15.05.2020 · Arbeitnehmer · smart steuern ·
Lesezeit: 3 Min.

Weniger Mehrwertsteuer in der Gastronomie

Zehntausende Restaurants in ganz Deutschland kämpfen ums Überleben. Im April beschloss die Bundesregierung deshalb eine direkte steuerliche Entlastung. Die Mehrwertsteuer für Speisen wird vom normalen Satz von 19 Prozent auf den ermäßigten in Höhe von 7 Prozent gesenkt. Allerdings erst ab dem 1. Juli – und für ein Jahr. Was bedeutet das konkret? Nutzt das den Restaurants wirklich? Und warum zeigen sich hier wieder mal die Merkwürdigkeiten des deutschen Mehrwertsteuersystems? 

Die Restaurants öffnen wieder

Das ging nun doch etwas schneller als noch Mitte/Ende April gedacht. Die ersten Restaurants haben schon wieder geöffnet. Irgendwie ist es da schon dumm, dass der ermäßigte Steuersatz erst ab dem 1. Juli greift. Einige Restaurants hatten sich immerhin mit Außerhaus-Verkäufen so ein bisschen über Wasser halten können, viele andere hatten komplett dicht gemacht. Die ohnehin schlecht bezahlten Angestellten mussten mit Kurzarbeitergeld (Kinderlose 60 % / Eltern 67 % vom Netto) auskommen. 

Was bedeutet die Mehrwertsteuersenkung?

Bisher – und auch noch bis zum 30. Juni – lief und läuft es so:

  • Bestellen und essen Sie im Restaurant, wird auf der Rechnung 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Der höhere Mehrwertsteuersatz wird für die Bewirtungsleistung vor Ort fällig.
  • Bestellen Sie was zum Mitnehmen, sind es auf das Essen nur noch 7 Prozent – bei den Getränken bleibt es bei 19 Prozent.

Ab 1. Juli wird also die „Mitnehm“-Regel zur allgemeinen Regel. Für uns als Kunden ändert sich nichts, es bleibt nur mehr Geld beim Wirt hängen.

Schauen wir uns mal ein Beispiel an:

  • Sie sind mit der Familie zu viert im Restaurant. Das Essen kostet 58 Euro, die Getränke 17 Euro. Macht 75 Euro. Hoffentlich geben Sie auch noch 5 Euro Trinkgeld – dann sind es 80 Euro. Daran wird sich nichts ändern, egal ob bis oder nach dem 30. Juni.
  • Bisher steckten in den 75 Euro Rechnungsbetrag 63,03 Euro netto und 11,97 Euro Mehrwertsteuer (19 Prozent). 
  • Ab 1. Juli muss unterschieden werden: Im Essen (58 Euro) sind es 54,21 Euro netto und 3,79 Mehrwertsteuer (7 Prozent). Bei den Getränken bleibt es bei den 19 Prozent: also 17 Euro, aufgeteilt in 14,29 Euro netto und 2,71 Euro Steuer.
    Im Rechnungsbetrag von 75 Euro sind es also jetzt 68,50 Euro netto und 6,50 Euro Mehrwertsteuer. 
  • Der Wirt verdient also 68,50 – 63,03 Euro = 5,47 Euro mehr als bisher. 

Die Beispielrechnung zeigt, dass es schon einen Effekt gibt. Da aber der Steuersatz für die Getränke gleich bleibt, sind es maximal 10 Prozent mehr Nettoumsatz (wenn keine Getränke bestellt werden) – und zum Teil deutlich weniger, wenn Getränke dabei sind.
Es ist vermutlich auch nur etwas mehr als der Tropfen auf den heißen Stein. Denn dank der Abstandsregeln werden nicht so viele Gäste gleichzeitig da sein können wie sonst in Spitzenzeiten. 

Warum ist das trotzdem merkwürdig?

Die Unterscheidung zwischen dem normalen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent und dem ermäßigten von 7 Prozent für den Grundbedarf ist seit Jahren kaum einem Menschen erklärlich zu machen. So haben Getränke, egal ob alkoholisch oder nicht, immer (!) 19 Prozent Mehrwertsteuer. Kaufen Sie im Supermarkt eine Flasche Wasser sind es also 19 Prozent, bei Bier auch und sogar bei Fruchtsaft. Obst selbst hat aber tatsächlich nur 7 Prozent. Milch hat übrigens auch 7 Prozent, Sojamilch 19 Prozent…
Schauen Sie doch mal in diesen ausführlichen Blogartikel zur Mehrwertsteuer rein, da gibt es noch mehr Beispiele.

Dank dieser merkwürdigen Regelung ist klar, warum im Gesetz zur Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie auch ausdrücklich die Getränke vom ermäßigten Mehrwertsteuersatz ausgenommen sind. Weil Sie an allen anderen Stellen (Supermarkt, Großhandel) 19 Prozent haben. Und jetzt zu sagen, Getränke im Restaurant haben auch nur 7 Prozent noch mehr Widersprüche produzieren würde. Eine Frage muss aber erlaubt sein zum Schluss: Warum haben alkoholfreie Getränke 19 Prozent? Alkohol, klar, da sind 19 Prozent schon sinnvoll. Aber Wasser, Saft und Limonaden? Sind das wirklich schon Luxusartikel und kein Grundbedarf mehr?

Was bedeutet das konkret für mich?
Wenn Sie ab dem 1. Juli ins Restaurant gehen, verdient der Wirt mehr an Ihnen. Für Sie als Kunden ändert sich sonst nichts, zumindest preislich.


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