05.02.2021 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 4 Min.

Wie sieht die Zukunft aus – kommen Steuererhöhungen?

Ich kann mir ja viele Berufe vorstellen. Aber Zukunftsforscher möchte ich nun wirklich nicht sein. Und trotzdem wage ich mich heute an die schwierige Aufgabe, eine Aussage über unsere (finanzielle) Zukunft zu treffen. Können wir die vielen, in der Krise aufgenommenen und aufzunehmenden Schulden je abbezahlen? Wie viele Schulden sind es eigentlich? Oder sollen wir einfach noch mehr Kredite aufnehmen und die Schuldenbremse für einen längeren Zeitraum aussetzen? Braucht es Steuererhöhungen? Viele Fragen, wir haben für Sie die wichtigsten Informationen zusammengetragen.

Die spannendste der Frage ist natürlich die nach Steuererhöhungen. Die kommt aber ganz zum Schluss, wir müssen etwas Vorarbeit leisten.

Die gute Nachricht ist zugleich die schlechte Nachricht

Der Bund hat im vergangenen Jahr deutlich weniger Schulden gemacht als er hätte machen können. Im Haushalt waren 218 Milliarden € neue Schulden vom Bundestag genehmigt worden. Für die zahlreichen Folgen der Coronakrise. Jetzt gibt es den vorläufigen Haushaltsabschluss, und der sagt: Der Bund hat „nur“ 130,5 Milliarden € neue Schulden aufgenommen, also ungefähr 40 % weniger. Das ist die gute Nachricht. Als Ursache wird dafür unter anderem genannt, dass die Wirtschaft nicht so schlimm eingebrochen ist wie befürchtet. Das bringt höhere Steuereinnahmen, weniger Arbeitsplatzverluste als befürchtet – und am Ende eine geringere Neuverschuldung, hieß es von Finanzminister Olaf Scholz (SPD).

Die schlechte Nachricht: Viele mögliche Kredite wurden einfach nicht abgerufen. 20 Milliarden € an Investitionen zum Beispiel. Bei der Deutschen Bahn sollen 6 Milliarden € nach Berichten daran gescheitert sein, dass die EU dies nur erlauben wollte, wenn es keine Bonuszahlungen mehr geben würde. Womit sich die Bahn offenbar sehr schwertut. Zudem wurden die November- und Dezemberhilfen nicht im alten Jahr gezahlt. Viele der Hilfen scheiterten an Bürokratie und einem komplizierten Regelwerk. 

Das Ende vom Lied: Viel Geld, das im letzten Jahr nicht benötigt wurde als Kredit, wird es in diesem aber sehr wohl. Egal wie viele Schulden es schlussendlich in diesem Jahr sein werden, es werden sehr viele. Geplant ist im Moment, dass ab 2023 über 20 Jahre zurückgezahlt wird. Fragt sich nur wovon…

Einfach die Schuldenbremse abschaffen? 

Warum die ganze Aufregung eigentlich? Nun, Deutschland hat eine grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse. Die wurde jetzt aus gutem Grund zeitweise außer Kraft gesetzt („Notklausel“), soll aber bald schon wieder greifen. So bisher der Tenor aus der großen Koalition. Da war es schon einigermaßen verwunderlich, dass Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) in der vergangenen Woche im Handelsblatt schrieb: „Die Schuldenbremse ist in den kommenden Jahren auch bei ansonsten strenger Ausgabendisziplin nicht einzuhalten.“ Das Grundgesetz möge doch so verändert werden, dass man in den nächsten Jahren mehr Schulden aufnehmen könne, inklusive eines Ablaufdatums.

Das machte schon Rumms. Als dann aber sogar viel Gegenwind aus den eigenen Parteireihen kam, ruderte Braun zurück und schrieb auf Twitter:

Nun, eine Woche nach den Aussagen Brauns zur Schuldenbremse meldete sich der Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zu Wort. Auf der Konferenz „Europe 2021“ sagte er: „Wir werden auf den Pfad der Einnahmenentwicklung, den wir 2019 vorhergesagt haben, nicht zurückkehren.“ Als die Schuldenbremse eingeführt wurde, sei eine globale Pandemie nicht im Blick gewesen. Das klingt doch stark danach, dass auch mindestens 2022 die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt werden müsste. Also noch mehr Schulden…

Schulden ohne Ende – kann das gut gehen?

Wir sind ja fast alle keine Volkswirtschaftler und stecken auch nicht tief in den Weltfinanzen drin. Doch der sich auftürmende Schuldenberg macht zumindest ein bisschen Angst. Da ist es fast schon beruhigend, wenn Experten wenigstens etwas Entwarnung geben. 

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte: „Die Pandemieschulden sollten unsere geringste Sorge sein.“ Und der IWF-Experte Shekhar Aiyar meinte im Handelsblatt: „Die deutsche Staatsverschuldung ist kein Problem und sollte energischen politischen Maßnahmen nicht im Wege stehen.“ Deutschlands Schuldenstand steigt zwar gerade allmählich von 60 auf 80 %, er werde aber nach der Pandemie schnell wieder Richtung 60 % sinken.
Hoffen wir mal, dass das tatsächlich alles so eintrifft.

Und was ist mit Steuererhöhungen?

Bis vor kurzem war da nicht viel zu hören. Der Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz konnte sich aber immerhin schon vorstellen, dass stärkere Schultern mehr Last tragen sollten. Was Richtung Wiedereinführung der Vermögenssteuer klingt.
Aber geht es vielleicht auch ganz ohne Steuererhöhungen? Die Zinsen sind sehr gering, die Wirtschaft wird nach der Krise so richtig Fahrt aufnehmen – und alles wird gut. So wie nach der großen Finanzkrise vor rund zehn Jahren.  

Der DIW-Chef Marcel Fratzscher fürchtet, dass es nicht möglich sein wird, „einfach wieder aus den Schulden herauszuwachsen.“ Dagegen sprechen der demografische Wandel und der Zwang, viel zu investieren. „Dieser Spagat wird nicht ohne Steuererhöhungen gelingen“, sagt er in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland

Und wie? Fratzscher sagt, dass in Deutschland Arbeitseinkommen sehr hoch und Vermögen sehr gering besteuert werde. Dabei denkt er aber weniger an die Vermögenssteuer, sondern an eine stärkere Besteuerung von Grund und Boden und eine faire Erbschaftsteuer – mit niedrigeren Sätzen, aber weniger Ausnahmen. Kleinere und mittlere Einkommen sollten hingegen entlastet werden.

Ihre Meinung ist gefragt
Was denken Sie? Brauchen wir bald Steuererhöhungen? Und wenn ja, wie könnten die aussehen? Vermögenssteuer? Bessere Erbschaftssteuer? Oder etwas ganz anderes? Schreiben Sie uns einfach Ihre Meinung.

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Kaspar Hauser sagt:

    Zu Steuererhöhungen
    Es wäre doch wirklich wünschenswert , wenn die seit Jahren erfolgende Umverteilung nach oben gebremst würde, und es Maßnahmen gäbe, die es ermöglichen, dass nicht nur Kapital zu mehr Kapital führt. Die Nullzins-Politik treibt die Börse und hat den Immobilienmarkt ruiniert, bei beiden Optionen sind kleinere Einkommen raus und Alleinerziehende sowieso, die dann auch noch bei der Rente bestraft werden. Also bitte ein Ja für Vermögens- und Erbschaftssteuern und überhaupt endlich auch ein Umdenken in der Rente. Warum sollten Double-income-no-Kids , die ihre Immobilie kaufen können und große Sparpläne haben, so groß am Rententopf beteiligt werden obwohl sie doch vorsorgen konnten, was gering verdienenden Eltern -und Alleinerziehenden schon gar – nicht möglich ist?
    Das Geld scheint ja da zu sein beziehungsweise kann der Staat es locker machen, wie die Pandemie zeigt. Es ist doch jetzt die Chance und Zeit, die Steuer- und Subventionspolitik zukunftsweisend zu ändern, letztere abzuschaffen, die am Markt vorbei produzierendes Wirtschaften am Leben hält, und lieber ein ehrliches Konzept zur Existenzsicherung aller zu versuchen, mit der Chance auf das Entstehen nachhaltiger, sozial tragfähiger , gerechterer Konzepte- auch zur Sicherung des Lebens derer, die das finanzieren sollen: die junge Generation


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