22.09.2020 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Kummer mit der neuen Bürgernummer

Aktuell wird in Deutschland ja oft über Bürgerrechte und Überwachung diskutiert – was sich dann aber oft beim Protest gegen die Maskenpflicht erschöpft. Dabei plant die Politik gerade etwas, was tatsächlich Anlass zur Sorge gibt. Denn aus der Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) soll eine neue „Bürgernummer“ werden, für jede und jeden. Worum es genau geht, warum die Bürgernummer eingeführt wird und wo die Probleme und Gefahren liegen – Sie erfahren es hier.

Der Weg zu E-Government

Ich versuche es kurzzumachen: In Deutschland gibt es verschiedene Melderegister und viele weitere behördliche Datenbanken, die meist alle nichts miteinander zu tun haben. Die Bürger müssen deshalb zum Beispiel von Behörde zu Behörde laufen, wenn Sie verschiedene Dokumente für Ihr Anliegen brauchen. Denn online geht heutzutage kaum etwas.
Das soll sich nun endlich ändern, das Zauberwort lautet E-Government. Man stellt einen Antrag, und im Hintergrund (online) werden die erforderlichen Daten automatisch abgerufen und zusammengetragen. So etwas muss aber absolut sicher und eindeutig sein. 

Digitalisierung braucht Eindeutigkeit

Die Hauptfrage: Wie lässt sich gewährleisten, dass sich die Daten von Max Mustermann aus Behörde X abrufen lassen – und dass es auch noch die Daten vom richtigen Max Mustermann sind?
Denn so verschieden die Behörden sind, desto verschieden auch die Art und Weise der Datenspeicherung. Und vielleicht weiß Behörde X noch nicht, dass Max Mustermann mittlerweile umgezogen ist oder geheiratet hat… 

Steuer-ID als Lösung

Im Entwurf eines „Gesetzes zur Einführung einer Identifikationsnummer in die öffentliche Verwaltung“ soll die Steuer-ID die Rolle der eindeutigen Bürgernummer spielen. Klingt erstmal praktisch, denn die Steuer-ID hat jede deutsche Bürgerin und jeder deutsche Bürger schon, egal wie alt sie oder er ist. Es ist eine Zahl, die aus elf Ziffern besteht, Sie finden die Steuer-ID zum Beispiel auf Ihrem Steuerbescheid. Mehr Infos dazu finden Sie in diesem Blogartikel.
Die „Datenzentrale“ soll dann das Bundesverwaltungsamt sein – als „Registermodernisierungsbehörde“. Dort, so der Plan, werden die Daten der Steuer-ID beim Bundeszentralamt für Steuern automatisch abgerufen und an die entsprechende Behörde weitergeleitet. Das alles mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Klingt ja erstmal gar nicht so bedrohlich, eher vernünftig.

Heftige Kritik von Datenschützern

Der erste Kritikpunkt ist wohl, dass es schon bei der Einführung der Steuer-ID im Jahr 2008 datenschutzrechtliche Bedenken gab, denn schließlich war damit jeder eindeutig identifizierbar geworden. Die verfassungsrechtlichen Bedenken wurden aber zerstreut, weil es sich eben „nur“ um eine Nummer für die Steuerbehörden handelte.

Jetzt soll diese Steuer-ID aber die Basis für die neue, all übergreifende Bürgernummer bilden. Damit lassen sich trotz aller Sicherungsmaßnahmen recht einfach umfangreiche Persönlichkeitsprofile schaffen, Bürgerinnen und Bürger werden dadurch gläserner. Für den Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber bestehe deshalb die Gefahr einer „vollständigen Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit“. Er sieht datenschutz- und verfassungsrechtliche Bedenken, was schon den Weg zeigt: den Gang vors Bundesverfassungsgericht…

Fazit: Gibt es einen Ausweg?

Wir wissen nun: E-Government kann dem Bürger viele Vorteile bringen. Doch die Übernahme der Steuer-ID als Bürgernummer ist vor allem aus Datenschutzgründen mehr als kritisch. Der Datenschutzbeauftragte meckert aber nicht nur rum, er bringt auch einen konkreten Vorschlag. Es geht dabei um „bereichsspezifische Identitätskennzeichen“, auch „sektorspezifische Personenkennziffern“ genannt.
Das genau macht unser Nachbarland Österreich. Es gibt dort eine geheime Stammzahl, aus der eine Zentralstelle verschlüsselte „bereichsspezifische Nummern“ für die verschiedenen Behörden ermittelt. Der Vorteil: Aus diesen speziellen Nummern kann die Stammzahl nicht zurück errechnet werden. Ergo ist es wesentlich komplizierter, aus den verschiedenen Daten Profile zu erstellen. Und was Österreich kann, sollten wir doch auch hinbekommen, oder?

Hier können Sie sich noch einmal die Zusammenfassung anschauen:





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