Zinswende 2022: Das passiert mit Ihrem Geld
Die Rohstoffe sind knapp, Lieferketten funktionieren nicht mehr und Energie wird immer teurer. Selbst Alltagsprodukte und Lebensmittel haben inzwischen neue Rekordpreise erreicht. Kurz gesagt: Die Inflation ist in vollem Gange. Damit die Verteuerung nicht aus dem Ruder läuft, hat die Europäische Zentralbank (EZB) jetzt zum ersten Mal seit elf Jahren wieder die Zinsen erhöht. Und zwar stärker als erwartet um 0,5 %! Die Zinswende ist da.
Oh, heißt das, die Inflationsrate geht wieder zurück? Und was passiert eigentlich mit meinem Geld?
Zinswende: Von Negativzinsen auf Null
Seit 2011 liegt der Leitzins bei 0 % und für Einlagen gab es sogar Negativzinsen. Das heißt ganz einfach, dass Banken draufzahlen mussten, wenn sie Geld bei der EZB eingelagert haben. Und weil Banken ja eben auch keinen Verlust machen wollen, haben sie diese Kosten als „Verwahrentgelt“ an Sparende mit größeren Summen auf dem Konto weitergegeben. Weil die Inflationsrate immer weiter steigt – und im Juni sogar über 8 % betrug – sah sich die Notenbank des Euroraums jetzt gezwungen, etwas zu unternehmen. Lange wurde diskutiert. Nach der aktuellen geldpolitischen Sitzungen gab EZB Präsidentin Christine Lagarde Bescheid: Die Zinsen steigen um 0,5 %!
Können höhere Zinsen die Inflation eindämmen?
Klar, Maßnahmen wie das 9 €-Ticket oder der Tankrabatt senken die finanzielle Belastung für Einzelne erstmal. Langfristig sind das aber eher Pflaster auf einem gebrochenen Bein und tragen nur oberflächlich zur Heilung bei. Ist das jetzt mit der Erhöhung des Leitzinses durch die EZB anders?
Ja und Nein. Höhere Zinsen auf Kredite bremsen die Nachfrage und Verbraucherinnen und Verbraucher geben Geld nicht mehr so schnell aus. Aber Achtung, hier lauert auch die Gefahr. Sie ahnen es schon: Weniger Umsatz kann auch die Wirtschaft in eine Krise führen (das nennt sich dann Rezession). Diese Entscheidung für die Zinswende war also ein echter Drahtseilakt. Laut Lagarde wird es im Laufe der nächsten Monate zu weiteren Erhöhungen kommen. Übrigens, bis der Effekt der Zinserhöhung auch bei den Preisen spürbar ist, dauert es laut Finanzexperten rund ein Jahr.
Was bedeutet die Zinswende fürs Sparen?
Wenn Sie wie ich noch Geld auf einem Spar- oder Tagesgeldkonto haben, dann sind die Zinserhöhungen langfristig gute Nachrichten für Sie. Die ersten Banken haben nach der jüngsten Entscheidung schon angekündigt, die Verwahrentgelte zum August aufzuheben. Aber freuen Sie sich nicht zu früh, denn bis die meisten Sparerinnen und Sparer merkbare Zinsen bekommen, dürfte es noch etwas dauern. Auch sollten Sie Ihr Geld nicht direkt als Festgeld anlegen. Denn selbst wenn jetzt teilweise schon wieder 1,5 % Zinsen locken, gilt: Der Nominalzins ist nicht der Realzins! Die Höhe der Zinsen auf dem Papier (Nominalzins) muss immer mit der aktuellen Inflationsrate abgeglichen werden. Daraus ergibt sich dann der tatsächliche Zins (Realzins).
Ein Rechenbeispiel: Sie legen 30.000 € mit 1,5 % Zinsen pro Jahr an. Das sind nach drei Jahren rund 31.370 €. Die Inflation beträgt (in unserem Beispiel) aber 6 %. Der Wert des Geldes schrumpft also um diesen Satz. Dann sind 31.370 € nach drei Jahren nur noch 26.300 € wert.
Wenn Sie jetzt noch daran denken, dass die EZB-Präsidentin weitere Zinserhöhungen angekündigt hat, dann lohnt es sich wohl, noch etwas zu warten. Und gleichzeitig die Inflationsrate im Auge zu haben und gegenzurechnen, natürlich. Vorerst wird der Wert Ihres eisern Ersparten leider weiter abnehmen.
Was bedeutet das konkret für mich?
Während sich Sparende freuen, fluchen Kreditnehmende. Vor allem, wenn in den nächsten Jahren eine Umschuldung angesagt ist, sollten Sie sich rechtzeitig informieren. Vorsicht, nicht nur große Kredite sind von der Zinserhöhung betroffen. Vermeiden Sie deshalb – wenn möglich – unbedingt Ratenkäufe, und sei es auch nur für den neuen Fernseher. Denn sonst müssen Sie beim Preis wahrscheinlich drauflegen. Ach ja, wie Sie mit betrieblichen Kreditzinsen bei der Steuererklärung umgehen, lesen Sie in unserem Steuertipp zu Kreditzinsen.
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