20.11.2020 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Irrer Vorschlag: Strafsteuer auf Home-Office 

In Coronazeiten im Home-Office arbeiten zu müssen, mag einige Vorteile haben, bringt aber eben auch jede Menge Nachteile. Für einen Strategen der Deutschen Bank überwiegen offenbar die positiven Seiten. Denn er fordert in einem Konzeptpapier die Einführung einer Home-Office-Steuer in Höhe von 5 Prozent. Macht im Schnitt 7,69 Euro am Tag. Klingt nach Strafe, klingt auch ziemlich irre – doch wir wollen trotzdem erklären, wie der Stratege darauf kommt und wie realistisch das ist.

Wie sieht Home-Office aus?

In einer idealen Welt, und die sieht Stratege Luke Templeman von der Deutschen Bank offenbar vor sich, hat man im Home-Office ein schickes, sonniges und geräumiges Arbeitszimmer, in dem das Arbeiten nur so von der Hand geht. Um die Kinder wird sich gekümmert, etwa von der treusorgenden Ehefrau oder einem Kindermädchen.
In der realen Welt besteht das Home-Office oft aus einem unbequemen Stuhl am Küchentisch. Die Kinder erfordern tagsüber den vollen Einsatz, so dass konzentriertes Arbeiten oft erst nach 19 Uhr möglich ist.
Ganz ehrlich: Vielen dürfte die Strafsteuer aufs Home-Office wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen. 

Das Konzeptpapier

Auf 83 Seiten beschreibt ein Team um Luke Templeman, was nach Corona zu tun ist. Unter der Überschrift „What we must do to rebuild“ (Was wir für den Wiederaufbau tun müssen) werden verschiedene Aspekte beleuchtet. Auf den Seiten 32 bis 34 geht es dann um die Home-Office-Steuer.
Die Grundidee: Wer von zu Hause arbeiten kann, profitiert davon finanziell – direkt und indirekt. Deshalb sei eine Steuer angebracht – um Leute zu entlasten, die nicht so viel Geld haben. 5 Prozent als Home-Office-Steuer würden laut Papier in Deutschland knapp 16 Milliarden Euro im Jahr einbringen. Damit könnten die einkommensschwächsten 12 Prozent des Landes mit 1.500 Euro im Jahr unterstützt werden. Könnte irgendwie fast ein Vorschlag der Linken sein. Ist es aber nun mal nicht, sondern von der Deutschen Bank. 

Wie kommt man nur auf so etwas?

Nun, Luke Templeman argumentiert ungefähr so: Unsere Infrastruktur ist bisher darauf ausgelegt, dass fast alle zu ihrer Arbeitsstelle fahren. Wenn viele zu Hause bleiben, ändert sich auch vieles. Zwei Beispiele: Busse und Bahnen sind nicht mehr so voll, Restaurants und Imbisse für die Mittagspause haben viel weniger Kunden. Das würde, so stelle ich es mir vor, zu steigenden Preisen im öffentlichen Nahverkehr führen – und zu weniger Arbeitsplätzen in der Gastronomie. Will sagen, andere bezahlen dafür, dass man zu Hause arbeiten kann.
Die Vorteile des Home-Office überwiegen für Templeman: Wer zu Hause arbeitet, spart Geld für Fahrten zur Arbeit, Restaurants, teure Kleidung, Reinigung oder auch das Feierabendbier in der Kneipe. Zudem gebe es auch noch höhere Flexibilität und Arbeitsplatzsicherheit.
Die Nachteile wie der zusätzliche Stress, um Kinder und Arbeit unter einen Hut zu bringen und die schlechte Ausstattung des Home-Office solle man zwar nicht unterschätzen, sie verblassen aber in der Regel im Vergleich zu den Vorteilen, sagt Templeman.

Wie soll das praktisch aussehen?

Jetzt haben wir uns vermutlich alle ein bisschen aufgeregt. Nun wird es Zeit, den Puls wieder etwas runter zu bringen. Im Strategiepapier steht:

  • Die Steuer soll nicht erhoben werden, wenn die Regierung zur Heimarbeit rät. Übersetzt heißt das: nach Corona.
  • Der Arbeitgeber muss die Steuer zahlen, wenn er seinem Angestellten keinen ständigen Schreibtisch zur Verfügung stellt. 
  • Nur, wenn das nicht der Fall ist – und sich der Angestellte freiwillig für die Heimarbeit entscheidet, muss er die Steuer pro Tag im Home-Office zahlen. 

Da werfe ich beim dritten Punkt mal keck ein: Ob sich dann noch so viele mit Home-Office anfreunden können, wenn Sie weniger netto im Monat auf dem Konto haben?
Zumal es ja so ist, wir haben das hier im Blog schon geschrieben: Es gibt ohnehin steuerliche Nachteile für Leute im Home-Office. Oft können sie kein Arbeitszimmer von der Steuer absetzen und bleiben damit zum Teil auf beruflich bedingten Ausgaben sitzen. Auf der anderen Seite fehlen die Ausgaben für die Fahrten ins Büro bei der Entfernungspauschale.

Unsere Meinung: Kaum vorstellbar, dass sich die Politik ernsthaft mit dieser kühnen Idee der Deutschen Bank beschäftigen wird. Das wäre, sagen wir es vorsichtig, den Steuerzahlern auch kaum vermittelbar. Stattdessen gibt es immerhin zaghafte Vorschläge für eine steuerliche Entlastung (statt Belastung) der Heimarbeiter mittels einer Home-Office-Pauschale. Und das würde viel mehr Sinn ergeben.

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