Gelangensbestätigung

Stand: 28. März 2024

1. Allgemeines

Die Gelangensbestätigung ist ein zum 1.10.2013 bzw. 1.1.2014 (Übergangsfrist, vgl. BMF Schreiben vom 16.9.2013, Abschn. II) neu eingeführter Belegnachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen. In diesem Nachweis bestätigt der EU-Kunde seinem Lieferanten, dass die Ware im EU-Ausland angekommen ist.

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2. Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage ist der neu gefasste § 17a

  • Abs. 2 Nr. 2 (Gelangensbestätigung i.e.S.),

  • Abs. 3 (Alternativnachweise)

Der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).

3. Geschäfte, die eine Gelangensbestätigung erfordern

§ 17a UStDV normiert den Belegnachweis nur für innergemeinschaftliche Lieferungen (igL) i.S.d. § 6a Abs. 1 UStG (»EU-Geschäft«). Voraussetzung dafür ist u.a.

  • eine Warenbewegung »von EU nach EU« (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG),

  • die als »bewegte« Lieferung (§ 3 Abs. 6 UStG) erfolgt und

  • an einen Unternehmer, an eine gleichgestellte juristische Person oder im Ausnahmefall auch an eine Privatperson (Sonderregel für Neufahrzeuge, vgl. Ziffer 13) erbracht wird.

4. Geschäfte, die keine Gelangensbestätigung erfordern

  • Inlandsgeschäft

Beispiel:

Ein Niederländer kauft ein Fahrzeug, das in Deutschland verbleibt. Es handelt sich nicht um eine igL: Der Niederländer ist zwar EU-Kunde, es findet aber keine Warenbewegung »von EU nach EU« statt.

  • Drittlandsgeschäft

Beispiel:

Ein Niederländer kauft ein Fahrzeug, das er nach Russland exportiert. Es handelt sich nicht um eine igL: Der Niederländer ist zwar EU-Kunde, es findet aber keine Warenbewegung »von EU nach EU« statt; unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 UStG aber eine steuerfreie Ausfuhr.

  • EU-Geschäft als »ruhender« Lieferer

Für den Fall des Reihengeschäfts ist die »bewegte« Lieferung von der »ruhenden« Lieferung abzugrenzen (vgl. Ziffer 3). Eine ruhende Lieferung ist immer steuerpflichtig; einer Gelangensbestätigung bedarf es daher nicht.

  • EU-Geschäft ohne Warenbewegung

Beispiel:

Ein Niederländer erhält von einem deutschen Autohaus einen Vorführwagen, der ihm so gut gefällt, dass er ihn kauft. Dies ist keine innergemeinschaftliche Lieferung! Zwar ist er EU-Kunde, aber es findet keine Warenbewegung »von EU nach EU« statt, da das Fahrzeug z.Zt. des Kaufentschlusses schon dort ist, wo es schlussendlich verbleiben soll (zur Vertiefung: Weimann, Gelangensbestätigung, 2014, Kapitel 4.3).

  • Sonstige Leistungen, insbes. Reparaturen und andere Werkarbeiten, die nicht zu einer Lieferung führen

Beispiel:

Eine Kfz-Reparaturwerkstatt in Kerken repariert für einen niederländischen Unternehmenskunden ein Fahrzeug. Die Ersatzteile machen 23 % des Rechnungsbetrages aus. Da die 50 %-Grenze nicht überschritten ist, führen die Reparaturarbeiten insgesamt zu einer Werkleistung und damit zu einer sonstigen Leistung (zur Vertiefung: Weimann, Gelangensbestätigung, 2014, Kapitel 4.9).

5. Pflichtangaben der Gelangensbestätigung

Die Gelangensbestätigung ist gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStDV n. F. ein Dokument/Dokumentensatz (vgl. Ziffer 6) mit folgenden Angaben (zur Vertiefung: Weimann, Gelangensbestätigung, 2014, Kapitel 2.2):

  • Name und Anschrift des Abnehmers,

  • Menge des Gegenstands der Lieferung und handelsübliche Bezeichnung einschließlich Fahrzeug-Identifikationsnummer, wenn der Liefergegenstand ein Fahrzeug i.S.v. § 1b Abs. 2 UStG ist,

  • Ort und Monat des Endes der Beförderung oder Versendung des Gegenstands, also der Erhalt des Gegenstands im Gemeinschaftsgebiet,

  • Ausstellungsdatum der Gelangensbestätigung,

  • Unterschrift des Abnehmers oder eines von ihm zur Abnahme Beauftragten (zum elektronischen Beleg vgl. Ziffer 9).

Auch im Abholfall muss der Kunde im Nachhinein bestätigen, dass die Ware tatsächlich in das EU-Ausland gelangt ist. Daneben sollte dann freilich auch wie bisher bei Übergabe der Ware die Abnehmerversicherung verlangt werden.

6. Keine Formvorgaben

Die Gelangensbestätigung kann in jeder die erforderlichen Angaben enthaltenden Form erbracht werden (zur Vertiefung Weimann, Gelangensbestätigung, 2014, Kapitel 2.3.1.). Sie kann auch aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die geforderten Angaben dann insgesamt ergeben (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 n. F. UStDV).

Damit ist es nicht zwingend, nur ein (1) Muster zu verwenden oder Formular einzusetzen; zum Nachweis genügt mithin auch ein Dokumentensatz, also mehrere Dokumente mit insgesamt den genannten Angaben. Die Gelangensbestätigung kann sich daher

  • aus einer Kombination des Lieferscheins mit einer entsprechenden Bestätigung über den Erhalt des Liefergegenstands,

  • aus einer Kopie der Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung, ergänzt um die weiteren erforderlichen Angaben, oder

  • aus einem ggf. ergänzten Versendungsbeleg

ergeben.

Auch die elektronische Übermittlung des Belegs/der Belege ist möglich (vgl. Ziffer 9).

7. Keine Sprachvorgaben

Grundsätzlich kann die Gelangensbestätigung in allen in Europa gesprochenen Sprachen erstellt werden.

Von Vorteil sind Bestätigungen in deutscher, englischer oder französischer Sprache, da diese keine amtlich beglaubigte Übersetzung erfordern. Für den Verzicht auf eine amtlich beglaubigte Übersetzung werden sicher auch sprachlich uneinheitlich abgefasste Dokumentensätze in deutscher, englischer und französischer Sprache genügen.

Entsprechende Nachweise in anderen Sprachen (als deutsch, englisch oder französisch) bedürfen einer amtlich beglaubigten Übersetzung (vgl. Abschn. 6a.4 Abs. 5 UStAE).

8. Sammelbestätigungen

Die Gelangensbestätigung kann als Sammelbestätigung ausgestellt werden. In dieser können Umsätze aus bis zu einem Quartal zusammengefasst werden (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 Sätze 2 u.3 n.F. UStDV).

Damit ist nicht erforderlich, die Gelangensbestätigung für jeden einzelnen Liefergegenstand auszustellen. Bei

  • Lieferungen, die mehrere Gegenstände umfassen, oder bei

  • Rechnungen, in denen einem Abnehmer gegenüber über mehrere Lieferungen abgerechnet werden,

ist es regelmäßig ausreichend, wenn sich die Gelangensbestätigung auf die jeweilige Lieferung bzw. auf die Sammelrechnung bezieht.

Auch in einer Quartalsbescheinigung muss aber für das jeweilige Transportende der Monat benannt werden.

9. E-Belege

Die Gelangensbestätigung ist technologieneutral ausgestaltet. Das bedeutet, dass kein bestimmtes technisches Übermittlungsverfahren vorgeschrieben ist. Die Unternehmen sind vielmehr frei in ihrer Entscheidung, in welcher Weise sie die Bestätigung übermitteln. Diese können den Lieferanten daher in allen denkbaren und damit ganz unterschiedlichen Formen erreichen:

  • als bloße E-Mail,

  • als E-Mail mit Word- oder sonstigem Textanhang,

  • als E-Mail mit PDF-Anhang,

  • im EDI-Verfahren als Standardfax, Computer-Fax oder über einen Faxserver,

  • per Web-Download,

  • via DE-Mail,

  • via E-Post,

  • … [zukünftige Techniken]

Bei einer elektronischen Übermittlung des Belegs an den liefernden Unternehmer ist eine Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers nicht erforderlich, sofern erkennbar ist, dass die elektronische Übermittlung im Verfügungsbereich des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers begonnen hat (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. e Satz 2 n.F. UStDV).

10. Konkretes Aussehen der Gelangensbestätigung (Muster)

Das BMF bietet Mustertexte für die Gelangensbestätigung an (BMF Schreiben vom 16.9.2013, IV D 3 – S 7141/13/10001, 2013/0828720, a.a.O, Anlagen 1–3). Schon ein erster Blick auf die Muster zeigt, dass diese einen streng behördlichen Charakter haben und damit wenig praktikabel sein werden.

Man muss sich nämlich immer vor Augen halten, dass man seinem Kunden eine Bestätigung »abtrotzen« soll, die er aus seinem Umsatzsteuerrecht nicht kennt (vgl. Weimann, Gelangensbestätigung, 1. Auflage 2014, FAQ 4 Unterpunkt 3) und die er damit – zumindest während einer Übergangszeit – nicht einordnen können wird. Der Mandant solle es daher dem Kunden möglichst einfach machen, in dem man ihm z. B. eine schon vorbereitete Bestätigung zufaxt, die der Kunde dann selbst lediglich unterschreiben und zurückfaxen muss. Selbstverständlich ist hier auch die Arbeit mit einer entsprechenden E-Mail möglich. In der Praxis hat sich allerdings das Telefax bewährt, da beim Kunden etwas »auf dem Schreibtisch liegt«, was beantwortet werden muss. Eine E-Mail droht häufig in der Flut der elektronischen Eingangspost unterzugehen. Der Schriftwechsel sollte in englischer Sprache und mit einfachen Worten erfolgen, damit alle Beteiligten – also sowohl der ausländische Kunde als auch der deutsche Betriebsprüfer – den Inhalt schnell und eindeutig erfassen können.

11. Alternativnachweise

§ 17a Abs. 1, Abs. 2 Einleitungssatz UStDV: »(1) Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a Absatz 1 des Gesetzes) hat der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Die Voraussetzung muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben. (2) Als eindeutig und leicht nachprüfbar nach Absatz 1 gilt insbesondere ein Nachweis, der wie folgt geführt wird: …«

Damit ist die in § 17a Abs. 2 UStDV geregelte Gelangensbestätigung nur der »Königsweg«, der die wenigsten Beanstandungen der FinVerw erwarten lässt. Grds. kann der Nachweis aber im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau (s.u.) auch anders – nämlich mit allen zulässigen Belegen und Beweismitteln – geführt werden (zur Vertiefung Weimann, Gelangensbestätigung, 2014, Kapitel 2.1). Der Mandant sollte also alle zum Nachweis geeigneten Belege sammeln. Eine Auswahl dieser sog. Alternativnachweise ergibt sich aus dem nachfolgend vorgestellten § 17a Abs. 3 UStDV n.F.

11.1. Kraftfahrzeugzulassung als Alternativnachweis

Hierfür müssen folgende Voraussetzungen gem. § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 UStDV n.F. erfüllt sein:

  • Es muss sich um ein Fahrzeug handeln, für das eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist,

  • die Beförderung des Fahrzeugs muss durch den Kunden erfolgen,

  • das Fahrzeug muss auf den Kunden zugelassen ein und

  • Nachweis muss durch Zulassungspapiere, ggf. ergänzt um die Fahrzeug-Identifikationsnummer, geführt werden.

Ein Nachweis der Zulassung auf eine andere Person als den Kunden des Autohauses soll kein ausreichender Nachweis sein! Aber selbstverständlich wäre auch eine solche Zulassung in die Gesamtbetrachtung (s.u.) mit einzubeziehen, wäre für das Autohaus also keinesfalls »wertlos«! Aus diesem Grunde sollte ein Autohaus ausnahmslos immer versuchen, eine Ablichtung der Zulassungspapiere zu erhalten.

11.2. Versendungsbeleg als Alternativnachweis

Hierfür gelten folgende Voraussetzungen gem. § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStDV n. F.:

  • Anerkannt wird insbes. ein handelsrechtlicher Frachtbrief,

  • der vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist und

  • die Unterschrift des Empfängers als Bestätigung des Erhalts des Gegenstands der Lieferung enthält.

Damit wird für den CMR-Frachtbrief wieder die Empfängerunterschrift in Feld 24 gefordert.

11.3. Spediteursbescheinigung über das bereits erfolgte Verbringen als Alternativnachweis

Die Spediteursbescheinigung als Alternativnachweis muss gem. § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UStDV n.F. folgende Angaben enthalten:

  • den Namen und die Anschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers sowie das Ausstellungsdatum,

  • den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers sowie des Auftraggebers der Versendung,

  • die Menge des Gegenstands der Lieferung und dessen handelsübliche Bezeichnung, den Empfänger des Gegenstands der Lieferung und den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet,

  • den Monat, in dem die Beförderung des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet geendet hat,

  • eine Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers, dass die Angaben in dem Beleg auf Grund von Geschäftsunterlagen gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind, sowie

  • die Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers.

Die Bestätigung muss sich nunmehr auf das bereits erfolgte und nicht das lediglich beabsichtigte Verbringen beziehen. Hier bewiesen Gesetzgeber und FinVerw ein offenes Ohr für die Praxis, denn für den Einsatz der bewährten Spediteursbescheinigung als Nachweisdokument hatte sich die Wirtschaft massiv eingesetzt.

11.4. Spediteursversicherung über das erst beabsichtigte Verbringen mit Zahlungsnachweis als Alternativnachweis

Eine Spediteursversicherung als Alternativnachweis muss gem. § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStDV n.F. die folgenden Angaben enthalten:

  • den Namen und die Anschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers sowie das Ausstellungsdatum,

  • den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers sowie des Auftraggebers der Versendung,

  • die Menge des Gegenstands der Lieferung und die handelsübliche Bezeichnung,

  • den Empfänger des Gegenstands der Lieferung und den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet,

  • eine Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers, den Gegenstand der Lieferung an den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet zu befördern, sowie

  • die Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers und den

  • Nachweis über die Entrichtung der Gegenleistung für die Lieferung des Gegenstands von einem Bankkonto des Abnehmers.

Beauftragt der Abnehmer den Spediteur, befürchtet die Finanzverwaltung Nachweisschwierigkeiten aufgrund des fehlenden Vertragsverhältnisses zwischen Spediteur und Lieferant. Aus diesem Grunde soll dann auch eine Spediteursbescheinigung über die nur beabsichtigte Verbringung ausreichen, wenn daneben (= zusätzlich!) der Nachweis der Bezahlung des Liefergegenstands über ein Bankkonto erfolgt.

Weitere Alternativen des § 17a Abs. 3 UStDV n.F. sind insbesondere das »Tracking and Tracing« (zur Vertiefung Weimann, Gelangensbestätigung, 2014, Kapitel 3.4.2).

12. Weitere Nachweise sammeln

Abschn. 6a.2 Abs. 6 UStAE: »… Die Gelangensbestätigung ist nur eine mögliche Form des Belegnachweises. Gleiches gilt für die in § 17a Absatz 3 UStDV angeführten Belege, mit denen … Dem Unternehmer steht es aber frei, den Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer in der Gesamtschau nachvollziehbar und glaubhaft ergibt.«

Da das Gesamtbild zählt, sollte jeder geeignete Nachweis gesammelt werden (z.B. Ausweiskopie des tatsächlichen Abholers der Ware).

13. Sonderregel für den Handel mit Neufahrzeugen an EU-Privatkunden

Grundsätzlich benötigt der Unternehmer die Gelangensbestätigung oder einen Alternativnachweis nicht für EU-Umsätze »an Privat«, da hier die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht greift. Derartige EU-Umsätze sind also »ganz normal« als Inlandsgeschäft zu besteuern.

Anders bei der Lieferung von Neufahrzeugen. Hier greift die besondere Steuerbefreiung des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) UStG, da Neufahrzeuge immer im EU-Bestimmungsland umsatzbesteuert werden sollen.

Ein Kfz ist »neu« (§ 1b Abs. 3 Nr. 1 UStG), wenn

  • es nicht mehr als 6 000 km zurückgelegt hat oder

  • seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt.

Anders ausgedrückt: Damit bei einem EU-Geschäft an Privat die Sonderregel für Neufahrzeuge nicht zur Anwendung kommt, muss das Fahrzeug also

  • mehr als 6 000 km »auf dem Tacho« haben und

  • älter ein halbes Jahr sein.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass bei einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung von Neufahrzeugen von gewerblichen Händlern an Privat immer auch eine »Meldung nach der Fahrzeuglieferungs-Meldepflichtverordnung« (= eine Art Zusammenfassende Meldung) abzugeben ist.

14. Archivierung von Gelangensbestätigung und Alternativnachweisen

Hier gilt grundsätzlich »das Übliche«.

Bei E-Belegen verweist die FinVerw ür die Anforderungen an die Lesbarkeit und ihre Archivierung auf die GoBS und GDPdU. Wird die Gelangensbestätigung per E-Mail übersandt, soll daher auch die E-Mail selbst archiviert werden. Letztere kann für umsatzsteuerliche Zwecke aber auch in ausgedruckter Form aufbewahrt werden:

  • Auszudrucken ist die komplette E-Mail und nicht lediglich die – ggf. als PDF anhängende – Gelangensbestätigung!

  • Der Ausdruck genügt (nur) umsatzsteuerlichen Zwecken! Sind Sie buchführungspflichtig, verstoßen Sie damit gegen die GoBS und GDPdU.

15. Verstoß gegen zwingendes EU-Recht

»Die Nachweispflichten sind daher nach nationalem Recht und der für ähnliche Geschäfte üblichen Praxis zu bestimmen. Ein Mitgliedstaat kann vom Steuerpflichtigen jedoch nicht verlangen, den zwingenden Nachweis dafür zu erbringen, dass die Ware diesen Mitgliedstaat physisch verlassen hat.« Darauf hat der EuGH in seiner Entscheidung Mecsek-Gabona erkannt (Urteil vom 6.9.2012, Rs. C-273/11).

Da das neue Recht faktisch aber ebendiesen Nachweis verlangt, erscheint es schon jetzt angreifbar (zur Vertiefung Weimann, Gelangensbestätigung, 2014, Kapitel 4.5.4)!

16. Weiter auch Abnehmerversicherung einfordern!

Auf freiwilliger Basis sollte die »alte« Abnehmerversicherung auch weiter zum Einsatz kommen:

  • Nach der Rechtsprechung des EuGH kann ein EU-Geschäft im Zweifel auf jedem geeigneten Weg nachgewiesen werden (vgl. Ziffer 12).

  • Dabei ist im Abholfall auf die Kenntnis des Lieferanten zur Zeit der Warenübergabe abzustellen (EuGH Urteil vom 6.9.2012, Rs. C-273/11, Mecsek-Gabona, vgl. Ziffer 13).

17. Nachweis eines EU-Geschäfts

Wenn Sie Ware steuerfrei in das EU-Ausland verkaufen wollen, müssen Sie der Finanzverwaltung nachweisen können, dass Sie die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch tatsächlich erfüllen. Diesen Nachweis müssen Sie zwingend schriftlich – durch Belege und Aufzeichnungen – führen. Es reicht nicht aus, dass Sie oder Ihr Geschäftspartner sich gegenüber der Finanzverwaltung zum Sachverhalt mündlich äußern. Darauf hat der BFH erkannt (BFH vom 19.3.2015, V R 14/14).

Das folgende Beispiel zeigt, wie man es nach der neuen Rechtsprechung nicht machen sollte, wie es aber in der Praxis – zumindest in der Vergangenheit – immer wieder gemacht wurde (vgl. Weimann/Fuisting, ASR 11/2015, 11 und GStB 2015, 390):

Beispiel 1:

M lieferte Kfz steuerfrei innergemeinschaftlich nach Österreich. Im Rahmen einer Betriebsprüfung konnte der Transport der Fahrzeuge nach Österreich nicht belegt werden; insbesondere lagen weder eine Abnehmerversicherung noch eine Gelangensbestätigung vor. Da in Österreich Deutsch gesprochen wird und damit keine Sprachbarrieren bestanden, war der Prüfer damit einverstanden, dass der Kunde ihm die Transporte telefonisch bestätigt. Der Prüfer protokollierte das Telefonat.

Da M alle anderen Voraussetzungen belegmäßig nachweisen konnte und die innergemeinschaftlichen Erwerbe in Österreich ordnungsgemäß versteuert wurden, erkannte der Prüfer daraufhin die innergemeinschaftlichen Lieferungen an. Auch wenn dieses Vorgehen des Prüfers zum Vorteil des Mandanten war – richtig war es nicht!

17.1. Nachweis grundsätzlich nur durch Belege und Aufzeichnungen

Nach Auffassung des BFH darf der Unternehmer den ihm obliegenden sicheren Nachweis der materiellen Tatbestandsmerkmale einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch jenseits der formellen Voraussetzungen gem. § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nicht in anderer Weise als durch Belege und Aufzeichnungen führen.

Beispiel 2:

Ein deutscher Unternehmer (D) fakturierte innergemeinschaftliche Lieferungen nach Italien an die dortige Kundin I, eine juristische Person italienischen Rechts. Das Finanzamt versagte den Lieferungen die Steuerbefreiung, da der Belegnachweis nicht erbracht werden konnte. Das FG teilte diese Rechtsauffassung. Hiergegen wendet sich die Revision des D. Die Lieferungen seien steuerfrei. Die Unternehmereigenschaft der Abnehmerin I sei unstreitig. Im Bestimmungsland Italien habe I auch die Erwerbsbesteuerung durchgeführt.

Streitig sei lediglich der physische Transport der Ware von Deutschland nach Italien. Dieser könne zwar nicht belegt werden, allerdings habe der Geschäftsführer der I hierzu seine Zeugenaussage angeboten. Das FG habe zu Unrecht den hierfür anberaumten finanzbehördlichen Erörterungstermin ignoriert. Die objektive Beweislage könne nicht nur durch Belege nachgewiesen werden. Es bestehe ein Gleichrang aller Beweismittel. Das FG hätte den in der Verhandlung präsenten Zeugen vernehmen müssen. Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Nachweis hat ausschließlich durch Belege und Aufzeichnungen zu erfolgen und nicht durch Zeugenvernehmungen.

Hinweis:

Zwar wären auch eine Zeugenvernehmung oder andere mündliche Einlassungen nach EU-Recht grundsätzlich denkbar. Die Bundesrepublik Deutschland darf – wie alle Mitgliedstaaten – die Nachweisvoraussetzungen selbst regeln und hat dies in den §§ 17a ff. UStDV auch getan. Da dort aber Belege und Aufzeichnungen – also »Papier« oder entsprechende Dateien – gefordert werden, ist den mündlichen Einlassungen eine Absage erteilt worden.

17.2. Enge Ausnahmen sind denkbar

Weder der Neutralitätsgrundsatz noch das Verhältnismäßigkeitsprinzip fordern die Steuerbefreiung der streitigen Umsätze:

  • Der Neutralitätsgrundsatz gebietet nach der Collée-Entscheidung (EuGH Urteil vom 27.9.2007, Rs. C-146/05) die Steuerbefreiung auch dann, wenn der Steuerpflichtige zwar die formellen Anforderungen an den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht oder nicht vollständig erfüllt, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung indes unbestreitbar feststehen. Genau das ist im Beispiel aber gerade nicht der Fall.

  • Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Unternehmer ist grundsätzlich nicht berechtigt, den ihm obliegenden sicheren Nachweis der materiellen Anforderungen in anderer Weise als durch Belege und Aufzeichnungen zu führen. Ein Beweis durch Zeugen kommt als Ersatz für den gesetzlich vorgesehenen Buch- und Belegnachweis grundsätzlich nicht in Betracht, und zwar weder von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) noch auf Antrag. Nur wenn der Formalbeweis ausnahmsweise nicht oder nicht zumutbar geführt werden kann, gebietet nach der Teleos-Entscheidung (EuGH Urteil vom 27.9.2007, Rs. C-409/04) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Nachweis auch in anderer Form zuzulassen. Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger an der Führung des Buch- und Belegnachweises gehindert gewesen oder dieser für ihn unzumutbar gewesen sein könnte.

Letzteres ist jedoch eine ganz enge Ausnahme und wird daher nur in den seltensten Fällen zum Rettungsanker taugen!

Wenn der Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung durch Belege und Aufzeichnungen zu erfolgen hat, hätte D im Urteilsfall den Zeugen dazu veranlassen müssen, seine Aussage im Vorfeld schriftlich zu machen und den entsprechenden Schriftsatz dann in die Belegbuchhaltung übernehmen können. Die »formale Klippe« wäre damit genommen worden; auf eine Zeugenanhörung hätte verzichtet werden können.

Einen solchen Eigenbeleg sollten Sie auch dann fertigen, wenn nicht ein fremder Dritter, sondern Sie selbst etwas zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen haben (vgl. Weimann/Fuisting, ASR 11/2015, 11 und GStB 2015, 390). Selbstverständlich stünde dann immer noch die Frage der Beweiswürdigung an, d.h. es ist möglich, dass der nunmehr belegten Aussage von den Gerichten und der Verwaltung kein Glaube geschenkt wird. Das müssten die Entscheidungsträger aber begründen und sich daher zunächst einmal mit der Aussage inhaltlich auseinandersetzen!

Das Urteil ist primär nur zur innergemeinschaftlichen Lieferung ergangen. Für die Ausfuhrlieferung dürfte Ähnliches gelten; auch hier fordern §§ 8 ff. den Ausfuhrnachweis durch Belege.

18. Exportgeschäfte

Der BFH stellt in einem neueren Urteil noch einmal klar, welche Voraussetzungen seines Erachtens an den Beleg- und Buchnachweis zu stellen sind, damit ein Exportgeschäft gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 UStG i.V.m. § 13 UStDV als Ausfuhrlieferung steuerfrei bleibt (BFH vom 28.8.2014, V R 16/14).

Sachverhalt:

Der Kläger (K) lieferte Gegenstände in das Ausland und behandelte die Lieferungen als Ausfuhrlieferungen steuerfrei. K verbuchte die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Lieferungen steuerpflichtig seien, da K den Beleg- und Buchnachweis aufgrund ungenauer Angaben nicht erbracht habe, und versagte die Steuerfreiheit.

Ein Einspruch des K hatte keinen Erfolg.

Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18.2.2014, 5 K 5235/12, EFG 2014, 1045) gab der Klage statt, da K die Rechnungen nachträglich um Anlagen, die die notwendigen Angaben enthielten, ergänzt hatte.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG. Verbucht der Unternehmer Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung, kann dies ausreichen, um den Buchnachweis nach § 6 Abs. 4 UStG i. V. m. § 13 UStDV dem Grunde nach zu führen.

18.1. Beweislast des Unternehmers

Der Unternehmer hat die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung nachzuweisen (§ 6 Abs. 4 Satz 1 UStG) gem. § 6 Abs. 4 Satz 2 UStG, §§ 8 ff. UStDV hat der Unternehmer den Nachweis zu führen durch

  • Belege (Belegnachweis) und

  • Aufzeichnungen (Buchnachweis).

Die Vorschriften beruhen auf der gem. Art. 131 MwStSystRL bestehenden Befugnis der Mitgliedstaaten, die Bedingungen für die Anwendung der Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen festzusetzen.

Der Unternehmer kann den Belegnachweis bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erbringen. Der Buchnachweis muss grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Ausfuhrlieferung abzugeben hat. Der Unternehmer, der eine Ausfuhrlieferung als steuerfrei erklärt, muss sich durch seine buchmäßigen Aufzeichnungen zumindest dem Grunde nach vergewissern, ob er die Voraussetzungen der Steuerfreiheit als gegeben ansehen kann.

Nach dem Zeitpunkt für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung kann der Unternehmer die buchmäßigen Aufzeichnungen nicht mehr erstmals erstellen, sondern nur noch berichtigen oder ergänzen. Derartige Korrekturen können dann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erfolgen.

Im Zweifel sollte der Unternehmer daher besser eine Ausfuhr zu viel als eine zu wenig erklären. Denn während man eine irrtümlich erklärte Ausfuhr in einer Folgeerklärung wieder berichtigen kann, ist es nicht möglich, eine vergessene Ausfuhr erstmals zu deklarieren.

Um den Buchnachweis i.S.v. § 13 UStDV dem Grunde nach zu führen, kann der Unternehmer die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung verbuchen. Es kommt nicht darauf an, ob der Unternehmer zusätzlich ein Warenausgangsbuch i.S.v. § 144 AO führt oder weitergehend seine Buchführung im Allgemeinen ordnungsgemäß ist. Daher können Beleg- und Buchnachweis im finanzgerichtlichen Verfahren vervollständigt werden.

Bei Nachweismängeln kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer diese zu vertreten hat. Auch bei schuldhaftem Handeln können daher der Buchnachweis ergänzt oder eine Rechnung berichtigt werden.

Natürlich wird dann immer zu prüfen sein, ob die Falscherklärung nicht zu einem Steuerdelikt geführt hat.

18.2. Anwendung auf innergemeinschaftliche Lieferungen

Die vorstehenden Grundsätze sind auf innergemeinschaftliche Lieferungen entsprechend anzuwenden.

19. Literaturhinweise:

Weimann, Gelangensbestätigung, Freiburg 2014; Weimann/Fuisting, Nachweis eines EU-Geschäfts – gegebenenfalls Eigenbelege fertigen, ASR 11/2015, 11; Weimann/Fuisting, Kein Nachweis eines EU-Geschäfts durch Zeugen: Aber Eigenbelege können helfen, GStB 2015, 390; Weimann/Kraatz, Exporte sofort richtig buchen, auch wenn die Nachweise erst später kommen, PIStB 2015, 4.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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