01.09.2015 · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Die Steuererklärung: 10 Irrtümer, die Sie auch schon gemacht haben…! (Serie, Teil1)

»Das kriegst Du alles von der Steuer zurück!« oder »Mach ruhig, kannst Du alles absetzen!«: Beteuerungen, denen man allzu gerne Glauben schenkt. Aber wenn dann der Tag der Wahrheit, sprich: der Steuerbescheid, gekommen ist, dann ist die Ernüchterung manchmal groß.

In dieser Serie möchte ich einige hartnäckige Irrtümer aufklären und mit ein paar Klischees aufräumen. Damit sind eventuell auch Enttäuschungen vorprogrammiert, denn im smartsteuer-Support hören wir immer wieder den gleichen traurigen Spruch: »Ich dachte, das geht….?«.

Ich versuche einmal, ein wenig Licht in das Dunkel der Steuererklärung zu bringen. Und wir beginnen mit einem der »schwammigsten« Begriffe überhaupt: mit den Werbungskosten.

Werbungskosten = Erstattung?

Richtig ist: Die Höhe der Werbungskosten wirkt sich auf die Höhe der Erstattung bzw. der Nachzahlung aus. Falsch ist: Die Werbungskosten werden 1:1 erstattet und zurückgezahlt. Im Folgenden zeige ich auf, welche Zahlen die Basis für die Berechnungen bilden. Und keine Sorge: Sie brauchen sich diese Berechnungswege nicht zu merken. Das übernimmt dann das smartsteuer-Programm für Sie.

Die erste und wichtigste Grundlage für die Höhe von Erstattung oder Nachzahlung sind die Einkünfte. Achtung: Gemeint ist dabei nicht Ihr Brutto-Einkommen. Das ist auch gut so, denn sonst könnte man es auf die kurze Formel bringen: Je höher die Einkünfte, desto mehr Steuern müssen Sie zahlen. Das ist – glücklicherweise – nicht richtig. Vielmehr kommt es darauf an, welche Einkünfte wirklich bei Ihnen »hängen blieben«. Deshalb werden die steuerlich relevanten Einnahmen um einige der Ausgaben, die Sie hatten, reduziert.

Schauen wir uns anhand eines Beispiels einmal an, wie sich Ihre Einkünfte im Rahmen einer Steuererklärung nach und nach zum letztlich wirklich wichtigen »zu versteuernden Einkommen« entwickeln.

Die Einkünfte: Weniger ist mehr

Setzen wir zunächst einmal Ihr gesamtes Bruttoeinkommen für das vergangene Jahr auf

30.000 Euro

fest. Wir wissen beide, dass die Summe nie auf Ihrem Konto gelandet ist. Aber dieser Betrag ist die Grundlage für alle folgenden Berechnungen.
Kommen wir zu den Werbungskosten. Übrigens: Der Begriff »Werbungskosten« hat natürlich nichts mit Werbung zu tun. Vielmehr geht er auf eine Definition zurück, bei der von den »Kosten zur Erwerbung von Einnahmen« die Rede war. Nehmen wir also an, Sie hatten Kosten für die Fahrt zur Arbeit in Höhe von insgesamt 800 Euro. Die werden nun von Ihrem Brutto-Einkommen abgezogen. Es verbleiben:

29.200 Euro

Weiter wollen Sie Fortbildungskosten geltend machen, in Höhe von 1.500 Euro. Bleiben:

27.700 Euro

Übrigens: Es gibt eine Werbungskosten-Pauschale von 1.000 Euro (bis 2021; ab 2022: 1.200 Euro; ab 2023: 1.230 Euro). Die bekommt jeder Arbeitnehmer ohne einen Nachweis angerechnet. Werbungskosten einzeln zu erfassen lohnt sich also erst, wenn die Summe der Werbungskosten diese Pauschale übersteigt.

Zu den weiteren Abzügen zählen Sonderausgaben. Das sind beispielsweise einige Versicherungen, die Kirchensteuer und außergewöhnlichen Belastungen, beispielsweise sehr hohe Krankheitskosten. In unserem Beispiel summieren sich diese Ausgaben auf insgesamt 4.300 Euro. Welche Beträge im Detail angesetzt werden, das richtet sich nach den aktuell geltenden Steuerrichtlinien und Gesetzen.

Wir ersparen uns hier das Jonglieren mit allzu viel Zahlen und vertrauen einmal darauf, dass smartsteuer genau die Summen ansetzt, die vom Finanzamt akzeptiert werden. Wir haben jetzt alle in Frage kommenden Abzüge (und es gibt wirklich viele …) ausgeschöpft. Damit landen wir beim zu versteuernden Einkommen:

23.400 Euro

Nur daraus wird die Steuer für das jeweilige Jahr errechnet. Die genaue Berechnung der tariflichen Einkommensteuer lassen wir an dieser Stelle aus, denn die ist wirklich komplex. Wer möchte und Formeln mag, der kann gern nachlesen unter §32a EStG.

Für unser Beispiel setzen wir die Einkommensteuer einmal auf insgesamt 3.500 Euro fest. Die müssten Sie dem Finanzamt überweisen. Wenn nicht … das Geld zum größten Teil längst beim Finanzamt angekommen wäre.

Das Gute an der traurigen Tatsache, dass vom Brutto immer so wenig Netto übrig bleibt, ist nämlich, dass Sie jeden Monat bereits einen Großteil Ihrer Steuern abführen.

Von der Steuer absetzen: wieviel bekommt man zurück

Kommen wir zum wichtigsten Teil: der Berechnung von Erstattung oder Nachzahlung! Wie gerade festgestellt, hat Vater Staat Ihnen gegenüber einen Anspruch auf 3.500 Euro Steuern. Übers Jahr wurden Ihnen aber bereits 3.900 Euro vom Brutto abgezogen. Die Differenz beträgt:

400 Euro

Und das zu Ihren Gunsten! Denn waren Ihre Vorauszahlungen – wie in unserem Beispiel – insgesamt höher als die errechnete Steuer, bekommen Sie eine Erstattung. Waren Ihre Vorauszahlungen niedriger, hätten Sie jetzt die Differenz an das Finanzamt zahlen müssen.

Fazit: Immerhin!

Dies ist natürlich nur ein vereinfacht dargestelltes Beispiel. Aber ich hoffe, folgendes ist klar geworden: Werbungskosten erhöhen zwar nicht direkt die Erstattung/Nachzahlung. Aber sie bewirken immerhin, dass das zu versteuernde Einkommen geringer wird. Die Werbungskosten werden also nie 1:1 erstattet, haben aber einen indirekten Effekt auf die Steuererstattung (oder Nachzahlung).

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Dani sagt:

    Super geschrieben und erklärt! Logischer, einfacher und kürzer geht’s glaub ich kaum. Toll 🙂

  • Avatar Bianca sagt:

    Super geschrieben und erklärt. Vielen Dank dafür!!

  • Avatar EM sagt:

    Hallo Frau Bunte,
    alles sehr schön erklärt. Eine Frage hätte ich aber noch. Hat die Höhe der Werbungskosten aus dem Vorjahr einen Einfluss auf die möglichen Werbungskosten im Folgejahr? Gibt es hier eine Verbindung oder etwas zu beachten?
    Schöne Grüße
    EM

  • Stefan Heine Stefan Heine sagt:

    Hallo Herr Meyer,

    die Werbungskosten aus dem Vorjahr stehen in keinem Zusammenhang mit den Werbungskosten des Folgejahres.

  • Avatar Nik sagt:

    Hallo Frau Bunte,

    was bedeutet „Übers Jahr wurden Ihnen aber bereits 3.900 Euro vom Brutto abgezogen“ was ist das für einen Betrag? Und für was könnte noch 3900 Euro abgezogen werden?

    Mit freundlichen Grüßen

    Nik

  • Juliane Bunte Juliane Bunte sagt:

    Dieser Betrag ist die vom Arbeitslohn abgezogene Lohnsteuer.

  • Avatar Wolfgang sagt:

    Wie ist das bei Saisonaltätigkeiten? Wenn man z.B. acht Monate im Jahr lohnsteuerpflichtig arbeitet? Kann man da dennoch den vollen Betrag von 1.000€ absetzen oder nur anteilig 8/12 ? Danke !

  • Juliane Bunte Juliane Bunte sagt:

    Eine anteilige Berücksichtigung des Werbungskostenpauschbetrag gibt es im Moment nicht. Man bekommt also auch wenn man nicht das ganze Jahr gearbeitet hat 1.000€ angerechnet.

  • Avatar HorstRIG sagt:

    Guten Tag, lieben Dank für die interessanten Einblicke.
    Dieser Artikel hat mich am meisten interessiert.

  • Avatar Cinzia sagt:

    wirklich gut geschrieben. Danke und Daumen hoch.

  • Avatar M P sagt:

    Hallo,

    werden die Fortbildungskosten auf die vom FA bereits pauschalen 1000 Euro Werbungskosten angerechnet oder kommen diese zusätzlich dazu?

    Bsp. 2000 Euro Fortbildung + 1000 Euro Werbungskosten = -3000 Euro (vom zu versteuernden Jahresgehalt)

    Danke vorab für die Info.

    MfG

  • Stefan Heine Stefan Heine sagt:

    Guten Morgen,
    die Pauschale wird nur berücksichtigt, wenn die tatsächlichen Kosten unter 1.000 Euro liegen. Bei Ihrem Beispiel werden hingegen nur die echten Kosten von 2.000 Euro angesetzt.

  • Avatar HSV sagt:

    Guter Artikel!

    Gelten die 1000 Euro Werbungskosten-Pauschale auch für den Ehepartner, der nicht arbeitet, sich aber bewirbt? Wenn dieser Bewerbungskosten in Höhe von 50 Euro hat, werden dann 50 Euro oder 1000 Euro Pauschale bei der Einkommenssteuer angerechnet?

  • Juliane Bunte Juliane Bunte sagt:

    Ohne Einkünfte werden die tatsächlichen Werbungskosten erfasst.

  • Avatar Sarantis sagt:

    Hallo,
    Wie ist es bei Beamten; ich bin seit Januar 2018 im Referendariat und mir wird direkt die Steuer abgezogen; habe allerdings Werbungskosten aus der Studienzeit für die Jahre 2012-2017 angesammelt.
    Wie müsste ich jetzt vorgehen?
    Vielen Dank

  • Stefan Heine Stefan Heine sagt:

    Guten Morgen,
    bei Beamten bestehen soweit keine Besonderheiten. Beachten Sie bitte: Nach dem sogenannten Zufluss-/Abfluss-Prinzip sind Einnahmen/Ausgaben dem Kalenderjahr steuerlich zuzuordnen, in denen sie zugeflossen sind bzw. geleistet wurden. Das Prinzip stellt auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Einnahme bzw. Ausgabe ab.

  • Avatar Nico sagt:

    Hallo,
    ich habe bereits öfter gelesen, dass das Finanzamt die Werbungskostenpauschale „automatisch“ anrechnet.
    Mir geht es in dem Fall explizit um die WK für nichtselbständige Einkünfte.
    Automatisch bedeutet in dem Fall aber doch nur, wenn ich auch eine Einkommensteuererklärung abgebe, oder? In dem Fall würde die Pauschale auch dann angerechnet werden, wenn ich keine WK hätte.

    Mache ich jedoch keine Einkommensteuererklärung, werden auch keine 1.000 € Pauschale bei der Lohnsteuer gegengerechnet. Habe ich das so richtig verstanden?

    Oder werden die 1.000 € automatisch bereits unterjährig bei den Abzügen der Lohnsteuer mit eingerechnet?

    Hoffe, meine Frage ist klar.
    Vielen lieben Dank,
    Nico

  • Juliane Bunte Juliane Bunte sagt:

    Der Werbungskostenpauschbetrag ist mit in der Lohnsteuerberechnung berücksichtigt.
    Deshalb gibt es bei weniger erfassten Werbungskosten auch meistens keine Erstattung.
    Erst, wenn der Pauschbetrag überschritten ist.

  • Avatar Rebecca sagt:

    Hallo,
    muss ich meine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen, wenn die zu erwartende Rückerstattung 0€ beträgt?

  • Juliane Bunte Juliane Bunte sagt:

    Das kommt darauf an. Wenn Sie zur Abgabe verpflichtet sind, sollten Sie die Erklärung unabhängig vom Ergebnis einreichen.

  • Avatar Betke sagt:

    Hallo Frau Bunte,
    ich hatte letztes Jahr auf dem Weg von der Arbeit nach Hause einen Unfall. Jetzt habe ich gelesen, dass, da das auf dem Arbeitsweg passiert ist, ich die Reparaturkosten als Werbungskosten absetzen kann. In welcher Höhe bekomme ich diese Kosten erstattet? Kann ich auch die Rechnung von einem Gutachter absetzen?
    Vielen Dank!
    Liebe Grüße
    Eugenia Betke

  • Juliane Bunte Juliane Bunte sagt:

    Man bekommt leider nicht die Kosten direkt erstattet.
    Wenn die Kosten als Werbungskosten anerkannt werden, mindern diese Ihr Einkommen.
    Die (Lohn)Steuer, die Sie bereits darauf gezahlt haben, kann dann in der Erklärung geringer ausfallen.
    So kann sich eine Steuererstattung ergeben.

  • Avatar Frank Grimes sagt:

    Danke für die vereinfachte und damit klar verständliche Darstellung!


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