Künstliche Befruchtung: Kosten sind bei der Steuer absetzbar
Den Wunsch nach einem Kind können sich viele Frauen nicht auf natürlichem Weg erfüllen. Dank künstlicher Befruchtung gibt es aber doch noch die Chance auf ein eigenes Baby. Ganz billig ist das aber nicht. Die Krankenkassen übernehmen das in der Regel nur, wenn die Frau verheiratet ist – und dann auch oft nur die Hälfte.
Die spannende Frage: Lassen sich die privat getragenen Kosten bei einer künstlichen Befruchtung dann wenigstens noch von der Steuer absetzen? Und wenn ja, wie funktioniert das? Ein aktuelles Urteil wird uns dabei auf die richtige Spur bringen.
Der Fall vor Gericht
Es geht um eine nicht verheiratete Frau, die im Jahr 2017 40 Jahre alt wurde – und 12.246 Euro als Ausgaben für eine Kinderwunschbehandlung (inklusive Samenspende) zahlte. Diese Summe wollte sie als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen. Was diese „Belastung“ genau bedeutet, erklären wir später.
Das Finanzamt lehnte das Absetzen aber ab – die Frau legte Einspruch ein. Daraufhin forderte das Amt eine ärztliche Bescheinigung, dass es sich um eine krankheitsbedingte Unfruchtbarkeit handelt. Das erledigte die Frau. Das Finanzamt wies zudem darauf hin, dass ein Absetzen der Kosten nur möglich sei, wenn die Frau in einer „gefestigten Partnerschaft“ leben würde. Und genau das wollte die Frau nicht sagen, weil es ein Eingriff in ihre Privatsphäre sei.
Damit verschlechterte sich ihre Position aber deutlich, denn das Finanzamt schien alle Trümpfe in der Hand zu haben. Besser gesagt einen: ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. VI R 47/15). Die höchsten Finanzrichter hatten 2017 entschieden, dass die Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nur dann als außergewöhnliche Belastungen anerkannt wird, wenn die Frau in einer „festen Beziehung beziehungsweise festgeführten Partnerschaft“ leben würde.
Das überraschende Urteil – und die überraschende Begründung
Letztlich trafen sich die streitenden Parteien (Finanzamt und die Frau) vor dem Finanzgericht Münster. Dort entschieden die Richter zugunsten der Frau (Az. 1 K 3722/18 E). Sie darf die Kosten in Höhe von 12.246 Euro (künstliche Befruchtung plus Samenspende) in der Steuererklärung absetzen.
Und warum? Das sind kurz zusammengefasst die Gründe:
- Die Unfruchtbarkeit habe nichts mit dem Alter der Frau (40) zu tun. Heutzutage seien Schwangerschaften in diesem Alter nichts Ungewöhnliches mehr.
- Der Familienstand ist unerheblich, befanden die Richter. Die Behandlung wurde mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen. Und im entsprechenden Bundesland sehen diese auch künstliche Befruchtungen für alleinstehende Frauen vor.
- Die Zwangslage unfruchtbarer Frauen wird nicht durch Ehe oder Partnerschaft hervorgerufen – sondern durch die Krankheit. Und zu guter Letzt: Kinder alleinerziehender Eltern sind in ihrer Entwicklung nicht beeinträchtigt. (Die Frau hat auch noch argumentiert, dass sich der Familienstand ja generell auch nach der Geburt ändern kann.)
Nun, ganz endgültig ist das Urteil aber noch nicht. Denn das Finanzgericht ließ in seinem Urteil auch eine Revision zu.
Wie viele Steuern wird die Frau damit sparen?
Das lässt sich leider nicht genau beziffern, da wir nicht wissen, wie hoch das zu versteuernde Einkommen der Frau im betreffenden Jahr war. Generell gilt: Bei außergewöhnlichen Belastungen greift die Steuerersparnis immer erst ab einer zumutbaren Belastung. Vereinfacht gesagt: ein bisschen außergewöhnliche Belastung ist jedem zumutbar. Die Höhe hängt dabei ab vom Familienstand, dem Einkommen und der Zahl der Kinder.
Wenn unsere Frau zum Beispiel 40.000 Euro brutto hätte, wäre ihre zumutbare Belastung 2.246 Euro. Von ihrem zu versteuernden Einkommen würden deshalb genau 10.000 Euro (12.246 Euro Behandlungskosten – 2.246 Euro zumutbare Belastung) abgezogen. Die Steuerersparnis dürfte dann zwischen 2.000 und 3.000 Euro liegen.
Wenn Sie mehr zur zumutbaren Belastung wissen wollen, hier ist der passende Link.
Was bedeutet das konkret für mich?
Wer aus medizinischen Gründen keine Kinder bekommen kann, darf die entstehenden Kosten (also die, die die Krankenkasse nicht zahlt) als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen. Bei Frauen in einer festen Beziehung oder in einer Ehe galt das bisher schon, wer ohne Partner oder Partnerin lebt, hat nach dem Urteil des Finanzgerichts auch sehr gute Chancen dafür. Wenn Sie betroffen sind, unbedingt alle Belege sammeln – und dann die Steuererklärung mit unserer Online-Lösung smartsteuer machen. Da geht es besonders schnell und einfach.
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