19.04.2022 · Selbstständige · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Urteil: Arbeitszimmer absetzen, obwohl es nicht notwendig ist

Über das häusliche Arbeitszimmer haben wir hier im Blog schon sehr oft geschrieben. Wann lässt es sich wie absetzen, was geht, was geht nicht und noch mehr. Mehr Steuern sparen wollte auch eine Flugbegleiterin und setzte ein Arbeitszimmer ab. Damit scheiterte sie bei Finanzamt und Finanzgericht. Doch der Bundesfinanzhof sah es anders – und gab der Frau recht. Warum und was das für Auswirkungen hat, erklären wir hier im Blog.

Der Fall der Flugbegleiterin

Die Frau arbeitete Vollzeit als Flugbegleiterin (Stewardess). Sie wollte für das Steuerjahr 2013 ein kleines Arbeitszimmer (13,5 Quadratmeter) in ihrem Haus als Werbungskosten absetzen, genauer genommen den maximal möglichen Betrag von 1.250 €.
Nun, das Finanzamt lehnte das mit der Begründung ab, dass ein Arbeitszimmer für ihre Tätigkeit nicht erforderlich sei. Die Frau argumentierte damit, dass ihr kein eigener Arbeitsplatz für Bürotätigkeiten zur Verfügung stehe. Nach etwas Hin und Her landete der Fall 2017 vor dem Finanzgericht Düsseldorf. Die Flugbegleiterin hatte mittlerweile genau aufgeschlüsselt, was sie in dem Arbeitszimmer machen musste. Dazu gehörten unter anderem:

  • Flugvorbereitung vor jedem Flug – 20 Minuten
  • Zollbestimmungen – 5 Minuten
  • täglich interne Informationen aus dem Intranet – 10 bis 15 Minuten
  • „Specials“ abfragen – 10 Minuten
  • täglich Dienstpläne kontrollieren – 10 Minuten 

Die Flugbegleiterin teilte auch mit, dass ihr eine Abmahnung drohe, wenn sie das Lesen bestimmter Informationen nicht bestätigt. 

Das Urteil des Finanzgerichts

Das Finanzgericht ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern entschied gegen die Frau. Zwar habe die Flugbegleiterin tatsächlich keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung gehabt. Allerdings würde die Bürotätigkeit nur 3,1 % ihrer gesamten Arbeitszeit ausmachen. Und das würde ein absetzbares Arbeitszimmer nicht erforderlich machen, die Arbeiten hätte sie schließlich auch am Küchentisch oder im Esszimmer erledigen können.

Weil wir aber in einem Rechtsstaat leben, konnte die Frau gegen die Entscheidung klagen – beim Bundesfinanzhof (BFH). Und der fällte schon vor knapp drei Jahren sein Urteil. Nun fragen Sie sich vielleicht, warum wir erst jetzt darüber schreiben. Einfache Antwort: Der BFH hat das Urteil erst jetzt veröffentlicht. Vielleicht ist die Akte hinter einen Schrank gerutscht und wurde erst jetzt wiedergefunden…? Im Ernst, ich weiß es wirklich nicht. 

Das Urteil des Bundesfinanzhofs

Wir können uns jetzt recht kurz fassen: Der BFH gab der Frau vollumfänglich recht. Um ein Arbeitszimmer von der Steuer absetzen zu können, muss es nicht für den Job erforderlich sein. Es reiche, so der BFH, dass der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche beziehungsweise berufliche Zwecke genutzt wird. Und ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Keine Rolle spielt hingegen, ob die Frau die Arbeiten nicht auch woanders in ihrem Zuhause hätte erledigen können.

Was sind die Auswirkungen des Urteils?

Zuerst: Es bleibt erstmal dabei, dass ein häusliches Arbeitszimmer nur in bestimmten Fällen abgesetzt werden kann:

  • Wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, bis zu 1.250 €.
  • Wenn das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung ist, sogar unbegrenzt – man spricht dann vom „unbeschränkten Abzug der Kosten“.

Wir verweisen an dieser Stelle auf diesen Blogbeitrag zum Arbeitszimmer in der Corona-Zeit. Der ist zwar auch schon zwei Jahre alt, aber immer noch aktuell. Dort können Sie auch nachlesen, welche Anforderungen an ein Arbeitszimmer gestellt werden, damit es sich auch absetzen lässt.

Die unmittelbare Auswirkung des Urteils dürfte sein, dass Leute in einigermaßen vergleichbarer Situation genauer hinschauen sollten, ob sie nicht auch ein Arbeitszimmer absetzen können. Also Berufe, bei denen man viel unterwegs ist, aber trotzdem Bürotätigkeiten hat – und im Unternehmen kein Platz dafür ist. Wenn Sie es tun, könnte das Aktenzeichen zu dem Urteil noch hilfreich sein. Hier ist es: Az VI R 46/17.   

Was bedeutet das konkret für mich?
Wie beschrieben, dürfte das Urteil am ehesten interessant sein für Leute, deren Arbeitsumgebung ähnlich ist. Aber generell gilt: Sagen Sie bei der Steuer nie leichtfertig, das kann ich eh nicht absetzen. Manches geht eben doch.

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Achim Leon sagt:

    Ich möchte mal einen anderen Blickwinkel teilen.
    Jetzt setzt die Frau, die so vermögend ist sich ein 13,5 qm großes Zimmer als kaum genutzten Raum leisten zu können, 1.200 Euro Aufwand an, nachdem Sie tausende von Euro Gerichtskosten für den Staat verursacht hat.
    Uns allen fehlen jetzt also ca. 400 Euro Steuern für das Gemeinwesen und eben einmalig tausende von Euro. Obwohl, letzteres hat wahrscheinlich der Fiskus mit seiner Lesart der Steuergesetze zu verantworten.
    Trotzdem. Jeder der steuermindernde Ausgaben ansetzt, die zwar rechtens sind aber wie in diesem Fall doch etwas überzogen, handelt im Kleinen nicht anders als Mr CumEx im Großen.
    Wir alle schädigen damit letztlich uns selbst. Geld für dringende soziale Ausgaben und Infrastruktur fehlt dann. Aber Moment, bei unseren unehrenhaften Politikern…
    Dann anders, setzten wir was Wir können und spenden dann lieber die Steuerrückerstattung für sinnvolle Zwecke!

    Das wird wohl das Beste sein. :-)))


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