18.01.2022 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 4 Min.

Ehegattensplitting – was ist da eigentlich Sache?

Ehepaare aufgepasst. Es wird sich einiges ändern bei den Steuern in den nächsten Jahren. So weit sind sich wohl alle einig. Aber was genau? Wird das Ehegattensplitting abgeschafft? Wer könnte profitieren, wer dürfte Nachteile von den Änderungen haben. Wir wollen Ihnen einen Überblick geben und hier im Blog von smartsteuer die wichtigsten Fragen beantworten.

Wie kompliziert das Ganze ist, zeigt ein Artikel von Spiegel Online. Dabei ist es eher nicht der Inhalt, sondern der Nachsatz. „Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version war von einer »Umgestaltung des Ehegattensplittings zugunsten von Frauen« die Rede. Es geht aber um eine andere Ausgestaltung der Steuerklassen, nicht um einen Umbau des Splittings an sich. Wir haben den Artikel entsprechend geändert.“ Sie sehen, auch erfahrene Medienschaffende können da schon mal durcheinander kommen…

Was plant also die Ampel-Koalition?

Nun, da lohnt sich der Blick in den Koalitionsvertrag. Erste Enttäuschung: Das Wort Ehegattensplitting taucht gar nicht auf. Immerhin findet sich auf Seite 115 das:
„Wir wollen die Familienbesteuerung so weiterentwickeln, dass die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden. Im Zuge einer verbesserten digitalen Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung werden wir die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführen, das dann einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft.“ 

Was hat es damit genau auf sich? 

Nun: Wer verheiratet ist, hatte bei der Wahl der Steuerklassen mehrere Möglichkeiten. 

  • Beide Eheleute haben die Steuerklasse IV – damit ändert sich steuerlich nichts im Vergleich zur bisherigen Steuerklasse I.
  • Sie entscheiden sich für die Kombination III für die besser verdienende Person und V für die andere. Dann gibt es Monat für Monat deutlich mehr Netto für die Steuerklasse III – und weniger für die V. Insgesamt bleibt aber mehr Netto übrig. Es kann dann aber häufiger passieren, dass mit der Steuererklärung eine Nachzahlung droht.
  • Seit einigen Jahren gibt es auch die Steuerklasse IV mit Faktor. Hier wird berücksichtigt, wie hoch das jährliche Einkommen der beiden Eheleute jeweils ist und eine entsprechende Besteuerung vorgenommen. Das ist fairer, da die schlechter verdienende Person nicht so hohe Abzüge hat wie bei der Kombi III/V. Zudem dürfte es so gut wie nie zu einer Steuernachzahlung bei der auch in diesem Fall verpflichtenden Steuererklärung kommen. Und wenn Sie die auch noch mit unserer Online-Lösung smartsteuer machen, gibt es meist auch noch Geld zurück vom Staat. 

Zusammengefasst: Bei der häufig gewählten III/V-Kombi haben Paare zwar oft mehr Netto als in den anderen beiden Fällen. Sie müssen allerdings damit rechnen, dass eine Steuernachzahlung droht. 

Was hat sich bisher im Endeffekt mehr gelohnt?

Nun, das ist der wohl wichtigste Punkt: Egal, welche Steuerklassen-Kombi Ehepaare gewählt haben, am Ende (also in der Steuererklärung) ist die Höhe der Einkommensteuer in allen drei Fällen gleich!
Grob gesagt werden die beiden Einkommen addiert, dann durch zwei geteilt, darauf die Steuern berechnet, diese Zahl mit 2 multipliziert – fertig ist die Einkommensteuer. Wenn Sie mehr wissen wollen, lesen Sie einfach diesen Blogartikel

Warum soll sich das dann überhaupt ändern?

Im weitesten Sinne geht es um Gleichberechtigung von Mann und Frau bzw. Eheleuten mit ungleich verteiltem Einkommen. Im Koalitionsvertrag findet sich der oben zitierte Passus dann auch unter dem Punkt „Ökonomische Gleichstellung“.
Meist hat nämlich bisher die Ehefrau die schlechtere Steuerklasse V – und zahlt dadurch verhältnismäßig viel Steuern. Der Effekt verstärkt sich, wenn sie in Teilzeit ist, was auch oft passiert. Hinzu kommt, dass der Anreiz, wieder eine Vollzeitstelle anzunehmen, bei Steuerklasse V deutlich geringer ist. Bei Steuerklasse IV mit Faktor hingegen hat – um im Beispiel zu bleiben – die Frau schon in Teilzeit mehr Netto als mit der Steuerklasse V. Bei Vollzeit entsprechend deutlich mehr. Der neue Finanzminister Christian Lindner (FDP) nennt das „Teilzeitfalle“.
Da steckt also in meinen Augen viel Psychologie mit drin. Denn nicht vergessen: Am Ende ist, wie oben erläutert, die Steuerlast in allen Steuerklassen-Kombis gleich. 

Ist das nicht ungerecht?

Ganz klar, wenn eine Person sehr viel, die andere hingegen sehr wenig oder nichts verdient, wird es in Zukunft für die Familie erstmal weniger Netto im Monat geben. Das kann durchaus kurzfristig schmerzhaft sein – aber noch mal: In einer solchen Konstellation droht im Folgejahr dann meist auch eine Steuernachzahlung. Und an der tatsächlich Steuerhöhe ändert sich durch die geplanten Änderungen auch nichts. Es ändert sich im Prinzip nur der Zeitpunkt der Steuerzahlung.
Aber, und das wollen wir nicht vergessen: Es gibt auch familiäre Konstellationen, bei denen sich tatsächlich etwas ändern könnte. Etwa, wenn eine Person in der Steuerklasse III ist – und die andere in Rente oder gerade in Elternzeit ist.
Zudem werden Lohnersatzleistungen bisher immer nach dem Nettoeinkommen berechnet. Wer also in Steuerklasse III gearbeitet hat, bekam bisher mehr Arbeitslosen- oder Elterngeld als in Steuerklasse IV mit Faktor.

Was bedeutet das konkret für mich?
Im Moment noch nichts. Denn es gibt bisher außer der Absichtserklärung im Koalitionsvertrag nichts Konkretes. Aber: An der insgesamt zu zahlenden Steuer dürfte sich durch die geplante Abschaffung der Steuerklassen-Kombi III/V in den allermeisten Fällen nichts für Sie ändern. Das Ehegattensplitting bleibt uns also (erstmal) erhalten. Wir bleiben natürlich am Thema dran. Sobald es konkrete Pläne aus dem Finanzministerium gibt, erfahren Sie es hier im Blog von smartsteuer. 

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Janine sagt:

    Ich hoffe, dass das nicht passiert. ich verstehe, dass das für einige vorteile bringt aber man muss auch sehen, das es für andere nachteile bringt. diese änderung zwingt dem schlechter verdiener mehrarbeit auf. mein mann verdient genug. ich gehe nur auf 450 basis arbeiten. kommt steuerklasse 3 weg, haben wir einfach mal eben so 350 euro weniger geld im monat, wenn er dann von 3 auf 4 rutscht. ICH müsste die dann auffangen, und mindestens auf teilzeit arbeiten gehen um das dann wieder rein zu wirtschaften. gehen beide vollzeit arbeiten, wird sich finanziell nichts ändern, ausser das der schlechter verdiener weniger steuern zahlen muss, die dafür der besserverdiener zahlt, es bleibt beim gleichen einkommen aber bestraft die ehen, in denen nur einer sozialversicherungspflichtig arbeitet. aber genau das ist ja gewünscht, weil ich weiblich bin, habe ich gefälligst in der heutigen zeit karriere zu machen und vollzeit arbeiten zu gehen, haushalt und garten, sollen dann doch beide am we nach einer 40 std machen machen. das man aber auch zufrieden damit sein kann, hausfrau zu sein, nur einen zuverdienst beizusteuern und gerne den haushalt schmeißt und das als seine arbeit sieht, wird finanziell damit gestraft. „aber denk an deine rente und was wenn ihr euch scheiden lasst“ wenn ich mit scheidung rechnen würde, hätte ich garnicht erst geheiratet, meine rente? wenn ich denn in 33jahren überhaupt welche kriege vom staat, denn WAS wenn DAS system zusammenbricht? die rente ist mein geringste sorge, und mit MS, zweifel ich stark, dass ich da hinkommen werde

  • Avatar Manuel sagt:

    Nun, das ist der wohl wichtigste Punkt: Egal, welche Steuerklassen-Kombi Ehepaare gewählt haben, am Ende (also in der Steuererklärung) ist die Höhe der Einkommensteuer in allen drei Fällen gleich!
    > Wenn dass Stimmen würde, warum haben meine Frau und ich dann seit Jahren mit 3/5 jeden Monat mehr Netto zur Verfügung und Millionen andere Ehepaare ebenso?

    Sie entscheiden sich für die Kombination III für die besser verdienende Person und V für die andere. Dann gibt es Monat für Monat deutlich mehr Netto für die Steuerklasse III – und weniger für die V. Insgesamt bleibt aber mehr Netto übrig. Es kann dann aber häufiger passieren, dass mit der Steuererklärung eine Nachzahlung droht.
    > Diese Nachzahlungen sind wohl eher die Seltenheit und nicht die Häufigkeit. In meinen Umfeld hat wegen 3/5 noch nie jemand was nachzahlen müssen.

    Sollte die Pflicht für 3/5 kommen, so verlieren Ehepaare einfach nur Geld, mehr nicht. Der Gedanke (ein Partner soll nicht in einen Niedriglohn Job gedrückt werden oder nur Teilzeitarbeiten) von der Regierung ist zwar eigentlich gut mit den 4/4 aber die Vorrausetzungen ändern sich halt dann immer noch nicht. Wenn in der Ehe einer von beiden das deutlich schlechtere Einkommen hat, so sucht sich dass ja niemand freiwillig aus, es gibt da oft ja auch entsprechende Dinge die für eben besser bezahlten Job fehlen [Abschlüsse, Qualifikationen, etc.] , so wird sich das nicht auf einmal ändern nur weil 4/4 Pflicht wird.

    Zumal es auch heute immer noch Ehen gibt, wo ein Partner bewusst zurückfährt Beruflich um beim Kind(er) daheim zu sein. Geht dieser nun Vollzeit arbeiten zieht dass auch wieder diverse weitere kosten mit sich (KiTa, Hort, etc. etc. eventuell sogar ein 2tes Auto da gependelt werden muss). Diese kosten fängt aber mit Nichten man mal so schnell wieder auf nur weil beide Vollzeit arbeiten. Resultat ist auch hier eher wieder, beide geben Vollzeitarbeiten und am Monatsende ist weniger Geld in der Haushaltskasse.

  • Avatar Florian sagt:

    @Manuel: Du hast einfach nicht verstanden, wie du deine Steuern zu zahlen hast. Nach der Steuererklärung machen die Steuerklassen keinen Unterschied. Es geht bei den Steuerklassen immer nur um Vorauszahlungen, die auf eine 60:40 Verhältnis in den Einkommen der Partner ausgelegt ist. Wenn ihr selbst keine Nachzahlungen habt, dann liegt das daran, dass ihr sehr nah an diesem 60:40 Verhältnis liegt.

    Die Debatte, um die Abschaffung der Steuerklassen 3/5 ist mal wieder eine typische Scheindebatte, die völlig wertlos ist. Aber davon gibt es in unsere Politik genug.

    Die einzige wirklich entscheidende Frage ist: Bleibt das Ehegattensplitting nach §32a Absatz 5 EStG erhalten oder wird es abgeschafft. Da im Koalitionsvertrag nichts von einer Abschaffung des Ehegattensplittings steht und Lindner schon gesagt hat, dass die FDP da nicht mitspielt, verweise ich gerne auf meine obige Aussage zur Scheindebatte.


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