27.06.2023 · Arbeitnehmer · Rentner · Selbstständige · Studenten ·
Lesezeit: 3 Min.

Pflegereform ab 1. Juli 2023: Höhere Pflegebeiträge, Entlastung für Familien

Kinderlosenzuschlag, Arbeitnehmeranteil und Pflegegeld – die neue Pflegereform bringt in einigen Bereichen Änderungen mit sich. Aber nicht alle profitieren von dem neuen Pflegegesetz. Denn während die Beiträge bei Familien mit mehreren Kindern endlich gerechter aufgeteilt sind, müssen Menschen im Ruhestand und Studierende tiefer in die Tasche greifen. Lesen Sie jetzt, wie hoch die neuen Beiträge zur Pflegeversicherung sind und welche finanziellen Unterstützungen die Reform der Bundesregierung mit sich bringt. 

Änderungen durch die Pflegereform 

Die Bundesregierung hat jetzt ein neues Pflegegesetz verabschiedet. Das soll den Zustand der Pflege in Deutschland reformieren – und zwar in allen Bereichen. Wenn Sie jetzt denken, dass das lange überfällig war, dann sind Sie nicht allein. Allerdings, ganz so gravierend wie gewünscht wird die Veränderung dann doch nicht. Oder zumindest nicht gleich. Bis 2025 werden Veränderungen aus der Pflegereform umgesetzt. Dazu zählen: 

  • Die Beiträge der Pflegeversicherung werden angehoben, um die gestiegenen Kosten in der Pflegebranche aufzufangen.
  • Der Beitragssatz für Erwachsene mit Kindern wird ab 1. Juli 2023 nach Anzahl der Kinder gestaffelt. 
  • Ab 2024 steigt das Pflegegeld und Sachleistungen um 5 %.
  • Das Pflegeunterstützungsgeld für Angehörige gibt es ab 1. Januar 2024 nicht einmalig für 10 Tage, sondern pro Jahr. 
  • Der Zuschuss für den Heimaufenthalt steigt im ersten Jahr auf 15 %.  
  • Ab 2025 sollen Entlastungsleistungen allgemein vereinfacht und unter einem Pauschalbetrag von 3.539 € pro Jahr zusammengefasst werden. 

Beitragserhöhung der Pflegeversicherung 

Auslöser für diese Reform war nicht nur die unsichere finanzielle Lage in der Pflege. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die bisherige Aufteilung der Pflegeversicherungsbeiträge für Eltern verfassungswidrig ist. Denn bisher wurde nur unterschieden nach „Kinderlos“ oder „mit Kindern“ – die Anzahl der Kinder hat dabei gar keine Rolle gespielt. Dass das den finanziellen Alltag von Familien natürlich nicht abbildet, dürfte klar sein. Schließlich sind drei Kinder viel teurer als nur ein Kind. Die neue Staffelung für die Beiträge zur Pflegeversicherung verteilt sich ab 1. Juli 2023 deshalb so:  

Beiträge zur Pflegeversicherung für Prozent vom Bruttoeinkommen 
Kinderlose 4 %
Arbeitnehmeranteil: 2,3 %
(Arbeitnehmeranteil Sachsen: 2,8 %)
Eltern mit 1 Kind 3,4 % (lebenslang)
Arbeitnehmeranteil: 1,7 %
(Arbeitnehmeranteil Sachsen: 2,2 %)
Eltern mit 2 Kindern 3,15 %
Arbeitnehmeranteil: 1,45 %
(Arbeitnehmeranteil Sachsen: 1,95 %)
Eltern mit 3 Kindern 2,9 %
Arbeitnehmeranteil: 1,2 %
(Arbeitnehmeranteil Sachsen: 1,7 %)
Eltern mit 4 Kindern 2,65 %
Arbeitnehmeranteil: 0,95 %
(Arbeitnehmeranteil Sachsen: 1,45 %)
Eltern mit 5 und mehr Kindern 2,40 %
Arbeitnehmeranteil: 0,7 %
(Arbeitnehmeranteil Sachsen: 1,2 %)

Bisher lagen die Beiträge bei 3,05 % für Menschen mit Kindern. Dazu zählen auch adoptierte Kinder oder Pflegekinder unter 22 bzw. 24. Und auch der Zuschlag für Versicherte ohne Kinder hat sich von 0,35 % auf 0,6 % erhöht. Zu beachten ist, dass der Anteil der Arbeitgebenden immer gleich bei 1,7 % bleibt.  

Rentner und Studierende zahlen mehr 

Wer aufgepasst hat, merkt: Gerade hier zeigt sich auch ein besonderes Problem dieser Pflegereform. Denn Menschen ohne feste Anstellung müssen auch die Beiträge zur Pflegeversicherung komplett selbst tragen – inklusive „Arbeitgeberanteil“. Und das trifft vor allem Menschen in Rente, Selbstständige und Studierende. Also die Gruppen, die in den meisten Fällen ohnehin schon finanziell knapp haushalten müssen. Zusätzlich haben die wenigsten Pensionierten oder Studierenden Kinder (unter 25), sie müssen also den vollen Betrag zahlen.  

Pflegeversicherung von der Steuer absetzen 

Ein kleiner Trost für den eigenen Geldbeutel ist die Tatsache, dass sich Vorsorgeaufwendungen steuerlich geltend machen lassen. Und je höher die Beiträge, desto sinnvoller ist es natürlich, diese in einer Steuererklärung anzugeben. Zu Vorsorgeaufwendungen zählen übrigens Beiträge für die Altersvorsorge, aber eben auch Kranken- und Pflegeversicherung oder Haftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherung. 

Wie Sie diese Posten in Ihrer Steuererklärung angeben und sich so Geld vom Fiskus zurückholen, haben wir Ihnen in unserem Steuerlexikon zu Vorsorgeaufwendung Punkt für Punkt ausführlich erklärt. Alternativ können Sie auch einfach unseren Artikel „Geld sparen bei Versicherungen“ lesen und direkt anwenden. 

Was bedeutet das konkret für mich? 

Die Entlastung für größere Familien bei den Pflegeversicherungsbeiträgen macht durchaus Sinn – und zwar nicht nur, weil das Gericht dies vorschreibt. Und auch die Unterstützung für Angehörige in der Pflege verschafft vielen finanzielle Erleichterungen. Allerdings müssen all diejenige tiefer in die Tasche greifen, die die Beiträge komplett selbst zahlen müssen. So kann man wohl resümieren, dass die Pflegereform zwar für eine stabilere Finanzierung der Pflege sorgt, die Kosten bleiben für Betroffene aber trotzdem hoch. Auch deshalb werden jetzt Stimmen laut, die auf die – sowieso schon hohe – Armut bei Pflegebedürftigen aufmerksam machen. Wir halten Sie natürlich über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.


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