1 Bedeutung der Vorschrift
2 Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft
3 Rechte und Pflichten des Vollstreckungsschuldners
4 Schutzfrist bei vorausgegangener eidesstattlicher Versicherung
5 Zuständigkeit für die Abnahme der Vermögensauskunft
6 Vermögensverzeichnis und Eidesstattliche Versicherung
7 Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung
8 Verfahren bei Anordnung der Erzwingungshaft
9 Eintragung in das Schuldnerverzeichnis
10 Inhalt der Eintragungsanordnung
11 Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung
Die »Vermögensauskunft des Vollstreckungsschuldners« ist in § 284 AO geregelt. Ausführliche Erläuterungen enthält Abschn. 52 der VollStrA.
Der Vollstreckungsschuldner hat der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe des § 284 AO zu erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft liegt im Ermessen der Vollstreckungsbehörde und kann mit der Fristsetzung zur Begleichung der Forderung verbunden werden. Sie ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen. Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden (vgl. Abschn. 52 Abs. 1 VollstrA).
Die Bekanntgabe der Aufforderung und Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft ist rechtswidrig, wenn sich das Zeichen (hier: eine von mittig rechts unten nach links oben und dann ausladend nach rechts unten geschwungene Schlaufe) nicht als Unterschrift eines Namens darstellt, weil sich keine Ähnlichkeiten zu einem Buchstaben feststellen lassen und das Zeichen deutlich zu kurz ist, um auch nur annähernd den Namen des Zustellers abbilden zu können (FG Düsseldorf vom 8.12.2020, 10 K 3436/18 KV, EFG 2021, 344).
Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. Hierüber, über seine Rechte und Pflichten nach § 284 Abs. 2 und 3 AO, über die Folgen einer unentschuldigten Terminversäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit einer Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren (§ 284 Abs. 6 AO).
Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde. Hat der Vollstreckungsschuldner innerhalb der letzten zwei Jahre eine Vermögensauskunft abgegeben, ist eine erneute Abgabe nur zulässig, wenn anzunehmen ist, dass sich seine Vermögensverhältnisse wesentlich geändert haben (§ 284 Abs. 4 AO, Abschnitt 52 Abs. 2 VollstrA).
Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist grundsätzlich die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet (§ 284 Abs. 5 AO, Abschnitt 52 Abs. 3 VollstrA). Die Abnahme der Vermögensauskunft darf nicht erzwungen werden, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht bereit ist, die Vermögensauskunft vor einer anderen als der für seinen Wohnsitz örtlich zuständigen Vollstreckungsbehörde abzugeben. In diesem Fall hat die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die für den Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners zuständige Vollstreckungsbehörde um Abnahme der Vermögensauskunft zu ersuchen.
Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde anhand der vom Vollstreckungsschuldner nach § 284 Abs. 1 und 2 der AO zu machenden Angaben ein elektronisches Dokument (Vermögensverzeichnis). Das erstellte Vermögensverzeichnis ist dem Vollstreckungsschuldner vorzulesen oder zur Durchsicht auf dem Bildschirm wiederzugeben. Auf Verlangen ist ihm ein Ausdruck zu erteilen. Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er seine im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht hat. Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung liegt nicht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde. Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung hat die Vollstreckungsbehörde den Vollstreckungsschuldner über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Vermögensauskunft zu belehren. Hat ein Vollstreckungsschuldner in einer auf Betreiben der Vollstreckungsbehörde abgelegten Vermögensauskunft vorsätzlich unvollständige oder falsche Angaben gemacht (§ 156 StGB), darf nach § 30 Abs. 5 AO bei der Strafverfolgungsbehörde Strafanzeige erstattet werden.
Das Vermögensverzeichnis ist von der Vollstreckungsbehörde bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 ZPO zu hinterlegen. Die Vollstreckungsbehörde hat das Vermögensverzeichnis auszuwerten und sich hieraus ergebende Vollstreckungsmöglichkeiten zeitnah zu nutzen.
Verweigert der Vollstreckungsschuldner ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft oder erscheint er ohne ausreichende Entschuldigung nicht zu dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der zuständigen Vollstreckungsbehörde (§ 284 Abs. 5 Satz 1 AO), kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung nach § 284 Abs. 1 Satz 1 AO seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat, um Anordnung der Erzwingungshaft ersuchen (§ 284 Abs. 8 AO). Das Ersuchen ist dem Amtsgericht zuzustellen, in der Regel gegen Empfangsbekenntnis. Gleichzeitig ist dem Vollstreckungsschuldner eine Durchschrift des Ersuchens zu übersenden (Abschn. 52 Abs. 5 VollstrA).
Für die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners auf Grund der Haftanordnung des Amtsgerichts ist der Gerichtsvollzieher zuständig (Abschnitt 52 Abs. 6 VollstrA). Die Vorschriften der §§ 802g bis 802j ZPO sind entsprechend anzuwenden. Die Vollstreckungsbehörde hat dem Gerichtsvollzieher den geschuldeten Betrag sowie den Schuldgrund mitzuteilen und ihn zu ermächtigen, den geschuldeten Betrag anzunehmen und über den Empfang Quittung zu erteilen. Über Rückstandsminderungen nach dem Antrag auf Vollzug des Haftbefehls ist der zuständige Gerichtsvollzieher unverzüglich zu informieren. Der Vollstreckungsschuldner kann die Verhaftung dadurch abwenden, dass er den geschuldeten Betrag in voller Höhe an den Gerichtsvollzieher zahlt oder nachweist, dass er den Betrag entrichtet hat oder dass ihm eine Zahlungsfrist bewilligt worden oder die Schuld erloschen ist. Die Verhaftung kann auch dadurch abgewendet werden, dass der Vollstreckungsschuldner dem Gerichtsvollzieher eine Entscheidung vorlegt, aus der sich die Unzulässigkeit der Maßnahme ergibt. Ist der verhaftete Vollstreckungsschuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft bereit (§ 802i ZPO), hat ihn der Gerichtsvollzieher grundsätzlich der Vollstreckungsbehörde zur Abnahme der Vermögensauskunft vorzuführen. Abweichend hiervon kann die Vermögensauskunft von dem Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Gibt der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb einer sechsmonatigen Haftzeit die Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher ab, kann der Vollstreckungsschuldner auch auf Antrag eines anderen Gläubigers innerhalb der folgenden zwei Jahre nur unter den Voraussetzungen des § 802d ZPO erneut zur Abgabe einer Vermögensauskunft durch Haft angehalten werden (§ 802j Abs. 3 ZPO). Entfallen die Voraussetzungen für den Vollzug des Haftbefehls nachträglich endgültig, ist das zuständige Amtsgericht um Aufhebung des Haftbefehls zu ersuchen.
Die Vollstreckungsbehörde kann nach § 284 Abs. 9 AO (Abschnitt 52 Abs. 7 VollstrA) die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis anordnen, wenn
der Vollstreckungsschuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen oder
der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen derer die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt.
In Fällen, in denen der Vollstreckungsschuldner innerhalb der letzten zwei Jahre bereits eine Vermögensauskunft nach § 284 AO oder § 802c ZPO abgegeben hat und dadurch die Sperrwirkung für die Abnahme einer neuen Vermögensauskunft eingetreten ist (§ 284 Abs. 4 AO), kann die Vollstreckungsbehörde eine isolierte Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis ohne vorherige Zahlungsaufforderung nach § 284 Abs. 1 Satz 1 AO anordnen, wenn vollstreckbare Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis bestehen und
eine Vollstreckung dieser Forderungen nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses nicht zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche führen würde (§ 284 Abs. 9 Nr. 2 2. Alt. AO) oder
der Vollstreckungsschuldner diese Ansprüche nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen worden ist (§ 284 Abs. 9 Nr. 3 Satz 2 AO).
Die Eintragungsanordnung, welche dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen ist, ist eine Ermessensentscheidung, die kurz begründet werden soll.
Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung der Eintragungsanordnung hat die Vollstreckungsbehörde diese dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 ZPO mit den folgenden Daten (§ 882b Abs. 2 und 3 ZPO) elektronisch zu übermitteln (Abschnitt 52 Abs. 8 VollstrA):
den Namen, den Vornamen und den Geburtsnamen des Vollstreckungsschuldners sowie die Firma und deren Nummer im Handelsregister,
das Geburtsdatum, den Geburtsort des Vollstreckungsschuldners,
die Wohnsitze oder den Sitz des Vollstreckungsschuldners,
das Aktenzeichen der Finanzbehörde,
das Datum der Eintragungsanordnung,
den Grund für die Eintragungsanordnung,
einschließlich abweichender Personendaten.
Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung hat keine aufschiebende Wirkung (Abschnitt 52 Abs. 8 VollstrA). Liegen allerdings Anträge auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 AO, § 69 FGO vor, die Aussicht auf Erfolg haben, ist die Übermittlung an das zentrale Vollstreckungsgericht zunächst zurückzustellen (§ 284 Abs. 10 AO).
Nach der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe gegen die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht elektronisch zu übermitteln (§ 284 Abs. 11 AO).
Redaktioneller Hinweis:
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