22.09.2016 · Arbeitnehmer · Beliebte Beiträge ·
Lesezeit: 3 Min.

Wo gibt’s noch 6 Prozent Zinsen aufs Geld?

Wir sind fair. Auf eine solche Frage in der Überschrift verdienen Sie eine schnelle Antwort. Es ist nicht die XY-Bank, sondern das gute alte Finanzamt. Wie, werden Sie bestimmt fragen? In Kurzform: Auf verspätete Steuernachzahlungen an das Finanzamt, aber auch auf Steuererstattungen an den Bürger, gibt es Zinsen von 6 Prozent pro Jahr. Wir erklären Ihnen, wann das genau passiert, warum das gerade jetzt so interessant ist und wie Sie als einfacher Steuerzahler von den Zinsen profitieren können.

Niedrigzinsen überall

Na, kennen Sie noch jemanden, der richtig Zinsen auf sein Erspartes bekommt? Natürlich nicht! Im Gegenteil vermutlich, denn erste Banken haben sogar schon Straf- beziehungsweise Negativzinsen eingeführt oder angekündigt (siehe diesen Blogbeitrag).
Und während die Zinssätze seit Jahren fallen, was Sparer ärgert und zum Beispiel Häuslebauer freut, ist der Zinssatz beim Finanzamt von 6 Prozent pro Jahr mehr als ein halbes Jahrhundert gleich geblieben. Waren diese umgerechnet 0,5 Prozent pro Monat lange nicht wirklich eine große Strafe bei einer Steuernachzahlung (man konnte das Geld ja vorher selbst ganz gut anlegen), sieht es heute anders aus. Andererseits beklagen aber jetzt auch einige, dass die Finanzämter bei Steuererstattungen im Vergleich zum Markt völlig überhöhte Zinsen bezahlen. Und dieses Geld muss ja schließlich auch aus Steuergeldern kommen …

Der Staat macht mit den Zinsen Gewinn – so können Sie sich wehren

Sie sehen schon, es ist irgendwie ein zweischneidiges Schwert. Was man aber immerhin sagen kann: Für den Staat sind die Zinsen offenbar ein gutes Geschäft. Laut Wirtschaftswoche macht der Fiskus daraus einen Gewinn von rund einer Milliarde Euro jährlich: Nachzahlungszinsen (sowie Stundungs- und Aussetzungszinsen) für den Staat minus Erstattungszinsen für den Steuerzahler.
Grund genug für den Bund der Steuerzahler, in dieser Sache aktiv zu werden. Er unterstützt ein Musterverfahren gegen die hohen Zinsen, in dem ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen beim Finanzgericht Münster Klage erhoben hat (Az. 10 K 2472/16 E). Die Chancen stehen nicht schlecht, denn bei früheren Klagen (in Zeiten höherer Zinsen) hatte der Bundesfinanzhof schon darauf hingewiesen, dass sich die Zinssätze bei den Finanzämtern ändern könnten, wenn das Zinsniveau am Markt dauerhaft niedrig ist.

Tipp: Wer Zinsen auf Steuernachzahlungen leisten muss, soll in jedem Fall Einspruch einlegen und auf das Verfahren in Münster sowie zusätzlich auf eins beim Bundesfinanzhof (Az. I R 77/15) verweisen. Wenn das Musterverfahren Erfolg haben sollte, gäbe es dann zu viel gezahlte Zinsen eines Tages zurück.

So können Sie von der aktuellen Zinsregelung profitieren

Es gibt aber auch die andere Seite, wo man tatsächlich ein Geschäft mit dem Staat machen kann. Doch nicht jeder kann es „aus eigener Kraft“ schaffen, Zinsen auf Steuererstattungen zu bekommen. Natürlich kann man mal „Glück“ haben – und das Finanzamt trödelt so lange, dass es Zinsen zahlen muss. Aber das passiert eher selten. Es gibt aber eine nicht unerhebliche Gruppe von Steuerzahlern, die wirklich aus der mehr als 50 Jahre alten Zinsregelung Geld machen können.
Betroffen sind erstmal nur Personen, die NICHT verpflichtet sind, eine Steuererklärung abzugeben. Welche das sind, können Sie in diesem Artikel nachlesen.
Dann gilt: Sie können sich generell vier Jahre nach Ende des betreffenden Steuerjahres Zeit lassen, bis Sie (freiwillig) Ihre Steuererklärung abgeben. Also die für 2015 spätestens Ende 2019. Zinsen gibt es dann ab dem 16. Monat nach Ende des Steuerjahres, in diesem Fall ab April 2017. Ein Vermögen lässt sich damit aber auch nicht machen: Wenn Sie zum Beispiel eine Steuererstattung von 1.000 Euro erhalten müssten, gibt es, wenn Sie die Zeiträume optimal ausreizen und das Finanzamt innerhalb von drei Monaten fertig ist, rund 180 Euro an Zinsen. Aber immerhin.

Tipp: Wenn Sie keine Steuererklärung abgeben müssen, probieren Sie doch mal unsere Online-Lösung smartsteuer aus. Wählen Sie dort etwa das Steuerjahr 2012 aus und probieren Sie, ob Sie nicht bisher eine Menge Geld verschenkt haben: die Steuererstattung und die entsprechenden Zinsen. Wenn das klappt, können Sie sich dann an die Erklärungen der folgenden Jahre machen…

Zusammenfassung: Bei verspäteten Steuernachzahlungen und Steuererstattungen kommen 6 Prozent Zinsen pro Jahr dazu. Wer nicht verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben, kann davon rückwirkend profitieren.

Bisherige Kommentare (Selber ein Kommentar hinterlassen)

  • Avatar Walter Zylla sagt:

    Lieber Herr Heine,

    aus 180 € läßt sich kein Vermögen machen? Wenn das Ihre Meinung ist, dann möchte ich nicht von Ihnen beraten werden, wenn irgendwann der Euro abgeschafft wird.

    Wie hoch war das Einstiegskapital nach dem Krieg? 50 DM? Damit dürfe Ihre Aussage ausreichend widerlegt sein.

    Einen schönen Tag wünscht
    Walter Zylla

  • Björn Waide Björn Waide sagt:

    Hallo Herr Zylla, vielen Dank für Ihren Kommentar. Gemeint war, dass man durch angesparte Steuerrückzahlungen und die darauf gezahlten Zinserträge selbst kein Vermögen erlangen kann. Wie kreativ Sie die so erhaltenen Beträge dann wieder einsetzen, ist natürlich Ihre Sache.


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