25.11.2021 · Rentner · smart steuern ·
Lesezeit: 4 Min.

Steuern und Rente: Die schwachen Pläne der Ampelkoalition

Knapp zwei Monate nach der Bundestagswahl ist es tatsächlich geschafft. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Den 178 Seiten starken Vertrag müssen jetzt zwar noch die Parteien billigen, aber das dürfte nicht das ganz große Problem sein. Der Wahl von Olaf Scholz als Nachfolger von Angela Merkel kurz nach Nikolaus dürfte nichts mehr im Weg stehen. Wir wollen uns heute anschauen, was die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag zu unserem Spezialgebiet Steuern plant und zudem auch einen Blick auf das Thema Rente werfen.

Was passiert mit der Einkommensteuer?

Erinnern wir uns kurz an die Wahlprogramme: Da wollten SPD und Grüne die Steuern für kleine und mittlere Einkommen senken. Finanziert sollte das werden durch höhere Steuern für Spitzenverdiener und zusätzlich eine Vermögensteuer. Die FDP wollte kurz gesagt die Steuern für alle senken. Und natürlich keinerlei Steuererhöhungen. Schwierige Ausgangslage also.
Im Sondierungspapier vor ein paar Wochen hieß es dann immerhin: „Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen.“ Tja, was soll ich sagen… Zum Thema Einkommensteuer steht im Koalitionsvertrag: NICHTS. Ich habe wirklich genau hingeschaut: Es gibt nichts über Steuererhöhungen oder Steuersenkungen, nichts zum Soli. Das ist, ich sage es kurz, ein sehr, sehr schlechter Start.

Steuerliche Ausgangslage nicht so schlecht

Da fehlte offenbar der Mut oder man konnte sich dann doch nicht einigen. Das ist aber doch nur eine Verschiebung des Problems. Dabei gehen die Steuerschätzer davon aus, dass bis 2025 rund 179 Milliarden € mehr in die Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden fließen sollen als noch vor einem halben Jahr errechnet. Allein der Bund soll im Schnitt 14 Milliarden € pro Jahr mehr einnehmen. Bei den Ländern ist es sogar noch etwas mehr. Klingt gut, ist es auch.
Aber man sollte eben auch nicht vergessen, dass SPD, Grüne und FDP massiv investieren wollen in Klimaschutz, Bildung und Digitalisierung. Zudem hat der Bund wegen Corona bis jetzt schon mehr als 300 Milliarden € neue Schulden aufgenommen – und auch im nächsten Jahr dürfte da noch einiges hinzukommen.

Steht überhaupt was zu Steuern im Vertrag? 

Ja, es gibt da schon was. Aber auch erst ab Seite 164. Ich fasse mal die Punkte kurz zusammen, die Menschen betreffen. Will sagen, Unternehmensdinge lasse ich mal außen vor.

  • Das Steuersystem soll einfacher werden, mehr Digitalisierung, weniger Bürokratie. Die Rede ist zum Beispiel von einer vorausgefüllten Steuererklärung („Easy Tax“). Das klingt spannend, gibt es aber dem Begriff nach schon (Stichwort VaSt). Zudem werden höhere Schwellenwerte ins Rennen geworfen. Offen bleibt, was das meint. 
  • Intensivere Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.
  • Die steuerliche Homeoffice-Regelung wird bis Ende 2022 verlängert.
  • Der Ausbildungsfreibetrag steigt von 924 auf 1.200 €.
  • Der Sparpauschbetrag ebenfalls: von 801 auf 1.000 € für Singles beziehungsweise von 1.602 auf 2.000 € für Paare.
  • Ehepaare mit den Steuerklassen III und V sollen generell in die Steuerklasse IV mit Faktor überführt werden. Das Ehegattensplitting bei der Steuer wird aber nicht erwähnt.

Die Rente ist sicher 

Ja, richtig gelesen. Aber um das sicher zu stellen, geht die Koalition durchaus neue Wege. Hier die wichtigsten Punkte:

  • Das Mindestrentenniveau von 48 % soll dauerhaft sicher sein.
  • Der Beitragssatz steigt in den nächsten vier Jahren nicht über 20 %.
  • Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Rentenalters geben.

Das ist erstmal gut, interessant ist aber auch der Weg, wie das geschafft werden soll. Die kommende Bundesregierung steigt in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Als erster Schritt erhält die Deutsche Rentenversicherung (DRV) einen Kapitalstock von 10 Milliarden € (aus Steuergeldern). Zudem ist es der DRV erlaubt, ihre Reserven am Kapitalmarkt reguliert anzulegen. Außerdem gibt es eine „grundlegende“ Reform der privaten Altersvorsorge. 

Und was ist mit der Rentendoppelbesteuerung?

Da gibt es tatsächlich was zu vermelden. Denn nach dem Urteil zur Rentendoppelbesteuerung des Bundesfinanzhofs war die Politik ja gefordert. So will die neue Regierung „eine doppelte Rentenbesteuerung auch in Zukunft vermeiden“. Schaffen will das die Ampel mit folgenden Maßnahmen:

  • Rentenversicherungsbeiträge sollen schon ab 2023 (statt 2025) komplett als Sonderausgaben abgesetzt werden können.
  • Und noch wichtiger: Ab 2023 wird der steuerpflichtige Rentenanteil nur noch um einen halben Prozentpunkt (statt ein Prozentpunkt) pro Jahr steigen. Das bedeutet, dass Renten erst ab 2060 statt wie bisher geplant schon 2040 komplett besteuert werden.

Das klingt jetzt sehr theoretisch, deshalb zwei Beispiele von mir:

  • Sie gehen 2030 in Rente: Nach der bisherigen Regelung würde Ihre Rente zu 90 % besteuert. Mit der Änderung durch die Ampel sind es „nur noch“ 86 %.
  • Wenn Sie 2040 in Rente gehen, sind es statt 100 % Besteuerung nur noch 91 %. 

Das ist auf jeden Fall ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ob es aber ausreicht, um die Doppelbesteuerung tatsächlich verhindern zu können, wird sich noch zeigen.

Unser Fazit: Der Koalitionsvertrag ist steuerlich eine große Enttäuschung. Die Vorgängerregierung hat immerhin noch klar gesagt, dass es keine Erhöhung der Steuerbelastung der Bürgerinnen und Bürger geben wird. Dazu gibt es keinerlei Aussage auf 178 Seiten Vertrag. Weder in die eine noch in die andere Richtung. Das einzig Positive ist, dass sich die Koalition dem Problem der Doppelbesteuerung von Renten angenommen hat.

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar ADELMANN Rainer Georg sagt:

    Ich war von 1975 bis 1985 für deutsche Fimen in Algerien tätig – Gehalt in D plus Auslöse in DZ wurden in Algerien (DZ) versteuert. 1 Jahr konnte ich mich als Angestellter freiwillig in der DRV versichern, dann musste diese Versicherung vom Auftraggeber geordert werden, wofür dieser seine Hälfte des Beitrages steuerlich berücksichtigen konnte.
    Gemäss Auflistung der von DRV gewährten Entgeltpunkte für meine geleisteten Einzahlungen konnte ich mathematisch sehr genau ermitteln, dass ich nach heutiger (seit 2014 zwischen Luxembourg und Deutschland geltendem Abkommen der fälligen Besteuerung mit 34.85% meiner JARB (Jahres-Alters-Renten Bezüge doppelt besteuert werde, heisst, für den in Algerien besteuerten Anteil werde ich nun vom Finazamt Neubrandenburg (RiA) ein zweites Mal besteuert und es gelingt mir seit nunmehr 4,5 Jahren nicht, bei der zuständigen Sachbearbeiterin dahingehend durchzukommen, dass diese mein Anliegen irgend einem juristischen Gremium zur Beurteilung vorlegt. Allerdings wurden seit 2014 6%/Jahr Zinsen unter Androhung von Zwangsvollstreckung gefordert und von mir „unter Protest“ geleistet.
    Ordnerfüllend habe ich die gesamte Dokumentation anfangs per Einschreiben und seit Covid via e-Mail vorgelegt – alles scheint von Frau Meyerrose blockiert und geht sogar ‚Hausintern‘ nicht weiter, auf meine Schreiben begründend meine Weigerung derzeit Vorauszahlungen infolge bereits geleisteter Überzahlungen zu leisten werde ich von der Zahlstelle des FaNB(RiA) informiert, dass dort mein ‚Anliegen‘ nicht verstanden wird.
    Gibt es irgend jemand, der mich in dieser Angelegenheit unterstützen kann? Selbst Solvit hat abgelehnt mit dem Zitat, dass es sich hier um europäisches Ausland (Algerien) handele, Solvit D und auch L seien somit nicht zuständig. Dabei geht es hier um Finanzamt Deutschland gegen Ex-Deutscher (seit langer Zeit in Luxembourg naturalisiert, 2017 über fällige Nachzahlungen informiert mit Beinhaltung von ‚Verzugszinsen‘ seit 2014 von 6% jährlich – obwohl ich von niemand informiert wurde, dass also im Jahre 2014 zwischen beiden Staaten ein Abkommen geschlossen wurde, welches die steuerliche Behandlung von Rentenzahlungen betrifft).
    Ich danke vorab für jedwede Unterstützung.
    Mit freundlichen Grüssen
    R. Adelmann, 91 rte d’Esch, L-3230 Bettembourg, adelmann@pt.lu +35223676431 gsm+352621308854

  • Avatar Bart sagt:

    „ Ehepaare mit den Steuerklassen III und V sollen generell in die Steuerklasse IV mit Faktor überführt werden. Das Ehegattensplitting bei der Steuer wird aber nicht erwähnt.“

    Das ist doch quasi eine deutliche Steuererhöhung. Durch den Wegfall der Steuerklassen III/V und den Zwang zum Wechsel in die Steuerklasse IV werden Ehepaare mit großen Gehaltsunterschieden massiv schlechter gestellt. Wo ist hier der Aufschrei? Der Artikel suggeriert es würde sich nichts ändern.


Kommentar schreiben (* Pflichtfelder)