19.07.2016 · Selbstständige · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Steuernachzahlung: das kann für Selbstständige eng werden

Ist es für Arbeitnehmer schon unangenehm, wenn Steuernachforderungen kommen, kann das für Selbstständige ans Eingemachte und damit an die Existenz gehen. Wir erklären, warum das so ist, geben Tipps, was man machen soll und wie sich eine solche Situation schon im Vorfeld kalkulieren lässt.

Warum ist eine Steuernachzahlung bei Selbstständigen so anders?

Zuletzt ging es hier ja darum, wann das Finanzamt noch nachträglich einen bestandskräftigen Steuerbescheid, etwa von Arbeitnehmern, abändern kann. Bei Selbstständigen geht es oft um ganz andere Probleme. Ihr Steuerbescheid ist in der Regel nie sofort bestandskräftig, er steht unter „dem Vorbehalt einer Nachprüfung“, die auch noch mehrere Jahre danach möglich ist. Aber darum soll es hier heute gar nicht gehen. Sondern: Einem Arbeitnehmer wird jeden Monat vom Lohn Steuer abgezogen, so dass am Jahresende meist schon mindestens so viel Steuer bezahlt worden ist, wie mit der Steuererklärung rauskommt. Selbstständige hingegen leisten bei der Einkommensteuer vierteljährliche Vorauszahlungen. Deren Höhe hängt meist davon ab, wie viel Steuern im letzten oder vorletzten Jahr gezahlt wurden. Und da bei Selbstständigen kaum ein Jahr dem anderen gleicht, kann es große Unterschiede geben. Besonders hart kann es da Neulinge treffen…

Beispiel eines Freiberuflers

Der Einfachheit halber schauen wir uns „nur“ einen Freiberufler an, der also nicht auch noch Gewerbesteuer zahlen muss. Auch die Umsatzsteuer lassen wir unbeachtet. Es reicht die Einkommensteuer…

  • Jahr 1: Die Geschäfte des Freiberuflers laufen erst an, er macht keinen riesigen Gewinn. Vorauszahlungen bei der Einkommensteuer muss er nicht leisten.
  • Jahr 2: Im Mai gibt der Freiberufler seine erste Steuererklärung ab. Im Juli kommt der Steuerbescheid. Er muss 1.000 Euro Einkommensteuer für Jahr 1 nachzahlen – und dementsprechend für das laufende Jahr 2 jeweils 250 Euro pro Quartal vorauszahlen. D.h. er zahlt im August die 1.000 Euro, dann im September 2 x 250 = 500 Euro (rückwirkend für das 1. und 2. Quartal) und im Dezember noch mal diese 500 Euro für das 3. und 4. Quartal. Verschmerzbar, da gleichzeitig seine Geschäfte jetzt viel besser laufen, denn er hat in Jahr 2 gleich drei lukrative Aufträge gewonnen.
  • Jahr 3: Der Selbstständige gönnt sich gleich zu Jahresanfang einen größeren und teuren Urlaub nach den Anstrengungen im Vorjahr. Danach laufen die Geschäfte nur schleppend wieder an. Er gibt wieder im Mai seine Steuererklärung für Jahr 2 ab – er ahnt zwar schon, dass er was nachzahlen muss, aber dann kommt im Hochsommer der Steuerbescheid. Auf 16.000 Euro wird seine Einkommensteuer festgesetzt und weil er im Vorjahr (Jahr 2) nur 1.000 Euro vorausgezahlt hat, sind jetzt im August 15.000 Euro fällig. Dazu kommen die Vorauszahlungen, jeweils 8.000 Euro in September und Dezember. Über 30.000 Euro in einem recht kurzen Zeitraum, so viel kann der Selbstständige gar nicht arbeiten.

 

Was ist nun zu tun?

Zuerst: Wenn das Finanzamt sich vertan hat, sollte – wie bei Arbeitnehmern – innerhalb eines Monats schriftlich Einspruch erhoben werden. Aber Achtung: Der Einspruch ändert erstmal nichts an der Steuerforderung. Keine aufschiebende Wirkung, heißt das dann außer Sie beantragen gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung. Einfach nur Einspruch einlegen, weil man dadurch die Nachzahlung nach hinten verschieben kann, nutzt also nichts.
Zu hoffen, dass man das schon irgendwie hinkriegt und das Finanzamt vielleicht ja auch ein Auge zudrückt, funktioniert ganz sicher auch nicht. Deshalb: Seien Sie sofort offensiv.

  • Teilen Sie dem Finanzamt so schnell wie möglich mit, dass es gerade nicht so gut läuft. Erstellen Sie monatliche Auswertungen Ihrer Einnahmen und Ausgaben. Beantragen Sie dann eine Herabsetzung der Vorauszahlung.
  • Sie dürfen einen (gut begründeten) Antrag auf Stundung der Steuernachzahlung stellen, müssen aber dann pro Monat 0,5 Prozent Zinsen zahlen. Dann wird die Gesamtsumme später fällig.
  • Noch besser: Beantragen Sie einen Aufschub der Vollstreckung. Das bedeutet, dass Sie eine Ratenzahlung vorschlagen. Versuchen Sie erst gar nicht, das über viele Monate strecken zu wollen, Sie haben keine Chance. Machen Sie stattdessen konkrete Vorschläge, wie Sie die Einkommensteuer mit wenigen Raten so schnell wie möglich zahlen können.
  • Bei allem Stress: Denken Sie immer an den Spruch „Der Ton macht die Musik“. Sie wollen etwas vom Finanzamt und ganz konkret von Ihrem Sachbearbeiter oder Ihrer Sachbearbeiterin.

Wie sich ein solches Desaster vermeiden lässt, dürfte klar sein. Kurz gesagt: Legen Sie, wenn es gut läuft, immer gleich Geld für die Steuer beiseite. Am besten kontrollieren lässt sich das, wenn man tatsächlich monatlich seine Einnahmen und Ausgaben kontrolliert (was man für die Umsatzsteuervoranmeldung ja eh gleich machen könnte). Und dann legen Sie zum Beispiel immer gleich 30 Prozent des monatlichen Gewinns beiseite. Alternativ können Sie mit Hilfe der Hochrechnung Ihrer Gewinne des laufenden Jahres die Vorauszahlung selbstständig erhöhen…


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