1 Allgemeine Übersicht
2 Bruchteilsgemeinschaft bei der Verwaltung von Gemeinschaftsobjekten
3 Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO
4 Aufteilung von Einnahmen und Werbungskosten
4.1 Quotale Aufteilung (Grundsatz)
4.2 Sondereinnahmen und Sonderwerbungskosten
5 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung
5.1 Unternehmereigenschaft
5.2 Steuerschuldner bei der Umsatzsteuer
5.3 Vorsteuerabzug
5.4 Verfahrensrechtliche Lösung
6 Verwandte Lexikonartikel
Miteigentum kann begründet werden |
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nach Bruchteilen |
»zur gesamten Hand« |
Bruchteilseigentum |
Gesamthandseigentum |
Das Bruchteilseigentum ist die Rechtsbeziehung mehrerer Eigentümer mit gleichen oder unterschiedlichen Anteilen an einer Sache (§§ 741 ff BGB). Dem einzelnen Miteigentümer steht an der Sache kein konkreter, sondern lediglich ein ideeller Anteil zu (im Zweifel gleiche Anteile, § 742 BGB), über den er ungehindert verfügen kann (§ 747 BGB). |
Mehrere sind derart an einer Sache als Miteigentümer beteiligt, dass jeder auf das Ganze berechtigt ist, aber weder über seinen Anteil an der Sache noch über den (ideellen) Anteil am Gesamthandseigentum verfügen kann. Gesamthandseigentum ist die Folge einer bestimmten rechtlichen Gestaltung:
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Beispiel: Die Eheleute A und B erwerben jeweils zu 50 % ein Mietwohngrundstück. Jeder Ehegatte ist damit zur Hälfte Eigentümer. |
Beispiel: Die Geschwister C und D haben je zur Hälfte ein Mietwohngrundstück geerbt. Das Grundstück ist gesamthänderisches Eigentum der Erbengemeinschaft bestehend aus C und D. Das Grundstück gehört ungeteilt der Erbengemeinschaft. Bruchteilsrechte bestehen nicht. |
Abb.: Bruchteilseigentum
Die Verwaltung von Gemeinschaftsobjekten (§§ 744, 745 BGB) durch entgeltliche Leistungstätigkeit (z.B. Vermietung) erfolgt regelmäßig im Rahmen der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) und nicht im Rahmen einer → Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB).
Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtssubjekt i.S.d. § 10 Abs. 6 Satz 1 WoEigG kann beim Betrieb eines Blockheizkraftwerks eine gewerbliche → Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begründen, für die ein Feststellungsverfahren (→ Gesonderte Feststellung) nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO durchzuführen ist (BFH vom 20.9.2018, IV R 6/16, BStBl II 2019, 160).
Im Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO werden WG, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten steuerrechtlich anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Steuerrechtlich wird die Gesamthandsgemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft angesehen (BFH Urteil vom 13.7.1999, VIII R 72/98, BStBl II 1999, 820 und BFH Urteil vom 18.5.2004, IX R 83/00, BStBl II 2004, 898).
Einnahmen und Werbungskosten sind insbes. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich entsprechend dem Verhältnis der zivilrechtlichen Miteigentumsanteile aufzuteilen (§ 743 Abs. 1, § 748 Abs. 1 BGB). Dies gilt dann, wenn die Gemeinschafter gemeinsam als Vermieter auftreten. Steht fest, dass nur ein Miteigentümer allein den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt, ist die Einkunftserzielung ihm alleine zuzurechnen (BFH Urteil vom 15.12.2009, IX R 55/08, BFH/NV 2010, 863).
Beispiel:
Die Eheleute A und B sind Miteigentürmer eines Mietwohngrundstücks. A schließt mit den Mietern die Mietverträge alleine ab.
Zur Ermittlung des Überschusses ist eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung abzugeben (§§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO).
Die entgeltliche Überlassung von im Miteigentum stehenden Räumlichkeiten an einen Miteigentümer (oder dessen Ehegatten) über dessen Miteigentumsanteil hinaus, führen bei dem anderen Miteigentümer anteilig zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Entspricht die überlassene Fläche dem Miteigentumsanteil, ist das Mietverhältnis insoweit steuerlich nicht anzuerkennen. (OFD Koblenz vom 14.3.2005, S 2253 A).
Der Grundsatz, dass Einnahmen und Werbungskosten entsprechend den Miteigentumsanteilen auf die Beteiligten zu verteilen sind, gilt ausschließlich für die Einnahmen und Werbungskosten der Eigentümergemeinschaft als solche. Erhält der einzelne Miteigentümer persönlich Einnahmen, z.B. für die Übernahme der Hausverwaltung, oder entstehen ihm in seiner Person Aufwendungen, z.B. Finanzierungskosten für seinen Miteigentumsanteil, handelt es sich dabei um Sondereinnahmen oder Sonderaufwendungen des einzelnen Miteigentümers. Diese sind nicht aufzuteilen, sondern ihm in vollem Umfang direkt zuzurechnen.
Eine Bruchteilsgemeinschaft konnte bisher kein Unternehmer sein. Es lagen vielmehr zivil- und umsatzsteuerrechtlich durch die Gemeinschafter als jeweiliger Unternehmer anteilig erbrachte Leistungen vor (BFH Urteil vom 22.11.2018, V R 65/17, BFH/NV 2019, 359, LEXinform 0951786; DB 2019, 345; Änderung der Rechtsprechung; s. auch BFH vom 7.5.2020, V R 1/18, BFH/NV 2020, 1211; s. auch BFH Beschluss vom 28.8.2023, V B 44/22, BFH/NV 2023, 1388; LEXinform 4264219). Durch Neufassung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG werden mit Wirkung ab dem 1.1.2023 auch Bruchteilsgemeinschaften als Unternehmer anerkannt (JStG 2022). Es kommt weder auf die Rechtsform noch auf die Rechtsfähigkeit des Leistenden an (Abschn. 2.1 Abs. 1 und 2 UStAE).
Der als Unternehmer tätige Gemeinschafter der Bruchteilsgemeinschaft ist Schuldner der USt.
Bei der Übertragung von hälftigem Miteigentum ist der jeweilige Miteigentümer Leistungsempfänger, sodass für den Fall eines Verzichts gem. § 9 Abs. 1 und Abs. 3 UStG (Option) auf die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bestehende Steuerfreiheit keine Steuerschuld einer GbR nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG (Leistungsempfänger als Steuerschuldner) besteht (BFH vom 25.11.2021, V R 44/20, BStBl II 2023, 285).
Folgen hat das Urteil vom 22.11.2018 (V R 65/17, BFH/NV 2019, 359, DB 2019, 345) auch für den Vorsteuerabzug. Bei Leistungsbezügen für das gemeinschaftliche Recht ist für die Bestimmung der Person des Leistungsempfängers nicht mehr danach zu differenzieren, bei wem es zu einer unternehmerischen Verwendung kommt, die zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Leistungsempfänger ist stets der einzelne Gemeinschafter entsprechend seiner Beteiligung, wobei sich das Recht auf Vorsteuerabzug bei ihm gleichermaßen aus seiner eigenunternehmerischen Verwendung oder aus einem gemeinsamen Handeln der Gemeinschafter durch gemeinsame Nutzung des Rechts gegenüber Dritten ergeben kann. In beiden Fällen ist es der Gemeinschafter, der entsprechend seiner Beteiligungsquote den Vorsteuerabzug für sich als Unternehmer geltend machen kann.
Verfahrensrechtliche Schwierigkeiten ergeben sich aus der rechtlichen Beurteilung weder bei der Leistungserbringung noch beim Leistungsbezug, da die verbindliche Aufteilung auf die Gemeinschafter durch § 1 Abs. 2 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 AO erreicht werden kann. Dies setzt für die Umsatzsteuer voraus, dass mehrere Unternehmer im Rahmen eines Gesamtobjekts Umsätze ausführen oder empfangen. Für das Vorliegen gleichartiger Rechtsbeziehungen zu demselben Dritten reichen dabei die entsprechenden Beziehungen auf der Eingangs- oder Ausgangsseite aus (BFH Urteil vom 22.11.2018, V R 65/17, BFH/NV 2019, 359; s. auch BFH vom 7.5.2020, V R 1/18, BFH/NV 2020, 1211).
→ Gesellschaft des bürgerlichen Rechts
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