Garantieleistungen in der Kfz-Wirtschaft

Stand: 28. März 2024

1. Allgemeines

Hinsichtlich der Übernahme der Garantieleistungen in der Kfz-Wirtschaft und deren vertraglichen Gestaltungen ist zu unterscheiden, ob die Garantieleistungen in Zusammenhang mit der Werksgarantie beim Kauf eines Neuwagens stehen oder mit dem Abschluss einer (zusätzlichen) Garantievereinbarung zwischen dem Händler und dem Kunden beim Kauf eines Neu- oder Gebrauchtfahrzeugs.

Steuern sparen

Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.

Zum Newsletter anmelden

Wegen der Einzelheiten bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Garantieleistungen und Freiinspektionen in der Kraftfahrzeugwirtschaft vgl. BMF-Schreiben vom 3.12.1975 (BStBl I 1975, 1132). Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Garantieleistungen in der Reifenindustrie vgl. BMF vom 21.11.1974 (BStBl I 1974, 1021; s. Abschn. 1.3 Abs. 2 UStAE).

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Garantiezusage eines Kfz-Händlers als Versicherungsleistung s. das BMF-Schreiben vom 11.5.2021 (BStBl I 2021, 781). Das BMF Schreiben vom 15.12.2010 (BStBl I 2010, 1502) wird aufgehoben (BMF vom 11.5.2021 unter II.3).

2. Garantieverhältnisse ohne zusätzliches Entgelt

2.1. Grundsätzliches

Bei dem Verkauf von Kraftfahrzeugen ist es üblich, innerhalb einer bestimmten Frist und/oder Fahrleistung für eine Fehlerfreiheit des Kraftfahrzeugs Gewähr zu leisten, die dem jeweiligen Stand der Technik entspricht. Die Schäden werden regelmäßig nicht von den Herstellern der Kraftfahrzeuge, sondern von Vertriebsfirmen beseitigt, die als Lieferer oder Vermittler in die Absatzkette eingeschaltet waren. Zur Durchführung der Reparaturen sind die Vertriebsfirmen allgemein nach einem mit dem Hersteller abgeschlossenen sog. Händlervertrag verpflichtet. Die Verpflichtung schließt auch Reparaturen an solchen Fahrzeugen ein, die von anderen Vertriebsfirmen abgesetzt worden sind.

Die Geschäftsabwicklung bei den erforderlichen Reparaturen ist nicht einheitlich. Im Regelfall baut die Vertriebsfirma das schadhafte Teil aus und ersetzt es durch ein fabrikneues Ersatzteil. Das schadhafte Teil wird dem Hersteller zugesandt, der es daraufhin untersucht, ob ein Gewährleistungsfall vorliegt. Wird ein solcher Fall anerkannt, so ersetzt der Hersteller der Vertriebsfirma die aufgewendeten Lohn- und Materialkosten nach festgelegten Sätzen. Manche Vertriebsfirmen erhalten an Stelle der Materialgutschrift ein entsprechendes neues Ersatzteil.

2.2. Träger der Gewährleistungspflicht

2.2.1. Allgemeiner Überblick

Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung hängt wesentlich davon ab, ob die Vertriebsfirma mit der Reparatur eine Leistung an das Herstellerwerk oder an den Fahrzeugkäufer bewirkt (s. BFH Urteil vom 16.7.1964, V 23/60, BStBl III 1964, 516).

2.2.2. Herstellergarantie

Ist der Hersteller dem Fahrzeugkäufer zur Gewährleistung verpflichtet, so stellt die Durchführung der Reparatur eine Leistung des Herstellers an den Fahrzeugkäufer dar. Diese Leistung ist nicht umsatzsteuerbar, weil ihr kein Entgelt gegenübersteht. Der Hersteller bedient sich bei der Reparatur der Vertriebsfirma als seines Erfüllungsgehilfen. Die Vertriebsfirma bewirkt eine Leistung an den Hersteller. Soweit hierfür ein Entgelt gezahlt wird, unterliegt diese Leistung der Umsatzsteuer (BMF vom 3.12.1975, BStBl I 1975, 1132 unter B.II.). Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zeigt die folgende Übersicht.

2.2.3. Händlergarantie

Ist die Vertriebsfirma dem Fahrzeugkäufer zur Gewährleistung verpflichtet, so stellt die Durchführung der Reparatur in der Regel eine Leistung der Vertriebsfirma an den Fahrzeugkäufer dar. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung hängt davon ab, ob dieser Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht (BMF vom 3.12.1975, BStBl I 1975, 1132 unter B.III.). Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zeigt die folgende Übersicht.

Gewährt der Hersteller der Vertriebsfirma nur eine Gutschrift über die Lohnkosten und überlässt der Vertriebsfirma kostenlos ein entsprechendes Ersatzteil, so gilt die oben dargestellte Rechtslage entsprechend.

3. Garantiezusagen des Händlers gegen zusätzliches Entgelt

3.1. Grundsätzliches zur Car-Garantie

Beim Verkauf von Gebraucht- und Neuwagen bieten viele Händler eine Händlergarantie an. Das sich hieraus für den Händler ergebende Risiko kann durch die von der CG angebotenen Versicherungsverträge rückversichert werden. Dazu schließt der Händler mit der CG eine Garantieversicherung ab. Im Garantiefall kann sich der Käufer entweder an den Händler wenden oder eine Drittwerkstatt mit der Beseitigung eines Schadens beauftragen (Informationen unter www.cargarantie.com).

3.2. Car-Garantie als selbstständige Leistung

Die Garantiezusage eines Autoverkäufers, die beim Verkauf eines Kfz gegen gesondert vereinbartes und berechnetes Entgelt angeboten wird, stellt keine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine selbstständige Leistung des Händlers dar (BFH vom 14.11.2018, XI R 16/17, BStBl II 2021, 461; Abschn. 3.10 Abs. 6 Nr. 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 11.5.2021, BStBl I 2021, 781).

Beachte:

Mit Schreiben vom 11.5.2021 (BStBl I 2021, 781) nimmt das BMF Stellung zu den Garantiezusagen eines Kfz-Händlers als Versicherungsleistung. Gleichzeitig wird das bisherige BMF-Schreiben vom 15.12.2010 (BStBl I 2010, 1502) aufgehoben.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 11.5.2021 sind auf Garantiezusagen anzuwenden, die nach dem 30.6.2021 abgegeben wurden. Für vor dem 1.7.2021 abgegebene Garantiezusagen wird es nicht beanstandet, wenn die Grundsätze dieses Schreibens bereits angewendet wurden.

Nach den BMF-Schreiben vom 18.6.2021 (BStBl I 2021, 871) und vom 18.10.2021 (BStBl I 2021, 2142) werden die Anwendungsregelungen verlängert. Danach sind die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 11.5.2021 auf Garantiezusagen anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 abgegeben wurden. Für vor dem 1.1.2023 abgegebene Garantiezusagen wird es nicht beanstandet, wenn die Grundsätze dieses Schreibens bereits angewendet wurden.

3.3. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Car-Garantie

3.3.1. Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer/Garantiegeber

Die umsatzsteuerliche Behandlung der Garantiegewährung hängt maßgeblich von der Ausgestaltung der Garantiebedingungen ab. Die als selbstständige Leistungen zu wertende Garantiezusage kann steuerfrei oder steuerpflichtig sein. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Garantiezusage eines Autoverkäufers s. das BMF-Schreiben vom 11.5.2021 (BStBl I 2021, 783).

3.3.2. Absicherung des Verkäufers bei einem Versicherer

Der Verkäufer als Versicherer sichert sich seinerseits bei einem anderen Versicherer gegen den Eintritt von Garantiefällen ab (BMF vom 11.5.2021, BStBl I 2021, 781 unter Ziffer I Nr. 2).

3.3.3. Wahlrecht des Käufers

Es besteht ein Wahlrecht des Käufers/Garantienehmers zwischen Reparaturanspruch gegen den Verkäufer/Garantiegeber und Reparaturkostenersatzanspruch gegen einen anderen Versicherer.

Hat der Verkäufer hinsichtlich des Reparaturkostenersatzes einen Versicherungsvertrag abgeschlossen (s.o.), aus dem im Garantiefall Ansprüche des Käufers als versicherte Person gegen den Versicherer resultieren, findet auf einen dem Käufer und Garantienehmer hierfür in Rechnung gestellten höheren Betrag als denjenigen, den der Verkäufer an den Versicherer abführt, das BMF-Schreiben vom 29.11.2017 (BStBl I 2017, 1674) zu Verkaufsaufschlägen als Versicherungsentgelt entsprechende Anwendung.

Beachte:

Die Entscheidung des BFH vom 10.2.2010 (XI R 49/07, BStBl II 2010, 1109), wonach die Garantiezusage eines Autoverkäufers, die dem Garantienehmer im Garantiefall ein Wahlrecht zwischen einer Sachleistung/Reparatur durch den Händler oder einer Geldleistung eines Versicherungsunternehmens (Reparaturkostenersatz) einräumt, als ein durch die Einstandspflicht des Verkäufers geprägtes eigenständiges Leistungsbündel anzusehen ist und der Umsatzsteuer unterliegt, ist überholt.

3.4. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Garantieleistungen

3.4.1. Schadensbeseitigung durch den Händler

Sofern der Händler den Schaden an dem Kfz selbst beseitigt, kommt er mit der Reparatur seiner Garantieverpflichtung gegenüber dem Käufer des Kfz nach (Reparaturanspruch). Eine weitere Leistung gegenüber dem Käufer (Garantienehmer) liegt hier nicht vor. Der Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfreien Garantiezusage (s.o.) ist ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG).

3.4.2. Schadensbeseitigung durch eine Drittwerkstatt

Bei garantiebedingter Reparatur durch eine Drittwerkstatt liegt ein steuerpflichtiger Leistungsaustausch zwischen dieser Werkstatt und dem Käufer vor (Reparaturkostenersatzanspruch). Dies gilt auch bei unmittelbarer Zahlung durch die Versicherung an die Werkstatt im abgekürzten Zahlungsweg.

4. Rechnungsstellung

4.1. Unterscheidung nach den Garantiezusagen

Bei der Rechnungsstellung sind folgende Fallgestaltungen zu unterscheiden:

  1. Garantiezusage als reine Eigengarantie (Variante 1): Die entgeltliche Zusage einer reinen Eigengarantie des Kfz-Händlers, bei der der Fahrzeugkäufer keinen Geldanspruch, sondern einen Sach- und/oder Dienstleistungsanspruch gegenüber dem Händler erhält ist nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei.

  2. Garantiezusage auch als Reparaturkostenversicherung (Variante 2): Der Kunde hat bei der Inanspruchnahme der Reparaturkostenversicherung einen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten ausschließlich gegenüber der Garantieversicherung. Hier unterliegt die dafür gesondert in Rechnung gestellte Prämie nicht der USt, ist also umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG (s.o.).

4.2. Aufteilung des Kaufpreises

Die Garantiezusage des Händlers ist keine unselbstständige Nebenleistung zum Fahrzeugverkauf (Abschn. 3.10 Abs. 6 Nr. 3 UStAE). Veräußert ein Kfz-Händler daher einen Pkw einschließlich der Garantiezusage, muss er das Entgelt

  • in einen Kaufpreis für den Pkw und

  • eine Gebühr für die Garantiezusage

aufteilen.

Das gilt auch dann, wenn mit dem Kunden ein einheitlicher Preis für beide Leistungen vereinbart worden ist oder für die Garantiezusage kein besonderes Entgelt verlangt wird. Denn eine Garantiezusage wird – wirtschaftlich gesehen – niemals unentgeltlich abgegeben.

Hinweis:

Bei einem – wenn auch (etwa aus Unwissenheit) versehentlichen – Verzicht auf die Aufteilung droht ein insoweit unrichtiger – nämlich zu hoher – Umsatzsteuerausweis (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Das heißt: Das FA verlangt die USt aus dem »überhöhten« – weil ohne Berücksichtigung der Garantie berechneten – Entgelt für den Gebrauchtwagenverkauf und darüber hinaus die USt auf die Garantiezusage. Die Folge wäre eine doppelte Besteuerung der Garantiezusage.

4.3. Folgen für die Rechnungsstellung bei Unternehmenskunden

Damit der Kunde unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die Vorsteuer ziehen kann, ist die Rechnung wie folgt auszustellen:

  • Regelbesteuert angekaufte Fahrzeuge: Die Entgelte für Fahrzeug und Garantiezusage müssen gesondert (netto) ausgewiesen werden.

  • Differenzbesteuert angekaufte Fahrzeuge: Das Entgelt für das Fahrzeug muss ausgewiesen werden, ferner das Entgelt für die Garantiezusage (netto).

4.4. Folgen für die Rechnungsstellung bei Privatkunden

Gegenüber Privatkunden muss die USt nicht ausgewiesen werden.

4.5. Fallstudien und Musterrechnungen

Die in der Praxis häufigsten Fallgestaltungen stellt Janzen (ASR 2011/04, 9 und 2011/06, 5) vor:

Beispiel 1: Differenzbesteuerung bei Verkauf inklusive Garantie und ohne Aufschlag zum bloßen Einkaufspreis

Kfz-Händler K hat ein Fahrzeug von einem Privatkunden für 10 000 € angekauft und für 11 000 € weiterverkauft. Für die Garantiezusage (Kombinationsmodell) hat K sich bei einer Versicherungsgesellschaft für 200 € rückversichert.

Lösung 1:

K erbringt zwei eigenständige Leistungen:

  1. Lieferung des Fahrzeugs im Rahmen einer Differenzbesteuerung (§ 25a UStG),

  2. steuerfreie sonstige Leistung in Form der Garantiezusage.

Es ergeben sich die folgenden umsatzsteuerlichen Konsequenzen:

  • Da die Fahrzeuglieferung der Differenzbesteuerung unterliegt, ergibt sich eine Marge von 1 000 €, sodass für die Fahrzeuglieferung Umsatzsteuer i.H.v. 159,66 € entsteht (1 000 € : 119 × 19).

  • Die Garantiezusage ist i.H.v. 200 € steuerfrei.

Beispiel 2: Regelbesteuerung

Für ein Fahrzeug werden 20 000 € und für die Garantiezusage 200 € – jeweils netto – vereinbart.

Lösung 2:

Pkw

20 000 €

Garantiezusage (steuerfrei nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG)

200 €

20 000 €

zzgl. 19 % USt

3 800 €

23 800 €

zzgl. Garantiezusage

200 €

Summe

24 000 €

5. Garantiezusagen eines vom Autoverkäufer unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers

Mit Urteil vom 16.7.2015 (C-584/13, UR 2015, 714, LEXinform 0589492) hat der EuGH über einen Fall entschieden, in dem ein vom Verkäufer eines Gebrauchtwagens unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer mechanische Ausfälle bestimmter Teile eines Gebrauchtwagens gegen Zahlung eines Pauschalbetrags versichert. Diese Dienstleistung stellt nach Ansicht des EuGH einen steuerbefreiten Versicherungsumsatz i.S.d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL dar.

Mit BMF-Schreiben vom 30.11.2017 (BStBl I 2017, 1599) wird in Abschn. 4.10.1 ein Abs. 4 UStAE angefügt. Danach stellt die Dienstleistung eines von einem Kraftfahrzeughändler unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers, die darin besteht, gegen Zahlung eines Pauschalbetrags mechanische Ausfälle bestimmter Teile eines Gebrauchtfahrzeugs zu versichern, einen nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfreien Versicherungsumsatz dar.

6. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwörter: Garantie sowie Versicherungsleistungen und Versicherungsvertreter, 119. EL, Loseblatt.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

Online Steuererklärung
einfach. sicher. ohne Download.
Jetzt testen!
Steuern sparen

Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.

Zum Newsletter anmelden

Online Steuererklärung

einfach. sicher. ohne Download.
Jetzt testen!
Steuern sparen

Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.

Zum Newsletter anmelden
smartsteuer GmbH hat 4,43 von 5 Sternen 607 Bewertungen auf ProvenExpert.com