Arbeit auf Abruf

Stand: 28. März 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Begriff
2 Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG
2.1 Vor- und Nachteile der Abrufarbeitsverhältnisse
2.2 Vertragliche Gestaltungen für Minijobs
2.2.1 Definition »Minijob«
2.2.2 Vereinbarung einer wöchentlichen Mindest- bzw. Höchstarbeitszeit
2.2.3 Arbeitsvertrag ohne Festlegung einer wöchentlichen Mindest- bzw. Höchstarbeitszeit
2.2.3.1 Regelung bis 31.12.2018
2.2.3.2 Regelung ab 1.1.2019
2.2.4 Geringfügigkeits-Richtlinien
2.3 Vorankündigungsfrist
2.4 Beachtung der Arbeitszeitgrenzen
2.4.1 Arbeitszeitgrenzen nach dem Arbeitszeitgesetz
2.4.2 Pflichten des Arbeitgebers
2.4.3 Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel

1. Begriff

Arbeit auf Abruf ist der rechtliche Begriff für eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit nach dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vom 21.12.2000 (BGBl I 2000, 1966). Ziel des Gesetzes ist u.a., Teilzeitarbeit zu fördern und die Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten ArbN zu verhindern (§ 1 TzBfG). Dabei werden ArbN vom ArbG bei Bedarf zur Arbeitsleistung abgerufen. In § 12 TzBfG wird die Arbeit auf Abruf geregelt.

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Nach dem Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter ArbN wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter ArbN, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten ArbN ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten ArbN entspricht.

Teilzeitbeschäftigt ist ein ArbN, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten ArbN (§ 2 Abs. 1 Satz 1 TzBfG). Teilzeitbeschäftigt ist auch ein ArbN, der eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ausübt (→ Geringfügig Beschäftigte, → Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Nebenbeschäftigungen).

2. Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG

2.1. Vor- und Nachteile der Abrufarbeitsverhältnisse

Neben der zeitlich nicht begrenzten Verringerung der Arbeitszeit (§ 8 TzBfG) und der Verlängerung der Arbeitszeit eines teilzeitbeschäftigten ArbN (§ 9 TzBfG) regelt § 12 TzBfG die Möglichkeit der Vereinbarung der Arbeit auf Abruf. Nach dem Diskriminierungsverbot gilt diese Regelung sowohl für Vollzeit- als auch für Teilzeitbeschäftigte.

Bei den typischen Abrufarbeitsverhältnissen dürfte es sich insbes. um geringbezahlte Gelegenheitsjobs, z.B. von Schülern und Studenten handeln. Als Aushilfe im Gastronomiebereich, bei großem Besucheraufkommen im Freizeitbereich (Freizeitparks) oder im Einzelhandel werden Minijobs häufig auf Abruf ausgeübt und sind somit nicht an feste Arbeitszeiten gebunden.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TzBfG können ArbG und ArbN vereinbaren, dass der ArbN seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Je nach Kundenaufkommen kann flexibel mit dem Personaleinsatz reagiert werden. Der ArbG bestimmt also einseitig die Lage der Arbeitszeit durch Abruf der Arbeitsleistung. Die Zeit zwischen den Arbeitseinsätzen ist unbezahlt. Bei der »Arbeit auf Abruf« hat der ArbG eine hohe Flexibilität, der ArbN trägt das wirtschaftliche Risiko.

Nach § 615 BGB trägt im Normalfall der ArbG das Risiko, dass z.B. bei geringer Kundennachfrage oder sonstiger betrieblicher Probleme der ArbN seinen Dienst nicht verrichten kann. Der ArbN kann nach § 615 Satz 1 BGB für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nacharbeit verpflichtet zu sein. Das gilt insbes. in den Fällen, in denen der ArbG das Risiko des Verdienstausfalls trägt (§ 615 Satz 3 BGB).

Durch beiderseitigen Vertrag bzw. arbeitsvertragliche Regelungen kann von den gesetzlichen Regelungen des Schuldverhältnisses abgewichen werden, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt (§ 311 Abs. 1 BGB). Durch die Gestaltungsmöglichkeiten des § 12 TzBfG wird von der gesetzlichen Regelung des § 615 BGB abgewichen und das Risiko des ArbG wesentlich minimiert.

2.2. Vertragliche Gestaltungen für Minijobs

2.2.1. Definition »Minijob«

Minijobs sind:

  • Geringfügige Beschäftigungen mit höchstens 450 € (bis Oktober 2022) monatlichem Arbeitsentgelt. Ab 1.10.2022 wurde die Geringfügigkeitsgrenze auf 520 € erhöht und zukünftig dynamisch ausgestaltet. Das geschieht in der Form, dass eine Koppelung an den jeweils geltenden gesetzlichen Mindestlohn erfolgt, verbunden mit einer fixen wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden.

  • Kurzfristige Beschäftigungen mit einem Arbeitseinsatz von maximal 70 Tagen pro Kalenderjahr.

Durch fehlende Beiträge zu den Sozialversicherungen sichern Minijobs sozial nicht ab.

Die Minijob-Zentrale informiert auf ihrer Internetseite über neue Regelungen bei den Minijobs, die für ArbG und Beschäftigte im Jahr 2023 wichtig sind (abrufbar unter https://magazin.minijob-zentrale.de/minijob-2023).

2.2.2. Vereinbarung einer wöchentlichen Mindest- bzw. Höchstarbeitszeit

ArbG und ArbN können vereinbaren, dass die Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu leisten ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG). Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG muss die Vereinbarung eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Als wöchentliche Arbeitszeit kann dabei eine Mindest- oder Höchstarbeitszeit festgelegt werden.

Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der ArbG nur bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der ArbG nur bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 TzBfG).

Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der ArbG die Arbeitsleistung des ArbN jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen (§ 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG).

2.2.3. Arbeitsvertrag ohne Festlegung einer wöchentlichen Mindest- bzw. Höchstarbeitszeit

2.2.3.1. Regelung bis 31.12.2018

Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, galt bis 31.12.2018 eine Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart (§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG a.F.).

Bei einer 10-Stunden-Woche und einem gesetzlichen Mindestlohn im Kj. 2018 i.H.v. 8,84 € ergab sich ein durchschnittlicher Monatslohn von (10 Stunden × 4,35 Wochen/Monat = 43,5 Stunden/Monat × 8,84 €/Stunde =) 384,54 €. Bis zum 31.12.2018 galt das Abrufarbeitsverhältnis ohne Festlegung einer wöchentlichen Arbeitszeit als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.

2.2.3.2. Regelung ab 1.1.2019

Bleibt das vor dem 1.1.2019 bestehende Abrufarbeitsverhältnis, in dem keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wurde, auch nach dem 31.12.2018 weiter bestehen, wird daraus ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis, weil die Geringfügigkeitsgrenze von 450 € überschritten wird.

Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2384) wird mit Wirkung vom 1.1.2019 u.a. § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG dahingehend geändert, dass ohne Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit eine Arbeitszeit von 20 Stunden (bisher 10 Stunden) als vereinbart gilt.

Bei einer 20-Stunden-Woche und einem gesetzlichen Mindestlohn im Kj. 2019 i.H.v. 9,19 € ergibt sich ein durchschnittlicher Monatslohn von (20 Stunden × 4,35 Wochen/Monat = 87,0 Stunden/Monat × 9,19 €/Stunde =) 799,53 €. Ab dem 1.1.2019 gilt das Abrufarbeitsverhältnis ohne Festlegung einer wöchentlichen Arbeitszeit nicht mehr als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.

Wenn das Abrufarbeitsverhältnis ein Minijob bleiben soll, müssen ArbG mit dem Minijobber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festlegen.

2.2.4. Geringfügigkeits-Richtlinien

Die Geringfügigkeits-Richtlinien informieren über das Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht bei geringfügigen Beschäftigungen, dazu zählen geringfügig entlohnte Beschäftigungen sowie kurzfristige Beschäftigungen. Sie sind insbes. für die ArbG eine wertvolle Unterstützung im Umgang mit der besonderen Beschäftigungsform.

Die Minijob-Zentrale hat die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien 2021 (Stand 26.7.2021) veröffentlicht. Sie lösen die Geringfügigkeits-Richtlinien i.d.F. vom 21.11.2018 ab. Sie gelten spätestens ab dem 1.8.2021 (abrufbar unter www.minijob-zentrale.de).

2.3. Vorankündigungsfrist

Der ArbN ist zur Arbeitsleistung nur dann verpflichtet, wenn der ArbG ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt (§ 12 Abs. 3 TzBfG). In der täglichen Praxis wird diese Regelung – gerade in kleinen Betrieben – oft nicht eingehalten; obwohl der ArbG diese Frist unbeachtet lässt, erscheint der ArbN zur Arbeit. Damit liegt ein gesetzeswidriges Verhalten des ArbG vor, da er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt.

Durch Tarifvertrag kann von der Regelung des § 12 Abs. 1 und 3 TzBfG auch zuungunsten des ArbN abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht.

2.4. Beachtung der Arbeitszeitgrenzen

2.4.1. Arbeitszeitgrenzen nach dem Arbeitszeitgesetz

Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der ArbN grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Abweichende Regelungen dazu enthält u.a. § 7 ArbZG.

Arbeitszeiten bei mehreren ArbG sind zusammenzurechnen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ArbZG).

2.4.2. Pflichten des Arbeitgebers

Der ArbG hat nach § 28a SGB IV jeden versicherungspflichtigen und jeden geringfügig Beschäftigten zu melden und nach § 28e SGB IV den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Hieraus erwächst für den ArbG die Verpflichtung, das Versicherungsverhältnis des jeweiligen ArbN zu beurteilen, Beiträge zu berechnen und gegebenenfalls vom Arbeitsentgelt einzubehalten und an die Einzugsstelle abzuführen. Insbes. für geringfügig Beschäftigte sieht § 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV zwingend vor, dass die Erklärung des geringfügig entlohnten Beschäftigten über weitere Beschäftigungen sowie die Bestätigung, dass die Aufnahme weiterer Beschäftigungen dem ArbG anzuzeigen sind, zu den Entgeltunterlagen zu nehmen ist (Geringfügigkeits-Richtlinien 2019, LEXinform 0208740 unter B.6.1).

2.4.3. Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers

Der ArbN ist nach § 280 Abs. 1 SGB IV verpflichtet, dem ArbG, bei mehreren Beschäftigungen allen beteiligten ArbG, die zur Durchführung des Meldeverfahrens und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen und, soweit erforderlich, Unterlagen vorzulegen. Hierzu gehört auch, dass der ArbN seine ArbG über eventuelle Vorbeschäftigungen oder über aktuelle weitere Beschäftigungen bei anderen ArbN informiert, damit der jeweilige ArbG prüfen kann, ob eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit anderen geringfügig entlohnten Beschäftigungen oder mit einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung zusammenzurechnen ist.

3. Literaturhinweise

Lohn-Info, www.lohn-info.de, Stichwörter: Arbeitsverhältnisse/Teilzeitarbeit/Arbeit auf Abruf; Minijob-Zentrale, www. minijob-zentrale.de; https://magazin.minijob-zentrale.de/minijob-2023.

4. Verwandte Lexikonartikel

Geringfügig Beschäftigte

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Nebenbeschäftigungen

Schüler und Studenten, Aushilfsarbeit

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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