1 Existenzminimum bei der Einkommensteuer
2 Existenzminimum bei der Umsatzsteuer
3 Steuerliche Gesamtbelastung
4 Literaturhinweise
Mit Beschluss vom 25.9.1992 (2 BvL 5, 8 und 14/91, BStBl II 1993, 413) hat das BVerfG Folgendes entschieden: Dem der ESt unterworfenen Stpfl. muss nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen so viel verbleiben, als er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und – unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG – desjenigen seiner Familie bedarf (Existenzminimum). Die Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums hängt von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf ab. Der Steuergesetzgeber muss dem Einkommensbezieher von seinen Erwerbsbezügen zumindest das belassen, was er dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt. Bei einer gesetzlichen Typisierung ist das steuerlich zu verschonende Existenzminimum grundsätzlich so zu bemessen, dass es in möglichst allen Fällen den existenznotwendigen Bedarf abdeckt, kein Stpfl. also infolge einer Besteuerung seines Einkommens darauf verwiesen wird, seinen existenznotwendigen Bedarf durch Inanspruchnahme von Staatsleistungen zu decken.
Das sächliche Existenzminimum für einen Alleinstehenden beträgt im Kj. 2019 9 168 €. Für das Jahr 2020 wurde dieser Wert mit 9 408 € berechnet; im VZ 2021 beträgt der Grundfreibetrag 9 744 €. Bis zu dieser Höhe muss das zu versteuernde Einkommen steuerfrei sein.
Die Bundesregierung hat am 2.11.2022 den 14. Existenzminimumbericht beschlossen. Danach besteht beim Grundfreibetrag und beim Kinderfreibetrag ab 2023 ein Erhöhungsbedarf, der im Gesetzgebungsverfahren zum Inflationsausgleichsgesetz noch berücksichtigt werden muss. Infolge starker Preissteigerungen und damit verbundener Erhöhungen der Transferleistungen weicht das Ergebnis des 14. Existenzminimumberichts von der Vorabprognose ab, die dem Entwurf eines Inflationsausgleichsgesetzes zugrunde liegt. In der Folge müssen die im Gesetzentwurf enthaltenen Beträge für den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag wie folgt erhöht werden:
Erhöhung des Grundfreibetrags um 561 € auf 10 908 € ab 2023 und um weitere 564 € auf 11 472 € ab 2024.
Erhöhung des Kinderfreibetrags um 404 € auf 6 024 € ab 2023 und um weitere 360 € auf 6 384 € ab 2024.
Mit Beschluss vom 13.6.1997 (1 BvR 201/97, DStRE 1998, 27) hat das BVerfG entschieden, dass die BVerfG-Rechtsprechung zur Freistellung des Existenzminimums von der ESt nicht auf die Umsatzbesteuerung übertragbar ist. Die USt ist im Gegensatz zur ESt auf die Abwälzung angelegt. Der Unternehmer wird in seiner Eigenschaft als Unternehmer nicht mit USt belastet; Steuerträger ist der Verbraucher. Im Gegensatz zur ESt ist die USt auch nicht personen-, sondern umsatzbezogen und berücksichtigt die persönlichen Verhältnisse des Stpfl. nicht.
Mit Beschluss vom 18.1.2006 (2 BvR 2194/99, NJW 2006, 1191) hat das BVerfG entschieden, dass die Steuerbelastung eines Gewerbetreibenden über 50 % liegen darf (Vorinstanz: BFH Urteil vom 11.8.1999, XI R 77/97, BStBl II 1999, 771). Der durch Beschluss vom 22.6.1995 (2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655) aufgestellte Halbteilungsgrundsatz stellt keine Obergrenze für die Belastung mit ESt und GewSt dar. Es ging dabei vielmehr allein um die Grenze der Gesamtbelastung des Vermögens durch eine Vermögensteuer, die neben der ESt erhoben wird. Gleichwohl ergehen Steuerfestsetzungen wegen der Höhe des Grundfreibetrags gem. § 165 AO für VZ ab 2001 immer noch vorläufig.
Hutter, Kein Halbteilungsgrundsatz als Belastungsobergrenze bei der Einkommen- und Gewerbesteuer, NWB Fach 3, 14037.
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