13.11.2014 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 2 Min.

Rosetta: Steuerverschwendung durch Unterlassung

Der 12. November 2014 war ein historischer Tag. Das erste Mal in der Geschichte der Raumfahrt ist ein von Menschen gebautes Objekt auf einem Kometen gelandet. 500 Millionen Kilometer von unserer Erde entfernt, nach einer 10-jährigen Reise, setzte ein Kühlschrank-großes Minilabor namens „Philae“ auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko, kurz Tschuri, auf und bohrte sich mittels Schrauben in der Oberfläche fest. Sieben Stunden zuvor wurde es vom Mutterschiff Rosetta ausgeklinkt, um allein der Schwerkraft überlassen seinen Weg zu dem nur knapp 4 km durchmessenden Kometen zu finden. Wissenschaftler vergleichen dieses Ereignis mit der Bedeutung der ersten Mondlandung vor 45 Jahren. Und gelungen ist dies der ESA, der europäischen Raumfahrtorganisation, unter beträchtlicher Beteiligung Deutschlands. Das Kontrollzentrum etwa steht in Darmstadt.

Was, Sie haben davon gar nichts mitbekommen? Seien Sie unbesorgt: Sie sind in guter Gesellschaft. Zu dem denkwürdigen Ereignis, das alleine Deutschland 300 Millionen Euro gekostet hat und als Steuerverschwendung gilt, war als höchster politischer Repräsentant lediglich der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier zugegen, der eine offensichtlich spontane Glückwunschrede in einem Deutsch/Englisch-Gemisch hielt. Brigitte Zypries, ihres Zeichens Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und „Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt“, war nicht einmal anwesend, sondern ließ sich durch eine offensichtlich vorher aufgezeichnete Videobotschaft vertreten. Wahrscheinlich war sie in ihrem Wahlkreis unabkömmlich, dort müssen so wichtige Initiativen wie das Darmstädter Fanprojekt des SV98 umsorgt werden.

300 Millionen Steuerverschwendung

Für mich ist das alles ein großer Skandal. Ein Fall von Verschwendung von Steuern in exorbitanter Höhe. Nein, damit meine ich nicht die grundsätzliche Beteiligung Deutschlands an internationalen Raumfahrtprojekten der ESA – wie eben dieser Rosetta-Mission. Ganz im Gegenteil. Das Projekt ist ein herausragendes Beispiel, wozu wir in Europa mit unserer ganz eigenen föderalen Struktur fähig sind, wozu wir als Menschen fähig sind, wenn wir politische, sprachliche (Rosetta. Klingelts?) und kulturelle Grenzen überwinden und an einem gemeinsamen friedlichen Ziel arbeiten.

Die Wahlbeteiligung bei der jüngsten Europawahl lag trotz der amerikanisch geprägten Fokussierung auf Personen bei erschütternd niedrigen 43%. Darüber beklagen sich Politiker gerne und häufig. Aber wo war Angela Merkel, die nicht ganz so geheime Anführerin Europas, bei diesem herausragenden Ereignis und Symbol europäischer Zusammenarbeit? Wo war die politische Führung der EU, wo war der neu gewählte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dessen oberste Priorität angeblich der Aufbau einer europäischen Wissensgesellschaft ist?

Die deutschen Steuergelder in Höhe von 300 Millionen Euro, die in dieses Projekt geflossen sind, mögen dank neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht vergeblich gewesen sein. Politisch sind sie jedoch vergeudet. Die Mondlandung war in den 60er Jahren des vergangenen Jahrtausends noch ein präsidiales Projekt, das einer ganzen Nation, wenn nicht der ganzen westlichen Welt in politisch angespannten Zeiten ein friedliches Ziel gegeben hat. Im Jahre 2014 verlieren sich Politiker aller Parteien und Nationen in kleinstaatlichem Gezänk, während Wissenschaftler Großtaten vollbringen. Ich nenne das Steuerverschwendung durch Unterlassung.


Kommentar schreiben (* Pflichtfelder)