09.03.2021 · Arbeitnehmer · smart leben ·
Lesezeit: 3 Min.

Die Bürgernummer kommt – und damit auch der gläserne Bürger? 

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat das sogenannte Registermodernisierungsgesetz verabschiedet. Damit steht fest: Aus der Steuer-ID, die jeder Bundesbürger schon für steuerliche Zwecke hat, wird eine einheitliche Bürgernummer. In rund 50 Datenbanken von Bund und Ländern soll diese Identifikationsnummer in Zukunft genutzt werden. Ist das der Weg zum gläsernen Bürger? Oder einfach nur ein notwendiger Schritt zur dringend notwendigen Digitalisierung der Verwaltung? Wir wollen das hier mal zur Diskussion stellen – und bringen dafür die wichtigsten Informationen. 

Die Grundidee ist gut

Die bisherige Steuer-ID (auch Steuer-Identifikationsnummer genannt) bestehend aus elf Ziffern und wird zukünftig nicht mehr nur vom Finanzamt, sondern von rund 50 weiteren Stellen genutzt. Dazu gehören Führerscheinstelle, Rentenversicherung, Krankenkassen, Meldeämter, Waffenregister und viele mehr.
Prinzipiell sollten dadurch viele Behördengänge überflüssig werden, denn dank der Bürgernummer ist jede und jeder eindeutig identifizierbar. Geschichte dürften dann auch Dinge sein wie: Amt A braucht eine Bescheinigung von Amt B. Dafür ist aber wieder etwas von Amt C nötig. Also läuft man die Ämter ab – und hat zum Schluss dann doch was übersehen.
Jetzt könnte Amt A selbst bei Amt B „nachfragen“ und entsprechend Amt B bei Amt C. Statt dem laufenden Bürger gibt es dann die laufenden Daten, online. Klingt doch gut, zumal der Bürger dem ganzen Verfahren auch noch seine Zustimmung erteilen sollen muss.
Doch es gibt zwei wesentliche Probleme: einmal der Datenschutz und einmal die Machbarkeit und Finanzierung.  

Datenschutz kritisch

Wir müssen uns das Ganze mal genau vorstellen: Das Bundeszentralamt für Steuern hat Ihre Steuer-ID gespeichert. Und dazu natürlich Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Geschlecht, letzte Anschrift und zuständiges Finanzamt. Schon bei der Einführung der Steuer-ID im Jahr 2008 gab es Kritik an möglicher Datensammelwut. Das konnte damals leicht entkräftet werden, weil die Steuer-ID ja „nur“ für steuerlich relevante Dinge eine Rolle spielte.
Nun ist diese Bürgernummer aber auch bei den verschiedensten Behörden hinterlegt. Und prinzipiell lassen sich dadurch recht einfach umfangreiche Profile erstellen. Wenn die verschiedensten Daten sich immer hinter der gleichen Nummer „verstecken“. Datenschützer warnten aber ebenso vergeblich wie die Oppositionsparteien im Bundestag vor der Einführung der einheitlichen Bürgernummer, die im Prinzip auch noch einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts widerspricht. Aber alles vergeblich. Und auch die Hoffnung, das ganze Gesetz im Bundesrat zu Fall zu bringen, blieb nur eine Hoffnung.

Verbesserungen in letzter Minute

Dass das Gesetz und die einheitliche Bürgernummer letztlich auch durch den Bundesrat ging, lag auch zumindest ein bisschen daran, dass es noch mal angepasst worden ist.

  • So gibt es in der finalen Fassung das „4-Corner-Modell“. Die Daten sollen dabei nicht direkt zwischen den Behörden ausgetauscht werden, sondern über einen Mittelsmann fließen.
  • Zudem ist ein „Daten-Cockpit“ geplant, wo jede Bürgerin und jeder Bürger nachvollziehen kann, welche Behörde warum auf was zugegriffen hat.
  • Einzelne Datenbanken wie das Schuldnerverzeichnis, das Insolvenzregister, das Rechtsdienstleistungsregister, das Liegenschaftskataster sowie Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern sind nicht mehr dabei.
  • Zudem soll noch eine Verordnung kommen, die die Anzahl und Abgrenzung der Sektoren bestimmt, in denen Daten überhaupt zusammengeführt werden dürfen.

Ja, es wurde schon einiges Richtung Datenschutz verbessert auf der Zielgeraden. Ob das ausreicht, ist aber zumindest fraglich. Vermutlich wird das Ganze dann doch noch vorm Bundesverfassungsgericht landen. Eine wesentlich datenschutzfreundlichere Variante hat übrigens unser Nachbar Österreich. Was die besser machen: Es steht im letzten Absatz dieses Blogartikels.

Die Kosten, ja die Kosten 

Im Gesetzentwurf ist die Rede von einmalig bis zu 300 Millionen € für die Registerumstellung und nochmal 108 Millionen € über vier Jahre für die Umsetzung. Ob diese Beträge auch nur ansatzweise reichen werden, ist auf jeden Fall ungewiss. In einer großen Zahl von Behörden und Registern muss alles Richtung Bürgernummer umgestellt werden. Dann soll alles auch noch untereinander funktionieren. Und zu guter Letzt muss es auch noch absolut sicher sein. Nicht auszudenken, wenn sich jemand in eine der Schnittstellen einhackt…
Das Ganze könnte bei der deutschen Gründlichkeit (oder manchmal eben auch Umständlichkeit) deutlich teurer werden. Und im allerschlimmsten Fall kassiert das Bundesverfassungsgericht das Gesetz in ein paar Jahren wieder ein, während schon hunderte Millionen in das Projekt geflossen sind. Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordneter der Grünen, brachte es auf den Punkt: „Dann haben wir ein Kosten- und Zeitproblem biblischen Ausmaßes“.  

Was bedeutet das konkret für mich?
Die einheitliche Bürgernummer wird Vereinfachungen für den Bürger bringen. Ob dabei aber der Datenschutz und das Selbstbestimmungsrecht gewahrt sind, wird wohl erst das Bundesverfassungsgericht beantworten können.

 

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Bashar Alkawarit sagt:

    Hallo ich hab in 2020 ein Monat nicht gearbeitet wegen elternzeit und ich kann das nicht eingeben weil das selbe söarbeit ist wie konnte das möglich
    MfG

  • Stefan Heine Stefan Heine sagt:

    Hallo,
    am besten wenden Sie sich an unseren Support unter hilfe@smartsteuer.de. Wir helfen gerne bei Fragen zur Anwendung.

  • Avatar kapestr sagt:

    Als es noch keinen Computer gab, haben wir schon vorher schriftlich jede Menge Daten von uns preisgegeben, jedoch hätte es damals länger gedauert, sie zusammen zu tragen. Zu Zeiten des Internets geben die Leute freiwillig so viele Daten von sich preis, wie nie zuvor. Was soll also der ganze Hype von Datenschutz und so ? Wir leben nun einmal in der digitalen Welt, und das ist erst der Anfang.
    Wir, oder die Politik, wären blöd es nicht zu nutzen.

    Wer ein reines Gewissen hat, braucht es nicht zu fürchten !

  • Avatar Klaus Heinhold sagt:

    Ich bin füe die komplette überwachung des öffentlichen Raumes,weil alle heulen,wenn ein eng stehender Mensch (Freunde,Familie),zu schaden (getötet und vielleicht auch vorher Missmraucht) kommt aber trotzdem Privatsphäre haben möchte.Ich persönlich fühle mich nicht in meinem privaten Leben überwacht,weil ich erstens nichts zu verbergen habe,und zweitens durch eine Überwachung eine Sicherheit für Kinder,Frauen und für mich und Freunde und Familie habe.
    AMEN

  • Avatar Bienenstich sagt:

    Warum muss eine solche Datenschutz relevante Gesetzgebung erst vom Verfassungsgericht geprüft werden? Sind unsere demokratischen Institutionen nicht in der Lage selbstkritisch ihre Gesetzgebung umfassend verfassungsrechtlich zu prüfen und zu sichern? Warum wird die Bevölkerung nicht einbezogen und umfassend informiert, z. B. durch die Datenschutzbeauftragten? – Das Demokratie-Gerüst hat in Deutschland leider erhebliche Lücken! Lobbyisten mischen kräftig beim Regieren mit, nur der Bürger als Betroffener hat keine Lobby? Und die behördliche Nutzung der Bürgernummer verlangt nicht nur verwaltungstechnische Organisation, sondern grundsätzlich eine digitale Basis. Solange noch Fax das Arbeitsmittel ist, wird es nicht funktionieren. Ein Gesetz mit vielen offenen Fragen ist das Ergebnis mangelhafter Regierungsarbeit und parlamentarischer Kontrolle. Also müssen es dann Gerichte gerade rücken. Aber das dauert sehr lange. Und für gesellschaftlichen Fortschritt wird so viel Zeit verschenkt.

  • Avatar Norbert Weymann sagt:

    Ich kann das Wort Datenschutz nicht mehr hören, wir Bürger sind schon längst gläsern.
    Ob ausländische Renteneinkünfte (weiss sogar die Krankenkasse) oder im Ausland ein Bankkonto eröffnen geht nur noch mit der ID, von der Zustimmung im Internet zum Datenschutz, einfach ein Witz, .,…


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