat auch das FG Baden-Württemberg vom 23.7.2019 (5 K 338/19, EFG 2020, 46, LEXinform 5022791) entschieden, dass der Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch dann steuerfrei ist, soweit er auf ein häusliches Arbeitszimmer innerhalb einer selbst genutzten Wohnung entfällt. Gegen die Entscheidung des FG Baden-Württemberg ist unter dem Az. IX R 27/19 (LEXinform 0952530) ein Revisionsverfahren anhängig.

Mit Urteil vom 1.3.2021 (IX R 27/19, BStBl II 2021, 680) bestätigt der BFH die o.g. FG-Rspr., indem er feststellt, dass der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallende Veräußerungsgewinn nicht der Besteuerung unterliegt (s.a. Schießl, NWB 37/2021, 2732).

Nach Ansicht des BFH liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn die Immobilie geeignet ist, zum Bewohnen genutzt zu werden und tatsächlich von dem jeweiligen Stpfl. auch bewohnt wird. Für die Annahme einer Eigennutzung reicht es aus, wenn die Wohnung durch den Eigentümer bezogen werden konnte und keine auch nur zeitweise Vermietung vorgenommen wurde. Ebenfalls gilt ein häusliches Arbeitszimmer als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, wie es in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gefordert ist. Zudem könnte auch eine private Mitbenutzung des häuslichen Arbeitszimmers nicht ausgeschlossen werden, da für eine Geltendmachung der Kosten lediglich eine nahezu ausschließliche Nutzung für betriebliche oder berufliche Zwecke erforderlich ist (s.a. Anmerkung vom 27.7.2021, LEXinform 0653859).

Anderes gilt hingegen für Stpfl., welche das Arbeitszimmer zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken nutzen. In diesem Fall wird das Arbeitszimmer zum eigenständigen Wirtschaftsgut. Wird die Immobilie veräußert, so hat der Stpfl. einen eventuellen Entnahmegewinn zu versteuern (s.a. Anmerkung vom 30.7.2021, LEXinform 0882175).

15. Energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gem. § 35c EStG

15.1. Grundsätzliches zur Anwendung des § 35c EStG

Durch das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht (BGBl I 2019, 2886) wurde in § 35c EStG eine Steuerermäßigung für energetische Sanierungsmaßnahmen eingefügt (s. die ausführliche Kommentierung unter → Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (§ 35c EStG)). Zur Anwendung des § 35c EStG nimmt das BMF mit Schreiben vom 14.1.2021 (BStBl I 2021, 103) Stellung. Das BMF-Schreiben vom 15.10.2021 (BStBl I 2021, 2026) enthält das aktualisierte Muster für die von Fachunternehmen und Personen mit Ausstellungsberechtigung nach § 88 Gebäudeenergiegesetz (GEG; bisher: § 21 Energieeinsparverordnung) auszustellenden Bescheinigungen. Mit ihnen kann im Rahmen der Einkommensteuererklärung die steuerliche Förderung für die energetische Gebäudesanierung geltend gemacht werden. Mit Schreiben vom 26.1.2023 (LEXinform 7013435) wird das BMF-Schreiben vom 15.10.2021 (BStBl I 2021, 2026) neu gefasst.

Nach § 52 Abs. 35b Satz 1 bis 3 EStG ist § 35c EStG erstmals auf energetische Maßnahmen anzuwenden, mit deren Durchführung nach dem 31.12.2019 begonnen wurde und die vor dem 1.1.2030 abgeschlossen sind.

15.2. Begünstigtes Objekt

15.2.1. Nutzung zu eigen Wohnzwecken

Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG kann für energetische Maßnahmen an einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum belegenden und zu eigenen Wohnzwecken genutzten eigenen Gebäude beantragt werden. Voraussetzung ist, dass das Objekt ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt und nicht – auch nicht kurzfristig – vermietet wird (BMF vom 14.1.2021, Rz. 1). Zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken s. Rz. 9 bis 11 des BMF-Schreibens vom 14.1.2021 (BStBl I 2021, 103).

15.2.2. Gemischte Nutzung einer Wohnung

Werden Teile einer Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt (z.B. ein häusliches Arbeitszimmer, das ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird), ist dies für die Gewährung der Steuerermäßigung nach § 35c EStG dem Grunde nach unschädlich. Die Aufwendungen für die energetischen Maßnahmen sind jedoch um den Teil der Aufwendungen zu kürzen, der auf den nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teil der Wohnung entfällt. Für die Kürzung ist es unerheblich, ob die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe oder gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nur begrenzt auf den Höchstbetrag von 1 250 € berücksichtigt werden (BMF vom 14.1.2021, Rz. 12).

Beispiel 18:

A und B lassen die Dachflächen ihres zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses dämmen. Das Einfamilienhaus hat eine Gesamtfläche von 150 qm. Im Haus befindet sich ein 15 qm großes Arbeitszimmer, das von A und B beruflich für ihre nichtselbstständige Tätigkeit genutzt wird. Die Voraussetzungen für den Vollabzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG als Werbungskosten sind erfüllt. A und B werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Lösung 18:

Die Aufwendungen für die energetische Maßnahme der Dachdämmung sind um den auf das Arbeitszimmer entfallenden Teil (10 %) zu kürzen (vgl. BMF vom 14.1.2021, Rz. 12). Dieser Teil der Aufwendungen ist nach den allgemeinen Grundsätzen für den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 i.V.m. § 9 EStG als Bestandteil der abziehbaren Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zu berücksichtigen. Für die übrigen 90 % der Aufwendungen können A und B die Steuerermäßigung nach § 35c EStG beantragen. Eine Kürzung des Höchstbetrages der Steuerermäßigung von 40 000 € erfolgt nicht.

15.3. Höchstbetrag

Nach § 35c Abs. 1 Satz 1 EStG können auf Antrag des Stpfl. im Kj. des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kj. jeweils 7 % der Aufwendungen des Stpfl. (für die energetische Maßnahme), höchstens jedoch jeweils 14 000 € und im übernächsten Kj. dann nochmals 6 % der Aufwendungen des Stpfl., höchstens jedoch 12 000 € für das begünstigte Objekt geltend gemacht werden. Insgesamt ergibt das ein Abzugsbetrag von 20 % der Aufwendungen des Stpfl. und ein Förderhöchstbetrag von 40 000 € in drei Kj.

Steht das Eigentum an einem begünstigten Objekt mehreren Personen zu (Miteigentum), kann der Höchstbetrag der Steuerermäßigung von 40 000 € für das Objekt gem. § 35c Abs. 6 EStG insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden. Die auf die energetische Maßnahme entfallenden Aufwendungen sowie der Höchstbetrag der Steuerermäßigung sind den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zuzurechnen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die zusammenveranlagt werden, ist eine Aufteilung der Aufwendungen sowie des Höchstbetrages der Steuerermäßigung nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile nicht erforderlich (s. BMF vom 14.1.2021, Rz. 25 ff.).

Beispiel 19:

Aufwendungen für energetische Maßnahmen im Kj. 2020:

215 000 €

Kosten für den Energieberater im Kj. 2020:

3 000 €

Lösung 19:

Steuerermäßigung im VZ 2020:

Kosten für den Energieberater:

Die Kosten für den Energieberater sind abweichend von § 35c Abs. 1 Satz 1 EStG i.H.v. 50 % der Aufwendungen im Jahr des Abschlusses der Maßnahme zu berücksichtigen und nicht auf drei Jahre zu verteilen. Die Kosten für den Energieberater als auch die Kosten für die Erteilung der Bescheinigung nach § 35c Abs. 1 Satz 7 EStG sind jeweils – wie die Aufwendungen für die energetische Maßnahme selbst – vom Höchstbetrag der Steuerermäßigung von 40 000 € umfasst (BMF vom 14.1.2021, Rz. 50).

50 % von 3 000 €

1 500 €

Energetische Maßnahmen: 7 % von 215 000 €

15 050 €

insgesamt im VZ 2020

16 550 €

Höchstbetrag inklusive Energieberaterkosten im VZ 2020:

14 000 €

Steuerermäßigung im VZ 2021:

Energetische Maßnahmen: 7 % von 215 000 €

15 050 €

Höchstbetrag im VZ 2021:

14 000 €

Steuerermäßigung im VZ 2022:

Energetische Maßnahmen: 6 % von 215 000 €

12 900 €

Höchstbetrag im VZ 2022:

12 000 €

Steuerermäßigung insgesamt:

40 000 €

16. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung

16.1. Grundsätzliches

Die ertragsteuerrechtliche Behandlung eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer oder als betrieblich genutzter Raum (s. Rz. 5 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017, BStBl I 2017, 1320) ist umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung. Umsatzsteuerrechtlich von Bedeutung ist,

  • ob der betreffende Raum unternehmerisch genutzt wird,

  • ob der Raum Unternehmensvermögen darstellt und

  • ob die mit dem Raum im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG abzugsfähig sind.

16.2. Keine Begrenzung des Vorsteuerabzugs auf den Abzugsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG

Wird das Arbeitszimmer unternehmerisch genutzt, sind die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge gem. § 15 Abs. 1 UStG abziehbar. Eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs auf die Höhe der abzugsfähigen Betriebsausgaben ist in § 15 Abs. 1a UStG nicht vorgesehen.

16.3. Nutzung des Arbeitszimmers zur Erzielung unterschiedlicher Einkünfte

Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung s.o. den gleichnamigen Gliederungspunkt und dort das Beispiel 12 sowie die Rz. 19 und 20 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320).

Beispiel 20:

Ein Angestellter hat in seinem Einfamilienhaus mit einer gesamten Wohnfläche von 150 qm ein Arbeitszimmer mit einer Nutzfläche von 20 qm eingerichtet. Er nutzt sein Arbeitszimmer zu 40 % für seine nichtselbstständige Tätigkeit und zu 60 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Nur für die Nebentätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An Aufwendungen sind für das Arbeitszimmer insgesamt 2 500 € zzgl. 475 € USt entstanden.

Lösung 20:

Ertragsteuerrechtliche Lösung bis 31.12.2022:

S. das Beispiel in Rz. 20 des BMF-Schreibens vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320).

Die Aufwendungen von 2 500 € sind nach dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen. Auf die nichtselbstständige Tätigkeit entfallen 40 % von 2 500 € = 1 000 € zzgl. 190 € USt, die nicht abgezogen werden können, weil ihm dafür ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Auf die Nebentätigkeit entfallen 60 % von 2 500 € = 1 500 €, die bis zu 1 250 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Die anteilige USt i.H.v. 285 € gehört dann zu den berücksichtigungsfähigen Kosten, wenn kein Vorsteuerabzug möglich ist (§ 9b Abs. 1 EStG).

Ertragsteuerrechtliche Lösung ab 1.1.2023:

Die tatsächlichen Aufwendungen von 2 500 € sind ab dem Kj. 2023 ohne Bedeutung, da lediglich eine Tagespauschale zu berücksichtigen ist. Für die nichtselbstständige berufliche Tätigkeit kann keine Tagespauschale gewährt werden, da diese Tätigkeit nicht überwiegend (mehr als 50 %) in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird.

Die unternehmerische, betriebliche Tätigkeit wird insgesamt, somit auch überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt. Da für diese Tätigkeit auch keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung eine Tagespauschale von 6 € im Kj. abgezogen werden. Da die unternehmerische Tätigkeit im gesamten Kj. in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird, würde die Tagespauschale 2 190 € (365 Tage × 6 €) betragen. Nach Nr. 6c Satz 1 ist die Pauschale auf höchstens 1 260 € (210 Tage) begrenzt. Der Betrag von 1 260 € ist in voller Höhe als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, da für die nichtselbstständige Tätigkeit eine (anteilige) Tagespauschale nicht in Betracht kommt.

Umsatzsteuerrechtliche Lösung:

Hinsichtlich der nichtselbstständigen Tätigkeit handelt es sich um eine Nutzung für nichtunternehmerische Zwecke. Auf das Arbeitszimmer entfällt ein Anteil der Gesamtwohnfläche von (20 qm : 150 qm × 100 =) 13,34 %. Bezogen auf das gesamte Gebäude beträgt die unternehmerische Nutzung (60 % von 13,34 % =) 8,0 %. Eine Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht möglich (Zuordnungsverbot). Die auf die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entfallende Vorsteuer ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht abziehbar (Abschn. 15.2c Abs. 5 bis 7 sowie das Beispiel in Abs. 7 UStAE).

Beispiel 21:

Sachverhalt s. Beispiel 20. Der Angestellte nutzt sein Arbeitszimmer zu 20 % für seine nichtselbstständige Tätigkeit und zu 80 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Die Aufwendungen für das gesamte Grundstück sollen (2 500 € : 13,34 x 100 =) 18 740,63 € zzgl. 3 560,72 € USt betragen.

Lösung 21:

Ertragsteuerrechtliche Lösung bis 31.12.2022:

Von den gesamten Aufwendungen i.H.v. 18 740,63 € entfallen 13,34 % = 2 500 € auf das Arbeitszimmer. Zur Ermittlung der anteiligen Aufwendungen s. BMF vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320, Rz. 6a). Die Aufwendungen von 2 500 € sind nach dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen. Auf die nichtselbstständige Tätigkeit entfallen 20 % von 2 500 € = 500 € zzgl. 95 € USt, die nicht abgezogen werden können. Auf die Nebentätigkeit entfallen 80 % von 2 500 € = 2 000 €, die bis zu 1 250 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Zur ertragsteuerrechtlichen Lösung ab 1.1.2023 s. die Lösung zu Beispiel 20.

Umsatzsteuerrechtliche Lösung:

Hinsichtlich der nichtselbstständigen Tätigkeit handelt es sich um eine Nutzung für nichtunternehmerische Zwecke. Auf das Arbeitszimmer entfällt ein Anteil der Gesamtwohnfläche von (20 qm : 150 qm × 100 =) 13,34 %. Bezogen auf das gesamte Gebäude beträgt die unternehmerische Nutzung (80 % von 13,34 % =) 10,67 %. Die unternehmerische Mindestnutzung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ist erreicht, sodass der Stpfl. das gesamte Grundstück als Unternehmensvermögen behandeln kann. Zum Zuordnungswahlrecht s. Abschn. 15.2c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStAE.

Bei dem Grundstück handelt es sich um ein teilunternehmerisch genutztes Grundstück i.S.d. § 15 Abs. 1b UStG, da es sowohl unternehmerisch (10,67 %) als auch unternehmensfremd genutzt wird. Hinsichtlich des unternehmensfremd (privat) genutzten Grundstücksteils von 89,33 % entfällt der Vorsteuerabzug. Abziehbar ist ein Vorsteuerbetrag von (3 560,72 € × 10,67 % =) 380 €. Aufgrund der Vorsteuerabzugsbeschränkung nach § 15 Abs. 1b UStG unterliegt die Verwendung des Grundstücks für unternehmensfremde Zwecke nicht der unentgeltlichen Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Abschn. 15.6a Abs. 3 UStAE).

16.4. Unternehmensvermögen und Vorsteuerabzug eines gemischt genutzten Grundstücks

16.4.1. Anschaffung bzw. Herstellung vor dem 1.1.2011

Der Unternehmer kann ein Grundstück wie folgt behandeln (→ Grundstücksumsätze, Umsatzsteuer):

Einfamilienhaus insgesamt 100 qm, davon

90 qm Wohnraum

10 qm Arbeitszimmer

Das Haus dient in nicht ganz unerheblichem Ausmaß (nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG mindestens zu 10 %, unternehmerische Mindestnutzung, Abschn. 15.2c Abs. 5 UStAE) unternehmerischen Zwecken (s. das Beispiel zu Abschn. 15.2c Abs. 7 UStAE). Nach Abschn. 15.2c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStAE kann der Unternehmer das ganze Haus seinem Unternehmen zuordnen (→ Unternehmensvermögen). Die mit der Herstellung und Unterhaltung des Hauses anfallenden Vorsteuerbeträge sind nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu 100 % abziehbar. Die Nutzung für nicht unternehmerische Zwecke (90 qm Wohnraum) stellt eine steuerpflichtige Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) dar. Die private Nutzung schließt demgemäß den Vorsteuerabzug nicht aus. Dies hat der EuGH aufgrund des Vorlagebeschlusses des BFH vom 25.5.2000 (V R 39/99, BFH/NV 2/2000, 246) entschieden (EuGH vom 8.5.2003, C-269/00, BStBl II 2004, 378). Mit der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 8.5.2003 hat der BFH mit Urteil vom 24.7.2003 (V R 39/99, BStBl II 2004, 371) entsprechend entschieden. S. dazu auch Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE bezüglich der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks als unentgeltliche Wertabgabe (s. Beispiel 3 zu Abschn. 3.4 Abs. 7 UStAE). Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei sonstigen Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 und 2 UStG (→ Unentgeltliche Wertabgabe) s. Abschn. 10.6 Abs. 2 UStAE).

Zur Anwendung des § 3 Abs. 9a Nr. 1 und des § 15 Abs. 1b UStG s. § 27 Abs. 16 UStG.

Beispiel 22:

Ein Steuerberater S nutzt ab 2.1.07 ein neu errichtetes Gebäude zu 10 % als häusliches Arbeitszimmer. Zur Anerkennung des häuslichen Arbeitszimmers eines selbstständig Tätigen s. BFH vom 22.2.2017 (III R 9/16, BStBl II 2017, 698). S.o. den Gliederungspunkt »Zur-Verfügung-Stehen des anderen Arbeitsplatzes« und dort »Besonderheiten bei selbstständig Tätigen«.

Die Herstellungskosten betrugen 200 000 € zzgl. 19 % USt = 38 000 €. Die Anschaffungskosten für den Grund und Boden betrugen im Kj. 06 (800 qm × 200 €/qm =) 160 000 €. Zusätzlich sind noch 10 000 € zzgl. 1 900 € USt (Notar- und Maklergebühren) angefallen.

Die laufenden Kosten für das Grundstück betragen pro Kj. 6 000 € ohne Vorsteuerabzug (Zinsen, Versicherungen u.Ä. = Kosten I) sowie 2 000 € zzgl. 19 % USt = 380 € (= Kosten II). Die Abschreibung ist noch nicht berücksichtigt.

Am 5.1.07 zahlt A vom Bankkonto folgende Beträge:

Herstellungskosten

238 000 €

Anschaffungskosten Grund und Boden

171 900 €

Lösung 22:

Zu überprüfende Lösungsschritte

Ergebnisse

Überprüfung, ob der Grundstücksteil ertragsteuerrechtlich von untergeordnetem Wert ist (nicht mehr als 20 % und nicht mehr als 20 500 €; § 8 EStDV; R 4.2 Abs. 8 EStR):

Die 20 %-Grenze ist nicht überschritten (10 %); überschritten dagegen ist der Betrag von 20 500 €, hier 10 % von 370 000 € = 37 000 €

Notwendiges Betriebsvermögen:

10 % des Grundstücks (R 4.2 Abs. 7 EStR).

Private Wohnung:

Notwendiges Privatvermögen (R 4.2 Abs. 9 und 10 EStR).

Unternehmensvermögen:

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG mindestens zu 10 % unternehmerisch genutzt.

Vorsteuer auf die Herstellungskosten i.H.v. 38 000 € sowie Vorsteuer auf die Anschaffung des Grund und Bodens i.H.v. 1 900 €:

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehbar und in voller Höhe abzugsfähig.

Ausgangsumsätze:

Steuerbar und steuerpflichtig.

AfA-Bemessungsgrundlage: 10 % von 200 000 €:

20 000 €

AfA nach § 7 Abs. 5a i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 EStG: 3 % (H 7.2 [Wohnzwecke] EStH; das Arbeitszimmer im eigenen Haus dient nicht Wohnzwecken)

600 €

Laufende Aufwendungen ohne USt (Kosten I): 10 % von 6 000 €:

Betriebsausgaben

600 €

Laufende Aufwendungen mit USt (Kosten II):

10 % von 2 000 €,

Betriebsausgaben

200 €

Vorsteuer von 380 € ist zu 100 % abzugsfähig

bei Zahlung

380 €

bei Erstattung durch FA

+ 380 €

Aufwendungen für das Arbeitszimmer:

1 400 €

Maximal zu berücksichtigen

(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F.):

1 250 €

(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F.):

1 260 €

Korrektur der Betriebsausgaben:

140 €

150 €

Private Nutzung als steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG: 90 % von 2 000 € (Kosten II):

1 800 €

Die anteiligen Herstellungskosten (90 % von 200 000 €) i.H.v. 180 000 € sind gleichmäßig auf den zehnjährigen Berichtigungszeitraum des § 15a Abs. 1 UStG zu verteilen. Bei einem Beginn des Verteilungszeitraums ab 2.1.07 entfallen auf das Kj. 07

18 000 €

Bemessungsgrundlage

19 800 €

Steuersatz 19 %; USt

3 762 €

Die USt auf die unentgeltliche Wertabgabe betrifft die eigene Wohnung. Die USt ist bei Zahlung nicht als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten zu erfassen. Nach § 12 Nr. 3 EStG stellt diese USt bei Zahlung keine Ausgabe dar.

Die Vorsteuer i.H.v. 1 900 € für die Makler- und Notargebühren aus der Anschaffung des Grundstücks sind im Kj. 06 in voller Höhe abzugsfähig, wenn der Unternehmer die beabsichtigte Nutzung (10 % Arbeitszimmer und 90 % Wohnzwecke) nachweist und dem FA spätestens bis zur gesetzlichen Regelabgabe für Steuererklärungen die 100 %ige unternehmerische Verwendung erklärt (Abschn. 15.2c Abs. 19 UStAE). I.H.v. 90 % von 10 000 € = 9 000 € hat der Unternehmer eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu versteuern (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG). Die USt dafür beträgt 19 % von 9 000 € = 1 710 €.

16.4.2. Anschaffung bzw. Herstellung nach dem 31.12.2010

Für Gebäude, die ab 1.1.2011 hergestellt oder angeschafft werden, wird der Vorsteuerabzug durch das JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) in § 15 Abs. 1b UStG eingeschränkt (s.a. § 27 Abs. 16 UStG).

Mit § 15 Abs. 1b UStG wird der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke neu geregelt. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke – Grundstücke die sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf des Personals verwendet werden – im vollen Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt unberührt (Abschn. 15.6a Abs. 1 Satz 3 UStAE). Aufgrund der Vorsteuerabzugsbeschränkung nach § 15 Abs. 1b UStG unterliegt die Verwendung eines Grundstücks für unternehmensfremde Zwecke nicht der unentgeltlichen Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Abschn. 15.6a Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abschn. 3.4 Abs. 5a UStAE).

Der Unternehmer kann ein Grundstück wie folgt behandeln (→ Grundstücksumsätze, Umsatzsteuer):

Einfamilienhaus insgesamt 100 qm, davon

90 qm Wohnraum

10 qm Arbeitszimmer

Das Haus dient in nicht ganz unerheblichem Ausmaß (nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG mindestens zu 10 %) unternehmerischen Zwecken (unternehmerische Mindestnutzung, Abschn. 15.2c Abs. 5 UStAE). Nach Abschn. 15.2c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStAE kann der Unternehmer das ganze Haus seinem Unternehmen zuordnen (→ Unternehmensvermögen). Die mit der Herstellung und Unterhaltung des Hauses anfallenden Vorsteuerbeträge sind aber nach § 15 Abs. 1b UStG nur zu 10 % abziehbar. Die Nutzung für nicht unternehmerische Zwecke (90 qm Wohnraum) stellt nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG keine steuerpflichtige Wertabgabe dar. Die private Nutzung schließt demgemäß den Vorsteuerabzug aus.

Die Zuordnung des gesamten Grundstücks zum Unternehmensvermögen hat Auswirkungen auf eine später eventuell vorzunehmende Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG setzt voraus, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG vorliegen. Soweit ein Grundstück, eine Berechtigung, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gilt, oder ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden nicht dem Unternehmen zugeordnet worden ist, ist eine Korrektur der Vorsteuer nach § 15a UStG ausgeschlossen.

Beispiel 23:

Ein Steuerberater S nutzt ab 2.1.12 ein nach dem 31.12.2010 errichtetes Gebäude zu 10 % als häusliches Arbeitszimmer. Die Herstellungskosten betrugen 200 000 € zzgl. 19 % USt = 38 000 €. Die Anschaffungskosten für den Grund und Boden betrugen im Kj. 11 (800 qm × 200 €/qm =) 160 000 €. Zusätzlich sind noch 10 000 € zzgl. 1 900 € USt (Notar- und Maklergebühren) angefallen.

Die laufenden Kosten für das Grundstück betragen pro Kj. 6 000 € ohne Vorsteuerabzug (Zinsen, Versicherungen u.Ä. = Kosten I) sowie 2 000 € zzgl. 19 % USt = 380 € (= Kosten II). Die Abschreibung ist noch nicht berücksichtigt.

Am 5.1.12 zahlt A vom Bankkonto folgende Beträge:

Herstellungskosten

238 000 €

Anschaffungskosten Grund und Boden

171 900 €

Lösung 23:

Zu überprüfende Lösungsschritte

Ergebnisse

Überprüfung, ob der Grundstücksteil ertragsteuerrechtlich von untergeordnetem Wert ist (nicht mehr als 20 % und nicht mehr als 20 500 €; § 8 EStDV; R 4.2 Abs. 8 EStR):

Die 20 %-Grenze ist nicht überschritten (10 %); überschritten dagegen ist der Betrag von 20 500 €, hier 10 % von 370 000 € = 37 000 €

Notwendiges Betriebsvermögen:

10 % des Grundstücks (R 4.2 Abs. 7 EStR)

Private Wohnung:

Notwendiges Privatvermögen (R 4.2 Abs. 9 und 10 EStR)

Unternehmensvermögen:

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG mindestens zu 10 % unternehmerisch genutzt. Das gesamte Grundstück kann als Unternehmensvermögen behandelt werden.

Vorsteuer auf die Herstellungskosten i.H.v. 38 000 € sowie Vorsteuer auf die Anschaffung des Grund und Bodens i.H.v. 1 900 €:

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1b UStG sind 10 % abziehbar und abzugsfähig, insgesamt somit 3 990 €.

Ausgangsumsätze:

Steuerbar und steuerpflichtig.

AfA-Bemessungsgrundlage: 10 % von 234 200 € (die nicht abzugsfähige Vorsteuer i.H.v. 34 200 € gehört nach § 9b EStG zu den Herstellungskosten):

23 420 €

AfA nach § 7 Abs. 5a i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 EStG: 3 % (H 7.2 [Wohnzwecke] EStH; das Arbeitszimmer im eigenen Haus dient nicht Wohnzwecken)

702 €

Laufende Aufwendungen ohne USt (Kosten I): 10 % von 6 000 €:

Betriebsausgaben

600 €

Laufende Aufwendungen mit USt (Kosten II):

10 % von 2 000 €,

Betriebsausgaben

200 €

Vorsteuer darauf 380 €, davon 10 %:

bei Zahlung

38 €

bei Erstattung durch FA

+ 38 €

Aufwendungen für das Arbeitszimmer:

1 502 €

Maximal zu berücksichtigen

(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG a.F.):

1 250 €

(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG n.F.)

1 260 €

Korrektur der Betriebsausgaben:

242 €

252 €

Wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG ausgeschlossen ist, ist keine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG gegeben.

16.5. Vorsteuerabzug für ein häusliches Arbeitszimmer, das im Miteigentum der Ehegatten steht

In seinem Urteil vom 6.10.2005 (V R 40/01, BStBl II 2007, 13) hat der BFH unter Zugrundelegung der vom EuGH in seinem Urteil vom 21.4.2005 (C-25/03, BStBl II 2007, 24) beantworteten Vorlagefragen entschieden, dass Ehegatten, die auf einem in ihrem Miteigentum stehenden Grundstück ein Wohngebäude errichten, als Empfänger der Bauleistungen anzusehen sind, wenn die Ehegattengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit handelt und als solche keine unternehmerische Tätigkeit ausübt. Ist bei einer solchen Ehegattengemeinschaft nur ein Ehegatte unternehmerisch tätig und verwendet dieser einen Teil des Gebäudes ausschließlich für seine unternehmerischen Zwecke, steht ihm das Vorsteuerabzugsrecht aus den bezogenen Bauleistungen anteilig zu, soweit der seinem Unternehmen zugeordnete Anteil am Gebäude seinen Miteigentumsanteil nicht übersteigt.

Mit Urteil vom 7.7.2011 (V R 41/09, BStBl II 2014, 73) hat der BFH den Vorsteuerabzug der USt, die Ehegatten bei der Errichtung eines sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten Gebäudes in Rechnung gestellt wird, eingeschränkt. Im Entscheidungsfall hatte die Ehefrau zusammen mit ihrem unternehmerisch tätigen Ehemann ein gemischt genutztes Gebäude auf einem ihr und ihrem Ehemann jeweils zur Hälfte gehörenden Grundstück errichtet. Von der Nutzfläche entfielen 41,50 % im Wesentlichen auf ein vom Ehemann unternehmerisch genutztes Büro, den Rest nutzten die Eheleute zu eigenen Wohnzwecken. Ihren hälftigen Miteigentumsanteil vermietete die Ehefrau im Rahmen des Seeling-Modells umsatzsteuerpflichtig an ihren Ehemann und machte aus den anteiligen Baukosten den Vorsteuerabzug geltend. Die Klage hatte keinen Erfolg. Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück, weil sie mit der Vermietung des Miteigentumsanteils an ihren Ehemann nicht im umsatzsteuerrechtlichen Sinne wirtschaftlich tätig sein konnte. Nach der Entscheidung des EuGH vom 21.4.2005 (C-25/03, BStBl II 2007, 24) werden bei einer Miteigentümergemeinschaft die auf ein Arbeitszimmer entfallenden Räumlichkeiten an den unternehmerisch tätigen Miteigentümer bis zur Höhe seines Miteigentumsanteils geliefert. Sie können daher insoweit nicht mehr Gegenstand einer Vermietung durch den anderen Gemeinschafter – wie die Klägerin im Streitfall – sein (Pressemitteilung des BFH Nr. 82/11 vom 21.10.2011, LEXinform 0437050).

Beispiel 24:

Der Ehemann M und dessen Ehefrau F sind jeweils zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. M lässt auf eigene Kosten ein Gebäude errichten (Auftragserteilung durch M). Das Gebäude (200 qm Wohnfläche) dient eigenen Wohnzwecken der Eheleute. M nutzt darin ein häusliches Arbeitszimmer (30 qm). Die Herstellungskosten betragen 300 000 € zzgl. 57 000 € USt.

Lösung 24:

Ertragsteuerrechtliche Lösung:

Soweit zwischen den Ehegatten keine besonderen Vereinbarungen feststellbar sind, nach deren Inhalt der Unternehmer-Ehegatte M die tatsächliche Herrschaft über die Gebäude in der Weise ausüben darf, dass er den Eigentümer-Ehegatten F im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer der Gebäude von der Einwirkung auf sie wirtschaftlich ausschließen kann (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO), kommt es nicht zu einem Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum. Dem Unternehmer-Ehegatten M steht in derartigen Fällen daher auch kein wirtschaftliches Eigentum an den zivilrechtlich im Eigentum des Nichtunternehmer-Ehegatten F stehenden Gebäudehälften zu (BFH vom 9.3.2016, X R 46/14, BStBl II 2016, 976, Rz. 38 sowie vom 21.2.2017, VIII R 10/14, BStBl II 2017, 819, Rz. 20). Jeder Ehegatte wird zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils.

Gebäude 200 qm

M zu ½ Eigentümer des Gebäudeteils

F zu ½ Eigentümerin des Gebäudeteils

M nutzt im Gebäude ein häusliches Arbeitszimmer von 30 qm, dies entspricht 15 % der Gesamtfläche.

½ = 15 qm sind Betriebsvermögen des M

½ = 15 qm sind Privatvermögen der F

Aufwendungen des M: 300 000 € zzgl. 57 000 USt

AfA: 3 % (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) der anteiligen Herstellungskosten für das anteilige Arbeitszimmer: hier 300 000 € × 15 % = 45 000 € × 50 % = 22 500 €.

Zur Umsatzsteuer s. die umsatzsteuerrechtliche Lösung.

Die weiteren 22 500 € (eigener Aufwand des M für ein fremdes WG) sind als Betriebsausgabe des M zu berücksichtigen. Dafür ist ein Aufwandsverteilungsposten in der Bilanz zu aktivieren und nach den für Gebäude im Privatvermögen geltenden AfA-Regeln abzuschreiben (H 4.7 [Eigenaufwand für ein fremdes Wirtschaftsgut] EStH und BMF vom 16.12.2016, BStBl I 2016, 1431).

AfA somit: 2 % von 22 500 € (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).

In seinem Urteil vom 21.2.2017 (VIII R 10/14, BStBl II 2017, 819) nimmt der BFH in Rz. 17 u.a. zur AfA-Berechtigung wie folgt Stellung:

»Entscheidend für die Berechtigung zum Abzug von Anschaffungskosten durch AfA als Betriebsausgaben ist nicht das Eigentum am WG, für das die Absetzung als Aufwand berücksichtigt werden soll, sondern dass der Stpfl. die Aufwendungen im eigenen betrieblichen Interesse selbst trägt. Das allen Einkunftsarten zugrundeliegende Nettoprinzip, demzufolge die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden (vgl. § 2 Abs. 2 i.V.m. §§ 4 ff. und 9 EStG), gebietet grundsätzlich den Abzug der vom Stpfl. zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn und soweit diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende WG erbracht werden. In diesen Fällen wird der Aufwand bilanztechnisch »wie ein materielles Wirtschaftsgut« behandelt. Das bedeutet, dass die Herstellungskosten für ein fremdes Gebäude als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands zu aktivieren und nach den für Gebäude im Privatvermögen geltenden AfA-Regeln abzuschreiben sind.«

Voraussetzung für die Bildung des Aufwandsverteilungspostens ist, dass der der Stpfl.

  • auf das fremde WG

  • eigene Aufwendungen

  • im betrieblichen Interesse

getätigt hat.

Umsatzsteuerrechtliche Lösung:

Nach dem BFH Urteil vom 28.8.2014 (V R 49/13, BStBl II 2021, 825) handelt es sich bei der Ehegattengemeinschaft M & F um eine Interessengemeinschaft ohne Zweckgemeinschaft. Die Interessengemeinschaft übt keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Dadurch, dass zwei oder mehr Unternehmer gemeinschaftlich ein WG anschaffen, wird keine GbR begründet, weil hiermit kein gemeinschaftlicher wirtschaftlicher Zweck i.S.v. § 705 BGB verfolgt wird. Dieser wirtschaftliche Zweck mit der Folge der Unternehmenseigenschaft liegt nur vor, wenn entgeltlich Lieferungen oder Dienstleistungen erbracht werden.

Nicht die Gemeinschaft, sondern M als Unternehmer ist allein als Leistungsempfänger anzusehen (Abschn. 15.2b Abs. 1 Satz 2 UStAE) und zum Vorsteuerabzug berechtigt (Abschn. 15.2b Abs. 1 Satz 7 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 27.10.2021, BStBl I 2021, 2137), soweit die Leistung für sein Unternehmen ausgeführt wurde (Abschn. 15.2b Abs. 2 Satz 1 UStAE).

Es handelt sich um ein Bauen auf fremdem Grund und Boden (→ Gebäude auf fremdem Grund und Boden; Abschn. 15.2d Abs. 1 Nr. 1 UStAE i.V.m. BMF vom 23.7.1986, BStBl I 1986, 432). Wird auf einem Grundstück, an dem z.B. die Ehegatten gemeinschaftlich Miteigentümer sind, ein Bauwerk errichtet, kann statt der Ehegattengemeinschaft auch einer der Ehegatten allein Leistungsempfänger sein. In derartigen Fällen muss sich schon aus der Auftragserteilung klar ergeben, wer Auftraggeber (Besteller) und damit Leistungsempfänger ist (Abschn. 15.2b Abs. 1 Satz 5 und 6 UStAE).

Die Grundsätze der Gebäude auf »fremdem» Grund und Boden gelten auch, wenn ein unternehmerisch tätiger Ehegatte auf einem Grundstück, das im Eigentum des anderen Ehegatten oder im Miteigentum beider Ehegatten steht, ein Bauwerk errichtet. Haben die Ehegatten keine Vereinbarungen getroffen, die die Rechtsbeziehungen hinsichtlich der Nutzung des Bodens und des Gebäudes zivilrechtlich eindeutig klarstellen, ist auf die mutmaßlichen Vorstellungen der Ehegatten abzustellen, wie sie in den tatsächlichen Verhältnissen zum Ausdruck kommen. Leistungsempfänger der Werklieferung des Bauunternehmers ist derjenige, der gegenüber dem Bauunternehmer im eigenen Namen als Besteller des Bauwerks aufgetreten ist (Abschn. 15.2b Abs. 1 Satz 2 UStAE).

Ist nach den tatsächlichen Verhältnissen der Ehegatte, der nicht alleiniger Grundstückseigentümer ist, als Besteller anzusehen, so stellt sich die Frage, ob er das Bauwerk an den anderen Ehegatten oder die Ehegattengemeinschaft weitergeliefert hat. Im Beispielsfall liegt eine steuerbare Weiterlieferung des M an seine Ehefrau F nicht vor, da diese dafür keine Zahlung geleistet hat. F hat zwar nach § 946, 94 BGB zivilrechtlich das Eigentum an dem Gebäudeanteil erlangt und ist auch wirtschaftlicher Eigentümer (s.o. zur ertragsteuerrechtlichen Lösung). Die Verfügungsmacht an dem von M unternehmerisch genutzten Räumen erhält sie jedoch nicht.

Ehemann M, der nach den vorstehenden Grundsätzen für Zwecke des Vorsteuerabzugs als Leistungsempfänger anzusehen ist, steht nach § 15 Abs. 1 UStG der Vorsteuerabzug zu, wenn und soweit die Leistung für sein Unternehmen ausgeführt wurde. Da bei der Ehegattengemeinschaft nur der Gemeinschafter M unternehmerisch tätig ist und dieser einen Teil des Gebäudes ausschließlich für seine unternehmerischen Zwecke verwendet, steht ihm das Vorsteuerabzugsrecht aus den bezogenen Leistungen anteilig zu, soweit der seinem Unternehmen zugeordnete Anteil am Gegenstand seinen Miteigentumsanteil nicht übersteigt (Abschn. 15.2b Abs. 1 Satz 10 und 11 UStAE).

M kann den 50 %igen Miteigentumsanteil

  1. insgesamt seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen,

  2. im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung (30 %) seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen oder

  3. in vollem Umfang in seinem nichtunternehmerischen Bereich belassen.

In den Fällen a) und b) kann M 30 % der Vorsteuer von 57 000 € = 17 100 € abziehen (§ 15 Abs. 1b UStG). § 15 Abs. 1b UStG stellt eine Vorsteuerabzugsbeschränkung dar und berührt nicht das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers nach § 15 Abs. 1 UStG (Abschn. 15.6a Abs. 1 Satz 3 UStAE). Aufgrund der Vorsteuerabzugsbeschränkung nach § 15 Abs. 1b UStG unterliegt im Fall a) die Verwendung des Mitunternehmeranteils für unternehmensfremde Zwecke nicht der unentgeltlichen Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Abschn. 15.6a Abs. 3 Satz 4 UStAE).

Beispiel 25:

Der Ehemann M und dessen Ehefrau F sind jeweils zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. Die Eheleute lassen gemeinsam, auf gemeinsame Kosten, von einem gemeinsamen Konto ein Gebäude errichten (Auftragserteilung durch die Eheleute M und F). Das Gebäude (200 qm Wohnfläche) dient eigenen Wohnzwecken der Eheleute. M nutzt darin ein häusliches Arbeitszimmer (30 qm). Die Herstellungskosten betragen 300 000 € zzgl. 57 000 € USt.

Lösung 25:

Ertragsteuerrechtliche Lösung:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH werden Zahlungen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden. Gleichgültig ist, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stammt (BFH vom 21.2.2017, VIII R 10/14, BStBl II 2017, 819, Rz. 21).

Entsprechend seinem Miteigentumsanteil hat der Ehemann M 150 000 € geleistet. Die auf das Arbeitszimmer entfallenden Herstellungskosten sind nach dem Verhältnis der Wohnfläche zu schätzen und betragen somit 30 % von 150 000 € = 45 000 €. Wie bereits im vorherigen Beispiel erläutert, kann M davon 50 % als eigene AfA (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) und weitere 50 % über den Aufwandsverteilungsposten nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Betriebsausgaben geltend machen (s.a. H 4.7 [Eigenaufwand für ein fremdes Wirtschaftsgut 5. Spiegelstrich] EStH und BMF vom 16.12.2016, BStBl I 2016, 1431).

Umsatzsteuerrechtliche Lösung:

Bei der gemeinsamen Errichtung eines Bauwerks auf einem Ehegattengrundstück handelt es sich nicht um ein Grundstück auf fremdem Grund und Boden. Ist die Gemeinschaft selbst unternehmerisch tätig und auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs als Leistungsempfänger anzusehen, ist die Gemeinschaft unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Da, wie bereits im vorherigen Beispiel erläutert, die Gemeinschaft nicht wirtschaftlich tätig ist, ist für Zwecke des Vorsteuerabzugs jeder unternehmerisch tätige Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen. Wie im vorherigen Beispiel steht M ein Vorsteuerabzug i.H.v. 17 100 € zu.

17. Umgehung der Abzugsbeschränkung

Um die Abzugsbeschränkungen der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu vermeiden, gehen ArbN vermehrt dazu über, ihr häusliches Arbeitszimmer an den ArbG zu vermieten, der seinerseits das Arbeitszimmer wiederum dem ArbN überlässt. S. dazu → Arbeitszimmerüberlassung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber sowie Rz. 24b des BMF-Schreibens vom 6.10.2017 (BStBl I 2017, 1320).

18. Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt

Der BFH hat mit Urteil vom 12.7.2022 (VIII R 8/19, BFH/NV 2022, 1266, LEXinform 0952324) entschieden, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung zur Überprüfung der Angaben der Stpfl. zu einem häuslichen Arbeitszimmer rechtswidrig ist, wenn die Stpfl. bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.

Eine selbstständige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des FA reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des FA aber für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Stpfl., wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Stpfl. hat der Besichtigung nicht widersprochen.

Der BFH urteilte, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Zur Überprüfung der Angaben zum häuslichen Arbeitszimmers im Besteuerungsverfahren ist angesichts des in Art. 13 Abs. 1 GG verbürgten Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung eine Besichtigung in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Stpfl. erst dann erforderlich, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z.B. Fotografien) nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Stpfl. der Besichtigung zugestimmt hat und deshalb ein schwerer Grundrechtseingriff nicht vorliegt.

Wie der BFH weiter ausführte, war die Ermittlungsmaßnahme auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Denn das persönliche Ansehen des Stpfl. kann dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z.B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Stpfl. strafrechtlich ermittelt wird (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 40/2022 vom 29.9.2022, LEXinform 0462761).

19. Literaturhinweise

Kanzler, Keine Aufteilung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer – BFH-Beschluss vom 27.7.2015, GrS 1/14 –, NWB 15/2016, 1071; Geserich, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei Nutzung durch mehrere Steuerpflichtige, NWB 12/2017, 848; Kanzler, Besteuerung des auf ein Arbeitszimmer entfallenden Gewinns bei Verkauf selbstgenutzter Wohnimmobilien, NWB 31/2018, 2249; Schießl, Private Veräußerungsgeschäfte: Keine Besteuerung des auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinns, NWB 37/2021, 2732; Lerbs, Das häusliche Arbeitszimmer bei Selbstständigen, NWB 37/2022, 2633.

20. Verwandte Lexikonartikel

Arbeitszimmerüberlassung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber

Betriebsvermögen

Drittaufwand

Grundsteuer

Grundstück

Grundstücksumsätze, Umsatzsteuer

Private Veräußerungsgeschäfte

Schuldzinsen

Unternehmensvermögen

Vorsteuerabzug

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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