23.09.2014 · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Eugens final Countdown oder: Steuerdeutsch

Seitdem ich bei smartsteuer arbeite, bin ich häufiger Gast auf Seiten, bei denen es sich ums liebe Geld und um unsere Steuern dreht. Anfangs kam ich mir vor wie Livingstone auf seinen Expeditionen ins Herz Afrikas oder wie Lewis oder Clark bei ihren Reisen durch das noch unerforschte Amerika: Ich war durchaus fasziniert, verstand aber eigentlich rein gar nichts.

Erst nach und nach begann sich eine ganz neue Welt vor meinen wissbegierigen Augen zu entfalten: Das deutsche Steuerrecht und seine ganz eigene Sprache. Ganz normale Steuerdeutsch-Sätze wie

„Die Anlaufhemmung
wird nach § 170 Abs. 6 AO (neu)
für die Steuern auf Kapitalerträge
hinausgeschoben auf den Zeitpunkt,
in der der Steuerpflichtige diese Erträge erklärt
oder diese Erträge der Finanzbehörde bekannt geworden sind,
spätestens jedoch nach 10 Jahren
nach Ablauf des Kalenderjahres,
in dem die Steuer entstanden ist,
wenn die Erträge aus außereuropäischen Staaten stammen
oder im automatisierten Datenaustausch
erfolgen.“

sorgten bei mir von Anfang an für freudiges Entzücken und belustigtes Kopfschütteln. War das Steuerberater-Poesie? Irgendwie hatte das was von Rilke und Hölderlin… Was sind das für Menschen, die sich solche Satzmonster ausdenken mussten? Sollte ich ihnen bei Gelegenheit einmal einen Topfkuchen vorbeibringen und ihnen meinen Trost aussprechen?

Wie gut, dass wir mit Stefan Heine einen ausgewiesenen Experten für dieses Thema im Hause haben. Immer wieder quäle ich ihn mit Fragen wie „Wieso Werbungskosten? Ich werbe doch gar nicht?“ oder „Was ist eigentlich mit einem Schuldzinsenabzug bei Überentnahmen gemeint?“. Wissen Sie’s?

Stefan ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, kurz: mein persönlicher Übersetzer fürs Steuerdeutsch. Wie wichtig gerade diese „Übersetzer-Funktion“ ist, wurde mir wieder einmal klar, als einige Steuer-Newsletter in mein digitales Postfach flatterten und mir viele wundersame Neuigkeiten verkündeten. Besonders eine Meldung fiel mir ins Auge: „FG Köln fordert EuGH zur Definition finaler Verluste auf“.

koelnIch hielt ob dieser Nachricht einen Moment lang nachdenklich inne. Ich gebe zu: Im ersten Moment hatte ich unbewusst FC Köln statt FG Köln gelesen und das Ganze als Drohgebärde gegenüber einem Bundesliga-Konkurrenten verstanden.

Auch hatte ich zunächst nicht EuGH, sondern Eugen gelesen und mich gefragt, wer wohl dieser arme Teufel sei, der nun seine finalen Verluste definieren sollte. Mir fiel auf Anhieb nur Eugen Roth ein, ein leider bereits verstorbener deutscher Schriftsteller und Dichter, der durch Reime wie

„Zwei Dinge trüben sich beim Kranken:
a) der Urin b) die Gedanken.“

bekannt geworden war.

Der aber konnte es nicht sein, hatte er seinen finalen Verlust doch bereits hinter sich. Und was hatte das Ganze mit dem einzigen Hit der Rockgruppe Europe zu tun? Ich muss nämlich gestehen, dass ich ganz kurz auch eine Verkettung gleich mehrerer fehlgelesener Begriffe vor Augen hatte: Der FC Köln fordert Eugen Roth auf, „Final Countdown“ zu singen. Oder so ähnlich.

Aber natürlich hatte der Newsletter-Beitrag weder mit Fußball, noch mit hehrer Dichtkunst oder schnöden Popsongs zu tun. Allerdings fragte ich mich – nachdem ich meinen Blick geschärft und alles noch einmal gelesen hatte – wer eigentlich eine solche Überschrift auf Anhieb versteht. Neugierig geworden, rief ich den Artikel auf. Jetzt wollte ich wissen, um was es da ging.

Eins wurde schnell klar: Es handelte sich um irgendein Gerichtsverfahren vor einem Luxemburger Gerichtshof. Aber schon bei der Frage, wer da gegen wen klagt, stieß ich wieder an meine Grenzen:

„Klägerin ist die deutsche Tochtergesellschaft
eines französischen Konzerns,
die im Streitjahr 2005
ihre österreichische Betriebsstätte
an ihre ebenfalls

in Österreich ansässige
Schwestergesellschaft
veräußert hatte.“

Wer hatte da wen in Luxemburg verklagt: die deutsche Tochter eines Franzosen ihre österreichische Schwester? Das klang nach recht komplizierten Familienverhältnissen. Auweia. Wollte ich wirklich wissen, um was es da ging? Hm.

Etwas resigniert überflog ich den weiteren Artikel nur noch. Ich nahm den sicherlich erhellend gemeinten Satz

„Hintergrund der Vorlage sind insoweit
die gegenläufigen Entscheidungen
in den EuGH-Verfahren
„K“ (C-322/11) und „A Oy“ (C-123/11) …“

mit einem finalen (gegenläufigen?) Seufzer zur Kenntnis und fragte mich noch ganz kurz, für wie viele Leser diese Neuigkeit wohl wirklich interessant sein mochte. So nach dem Motto: „Du, Herrmann! Nu guck Dir das an: Das FG Köln wieder! Also die geben ja einfach keine Ruhe…!“.

Damit Sie mich richtig verstehen: Ganz bestimmt geht es da um wichtige Dinge und ganz bestimmt ist es richtig und gut, dass sich der Luxemburger Gerichtshof mit diesem Thema beschäftigt.

Aber ich will ehrlich sein: Mir wäre es einfach lieber, man würde endlich ein wirksames Mittel gegen Schnupfen entwickeln. Oder Kartoffelchips, die nicht dick machen. Oder ein Steuerdeutsch, das jeder versteht. Ach ja, ich weiß: Das gibt’s ja schon. Bei smartsteuer.

Ein Glück.

P.S.: Das Video zum Blog-Beitrag


Kommentar schreiben (* Pflichtfelder)