02.11.2021 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
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526 Milliarden € im Ausland gebunkert – mindestens

Oft sind es grobe Schätzungen – doch diese Zahl kommt offiziell aus dem Bundesfinanzministerium. Unglaubliche 526 Milliarden € hatten deutsche Privatpersonen und Unternehmen im Jahr 2019 auf Konten im Ausland gebunkert. Außerhalb der EU sind es allein 222 Milliarden €. Und das sind nur die Zahlen von den Ländern, die überhaupt Daten bereitgestellt haben. Die Schweiz zum Beispiel ist nicht mal dabei. Wir haben uns das für Sie mal genauer angeschaut.

Es war einmal ein Bundestagsabgeordneter …

… und der hieß Fabio De Masi. Der finanzpolitische Sprecher der Fraktion der Linken saß bis vor kurzem im Bundestag und „nervte“ die Bundesregierung über die Jahre mit „Kleinen Anfragen“ im Finanzbereich. Immer wieder kamen dadurch erhellende Informationen ans Tageslicht. Und so war es auch bei der Kleinen Anfrage zum Informationsaustausch von Finanzdaten

Reiche wissen, wo sie Ihr Geld hinbringen müssen

Ganz klar, besonders viel Geld landet dort, wo es kaum oder gar nicht versteuert werden muss. In den Steueroasen. Unangefochtener Spitzenreiter ist dabei Luxemburg. Dort lagerten 2019 knapp 117 Milliarden € von deutschen Privatpersonen und Unternehmen. Es folgen – ebenfalls innerhalb der EU und steuerlich nicht ganz so verdächtig – Österreich (31,4 Milliarden €), Frankreich (13,8 Milliarden €) und die Niederlande (12,9 Milliarden €). 

Doch dann kommen zwei Steuer-Klassiker: unser kleiner Nachbar Liechtenstein (11,9 Milliarden €) und die noch kleinere Kanalinsel Guernsey mit ebenfalls 11,9 Milliarden €. Auf dieser Insel sind es im Schnitt stolze 2,7 Millionen € pro Konto. Übrigens: In Frankreich liegt der Schnitt bei nur 33.000 €.

Ebenfalls berühmt-berüchtigt sind die Kaimaninseln (Cayman Islands) in der Karibik. 8,5 Milliarden € sind dort gebunkert, immerhin auch noch 1,5 Millionen € pro Konto.
Da sind Singapur (4,3 Milliarden €) und Jersey (3,0 Milliarden €) fast schon Peanuts. 

Hohe Gewinne

Die Zahlen zeigen aber auch andere Punkte. So haben niederländische Privatpersonen und Unternehmen in Deutschland insgesamt fast 200 Milliarden € an Erträgen erzielt – und das bei gerade mal 10 Milliarden € Salden. Klare Sache, das kann eigentlich nicht sein, Fabio de Masi fordert deshalb auch deutlich mehr Transparenz.  

Auf der anderen Seite erzielten die deutschen Privatpersonen und Firmen mit ihren 526 Milliarden € im Ausland Erträge (wie Zinsen und Dividenden) in Höhe von fast 490 Milliarden €. Auch keine schlechte Quote, die ohne Tricks kaum erklärbar ist.

Wo kommen diese Zahlen eigentlich her? 

Nun, es gibt ein Abkommen von sehr vielen Staaten, in denen der Finanzdatenaustausch geregelt ist. Der Hintergrund ist natürlich, Steuerhinterziehung wenigstens zu erschweren.
Doch natürlich machen da bei weitem nicht alle Länder mit. Andere liefern zwar Daten, bestehen aber darauf, dass sie nicht öffentlich gemacht werden. So verweigerte die Schweiz Zahlen für 2019. Immerhin hatten Sie für 218 noch stolze 133 Milliarden € vermeldet – also sogar mehr als Luxemburg im Jahr 2019. Von Großbritannien gab es noch nie was, das gilt auch für die Steueroasen Isle of Man, Bermuda und San Marino.

Insgesamt lieferten für 2019 weniger Länder Zahlen als noch 2018. Damals waren es insgesamt sogar 590 Milliarden € – allerdings mit der Schweiz. Es waren 2019 also vermutlich sogar mehr als 600 Milliarden €, die deutsche Privatpersonen und deutsche Unternehmen im Ausland lagern. 

Warum greift da keiner ein?

Zuerst: Es ist nicht illegal, Geld in anderen Ländern zu „deponieren“. Doch es dürfte andererseits auch klar sein, dass es in den klassischen Steueroasen nur um eins geht: Steuern zu vermeiden. Und hier ist dann der Schritt von der gerade noch legalen Vermeidung zur Steuerhinterziehung oft fließend. Der oben erwähnte internationale Informationsaustausch soll ja genau deshalb Steuerfahndern helfen, mutmaßliche Steuerstraftäter überführen zu können. Doch er kann nur eine Voraussetzung sein, aber kein Ersatz für die Schließung von Steuerschlupflöchern, wie Fabio De Masi sagt.

Was bedeutet das konkret für mich?
Für die meisten von uns sehr wenig, denn diese Auslandskonten haben wohl die wenigsten von uns. Doch vielleicht führen solche Zahlen dazu, dass der Kampf gegen Steuerhinterziehung verbessert wird. Denn das würde mehr Steuereinnahmen bedeuten, die schlussendlich uns allen zugute kommen.


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