Pflegegeld für Kinder in Familienpflege

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeiner Überblick
2 Kindertagespflege ab 1.1.2009
2.1 Definition der Kindertagespflege
2.2 Selbstständige Kindertagespflegeperson
2.2.1 Betriebseinnahmen
2.2.2 Betriebsausgaben
2.2.2.1 Tatschliche Kosten
2.2.2.2 Betriebsausgabenpauschale
2.2.2.3 Betriebsausgabenpauschale bei eingeschränkter Betreuung aufgrund der Corona-Pandemie
2.3 Erstattung von Versicherungsbeiträgen
2.4 Berechnungsbeispiel zur Ermittlung der Betriebsausgabenpauschalen
2.5 Nichtselbstständige Kindertagespflegeperson
2.5.1 Steuerpflichtiges Arbeitsentgelt
2.5.2 Steuerfreie Zuschüsse und Sachbezüge nach § 3 Nr. 11a EStG
3 Vollzeitpflege ab 1.1.2008
3.1 Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII
3.1.1 Definition der Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII
3.1.2 Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG
3.1.3 Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 9 EStG
3.1.4 Steuerpflicht
3.2 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform nach § 34 SGB VIII
3.3 Unterscheidung der Vollzeitpflege des § 33 SGB VIII von der Vollzeitpflege des § 34 SGB VIII
4 Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII
5 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII
6 Erziehungs- und Familienhelfer
7 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Raumüberlassung an sozialpädagogische Lebensgemeinschaft
8 Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG
8.1 Begünstigte Leistungen
8.2 Begünstigte Leistungserbringer
8.2.1 Allgemeiner Überblick über die begünstigten Leistungserbringer
8.2.2 Die begünstigten Leistungserbringer im Einzelnen
8.3 Prüfungsschema
9 Hilfeleistungen zur Bewältigung der Corona-Krise
10 Literaturhinweise
11 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeiner Überblick

Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Geldleistungen im Zusammenhang mit der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII ist in mehreren BMF-Schreiben geregelt. Dabei ist die steuerliche Behandlung der Geldleistungen von den Fördermöglichkeiten der §§ 22 bis 26 SGB VIII (Dritter Abschnitt) und den Fördermöglichkeiten der §§ 27 bis 35a SGB VIII (Vierter Abschnitt) abhängig.

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Die Geldleistungen der Pflegeperson sind grundsätzlich als steuerpflichtige Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren. Betreut die Tagespflegeperson ein Kind jedoch in dessen Familie nach Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist sie in der Regel ArbN, die Personensorgeberechtigten sind die ArbG. Im Rahmen der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII wird grundsätzlich nicht von einer Erwerbstätigkeit ausgegangen.

Unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 9, 10 und 11 EStG können die Geldleistungen steuerfrei sein (→ Steuerfreie Einnahmen nach dem EStG, ABC-Form). Zur Steuerbefreiung des § 3 Nr. 11 EStG s.u. unter dem Gliederungspunkt »Vollzeitpflege«.

Grundlage für die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Geldleistungen im Zusammenhang mit der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII ist das BMF-Schreiben vom 24.5.2007 (BStBl I 2007, 487). Die danach weiter fortgeschriebenen Verwaltungsregelungen zeigt die nachfolgende Übersicht.

Verwaltungsregelung

Kindertagespflege (§ 22 SGB VIII)

Vollzeitpflege (§ 33 ff. SGB VIII)

BMF vom 24.5.2007 (BStBl I 2007, 487); anzuwenden

Aufgehoben durch

ab VZ 2008

ab VZ 2008

a.

BMF vom 20.11.2007 (BStBl I 2007, 824) für die Vollzeitpflege; anzuwenden

ab VZ 2008

BMF 20.11.2007

b.

BMF vom 17.12.2007 (BStBl I 2008, 17) für die Kindertagespflege; anzuwenden

ab VZ 2009

BMF 17.12.2007

Die BMF-Schreiben der Buchst. a) und b) werden wegen der Neufassung des § 3 Nr. 9 EStG durch das BMF-Schreiben vom 17.12.2008 (BStBl I 2009, 15) aktualisiert.

BMF 17.12.2007

und

BMF 17.12.2008

BMF 20.11.2007

und

BMF 17.12.2008

Das BMF-Schreiben vom 20.5.2009 (BStBl I 2009, 642) fasst Abs. 3 und 5 des BMF-Schreibens vom 17.12.2007 (BStBl I 2008, 17) neu.

BMF 17.12.2007

und

BMF 17.12.2008

und

BMF 20.5.2009

Das BMF- Schreiben vom 21.4.2011 (BStBl I 2011, 487) ersetzt die BMF-Schreiben vom 20.11.2007 (BStBl I 2007, 824) und vom 17.12.2008 (BStBl I 2009, 15), soweit § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII betroffen ist.

BMF 17.12.2008

und

BMF 21.4.2011

Das BMF-Schreiben vom 27.11.2012 (BStBl I 2012, 1226) ergänzt das BMF-Schreiben vom 21.4.2011 (BStBl I 2011, 487) um Ausführungen zur Heimerziehung (§ 34 SGB VIII).

BMF 17.12.2008

und

BMF 21.4.2011

und

BMF 27.11.2012

Das BMF Schreiben vom 11.11.2016 (BStBl I 2016, 1236) ersetzt die BMF Schreiben vom 17.12.2007 (BStBl I 2008, 17), vom 17.12.2008 (BStBl I 2009, 15) und vom 20.5.2009 (BStBl I 2009, 642).

BMF 11.11.2016

Das BMF-Schreiben vom 22.10.2018 (BStBl I 2018, 1109) ersetzt die BMF-Schreiben vom 21.4.2011 (BStBl I 2011, 487) und vom 27.11.2012 (BStBl I 2012, 1226) in allen offenen Fällen.

BMF 22.10.2018

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung s.u. den Gliederungspunkt »Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG«).

2. Kindertagespflege ab 1.1.2009

2.1. Definition der Kindertagespflege

Bei der Kindertagespflege nach § 22 SGB VIII (BMF vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1236 unter I.) soll eine Tagespflegeperson ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen bieten. Die Kindertagespflege erfolgt im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII; s.a. Thönnes u.a. NWB 42/2019, 3081).

Der Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege ist in § 24 SGB VIII wie folgt geregelt:

  1. Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern (§ 24 Abs. 1 SGB VIII);

  2. Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege (§ 24 Abs. 2 SGB VIII);

  3. Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 3 SGB VIII);

  4. Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten (§ 24 Abs. 4 SGB VIII).

Die Bestandteile des Vergütungsanspruchs sind in § 23 Abs. 2 SGB VIII festgelegt. Die laufenden Geldleistungen umfassen

  1. die Erstattung angemessener Kosten, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,

  2. einen Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung,

  3. die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson und

  4. die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung.

2.2. Selbstständige Kindertagespflegeperson

2.2.1. Betriebseinnahmen

Wird die Kindertagespflege im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen vorgenommen und betreut die Kindertagespflegeperson Kinder verschiedener Personensorgeberechtigter eigenverantwortlich, handelt es sich um eine selbstständige erzieherische Tätigkeit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (s.u. den Gliederungspunkt »Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG«).

Nach § 23 SGB VIII erhält die Tagespflegeperson eine laufende Geldleistung, die neben der Erstattung des Sachaufwands die Förderungsleistung der Tagespflegeperson anerkennen soll. Diese Geldleistung ist als stpfl. Einnahme aus freiberuflicher Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Mittel; § 3 Nr. 11 und 26 EStG sind nicht anwendbar (BMF vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1236 unter II.1 und III.1).

Nach dem Urteil des FG Münster vom 10.10.2019 (6 K 3334/17, EFG 2020, 248, LEXinform 5022799, rkr.) sind Zahlungen von Jugendämtern an eine Tagesmutter nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

Die Klägerin erzielt als anerkannte Tagesmutter Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wobei sie Kinder in einem Umfang zwischen 15 und 40 Wochenstunden betreute. Ihre Einnahmen setzten sich aus Zahlungen der Jugendämter (Anerkennungsbeiträge für Förderleistungen und Erstattung angemessener Kosten über Sachaufwand nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 SGB VIII bzw. Monatspauschalen) sowie von den Eltern der betreuten Kinder gezahlten Essensgeldern zusammen. Das FA behandelte sämtliche Zahlungen als steuerpflichtige Einnahmen. Demgegenüber war die Klägerin der Auffassung, dass lediglich das Essensgeld zu versteuern sei. Die Zahlungen der Jugendämter seien dagegen als Bezüge aus öffentlichen Mitteln zur Förderung der Erziehung gem. § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Die streitigen Geldleistungen seien zwar aus öffentlichen Mitteln gezahlt worden. Es fehle jedoch an einer unmittelbaren Förderung der Erziehung. Da nahezu jede länger dauernde Beschäftigung mit Kindern zugleich deren Erziehung zum Gegenstand habe, sei für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung erforderlich, dass die öffentlichen Gelder ausschließlich zur Erziehung bestimmt sind. Nach § 22 Abs. 2 SGB VIII dienten Tageseinrichtungen nicht nur der Erziehung, sondern auch der Unterstützung der Eltern dahingehend, die Kindererziehung mit einer Erwerbstätigkeit vereinbaren zu können. Die Tagesmutter solle die Kinder auch nicht anstelle der Eltern erziehen, sondern die Eltern lediglich unterstützen. Darüber hinaus diene die Aufnahme der Kinder bei der Klägerin auch deren Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und der allgemeinen Betreuung.

Unabhängig davon seien die Leistungen nicht als Beihilfen anzusehen. Hierunter fielen nur uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen, nicht dagegen Leistungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts. Anders als an Pflegeeltern gezahlte Pflegegelder vergüteten die an die Klägerin geleisteten Pauschalen deren sachlichen und zeitlichen Aufwand vollständig.

Die Tagespflegeperson ermittelt regelmäßig ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch → Einnahmen-Überschussrechnung. Als stpfl. Betriebseinnahmen sind alle Einnahmen der Tagespflegeperson zu erfassen, unerheblich, ob die Zahlungen aus öffentlichen Kassen oder von privater Seite stammen.

2.2.2. Betriebsausgaben

2.2.2.1. Tatschliche Kosten

Als Betriebsausgaben können entweder die tatsächlichen Kosten im Einzelnen nachgewiesen oder aber eine Pauschale geltend gemacht werden. Das BMF-Schreiben vom 11.11.2016 (BStBl I 2016, 1236) enthält unter Tz. III.2 einen Überblick über die am häufigsten vorkommenden Betriebsausgaben bei der Tagespflege.

2.2.2.2. Betriebsausgabenpauschale

Die Pauschale beträgt 300 € je Kind und Monat. Der Betriebsausgabenpauschale liegt eine wöchentliche Betreuungszeit von 40 Stunden zugrunde. Soweit die tatsächlich vereinbarte Betreuungszeit hiervon abweicht, ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig nach der folgenden Formel zu kürzen (BMF vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1236 unter III.3 Buchst. a):

300 € × vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (max. 40 Stunden)

(8 Stunden × 5 Tage =) 40 Stunden

Für Zeiten, in denen die Tagespflegeperson verhindert ist, die vereinbarten Betreuungszeiten selbst zu absolvieren (z.B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung), kann die Betriebsausgabenpauschale nur dann abgezogen werden, wenn das Betreuungsgeld für diese Zeit weiter gezahlt wird.

Findet die Betreuung im Haushalt der Personensorgeberechtigten oder in unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten als selbstständige Tätigkeit statt, kann die Betriebsausgabenpauschale nicht abgezogen werden. In diesen Fällen ist nur der Abzug der tatsächlichen Betriebsausgaben möglich.

Werden der Kindertagespflegeperson nach § 23 SGB VIII laufende Geldleistungen für sog. Freihalteplätze gezahlt, die im Fall einer Krankheits-, Urlaubs- oder Fortbildungsvertretung einer anderen Kindertagespflegeperson kurzfristig belegt werden können, wird bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den für den Freihalteplatz gezahlten Einnahmen 40 € je Freihalteplatz und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Bei Belegung der Freihalteplätze ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig (Verhältnis der Tage der Belegung des Freihalteplatzes im Monat zu pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu kürzen (BMF vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1236 unter III.3. Buchst. b).

Die Betriebsausgabenpauschale darf nur bis zur Höhe der Betriebseinnahmen abgezogen werden (BMF vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1236 unter III.3. Buchst. c).

Es können entweder die Betriebsausgabenpauschalen in Anspruch genommen oder die tatsächlichen Betriebsausgaben abgezogen werden. Neben den Betriebsausgabenpauschalen ist ein zusätzlicher Abzug tatsächlicher Betriebsausgaben damit nicht zulässig.

2.2.2.3. Betriebsausgabenpauschale bei eingeschränkter Betreuung aufgrund der Corona-Pandemie

Während der Corona-Pandemie können weiterhin Betriebsausgabenpauschalen laut BMF- Schreiben vom 11.11.2016 (BStBl I 2016, 1236) bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson in Abzug gebracht werden. Dies gilt für Zeiten, in denen die Kindertagespflegeperson durch behördliche Auflagen verhindert ist, die vereinbarten Betreuungszeiten zu absolvieren, wenn Betreuungsgelder oder sonstige Ausgleichs-/Entschädigungszahlungen für diese Zeit gezahlt werden und als Betriebseinnahme zu erfassen sind (FinMin Schleswig-Holstein vom 10.9.2020, VI 302 – S 2246 B – 019, DStR 2020, 2377).

Zusammenfassung.

Ab dem 1.1.2009 müssen alle Tagespflegepersonen die Einkünfte aus ihrer Tagespflegetätigkeit versteuern. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Art (privat oder öffentlich) der Einnahmen.

Nur der Gewinn muss versteuert werden. Um ihn zu ermitteln, werden die Betriebsausgaben entweder über eine Pauschale oder über eine Einzelauflistung von den Einnahmen abgezogen.

Pauschalen vereinfachen die Steuererklärung. Ein einheitlicher Betrag ersetzt das umständliche Auflisten von Einzelausgaben und das Sammeln von Belegen. Die Betriebsausgabenpauschale beträgt 300 € pro vollzeitbetreutem Kind und pro Monat. Die Pauschale bezieht sich auf eine Betreuungszeit von acht Stunden und mehr pro Kind und Tag. Bei weniger Stunden verringert sie sich anteilig. Für Freihalteplätze beträgt die Pauschale 40 € je Freihalteplatz und Monat.

Natürlich können auch die tatsächlichen Betriebskosten nachgewiesen werden. Dies lohnt sich, wenn die tatsächlichen Kosten über der Pauschale liegen. In diesem Fall sollten alle Einzelbelege gesammelt und in einer Einzelaufstellung dem Finanzamt vorgelegt werden.

Als Ausgaben kommen beispielsweise in Betracht:

  • Mobiliar,

  • Spiel- und Bastelmaterialien,

  • Nahrungsmittel,

  • Hygieneartikel,

  • Fachliteratur,

  • Beiträge für Versicherungen, soweit unmittelbar mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehend,

  • Weiterbildungskosten und Kommunikationskosten, etwa Telefon und Internet.

Auch die Miete und Betriebskosten für die zur Kinderbetreuung genutzten Räumlichkeiten zählen dazu. Kosten für die Freizeitgestaltung mit den Kindern sowie Fahrtkosten können ebenfalls berücksichtigt werden. Bei Einzelnachweis der Betriebsausgaben ist der zusätzliche Abzug der Betriebsausgabenpauschale nicht zulässig (Pressemitteilung des BMF vom 10.10.2008, LEXinform 0174588).

Mietzuschüsse, die eine Tagespflegeperson für die Anmietung von Betreuungsräumen erhält, zählen zu den stpfl. Einnahmen. Im Fall der verbilligten Überlassung von Betreuungsräumen sind allerdings keine stpfl. Betriebseinnahmen i.H.d. Differenz zwischen ortsüblicher und tatsächlich gezahlter Miete anzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn die Tagespflegeperson die Betriebskostenpauschale in Anspruch nimmt (OFD Rheinland vom 14.2.2012, ohne Fundstelle).

Keine Betriebsausgaben sind die von der Kindertagespflegeperson gezahlten Beiträge zur Alterssicherung, Unfallversicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

Nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7.5.2019 (8 K 751/17, LEXinform 5022361) kommt ein Abzug anteiliger Aufwendungen für das selbstgenutzte Wohnhaus als Betriebsausgaben einer selbständigen Tagesmutter nicht in Betracht, wenn nicht nach objektivierbaren Kriterien bestimmt werden kann, in welchem Umfang eine Nutzung der teils gemischt, teils ausschließlich genutzten Räumlichkeiten des Hauses im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Tagesmutter erfolgte. Bei einer Gesamtschau kam im Streitfall wegen des Ineinandergreifens privater und beruflicher Nutzung eine Aufteilung nach Flächen- oder Zeitanteilen nicht in Betracht; ein anderer Aufteilungsmaßstab unter Zugrundelegung objektiv bestimmbarer Kriterien war nicht ersichtlich (s.a. FG Baden-Württemberg Pressemitteilung vom 15.8.2019, LEXinform 0450160).

2.3. Erstattung von Versicherungsbeiträgen

Durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG) vom 10.12.2008 (BGBl I 2008, 2403) wird neu gefasst. Danach sind die vom Träger der Jugendhilfe geleisteten hälftigen Erstattungen zur Alterssicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB VIII steuerfrei (BMF vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1236 unter III.1). Durch die Regelung in § 3 Nr. 9 EStG wird der besonderen Stellung der Tagespflegeperson auch aus steuerlicher Sicht Rechnung getragen und vergleichbar § 3 Nr. 14, 57 und 62 EStG eine Steuerbefreiungsvorschrift geschaffen, die die Zukunfts- und Krankheitsvorsorge (Zahlungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu Gunsten der Tagespflegepersonen) steuerlich entlastet. Auf Grund der Steuerbefreiung liegt auch kein Arbeitsentgelt vor (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV).

2.4. Berechnungsbeispiel zur Ermittlung der Betriebsausgabenpauschalen

Beispiel:

Eine Kindertagespflegeperson betreut im Jahr 01 4 Kinder. Zudem hält die Kindertagespflegeperson einen Freihalteplatz vor.

Kind

Betreuung

Berechnung der Pauschale

Pauschale

Kind 1

von Januar bis Dezember für jeweils 40 Wochenstunden

300 € × 12 Monate

3 600 €

Kind 2

von Februar bis November für 20 Wochenstunden. Im Juni wird Kind 2 für 3 Wochen krankheitsbedingt nicht betreut. Die Zahlungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bleiben jedoch unverändert.

150 € (300 € × 20 Stunden vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit / 40 Stunden) × 10 Monate

Die maximale zu berücksichtigende wöchentliche Betreuungszeit beträgt 40 Stunden (8 Stunden × 5 Tage).

1 500 €

Kind 3

von August bis Dezember für 45 Wochenstunden.

300 € × 5 Monate

1 500 €

Kind 4

von Januar bis Dezember, jedoch nur an 2 Tagen in der Woche für jeweils 9 Stunden.

135 € (300 € × 18 Stunden vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit / 40 Stunden) × 12 Monate

1 620 €

Kind 5

Der Freihalteplatz ist nur im November für 12 Tage für jeweils 6 Stunden belegt.

Bei tageweiser Belegung von sog. Freihalteplätzen ist die gekürzte Betriebsausgabenpauschale von 300 € / Monat / Kind zeitanteilig (Zahl der belegten Tage / pauschal 20 Arbeitstage im Monat) zu gewähren.

225 € (300 € × 6 Stunden vereinbarte tägliche Betreuungszeit / 8 Stunden) × 12 Tage / 20 Arbeitstage

135 €

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit wird aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den für den Freihalteplatz gezahlten Einnahmen 40 € je Freihalteplatz und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden.

40 € × 10 Monate (Januar bis Oktober)

Bei Belegung der Freihalteplätze ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig (Verhältnis der Tage der Belegung des Freihalteplatzes im Monat zu pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu kürzen.

40 € × 8 Tage / 20 Arbeitstage für November

Für Dezember s. Kind 6.

400 €

16 €

Kind 6

Der Freihalteplatz ist nur im Dezember für 4 Tage für jeweils 8 Stunden belegt.

Bei tageweiser Belegung von sog. Freihalteplätzen ist die gekürzte Betriebsausgabenpauschale von 300 € / Monat / Kind zeitanteilig (Zahl der belegten Tage / pauschal 20 Arbeitstage im Monat) zu gewähren.

300 € (300 € × 8 Stunden vereinbarte tägliche Betreuungszeit / 8 Stunden) × 4 Tage / 20 Arbeitstage

60 €

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit wird aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den für den Freihalteplatz gezahlten Einnahmen 40 € je Freihalteplatz und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Die Pauschale für den Freihalteplatz Januar bis November s.o. Kind 5.

Bei Belegung der Freihalteplätze ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig (Verhältnis der Tage der Belegung des Freihalteplatzes im Monat zu pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu kürzen.

40 € × 16 Tage / 20 Arbeitstage für Dezember

32 €

Summe des pauschalen Betriebsausgaben

8 863 €

2.5. Nichtselbstständige Kindertagespflegeperson

2.5.1. Steuerpflichtiges Arbeitsentgelt

Betreut die Tagespflegeperson ein Kind oder mehrere Kinder in dessen/deren Familie nach Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist sie in der Regel ArbN, die Personensorgeberechtigten sind die ArbG. In diesem Fall erzielt die Kindertagespflegeperson Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.v. § 19 EStG.

Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben in der Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 13.3.2013 festgelegt (Homepage Deutsche Rentenversicherung unter www.deutsche-rentenversicherung.de unter Startseite – Experten – Arbeitgeber & Steuerberater – summa summarum – Besprechungsergebnisse – Beitragseinzug 2013 – 2013-Übersicht), dass die Geldleistungen der Träger der Jugendhilfe nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VIII zugunsten der in einem Beschäftigungsverhältnis zu den Personensorgeberechtigten des Kindes (das sind im Regelfall die Eltern) stehenden Tagespflegeperson ohne Einschränkung als Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 1 SGB IV zu werten. Arbeitsentgelt ist darüber hinaus jede weitere Vergütung der Personensorgeberechtigten an die Tagespflegeperson, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung gewährt wird. Die Beitragsleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB VIII zählen hingegen nicht zum Arbeitsentgelt.

Für die beitragsrechtliche Behandlung der laufenden Geldleistungen an Tagespflegepersonen, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu den Personensorgeberechtigten stehen, ist es unerheblich, ob die Geldleistungen direkt an die Tagespflegeperson oder im Wege der Abtretung an die Personensorgeberechtigten gezahlt werden. Während bei der Abtretungslösung die Möglichkeit des Beitragseinbehalts durch Abzug der Arbeitnehmerbeitragsanteile von der an die Tagespflegeperson weiterzureichenden laufenden Geldleistung gegeben und auch die Abführung der alleine von den Personensorgeberechtigten als ArbG aufzubringenden Umlagen ohne Vorfinanzierung möglich ist, kommt bei einer direkten Zahlung der laufenden Geldleistungen nach § 23 Abs. 2 SGB VIII an die Tagespflegeperson ein Beitragseinbehalt nicht in Betracht. Insofern wären die Beitragsanteile und Umlagen von den Personensorgeberechtigten vorzufinanzieren.

Mit Blick auf das Verfahren zum Beitragsabzug begegnet es von Seiten der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung keinen Bedenken, wenn die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Fall eines Beschäftigungsverhältnisses der Tagespflegeperson zu den Personensorgeberechtigten die Förderzusage davon abhängig machen, dass die Tagespflegeperson der Abtretungslösung zustimmt und die Personensorgeberechtigten somit in die Lage versetzt werden, ihre Beitragspflichten ohne Mehraufwände zu erfüllen. Hierbei sollte auch auf eine Abrede zu den nicht ausdrücklich in § 23 Abs. 2 SGB VIII erwähnten Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und den Umlagen U1 und U2 hingewirkt werden, die nach dem Ziel und Zweck der §§ 24, 23 SGB VIII i.V.m. § 90 SGB VIII von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu tragen sind.

Wird das Beschäftigungsverhältnis im Rahmen eines Minijobs ausgeübt, kann das Haushaltsscheckverfahren durchgeführt werden (→ Haushaltsnahe BeschäftigungsverhältnisseGeringfügig Beschäftigte).

2.5.2. Steuerfreie Zuschüsse und Sachbezüge nach § 3 Nr. 11a EStG

Mit dem Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.6.2020 (BGBl I 2020, 1385) wurde in § 3 Nr. 11a EStG die Steuerfreiheit zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 1.3.2020 bis 31.12.2020 aufgrund der Corona-Krise vom ArbG in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährter Beihilfen und Unterstützungen bis zu 1 500 Euro geregelt.

Durch Art. 2 Nr. 1 des JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird der Begünstigungszeitraum bis zum 30.6.2021 verlängert.

Durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer (Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz – AbzStEntModG) vom 2.6.2021 (BGBl I 2021, 1259) wird die Ablauffrist in § 3 Nr. 11a EStG vom 30.6.2021 bis zum 31.3.2022 verlängert.

Nach dem BMF-Schreiben vom 26.10.2020 (BStBl I 2020, 1227) zu dieser Vorschrift ist § 3 Nr. 11a EStG gegenüber § 3 Nr. 11 EStG »lex-specialis« und hat damit Vorrang.

3. Vollzeitpflege ab 1.1.2008

3.1. Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII

3.1.1. Definition der Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII

Nach § 33 SGB VIII soll Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

Mit Urteil vom 2.4.2009 (III R 92/06, BStBl II 2010, 345) definiert der BFH u.a. die Bedeutung der Pflegegelder i.S.d. § 33 SGB VIII. Pflegegelder, die bei Aufnahme eines Kindes in eine Familie zur Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII geleistet werden, stellen den gesamten Unterhalt einschließlich der Kosten für die Erziehung sicher (§ 39 Abs. 1 SGB VIII). Die monatlichen Pauschalbeträge bemessen sich nach den tatsächlichen Kosten, soweit diese einen angemessenen Umfang nicht übersteigen (§ 39 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII). Bei der Unterbringung in einer Pflegefamilie ist im Pflegesatz kein pauschalierter Ersatz für Personal- und Sachkosten der Pflegeeinrichtung enthalten (BFH Urteil vom 23.9.1999, VI R 106/98, BFH/NV 2000, 448). Auch wenn Pflegegelder nach § 33 SGB VIII einen Anreiz zur Aufnahme fremder Kinder schaffen sollen, sind sie nach ihrem Zweck und ihrer Bemessungsgrundlage kein nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen berechnetes Entgelt für Unterbringung und Betreuung, sondern lediglich Kostenersatz. Nur wenn Pflegeeltern ein erheblich über den Pflegesätzen des zuständigen Jugendamtes liegendes Pflegegeld gezahlt wird, kann angenommen werden, dass sie nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen für die Unterbringung und Betreuung entlohnt werden (BFH Urteil vom 30.6.2005, III R 80/03, BFH/NV 2006, 262).

Das Pflegegeld wird durch Erlasse der jeweiligen Bundesländer festgesetzt (§ 39 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII). So beträgt das Pflegegeld in Nordrhein-Westfalen ab 1.1.2020

ab dem 1.1.2020

1.1.2021

Für Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr

552 €

602 €

Für Kinder vom vollendeten 7. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr

630 €

687 €

Für Jugendliche ab dem vollendeten 14. Lebensjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und junge Volljährige im Einzelfall

767 €

837 €

zzgl. jeweils für die Kosten der Erziehung

262 €

286 €

Siehe dazu die Rundschreiben 43/1/2021 vom 2.3.2021 des Landschaftsverbandes Rheinland auf der Homepage des LVR (www.lvr.de Startseite / Jugend / Aktuelles und Service / Anträge, Arbeitshilfen, Rundschreiben, Dokumentationen / Rundschreiben zum Thema »Hilfe zur Erziehung« und dort die pdf-Datei zur Erziehungshilfe).

Die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter A.) dient dazu, einem Kind zeitlich befristet oder dauerhaft im Haushalt der Pflegeeltern ein neues Zuhause zu bieten. Zwischen Pflegeeltern und Kind soll ein dem Eltern-Kind-Verhältnis ähnliches Band entstehen.

Formen der Vollzeitpflege sind

  • die Dauerpflege,

  • die Kurzzeitpflege,

  • die Bereitschaftspflege,

  • die Wochenpflege,

  • die Sonderpflege sowie

  • die Familienpflege für besonders beeinträchtigte Kinder und Jugendliche.

Will eine Familie ein Pflegekindverhältnis (→ Pflegekind) begründen, so erteilt das zuständige Jugendamt eine entsprechende Erlaubnis nach § 44 SGB VIII, die die Familie zur Aufnahme der Kinder berechtigt. Pflegekinder in diesem Sinne werden auch von § 32 EStG erfasst (R 32.2 Abs. 1 EStR; Lippert, DStR 2011, 300). Nach der BFH-Rechtsprechung, u.a. in seinem Urteil vom 2.4.2009 (III R 92/06, BStBl II 2010, 345), haben Betreiber einer Einrichtung nach § 34 SGB VIII (Heimerziehung und sonstige betreute Wohnform) keinen Anspruch auf Kindergeld für Pflegekinder.

Im Rahmen der Vollzeitpflege wird nach § 39 SGB VIII Pflegegeld ausgezahlt, welches die materiellen Aufwendungen und die Kosten der Erziehung abdeckt. Zusätzlich werden anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse geleistet. Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfreie Beihilfen i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt (s.a. BFH Urteil vom 28.6.1984, IV R 49/83, BStBl II 1984, 571). Mit der Zahlung der Pflegegelder ist keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt. Zuwendungen an Pflegeeltern ähneln in vielerlei Hinsicht Zahlungen, die die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhalten.

Mit Urteil vom 1.3.2012 (5 C 12/11, LEXinform 0437620) hat das BVerwG entschieden, dass Großeltern gegenüber dem Träger der Jugendhilfe einen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Vollzeitpflege ihres Enkels auch dann haben können, wenn sie gemeinsam mit diesem und dessen Mutter in einem Haushalt leben.

Sachverhalt und Entscheidungsgründe:

In dem entschiedenen Fall war die Mutter des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt 15 Jahre alt und daher nicht selbst erziehungsfähig. Das Amtsgericht übertrug den Großeltern die Vormundschaft für das Kind. Die Mutter und ihr Kind lebten von Anfang an bei den Großeltern. Diese beantragten bei dem Jugendamt u.a. die Übernahme der Kosten für den Unterhalt des Enkels. Die nach Ablehnung des Antrags erhobene Klage hatte beim Verwaltungsgericht Erfolg. Auf die Berufung wies das Oberverwaltungsgericht die Klage ab. Ein Anspruch auf Pflegegeld setze voraus, dass die Vollzeitpflege räumlich getrennt von den Eltern stattfinde. Dies sei hier nicht der Fall.

Das BVerwG hat die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und der Klage auf Übernahme der im Rahmen der Pflege erbrachten Aufwendungen stattgegeben. Die Pflege durch Großeltern oder andere nahe Verwandte entspricht regelmäßig dem Wohl des Kindes, wenn die Eltern nicht zur Erziehung in der Lage sind. Daher hat der Gesetzgeber (§ 27 Abs. 2a und § 33 SGB VIII) unter bestimmten Bedingungen die Vollzeitpflege durch unterhaltspflichtige Verwandte zugelassen und dafür auch ein Pflegegeld vorgesehen (§ 39 SGB VIII). Soweit diese Bestimmungen voraussetzen, dass die Vollzeitpflege »außerhalb des Elternhauses« und in einer »anderen Familie« als der »Herkunftsfamilie« erfolgt, ist eine räumliche Trennung von Pflegefamilie und den leiblichen Eltern des Kindes nicht erforderlich. Dies folgt insbesondere aus dem Zweck der Vollzeitpflege. Dieser besteht darin, die Erziehungsbedingungen des Kindes durch Einschaltung von Pflegeeltern und unter Berücksichtigung persönlicher Bindungen zu verbessern. Kann dem in einer bestimmten Pflegefamilie Rechnung getragen werden, steht der Übernahme der Aufwendungen für die Pflege nicht entgegen, dass die Eltern in demselben Haushalt leben.

3.1.2. Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG

Im Rahmen der Vollzeitpflege wird nach § 39 SGB VIII Pflegegeld ausgezahlt, welches die materiellen Aufwendungen und die Kosten der Erziehung abdeckt. Zusätzlich werden anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse geleistet. Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfreie Beihilfen i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt (s.a. BFH Urteil vom 28.6.1984, IV R 49/83, BStBl II 1984, 571). Mit der Zahlung der Pflegegelder ist keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt. Zuwendungen an Pflegeeltern ähneln in vielerlei Hinsicht Zahlungen, die die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhalten. Ist mit den Zahlungen keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt, sind sie als steuerfreie Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG anzusehen. Am Charakter einer Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG fehlt es hingegen, wenn die Zahlungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erfolgen, z.B. weil sie an Personen erbracht werden, die Kinder von Erwerbs wegen in ihren Haushalt aufgenommen haben (BFH vom 14.7.2020, VIII R 27/18, BFH/NV 2021, 105, LEXinform 0952003, Rz. 18).

Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen, wird eine Erwerbstätigkeit vermutet. Bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern ist ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird. Diese Verwaltungsauffassung im bisherigen BMF-Schreiben vom 21.4.2011 (BStBl I 2011, 487 unter A., jetzt BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109) ist nach dem BFH-Urteil vom 5.11.2014 (VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432) nicht zu beanstanden.

Werden Leistungen nach § 39 SGB VIII an Pflegefamilien/Erziehungsstellen i.S.d. § 33 SGB VIII über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe geleistet, dann handelt es sich nur dann um steuerfreie Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG, wenn der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld direkt vom örtlichen Jugendamt bewilligt worden ist, so dass das Geld bei dem zwischengeschalteten freien Träger nur einen sog. durchlaufenden Posten darstellt. Zur Annahme eines durchlaufenden Postens müssen eindeutige und unmissverständliche vertragliche Regelungen zwischen dem Jugendamt, dem freien Träger und der Pflegeperson/Erziehungsstelle i.S.d. § 33 SGB VIII bestehen. So muss vertraglich zwischen allen Parteien festgehalten sein, dass das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese formale, organisatorische Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson nichts ändert. Außerdem sollten die Pflegepersonen mittels einer Vollmacht erklären, dass sie damit einverstanden sind, dass das örtliche Jugendamt das Pflegegeld über den freien Träger an sie weiterleitet, d.h. der freie Träger das Pflegegeld lediglich treuhänderisch in Empfang nimmt und ihnen auszahlt. Unter diesen Voraussetzungen gilt die für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG erforderliche offene Verausgabung als nach Maßgabe haushaltsrechtlicher Vorschriften und unter gesetzlicher Kontrolle verwirklicht.

Pflegegeld, das aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht wird, kann beim Betreuer gem. § 3 Nr. 11 EStG zu steuerfreien Bezügen führen, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird. Das hat der BFH mit Urteil vom 14.7.2020 (VIII R 27/18, BFH/NV 2021, 105, LEXinform 0952003) unter Hinweis auf die Vergleichbarkeit mit den Fällen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII entschieden (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 47/2020 vom 22.10.2020, LEXinform 0457424).

Nach den im BMF-Schreiben vom 22.10.2018 (BStBl I 2018, 1109, unter E) aufgestellten Kriterien muss es sich bei den über den Träger der freien Jugendhilfe ausgezahlten Geldern um »durchlaufende Posten« handeln, was laut BMF gegeben ist, wenn

  1. der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld direkt vom örtlichen Jugendamt bewilligt worden ist,

  2. eindeutige und unmissverständliche vertragliche Regelungen zwischen Jugendamt, freiem Träger und der Pflegeperson/Erziehungsstelle i.S.d. § 33 SGB VIII bestehen, d.h. eine vertragliche Vereinbarung zwischen allen Parteien, dass das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese formale, organisatorische Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson nichts ändert und

  3. eine Vollmacht und Erklärung der Pflegeperson vorliegen, mit der Weiterleitung des Pflegegeldes über den freien Träger einverstanden zu sein.

Die an eine Pflegeperson ausgezahlten Beträge stammen aus Sicht des BMF nicht aus öffentlichen Mitteln, wenn der freie Träger der Jugendhilfe dem örtlichen Jugendamt eine Pflegeperson zur Verfügung stellt, diese Pflegeperson vergütet und dem zuständigen Jugendamt das gezahlte Pflegegeld in Rechnung stellt. Es handelt sich auch dann nicht um öffentliche Mittel, wenn die Vergütungen des freien Trägers aus öffentlichen, zweckbestimmten Zuwendungen des Jugendamts gespeist werden, da insoweit nicht gewährleistet ist, dass über die Mittel nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts verfügt werden kann und die Verwendung im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle unterliegt.

Beachte:

Der BFH hat sich in mehreren Urteilen dazu geäußert, dass zur Konkretisierung der Voraussetzungen des § 3 Nr. 11 EStG nicht die Kriterien des BMF-Schreibens vom 22.10.2018 (BStBl I 2018, 1109 unter E) maßgeblich sind (s. BFH Beschluss vom 10.12.2019, VIII S 12/19 AdV, BFH/NV 2020, 357, LEXinform 5908952 sowie BFH vom 25.3.2021, VIII R 37/19, LEXinform 0952880, Rz. 20 ff). In seinem Urteil VIII R 37/19 hält der BFH an seiner im Beschluss in BFH/NV 2020, 357 geäußerten Auffassung fest, dass zur Konkretisierung dieser Voraussetzungen nicht die Kriterien des BMF-Schreibens in BStBl I 2018, 1109 (unter E) maßgeblich sind.

In Rz. 21 seines Beschlusses VIII S 12/19 AdV verweist der BFH auf sein Urteil vom 5.11.2014 (VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432 unter Rz 44), in dem er sich die Kriterien des BMF-Schreibens (unverändert bereits im Vorgängerschreiben vom 21.4.2011, BStBl I 2011, 487 enthalten), dass es sich bei den Zahlungen um »durchlaufende Posten« handeln muss, nicht als Voraussetzungen für die Prüfung, ob »öffentliche Mittel« vorliegen, zu eigen gemacht. Er hat stattdessen unter Rz 46 der Entscheidung ausgeführt, eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln sei auch bei Auszahlung über einen freien Träger der Jugendhilfe an die Pflegeperson »schon dann« anzunehmen, wenn die in einem Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über Dritte gezahlt würden, sofern über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden könne und ihre Verwendung im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle unterliege (s.a. BFH VIII R 37/19, Rz. 19).

Der BFH betont in Rz. 21 seines Urteils VIII R 37/19 ausdrücklich, dass die vom BMF geforderte Vorgehensweise, dass das Pflegegeld der Pflegeperson durch das Jugendamt zu bewilligen ist und zusätzlich eine dreiseitige Vereinbarung zwischen der Pflegeperson, dem Jugendamt und dem freien Träger über die Betreuung geschlossen werden muss, von der Rspr. nicht verlangt wird. Der BFH hat bereits entschieden, dass eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln anzunehmen sein kann, wenn das Pflegeverhältnis (nur) mittels eines zivilrechtlichen Pflegevertrags begründet wird, der entweder zwischen dem Jugendamt und den Pflegeeltern (z.B. BFH VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432, Rz 26) oder zwischen dem freien Träger und den Pflegeeltern abgeschlossen wird (BFH vom 5.11.2014, VIII R 9/12, BFH/NV 2015, 967, Rz 34). Auch hat der BFH die vom BMF für erforderlich gehaltene Vollmacht bislang nicht für notwendig erachtet.

Nach der BFH-Rspr. werden die Pflegegelder nach haushaltsrechtlichen Vorschriften verausgabt und ist der gesetzlich geregelten Kontrolle der Mittelverwendung genügt, wenn der Finanzbedarf für die zur Betreuung erforderlichen Leistungen in den Haushaltsplänen des Trägers des zuständigen Jugendamts festgestellt wird und die Verwendung der Mittel der Rechnungskontrolle durch die Jugendhilfebehörde unterliegt. Gegenstand der notwendigen öffentlichen Rechnungskontrolle ist die Frage, ob die für ein bestimmtes Kind bewilligten Jugendhilfemittel an die vom freien Träger vertraglich zur Betreuung verpflichtete Pflegeperson tatsächlich abfließen. Es genügt für die erforderliche Kontrolle der zweckgerichteten Mittelverausgabung, wenn diese Feststellung der öffentlichen Hand anhand ggf. vom freien Träger vorzulegender Unterlagen möglich ist (BFH VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432, Rz 24, 25, 49, 50).

Der BFH konkretisiert in Rz. 23 seines Urteils VIII R 37/19 (LEXinform 0952880) die Voraussetzungen der Kontrollmöglichkeiten der Mittelverwendung durch das zuständige Jugendamt. Dem zuständigen Jugendamt ist die Prüfung, ob die für ein bestimmtes Kind bereitgestellten Jugendhilfemittel an die Pflegeperson tatsächlich vollständig abgeflossen sind, nur möglich, wenn es weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger vom bewilligten Tagessatz einen Eigenanteil einbehält, welchen (Rest-)Betrag die Pflegeperson für die Betreuung (für Honorar, Sachkostenersatz und weiterzuleitendes Taschen- und Bekleidungsgeld) erhält und es dies billigt. Dies ist anhand geeigneter Unterlagen, etwa in einer Vereinbarung zwischen dem Jugendamt und dem freien Träger, zu dokumentieren. Ferner besteht eine ausreichende Möglichkeit des Jugendamts, die Mittelverwendung durch den freien Träger zu kontrollieren, nur, wenn ihm gegen diesen ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zusteht, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann. Die Kenntnis und Billigung der Honorarvereinbarung zwischen dem freien Träger und der Pflegeperson sowie der zumindest vertragliche Rechnungslegungskontrollanspruch des Jugendamts gegen den freien Träger müssen kumulativ gegeben sein.

Im Urteilsfall VIII R 37/19 war dem Jugendamt nicht bekannt, wie die von dem privaten Träger der freien Jugendhilfe gezahlten Tagessätze in einen Eigenanteil des freien Trägers und die für die Betreuung des Kindes an die Pflegeperson gezahlten Mittel aufgeteilt wurden. Bei der Beauftragung des privaten Trägers der freien Jugendhilfe durch das Jugendamt wurde die Höhe der Vergütung der Pflegeperson zwischen dem freien Träger und der Pflegeperson ausgehandelt und bedurfte keiner Genehmigung des Jugendamts. Die Pflegeperson war in die Honorarvereinbarungen zwischen dem freien Träger und dem Jugendamt nicht einbezogen. Eine Abstimmung zwischen ihr, dem Jugendamt und dem freien Träger fand lediglich insoweit statt, als geklärt werden musste, ob die Pflegeperson aufgrund ihrer bereits bestehenden engen persönlichen Bindung an das Pflegekind von dem freien Träger als Pflegemutter beauftragt werden durfte, obwohl sie angesichts des konkreten Betreuungsbedarfs nicht über die erforderliche und von dem freien Träger im Regelfall verlangte berufsfachliche Qualifikation verfügte.

Im Urteilsfall VIII R 37/19 hat der BFH – unabhängig der Kriterien des BMF-Schreibens vom 22.10.2018 (BStBl I 2018, 1109 unter E) – entschieden, dass eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln i.S.d. § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG an eine Pflegeperson bei Zwischenschaltung eines freien Trägers der Jugendhilfe nur vorliegen kann, wenn das zuständige Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, dies billigt und ihm gegen den freien Träger ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zusteht, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung über die Mittelverwendung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann. Die Urteilsfall getätigten Zahlungen aus öffentlichen Mitteln unterlagen bei der Pflegeperson nicht der Steuerbefreiung i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG.

3.1.3. Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 9 EStG

Die Leistungen des Jugendamtes umfassen nach § 39 Abs. 4 SGB VIII auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Diese Teilbeträge sind nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn die Geldleistungen an sich stpfl. sind (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter F.).

Durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG) vom 10.12.2008 (BGBl I 2008, 2403) wird § 3 Nr. 9 EStG neu gefasst. Danach sind die vom Träger der Jugendhilfe geleisteten Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII steuerfrei (BMF vom 17.12.2008, BStBl I 2009, 15).

3.1.4. Steuerpflicht

Die Bestandteile der Vergütungen an Bereitschaftspflegepersonen, die unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme von Kindern geleistet werden, fördern nicht unmittelbar die Erziehung. Diese sog. Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder sind stpfl. Werden stpfl. Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder gezahlt, sind diese – mit Ausnahme der Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge – insoweit steuerpflichtig (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter A. 3. Absatz).

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung s.u. den Gliederungspunkt »Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG«.

3.2. Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform nach § 34 SGB VIII

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Das langfristige Ziel dieser Form der Pflege ist – entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie –, eine Rückkehr in diese Familie zu erreichen oder – falls dies nicht möglich ist – die Erziehung in einer anderen Familie vorzubereiten oder durch eine auf längere Zeit angelegte Lebensform auf ein selbständiges Leben vorzubereiten. Zur Heimerziehung und sonstigen betreuten Wohnform können u.a. heilpädagogische oder therapeutische Heime, Kinderdörfer, Kinderhäuser zählen.

Die sozialrechtliche Einordnung entfaltet für die Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG, welche sich an den tatsächlichen Verhältnissen orientiert, keine Tatbestandswirkung. Ob es sich um eine Betreuung in einer Vollzeitpflegestelle nach § 33 SGB VIII oder in einem Heim oder in einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 34 SGB VIII handelt, bestimmt sich daher allein nach den tatsächlichen Verhältnissen der konkreten Unterbringung. Sonstige betreute Wohnformen i.S.d. § 34 SGB VIII sind nur dann gegeben, wenn sie als Einrichtung einen institutionalisierten Rahmen für die stationäre Betreuung über Tag und Nacht bieten; lediglich angemietete Wohnungen oder die bloße Überlassung von Wohnraum wie z.B. eines Zimmers im Haushalt der Betreuungsperson genügen nicht. Unter »Einrichtung« ist eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von sächlichen und persönlichen Mitteln zu einem bestimmten Zweck unter der Verantwortung des Trägers zu verstehen. Privathaushalte der Betreuungspersonen sind daher in der Regel keine Einrichtungen i.S.d. § 34 SGB VIII (BFH Urteil vom 5.11.2014, VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432). Ausnahmen können im Einzelfall z.B. sog. familienangelehnte Wohngruppen darstellen, insbesondere dann, wenn neben den Pflegeeltern pädagogisch ausgebildete Fachkräfte beschäftigt werden (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter C.).

Die Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform i.S.d. § 34 SGB VIII wird anders als bei den meisten Pflegefamilien i.S.d. § 33 SGB VIII grundsätzlich durch besonders qualifizierte Fachkräfte übernommen, sodass diese Form der Erziehungshilfe in diesen Einrichtungen regelmäßig erwerbsmäßig ausgeübt wird und eine berufliche Tätigkeit der Betreuungsperson darstellt. Die hierfür gezahlten Gelder sind wegen ihres entgeltlichen Charakters keine Beihilfen i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG und deshalb stpfl. Einnahmen einer Betreuungsperson gem. § 34 SGB VIII für die Pflege, Betreuung, Unterkunft und Verpflegung eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind auch nicht nach § 3 Nr. 10 EStG steuerfrei (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter C.).

Werden der Betreuungsperson Leistungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes gezahlt, gilt Folgendes:

Ist die Betreuungsperson freiberuflich (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) tätig, stellen die Zahlungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes Betriebseinnahmen dar.

Grundsätzlich sind nur die tatsächlich angefallenen und auch nachgewiesenen Sach- und Unterhaltsaufwendungen für das Kind als Betriebsausgaben abziehbar. Aus Vereinfachungsgründen ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn statt der tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Betriebsausgaben ein Betriebsausgabenabzug für Sach- und Unterhaltskosten des Kindes i.H.d. hierfür erhaltenen kinderbezogenen Leistungen geltend gemacht wird. Der Betriebsausgabenabzug für anderweitige, im Zusammenhang mit der Kindesbetreuung entstandene Kosten, die keine Sach- und Unterhaltsaufwendungen für das Kind darstellen, bleibt unberührt.

Soweit die Betreuungsperson als Arbeitnehmer(in) tätig ist, gehört die Zahlung einer Sach- und Unterhaltskostenpauschale je Monat und Kind grundsätzlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Sie kann jedoch aus Vereinfachungsgründen als steuerfreier Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG behandelt werden, wenn sie den für in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gezahlten Sätzen entspricht. Die Pauschale gehört in diesem Fall nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Gleiches trifft auf einmalige Beihilfen zu, die auf Einzelantrag unter Beifügung eines Nachweises erstattet werden. Korrespondierend dazu dürfen nach § 3c Abs. 1 EStG die damit abgegoltenen Aufwendungen nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter C.).

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung s.u. den Gliederungspunkt »Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG«.

3.3. Unterscheidung der Vollzeitpflege des § 33 SGB VIII von der Vollzeitpflege des § 34 SGB VIII

Von den Jugendämtern an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder für Vollzeitpflege sind gem. § 33 SGB VIII i.V.m. § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, Pflegesatzzahlungen für Heimerziehung an Betreiber von Einrichtungen gem. § 34 SGB VIII hingegen steuerpflichtig. Durch Trägervereine an sog. »Fachfamilien« mit pädagogischer Vorbildung i.R.d. Pflegesätze gem. § 34 SGB VIII abgerechnete und weitergeleitete Betreuungsentgelte sind keine steuerfreien Beihilfen i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG (rechtskräftiges Urteil des FG Köln vom 22.9.2010, 4 K 478/07, EFG 2011, 311, LEXinform 5011251). Auch das FG Niedersachsen kommt mit Urteil vom 31.5.2011 (13 K 144/11, LEXinform 5013185, Revision eingelegt, Az. BFH: VIII R 27/11, LEXinform 0928817) zu dem Ergebnis, dass Zahlungen gem. § 34 SGB VIII in der sozialgerichtlichen Rspr. tendenziell als ein für die Pflegeperson gezahltes Honorar aus Erwerbsgründen angesehen werden. Dem Grunde nach hat der BFH in seinem Urteil vom 5.11.2014 (VIII R 27/11, BFH/NV 2015, 960, LEXinform 0928817) die Rechtsgrundsätze des FG Niedersachen in dessen Urteil vom 31.5.2011 bestätigt, wonach Zahlungen für die Betreuung in Einrichtungen nach § 34 SGB VIII stets – mangels ausdrücklicher Ausrichtung auf die Erziehung – aus dem Anwendungsbereich des § 3 Nr. 11 EStG ausscheiden. Das FG hat allerdings zu Unrecht die Zahlungen unter § 34 SGB VIII subsumiert.

Sachverhalt und Entscheidungsgründe:

Im Streitfall hatte die als Erzieherin tätige Klägerin in ihren Haushalt bis zu zwei fremde Pflegekinder aufgenommen und dafür ein Tageshonorar zuzüglich einer Sachkostenpauschale aufgrund einer Honorarvereinbarung mit einer Firma erhalten, die im Bereich der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe für die zuständige Stadtverwaltung die Unterbringung von Jugendlichen in Heimen, Einrichtungen sowie in Familienhaushalten organisiert und für jeden zu betreuenden Jugendlichen bestimmte Beträge aus öffentlichen Haushaltsmitteln erhält.

Das FA und auch das FG haben das Vorliegen einer Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII mit der Begründung verneint, die von der Klägerin in ihrem Familienhaushalt erbrachte Erziehungsleistung gegenüber den beiden Pflegekindern sei – weil sie nach den abgeschlossenen Verträgen »als Erziehungsstelle« tätig geworden sei – als »in einer (anderen) Einrichtung betreuten Wohnens« i.S.d. § 34 SGB VIII erbracht anzusehen, für die die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG nicht gelte.

Nach Auffassung des BFH sind sonstige betreute Wohnformen i.S.d. § 34 SGB VIII nur gegeben, wenn sie als Einrichtung einen institutionalisierten Rahmen für die Betreuung bieten. Eine nur angemietete Wohnung – und folglich die bloße Überlassung von Wohnraum wie z.B. ein Zimmer im Haushalt der betreuenden Person entsprechend den Verhältnissen im Urteilsfall – genügt nicht. Denn unter »Einrichtung« ist eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von sächlichen und persönlichen Mitteln zu einem bestimmten Zweck unter der Verantwortung eines Trägers zu verstehen. Die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Betreuung in einer Vollzeitpflegestelle nach § 33 SGB VIII oder in einem Heim oder in einer anderen Einrichtung betreuten Wohnens nach § 34 SGB VIII handelt, bestimmt sich allein nach den tatsächlichen Verhältnissen der konkreten Unterbringung (s.a. BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter C. 2. Absatz).

Dies gilt gleichermaßen für den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG, weil die Auslegung des Merkmals »unmittelbare Förderung der Erziehung« nach der BFH-Rechtsprechung wie auch nach der daran anknüpfenden Verwaltungspraxis (vgl. BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter C.) im Wesentlichen an der tatsächlichen Ausgestaltung der Pflegesituation orientiert ist (BFH Urteil vom 5.11.2014, VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432, Rz. 57 ff.; s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 37/2015 vom 27.5.2015, LEXinform 0443221; Anmerkung vom 2.6.2015, LEXinform 0652648). S.a. das BFH-Urteil vom 5.11.2014 (VIII R 30/11, BFH/NV 2015, 963, LEXinform 0928657).

Diese Orientierung der Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG an den tatsächlichen Verhältnissen unterscheidet sich von den Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch der Pflegekinder gem. den §§ 32, 63 EStG, für den die sozialrechtliche Einordnung ihrer Wohnung als sonstige betreute Wohnform nach Maßgabe des § 34 SGB VIII nach der Rechtsprechung des BFH steuerrechtliche Tatbestandswirkung hat (vgl. BFH Urteil vom 2.4.2009, III R 92/06, BStBl II 2010, 345; s.o. unter dem Gliederungspunkt »Definition der Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII« sowie A 11.3 Abs. 6 DA-KG 2020, BZSt vom 27.8.2020, BStBl I 2020, 702).

Zur Abgrenzungsfrage zwischen »Vollzeitpflege« gem. § 33 SGB VIII und »Betreuung in einer anderen Einrichtung« gem. § 34 SGB VIII hat sich das FG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 27.2.2019 (2 K 8/19, EFG 2019, 766, LEXinform 5021986, rkr.) auseinandergesetzt. Im Streitfall hatte die Klägerin, eine aus Ehegatten bestehende GbR, in ihrem Haus bis zu sechs Pflegekinder aufgenommen. Die Beteiligten stritten darüber, ob die gezahlten Pflegegelder aufgrund einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei waren oder es sich um eine steuerpflichtige Betreuung in einer anderen Einrichtung gem. § 34 SGB VIII handelte.

Nach der Entscheidung des FG stellt das Zusammenleben von betreuender Person und betreutem Kind oder Jugendlichem in einem Haushalt allein kein ausreichendes Kriterium dar, um abgrenzen zu können, ob die Hilfe im konkreten Einzelfall nach § 33 SGB VIII oder nach § 34 SGB VIII gewährt wird. Entscheidend ist vielmehr, ob das zu betreuende Kind bzw. der zu betreuende Jugendliche an die betreuende Person selbst vermittelt wurde, die deshalb umfassend allein persönlich verantwortlich ist – dann ist von einer Vollzeitpflege i.S.v. § 33 SGB VIII auszugehen – oder ob das Kind bzw. der Jugendliche nicht unmittelbar an die betreuende Person vermittelt wurde und ob Verantwortung daher in einem formalen Zusammenhang wahrgenommen bzw. mit anderen geteilt wird und angesichts des organisatorischen Hintergrundes gegebenenfalls unabhängig von der betreuenden Person weiterbestehen würde – dann ist vom Bestehen einer Einrichtung oder einer sonstigen betreuten Wohnform i.S.v. § 34 SGB VIII auszugehen. Da im Urteilsfall die Betreuung den Gesellschaftern persönlich übertragen worden war und der Vertrag mit beiden Gesellschaftern abgeschlossen wurde, handelte es sich im Urteilsfall um Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII. Die Pflegegelder waren nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

4. Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII

Die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern. Diese Form der spezialisierten Tagespflege nach § 32 SGB VIII erfordert, dass die betreuende Person bestimmte pädagogische Voraussetzungen erfüllt. Sie unterscheidet sich daher von der Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII. Die Hilfe nach § 32 SGB VIII bietet über die typische Betreuungs- und Erziehungsform einer Kindertagespflege hinaus v.a. älteren Kindern mit Leistungs- und Verhaltensproblemen Hilfestellung. Wird eine solche Hilfe gewährt, so wird auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sichergestellt. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen. Bei diesen Geldleistungen der Jugendämter handelt es sich um Beihilfen, die unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Sie sind daher bei der Pflegeperson als steuerfreie Einnahme i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG zu behandeln (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter B.; s.u. den Gliederungspunkt »Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG«).

5. Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen. Adressaten dieser Form der Hilfe sind besonders belastete oder gefährdete Jugendliche, die Gewalt erlebt haben, Kontakt mit dem Drogen- und Prostituiertenmilieu haben und z.T. ohne feste Unterkunft oder Arbeit sind bzw. bereits häufig strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Der Jugendliche wird bei der Bewältigung persönlicher Krisen, der Gewinnung neuer Perspektiven sowie bei der Alltagsbewältigung in Schule, Ausbildung oder Arbeit durch eine Einzelperson intensiv begleitet. Dies stellt hohe Anforderungen an die persönliche und fachliche Qualifikation der Betreuer/Innen. Die Hilfe nach § 35 SGB VIII ist deshalb nicht vergleichbar mit der Hilfe zur Erziehung in der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII. Aufgrund des Vergütungscharakters der gezahlten Gelder kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG nicht in Betracht. Die Leistungen des Jugendamtes für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung i.S.d. § 35 SGB VIII sind stpfl. Einnahmen (BMF vom 22.10.2018, BStBl I 2018, 1109 unter D.).

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung s.u. den Gliederungspunkt »Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG«.

6. Erziehungs- und Familienhelfer

Die OFD Frankfurt hat mit Vfg. vom 5.2.2018 (S 2121 A – 14 – St 216, SIS 18 09 85) zur ertragsteuerlichen Behandlung von Zahlungen an Erziehungs- und Familienhelfer bei Betreuung in der Familienwohnung der betreuten Person Stellung genommen.

Im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff. SGB VIII werden sog. Erziehungs- und Familienhelfer eingesetzt, die das Kind oder den Jugendlichen (§ 30 SGB VIII) oder die Familie (§ 31 SGB VIII) durch pädagogische und therapeutische Hilfen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen oder bei der Erfüllung von Erziehungsaufgaben unterstützen sollen. Hierfür werden die Erziehungs- und Familienhelfer von den Trägern der Jugendhilfe beauftragt und bezahlt. Aufgrund der bei der Jugendhilfe anzutreffenden Vielfalt von Trägern mit unterschiedlichsten Wertorientierungen werden die Erziehungs- und Familienhelfer teils im Rahmen von Dienstverhältnissen als ArbN, teils im Rahmen von sog. Honorarverträgen als freie Mitarbeiter beschäftigt.

Ob der Erziehungs- und Familienhelfer nichtselbstständig oder selbstständig tätig ist, richtet sich nach den von der Rechtsprechung aufgestellten und in H 19.0 [Allgemeines] LStH zusammengestellten Grundsätzen.

Liegt der Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers kein Dienstverhältnis zu Grunde, sind die Zahlungen durch einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe als Bezüge aus öffentlichen Mitteln nach § 3 Nr. 11 EStG u.a. dann steuerfrei, wenn sie als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Hierbei setzt der Begriff der öffentlich-rechtlichen Beihilfe eine uneigennützig gewährte Unterstützungsleistung voraus. Werden Leistungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht, können sie nicht als Beihilfe qualifiziert werden (BFH Urteil vom 23.9.1998, XI R 11/98, BStBl II 1999, 133, bestätigt durch BFH Urteil vom 5.11.2014. VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432).

Die Voraussetzungen für die Behandlung der Bezüge als Beihilfe sind bei den Zahlungen an die Erziehungs- und Familienpfleger regelmäßig nicht gegeben. Denn den Erziehungs- und Familienpflegern werden durch die Zahlungen aus öffentlichen Mitteln regelmäßig nicht nur die im Zusammenhang mit der Tätigkeit entstehenden Kosten in angemessenem Umfang erstattet, sondern auch Tätigkeitsvergütungen gewährt, die den Aufwand an Zeit und die Arbeitsleistung abgelten sollen. Demzufolge sind die gesamten Zahlungen, die dem Erziehungs- und Familienhelfer gewährt werden, einkommensteuerpflichtig. Die Zahlungen sind den Einkünften aus selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuordnen.

Vergütungen durch einen Träger der freien Jugendhilfe (z.B. durch einen Verein) stellen – in Ermangelung einer dem § 3 Nr. 11 EStG entsprechenden Steuerbefreiungsvorschrift für Zahlungen aus privaten Mitteln – insgesamt stpfl. Einnahmen dar. Sie sind den Einkünften aus selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuordnen (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2016, BStBl I 2016, 1236 zur Kindertagespflege).

Die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit als Erziehungs- und Familienhelfer stehenden Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten, Fortbildungskosten und Telefongebühren) sind als Betriebsausgaben abzugsfähig. Da dem Erziehungs- und Familienhelfer i.d.R. keine Aufwendungen für den Lebensbedarf und die Betreuung des Kindes bzw. des Jugendlichen oder der Familie entstehen (Betreuung findet regelmäßig in der Familienwohnung statt) und die als Betriebsausgaben abzugsfähigen Aufwendungen regelmäßig leicht nachweisbar sind, scheidet die Gewährung einer Betriebsausgabenpauschale vergleichbar den Regelungen zur einkommensteuerlichen Behandlung der von privater Seite gezahlten Pflegegelder aus.

Nimmt die Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch und wird die einem Erzieher vergleichbare Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder im Rahmen der freien Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 AO) ausgeübt, sind die hierfür gewährten Entgelte bis zur Höhe des maßgebenden Jahresbetrags als Aufwandsentschädigung für eine nebenberufliche Tätigkeit steuerfrei (§ 3 Nr. 26 EStG). Die neben der eigentlichen Hauptaufgabe zusätzlich zu erbringende hauswirtschaftliche praktische Versorgung einer in Not geratenen Familie oder einer Einzelperson kann insoweit vernachlässigt werden.

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung s.u. den Gliederungspunkt »Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG«.

7. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Raumüberlassung an sozialpädagogische Lebensgemeinschaft

Bei einer sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft sind die Aufwendungen für Gemeinschaftsräume, die sowohl der eigenen Wohnnutzung des Stpfl. und seiner Familie wie auch der (entgeltlichen) Betreuung der in die Familie integrierten fremden Kinder dienen, regelmäßig nach der Zahl der der Haushaltsgemeinschaft zugehörigen Personen aufzuteilen (BFH Urteil vom 25.6.2009, IX R 49/08, BStBl II 2010, 122; Anmerkung vom 12.11.2009, LEXinform 0926021).

Sachverhalt und Entscheidungsgründe:

Die Eheleute lebten seit September 03 nicht nur mit ihren beiden leiblichen Kindern im gemeinsamen Haushalt, sondern mit drei weiteren Kindern. Mit diesen gründete die Ehefrau als Heilpädagogin eine sozialpädagogische Lebensgemeinschaft (SPLG). Hieraus erzielt sie Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Im Rahmen einer derartigen SPLG sollen junge Menschen mit erheblichen familiären Problemen unter Betreuung von Fachkräften in eine intakte Familie einbezogen werden, um ihnen Zukunftsperspektiven zu eröffnen sowie eine schulische, berufliche und soziale Integration zu ermöglichen.

Die Eheleute trugen dem gestiegenen Wohnbedarf durch die Gründung der SPLG in der Weise Rechnung, dass der Ehemann ein Einfamilienhaus erwarb, bestehend aus fünf Kinderzimmern, zwei Badezimmern, einem Elternschlaf- und Arbeitszimmer, einer Küche, einem Wohnzimmer und einem Keller.

Der Ehemann vermietete der Ehefrau drei Kinderzimmer, das von den Projektkindern genutzte Bad sowie das Arbeitszimmer im Dachgeschoss. Des Weiteren wurde in dem Mietvertrag die Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume (Küche, Wohn- und Essbereich sowie Diele und Garten) eingeräumt.

Der Ehemann machte u.a. bei den Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auch die anteilige AfA für die gemeinschaftlich genutzten Räume geltend. Als Aufteilungsmaßstab wurde die Relation der betreuten Kinder (drei) zur Gesamtbewohnerzahl des Hauses (sieben) gewählt.

Der BFH bestätigte dieses Vorgehen. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG stehe einer solchen Aufteilung nicht entgegen, weil die Aufteilung nach der Zahl der Nutzer einer Wohnung einen objektiven Maßstab darstelle, der eine sichere und leichte Abgrenzung einer steuerbaren Raumnutzung von der privaten Wohnnutzung ermögliche.

Beachte aber auch das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7.5.2019 (8 K 751/17, LEXinform 5022361) unter dem Gliederungspunkt »Selbstständige Kindertagespflegeperson«.

8. Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze im Zusammenhang mit Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG

8.1. Begünstigte Leistungen

Die Regelung des § 4 Nr. 25 UStG erfasst seit 1.1.2008 sämtliche Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, die nach den Vorschriften des SGB VIII erbracht werden, und damit eng verbundene Leistungen. Unionsrechtliche Grundlage hierfür ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL.

Mit Vfg. vom 12.2.2020 (S 7183 – 19 – St 181, UR 2020, 319, LEXinform 7012281) erläutert das LfSt Niedersachsen die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen der Jugendhilfe i.S.d. § 4 Nr. 25 UStG.

Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG umfasst

  • die Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII,

  • die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII und

  • Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz.

    Mit Art. 12 Nr. 5 Buchst. f des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) werden ab 1.1.2020 als eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Leistungen nunmehr auch Adoptionsvermittlungsleistungen nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG) begünstigt. Hierbei handelt es sich auch um eine Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, die im Gegensatz zu Sozialleistungen i.e.S. nicht dem autonomen Betätigungsrecht der freien Jugendhilfe unterliegt. §§ 2 Abs. 2 und 2a Abs. 3 AdVermiG lassen eine Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe durch freie Träger zu, wenn diese als Adoptionsvermittlungsstellen anerkannt oder zugelassen sind.

Unter § 2 Abs. 2 SGB VIII fallen u.a. (Abschn. 4.25.1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 UStAE):

  • Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (§§ 22 bis 25 SGB VIII; Abschn. 4.25.1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UStAE).

    • Tageseinrichtungen (§ 22a SGB VIII) sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege (§ 23 SGB VIII) wird von einer geeigneten Tagespflegeperson in ihrem Haushalt oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten geleistet (§ 22 Abs. 1 SGB VIII). Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung s.o. die Gliederungspunkte »Allgemeiner Überblick«, »Kindertagespflege« sowie »Selbstständige Kindertagespflegeperson«.

  • Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40 SGB VIII; Abschn. 4.25.1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UStAE).

    • Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern (§ 32 SGB VIII; s.o. den Gliederungspunkt »Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII«).

      Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung s.o. die Gliederungspunkte »Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII« sowie »Erziehungs- und Familienhelfer«.

    • Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten (§ 33 SGB VIII).

      Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung s.o. die Gliederungspunkte »Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII« sowie »Unterscheidung der Vollzeitpflege des § 33 SGB VIII von der Vollzeitpflege des § 34 SGB VIII«.

    • Heimerziehung nach § 34 SGB VIII.

      Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung s.o. den Gliederungspunkt »Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform nach § 34 SGB VIII«.

    • Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen (§ 35 SGB VIII).

      Zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung s.o. den Gliederungspunkt »Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII«.

8.2. Begünstigte Leistungserbringer

8.2.1. Allgemeiner Überblick über die begünstigten Leistungserbringer

Die Leistungen sind nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei, wenn sie durch

  1. Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 69 SGB VIII) oder

  2. andere Einrichtungen mit sozialem Charakter

erbracht werden (§ 4 Nr. 25 Satz 1 und 2 UStG; Abschn. 4.25.1 Abs. 2 UStAE).

Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 4 Nr. 25 Satz 1 UStG) sind Landkreise und kreisfreie Städte (örtliche Träger) innerhalb ihres eigenen Wirkungskreises durch das Jugendamt (§ 70 Abs. 1 und 2 SGB VIII).

Welche Einrichtungen mit sozialem Charakter der Gesetzgeber begünstigt, ist in § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa bis dd UStG aufgeführt (LfSt Niedersachen vom 12.2.2020, UR 2020, 319, LEXinform 7012281).

8.2.2. Die begünstigten Leistungserbringer im Einzelnen

Begünstigt sind:

  • nach § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG

    Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter);

  • nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. a UStG

    Anerkannte Träger der freien Jugendhilfe

    Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts

    Die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe ist in § 75 SGB VIII geregelt. Nach § 75 Abs. 1 SGB VIII können als Träger der freien Jugendhilfe juristische Personen und Personenvereinigungen anerkannt werden, wenn sie

    • auf dem Gebiet der Jugendhilfe i.S.d. § 1 SGB VIII tätig sind,

    • gemeinnützige Ziele verfolgen,

    • auf Grund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande sind, und

    • die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten.

    Einen Anspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe hat unter den o.g. Voraussetzungen, wer auf dem Gebiet der Jugendhilfe mindestens drei Jahre tätig gewesen ist (§ 75 Abs. 2 SGB VIII);

  • nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa UStG

    Einrichtungen mit Erlaubnis nach SGB VIII (Abschn. 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a UStAE).

    Es handelt sich dabei um die Erlaubnistatbestände des

    • § 43 SGB VIII: Erlaubnis zur Kindertagespflege.

    • § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII: Erlaubnis zur Vollzeitpflege.

      Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis.

    • § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII: Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung.

      Der Träger einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis.

    Nach dem BMF-Schreiben vom 29.3.2012 (BStBl I 2012, 483) und Abschn. 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a Sätze 3 und 4 UStAE gilt die Betriebserlaubnis, die einer Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII erteilt wurde, auch für Unternehmer, die in deren Auftrag eine sonstige Wohnform betreiben, in der Kinder oder Jugendliche betreut werden oder Unterkunft erhalten. Voraussetzung hierfür ist zum einen, dass die sonstige Wohnform organisatorisch mit dieser Jugendhilfeeinrichtung verbunden ist und als Teil dieser Einrichtung gilt (§ 48a Abs. 2 SGB VIII). Zum anderen muss der Unternehmer, der die sonstige Wohnform betreibt, in der Betriebserlaubnis der Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII ausdrücklich aufgeführt sein. Das gilt auch bei einem Betreuerwechsel, wenn die zuständige Behörde bescheinigt, dass die Einrichtung ihrer Anzeigepflicht nachgekommen ist und der Betreiber einer sonstigen Wohnform die für die Tätigkeit notwendige Eignung besitzt.

    Ein Unternehmer, der eine sonstige Wohnform i.S.d. § 48a Abs. 1 SGB VIII betreibt, ohne dass diese organisatorisch mit einer anderen Einrichtung verbunden ist, bedarf für die Erlangung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 UStG einer eigenen Erlaubnis.

    Nach dem BMF-Schreiben vom 8.7.2013 (BStBl I 2013, 860) und Abschn. 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a Satz 5 UStAE gilt die Betriebserlaubnis, die dem Träger einer Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII erteilt wurde, auch für Unternehmer, die von diesem Träger mit der pädagogischen Leitung dieser Einrichtung beauftragt wurden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unternehmer, der mit der pädagogischen Leitung beauftragt wurde, in der Betriebserlaubnis des Trägers der Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII ausdrücklich namentlich aufgeführt ist. Das gilt auch bei einem Wechsel des pädagogischen Leiters, wenn die zuständige Behörde bescheinigt, dass die Einrichtung ihrer Anzeigepflicht nachgekommen ist und der Unternehmer, der mit der pädagogischen Leitung beauftragt wurde, die für die Tätigkeit notwendige Eignung besitzt.

    Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann ein Unternehmer, der mit der pädagogischen Leitung einer Jugendhilfeeinrichtung beauftragt wurde, weiterhin als andere Einrichtung mit sozialem Charakter nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG anerkannt werden, sofern seine Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum über-wiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. a UStG vergütet wurden. In der Regel liegen die Voraussetzungen vor, wenn der Träger der Jugendhilfeeinrichtungen, dem gegenüber der Unternehmer seine Leistungen erbringt, als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt ist.

    Einrichtungen, die der Erlaubnis nach dem SGB VIII nicht bedürfen (§ 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa Alt. 2 UStG; Abschn. 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b UStAE).

    Es handelt sich dabei um folgende Fälle:

    • § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII: Erlaubnisfreie Vollzeitpflege.

    • § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII: Erlaubnisfreier Betrieb bestimmter Jugendeinrichtungen;

  • nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG

    Einrichtungen, die Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kj. ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe und Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts (also Einrichtungen i.S.d. § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. a UStG) vergütet wurden (s. Abschn. 4.25.1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c UStAE).

    Durch § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG werden Leistende über die Einrichtung, die sie vergütet, begünstigt. In diesen Fällen werden somit auch Subunternehmer in den Kreis der begünstigten Personen aufgenommen.

    Der BFH hat mit Urteil vom 22.6.2016 (V R 46/15, BFH/NV 2016, 1530, LEXinform 0950616) zur richtlinienkonformen Auslegung von § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung entschieden, dass eine Vergütung durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch bei einer nur mittelbaren Kostentragung vorliegt (Rz 51). Das bedeutet aber nicht, dass jede nur mittelbare Kostentragung ausreicht, um die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu erfüllen. Denn nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG muss es sich um Leistungen handeln, die »vergütet worden sind«. Dies setzt zumindest voraus, dass der zuständige Träger (hier: der Sozialhilfe) die an einen anderen Unternehmer im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe erbrachten Leistungen kennt und die Kosten hierfür, wenn auch mittelbar, tragen will.

    Vergütet der Kostenträger dagegen nicht Leistungen des Subunternehmers, sondern lediglich Leistungen des Leistungserbringers, werden die Leistungen des Subunternehmers gerade nicht, von einem dort näher bezeichneten Träger vergütet. Es bleiben dann lediglich Leistungen an den Leistungserbringer (Auftraggeber), die dieser vergütet (s.a. BFH vom 30.11.2016, V R 10/16, BFH/NV 2017, 627, LEXinform 0950864);

  • nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc UStG

    Nach § 23 Abs. 3 SGB VIII geeignete Einrichtungen der Kindertagespflege

    Durch Art. 7 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014 (BGBl I 2014, 1266) wurde der Verweis in § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc UStG zur Anerkennung einer begünstigten Kindertagespflegeperson im Nachgang zur Neufassung des § 24 SGB VIII im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG) geändert (BMF vom 8.12.2014, BStBl I 2014, 1619). Die Grundsätze sind auf Umsätze anzuwenden, die von Einrichtungen erbracht werden, für die nach dem 30.7.2014 aufgrund ihrer Eignung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII als Tagespflegeperson die Möglichkeit der Vermittlung besteht. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn sich ein Unternehmer für Umsätze, die nach dem 31.7.2013 erbracht werden, auf die Grundsätze dieses Schreibens beruft, sofern für ihn im Zeitpunkt des Umsatzes aufgrund seiner Eignung nach § 23 Absatz 3 SGB VIII die Möglichkeit der Vermittlung bestand.

    Leistungen der Jugendhilfe sind steuerfrei, wenn die Einrichtungen Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die die Einrichtungen nach § 23 Abs. 3 SGB VIII geeignet sind und auf Grund dessen nach § 24 i.V.m. § 23 Abs. 1 SGB VIII vermittelt werden können (§ 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc UStG; Abschn. 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 Buchst. d UStAE). Da der Befreiungstatbestand insoweit allein darauf abstellt, dass die Einrichtung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII als Tagespflegeperson geeignet ist, greift die Steuerbefreiung somit auch in den Fällen, in denen die Leistung »privat«, also ohne Vermittlung durch das Jugendamt, nachgefragt wird.

  • nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd UStG

    Einrichtungen, die Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Abs. 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Abs. 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.

Der Begriff »Einrichtungen« umfasst auch natürliche Personen.

8.3. Prüfungsschema

Mit Vfg. vom 12.2.2020 (S 7183 – 19 – St 181, UR 2020, 319, LEXinform 7012281) erläutert das LfSt Niedersachsen die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen der Jugendhilfe i.S.d. § 4 Nr. 25 UStG. S. dort das Prüfungsschema zur Anwendung des § 4 Nr. 25 Sätze 1 und 2 UStG.

9. Hilfeleistungen zur Bewältigung der Corona-Krise

Zur Förderung und Unterstützung des gesamtgesellschaftlichen Engagements bei der Hilfe für die von der Corona-Krise Betroffenen hat die Verwaltung die in Katastrophenfällen häufig getroffenen Erleichterungen und Billigkeitsregelungen für den Spendenabzug (z.B. vereinfachter Spendenabzug nach § 50 EStDV) und für das Gemeinnützigkeitsrecht (z.B. Spendenaktionen von steuerbegünstigten Körperschaften zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene, Hilfsleistungen zur Bewältigung der Corona-Krise) getroffen. S. dazu die BMF-Schreiben vom

  • 9.4.2020 (BStBl I 2020, 498, hier unter Tz. VII u.a. zu den eng verbunden Umsätzen nach § 4 Nr. 16 UStG). Die dort genannten Erleichterungen gelten für Unterstützungsmaßnahmen, die vom 1.3.2020 bis längstens 31.12.2020 durchgeführt werden;

  • 26.5.2020 (BStBl I 2020, 543) zur Aufstockung von Kurzarbeitergeld und Fortsetzung der Zahlung von Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale und

  • 18.12.2020 (BStBl I 2021, 57). Hier werden die Hilfeleistungen unter Tz. VII des BMF-Schreibens vom 9.4.2020 (BStBl I 2020, 498) neu gefasst sowie die zeitliche Begrenzung über den 31.12.2020 hinaus für alle Maßnahmen, die bis zum 31.12.2021 durchgeführt werden, erweitert.

Die Hilfeleistung zur Bewältigung der Corona-Krise ist im BMF-Schreiben vom 18.12.2020 (BStBl I 2021, 57) unter Tz. VII wie folgt geregelt:

Die umsatzsteuerbaren Überlassungen von Sachmitteln und Räumen sowie von ArbN sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14, 16, 18, 23 und 25 UStG als eng verbundene Umsätze der steuerbegünstigten Einrichtungen untereinander umsatzsteuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt nur für die Überlassung zwischen Einrichtungen, deren Umsätze nach der gleichen Vorschrift steuerbefreit sind, also z.B. für Überlassungen zwischen den in § 4 Nr. 16 UStG genannten Einrichtungen. Für die Anwendung der genannten Umsatzsteuerbefreiungen ist eine Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung nicht erforderlich.

Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insbes. Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste, Pflege- und Sozialdienste, Alters- und Pflegeheime sowie weitere öffentliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen.

Beabsichtigt ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die unentgeltliche Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insbes. Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdiensten, Pflege- und Sozialdiensten, Alters- und Pflegeheimen sowie weiteren öffentlichen Institutionen wie Polizei und Feuerwehr zu verwenden, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG im Billigkeitswege entgegen Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE zu berücksichtigen. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nach dem vorangegangenen Absatz im Billigkeitswege nicht besteuert.

10. Literaturhinweise

Gragert, Besteuerung von Tagespflegepersonen, NWB 2009, 1827; Gragert, Kindervollzeitpflege, NWB 2011, 2120; Lippert, Gewinnermittlung bei Einkünften aus Aufnahme von Heimkindern i.S.d. § 34 SGB VIII – Praktische und steuerrechtliche Probleme bei der Erstellung der Gewinnermittlung, DStR 2011, 300; Gragert, Das neue Anwendungsschreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung der Kindertagespflege, NWB 51/2016, 3850; Thönnes u.a., Die selbständig tätige Kindertagespflegeperson (Tagesmutter) – Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte der Tätigkeit im Überblick. NWB 42/2019, 3081; Michel, Die Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen im Sozialbereich, UR 15/16, 2020, 601.

11. Verwandte Lexikonartikel

Betreuungsleistungen

Pflegekind

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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