1 Hintergrund
2 Förderansätze
3 Nachgelagerte Besteuerung – Wohnförderkonto
4 Zulagenübersicht und zusammenfassendes Beispiel
5 Aufgabe der Selbstnutzung der Wohnung – § 92a Abs. 3 und 4 EStG
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel
Durch das Eigenheimrentengesetz (EigRentG) vom 29.7.2008 wurden die Tatbestände der Riester-Förderung erweitert.
Vor dem Hintergrund des Wegfalls der Eigenheimzulage sowie der in den nächsten Jahrzehnten zu erwartenden demografischen Veränderungen soll das EigRentG wirksame Anreize für eine zusätzliche private Altersvorsorge in Form mietfreien Wohnens bzw. der Reduzierung der Wohnkosten im Alter schaffen. Dazu ist vorgesehen, dass das in einem Altersvorsorgevertrag angesparte geförderte Altersvorsorgekapital ganz oder teilweise unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung von selbst genutztem Wohneigentum im Inland eingesetzt werden kann. Das EigRentG enthält Regelungen zur Erweiterung des Kreises der begünstigten Anlageprodukte, der erstmaligen Förderung von Tilgungsleistungen, eine Verbesserung der Entnahmemöglichkeiten, eine nachgelagerte Besteuerung des geförderten Kapitals sowie Sonderregelungen für die Aufgabe der Selbstnutzung. Daneben umfasst das EigRentG die Einführung eines Berufseinsteigerbonus, die Ausweitung der Riester-Förderberechtigten und Regelungen zur Gewährung der Wohnungsbauprämie.
Die gezielte Förderung der Bildung von selbst genutzten Immobilienvermögen gehörte davor nicht zu den unmittelbar begünstigten Anlageformen, obgleich gefördertes Altersvorsorgekapital auch früher schon für die Anschaffung oder Herstellung von selbst genutztem inländischem Wohneigentum eingesetzt werden konnte (vgl. §§ 92a, 92b EStG). Allerdings musste das dem Altersvorsorgevertrag entnommene Kapital ab dem zweiten Jahr nach Anschaffung oder Herstellung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gleichmäßig zurückgezahlt werden.
Das EigRentG gilt grundsätzlich erstmals für den VZ 2008. Die durch das EigRentG eingeführte Förderung wird häufig auch als »Wohn-Riester« bezeichnet. Im Rahmen des Altersvorsorge-Verbesserungsgesetzes (AltvVerbG) wurden Erleichterungen der Wohnförderung eingeführt. Das AltvVerbG ist zum 1.7.2013 in Kraft getreten und gilt seit dem VZ 2014. Zur steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge hat die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 21.12.2017, BStBl I 2018, 93, Stellung genommen. Im Folgenden sind die wichtigsten Punkte dargestellt.
Entsprechend der bisherigen Förderung der privaten Altersvorsorge erfolgt die steuerliche Förderung selbst genutzten Immobilienvermögens durch eine Zulage nach den §§ 79 ff. EStG oder alternativ mit dem Abzug der Sparleistung als Sonderausgabe nach § 10a EStG bei der ESt im Wege der von Amts wegen vorzunehmenden Günstigerprüfung (→ Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge).
Im Rahmen des EigRentG förderfähige Anlageformen (Altersvorsorgeverträge) sind insbesondere
Darlehensverträge (§ 1 Abs. 1a Nr. 1 AltZertG),
Bausparverträge mit Rechtsanspruch auf Gewährung eines Darlehens (§ 1 Abs. 1a Nr. 2 AltZertG),
Bausparverträge, die mit einem tilgungsfreien Darlehen kombiniert werden, dabei gelten der Darlehensvertrag und der Altersvorsorgevertrag als einheitlicher Vertrag (§ 1 Abs. 1a Nr. 3 AltZertG).
Gefördert werden sogen. Altersvorsorgebeiträge. Diese sind in § 82 Abs. 1 EStG definiert und umfassen
Beiträge und
Tilgungsleistungen
zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrages. Erfasst werden nur Altersvorsorgebeiträge, die bis zum Beginn der Auszahlungsphase geleistet werden, § 82 Abs. 1 Satz 1 EStG. Förderfähig sind dabei nur eigene Beiträge. Der Altersvorsorgevertrag muss auf den Namen des Zulageberechtigten lauten. Nicht begünstigt sind Verträge auf den Namen mehrerer Personen (z.B. Ehegatten). Jeder Ehepartner muss auf seinen Namen einen entsprechenden Vertrag abschließen und Beiträge hierauf leisten.
Die o.g. Tilgungsleistungen i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind nur förderfähig, wenn das zugrunde liegende Darlehen ausschließlich für eine nach dem 31.12.2007 vorgenommene wohnungswirtschaftliche Verwendung im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG verwendet wurde.
Die mögliche Verwendung des geförderten Kapitals bzw. der Darlehensmittel (= Altersvorsorge-Eigenheimbetrag) regelt § 92a EStG:
bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG),
bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für den Erwerb von Geschäftsanteilen (Pflichtanteilen) an einer eingetragenen Genossenschaft für die Selbstnutzung einer Genossenschaftswohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) oder
bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Finanzierung eines Umbaus einer Wohnung (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
Ursprünglich konnten nur einmalig entweder bis zu 75 % oder 100 % des angesparten und geförderten Altersvorsorge-Eigenheimbetrags für begünstigte Zwecke entnommen werden. Ab VZ 2014 kann das geförderte Kapital in vollem Umfang oder, wenn das verbleibende Restkapital mindestens 3 000 € umfasst, auch teilweise entnommen werden. Auch die Entschuldung einer begünstigten Wohnung ist nunmehr begünstigt. Die Entschuldung konnte bis zum 31.12.2013 nur bis zum Beginn der Auszahlungsphase erfolgen. Durch die Neufassung des § 92a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 EStG können mit dem Altersvorsorge-Eigenheimbetrag auch nicht zertifizierte (alte) Darlehensverträge entschuldet werden. Dabei muss keine vollständige Ablösung erfolgen, auch teilweise Tilgungsleistungen (Sondertilgungen) sind möglich.
Begünstigt sind nur Wohnungen i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 5 EStG. Dies sind eine Wohnung in einem eigenen Haus, eine eigene Eigentumswohnung oder eine Genossenschaftswohnung einer eingetragenen Genossenschaft, wenn diese Wohnung im Inland (oder EU-/EWR-Staat) belegen ist und die Hauptwohnung oder den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Zulageberechtigten darstellt. Einer begünstigten Wohnung wird das eigentumsähnliche oder lebenslange Dauerwohnrecht gleichgestellt (§ 92a Abs. 1 Satz 6 EStG).
Das im Wohneigentum gebundene steuerlich geförderte Altersvorsorgekapital (= Altersvorsorge-Eigenheimbetrag) wird im Rentenalter nach § 22 Nr. 5 EStG sukzessiv nachgelagert besteuert. Daher gehört auch die Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrages nicht bereits im Auszahlungszeitpunkt zu den sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 5 EStG (vgl. § 92a Abs. 1 Satz 8 EStG).
Zur Umsetzung der nachgelagerten Besteuerung werden das in der Wohnimmobilie gebundene geförderte Kapital sowie Tilgungsleistungen einschließlich der hierfür gewährten Zulagen i.S.v. § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vom Anbieter auf einem (fiktiven) Wohnförderkonto erfasst und jährlich bescheinigt (vgl. § 92a Abs. 2 EStG). Während der Ansparphase, nicht jedoch während der Auszahlungsphase, kommen zu den geförderten Beträgen auf dem Wohnförderkonto 2 % Zinsen im Jahr als pauschalierte Verzinsung hinzu (§ 92a Abs. 2 Satz 3 EStG).
Soweit dies vom Anbieter vertraglich vorgesehen ist, kann der Zulageberechtigte jederzeit und in variabler Höhe Beträge auf einen Altersvorsorgevertrag einzahlen und damit das Wohnförderkonto – und damit den nachgelagert zu versteuernden Betrag – vermindern, insoweit erfolgt jedoch keine erneute Förderung der privaten Altersvorsorge. Diese Zahlungen zur Minderung des Wohnförderkontos stellen jedoch gefördertes Altersvorsorgevermögen dar, welches im Fall einer schädlichen Verwendung bei der Berechnung des Rückzahlungsbetrags (§ 94 EStG) zu berücksichtigen ist.
Hinsichtlich des zu Beginn der Auszahlungsphase verbleibenden Wohnförderkontos besteht ein Wahlrecht: Förderberechtigte können zwischen der jährlich nachgelagerten Besteuerung und einer Einmalbesteuerung wählen (§ 92a Abs. 2 Sätze 5 und 6 EStG). Für die Einmalbesteuerung kann der Stpfl. schon vor Beginn der Auszahlungsphase für einen Zeitpunkt ab Beginn der Auszahlungsphase als auch jederzeit in der Auszahlungsphase verlangen, dass das Wohnförderkonto vollständig aufgelöst wird. Der Antrag ist bei der ZfA zu stellen. Im Fall eines wirksamen Antrags wird der Auflösungsbetrag (§ 92a Abs. 2 Satz 6 EStG) als der im Wohnförderkonto eingestellte Gesamtbetrag einschließlich des darin enthaltenen Erhöhungsbetrags zu 70 % der Besteuerung unterworfen. Entscheidet sich der Förderberechtigte für eine sukzessive Verminderung des Wohnförderkontos in gleichen Beträgen, wird der Betrag des Wohnförderkontos einschließlich der Zinsen ab Beginn der Auszahlungsphase mit dem individuellen Steuersatz versteuert. Als Beginn der Auszahlungsphase kann mit dem Anbieter ein Zeitpunkt zwischen Vollendung des 60. und des 68. Lebensjahres vereinbart werden. Ohne konkrete Vereinbarung gilt die Vollendung des 67. Lebensjahres als Beginn der Auszahlungsphase, § 92a Abs. 2 Satz 5 EStG. Die nachgelagerte Besteuerung endet spätestens in dem Kalenderjahr, in dem der Zulagenberechtigte sein 85. Lebensjahr vollendet. Die jährlich nachgelagerte Versteuerung des Wohnförderkontos kann somit 17–25 Jahre umfassen (z.B. ab Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Vollendung des 85. Lebensjahres ergibt 25 Jahre). Die Dauer der Auszahlungsphase beeinflusst die Höhe der jährlich zu versteuernden Einnahmen, § 92a Abs. 2 Satz 5 EStG i.V.m. § 22 Nr. 5 Satz 4 EStG.
Hinweis:
Ob in der Auszahlungsphase tatsächlich eine Steuerbelastung für den Steuerpflichtigen eintritt, hängt von den individuellen Einkommensverhältnissen des Betreffenden ab.
Die möglichen Zulagen, die auch im Rahmen der steuerlichen Förderung des selbst genutzten Immobilienvermögens gelten, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Grundzulage § 84 Satz 1 EStG |
ab VZ 2018: 175 € |
Berufseinsteigerbonus § 84 Satz 2 EStG (sofern Zulagenberechtigter zu Beginn des Beitragsjahres das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat) |
ab VZ 2008: einmalig zusätzlich 200 € |
Kinderzulage § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG |
ab VZ 2008: 185 € für jedes Kind bzw. |
Kinderzulage § 85 Abs. 1 Satz 2 EStG |
für nach dem 31.12.2007 geborene Kinder: 300 € |
Beispiel:
Die Eheleute Schmaltz haben beitragspflichtige Einnahmen i.H.v. 50 000 € und ein in 2013 geborenes Kind. In 2018 kaufen sie ein Einfamilienhaus. Den Kauf finanzieren sie mit zwei zertifizierten Darlehensverträgen über insgesamt 40 000 €. Ein Sonderausgabenabzug kommt nicht Betracht. Familie Schmaltz tilgt die Darlehen jährlich in Höhe des Mindesteigenbetrags gem. § 86 EStG unter Berücksichtigung der Zulagen.
Lösung:
a) Darlehen und Zulagen |
|
Darlehen |
40 000 € |
Grundzulagen (2 × 175 €) p.a. |
350 € |
Kinderzulage p.a. |
300 € |
Gesamtzulage jährlich |
650 € |
Jährliche Tilgung (50 000 € × 4 %) |
2 000 € |
Zulagen insgesamt (20 Jahre) |
13 000 € |
Eigenbeiträge (40 000 € ./. Zulagen 13 000 €) |
27 000 € |
Tilgung insgesamt |
40 000 € |
b) Wohnförderkonto |
|
Darlehenstilgungen |
40 000 € |
Jährliche Erhöhung um 2 % |
9 567 € |
Gesamtstand Wohnförderkonto nach 20 Jahren |
49 567 € |
c) Nachgelagerte Besteuerung |
|
Einmalbesteuerung 70 % |
34 697 € |
oder |
|
Verteilung über z.B. 20 Jahre bis zum 85. Lebensjahr |
2 478 € p.a. |
Bei einer nicht nur vorübergehenden Aufgabe der Selbstnutzung der begünstigten Wohnung, für die ein Altersvorsorge-Eigenheimbetrag verwendet wurde oder für die eine Tilgungsförderung nach § 82 Abs. 1 EStG in Anspruch genommen wurde, hat der Zulageberechtigte dies dem Anbieter mitzuteilen. In diesem Fall gilt das in der Immobilie gebundene geförderte Kapital dem Zulageberechtigten bereits im Zeitpunkt der Aufgabe als zugeflossen (sog. Auflösungsbetrag i.S.v. § 92a Abs. 3 Satz 5 EStG), so dass die unmittelbare Besteuerung des Stands des Wohnförderkontos gemäß § 22 Nr. 5 Satz 4 2. Alt. EStG bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgt. Entsprechendes gilt, wenn der Zulageberechtigte stirbt, wobei die Mitteilungspflicht dann den Rechtsnachfolger trifft und der Auflösungsbetrag noch dem Verstorbenen zuzurechnen ist, § 92a Abs. 3 Satz 6 EStG. Dabei können die Rechtsfolgen einer schädlichen Verwendung jeweils auch in der Auszahlungsphase eintreten (vgl. hierzu § 22 Nr. 5 Satz 6 EStG).
Die Folgen einer solchen schädlichen Verwendung treten in den nachfolgend genannten Ausnahmefällen des § 92a Abs. 3 Satz 9 und § 92a Abs. 4 EStG nicht ein:
Verwendung des noch nicht zurückgeführten Wohnförderkontobetrages innerhalb von zwei Jahren vor und von fünf Jahren nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes, in dem die Wohnung letztmals zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, für eine weitere begünstigte Wohnung (Objektwechsel);
Übertragung des noch nicht zurückgeführten Wohnförderkontobetrages auf eine andere begünstigte Altersvorsorgeform;
Übertragung auf den überlebenden Ehegatten, der dann Eigentümer der begünstigten Wohnung sein muss;
Zuweisung der Ehewohnung aufgrund einer richterlichen Entscheidung oder nach der Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats zum anderen Ehegatten;
krankheits- oder pflegebedingte Aufgabe der Wohnung, sofern der Zulageberechtigte Eigentümer dieser Wohnung bleibt, sie ihm weiterhin zur Selbstnutzung zur Verfügung steht und sie nicht von Dritten, mit Ausnahme seines Ehegatten, genutzt wird;
die Selbstnutzung innerhalb von fünf Jahren wieder aufgenommen wird; oder
Aufgabe der Selbstnutzung aufgrund eines beruflich bedingten Umzugs, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt, die Selbstnutzung wieder aufzunehmen und dies spätestens mit der Vollendung des 67. Lebensjahres erfolgt (vgl. § 92a Abs. 4 EStG; ein Antrag ist erforderlich).
In den Fällen der Übertragung auf den überlebenden Ehegatten sowie der Zuweisung der Ehewohnung aufgrund einer richterlichen Entscheidung treten die Folgen der schädlichen Verwendung dann ein, wenn der Ehegatte die Selbstnutzung der begünstigten Wohnung aufgibt (vgl. § 92a Abs. 3 Satz 10 EStG).
Melchior, Das Eigenheimrentengesetz, DStR 2008, 1405; Myßen/Fischer, Eigenheimrentengesetz – Verbesserte Einbeziehung der selbstgenutzten Wohnimmobilie in die Riester-Föerderung, NWB 2008, 2719; Scheuer, Das Eigenheimrentengesetz, Handlungsbedarf zum Jahresende, DStR 2008, 2447; Jungblut, Vermögensbildung der Arbeitnehmer, NWB 2008, 4417.
→ Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge
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